Am Anfang einer CRM-Einführung steht immer eine Vision

Werbung
48 Marketing & Verkauf
Kundenbeziehungsmanagement
Am Anfang einer CRM-Einführung
steht immer eine Vision
Wenn es immer schwieriger und teurer wird, neue Kunden zu gewinnen, gilt es primär, jene zu halten
und zu pflegen, die man hat. Oder neue treue Kunden zu finden, sie nachhaltig zu loyalisieren und vor
allem: sie zu aktiven Empfehlern zu machen. Kundenzufriedenheit und Kundenbindung sind zentrale
Erfolgsfaktoren im Markt.
lässt sich Kundenbeziehungsmanagement
auf den Punkt bringen.
Guido Rossetti
In jedem Unternehmen stellen sich daher
die Fragen, ob die Kunden tatsächlich zufrieden sind, welches die Quellen von Unzufriedenheit sein könnten und welche Massnahmen die Kundenzufriedenheit und die Kundenbindung steigern könnten. Auch KMU
haben verstanden, dass dies ohne ein professionelles Kundenbeziehungsprogramm oder
Customer Relationship Management (CRM)
nicht funktioniert. Nur wer seine Kunden
richtig kennt, kann sie richtig bedienen – so
Kernaufgabe für alle
Am Anfang einer CRM-Einführung steht immer eine Vision, die jedes Unternehmen individuell ausformulieren muss. Der Wille,
das Unternehmen an den Kundenbedürfnissen auszurichten, ist eine Entscheidung der
Unternehmensleitung und ist klar zu kommunizieren, da mit einer CRM-Einführung
CRM als Prozess in der Unternehmensstrategie
Strategisch
Vision/Mission
Ziele
Steuerung
immer auch ein Wandel in der Unternehmenskultur erfolgt. Der kulturelle Wandel
weg von einer produkt- oder prozesszentrierten hin zu einer kundenfokussierten Unternehmenskultur verlangt oftmals ein radikales Um- oder Neudenken von allen Mitarbeitern. Der Aufbau und die Entwicklung
von Kundenbeziehungen muss als Kernaufgabe aller Mitarbeiter verstanden werden.
Insbesondere in Märkten mit geringer Produktdifferenzierung und hohem Wettbewerbsdruck ist die Entwicklung einer CRMStrategie und deren Etablierung eine Frage
des Überlebens für die Unternehmen geworden. Käufer- und Mitarbeiterloyalität
stehen in einem engen Zusammenhang und
bestärken sich gegenseitig: Wer loyale Mitarbeiter hat, hat auch loyale Kunden – und
umgekehrt. Das bedeutet, dass auch die
Rahmenbedingungen entsprechend gestaltet und die Motivation und die Fähigkeiten
der Mitarbeiter entwickelt werden müssen.
CRM
Taktisch
Analytisch
Operativ
KMU-Magazin Nr. 3, April 2006
Emotional
Mitarbeiterentwicklung
Professionalisierung
Kommunikation
Dazu ist ein systematisches Konzept für erweiterte Entscheidungsspielräume, klare
Verhaltens- und Bearbeitungsgrundsätze
sowie regelmässige Schulungen, Trainings
und Weiterbildungen notwendig.
