1. Vorlesung SS 2012

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„Juristisches Baumanagement“
1. Vorlesung SS 2012
28. März 2012
Dozent:
Rechtsanwalt Dr. Hans-Peter Donoth, Kiel
Rechtsanwälte
Dres. DONOTH FUHRMANN TÜXEN
Hafenhaus/ Bollhörnkai 1
24103 Kiel
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„Juristisches Baumanagement“
I.
„Richtige Vergütungswahl Vorteile und Risiken der unterschiedlichen Vergütungsarten als Kostengrundlage“
1. Problemstellung:
Die Beteiligten auf den sich gegenüberstehenden Vertragsseiten unterliegen nicht zuletzt
aufgrund des Wettbewerbs bei im Ergebnis eher knappen Preisen einem nicht unerheblichen
Zeit- und Kostendruck.
Die Schlagwörter „Nachtrag“, „Nachtragsmanagement“ oder „Nachtragsprüfung“ sind aus der
Bauszene nicht mehr wegzudenken. Regelmäßig erfasst der Nachtrag Abweichungen von der
ursprünglich vereinbarten Vorstellung dessen, was gebaut und wie es unter Randbedingungen
gebaut werden soll.
Dabei hat der Auftraggeber selbstverständlich ein Interesse daran, nicht übervorteilt zu werden.
Sein Schutzinteresse kollidiert aber mit dem aktiven eigenen (Nach-)Forderungsinteresse des
Auftragnehmers, der wegen des derzeit geringen Preisniveaus oft auf jeden Nachtragsansatz
angewiesen ist. Diese Auseinandersetzungen verlaufen nicht selten streitig; die Zusammenhänge
sind komplex.
Dabei kann bereits durch die Entscheidung hinsichtlich der vertraglich zu vereinbarenden
„richtigen“ Vergütungsart schon vor Beginn der eigentlichen Baurealisierung kostenbewusst auf
die Gestaltung des Bauprogramms reagiert werden.
2. Vertragsleistung (Bausoll) und Vertragsvergütung (Vergütungssoll)
Die Vergütung von Bauleistungen wird nach der in dem Bauvertrag vereinbarten
Berechnungsmethode ermittelt. Hierfür stellt das Bauvertragsrecht im Wesentlichen die in § 4
VOB/A aufgezählten Preistypen zur Verfügung:
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-
Einheitspreise
Pauschalsumme
Stundenlohnverrechnungssätze
Selbstkosten
Daraus folgt, dass die Vertragsparteien zunächst das Verfahren zur Ermittlung der
Vergütung nach Maßgabe der zur Wahl stehenden Preistypen festlegen müssen.
Außerdem müssen aber die vereinbarten Preise denjenigen Bauleistungen zugeordnet
werden, die mit den jeweiligen Preisen abgegolten werden sollen. Damit ist zugleich das
Problem der abgegoltenen Nebenleistungen und der nicht abgegoltenen Besonderen
Leistungen angesprochen.
Weiter muss die Vergütungsregelung aber auch flexibel ausgestaltet sein, um die
vereinbarten Preise an Leistungsänderungen anpassen zu können. Für zusätzliche
Leistungen müssen Berechnungsgrundsätze aufgestellt werden (vgl. § 2 VOB/B). Wenn
die Parteien die Bildung von spekulativen Preisen vermeiden wollen, sind außerdem
Preisvorbehalte vorzusehen, mit denen künftige Erhöhungen der Personalkosten
(„Lohngleitklausel“) und der Stoffkosten („Stoffgleitklausel“) erfasst werden.
a) Das Bausoll
Der Bauvertrag, der auf die Erbringung eines bestimmten Erfolges (= Werkvertrag)
und nicht auf die bloße Ableistung von Diensten gerichtet ist, erschafft gleichzeitig
auch gegenseitige Pflichten der Vertragsparteien. Der Auftragnehmer muss das
geschuldete, durch den Bauvertrag beschriebene Werk bauen; der Auftraggeber
muss den Werklohn bezahlen.
