LIDC – Amsterdam Kongress Frage B Dient das Recht gegen unlauteren Wettbewerb dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher oder anderen Interessen? Wie ist ein eventueller Konflikt zwischen diesen Schutzzielen zu lösen? Frauke Henning-Bodewig und Jan Kabel A. Einleitung I. Das Thema 1. Unlautere Handelspraktiken beeinflussen üblicherweise alle Marktteilnehmer, entweder direkt oder indirekt. Hitherto, die Verordnung über unlautere Handelspraktiken hat den Schwerpunkt auf die Kontrolle des fraglichen Verhaltens gelegt, und weniger auf den Aspekt, ob die Praxis hauptsächlich die Entscheidungsbildung von Verbrauchern oder Nicht-Verbrauchern beeinflusst. Dies war zumindest der Ansatz der einzigen internationalen Verordnung auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts (Art. 10bis der Pariser Verbandsübereinkunft) und des sekundären Gemeinschaftsrechts (insbesondere Richtlinie 84/450/EWG über Irreführung und vergleichende Werbung). 2. Die europäische Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Handelspraktiken vom 11. Mai 2005, die bis Juni 2007 umgesetzt werden muss, wählt einen anderen Ansatz. Sie regelt ausschließlich unlautere Handelspraktiken, die direkt in Zusammenhang mit der Beeinflussung einer geschäftlichen Entscheidung von Endverbrauchern steht, und schließt alle Praktiken aus, die sich weder an Endverbraucher richten noch eine geschäftliche Entscheidung von Verbrauchern direkt beeinflussen1. Irreführende Werbung wird nunmehr beispielsweise auf Basis von zwei verschiedenen Verordnungssystemen beurteilt: die neue Richtlinie 2005/29/EG behandelt “B2C”Werbung, während “B2B”-Werbung der Richtlinie 84/450/EWG entsprechen muss. 2 3. Dies führt zur Frage, ob es a priori zwei verschiedene Standards für die Beurteilung unlauterer Handelspraktiken gibt. Gibt es einen Standard für Verbraucher und einen anderen für Mitbewerber? Andererseits, sind die Interessen aller Marktteilnehmer zu verflochten, um verschiedene Fairness-Standards zu ermöglichen? Allgemeiner: Sollten die Vorschriften über unlauteren Wettbewerb den Schwerpunkt auf die Handlung an sich legen - was natürlich vor dem Hintergrund aller Umstände, besonders der Zielgruppe, gesehen werden muss - oder sollten sie sich hauptsächlich auf den Schutz des Endverbrauchers oder der Mitbewerber konzentrieren? Für den Werbetreibenden, der beispielsweise ein Auto oder einen Computer bewirbt, ist es häufig nicht vorhersehbar, für welche Zwecke (privat, beruflich) das beworbene Produkt gekauft wird. Sollte dem Unternehmen gestattet werden, sich auf einen einheitlichen Standard zu berufen? Art. 2, k. Richtlinie: „’geschäftliche Entscheidung’ bedeutet jede Entscheidung eines Verbrauchers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er einen Kauf tätigen, eine Zahlung insgesamt oder teilweise leisten, ein Produkt behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit dem Produkt ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher beschließt, tätig zu werden oder ein Tätigwerden zu unterlassen.“ 2 Aktuelle Literatur über die Richtlinie siehe: R.W. de Vrey, Towards a European Unfair Competition Law: A Clash Between Legal Families. A comparative study of English, German and Dutch law in light of existing European and international legal instruments (Diss. Utrecht), Leiden: Koninklijke Brill 2005; J. Stuyck, E. Terryn, T. van Dyck, ‘Confidence through fairness? The new directive on unfair business-toconsumer commercial practices in the internal market’, Common Market Law Review 2006-43, S. 107152; H. Collins, The Forthcoming EC Directive on Unfair Commercial Practices, The Hague: Kluwer Law International 2004. 1 Verbraucher werden in vielen Fällen nicht von billigen 'look alikes' irregeführt. Sollte es daher zulässig sein, dass Produzenten von nachgeahmten Produkten ihre Waren an die Verbraucher anbieten, wenn sie diese über die Art des Produktes informieren? Anders gesagt: Könnte eine Klage auf Basis von Verwechslung abgelehnt werden, weil der Konsument im Hinblick auf den Ursprung des Produktes nicht irregeführt wurde? Dies scheint der britische Ansatz zu sein. 4. Es ist darüber hinaus wichtig zu wissen, ob das Wettbewerbsrecht auf rein wirtschaftliche Aspekte beschränkt ist (oder sein sollte) oder ob es auch Aspekte berücksichtigen sollte, wie beispielsweise soziale Verantwortung, öffentliche Ordnung, Datenschutz, etc. Außerdem, falls diese ethischen Aspekte im Wettbewerbsrecht von Bedeutung sind: Können sie ein Verbot einer Geschäftspraxis, die ansonsten zulässig ist, rechtfertigen? 5. Diese Fragen betreffen auch die Sanktionen gegen unlauteren Wettbewerb. Sollten die Rechtsmittel gegen unlautere Handelspraktiken Verbrauchern und Mitbewerbern (und ihren Organisationen) gleichermaßen offen stehen? Andererseits, erfordert das Interesse der Verbraucher besondere Durchsetzungsmechanismen, insbesondere staatliche Behörden? Kann der Mitbewerber beispielsweise Klage auf Basis einer Verletzung der Pflichten insbesondere gegenüber Verbrauchern, z.B. der Informationspflicht, einreichen? 6. Es sollte erwähnt werden, dass das Ad Hoc-Komitee über unlautere Handelspraktiken der Liga in seiner Budapest-Resolution (2004) angeführt hat: “Der Ausschluss von B2B-Praktiken von einem Richtlinien-Entwurf über unlautere Handelspraktiken ist bedauerlich, da eine Beschränkung auf B2C-Praktiken zu einer Rechtsunsicherheit führen kann und möglicherweise Verbraucherinteressen beeinträchtigt. Die Einführung eines Klagerechts für Mitbewerber (Art. 11 Par. 1 des Richtlinien-Entwurfs des Rates) ist ein Schritt in die richtige Richtung, da häufig nur Mitbewerber Handlungen unlauteren Wettbewerbs gegenüber Verbrauchern bemerken. Allerdings werden eine Reihe von Praktiken, die sowohl die Mitbewerber als auch die Verbraucher schädigen, vom Geltungsbereich des Richtlinien-Entwurfs ausgenommen. (...) Dennoch unterstützt die LIDC nach wie vor einen erweiterten Geltungsbereich des Richtlinien-Entwurfs des Rates, da der Untersuchungsprozess die Harmonisierung von B2B-Praktiken notwendigerweise verzögern wird." 7. Dieser internationale Bericht strebt eine tiefgehende Untersuchung dieser Themen an. Er wurde auf Basis von Landesberichten in Beantwortung des Fragebogens (Frage B) sowie einiger zusätzlicher Quellen im Hinblick auf die Situation in anderen Ländern erstellt. Wir möchten den Landesgruppen und Berichterstattern herzlich danken:3 - Enrique ARMIJO (Spanien) Aimé de CALUWE und Alex TALLON (Belgien) Marco FRANCETTI (Italien) Petr HAJN (Tschechien) Frauke HENNING-BODEWIG (Deutschland) Anna-Karin HOLLAND (Schweden) Amédée KASSER (Schweiz) João Marcelo LIMA ASSAFIM und José Carlos DIAS (Brasilien) Nick SAUNDERS (Großbritannien) Bernadien TROMPENAARS, Rogier DE VREY und Minos VAN JOOLINGEN (Niederlande) Pascal WILHELM (Frankreich) II. Überlegungen im Hinblick auf das Konzept des unlauteren Wettbewerbs Das Gesetz über unlauteren Wettbewerb ist kein klar definiertes Thema wie beispielsweise das Recht bezüglich Warenzeichen. Obwohl alle Länder zustimmen, dass der Wettbewerb nicht nur frei, sondern auch fair sein sollte, gibt es verschiedene Standpunkte zur Frage, welche Themen zum Bereich des "unlauteren Wettbewerbs" gehören, wenn sie ein gesondertes Rechtsgebiet darstellen, 3 Wolfgang Sakulin, PhD-Student am Institut für Informationsrecht, war eine große Hilfe bei der Verarbeitung der Landesberichte. Wir erhielten Kommentare zum ersten Entwurf von Jules Stuyck (Belgien), Christian Bovet (Schweiz), Mary Claude Mitchell (Frankreich) und Amédé Kasser (Schweiz). 2 was sind die relevanten Standards und wie sollten sie durchgesetzt werden. Eine Antwort auf die Frage, welche Themen in den Bereich des unlauteren Wettbewerbes fallen, ist auch für die Aktivitäten der Liga relevant. Wenn beispielsweise Verbraucherinteressen den größeren Teil des Bereichs unlauterer Handelspraktiken einnehmen, sollte sich die Liga die Frage stellen, welche Themen präzise von ihr untersucht und diskutiert werden sollten. Schließlich ist die Liga gewiss keine Verbraucherliga. Andererseits würde eine sehr enge Interpretation des Wettbewerbsrechts die Themen ausschließlich auf Irreführung, Verwechslung und herabsetzende Handlungen in wettbewerblichen Beziehungen beschränken. Diese Differenzen sind hauptsächlich historisch begründet. Die verschiedenen Ansätze des Wettbewerbsrechts entspringen der Tatsache, dass die Mechanismen zur Gewährleistung geschäftlicher Fairness tief in den nationalen Rechtssystemen verwurzelt sind. In den meisten Ländern entwickelte sich das Wettbewerbsrecht aus dem Deliktrecht, nämlich aus Klagen von Mitbewerbern gegen die Praktiken, die in Artikel 10bis der Pariser Verbandsübereinkunft geregelt sind: Risiko der Verwirrung, Diskreditierung, irreführende Beschuldigungen. Das Problem ist, dass die Gesetzgebung in einer Reihe von Ländern weit darüber hinausgegangen ist. Sie behandelt alle unlauteren Handelspraktiken oder selbst Marktverhalten im Allgemeinen auf sehr breiter Basis. Ein gutes Beispiel für diese Entwicklung ist die Situation in Belgien, wo sich das Wettbewerbsrecht aus einigen begrenzten Straftaten über einen Deliktrecht-Ansatz - auf Basis der Deliktrecht-Klausel im Bürgerlichen Gesetzbuch - in ein allgemeines Recht über "Marktpraktiken" entwickelt hat. Es gibt allerdings nur wenige Länder (insbesondere Großbritannien), in denen es keine entwickelte Doktrin über Wettbewerbsrecht per se gibt. Von einem vergleichenden Standpunkt aus gesehen, 4 scheint die wesentlichste Differenz heutzutage die Art und Weise zu sein, in der die Interessen der Verbraucher berücksichtigt werden. Während einige Länder (z.B. Belgien, Österreich, Deutschland, Schweiz, Schweden, Spanien) Mitbewerber und Verbraucher gleichermaßen mit ihrem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb oder Marktpraktiken schützen, behalten andere Länder (z.B. Frankreich, Italien, Brasilien) den Begriff "unlauterer Wettbewerb" ("concurrence déloyale") dem ursprünglichen Deliktrecht für Mitbewerber vor, und behandeln den Verbraucherschutz in gesonderten Vorschriften (üblicherweise durch Strafoder Verwaltungssanktionen durchgesetzt). Es scheint, dass die Entwicklungen im Recht der Europäischen Union zum System neigen, das durch die letzte Kategorie von Ländern repräsentiert wird, d.h. einem System das in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union am wenigsten vertreten ist. Es könnte die Möglichkeit bestehen, dass eine Entscheidung für einen ausschließlich auf Verbraucher basierten Ansatz unlauterer Wettbewerbspraktiken, der in den Gesetzen der meisten Mitgliedstaaten so wenig vertreten ist, zu ernsthaften rechtlichen Problemen im Umsetzungsprozess führt. Der Begriff "Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb" kann somit in verschiedenen Ländern eine unterschiedliche Bedeutung aufweisen. Er kann sehr breit interpretiert werden, sich auf ein gesondertes Rechtsgebiet beziehen, das üblicherweise alle Marktpraktiken umfasst - oder ziemlich eng, unter Bezugnahme auf die traditionellen "concurrence déloyale"-Klagen von Mitbewerbern. Das Hauptkriterium für die Anwendung des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb im Hinblick auf die enge Interpretation ist das Bestehen (und der Nachweis) einer wettbewerblichen Beziehung zwischen Kläger und Beklagtem. Der Schwerpunkt im Hinblick auf die breitere Interpretation beruht nicht auf einer wettbewerblichen Beziehung, sondern auf Fairness der Marketingpraxis selbst. Insofern scheint der Begriff "unlautere Geschäftspraktiken", wie er in der Richtlinie 2005/29/EG verwendet wird, neutraler zu sein. Diese Neutralität besteht allerdings - wie wir zuvor gesehen haben - lediglich im Äußeren. In der Tat bezieht sich der Begriff 'unlauter' in der Richtlinie ausschließlich auf Unlauterkeit gegenüber dem Verbraucher. Andererseits spricht Art. 10 bis der Pariser Verbandsübereinkunft über "unlauteren Wettbewerb" wie die Mehrheit der europäischen Länder, wobei die Frage, ob eine enge oder breite Interpretation verfolgt werden sollte, unbeantwortet bleibt. 