Marketing & Verkauf 49
Kundenwert berechnen
Oft wird in Unternehmen übersehen, dass
CRM nicht erst beim Kunden anfängt, sondern dass vor allem das Unternehmen auch
etwas davon haben sollte. Bei allen Bemühungen um die Kunden darf nie vergessen
werden, dass es auch darum geht, den Profit zu steigern und das Leben aller Beteiligten zu erleichtern. Der Kunde will heute
nicht nur König, sondern Partner sein. So
soll er sich fühlen, und der Mitarbeiter muss
ihm dies durch sein Verhalten und den leichten und schnellen Zugang auf die nötigen
Informationen ermöglichen. Es hängt aber
von der Anzahl der profitablen Stammkunden ab, ob ein Unternehmen Gewinne erwirtschaftet. Denn nicht jeder Kunde ist ein
Gewinn für das Unternehmen. Manche Kunden verursachen sogar höhere Kosten in der
Betreuung und Auftragsabwicklung als ihr
Deckungsbeitrag beträgt. Doch nur wenn
der Wert eines Kunden erkannt wird, können Aufwand und Intensität der Ansprache
und Betreuung sowie die Angebote darauf
abgestimmt werden. Ein geschätzter Kundenwert ist dafür nicht ausreichend, da er
meist durch subjektive Eindrücke verfälscht
wird. Es empfiehlt sich, regelmässig mathematisch fundierte Kundenwert-Berechnungen durchzuführen.
Erforschung des Kunden
Das strategische Kapital für jedes Unternehmen stellen die spezifischen Kundendaten
dar. Das Unternehmen muss die speziellen
Merkmale, Bedürfnisstrukturen, Verhaltensmuster und Potenziale seiner Kunden kennen, um Service, Angebote und Interaktionen möglichst individuell auf den einzelnen Kunden abstimmen zu können. Diese
werden in einer zentralen und akribisch gepflegten Datenbank gespeichert, auf die alle
Mitarbeiter – mit Zugriffsrechten entsprechend ihrer Funktion – zugreifen können.
Diese Daten und Informationen gilt es im
Sinn der Geschäftsentwicklung zu verwer-
ten. Durch die Identifikation und Segmentierung von Kundengruppen können Profitabilitätspotenziale ermittelt und ausgeschöpft werden. Kritisch für den Erfolg einer CRM-Strategie ist dabei die Ansammlung von Informationen über den Kunden
und die sachgerechte Interpretation dieser
Daten.
rung von Kampagnen, komplexe Analysen
und die Messung des Kundenwerts sind
heute mit wenigen Klicks möglich. Dabei
darf aber die Kostenseite nicht ausser Acht
werden. Eine CRM-Lösung soll letztlich zur
Senkung der Kosten und zur Verbesserung
der internen Geschäftsprozesse beitragen.
Blinder Aktionismus ist zu vermeiden.
Somit dient eine Kundendatenbank nicht
nur als Basis für einen optimalen Service bei
der Interaktion mit dem Kunden, sondern
ermöglicht auch eine bewusste Steuerung
der Kundenbeziehungen. Wenn Kundendaten regelmässig analysiert werden, erhält
man die Möglichkeit, aus den jeweiligen Berichten und Reports die entsprechenden Ansätze für Massnahmen und Aktionen im Rahmen der Kundenbeziehungsstrategie abzuleiten, beispielsweise zielgruppengerechte
Angebote, neue Produktentwicklungen, Kundenbindungsmassnahmen oder auch nur
allgemeine Serviceverbesserungen.
Auf dem Markt gibt es derzeit eine Vielzahl
von CRM-Softwareanbietern für unterschiedliche Anwendungsgebiete. Die richtige Wahl
ist vor allem von den Geschäftsanforderungen und den vorhandenen bzw. finanzierbaren IT-Infrastrukturen abhängig.
CRM beginnt im Kopf
Letztlich kommt es darauf an, was Unternehmen mit ihren gesammelten Informationen anfangen und wie CRM gelebt wird.
Das fängt bereits bei den freundlichen und
Technische Möglichkeiten
Auf einen Blick
Viele KMU verwenden noch keine Software
für ihr Kundenbeziehungsmanagement. Andere kombinieren verschiedene Office-Programme wie Outlook, Excel und Access, um
ihre Kundendaten mehr oder weniger systematisch zu pflegen. Damit hat der Mittelstand noch einen deutlichen Nachholbedarf.