Das Bausoll ist die durch den Bauvertrag insgesamt, also grundsätzlich sämtliche
Vertragsgrundlagen, d. h. insbesondere das Leistungsverzeichnis, die
Planunterlagen ebenso wie die Besonderen und Zusätzlichen Vertragsbedingungen,
als Vorgabe, nach Bauinhalt (was?) und – ggf. – nach Bauumständen (wie?) näher
bestimmte Leistung des Auftragnehmers zur Erreichung des werkvertraglichen
Erfolges. Dieses Bausoll hat der Auftragnehmer für die unveränderte vereinbarte
Vergütung (Preis) zu erstellen. 1
Stimmen die so als Vertragspflicht des Auftragnehmers definierte Vertragsleistung,
also das „Bausoll“, und die spätere Ausführung des Werkes, also das „Bauist“,
überein, so hat der Auftragnehmer nur Anspruch auf den vertraglich festgelegten
Werklohn, die „Sollvergütung“. Somit stimmen dann also auch hinsichtlich der
Vergütung „Soll“ und „Ist“ überein, vorausgesetzt, es ist nicht zu sonstigen, nicht aus
Kapellmann/ Schiffers; Vergütung, Nachträge und Behinderungsfolgen beim Bauvertrag, Bd. 1, 3. Auflage,
Rn. 104 ff.
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der vertraglichen Leistungsbeschreibung resultierenden „Hindernissen“ gekommen.
Der Auftragnehmer hat dann keine Ansprüche auf zusätzliche Vergütung.
Erste Voraussetzung für alle Ansprüche auf zusätzliche Vergütung ist also, dass
„Bausoll“ und „Bauist“ – aus welchen Gründen auch immer – auseinandergehen.
b) Das Vergütungssoll
Es gilt, die Leistungspflicht des Auftragnehmers („Bausoll“) und die für diese
Leistung geschuldete Vergütung des Auftragnehmers („Vergütungssoll“) anhand des
Bauvertrages festzustellen.
Wie die Überschrift in § 4 VOB/A erkennen lässt, werden in der VOB/A zwei
Vertragsarten unterschieden, nämlich der Leistungsvertrag und der
Stundenlohnvertrag. Beim Leistungsvertrag wird außerdem unterschieden
zwischen Einheitspreisvertrag und Pauschalvertrag. Diese Vertragsarten bilden die
vertragsrechtliche Grundlage für die Ausführung von Bauleistungen i. S. von § 1
VOB/B.
aa)
Leistungsvertrag (§ 4 Nr. 1 VOB/A)
Nach § 4 Nr. 1 VOB/A sollen Bauleistungen grundsätzlich so vergeben
werden, dass die Vergütung nach Leistung bemessen wird
(„Leistungsvertrag“). Im Leistungsvertrag soll eine enge Beziehung und
Abhängigkeit der Vergütung von der wirklichen Leistung geschaffen werden.
Die Bemessung der Vergütung nach Leistung bei der Vergabe von
Bauleistungen im Leistungsvertrag wird hier ausdrücklich zum Grundsatz
(„grundsätzlich“) erhoben. Die Vergabe im Leistungsvertrag (Nr. 1) ist damit
den
Vergaben
im
Stundenlohnvertrag
(Nr.
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und
Selbstkostenerstattungsvertrag (Nr. 3) als Regelfall vorangestellt. Sowohl
der Stundenlohnvertrag wie auch der Selbstkostenerstattungsvertrag sollen
nur unter gewissen Voraussetzungen oder nur ausnahmsweise angewandt
werden.
Der Leistungsvertrag hat wieder 2 Untergruppen, nämlich den
Einheitspreisvertrag und den Pauschalvertrag.
 Einheitspreisvertrag
Der Einheitspreisvertrag ist definiert in § 4 Nr. 1 Ziffer 1 VOB/A und § 2
Abs. 2 VOB/B.