4 Siehe kürzlich Frauke Henning-Bodewig, Unfair competition Law – European Union and Member States, Kluwer Law International 2005. Siehe für eine ältere vergleichende Studie Reiner Schulze und Hans Schulte-Nölke, Analysis of National Fairness Laws Aimed at Protecting Consumers in Relation to Commercial Practises, Juni 2003, eine von DG SANCO für die Vorbereitung der Richtlinie 2005/29 in Auftrag gegebene Studie, einzusehen auf: http://ec.europa.eu/consumers/cons_int/safe_shop/fair_bus_pract/studies_en.htm 3 Während diese Differenzen nicht überbewertet werden sollten, sind sie gleichzeitig nicht nur terminologischer Art. Letztendlich ist es nicht die Definition oder der exakte Ort der Vorschrift, der zählt, sondern die Interessen (von Verbrauchern, Mitbewerbern, dem allgemeinen Interesse), die geschützt werden, wenn man die Unlauterkeit einer gewissen Handelspraxis in Erwägung zieht. Gesehen von diesem (breiteren) Gesichtspunkt findet man nationale Vorschriften und Regeln bezüglich der Fairness kommerzieller Praktiken in vier Kategorien (die sich natürlich überschneiden): - Unlauterer Wettbewerb (entweder in einem breiteren oder engeren Sinne) Verbrauchergesetze zum Schutz der wirtschaftlichen Interessen von Verbrauchern Verbrauchergesetze zum Schutz der nicht wirtschaftlichen Interessen der Öffentlichkeit im Allgemeinen Wettbewerbsrecht. Man sollte allerdings nicht vergessen, dass alle vier Kategorien Gemeinsamkeiten aufweisen. Erstens die Tatsache, dass eine Geschäftspraxis gemäß einem gewissen Standard geschäftlicher Fairness beurteilt wird. Zweitens sind Mitbewerber und Verbraucher beide Marktteilnehmer und teilen somit ein gemeinsames Interesse an der guten Funktion des Marktes. Trotzdem ist die Hauptfrage, ob ein Standard der Unlauterkeit entwickelt werden könnte, der alle Geschäftspraktiken abdeckt, oder ob wir mit unterschiedlichen Standards leben müssen, abhängig vom jeweiligen Interesse. Nachfolgend verwenden wir den neutralen Begriff: „Unlautere Geschäftspraktiken”, anstatt „Unlauterer Wettbewerb“. Dieser Begriff drückt Unlauterkeit in allen oben genannten Bereichen des Rechts aus. B. Antworten I. Könnten Sie Geschäftspraktiken auflisten, die als "unfair" betrachtet werden (durch Gesetz, Rechtsprechung oder selbsttätiger Regelung)? Die Bedeutung dieser Frage liegt hauptsächlich in der Differenz zwischen dem, von Richtern gesprochenen Recht und gesetzlichem Recht. Im Bereich des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb stricto sensu herrscht von Richtern gesprochenes Recht vor. Der entsprechende rechtliche Ansatz bei Fällen unlauteren Wettbewerbs ist, diese Fälle im Lichte des Prinzips der Wettbewerbsfreiheit zu betrachten. Einschränkungen dieser Freiheit könnten durch das Erfordernis, Klagen zu unterdrücken, die im Widerspruch zu ehrlichen Praktiken in industriellen oder kommerziellen Angelegenheiten stehen, legitimiert werden. Somit haben Richter eine breite und flexible Kompetenz, über Unlauterkeit zu entscheiden, aber diese Kompetenz kann natürlich nicht politisch sein. Es obliegt nicht den Richtern, Geschäftspraktiken als solches zu verbieten. Diese Amtsbefugnis ist Gesetzgebern und dem damit zusammenhängenden politischen Prozess vorbehalten. Selbst wenn ein Mitbewerber gegen spezifische gesetzliche Rechte verstößt, kann die Antwort auf die Frage, ob dies unrechtmäßig gegenüber anderen Mitbewerbern ist und diese aus diesem Grund eine Klage gegen den Rechtsverletzer einbringen können, in den meisten Ländern nicht einfach auf die Rechtsverletzung als solches basiert werden. Es sind hinzukommende Umstände erforderlich, die diese Rechtsverletzung unlauter machen. Dies sollte allerdings für einige Rechtsprechungen nuanciert werden. In Belgien beispielsweise, wo gemäß der Theorie der "concurrence illicit" jede Verletzung einer gesetzlichen Bestimmung bei der Ausübung eines Geschäftes an sich im Gegensatz zu ehrlichen Geschäftspraktiken steht und daher die Frage, ob entweder die professionellen Interessen eines oder mehrerer Mitbewerber (Art. 93) oder die Interessen eines oder mehrerer Verbraucher (Art. 94) geschädigt oder möglicherweise geschädigt werden, unter die allgemeine Norm von Artikel 93 oder 94 fällt.5 Obwohl es Grenzen dieser Theorie gibt, ist es nach wie vor ein gutes Gesetz. Andererseits kann der Gesetzgeber gewisse Geschäftspraktiken als solches als unlauter und damit als verboten qualifizieren, ungeachtet der spezifischen Umstände des Falles. Diese Methode wird durch die Schwarze Liste der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken eingeführt. Richter sollten diese Praktiken als unlauter per se beurteilen, wobei diese Methode vergleichsweise der Beurteilung von Klagen unlauteren Wettbewerbs fremd ist. F.I.1. Die Basis für den Schutz: Gesetzliches Recht, Rechtsprechung oder selbsttätige Regelung? 5 Cass. 2. Mai 2005, Siehe J. Stuyck, Handelspraktijken 2004, S. 146 ff.; S. 154. 4 Im Hinblick auf die Frage, ob diese Praktiken im gesetzlichen Recht geregelt oder hauptsächlich von den Gerichten oder mittels selbsttätiger Regelung behandelt werden, können folgende Unterscheidungen getroffen werden: In den meisten Ländern werden Verbraucherfragen (zumindest auch) durch gesetzliches Recht geregelt. Dies gilt auch für Länder, in denen Wettbewerbsrecht hauptsächlich Fallrecht ist. Der Grund dafür ist unter anderem, dass "Verbraucherschutz" eine relativ neue Entwicklung ist, die häufig dem Gemeinschaftsrecht entspringt. Nicht wirtschaftliche Aspekte geschäftlicher Praktiken (beispielsweise das Erfordernis, dass Werbung 'anständig' sein sollte) unterliegen hauptsächlich der selbsttätigen Regelung. In allen Ländern gibt es spezifische Regelungsartikel, gewisse Medien oder gewisse (gefährdete) Zielgruppen (beispielsweise Kinder), die die Rechtsprechung über unlauteren Wettbewerb ergänzen. Die Situation im Hinblick auf die traditionelle “concurrence déloyale” variiert. In allen Ländern (außer Großbritannien) entwickelte sich das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb aus der Rechtsprechung, basierend auf dem allgemeinen Schadenersatzrecht. Allerdings wurde diese Rechtsprechung in einigen Ländern mittlerweile kodifiziert, häufig gemeinsam mit Verbraucherschutzfragen (z.B. Belgien, Deutschland, Schweiz, Schweden), während es in anderen Ländern noch immer die Hauptbasis für den Schutz von Unternehmen gegen unlautere Geschäftspraktiken ist (insbesondere Frankreich, Italien, Niederlande und Brasilien). *** Die folgende kurze Übersicht bietet eine Darstellung der verschiedenen rechtlichen Grundlagen für den Schutz gegen unlautere Geschäftspraktiken in den untersuchten Ländern: - Belgien: Die Hauptbasis ist das "Gesetz über Geschäftspraktiken und Verbraucherinformation und Schutz" (LPC) vom 14. Juli 1991. Es enthält zwei allgemeine Bestimmungen und regelt eine Reihe von Praktiken. Geschützt sind die Interessen des "Verkäufers", der Verbraucher sowie der Öffentlichkeit im Allgemeinen. Die Anwendung des Gesetzes erfordert keine wettbewerbliche Beziehung. Das LPC ist mit einer speziellen "action en cessation" (Unterlassungsklage) sanktioniert. - Brasilien: Unter unlauterem Wettbewerb versteht man im Allgemeinen jede Handlung im Widerspruch zu den ehrlichen Praktiken in Handelsangelegenheiten. Daher bietet die brasilianische Gesetzgebung keine Liste von Handlungen, die als unlauter betrachtet werden. In dieser Perspektive ist eine breite Auswahl an Handelspraktiken gefährdet, um in den Bereich unlauteren Wettbewerbs zu fallen. Einige der unlauteren Wettbewerbspraktiken werden in zerstreuten Gesetzgebungen identifiziert. Dennoch listet das Gesetz 9,279/96 einige Aktivitäten als Verbrechen auf, da sie den Handel intensiver beeinflussen und die Reputation von Firmen und die Verbraucherbeziehung beeinträchtigen. - Tschechien: Die Basis für den Schutz gegen unlauteren Wettbewerb ist das Handelsgesetzbuch, ergänzt durch das Werberecht (1995). §§ 41 ff. Das Handelsgesetzbuch beinhaltet eine allgemeine Klausel sowie mehrere spezifische Klagegründe, die "hauptsächlich" als unlauterer Wettbewerb betrachtet werden. Die streben den Schutz von Mitbewerbern und Verbrauchern gleichermaßen an, sowie den Schutz der Interessen der Öffentlichkeit am Funktionieren des Wettbewerbs. Die Anwendung des Gesetzes erfordert keine wettbewerbliche Beziehung. - Frankreich: Der Schutz von Mitbewerbern gegen “concurrence déloyale” wird auf Basis der allgemeinen Schadenersatzbestimmung in Artikel 1382 des Bürgerlichen Gesetzbuches gewährleistet, während sich der Schutz von Verbrauchern (und der Öffentlichkeit im Allgemeinen) gegen spezifische unlautere Geschäftspraktiken in verschiedenen Vorschriften im ‚Code de la Consommation’ findet. Diese werden hauptsächlich durch Straf- oder Verwaltungsrecht sanktioniert. - Deutschland: Die Basis für den Schutz gegen unlauteren Wettbewerb ist das "Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb" (UWG) vom 3. Juli 2004. Es schützt Mitbewerber und Verbraucher gleichermaßen, und enthält eine allgemeine Klausel, die durch verschiedene Beispiele unlauterer Geschäftspraktiken spezifiziert wird. Das UWG wird nahezu ausschließlich durch zivilrechtliche Rechtsmittel vollstreckt. 5 - Großbritannien: Das Gewohnheitsrecht bietet Rechtsmittel in Fällen von Vortäuschung, schädlicher oder böswilliger Unwahrheit und Diffamierung. Andere unlautere Geschäftspraktiken werden in der Gewerbeordnung, dem Verbraucherschutzgesetz und der Kontrolle von Vorschriften über irreführende Werbung geregelt. Zusätzlich zu den Gesetzen, spielt die selbsttätige Regelung eine wichtige Rolle in der Unterdrückung unlauterer Geschäftspraktiken im Bereich von Werbung, Verkaufsförderung und Direktmarketing. - Italien: Der zivilrechtliche Schutz von Mitbewerbern gegen "concorrenza sleale" basiert auf den Artikeln 2598 bis 2601 des ‚Codice Civile’. Dieses Gesetz beschränkt sich auf Klagen, die von Mitbewerbern eingebracht wurden. Der Gesetzgebungserlass 74/1992, vollstreckt von der Autorità Garante della concorrenza e del Mercato, regelt die Werbung im Interesse aller Marktteilnehmer. - Niederlande: Das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (“ongeoorloofde mededinging”) ist hauptsächlich Rechtsprechung auf Basis der allgemeinen Schadenersatzklausel in Artikel 6:162 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Gesetzliche Vorschriften in Artikel 6:194 und Sec. B.W behandeln irreführende und vergleichende Werbung. Diese beiden Artikel erfordern keine wettbewerbliche Beziehung. Andere Geschäftspraktiken werden in verschiedenen gesetzlichen Rechten geregelt, wie beispielsweise dem Telekommunikationsgesetz, dem Gas- und Energiegesetz und anderen Gesetzen zur Umsetzung europäischer Richtlinien. - Spanien: Das spanische Wettbewerbsrecht basiert hauptsächlich auf dem Gesetz Nr. 3/1991 (LDC) und dem Gesetz Nr. 34/1988 (Werbegesetz). Beide Gesetze schützen alle Marktteilnehmer gleichermaßen, und werden durch zivilrechtliche Rechtsmittel vollstreckt. - Schweden: Die Grundlage des schwedischen Wettbewerbsrechts ist das Gesetz über Marktpraktiken (MFG) von 27. April 1995. Es enthält eine allgemeine Klausel und regelt verschiedene Klagegründe im Interesse von Unternehmen und Verbrauchern. - Schweiz: Das Schweizer Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb ist im Gesetz von 19. Dezember 1986 beinhaltet. Es dient den Interessen der Wirtschaft, der Verbraucher und der Öffentlichkeit im Allgemeinen. Das Gesetz enthält eine allgemeine Klausel, die durch mehrere Beispiele präzisiert wird. Es wird zivilrechtlich durchgesetzt. F.1.2. Die Praktiken, die als "unlauter" betrachtet werden können Die individuellen Praktiken, die gemäß den Landesberichten als "unlauter" betrachtet werden können (entweder durch gesetzliches Recht oder Rechtsprechung) decken einen breiten Bereich ab. Nachfolgend treffen wir einen Unterschied gemäß dem klassischen Ansatz, d.h.: Unlautere Geschäftspraktiken gemäß dem Wettbewerbsrecht im Sinne der concurrence déloyale, unlautere Geschäftspraktiken im Bereich des Wettbewerbsrechts und unlautere Geschäftspraktiken zum Schutz der Verbraucher. Dies will nicht sagen, dass es keinen gemeinsamen Standard im Hinblick auf die Unlauterkeit von Geschäftspraktiken geben könnte. Allerdings stellt sich die Frage, ob ein gemeinsamer Standard viel bei der präzisen Definition von Unlauterkeit in diesen unterschiedlichen Rechtsbereichen helfen würde. a. Unlautere Geschäftspraktiken gegen Mitbewerber: der klassische Ansatz Der brasilianische Berichterstatter bietet eine ausgezeichnete Übersicht über Praktiken, die als unlauter gegenüber Mitbewerbern angesehen werden, und auf Basis des klassischen Prinzips, dass Handlungen im Widerspruch zu ehrlichen Praktiken in Handelsangelegenheiten verboten werden sollten. Die Liste setzt sich aus einer Vielzahl an Variationen der drei Praktiken zusammen, die bereits in der Pariser Verbandsübereinkunft verboten wurden (Diffamierung, Verwirrung und irreführende Handlungen), ergänzt durch Praktiken, wie beispielsweise (und wir folgen der Nummerierung des Originals): (iv) Verwendung betrügerischer Mittel zur Abwerbung des Kundenstamms einer anderen Partei zum eigenen Nutzen oder zugunsten einer dritten Partei. (xi) Geben oder Versprechen von Geld oder anderer Nutzwerte an den Arbeitnehmer eines Mitbewerbers, wobei dieser Arbeitnehmer ihm unter Missachtung seiner Pflichten im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses einen Wettbewerbsvorteil bietet. (xii) Offenlegung, Nutzung oder Verwendung vertraulichen Wissens, Informationen oder Daten ohne Ermächtigung, die im Gewerbe, Handel oder bei Dienstleistungen nützlich sind, außer demjenigen, das öffentlicher Besitz ist oder das für eine qualifizierte Person offensichtlich ist, zu der sie Zugang mittels eines vertraglichen oder Beschäftigungsverhältnisses hat, selbst nach der Beendigung des Vertrages. (xiii) Offenlegung, Nutzung oder Verwendung von Wissen oder Informationen gemäß den Angaben im vorigen Absatz (xii) ohne Ermächtigung, wenn dies direkt oder indirekt mittels rechtswidriger 6 Mittel erworben wurde oder zu dem sie Zugang mittels Betrug hat. (xv) Bekanntgabe, Nutzung oder Verwendung der Ergebnisse von Tests oder anderer unveröffentlichter Daten, deren Ausarbeitung erhebliche Anstrengungen bedeutete und die den Regierungsinstanzen als Bedingung für die Genehmigung der Kommerzialisierung von Produkten vorgestellt wurde, ohne Ermächtigung. (xix) Verletzung der Wettbewerbsklausel durch den Abtretenden, wenn dies von der Beauftragung der kommerziellen Einrichtung an einen Mitbewerber herrührt. (xxi) Akquisition von Kunden auf Basis der Nichtbegleichung von Steuern, die dazu führt, dass der Rechtsverletzer einen Wettbewerbsvorteil am Markt erhält. b. Praktiken zur Einschränkung unlauterer kommerzieller Praktiken Die meisten nationalen Berichterstatter