Vielen kleinen und mittelgrossen Unternehmungen ist mit einem professionellen Kontaktmanagementsystem bei ihren täglichen
Kundenbeziehungen schon recht gut geholfen. Die Kundenbindung erschöpft sich auch
nicht in der Einführung einer komplexen
Software-Lösung. Denn Technik mag vielleicht Ordnung in chaotische Datenbestände bringen – Kunden bleiben und kaufen
deswegen noch lange nicht. Entscheidend
ist die Definition der Zielsetzung: Was soll
mit CRM erreicht werden? Oft genügen
schon einfache Lösungen. Wer höhere Ziele
hat, muss sich mit umfangreicheren Lösungen beschäftigen – professionelle Füh-
Ziele, die für die Einführung einer
CRM-Lösung sprechen
■
■
■
■
■
■
■
■
■
■
■
■
Schnellerer Zugriff auf Kundendaten
Erfüllung der Kundenerwartungen
Verbesserung der Kundenzufriedenheit
und Kundentreue
Verbesserung der Mitarbeiterzufriedenheit
Optimierung kundennaher interner Prozesse
Steigerung der Produktivität durch Automatisierung von Standardabläufen
Einbeziehung verschiedener Kommunikationskanäle
Bessere Unterstützung des Aussendienstes
Optimierung der Pflege bestehender
Kunden
Realisierung ungenutzter Verkaufspotenziale
Effektivere Kundengespräche
Sicherung der Wettbewerbsvorteile
KMU-Magazin Nr. 3, April 2006
50 Marketing & Verkauf
Checkliste
Einführung einer CRM-Lösung: Die wichtigsten Grundfragen auf einen Blick
1. Bedarf ermitteln
Ja Nein
■ Erfüllt ein CRM-System den gewünschten Bedarf? o
o
■ Steht das Management voll und ganz hinter dem o
o
geplanten CRM-System?
■ Wie kommunizieren die Kunden mit dem Unternehmen?
■
Alles aus einer Hand oder verschiedene Spezialisten?
4. Pflichtenheft erstellen
■ Welche Anforderungen werden an das CRM-System gestellt?
■
■
Wie lauten die Ziele?
■
Wie weit können bestehende Systeme genutzt werden?
■
Arbeits- und Zeitplan erstellen.
■
Projektgruppen bestimmen.
■
Welche Mittel stehen wann zur Verfügung?
■
Wie kann der Erfolg kontrolliert werden?
Welche Unternehmensprozesse sind durch
ein CRM-System betroffen?
2. Kosten und Nutzen abwägen
■ Was kostet das CRM-System?
■
Was nützt der Unternehmung ein CRM-System?
■
Wer profitiert intern von einem CRM-System?
3. Dienstleister wählen
■ Welcher externer Dienstleister ist der richtige für das CRMSystem?
KMU-Magazin Nr. 3, April 2006
Marketing & Verkauf 51
Positive Effekte einer
CRM-Strategie
Eine systematische und konsequente
Umsetzung und Anwendung einer CRMStrategie kann folgende positive Effekte
bewirken:
Wettbewerbsvorteile
■ Besseres Image – begeisterte Kunden
sind der beste Werbeträger
■ Echte Differenzierung vom Wettbewerb
durch innovativen Service
■ Zuführung neuer Kunden durch Mundzu-Mund-Werbung
■ Höhere Fehlertoleranz der Stammkunden
■ Besseres Wissen zum Kaufverhalten
Höhere Gewinne
■ Mehr und häufigerer Umsatz mit Stammkunden
■ Mehr Umsatz durch Cross-buying-Effekte
■ Grössere Preistoleranz bei gutem Service
■ Ertragssteigerungen analog zur Kundenbindungsrate
Kostenreduktionen
■ Stammkundenerhaltung ist billiger als
Neukundenakquisition
■ Reduzierung von Verwaltungsarbeit in
Kundenservice, Marketing und Vertrieb
■ Produktivitätssteigerung durch zufriedene und motivierte Mitarbeiter
kompetenten Mitarbeitern an, die bei Problemen weiterhelfen. Schneller und guter
Service ist mittlerweile unerlässlich und
macht möglicherweise den kleinen, aber feinen Unterschied zu Grosskonzernen und
Billiganbietern aus. Es gehört längst nicht
mehr zum guten Ton, den Kunden in langen
Warteschleifen am Telefon hängen zu lassen und mit schlechter Musik zu berieseln.