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Die Vergabeanweisung in § 4 Nr. 1 Ziff. 1 VOB/A lautet:
„Bauleistungen sind so zu vergeben, dass die Vergütung nach
Leistung bemessen wird (Leistungsvertrag), und zwar:
a) in der Regel zu Einheitspreisen für technisch und wirtschaftlich
einheitliche Teilleistungen, deren Menge nach Maß, Gewicht
oder
Stückzahl
vom
Auftraggeber
in
den
Verdingungsunterlagen anzugeben ist (Einheitspreisvertrag).“
§ 2 Abs. 2 VOB/B lautet:
„Die Vergütung wird nach den vertraglichen Einheitspreisen und
den tatsächlich ausgeführten Leistungen berechnet, wenn keine
andere Berechnungsart, (z. B. durch Pauschalsumme, nach
Stundenlohnsätzen, Selbstkosten) vereinbart ist.“
Gestaltung der Leistungsbeschreibung
Beim Einheitspreisvertrag wird die vertraglich zu erstellende
Bauleistung (= das Werk) in der regelmäßig vom Auftraggeber als
Angebotsblankett vorformulierten Leistungsbeschreibung in (isolierte
und nicht zwingend funktional selbstständige) Teilarbeiten zerlegt2, die
nach und in Ordnungszahlen (= Positionen, vgl. § 7 Abs. 12 VOB/A)
beschrieben werden.
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
Grundpositionen sind die Teilleistungen, die der Auftraggeber
bei Auftragsvergabe zum Leistungsgegenstand (Bausoll)
machen will und macht, ausgenommen, er entscheidet sich für
eine korrespondierende Alternativposition.

Alternativpositionen
(Wahlpositionen)
sind
solche
Teilleistungen, die der Auftraggeber in der Ausschreibung
aufführt in der Absicht, sie bei der Auftragsvergabe
möglicherweise anstelle von Grundpositionen zum
Leistungsgegenstand zu machen.

Eventual- oder Bedarfspositionen sind solche Teilleistungen,
die der Auftraggeber in der Ausschreibung erwähnt, um sie
vielleicht noch, insbesondere nach Vertragsschluss, zusätzlich
zu beauftragen.
Die VOB/A nennt sie in § 5 Nr. 1 a, § 9 Nr. 6 VOB/A Teilleistungen.
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Die Leistungsbeschreibung selbst besteht aus Baubeschreibung,
Leistungsverzeichnis
(LV)
und
Bauzeichnungen.
Die
Leistungsbeschreibung bestimmt den (geschuldeten) Bauinhalt und ggf.
die Bauumstände – beides zusammen also das Bausoll.
Jede Position ist aufgebaut in

Mengenangabe (Vordersatz)
Das ist der nach Meinung des Auftraggebers voraussichtliche
Leistungsumfang; abgerechnet wird später nicht nach
ausgeschriebenen, sondern nach tatsächlich ausgeführten
Mengen.

Leistungsbeschrieb (z. B. „Beton 35“)

Einheitspreis. Das ist der Preis pro Abrechnungseinheit (z. B. 1
m³).
Vergütung
Für alle Grundpositionen wird jeweils durch Multiplikation von
Vordersatz und Einheitspreis der Positionsgesamtpreis ermittelt und
angeboten; die Summe der Gesamtpreise der Grundpositionen ergibt
die „Auftragssumme“.
Dass der Vertragsinhalt insgesamt die zu erbringende Leistung
definiert, beschreibt § 1 Abs. 1 S. 1 VOB/B so:
„Die auszuführende Leistung wird nach Art und Umfang durch den
Vertrag bestimmt.“
Das Bausoll bestimmt sich also nach den Regelungen des jeweiligen
Vertrages, und zwar nach allen textlichen, zeichnerischen und/oder
sonstigen
Vertragsbestandteilen,
z.
B.
Zusätzliche
Vertragsbedingungen, Plänen usw. Die Mengen sind zum Zeitpunkt
des Vertragsschlusses vorläufig, weil die ausgeschriebene Menge pro
Position (Vordersatz) nicht die zukünftige Abrechnungsmenge sein
muss.