beziehen sich auch auf das Gebiet des Wettbewerbsrechts in ihrer Übersicht über unlautere Geschäftspraktiken. Wir nehmen den umfangreich ausgearbeiteten französischen Bericht als Beispiel, um einige spezifische Praktiken hervorzuheben, und behandeln keine gut bekannten Praktiken, wie beispielsweise Diskriminierung, Missbrauch einer Position wirtschaftlicher Macht etc. Das französische Handelsgesetzbuch beinhaltet einen gesonderten Paragraph über Para-Kommerzialismus, d.h. kommerzielle Aktivitäten, die von öffentlich finanzierten Organisationen in Konkurrenz zu privaten Unternehmen ausgeführt werden. Artikel L. 442-7 und 8 des Handelsgesetzbuches sanktioniert all diejenigen, die: « le fait d’offrir à la vente des produits ou de proposer des services en utilisant, dans des conditions irrégulières, le domaine public de l’Etat, des collectivités locales et de leurs établissement public ». Darüber hinaus verbietet das französische Gesetz Verlustverkauf. Artikel L. 442-2 sanktioniert alle Handelstreibenden « de revendre ou d'annoncer la revente d'un produit en l'état à un prix inférieur à son prix d'achat effectif est puni de 75 000 euros d'amende.» Wir heben hervor, dass Verlustverkauf ein Beispiel einer Regelung der Verkaufsförderung ist, die im fehlgeschlagenen Vorschlag für eine Regelung der Verkaufsförderung im Binnenmarkt beinhaltet ist. Er wird auf der Schwarzen Liste der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken nicht angeführt. Beide Praktiken, Para-Kommerzialismus und Verlustverkauf könnten als unlautere Praktiken gesehen werden, die nicht dem Schutz der Verbraucher dienen. c. Unlautere Geschäftspraktiken gegen den Verbraucher Verbraucherrecht, wie es sich seit den Fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts entwickelt hat, sorgt für das Verbot anderer kommerzieller Praktiken. Das Verbraucherrecht kombiniert dabei drei verschiedene Rechtsbereiche. Vertragsrecht spielt eine wichtige Rolle, und schützt den Verbraucher gegen professionelle Parteien. Die Liberalisierung von Märkten, wie beispielsweise im Bereich Telekommunikation, Gas und Energie oder Transport, die Entwicklungen auf Finanzmärkten oder die Kommerzialisierung des Rundfunks hat zu spezifischen Formen der Marktuntersuchung geführt, wobei Regierungsbehörden mit spezifischen Kompetenzen ausgestattet werden, um die Interessen der Verbraucher auf dem Markt zu schützen. Praktiken, wie beispielsweise Spamming, Schleichwerbung, Lockvogeltaktiken, Wettbewerbe mit Verlosungen und andere Formen der Verkaufsförderung wurden einer Regelung unterworfen. Eine enorme Menge an Informationspflichten begleitet diese Regelungen. Das Gegenstück dieser Informationspflichten ist die These des informierten Verbrauchers, wie sie vom Europäischen Gerichtshof in Fällen, wie Gut Springenheide oder Estée Lauder entwickelt wurde. In allen Ländern wird irreführende Werbung, einschließlich irreführender vergleichender Werbung als unlauter gegenüber dem Verbraucher betrachtet. Der französische Bericht erwähnt als andere Geschäftspraktiken, die zum Schutz der Verbraucher geregelt werden sollten: Haustürgeschäfte und ähnliche Formen unaufgeforderten Direktmarketings, Prämien, Wettbewerbe mit Verlosungen, Lotterien, Zusendung unverlangter Waren und Pyramidensysteme. Diese Liste ist in den meisten anderen Ländern ähnlich. Zudem verbietet das französische Gesetz “de refuser à un consommateur la vente d’un produit ou la prestation d’un service, sauf motive légitime… » sowie Vorbehaltsverkauf. Es muss wiederholt werden, dass nicht alle dieser Praktiken in einem Gesetz geregelt sind. Sie sind häufig über mehrere Gesetze oder die Rechtsprechung zerstreut. In einigen Ländern ist der Fokus des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb viel enger, und überlässt beispielsweise missbrauchende Klauseln dem allgemeinen Zivilrecht oder den Verdrängungswettbewerb dem Kartellrecht. Allerdings kann die Verletzung dieser Gesetze in den meisten Ländern als unlauterer Wettbewerb ("Gesetzesverstoß") gesehen werden, wenn hinzukommende Umstände vorliegen, sodass ein enger Zusammenhang erhalten bleibt. 6 6 Siehe jedoch den Fall Belgiens, erwähnt in Par. B.I. 7 Zur Zusammenfassung: Die Liste unlauterer kommerzieller Praktiken kann zeigen, dass diese Praktiken weder auf Mitbewerber- noch auf Verbraucherfragen beschränkt werden können. Sie umfassen traditionelle Mitbewerberfragen, Verbraucherfragen und als gemeinsame Basis für beide wettbewerbsorientierte Themen. Trotzdem gibt es, von einem unterschiedlichen Blickpunkt aus gesehen, große Unterschiede: Die Unlauterkeit einer Verkaufsverweigerung an einen Kunden kann beispielsweise schwer in ein klassisches Rechtssystem über unlauteren Wettbewerb eingeordnet werden. Es könnte viele ähnliche Beispiele geben, welche die gleiche Schwierigkeit aufzeigen. F.I. 3. Enthält das Gesetz in Ihrem Land eine "schwarze Liste" von Geschäftspraktiken, die per se als unlauter betrachtet werden? a. In keinem der untersuchten Länder wird eine allgemeine Differenzierung zwischen unlauterem kommerziellem Verhalten, das gesetzlich oder mittels Rechtsprechung verboten ist und einer zusätzlichen "schwarzen Liste" mit Praktiken, die per se verboten sind, getroffen. In den Niederlanden enthalten das Elektrizitätsgesetz 1998 und das Gasgesetz eine unvollständige schwarze Liste von Verkaufsmethoden, die per se als unlauter betrachtet werden. Darüber hinaus enthält Artikel 6:236 des Bürgerlichen Gesetzbuches eine Liste beschwerlicher Vertragsbestimmungen. b. Allerdings kann die Grenze zwischen einer "schwarzen Liste" und ausdrücklich geregelten Klagegründen fließend sein. Einerseits steht sogar die "schwarze Liste" in der Richtlinie 2005/29/EG einer Interpretation offen. So verbietet beispielsweise Nr. 28 der "schwarzen Liste" "beharrliche" Telefonanrufe. Die Gerichte müssen im Lichte des Zwecks der Richtlinie die Frage interpretieren, was "beharrlich" ist. Andererseits kann das verbotene Verhalten im nationalen Recht gegen unlautere Handelspraktiken in einer so präzisen Art und Weise geregelt werden, dass die Gerichte wenig Spielraum für Interpretation haben. c. Im Allgemeinen kann folgende Unterscheidung getroffen werden: - In Ländern, in denen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb hauptsächlich Rechtsprechung ist (Brasilien, Frankreich, Niederlande), besteht im Allgemeinen keine "schwarze Liste" verbotener Praktiken. Die Gerichte haben üblicherweise eine breite Ermessensfreiheit darüber, was sie als unlauter ansehen. Das gleiche gilt für diejenigen Länder, in denen eine allgemeine Klausel im Mittelpunkt einer spezifischen Regelung gegen unlautere Praktiken steht - und die ausdrücklich geregelten Klagegründe als Beispiele der allgemeinen Klausel gesehen werden (Deutschland oder Schweiz). - In Ländern, in denen die spezifische Regelung gewisser unlauterer kommerzieller Praktiken nicht als Beispiele einer allgemeinen Klausel gesehen wird (Frankreich, sofern es das Verbrauchergesetz betrifft, Italien im Hinblick auf “concorrenza sleale”, Belgien), ähneln die individuell geregelten Klagegründe eher einer "schwarzen Liste". Allerdings stehen sie üblicherweise zusätzlicher Interpretation offen. II. Wesentliche Vorschriften F.II.1. Gibt es a priori verschiedene Regeln in Bezug auf unlautere Geschäftspraktiken gegen Verbraucher und gegen Unternehmen? Gibt es insbesondere verschiedene allgemeine Klauseln für Verbraucher und Unternehmen, die unlautere Geschäftspraktiken verbieten? a. In den meisten untersuchten Ländern hat der Gesetzgeber einige Klagegründe auf die speziellen Bedürfnisse gewisser Marktteilnehmer, insbesondere Verbraucher, maßgeschneidert. Dies ist offensichtlich in denjenigen Ländern, in denen eine zweite Reihe an Vorschriften zum Schutz von Verbrauchern eingeführt wurde (z.B. Frankreich im Hinblick auf die Bestimmungen im Verbrauchergesetz). Allerdings gilt dies auch für diejenigen Länder, die Verbraucher und Mitbewerber gleichermaßen schützen. In Deutschland dient das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb einem dreifachen Zweck, aber die strikte opt-in-Lösung im Hinblick auf unangemeldete Anrufe gilt nur für Verbraucher (während das Verbot der Herabsetzung einen "Mitbewerber" erfordert). b. Es gibt nur ein Land, in dem eine allgemeine Klausel gegen unlauteren Wettbewerb zwischen Verbraucher und Mitbewerbern unterscheidet. Artikel 93 des belgischen “Loi sur les Pratiques du 8 Commerce” verbietet jede Handlung, die im Widerspruch zu ehrlichen Handelspraktiken steht, und bei denen ein Verkäufer die wirtschaftlichen Interessen eines anderen Verkäufers schädigt oder schädigen könnte. Artikel 94 des LPC weist eine identische Formulierung auf, schützt aber die Interessen von Verbrauchern. Gemäß dem belgischen Obersten Gerichtshof gilt die allgemeine Verbraucherklausel bereits, wenn der Konsument "manipuliert" wurde. F.II.2. Gibt es verschiedene Maßstäbe für die Beurteilung unlauterer kommerzieller Handlungen, abhängig davon, ob sie vom Gesichtspunkt des Verbrauchers oder aus der Perspektive des Mitbewerbers betrachtet werden? Oder ist es der Fokus auf die kommerzielle Praxis an sich, der natürlich im Zusammenhang mit allen "besonderen Umständen" gesehen werden muss, die auch die Zielgruppe einschließen könnten (allgemeine Öffentlichkeit, Jugend, professionell etc.). Die meisten Länder unterscheiden nicht grundlegend zwischen den Interessen von Verbrauchern und Mitbewerbern. Der Standard der Fairness ist der gleiche, unabhängig davon, ob die Praxis an Verbraucher oder Unternehmen gerichtet ist. Natürlich berücksichtigen die Gerichte bei der Beurteilung einer Praxis die Zielgruppe, und zwar ob sich die Praxis an Endverbraucher, Fachleute, eine besonders verletzliche Gruppe, wie beispielsweise Kinder etc. richtet. Dies ist allerdings nur eine Konsequenz der allgemeinen "Regel, dass die Beurteilung der Unlauterkeit die Einbeziehung aller relevanten Aspekte" erfordert, besonders der Zielgruppe. Zumindest a priori gibt es keine unterschiedlichen Vorschriften im Hinblick darauf, ob sich die Praxis an Verbraucher oder Geschäftsleute richtet. Besonders umfasst die allgemeine Klausel in denjenigen Ländern, die über spezifische Vorschriften über unlautere Handelspraktiken verfügen (Österreich, Spanien, Deutschland, Schweiz, mit der Ausnahme von Belgien) eher allgemein Verbraucher- und Mitbewerberinteressen gleichermaßen, und bietet einen allgemeinen Fairness-Standard für alle Marktpraktiken. Das gleiche scheint für Länder zu gelten, die mehr oder weniger zivilrechtlichen Schutz gegen unlautere Handelspraktiken auf Basis der allgemeinen Schadenersatzklausel bieten (Frankreich, Italien, Niederlande, Brasilien). Sogar, wenn das Klagerecht auf Mitbewerber beschränkt ist, impliziert dies nicht unbedingt einen unterschiedlichen Fairness-Standard. In Frankreich wird “dénigrement” beispielsweise als einer der Hauptfälle der “concurrence déloyale” betrachtet (entwickelt durch Rechtsprechung auf Basis von Artikel 1382 Bürgerliches Gesetzbuch), wird aber offensichtlich nicht unterschiedlich beurteilt, je nachdem, ob die nachteilige Anmerkung gegenüber einem Verbraucher oder einem Mitbewerber ausgesprochen wird. Darüber hinaus kann das Interesse des Verbrauchers auch in Ländern berücksichtigt werden, die eine Rechtsprechung entwickelt haben. F.II.3. Gibt es relevante Definitionen von Verbrauchern im Gegensatz zu Nicht-Verbrauchern im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb und falls ja, wie werden sie qualifiziert? In den meisten Ländern findet sich die Definition von Verbrauchern im Bürgerlichen Gesetzbuch oder im Verbrauchergesetz. Die meisten Gesetze gegen unlauteren Wettbewerb, außer im belgischen und Schweizer Recht, enthalten keine Definitionen von Verbrauchern im Gegensatz zu Nicht-Verbrauchern. Im Allgemeinen bezieht sich der Status des "Verbrauchers" auf die betreffende Transaktion und nicht auf den tatsächlichen Status von jemand als Unternehmen oder als Privatperson. Ein Unternehmen kann also in einigen Fällen als geschützter Verbraucher agieren. Es gibt zwei Arten, Verbrauchertransaktionen zu definieren. Die meisten Gesetze beinhalten die negative Definition, dass ein Verbraucher jemand ist, der nicht als Unternehmen agiert oder der keine Transaktionen abschließt, die eine (direkte) Beziehung zu unternehmerischen Handlungsweisen haben. Das brasilianische und spanische Verbrauchergesetz und die französischen Strafgerichte verwenden die positive Definition von Verbrauchern als Personen, die Transaktionen abschließen, um ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen oder welche die betreffenden Waren und Dienstleistungen tatsächlich konsumieren. *** - Belgien: Das belgische LPC definiert den Verbraucher als “Toute personne physique ou morale qui acquiert ou utilise à des fins excluant tout caractère professionnel des produits ou des services mis sur le marché”. - Brasilien: In Brasilien gibt es keine relevanten Definitionen von Verbrauchern im Wettbewerbsrecht, da unlauterer Wettbewerb nur für wettbewerbliche Beziehungen zutrifft. Das Verbrauchergesetz (Gesetz 8,078/90) definiert Verbraucher als alle natürlichen oder 9 Rechtspersonen, die Produkte oder Dienstleistungen als endgültiger Empfänger erwerben oder verwenden. - Tschechien: Das tschechische Wettbewerbsrecht enthält keine Definition des Verbrauchers. Kapitel 52 des Bürgerlichen Gesetzbuches definiert den Verbraucher als die Person, die beim Abschluss von Verträgen oder Geschäften nicht als Unternehmen agiert. - Frankreich: Das französische Recht weist keine einheitliche Definition eines Verbrauchers auf. Artikel 121(22) 4 des Verbrauchergesetzes definiert einen Verbraucher als jede physische Person, die einen Vertrag ohne direkte Beziehung zu ihrem Beruf eingeht. Das ministerielle Rundschreiben vom 19. Juli 1988 definiert den Verbraucher als “le consommateur final, qui les emploie pour satisfaire ses propres besoins et ceux des personnes à sa charge ; et non pour les revendre, les transformer ou les utiliser dans le cadre de sa profession.” Die französische Strafrechtsprechung verwendet eine etwas breitere Definition des Verbrauchers Anstelle des Kriteriums der "direkten Beziehung" erfordert sie, dass ein Verbraucher den Gegenstand der Transaktion persönlich konsumieren muss.7 - Deutschland: Das deutsche “Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb” (UWG) bezieht sich auf die Verbraucherdefinition von Kapitel 13 des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches. Es definiert Verbraucher als jede physische Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. 