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Unveränderlicher Vertragsinhalt sind dagegen die Beschreibung der
einzelnen Positionen und die Einheitspreise (= Vergütungssatz pro
Abrechnungseinheit).
Festpreis, Gleitklausel
Der Einheitspreis ist auch Festpreis. Der einmal vereinbarte Preis
ändert sich also für eine noch solange, vertragsgemäße Bauzeit und
vertragsgemäße Bauleistung nicht mehr, auch dann nicht, wenn z. B.
Lohnerhöhungen oder Materialpreiserhöhungen eintreten. Das ist
allerdings eine Selbstverständlichkeit und gilt genauso beim
Pauschalvertrag. Ausnahmen kann es nur in den praktisch nicht
vorkommenden Extremfällen unter dem Gesichtspunkt des „Wegfalls
der Geschäftsgrundlage“ geben.
Auch § 2 Abs. 1 VOB/B enthält keinen Preisvorbehalt. Wollen die
Parteien den Preis veränderten Kosten während der Bauausführung
anpassen, so können sie Gleitklauseln vereinbaren. Gebräuchlich sind
Gleitklauseln und Materialgleitklauseln; daneben gibt es noch weitere
Klauseln, z. B. spezielle Transportkostengleitklauseln.
Für die der VOB/A unterliegenden Vergaben enthält § 9 Nr. 9 VOB/A
dazu eine nähere Regelung. Jede Gleitklausel in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen muss die tatsächlichen Voraussetzungen, nach
denen der „Festpreis“ sich ändern soll, eindeutig festlegen und
eindeutig regeln, was anstelle des „Festpreises“ für die Vergütung der
nach einem festgelegten Stichtag erstellten Leistung gelten soll.
 Pauschalpreisvertrag
Als Ausnahmeregelung im Rahmen des Leistungsvertrages ist unter § 4
Nr. 1 Ziff. 2 VOB/A der Pauschalvertrag vorgesehen.
Die Vergabeanweisung in § 5 Nr. 1 Ziff. 2 VOB/A lautet:
„Bauleistungen sind so zu vergeben, dass die Vergütung nach
Leistung bemessen wird (Leistungsvertrag), und zwar:
2. In geeigneten Fällen für eine Pauschalsumme, wenn die Leistung
nach Ausführungsart und Umfang genauer bestimmt ist und mit einer
Änderung bei der Ausführung nicht zu rechnen ist (Pauschalvertrag).
Die VOB/A und die VOB/B nennen den Begriff „Pauschalsumme“ oder
„Pauschalvertrag“ daneben an insgesamt vier weiteren Stellen, etwa in
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§ 2 Abs. 2 VOB/B. So bestimmt auch § 16 Abs. 4 Ziff. 2 VOB/A bei
Vergabe durch die öffentliche Hand:
„Bei Vergabe für eine Pauschalsumme gilt diese ohne Rücksicht
auf etwa angegebene Einzelpreise.“
Gestaltung der Leistungsbeschreibung
Die VOB gibt allerdings für die Definition der „Berechnungsart“
Pauschalsumme und/oder des Begriffs Pauschalvertrag wenig her.
Auch wenn beim Wort „pauschal“ unwillkürlich an in gewissem Sinne
Undefiniertes auf der Leistungsseite gedacht werden kann, regelt § 4
Ziff. 2 VOB/A das genaue Gegenteil: Pauschalverträge sollen danach
nur für solche Fälle geeignet sein, in denen die Leistung nach
Ausführungsart und Umfang (vorab) genau bestimmt ist.
Hier sind also hinsichtlich der Voraussetzungen strenge Anforderungen
gestellt. Der Auftraggeber hat deshalb bevor er sich zu einem
Pauschalvertrag entschließt, eingehend zu prüfen, ob diese
Voraussetzungen, nämlich einer „genauen“ Bestimmbarkeit der
Leistung nach Ausführungsart und Umfang einerseits und das
Ausscheiden einer Änderung bei der Ausführung andererseits,
tatsächlich gegeben sind. Diese Anforderungen, die für den öffentlichen
Auftraggeber binden sind und für den privaten Auftraggeber schon im
eigenen Interesse selbstverständlich sein sollten, werden allerdings bei
Pauschalpreisvergaben oftmals nicht hinreichend beachtet.