8 Darüber hinaus weist das deutsche UWG Definitionen von Unternehmen, Mitbewerbern und (anderen) Marktteilnehmern auf. - Italien: Das italienische Wettbewerbsrecht enthält keine Definition von (Nicht-) Verbrauchern. Allerdings besagt Artikel 1519-bis des Bürgerlichen Gesetzbuches, der den Verkauf von Konsumgütern regelt, dass a) ein Konsument “…jede Person ist, die im Hinblick auf Verkauf, Tausch, Lieferverträge außerhalb der Einschränkungen der kommerziellen oder beruflichen Aktivität agiert, die sie gewöhnlich ausführt” - Niederlande: Artikel 6:236 und 6:237 des niederländischen “Burgerlijk Wetboek” definieren den Verbraucher als physische Person, die nicht als Unternehmen agiert. - Spanien: Das spanische Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb beinhaltet keine Definition des Verbrauchers. Es gilt schlichtweg: "für all diejenigen, die am Handel teilnehmen." Eine Definition von Verbrauchern findet sich im Allgemeinen Verbraucherschutzgesetz, das Verbraucher als Einzelpersonen (oder in der Tat Unternehmen) definiert, die der endgültige Käufer oder Nutzer beweglicher oder unbeweglicher Besitztümer, Produkte, Dienstleistungen oder Aktivitäten sind, unabhängig davon, ob der Verkäufer, Lieferant oder Produzent eine öffentliche oder private Körperschaft ist, alleine oder kollektiv auftritt. Der spanische Oberste Gerichtshof urteilte kürzlich, dass der Begriff des Verbrauchers im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb den "Durchschnittsverbraucher" nicht definitionsgemäß identifiziert. Er kann sich auch auf professionelle Einzelhändler in der Kategorie der betreffenden Produkte beziehen.9 - Schweiz: In der Schweiz ermöglicht Artikel 10 LCD "Kunden" die Einbringung einer Klage. Die Definition von "Kunden" bezieht sowohl die Kunden des verletzenden Mitbewerbers als auch des getroffenen Mitbewerbers sowie potentielle oder künftige Kunden ein. Gewerbetreibende oder Selbständige werden ebenso als Kunden betrachtet. - Großbritannien: In Großbritannien beschränkt sich das gesetzliche Recht in einigen Fällen auf Verbraucher. Kapitel 20(6) des Verbraucherschutzgesetzes 1987 und Kapitel 3(1) der unlauteren Bedingungen in Verbraucherverträgen 1999 schließen diejenigen aus, die zu geschäftlichen Zwecken konsumieren. Folglich sind diese Gesetze auf den Schutz von Verbrauchern beschränkt. Die Vorschriften über die Kontrolle irreführender Werbung 1988, die scheinbar auf unternehmerische Werbung ausgerichtet sind, schränken die Personenklasse, die Beschwerden beim betreffenden Amt (OFT) einreichen können, nicht ein. Darüber hinaus scheint die Cass. Crim., 12. Februar 1990, JCP G 1990, II, 21582, note P. Conte; Cass. Crim., 19. Dez. 1989, Rechtseinwand Nr. 887.666. 8 Abschnitt 13 des Bürgerlichen Gesetzbuches definiert einen Verbraucher als: “Jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen, noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann“. 9 Entscheidung vom 6. Oktober 2004 (RJ 2004/5988). 7 10 Gewerbeordnung ebenso für diejenigen zu gelten, die Handel als Teil eines Geschäftes entgegennehmen. III. Nicht-wirtschaftliche Aspekte F.III.1 In welchem Ausmaß spielen andere als wirtschaftliche Aspekte (z.B. die soziale Verantwortung von Marketing, der Schutz von Kindern, gegen Diskriminierung, religiöse Gefühle, Datenschutz etc.) eine Rolle im Wettbewerbsrecht, und können diese Aspekte zum Verbot eines kommerziellen Verhaltens führen, das die wirtschaftlichen Interessen von Unternehmen oder Verbrauchern nicht benachteiligt? Bei den Antworten auf F.III.1 kann man zwischen drei Situationen unterscheiden. Es gibt nur wenige Länder, in denen nicht-wirtschaftliche Aspekte überhaupt keine Rolle zu spielen scheinen (Großbritannien, Schweiz). In den meisten Ländern berücksichtigt das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb direkt oder indirekt auch die nicht-wirtschaftlichen Interessen von Marktteilnehmern, besonders von Verbrauchern. Dies ist vorwiegend in denjenigen Ländern der Fall, in denen eine allgemeine Klausel mit ethischen Aspekten ("bones mores" etc.) im Mittelpunkt des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb steht (Schweden, Tschechien, Brasilien). Allerdings haben - selbst wenn der Schwerpunkt mehr auf dem Funktionieren des Wettbewerbs liegt - zumindest einige Gesetzgeber Geschäftspraktiken, die beispielsweise die Leichtgläubigkeit von Verbrauchern ausnutzen oder Verbraucher oder andere Marktteilnehmer mittels ungewünschter Anrufe, Spamming etc. belästigen, ausdrücklich verboten. (Deutschland). Darüber hinaus regeln mehrere Werbegesetze etc., die Gesetze gegen unlauteren Wettbewerb ergänzen, (auch) Themen der öffentlichen Ordnung (z.B. in Spanien das Vergehen gegen die persönliche Würde). Zusätzlich betrachten viele Länder den Verstoß gegen spezifische Gesetze über Fragen der öffentlichen Ordnung (Gesundheits- oder Sicherheitsfragen, Schutz von Kindern oder Datenschutz) gleichzeitig als unlauteren Wettbewerb. Der Maßstab für die so genannte "breach of the law"Doktrin ist jedoch in den untersuchten Ländern unterschiedlich. Nur in Belgien wird jeder Verstoß gegen ein beliebiges anderes Gesetz als unlauterer Wettbewerb per se gesehen. In den meisten anderen Ländern müssen zusätzliche Anforderungen erfüllt sein (z.B. muss das verletzte Gesetz in Deutschland das Marktverhalten betreffen). *** In Belgien können andere als rein wirtschaftliche Aspekte als "unlauter" erachtet werden, wenn sie unehrlichen Geschäftspraktiken gleichkommen. Darüber hinaus wird der Verstoß gegen ein beliebiges anderes Gesetz, unabhängig von dessen Zweck, als Verstoß gegen das MarktpraxisGesetz (1991) betrachtet. In Brasilien sind nicht-wirtschaftliche Aspekte, wie beispielsweise die Ausbeutung von Kindern, sexuelle oder altersbezogene Diskriminierung, Verletzung des Datenschutzes, Ablehnung der Einhebung von Steuern oder Banknotenfälschung bei der Bestimmung der Unlauterkeit einer kommerziellen Praxis relevant, da sie dem Unternehmen unehrliche Wettbewerbsvorteile bringen. In Tschechien werden nicht-wirtschaftliche Aspekte durch die allgemeine Klausel von Kapitel 44 (1) des Handelsgesetzbuches (”bones mores”) abgedeckt, sowie auch durch das Werbegesetz.10 In Frankreich schützt der 'Code de la Consommation' im Prinzip nur die wirtschaftlichen Interessen von Verbrauchern. Allerdings können gleichberechtigte Überlegungen in ihrer Anwendung berücksichtigt werden, und Art. L-2 (?) verbietet ausdrücklich den Missbrauch der Schwäche oder Unwissenheit von Verbrauchern, sogar wenn kein tatsächlicher Schaden der wirtschaftlichen Interessen des Verbrauchers vorliegt (Cour de Cassation).11 Im Hinblick auf die so genannte ‘concurrence déloyale’: Im Prinzip müssen die wirtschaftlichen Interessen eines 10 11 Es ist ausschlaggebend, ob eine unlautere Geschäftspraxis die positiven Auswirkungen des Wettbewerbs limitiert oder beeinträchtigt. Henning-Bodewig, Unfair Competition Law, Kluwer Law International, The Hague 2006. Cass. crim., 12. Januar 2000, Nr. 99-81.057, Rev. lamy dr., aff. 2000, Nr. 26, Nr.1630, obs. P. Storrer. 11 Unternehmens beeinträchtigt sein (obwohl jüngste Entscheidungen kommerziellen Schadens ziemlich liberal behandeln12 13 14 15 16). die Anforderung des In Deutschland schränkt das neue Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb aus dem Jahr 2004 (UWG 2004) das öffentliche Interesse auf "unverzerrten Wettbewerb". Ob die Verletzung von Angelegenheiten der öffentlichen Ordnung gemäß der allgemeinen Klausel zu unlauterem Wettbewerb führen kann, ist zweifelhaft. Allerdings verbietet § 7 UWG ausdrücklich kommerzielle Belästigung (z.B. ungewünschte Anrufe, Spamming), selbst wenn dies die Entscheidungsfindung nicht beeinflusst. Außerdem verbietet § 4 Nr. 3 UWG den Missbrauch der Unerfahrenheit von Kindern etc. Die regulären Vorschriften des italienischen Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb gelten nur für Konflikte zwischen Unternehmern und, entsprechend der älteren Rechtsprechung und einem Teil der traditionelleren Autoren, für direkte Mitbewerber. Dennoch können einige der nichtwirtschaftlichen Aspekte, die als Beispiele angeführt wurden, berücksichtigt werden, wenn sie unter die allgemeine Bestimmung von Artikel 2598 (3) CC. fallen (Der Gesetzgebungserlass 74/1992 schützt auch Fragen der öffentlichen Ordnung, beispielsweise in der Werbung....) Niederlande: Nicht-wirtschaftliche Aspekte können eine Rolle in Fällen unlauteren Wettbewerbs spielen. In einem Zivilprozess gegen den Werbetreibenden können sich Verbraucher in Bezug auf die fragliche Werbung auf eine (negative) Empfehlung des niederländischen Ausschusses für Werbestandards (“Reclame Code Commissie”, RCC) berufen. 17 Dieser bezieht sich nicht nur auf wirtschaftliche Aspekte, sondern auch auf nicht-wirtschaftliche Aspekte, wie beispielsweise Religion und moralische Absichten. Das spanische Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb verbietet Aussagen, die das Ansehen eines Marktteilnehmers beeinträchtigen, insbesondere dann, wenn sich derartige Aussagen auf die Nationalität, den Glauben oder die Ideologie, das Privatleben oder beliebige andere strikt persönliche Umstände beziehen. Darüber hinaus verbietet Artikel 3 des Allgemeinen Werbegesetzes “Werbung, die die persönliche Würde verletzt oder gegen die Werte und Rechte verstößt, die von der spanischen Verfassung anerkannt wurden, insbesondere im Hinblick auf Kinder, Jugendliche und Frauen.” In Schweden hat die Beurteilung der "Fairness" hauptsächlich einen ethischen Charakter. Zudem wird das Marktpraxis-Gesetz mit Blick auf unter anderem ICC-Codes über Marketingpraktiken und Werbung, andere außergesetzliche Vorschriften der Industrie und anderen allgemein akzeptierten Normen für den Schutz von Verbrauchern interpretiert. Das Schweizer Loi fédérale contre la concurrence déloyale vom 19. Dezember 1986 ist auf den Schutz wirtschaftlichen Wettbewerbs ausgerichtet. Die allgemeine Klausel von Artikel 2 LCD verlangt, dass eine Handlung unlauteren Wettbewerbs eine tatsächliche Auswirkung auf die Beziehung von Marktteilnehmern untereinander hat..18 19 In Großbritannien spielen nicht-wirtschaftliche Aspekte eine äußerst geringfügige Rolle im Zusammenhang mit 'Passing-Off'-Recht, außer wenn sie sich auf die Umstände der Falschdarstellung beziehen. IV. Verfahren 12 13 14 15 16 17 18 19 TGI Paris, 2. Mai 1968, JCP éd. G 1969, IV, S. 53. Lyon, 27. Juli 1936, DH 1938, som. S. 3. Cass. 2ème civ., 19. Juni 1996, Nr. 94-20.515, Bull. civ. II, Nr. 153, S. 93, D. Aff. 1996, S. 1056. Versailles, 15. Februar 2001, PIBD 2001, III, S. 516 ; Cass. com., 6. Januar 1987, D. 1988, somm. S. 211, obs. Y. Serra ; Cass. com., 8. Juli 1997, Jurisdata Nr. 1997-003643. Paris, 15. Dezember 1994, France Télécom c. Girard, D. 1996, 489 Der Text des Werbegesetzes befindet sich auf folgender Website: http://www.reclamecode.nl/index2.html ATF 126 III 198, consid. 2c/aa et les références. Kürzlich hat das Bundesgericht (Oberster Gerichtshof) nochmals bestätigt, dass Artikel 1 LCD Marktteilnehmern einen unverzerrten und reinen Wettbewerb garantiert. Das LCD behandelt deshalb nur Wettbewerb auf wirtschaftlicher Ebene zwischen Personen, die ihre wirtschaftlichen Leistungen anbieten. ATF von 15.12.2005, 4C.295/2005, consid. 3.1. 12 F.IV.1. Sind verschiedene Sanktionen in den Vorschriften zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs vorgesehen, abhängig davon, ob die unlautere Praxis hauptsächlich Verbraucher oder Unternehmen beeinflusst? F.IV.2. Gibt es insbesondere unterschiedliche Verfahren oder Behörden für die Anwendung der Vorschriften gegen unlautere Geschäftspraktiken, die Verbraucher beeinträchtigen? F.IV.3. Ist es Unternehmen möglich, eine Klage gegen einen Mitbewerber auf Basis der Verletzung spezifischer Vorschriften zum Schutz von Verbrauchern einzubringen, beispielsweise Vorschriften, die Informationen an Verbraucher erfordern? Die Antworten auf die Fragen F.IV.1. und F.IV.2. zeigen, dass man zwischen der Frage der Sanktionen (insbesondere, ob sie zivil-, strafrechtlich oder selbsttätig regelnd sind) und der Frage, wer eine Klage einbringen kann, unterscheiden muss. Alle Länder verfügen über zivilrechtliche Sanktionen. In den meisten Fällen sind dies Schadenersatzleistungen, einstweilige Verfügungen, Richtigstellungen und Feststellungsverfahren. Strafrechtliche Sanktionen spielen in Frankreich eine wichtige Rolle zum Schutz der Verbraucher, sowie in Brasilien, Deutschland und der Schweiz für schwerwiegende Verstöße. Selbstregulierende Körperschaften spielen in den Niederlanden und in Spanien eine Rolle. Frankreich verfügt über eine Sonderkommission für missbrauchende Bestimmungen, die Modellverträge prüft. Natürlich werden zivilrechtliche Klagen vor Zivilgerichte gebracht, und die Staatsanwaltschaften vollstrecken das Strafrecht. In Großbritannien vollstreckt das Amt für fairen Handel durch die regionalen Handelsaufsichtsbehörden und Verbraucherschutz. (Geschädigte) Mitbewerber können in allen Ländern ein Zivilverfahren einleiten. In Belgien, Brasilien, Tschechien, den Niederlanden, in Spanien und der Schweiz können individuelle Verbraucher eine Zivilklage einbringen. In Frankreich können sich Verbraucher der strafrechtlichen Verfolgung als "partie civile" zur Forderung von Schadenersatz anschließen. In Deutschland können Verbraucher keine Klage gemäß dem UWG einbringen, und in Italien können sie eine Einstellungsund Unterlassungsklage einbringen oder eine Richtigstellungsforderung im Fall irreführender und vergleichender Werbung. In einigen Ländern können Verbrauchervereinigungen und Unternehmerverbände Unterlassungs- oder Richtigstellungsklagen einbringen. In den meisten Ländern kann ein Unternehmen eine Klage für den Verstoß gegen Bestimmungen einreichen, die Verbraucher schützen, wenn sie selbst betroffen sind. *** Die Berichterstatter aus Belgien und den Niederlanden entschieden sich für eine gemeinsame Beantwortung dieser drei Fragen. Die anderen Berichterstatter übermittelten gesonderte Antworten auf die einzelnen Fragen. Die belgische Einstellungsklage weist in allen drei Fällen die gleiche Form auf, und findet vor dem gleichen Gericht statt. Ein Unternehmen kann eine Klage gegen einen Mitbewerber einreichen, der seine Informationspflicht gegenüber dem Verbraucher vernachlässigt. Allerdings muss es sein Interesse oder die Schädigung seiner eigenen Aktivitäten nachweisen. In den Niederlanden kann jede beliebige Person Schadenersatz fordern, und zwar gemäß der allgemeinen Schadenersatzklausel (Artikel 6:162 BW). Darüber hinaus können Verbraucher eine Klage gemäß dem Vertragsrecht auf Auflösung, Annullierung von (Kauf-) Verträgen, Schadenersatz oder Ersatz einbringen: Zusätzlicher Schutz gegen unangemessen beschwerliche Allgemeine Geschäftsbedingungen in Kaufverträgen wird durch Artikel 6:236 BW (eine ‘schwarze Liste’ von Bedingungen) und durch Artikel 6:237 BW (eine ‘graue Liste’ von Bedingungen) geboten. Verbrauchervereinigungen können eine Klage auf Annullierung derartiger Bestimmungen einleiten. Rechtsmittel, die in einem derartigen individuellen Zivilverfahren erhalten werden, beziehen sich lediglich auf spezifische Fälle, sind langwierig und kostspielig. Neben Einzelklagen enthält das niederländische Bürgerliche Gesetzbuch auch eine Bestimmung über Sammelklagen. Artikel 3:305a BW ermöglicht einer Stiftung oder Vereinigung, eine Feststellungs- oder Unterlassungsklage einzureichen. Sammelklagen haben einen subsidiären Charakter. 13 Zudem können Schadensforderungen vor selbstregulierenden Körperschaften eingebracht werden. Der Werbestandardausschuss (RCC), das Reklamationen in Bezug auf Werbung behandelt, die im Widerspruch zum niederländischen Werbegesetz (NRC) steht, kann empfehlen, dass der Werbetreibende den Einsatz der fraglichen Werbung einstellen sollte. Die derzeitigen 33 Ausschüsse für Streitigkeiten in Verbraucherangelegenheiten, angeschlossen an die Institution “Stichting Geschillencommissies voor Consumentenzaken” (SGC) verfügen über Gerichtsbarkeit in Streitigkeiten in Bezug auf z.B. Reisen, Einrichtung, Textilreinigung, Energie, Telekommunikation, Bankwesen, Versandunternehmen etc. Verbraucher können dort Schadenersatzansprüche zu relativ niedrigen Kosten einreichen. Die öffentliche Vollstreckung wird derzeit von einer Reihe von sektorspezifischen Aufsichtsbehörden durchgeführt. Ab 1. Januar 2007 wird eine neu gegründete niederländische Verbraucherbehörde (“ConsumentenAutoriteit”) ihre Arbeit aufnehmen. Sie wird ergänzend kollektive Interessen von Verbrauchern schützen, und weniger einzelne Schadenersatzansprüche behandeln. Ihre Aufgaben und Befugnisse werden im neuen niederländischen Gesetz über die Vollstreckung des Verbraucherschutzes ("Wet handhaving consumentenbescherming") festgehalten, das noch verabschiedet werden muss. F.IV.1. Sind in den Vorschriften zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs verschiedene Sanktionen vorgesehen, abhängig davon, ob die unlautere Praxis hauptsächlich Verbraucher oder Unternehmen schädigt? Das brasilianische Recht verfügt über verschiedene Sanktionen für unlautere Handlungen, die Verbraucher schädigen. Im Fall von Mitbewerbern kann eine Klage auf die allgemeine Bestimmung des Schadenersatzrechts (rechtswidrige Handlungen) basiert werden, das jeden Handelstreibenden verpflichtet, einen anderen zu entschädigen, der durch seinen Fehler Schäden durch eine Verletzung des loyalen Wettbewerbs verursacht hat. Die Rechtsmittel sind in den Artikeln 186, 187 und 927 bis 954 CC enthalten, und behandeln die Möglichkeit, Schadenersatz zu erhalten und den übertretenen “Status quo” durch eine einstweilige Verfügung wieder herzustellen. Das brasilianische Strafrecht (Artikel 195 des Gesetzes 9,279/96) bestraft einige unlautere Praktiken, welche die "faire Praxis im Zuge des Handels" tiefgehend schädigt, oder die den freien Wettbewerb und die Reputation von Unternehmen beeinträchtigt. Die Interessen von Verbrauchern werden durch Klagen auf Basis des Zivilrechts, durch Verwaltungsrecht und durch das Strafrecht geschützt. Verbraucher können eine Zivilklage für die Entschädigung von Verlusten und Schadenersatz einreichen, die ohne Beeinträchtigung der Zahlung einer Geldstrafe oder der Verwaltungsstrafen erfolgt. Das tschechische Recht beinhaltet die gleichen Sanktionen für Klagen, die von Mitbewerbern und von Verbrauchern eingebracht wurden. In Frankreich hängt die Art der Sanktion größtenteils von der betreffenden unlauteren Praxis ab. Im Prinzip werden die Interessen von Verbrauchern durch strafrechtliche Sanktionen geschützt, und die Interessen von Mitbewerbern werden durch Zivilklagen geschützt. Das französische Verbrauchergesetz sieht strafrechtliche Sanktionen vor, außer in Fällen missbrauchender Kaufbestimmungen. Das Verbrauchergesetz unterscheidet zwischen geringfügigen und erheblichen 'Straftaten' (Verbrechen und Vergehen), die vor dem Tribunal de police und dem Tribunal correctionnnel verfolgt und mit Geld- und Gefängnisstrafen sanktioniert werden. Handlungen, die das allgemeine Interesse von Verbrauchern schädigen, werden ebenfalls bestraft. Mitbewerber können Zivilklagen auf Schadenersatz und einstweilige Verfügungen gegen unlautere Praktiken sowie wettbewerbseinschränkende Praktiken einbringen. Im Fall rechtswidriger oder irreführender Werbung kann das Opfer die Verhängung strafrechtlicher Sanktionen über den Werbetreibenden beantragen. Eigentlich sind irreführende und vergleichende Werbung sowie andere irreführende Praktiken hauptsächlich Gegenstand strafrechtlicher Sanktionen. 14 Gemäß dem deutschen UWG 2004 können einzelne Mitbewerber sowie Handelsgesellschaften Klagen einbringen, insbesondere die “Wettbewerbszentrale.” Im Gegensatz dazu ist der Schutz der Interessen der Verbraucher ausschließlich den Verbrauchervereinigungen vorbehalten. Einzelne Verbraucher können eine Klage gemäß dem regulären Zivilrecht einbringen. Das UWG 2004 kennt die Sanktionen Beseitigung, einstweilige Verfügung, Schadenersatz und Beschlagnahmung von Gewinnen. Ein Mitbewerber kann eine Klage auf Beseitigung oder eine einstweilige Verfügung einbringen, die gemäß Kapitel 3 und Kapitel 4 des UWG vorgesehen ist, und zwar durch eine Berufs- oder Verbrauchervereinigung. Schadenersatz kann ausschließlich vom Mitbewerber geltend gemacht werden, und nur für den Schaden, den er persönlich erlitten hat (Kapitel 9 UWG). Eine Person, die eine einstweilige Verfügung beantragt, kann die Beschlagnahmung von Gewinnen beantragen. In Italien sind im ‚Codice Civile’ keine speziellen Sanktionen für unlauteres Verhalten vorgesehen, das Verbraucher schädigt. Gemäß dem Gesetzgebungserlass Nr. 74/1992 über irreführende und vergleichende Werbung kann die Autorita Garante della Concurrenza e de Mercato Einstellungsund Unterlassungsanordnungen sowie Richtigstellungs-Anordnungen aussprechen. In Spanien können unlautere Praktiken, die Verletzungen des spanischen allgemeinen Verbrauchergesetzes (oder dem spanischen allgemeinem Werbe- und Wettbewerbsrecht) darstellen, zu Verwaltungs- und Geldstrafen sowie zu zivilrechtlicher Haftung führen. Im Gegensatz dazu führen Verletzungen des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb lediglich zu zivilrechtlicher Haftung. In beiden Fällen werden die Verfahren zur Festlegung der zivilrechtlichen Haftung gemäß den oben genannten Gesetzen im Wesentlichen gleich sein. Das spanische Recht kennt auch strafrechtliche Sanktionen im Zusammenhang mit unlauteren Praktiken. In der Schweiz wird unlauterer Wettbewerb erstens durch zivilrechtliche Sanktionen und zweitens durch strafrechtliche Sanktionen geschützt. Verwaltungsstrafen werden kaum verhängt. Gesetzesmäßig gehören unlauterer Wettbewerb und Verbraucherschutz zum eidgenossenschaftlichen Bereich. Die Organisation der Justiz, das Verfahren und die Verwaltung der Justiz in zivilrechtlichen Angelegenheiten gehört zum Bereich der Kantone. Die Organisation und Verwaltung der Justiz und die Vollstreckung von Sanktionen in strafrechtlichen Fragen gehören zum Bereich der Kantone. Die zivilen Rechtsmittel für Mitbewerber gemäß Artikel 9 LCD sind einstweilige Verfügungen, eine Feststellungsklage, (öffentliche) Richtigstellung, Schadenersatz und Wiederherstellung des immateriellen Schadens sowie Beschlagnahmung von Gewinnen. Verbraucher können sie auf die gleiche Art geltend machen, wenn ihre wirtschaftlichen Interessen geschädigt wurden (Artikel 10 LCD). Artikel 10 (2) LCD besagt, dass Berufsvereinigungen durch Verbrauchervereinigungen unter bestimmten Bedingungen einstweilige Verfügungen, Feststellungsklagen sowie Richtigstellungen durch die Bundesregierung geltend machen können. Artikel 23 sieht strafrechtliche Sanktionen für vorsätzliche Verstöße gegen die Artikel 3 bis 6 LCD vor, und Artikel 24 LCD sieht strafrechtliche Sanktionen für Verstöße gegen die Verpflichtung der Preisauszeichnung gegenüber Verbrauchern vor. Einige Verstöße können nur auf Basis einer Beschwerde verfolgt werden. In Großbritannien besteht beispielsweise eine mögliche strafrechtliche Haftung gemäß der Gewerbeordnung und dem Verbraucherkreditgesetz, aber dies sind in erster Linie eher Beispiele des britischen Verbraucherschutzgesetzes als des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb. Es gibt keine strafrechtlichen Sanktionen mit dem 'Passing off'-Gesetz, außer wenn der Beklagte gegen eine einstweilige Verfügung verstößt, wobei er in diesem Fall möglicherweise für Missachtung des Gerichts haftet. F.IV.2. Gibt es verschiedene Verfahren oder Behörden für die Anwendung der Vorschriften gegen unlautere Geschäftspraktiken, die Verbraucher schädigen? In Brasilien gibt es unterschiedliche Verfahren, wenn unlauterer Wettbewerb die Verbraucherrechte beeinträchtigt. Die geschädigte Partei in einem herkömmlichen unlauteren Wettbewerb sollte Gerichtsverfahren vor einem Zivilgericht auf Basis der allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung (CPC) initiieren. Gesetz 8,078/90 sieht zwei mögliche Klageformen für Verbraucher vor. Es gibt Einzelklagen und Sammelklagen für den Schutz von homogenen 15 individuellen Interessen. Sammelklagen können von der Staatsanwaltschaft, der Bundesregierung, den Staaten, Gemeinden und Bezirken, Regierungskörperschaften und Behörden sowie Vereinigungen eingebracht werden, die gesetzlich für mindestens ein Jahr konstituiert wurden, und deren Statut die Verteidigung der Interessen und Rechte abdeckt, die durch das Verbrauchergesetz geschützt sind. Kapitel 54 (2) des tschechischen Handelsgesetzes legt fest, dass die Beweislast zugunsten der Verbraucher umgekehrt wird, und zwar in Fällen von einstweiligen Verfügungen und Klagen auf Beseitigung. Die Beweislast für andere Kläger ist nicht umgekehrt. Zusätzlich zu seiner Antwort auf Frage F.IV.1 merkt der französische Berichterstatter an, dass er ein erhebliches Risiko sieht, dass unlautere Praktiken zum Nachteil der Verbraucher kaum von Verbrauchern selbst vor Zivilgerichte gebracht werden. Daher erachtet er strafrechtliche Sanktionen für erforderlich. Im Gegensatz dazu wurden unlautere Praktiken gegen Mitbewerber entkriminalisiert. Einige schwerwiegende Praktiken werden gemäß dem Handelsgesetz kriminalisiert und werden vom 'Tribunale correctional' behandelt. Opfer können in diesen Fällen "partie civile" werden. Es gibt auch eine französische Sonderkommission über missbrauchende Klauseln gemäß Artikel 132 (2) des Verbrauchergesetzes. Die Kommission prüft Modellverträge und empfiehlt Streichungen oder Abänderungen von Bestimmungen, die die Schaffung eines schwerwiegenden Ungleichgewichts in Rechten und Pflichten von Verbrauchern und nicht berufsmäßigen Parteien zum Ziel haben oder diese beeinflussen. In Deutschland sind die Verfahren für Verbraucher