Es gibt Fälle, wo eine der Parteien sich Vorteile dabei ausrechnet, zu
einer Pauschalsumme zu vergeben, gerade weil die Planung noch nicht
abgeschlossen, der Leistungsumfang noch unklar und mit Änderungen
noch zu rechnen ist. Erwartungen dieser Art pflegen fehlzuschlagen.
Zumindest ist der Aufwand für spätere Streitigkeiten so groß, dass
schon deswegen von solchen Versuchen abgeraten werden muss. Dies
umso mehr, als die Rechtssprechung dazu tendiert, Leistungen, die mit
der Pauschalsumme nicht eindeutig abgegolten sein sollten, zusätzlich
vergüten zu lassen.
Erst wenn der Auftraggeber alle einschlägigen technischen, rechtlichen
und finanziellen Voraussetzungen eingehend überprüft hat, wird er
sicher daher zu einer Vergabe im Pauschalvertrag entschließen dürfen.
Dies setzte jedoch voraus, dass er den Bietern eine
Leistungsbeschreibung an die Hand gibt, die den strengen
Erfordernissen nach § 7 VOB/A gerecht wird.
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Die Abgabe eines Pauschalpreisangebotes kann nur verlangt werden,
wenn vollständige Ausführungspläne vorliegen und die Bieter auf dieser
Basis eine gesicherte eigene Kalkulation vornehmen können. Wenn die
Ausführungspläne nicht rechtzeitig zum Zeitpunkt der Versendung der
Verdingungsunterlagen zur Verfügung gestellt werden, besteht für die
Bieter keine Möglichkeit, die Mengenermittlungen des LV
nachzuvollziehen und ihren Preis sicher ermitteln zu können. 3Die
Voraussetzungen einer Pauschalierung dürften bei der Wasserhaltung
in der Regel nicht vorliegen4.
Vergütung
Pauschalpreisvereinbarungen erfordern als Vertragsgrundlage
eindeutig und erschöpfende Leistungsbeschreibungen. Der
Auftraggeber hat deshalb die zu erbringende Leistung bis in alle
Einzelheiten im Leistungsverzeichnis zu beschreiben. Dabei sieht er
zumeist vor, dass die Bieter hierfür eine Pauschalsumme anbieten.
Je nach Art und Umfang der anstehenden Leistungen kann es aber
auch zweckmäßig sein, diese – wie beim Einheitspreisvertrag – in
Positionen mit Mängelansätzen zu untergliedern und vorzusehen, dass
der Bieter Einheitspreise einträgt, diese mit den Mengen multipliziert
und die Positionspreise zu einem Gesamtbetrag aufaddiert, der dann
als Pauschale vereinbart wird. Diese Vorgehensweise kann einerseits
die Kalkulation des Bieters erleichtern und andererseits für den
(unerwarteten) Fall der erheblichen Abweichung der ausgeführten von
der vereinbarten Leistung Anhaltspunkte für eine angemessene
Änderung der Vergütung liefern; auch im Falle einer Vertragskündigung
während der Bauzeit kann dann auf die Preisangaben zurückgegriffen
werden, um – unter Berücksichtigung der Pauschale – dem tatsächlich
erbrachten Leistungsteil preislich bewerten zu können. Die vom
Auftraggeber genannten Mengen sind im Normalfall für die Abrechnung
jedoch ohne Bedeutung, d. h. nicht erhebliche Abweichungen der
ausgeführten von den genannten Mengen bewirken keinen Anspruch
auf Änderung der Pauschalvergütung.
Pauschalsummen können außer für eine Gesamtleistung auch für Teile
der Leistung vereinbart werden. Von dieser Möglichkeit wird man
Gebrauch machen, wenn die Voraussetzungen für eine
Pauschalvereinbarung nur teilweise gegeben sind. So können z. B. bei
einem Brückenbau der Überbau und die Pfeiler in allen Details
festliegen, die Erd- und Gründungsarbeiten dagegen in ihrem Ausmaß
3
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VÜA des Bundes, IBR 1997, S. 486.