und Mitbewerber gleich. Es gibt keine Zentralbehörde, welche die Anwendung des UWG überwacht. Die Vollstreckung, einschließlich der Beschlagnahmung von Gewinnen, wird durch das Zivilrecht sanktioniert. Dennoch umfasst das UWG einige strafrechtliche Sanktionen in einigen Fällen von Irreführung und Diebstahl von Knowhow (Geschäftsgeheimnisse), die von der Staatsanwaltschaft verfolgt werden. In Italien ist ein direkter Schutz von Verbrauchern gegen unlauteren Wettbewerb lediglich in Artikel 7 des Erlasses Nr. 74/1994 gegen irreführende und vergleichende Werbung vorgesehen. Diese Verfahren finden vor der Autorita Garante della Concurrenza e de Mercato statt. Das spanische Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UCL) sieht einen breiten Umfang des Schutzes gegen unlautere Wettbewerbspraktiken als das allgemeine Werberecht, das allgemeine Verbraucherschutzgesetz oder das spanische Wettbewerbsrecht vor. Rechtsmittel gemäß dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb beinhalten eine Feststellungsklage, einstweilige Verfügungen, Rückerstattung, Richtigstellung, Schadenersatz sowie eine Klage gegen ungerechtfertigte Bereicherung. Sowohl Verbraucher als auch Mitbewerber können eine Klage gemäß dem UCL einbringen. Sowohl Verbraucher als auch Mitbewerber können eine Klage auf einstweilige Verfügung oder Richtigstellung gemäß dem allgemeinen Werbegesetz einbringen. Verbraucher können eine Schadenersatzklage gemäß dem allgemeinen Verbraucherschutzgesetz einbringen. "Betroffene" Parteien können eine Schadenersatzklage gemäß dem spanischen Wettbewerbsrecht einbringen. Die relevanten Behörden können zusätzliche Verwaltungsstrafen auferlegen. Darüber hinaus können Verbraucher und Mitbewerber auf das “Jurado de Autocontrol” zurückgreifen, einer selbstregulierenden Körperschaft für Streitigkeiten bezüglich Werbung. In der Schweiz gibt es keinen Unterschied zwischen Verbrauchern oder Mitbewerbern bei Klagen gegen unlautere Geschäftspraktiken. Eine Novellierung der Bundesverfassung im Jahr 1981 führte ein einfaches und schnelles Verfahren für Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Einzelhändlern ein, wenn der Streitwert einen gewissen Grenzwert nicht überschreitet. Das LCD erweiterte dieses Verfahren auf unlauteren Wettbewerb. Seit 1. April 2003 liegt der Grenzwert bei CHF 20.000,--. Wenn der Streitwert höher ist gelten die allgemeinen Verfahrensvorschriften. Ungeachtet dessen, ob es sich um Verbraucherschutz oder unlauteren Wettbewerb handelt, wird das zuständige Gericht gemäß dem Streitwert bestimmt. 16 In Großbritannien wird die Verbraucherschutz-Gesetzgebung, wie beispielsweise die Gewerbeordnung durch regionale Handelsaufsichtsbehörden vollstreckt, die zur britischen Kommunalverwaltung gehören. Zusätzlich hat auch das Amt für fairen Handel einige Verantwortlichkeiten bei der Durchsetzung. F.IV.3. Haben Unternehmen die Möglichkeit, eine Klage gegen einen Mitbewerber auf Basis der Verletzung spezifischer Vorschriften zum Schutz von Verbrauchern einzubringen, beispielsweise Vorschriften, die Informationen an Verbraucher erfordern? In Brasilien kann ein Unternehmen nur dann eine Klage gegen einen Mitbewerber auf Basis der Verletzung von verbraucherbezogenen Vorschriften einbringen, wenn das Unternehmen selbst Schaden aufgrund derartiger Praktiken erleidet. Dieser Schaden kann dargestellt werden, wenn das Unternehmen als Verbraucher agiert. D.h. es erleidet kommerzielle Verluste aufgrund der unlauteren Handlung seines Mitbewerbers, die auf sein Unternehmen ausgerichtet ist. In Frankreich definiert Artikel 2 der Strafprozessordnung, dass jedermann, der persönlichen Schaden erleidet, eine zivilrechtliche Schadenersatzklage einbringen kann. Das neue CPC erweitert dieses Recht auf Parteien mit einem “intérêt légitime” oder einem “intérêt déterminé”. Die Partei, die die Klage einbringt, muss einen persönlichen und direkten Schaden an seinen materiellen oder immateriellen Interessen nachweisen. Infolgedessen können Unternehmen keine Klage aufgrund dessen einbringen, dass Bestimmungen zum Schutz von Verbrauchern verletzt wurden, wenn ihre eigenen Interessen nicht beeinträchtigt sind. In diesem Kontext wurde entschieden, dass im Fall einer Verletzung des Verbotes von Verlosungen gemäß dem Verbrauchergesetz ein Unternehmen eine Klage aufgrund unlauteren Wettbewerbs im Hinblick auf den Schaden einbringen kann, den es durch die Handlungsweise seines Mitbewerbers erlitten hat. 20 Artikel 411 (11) des Arbeitsgesetzes (Code du travail) besagt, dass Berufsvereinigungen eine Klage einbringen können, wenn die unlautere Praxis die kollektiven Interessen des "Berufes", den sie vertreten, direkt oder indirekt beeinträchtigt. Dieses Interesse muss sich vom Interesse unterscheiden, das ein Konsument hat. Der Cour de cassation hat eine Klage einer Berufsvereinigung aufgrund der Verletzung einer Bestimmung, die ausschließlich zum Schutz von Verbrauchern bestimmt war, als unzulässig erklärt.21 Allerdings kann eine kommerzielle Praxis, die Bestimmungen zum Schutz von Verbrauchern verletzt, gleichzeitig die Interessen des Berufes schädigen. Dies könnte der Fall sein, wenn ein Unternehmen Bestimmungen bezüglich der Preisangabe gegenüber Verbraucher verletzt. Eine Vereinigung von Parfumhändlern brachte beispielsweise eine Klage als partie civile in einem Fall gegen einen Parfümhändler ein, der eine Bestimmung bezüglich Preisangaben verletzt hat. Das Gericht urteilte, dass das Unternehmen die Abbildungen der betreffenden Warenzeichen verändert hatte, und dass sein Verhalten das kollektive Interesse der Parfümindustrie geschädigt hat.22 In Deutschland steht es Mitbewerbern oder Berufsvereinigungen frei, Schadenersatzansprüche für die Verletzung von Bestimmungen zum Schutz der Verbraucher geltend zu machen. Kapitel 4 des UWG verbietet beispielsweise die Verbindung von Verlosungen mit dem Verkauf von Produkten nur, wenn Verbraucher betroffen sind. Ein Mitbewerber kann jedoch eine Klage auf einstweilige Verfügung, Beseitigung oder Schadenersatz aufgrund der Verletzung dieser Bestimmung einbringen. In Italien kann man sich auf die Verletzung von zivil- oder verwaltungsrechtlicher Bestimmungen zum Schutz von Verbrauchern als Grund, gegen einen Mitarbeiter zu handeln, berufen. Dies ist in Fällen irreführender und vergleichender Wertung von Bedeutung (Erlass Nr. 74/1992), in denen die Kommunikation mit Verbrauchern betroffen ist. In Spanien können Unternehmen nur dann eine Klage einbringen, wenn ihre wirtschaftlichen Interessen direkt geschädigt oder gefährdet werden, und wenn die Praxis des Mitbewerbers in den Bereich einer der gesetzlichen Definitionen der unlauteren Praktiken des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb, das allgemeine Werberecht etc. fällt. 20 21 22 Cass. com., 11. März 2003, Nr. 00-12.124, Bull. civ. IV, Nr. 45, S. 53. Cass. crim., 22. November 1962, Bull. crim. 1962, Nr. 338. Cass. crim., 24. April 1997, Bull. crim. 1997, Nr. 146, S. 488. 17 Gemäß schwedischem Recht kann ein Unternehmen einen Schadenanspruch geltend machen, solange es nachweisen kann, dass es durch die vorgebliche Verletzung geschädigt wurde.23. Das Schweizer LCD schützt Mitbewerber sowie die kollektiven Interessen von Verbrauchern. Das Bundesgericht hat in einem Fall vergleichender Werbung geurteilt, dass die Bestimmungen zur Einschränkung dieser Praxis in erster Linie dazu bestimmt sind, Verbraucher und die Preistransparenz zu schützen.24. Allerdings wird eine von einem Unternehmen eingebrachte Klage zur Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften gegen einen Mitbewerber indirekt als im allgemeinen Interesse der Verbraucher liegend betrachtet.25. Darüber hinaus hängt die Frage, ob ein Unternehmen eine Klage auf Basis der Verletzung einer Bestimmung zum Schutz von Verbrauchern einbringen kann, davon ab, ob es eine Zivilklage (Artikel 9 und 10 LCD) oder eine strafrechtliche Klage (Artikel 23 und 24 LCD) einbringen kann. Ein Unternehmen kann eine Zivilklage gegen eine Handlung unlauteren Wettbewerbs einbringen, wenn es Schaden im Hinblick auf seine Verbraucher, seine Reputation oder seine wirtschaftlichen Interessen erlitten hat. Gleichermaßen kann ein Verbraucher eine Zivilklage einbringen, wenn seine wirtschaftlichen Interessen beeinträchtigt sind. Die Art der unlauteren Praxis spielt keine Rolle. Ein Mitbewerber kann somit eine Klage einbringen, wenn seine Verbraucher im Hinblick auf Preise irregeführt wurden26, oder wenn sie durch aggressive Praktiken in ihrer Freiheit, wirtschaftliche Entscheidungen zu treffen, behindert sind27. Eine strafrechtliche Klage kann für Verletzungen der Artikel 2 bis 6 des LCD unter den gleichen Bedingungen wie eine Zivilklage eingebracht werden. Zusammengefasst muss ein Mitbewerber nachweisen, dass eine Handlung unlauteren Wettbewerbs seine wirtschaftlichen Interessen beeinflusst. In Großbritannien ist dies generell nicht möglich. Die Staatsanwaltschaften müssen im Allgemeinen Vollstreckungshandlungen setzen. Im Hinblick auf die Verletzung von eingetragenen Warenzeichen ist es jedoch einem Eigentümer eines eingetragenen Warenzeichens möglich, eine private strafrechtliche Klage gegen einen Rechtsverletzer einzubringen. V. Meinungen F.V.1. Sollte es a priori verschiedene gesetzliche Vorschriften für Fairness im Marktverhalten auf Basis der Tatsache geben, dass eine Geschäftspraxis hauptsächlich die Entscheidungsfindung des Verbrauchers beeinflusst (und nur indirekt das wirtschaftliche Interesse von Unternehmen)? Oder sollte es einen einheitlichen Standard für (Un-) Fairness geben, der sich auf das Verhalten als solches konzentriert (aber unter Berücksichtigung aller Umstände, z.B. der Zielgruppe der Handlung)? Alle Berichterstatter, ausgenommen des britischen, stimmten zu, dass es einen einheitlichen Fairness-Standard mit Fokus auf das Verhalten an sich geben sollte. Die Berichterstatter aus Großbritannien sind der Ansicht, dass ein Standard auf Basis von unternehmensinterner Ethik einen angemessenen Schutz für Verbraucher bieten würde, und dass einige Praktiken, die Unternehmen schädigen, neutral gegenüber Verbrauchern ind. Einige Berichterstatter betonen die Notwendigkeit, dass Verbrauchern ein spezifischer Schutz eingeräumt wird. Einerseits streichen sie hervor, dass sich Verbraucher häufig in einer angreifbaren Position befinden. Andererseits erklären sie, dass insbesondere reguläre zivile Schadenersatzklagen aufgrund hoher Kosten und einer langen Verfahrensdauer keine effizienten Rechtsmittel für Verbraucher sind. Die französischen Berichterstatter betonen deshalb den Bedarf an 23 24 25 26 27 SMPA Kapitel 38. Selon l’art. 3 let. e LCD, agit de façon déloyale celui qui compare, de façon inexacte, fallacieuse, inutilement blessante ou parasitaire sa personne, ses marchandises, ses œuvres, ses prestations ou ses prix avec celles ou ceux d’un concurrent ou qui, par de telles comparaisons, avantage des tiers par rapport à leurs concurrents. ATF 129 III 426 consid. 2.2. Art. 3 let. g LCD. Art. 3 let. h LCD. 18 strafrechtlichen Sanktionen zum Schutz der Verbraucherinteressen, wobei die Schweizer Berichterstatter die Einführung eines billigen und einfach zugänglichen selbstregelnden Mechanismus zu bevorzugen scheinen. Der deutsche Berichterstatter strich hervor, dass die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken das System unnötig verkompliziert. Durch die ausschließliche Gültigkeit für B2C-Beziehungen scheint sie die Einführung eines einheitlichen Fairness-Standards zu behindern. *** In Belgien sind beide Aspekte des Schutzes in einem Gesetz kombiniert. Daher ist der belgische Berichterstatter der Meinung, dass eine einheitliche Gesetzgebung mit einem doppelten Ziel ausreichend und zufrieden stellend wäre. Die brasilianischen Berichterstatter sind der Meinung, dass es keine unterschiedlichen gesetzlichen Vorschriften für Fairness im Marktverhalten geben sollten, unabhängig davon, ob eine Geschäftspraxis Verbraucher betrifft oder nicht. Noch sollte es eine einheitliche TreulosigkeitsRegelung geben. Anstelle dessen empfehlen sie die Einführung eines einheitlichen Standards für Unlauterkeit, die sich auf das Verhalten als solches konzentriert, aber alle Umstände berücksichtigt. Ein derartiger Standard würde für ein gerechtes Gleichgewicht sorgen, indem er die Möglichkeiten zur Definition von Geschäftsverhalten als unlauteren Wettbewerb mit klaren Nachteilen für Mitbewerber und Verbraucher erhält. Das französische Recht unterscheidet zwischen unlauteren Geschäftspraktiken, die sich auf Verbraucher auswirken und solchen, die sich auf Unternehmen auswirken. Der Grund dafür ist, dass sich die Art der Geschäftspraktiken unterscheidet. Im Fall von Verbrauchern versuchen Unternehmen üblicherweise vom Missbrauch der Verletzbarkeit von Verbrauchern zu profitieren. Das Verbrauchergesetz limitiert diese Unmäßigkeiten in unlauteren Praktiken besonders und sieht einen starken Schutz von verletzlichen Verbrauchern vor. Der französische Berichterstatter erachtet strafrechtliche Sanktionen für den effizienten Schutz von Verbrauchern als erforderlich. Im Gegensatz dazu erachtet er strafrechtliche Sanktionen im Fall von unlauteren Geschäftspraktiken gegen Mitbewerber als ungerechtfertigt. Seiner Meinung nach stellen diese Praktiken häufig eher eine strategische Entscheidung dar und basieren nicht auf einer betrügerischen Absicht. Allerdings sieht er die Grenzen dieses Ansatzes dort, wo sich unlautere Praktiken sowohl auf Mitbewerber als auch Verbraucher auswirken. In dieser Hinsicht merkt der Berichterstatter an, dass Handlungen unlauteren Wettbewerbs von Unternehmen, wie beispielsweise die Verwechslung von Produkten oder die Störung des Marktes durch z.B. Verhaltensweisen, die die Einzelhandelspreise beeinflussen, die Interessen der Verbraucher schädigen können. In diesen Fällen haben sie kein Recht zur Einbringung einer Klage. Die allgemeinen Bestimmungen des französischen bürgerlichen Rechts werden zunehmend verwendet, um die Vorschriften des französischen Verbrauchergesetzes und die Vorschriften des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb anzugleichen. Dies sind Konzepte wie beispielsweise der Missbrauch wirtschaftlicher Abhängigkeit oder das Prinzip des guten Glaubens, die für alle Vertragsparteien gelten, unabhängig von ihrem Status. Es scheint daher, dass sich das französische Recht in Richtung eines vereinheitlichten Konzeptes der Unlauterkeit entwickelt, das für spezifische Praktiken gilt. Gemäß deutschem Recht liegt der Schwerpunkt auf dem unlauteren Verhalten als solches. Eine Aufteilung in gesonderte Schutzbereiche wird nicht befürwortet. Die Idee an der Basis des deutschen Rechts ist, das Interessen von Verbrauchern und Mitbewerbern nicht getrennt werden können. Sie werden eher als zwei Seiten der Medaille gesehen. Darüber hinaus wird angenommen, dass Marktverhalten nicht strikt in B2B- und B2C-Beziehungen unterteilt werden kann. Es kann oft unklar sein, ob Anzeigen für z.B. Autos oder Computer an Unternehmen oder Verbraucher gerichtet sind. Infolgedessen wird im Interesse von Unternehmen die Einführung eines einheitlichen Standards befürwortet. Dieser Ansatz schließt Raum für Bestimmungen zum Schutz der Interessen einer bestimmten Gruppe, z.B. der Endverbraucher in Fällen unerwünschter Anrufe nicht aus. Zudem können Praktiken unterschiedlich beurteilt werden, je nachdem, auf wen sie sich auswirken. In allen Fällen bleibt die Fairness des Verhaltens als solches im Mittelpunkt der Beurteilung. 19 Der deutsche Berichterstatter ist der Ansicht, dass dieser deutsche Ansatz mit dem Ansatz der EUGesetzgebung bis jetzt übereinstimmt, z.B. gemäß der Richtlinie über vergleichende und irreführende Werbung oder der E-Commerce-Richtlinie, die nicht zwischen B2B- und B2CBeziehungen unterscheiden. Die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken wird als unnötige Verkomplizierung des Systems gesehen. Der Meinung des italienischen Berichterstatters zufolge scheint ein einheitlicher Standard, der sich auf das Verhalten als solches konzentriert, eher mit der Funktion von Vorschriften gegen unlauteren Wettbewerb im Einklang zu sein. Sie beabsichtigen hauptsächlich die Regelung des Verhaltens von Unternehmern, und sie sind nur indirekt zum Schutz der Verbraucherinteressen bestimmt. Im italienischen System sind Verbraucher Gegenstand verschiedener Schutzsysteme, basierend auf Einzelklagen. Darüber hinaus betont der italienische Berichterstatter, dass Vorschriften gegen unlauteren Wettbewerb nur dann angewendet werden können, wenn eine wettbewerbliche Beziehung vorliegt. Er hält es für schwer vorstellbar, dass eine derartige Beziehung zwischen Unternehmen und Kunden vorliegt, bei denen unwahrscheinlich ist, dass sie die Durchsetzung der besagten Vorschriften hervorrufen, die hauptsächlich zur Regulierung des Wettbewerbs zwischen Unternehmern dienen. Die Gruppe aus den Niederlanden beantwortet die Fragen V.1 und V.2 gemeinsam. Sie glaubt, dass das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb Vorschriften für Verbraucher bieten sollte, die einen zusätzlichen Schutz auf Basis ihrer schwachen Marktposition ermöglichen. Trotzdem sind sie der Meinung, dass sowohl die Vorschriften gegen unlauteren Wettbewerb zum Schutz der Verbraucherinteressen und die Vorschriften zum Schutz der Unternehmensinteressen unter einem Dach geregelt werden sollten, um zu vermeiden, dass sich diese Rechtsbereiche voneinander wegentwickeln. Das Hauptprinzip: "Unlauterer Wettbewerb ist nicht gestattet" sollte für alle Arten von Interessen gelten (Verbraucher- und Unternehmensinteressen). Zusätzlich zum Hauptprinzip können spezifische Vorschriften entwickelt werden, die den Verbrauchern zusätzlichen Schutz bieten. Die niederländische Gruppe ist ebenso der Meinung, dass sich ein einheitlicher Standard der Unlauterkeit auf das Verhalten konzentrieren, aber gleichzeitig bei seiner Beurteilung alle Umstände berücksichtigen sollte, z.B. die Zielgruppe der Handlung. Das allgemeine Prinzip sollte Interessen aller Marktteilnehmer schützen, aber es können gewisse spezifische Vorschriften entwickelt werden, die spezifische unlautere Handelspraktiken zum Schutz eines einzelnen Interesses (z.B. dem wirtschaftlichen Interesse von Verbrauchern) verbieten. Der spanische Berichterstatter ist der Meinung, dass es keine unterschiedlichen gesetzlichen Vorschriften über Fairness im Marktverhalten geben sollte, da eine Geschäftspraxis hauptsächlich die Entscheidungsbildung von Verbrauchern, aber nur indirekt das wirtschaftliche Interesse von Unternehmen beeinflusst. Seiner Meinung nach sollte es einen einheitlichen Standard für Lauterkeit/Unlauterkeit geben, der sich auf das Verhalten als solches konzentriert. Der tschechische Berichterstatter befürwortet einen einheitlichen Standard, ist aber der Meinung, dass die "Berücksichtigung aller Umstände" weniger vorteilhaft ist. Der schwedische Berichterstatter drückt die Meinung aus, dass es einen einheitlichen Standard geben sollte. Er denkt, dass es im Allgemeinen vorausgesetzt werden kann, dass der Verbraucher und die geschäftlichen Interessen übereinstimmen, wenn man die ethischen Standards für Werbesendungen und andere Anzeigen festlegt. Das Schweizer LCD und sein funktioneller Ansatz scheinen die Einführung gesonderter Bestimmungen für Verbraucher und Mitbewerber zu erschweren. Der Schweizer Berichterstatter zitiert Prof. Dessemontet, der die Schwäche des Schweizer Verbraucherschutzes beschrieben hat. Er erklärte, dass das Schweizer Gesetz der EU-Gesetzgebung für Verbraucherschutz hinterherhinkt; dass gemäß Schweizer Recht Einzelklagen von Verbrauchern praktisch nicht vorhanden sind; dass die Klagen von Verbrauchervereinigungen an den Fingern einer Hand zu zählen sind; und dass die Schweizer Bundesregierung, die seit 1982 eine Klage einbringen kann, bis jetzt nur eine Klage eingebracht hat, die abgelehnt wurde. Die Berichterstatter aus Großbritannien sind der Meinung, dass es unwahrscheinlich ist, dass ein Verbrauchergesetz, das hauptsächlich auf den Vorschriften einer Ethik zwischen Unternehmen basiert, einen ausreichenden Schutz für Verbraucher bietet. Es ist wichtig, zu beachten, dass in 20 einigen Fällen Business-to-Business-Verhalten, das aus Sicht der Verbraucher neutral ist, dennoch 'unlauter' ist. Ein Beispiel ist, wenn ein Unternehmen die Geschäftsgeheimnisse eines anderen Unternehmens veruntreut - beispielsweise seine Kundendatenbanken. In ihrer Sicht würde die Einführung eines einheitlichen Standards nicht in der Lage sein, gleichzeitig einen angemessenen Schutz für Verbraucher zu bieten und eine geeignete Unternehmensethik durchzusetzen. F.V.2. Sollten die Vorschriften über unlautere Geschäftspraktiken hauptsächlich aus dem Gesichtspunkt der Verbraucher gesehen werden oder sollten sie auch die Interessen aller anderen Marktteilnehmer berücksichtigen? Sollten Vorschriften auf internationaler oder europäischer Ebene auf eine umfassende, kohärente Regelung unlauterer Geschäftspraktiken auf das Interesse aller Marktteilnehmer ausgerichtet sein? Die Berichterstatter aus Belgien, Brasilien, Tschechien, Deutschland, den Niederlanden, Schweden und Spanien befürworten, dass die Interessen aller Marktteilnehmer berücksichtigt werden. Die Berichterstatter aus Frankreich und Italien sehen einen qualitativen Unterschied bei unlauteren Geschäftspraktiken, die sich auf Verbraucher auswirken und denjenigen, die sich auf Mitbewerber auswirken. Die Berichterstatter aus Großbritannien betonen, dass das englische "passing off"-Recht (Abwälzung) nur für andere Marktteilnehmer gilt. Der brasilianische Berichterstatter schlägt eine exemplarische Liste unlauterer Geschäftspraktiken vor, die im Rahmen der Pariser Verbandsübereinkunft formuliert werden kann. Der französische Berichterstatter fordert eine weitere EU-Gesetzgebung, insbesondere aufgrund der Schwierigkeit, Verhaltensweisen zu sanktionieren, die ihren Ursprung im Ausland haben. Der Schweizer Berichterstatter schlägt vor, Änderungen im Schweizer Recht vorzunehmen. Die Berichterstatter aus Großbritannien sind der Ansicht, dass es in Anbetracht eines unterschiedlichen Verständnisses von Geschäftsethik äußerst schwierig ist, kohärente Vorschriften einzuführen. *** In Belgien ermöglichen die Vorschriften gegen unlauteren Wettbewerb die Berücksichtigung dreier unterschiedlicher Interessen. Eine interessierte Partei (aber nicht eine Verbrauchervereinigung oder ein Regierungsvertreter) kann zusätzlich zum Erhalt einer einstweiligen Verfügung gemäß einem Eilverfahren, Schadenersatz gemäß EU-Recht geltend machen. Die brasilianischen Berichterstatter drückten die Meinung aus, dass die Vorschriften gegen unlauteren Wettbewerb die Interessen aller Marktteilnehmer berücksichtigen sollten, einschließlich Verbrauchern, da die Loyalität und Fairness Unternehmen, den Handel, den freien Wettbewerb und Verbraucherrechte beeinflusst. Gemäß Artikel 170 der brasilianischen Bundesverfassung werden der Schutz des freien Handels und der Verbraucherrechte gleichermaßen als Prinzipien für die Förderung der wirtschaftlichen Ordnung auf Basis sozialer Gerechtigkeit und menschlicher Würde gesehen. Darüber hinaus waren die brasilianischen Berichterstatter der Meinung, dass es eine Liste geben sollte, die unlauteren Wettbewerb auf internationaler Ebene im Hinblick auf alle Marktteilnehmer regelt. Diese Liste würde als Verbesserung und/oder Aktualisierung von Artikel 10 bis der Pariser Verbandsübereinkunft angesehen. Die vorgeschlagene Liste sollte exemplarisch sein und Richtlinien setzen. Sie sollte nicht versuchen, alle Vorgänge unlauteren Wettbewerbs abzudecken. Eine vollständige internationale Regelung würde nicht effizient sein, da es schwierig sein würde, Einigung über die als unlauter angesehenen Praktiken zu erzielen, wenn man die Besonderheiten jedes Landes berücksichtigt. Die französische Gruppe ist der Meinung, dass man für eine Entscheidung sorgen sollte, ob das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb a priori Verbraucher oder alle interessierten Parteien schützen sollte. Alles hängt von der betreffenden Praxis ab. Es besteht nur wenig Homogenität dieser Praktiken und sie entstammen unterschiedlichen Motivationen. Allerdings würde die Gruppe die Angleichung der Vorschriften durch eine Konzentration auf die allgemeinen Interessen aller Marktteilnehmer befürworten, ungeachtet dessen, ob es sich um Verbraucher oder Unternehmen handelt. Die Interessen beider Gruppen sind häufig gemeinsam betroffen, und Verbraucher profitieren manchmal von Klagen, die von Mitbewerbern eingebracht wurden. Gemäß französischem Recht können nur Personen mit einem legitimen Interesse eine Klage einbringen. Darüber hinaus weisen die französischen Berichterstatter auf die Tatsache hin, dass das Gesetz bereits großteils auf EU-Ebene harmonisiert wurde, und dass der Europäische Gerichtshof die bleibenden Differenzen beseitigt. Schwierigkeiten bleiben im Hinblick auf die Exterritorialität und insbesondere im Hinblick auf die Auferlegung strafrechtlicher Sanktionen über exterritoriale Akteure aufrecht. Der Meinung der französischen Gruppe zufolge würde eine vereinheitlichte EU- 21 Gesetzgebung den Schutz von Verbrauchern und Unternehmen besser gewährleisten. Schließlich erfordert die Explosion von Versandkauf, insbesondere mittels Internet, eine EU- und internationale Harmonisierung. Daher plädiert die französische Gruppe für die europäische Harmonisierung der Vorschriften gegen unlauteren Wettbewerb im Interesse aller Marktteilnehmer. Das deutsche Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb betont, dass die Interessen aller Marktteilnehmer berücksichtigt werden sollten. Das Interesse der Öffentlichkeit beschränkt sich auf das Interesse an einem unverzerrten Wettbewerb. Der italienische Berichterstatter ist der Meinung, dass Verbraucherschutz und die Regulierung unlauteren Wettbewerbs getrennt gehalten werden sollten, da die Regulierung des unlauteren Wettbewerbs nur für konkurrierende Körperschaften gelten sollte. Er erachtet es für fraglich, dass Vorschriften gegen unlauteren Wettbewerb auf internationaler oder europäischer Ebene die geeignete Art darstellen, um den Schutz von Verbrauchern zu realisieren. Die tschechischen, schwedischen und spanischen Berichterstatter drücken die Meinung aus, dass Vorschriften über unlautere Geschäftspraktiken die Interessen aller Marktteilnehmer berücksichtigen sollten, und dass umfassende und kohärente Vorschriften wünschenswert sind. Der tschechische Berichterstatter hebt auch die Tatsache hervor, dass gemäß tschechischem Recht die Richtlinie 2005/29/EG wörtlich umgesetzt werden sollte, was möglicherweise zu Problemen führt. Der Schweizer Berichterstatter hebt hervor, dass gemäß Schweizer Recht Verbraucherschutz keine Priorität aufweist. Es werden wenige Klagen durch Verbraucher eingebracht, trotz ihrem