VK Nordbayern, Beschluss vom 22.12.2004 - 320.VK-3194-49/04 - .
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nicht genau vorhersehbar seien; für den letzten Teil scheidet somit eine
Pauschalvereinbarung aus.
Grundsätzliche Unveränderbarkeit des Pauschalpreises
Ist als Vergütung eine Pauschalsumme vereinbart, so bleibt die
Vergütung unverändert. Dies gilt jedoch nicht, wenn die ausgeführte
Leistung von der vertraglichen so erheblich abweicht, dass ein
Festhalten an der Pauschalsumme nach Treu und Glauben unzumutbar
ist (§ 242 BGB); in einem solchen Fall ist auf Erlangen einer Preis unter
Berücksichtigung der Mehr- und Minderkosten zu gewähren (§ 2 Abs. 7
Nr. 1 VOB/B). Der Auftraggeber sollte deshalb schon im eigenen
Interesse sorgfältig darauf achten, dass er Pauschalverträge nur dort
vereinbart, wo mit Änderungen während der Ausführung nicht zu
rechnen ist.
Vor den Auswirkungen der Regelung des § 2 Abs. 7 VOB/B kann sich
der Auftraggeber auch nicht dadurch schützen, dass er in die
Verdingungsunterlagen eine Klausel aufnimmt, wie z. B.:
„Pauschalangebote und Aufträge verpflichten den Anbieter
außerdem unter alleiniger Verantwortung (im Rahmen der
Ausschreibung und der gültigen Vorschriften) selbst zu ermitteln
bzw. zu überprüfen, welche Massen, Abmessungen,
Konstruktionen, Baustoffgüter, Arbeiten etc. zur Erfüllung seiner
Leistungen bzw. zur Funktion seiner Anlagen erforderlich sind.“
Solche Klauseln legen den Auftragnehmer die alleinige Verantwortung
zur Ermittlung bzw. Überprüfung der Mengen, Abmessungen usw. auf,
wälzen das Risiko für Planungsfehler und unvorhersehbare Umstände
im Bereich des Auftraggebers auf den Auftragnehmer ab und führen
außerdem zu einer Beweislastumkehr zum Nachteil des
Auftragnehmers. Sie verstoßen deshalb gegen die Anforderungen des
AGB-Gesetzes.
bb)
Stundenlohnvertrag (§ 4 Abs. 2 VOB/A)
Nach § 4 Abs. 2 VOB/A dürfen Bauleistungen geringeren Umfangs, die
überwiegend Lohnkosten verursachen, im Stundenlohn vergeben werden.
Diese beiden Tatbestandsmerkmale bilden die Voraussetzung für diese
spezielle Vertragsart.
Mit dem Begriff „überwiegend“ Lohnkosten ist gleichzeitig gesagt, dass
außer den Lohnkosten entweder gar keine oder nur vergleichsweise geringe
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Kosten für Materialien, Geräte, Baustelleneinrichtungen sowie
Gemeinkosten entstehen. Dabei umfassen die „Lohnkosten“ i. S. von § 4
Abs. 2 VOB/A auch die Baustellengehaltskosten, z. B. für Poliere u. a.
Aufsichtspersonal der Baustelle.
Die vertragliche Vereinbarung hinsichtlich
Stundenlohnarbeiten ist in der VOB/B geregelt:
der
Vergütung
von

In § 2 Abs. 10 VOB/B ist ausdrücklich bestimmt, dass
Stundenlohnarbeiten nur vergütet werden, wenn sie als solche vor
ihrem Beginn ausdrücklich vereinbart worden sind.

§ 15 VOB/B behandelt die vertraglichen Vereinbarungen bzw.
Vergütungen als solche, die Gestellung von Aufsichtspersonal, die Art
der Abrechnung und den Nachweis über Stundenlohnzettel.
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