Recht, eine Klage im Fall wirtschaftlicher Schäden sowie im Fall einer Bedrohung (Gefahr) einzubringen. Die Furcht vor hohen Kosten und der langen Dauer scheint dafür verantwortlich zu sein. Klagen durch Verbrauchervereinigungen sind ebenso selten. In den vergangenen Jahren wurden verschiedene Gesetzgebungsvorschläge zur Verbesserung der Rolle der Verbraucher abgelehnt oder zurückgezogen. Im Dezember 2005 wurde der Vorschlag zur Abänderung des Loi fédérale du 5 octobre 1990 sur l’information des consommatrices et des consommateurs abgelehnt. Er sah einen konstanten Schutz von Verbrauchern und einen außergerichtlichen Mechanismus zur Lösung von Verbraucherkonflikten vor. 28 Vorgeschlagene Abänderungen des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb als Teil eines Entwurfs für ein Bundesgesetz über elektronischen Handel, das neue Fälle unlauteren Wettbewerbs in Zusammenhang mit Online-Shopping schafft, wurden im November 2005 vom Schweizer Bundesrat fallen gelassen, der der Ansicht war, dass eine Erweiterung des Verbraucherschutzes in diesem Stadium nicht gerechtfertigt sei. Die Berichterstatter aus Großbritannien betonen, dass sich ein Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb in dem Ausmaß, in dem es als Spielart des Abwälzungsgesetzes in England besteht, nahezu ausschließlich auf die Interessen anderer Marktteilnehmer konzentriert. Eine Überregulierung in diesem Bereich ist ihrer Ansicht nach ebenso gefährlich. Während es sicherlich der Fall ist, dass erhebliche Abweichungen zwischen den EU-Mitgliedstaaten im Bereich der Geschäftsethik bestehen (siehe beispielsweise die Vielfalt der Sichtweise, ob eine Eintragung eines Warenzeichens in "böser Absicht" erfolgt ist), würde es ihrer Ansicht nach äußert schwer sein, kohärente Vorschriften einzuführen, die in allen Unternehmenssektoren gelten. F.V.3. Sollten die Rechtsmittel gegen unlautere Geschäftspraktiken in Einklang mit denjenigen der Richtlinie 2004/48/EG über die Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte (EUOJ L-157, 30. April 2004, S. 45) gebracht werden? Dem niederländischen Berichterstatter zufolge bietet die Richtlinie 2004/48/EG Rechtsinhabern weit reichende Rechtsmittel, einschließlich inter alia der Beschlagnahme der Bankkonten und anderer Aktiva und Gewinne des Zuwiderhandelnden zur Sicherung der Zahlung fälliger Schadenersatzleistungen, dem Rückruf verstoßender Waren auf Kosten des Zuwiderhandelnden, die Wahl des Rechtsinhabers zwischen einem pauschalen Schadenersatz (bis zum Doppelten normaler Nutzungs- oder Lizenzgebühren) oder einer Entschädigung für entgangene Gewinne, 28 Avant-projet de loi fédérale sur l’information et la protection des consommatrices et des consommateurs (LIPC) et rapport explicatif, du 16 mars 2994, par P. Pichonnaz, http://www.consommation.admin.ch/imperia/md/content/pressemitteilungen/begleitberichte/begleitbericht frpdf.pdf 22 Zahlung von Verfahrenskosten (und 'anderer Auslagen') durch den Zuwiderhandelnden, wenn eine Rechtsverletzung festgestellt wurde, die Liquidation von Unternehmen, die der schwerwiegendsten Rechtsverletzungen für schuldig befunden wurden, das Verbot von Maschinen, die zur Fälschung von Sicherheitsmerkmalen für Waren verwendet werden, die durch gewerbliche Eigentumsrechte geschützt sind (z.B. Warenzeichen), eine behördliche Befugnis zur Sicherstellung von Urkundenmaterial in Bezug auf die vermutete Rechtsverletzung (sowie der verdächtigen Waren selbst) und ein 'Informationsrecht' (eine Verpflichtung für Gerichte, Informationen über die Quelle der verstoßenden Waren zur Verfügung zu stellen). Mitgliedstaaten haben die Möglichkeit, "die Bestimmungen dieser Richtlinie für interne Zwecke auszuweiten, um Handlungen unlauteren Wettbewerbs einzubeziehen, einschließlich parasitärer Kopien oder ähnlichen Aktivitäten."29 Sie können daher entscheiden, diese speziellen Rechtsmittel Klägern zur Verfügung zu stellen, die Rechtshilfe gegen unlautere Handelspraktiken suchen. Die französischen, tschechischen, italienischen, spanischen, Schweizer und britischen Berichterstatter scheinen zu bevorzugen, dass die Rechtsmittel gemäß der Richtlinie 2004/48/EG im Fall unlauterer Geschäftspraktiken angewendet werden. Sie heben die Tatsache hervor, dass die Anwendung dieser Rechtsmittel sehr effizient wäre. Die brasilianischen, französischen und britischen Berichterstatter heben ebenso hervor, dass ihre nationalen Gesetze die meisten betreffenden Rechtsmittel bereits beinhalten. Die belgischen und niederländischen Berichterstatter betonen, dass ihre nationalen Rechtsmittel bereits ausreichend sind, und dass diese nicht geändert werden müssen. Schlussendlich betonen die niederländischen Berichterstatter, dass sich geistige Eigentumsrechte von unlauterem Wettbewerb unterscheiden, da sie "vom Gesetzgeber akribisch geschaffene Monopole" sind, die Ausnahmen von der Regel der Wettbewerbsfreiheit sind. Sie scheinen davor zu warnen, dass die Umsetzung schwerwiegender Rechtsmittel, lediglich aus Gründen der Effizienz, den freien Wettbewerb verzerren könnte. *** Gemäß dem belgischen Berichterstatter ist es schwierig, diese Vorschriften auf unlauteren Wettbewerb anzuwenden. Die Standardvorschriften für eine Wiedergutmachung scheinen auszureichen. In Brasilien sind die in der Richtlinie 2004/48/EG enthaltenen Vorschriften bereits Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches, des Gewerberechtsgesetzes und des Verbrauchergesetzes. Den brasilianischen Berichterstattern zufolge würde die wichtigste Verbesserung des Systems unlauteren Wettbewerbs die Schaffung spezialisierter Gerichte für die Behandlung von Konflikten in Bezug auf geistige Eigentumsrechte und in Bezug auf unlauteren Wettbewerb sein. Die französische Gruppe ist der Ansicht, dass die in Richtlinie 2004/48/EG enthaltenen Vorschriften entscheidend für die tatsächliche Sanktionierung unlauterer Geschäftspraktiken sind. Das französische Recht beinhaltet bereits die gleichen Arten von Rechtsmitteln. Opfer unlauterer kommerzieller Praktiken können folgendes geltend machen: - l’obtention, avant tout procès, de moyens de preuve, tels une expertise probatoire, à l’appui d’un éventuel procès sur les faits dont pourrait dépendre la solution du litige ; - l’obtention en référé de mesures provisoires et conservatoires, et notamment la cessation des agissements déloyaux, ordonnées avant toute décision au fond et éventuellement assorties d’une astreinte ; - la condamnation pénale de l’auteur de l’infraction à une amende et/ou à une peine d’emprisonnement ; - l’octroi de dommages et intérêts civils ; - la nullité des clauses ou contrats mettant en œuvre les pratiques commerciales déloyales ; 29 Siehe die Präambel von Richtlinie 2004/48/EG, Nr. 13. 23 - une injonction au fond visant à interdire la poursuite des pratiques déloyales, éventuellement assortie d’une astreinte ; - la publication du jugement, aux frais de l’auteur de l’infraction, dans la presse ; - la condamnation de l’auteur de l’infraction au paiement des frais de justice exposés par la victime. Einige Bestimmungen des deutschen UWG schützen Anstrengungen ähnlich der geistigen Eigentumsrechte (Leistungsschutz). Allerdings ist der deutsche Gesetzgeber der Meinung, dass die Rechtsmittel der Richtlinie nicht für das UWG gelten sollten. Das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb wird daher von der Umsetzung der Richtlinie nicht beeinflusst. Der italienische Berichterstatter erklärt, dass unlauteres Wettbewerbsverhalten in vielen Fällen seine Wirkungen auf geistige Eigentumsrechte ausdehnt. Daher kann man sich auf die Durchsetzung der Richtlinie sowie der nationalen Bestimmungen auf gleicher Basis in Fällen unlauteren Wettbewerbs berufen. Er ist der Ansicht, dass es äußerst effizient sein würde, Rechtsmittel gegen reine unlautere Geschäftspraktiken in Einklang mit den Bestimmungen der Richtlinie zu bringen, selbst wenn besagte Praktiken keine Verstöße gegen geistige Eigentumsrechte beinhalten. In den Niederlanden stehen einem Kläger, der eine Klage gegen unlauteren Wettbewerb einbringt, die standardmäßigen Rechtsmittel für Verschuldenshaftung gemäß Art. 6:162 BW zur Verfügung. Er kann daher eine einstweilige Verfügung beantragen, gegebenenfalls in Zusammenhang mit einem täglichen Verspätungszuschlag, und kann Schadenersatz geltend machen30, oder er kann ein Feststellungsverfahren beantragen. In gewissen Fällen stehen spezielle Rechtsmittel zur Verfügung, wie beispielsweise Richtigstellung, zwangsweise Veröffentlichung des Urteils, Erklärung eines neuen rechtlichen Status, Produktrückruf 31, oder eine Klage auf Unterbreitung von Anlagen. Darüber hinaus wird es in der nahen Zukunft die Möglichkeit einer öffentlichen Durchsetzung von Bestimmungen über unlautere Geschäftspraktiken durch die niederländische Verbraucherbehörde geben, und zwar in Fällen, in denen kollektive Verbraucherinteressen betroffen sind, wie die niederländische Gruppe in ihren Antworten auf Frage IV. hervorgehoben hat. Obwohl das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb viele Ähnlichkeiten mit den verschiedenen Gesetzen über geistiges Eigentumsrecht aufweist, sind die niederländischen Berichterstatter der Meinung, dass diese Rechtsbereiche nicht vollständig gleichgestellt werden können. Geistige Eigentumsrechte sind wie absolute und exklusive Rechte Monopole, die akribisch vom Gesetzgeber geschaffen wurden. Jedes dieser geistigen Eigentumsrechte dient seiner eigenen Funktion, die seine Ausnahme von der allgemeinen Regel der Handelsfreiheit rechtfertigt. Unterschiedlich zu geistigen Eigentumsrechten ist unlauterer Wettbewerb kein absolutes und exklusives Recht. Die niederländischen Berichterstatter sind der Meinung, dass dieser Unterschied berücksichtigt werden sollte, wenn man die Wünschbarkeit und Möglichkeit diskutiert, die Rechtsmittel gegen unlautere Geschäftspraktiken mit den Rechtsmitteln gegen Verletzungen der geistigen Eigentumsrechte (Richtlinie 2004/48/EG über die Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte) in Einklang zu bringen. Darüber hinaus glauben sie, dass die derzeitigen Rechtsmittel, die gemäß dem niederländischen Recht (wie oben aufgelistet) zur Verfügung stehen, im Allgemeinen für einen Kläger, der eine Wiedergutmachung unlauterer kommerzieller Praktiken erstrebt, ausreichen. Allerdings erachten sie die Erweiterung dieser Rechtsmittel für möglicherweise sinnvoll, insbesondere um Unternehmen von der Verübung unlauterer kommerzieller Praktiken abzuhalten. In dieser Hinsicht können einige der in Richtlinie 2004/48/EG angeführten Rechtsmittel - zusätzlich zu den bereits bestehenden nationalen Rechtsmitteln - effiziente Mittel zur Bekämpfung unlauterer kommerzieller Praktiken sein. 30 31 Der Kläger kann speziellen Schadenersatz geltend machen oder die Abtretung von Gewinnen beantragen, vgl. Art. 6:104 BW, der besagt: “Wenn eine Person, die gegenüber einer anderen Person aufgrund einer rechtswidrigen Handlung oder einem Versäumnis in der Erbringung einer Verpflichtung haftet, Gewinn aus der Handlung oder Unterlassung generiert hat, kann das Gericht den Schadenersatz auf Anfrage dieser anderen Person in der Höhe dieses Gewinnes oder eines Teils davon bewerten," Siehe z.B. President District Court Breda 28. Dezember 1990, IER 1991, Nr. 18, S. 43; President District Court Rotterdam 16. März 1995, KG 1995, 171. Siehe auch Grosheide, F.W., Product recall bij misleidende reclame, WPNR 1995, 6182, S. 333-335. 24 Der spanische und tschechische Berichterstatter sind wie der niederländische Berichterstatter der Ansicht, dass Rechtsmittel gegen unlautere Geschäftspraktiken in Einklang mit denjenigen gemäß Richtlinie 2004/48/EG (Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte) gebracht werden sollten. Der schwedische Berichterstatter ist der Ansicht, dass Verletzungen von geistigen Eigentumsrechten und Verstöße gegen die Vorschriften über unlauteren Wettbewerb vor demselben Gericht behandelt werden sollten, da sie sich häufig decken. Derzeit ist dies in Schweden nicht der Fall. Er erachtet die Harmonisierung der Rechtsmittel für akzeptabel. Allerdings sollte ein Verstoß gegen geistige Eigentumsrechte keinen Verwaltungsstrafen unterliegen, da geistige Eigentumsrechte ein Besitzinteresse schützen, das sich vom breiteren allgemeinen Verbraucherinteresse unterscheidet. Der Schweizer Berichterstatter begrüßt im Allgemeinen, dass Rechtsmittel gegen unlauteren Wettbewerb und gegen Verletzungen geistiger Eigentumsrechte in Einklang gebracht werden. Im Hinblick auf Schadenersatz hebt er hervor, dass dieser sehr schwer zu berechnen ist. Daher plädiert er für die Erleichterung der Beweislast, vergleichbar mit derjenigen für dommages-intérêts forfaitaires. Die Umsetzung der Vollstreckungsrichtlinie in britisches Recht wurde durch ein gesetzliches Instrument erreicht, das relativ geringfügige Veränderungen am britischen Verfahren anbrachte. Abwälzung und die britischen Zivilprozess-Regeln haben zu den Rechtsmitteln geführt, die in der Vollstreckungsrichtlinie seit vielen Jahren enthalten sind. In dem Ausmaß, in dem Abwälzung das englische Recht gegen unlautere Geschäftspraktiken begründet, ist die Position in England, dass dies bereits mit der Richtlinie abgeglichen wurde. Im Hinblick auf das allgemeine Prinzip, das dieser Frage zugrunde liegt, sind wir der Ansicht, dass es angemessen ist, dass die Rechtsmittel in Einklang mit der Vollstreckungsrichtlinie gebracht werden. 25