Auch das personalisierte Mailing an «Frau
Max Kneubühler» trägt nicht zur Steigerung
der Kundenzufriedenheit bei. Der Kunde von
heute verzeiht nicht. Er ist schneller weg als
ein Unternehmen auf Fehler reagieren kann,
und der nächste Anbieter ist oft nur einen
Mausklick entfernt. Trotzdem ist Kundenzufriedenheit nicht die einzige und auch ausreichende Bedingung für Kundenbindung.
Der Kunde definiert seine Zufriedenheit über
den Vergleich seiner subjektiven Erwartungen und der Erfüllung dieser Erwartungen
durch den Anbieter (Soll-Ist-Vergleich).
Wenn die Kundenerwartungen übertroffen
werden, erreicht man echte Kundentreue
und die Identifizierung mit dem Unternehmen. In einer solchen Beziehung sieht sich
der Kunde nicht als König, sondern als Partner. Einmal erreichte Kundenzufriedenheit
bleibt jedoch nicht einfach bestehen, sondern muss konstant gepflegt werden.
Beschwerdemanagement
Es reicht nicht aus, die Kundenzufriedenheit
als Ziel festzulegen. Man muss den Anteil
seiner zufriedenen Kunden auch regelmässig durch Kundenumfragen überprüfen –
um die Bedürfnisse der Kunden zu erforschen und allfällige Schwachstellen in der
eigenen Leistungserbringung aufzudecken
und beseitigen zu können. Um im Wettbewerb bestehen zu können, ist es notwendig, seine Stärken und Schwächen genau zu
kennen. Dabei ist aber nicht die eigene Einschätzung entscheidend, sondern ausschliesslich die Sicht des Kunden. Diese gilt
es durch entsprechende Massnahmen regelmässig und systematisch zu erfragen. Die
subjektive Einschätzung durch die Mitarbeiter und das gelegentliche Auswerten von
spontan geäussertem Lob und Tadel der
Kunden genügt dabei nicht. Nur durch Kundenbefragungen, Feedback-Systeme und
gutem Beschwerdemanagement können
die für das Unternehmen überlebenswichtigen Informationen von den Kunden beschafft werden.
men. Der Lohn besteht in einer genaueren
Kenntnis der Kundenbedürfnisse und dem
Aufbau langfristiger Geschäftsbeziehungen.
Ganz gleich für welchen Weg man sich entscheidet – wichtig ist, mit den gesammelten und geordneten Informationen über den
Kunden und die Beziehung auch wirklich zu
arbeiten und ihnen Leben einzuhauchen. Es
nützt nichts, zu wissen, dass der Kunde gerne über das Internet einkauft, dass er verheiratet ist, zwei Kinder hat, gerne Ferien
am Meer macht und wie zwölf andere Kunden in Sursee wohnt. Die Daten müssen
ausgewertet und in Massnahmen umgewandelt werden. Vielleicht sind OnlineNewsletter gut für ihn, vielleicht braucht er
ein Familienauto, vielleicht würde sich eine
Direktmailing-Aktion in Sursee lohnen?
Auch der Datenqualität ist höchste Sorgfalt
zu schenken. Denn ohne Datenqualität
funktioniert ein Kundenbeziehungsmanagement schlecht.
Bei allen Zielen, die den Kunden ins Zentrum des unternehmerischen Denkens und
Handelns stellen, darf niemals vergessen
werden, dass es darum geht, den Profit des
Unternehmens zu steigern. Und das gelingt
nur, wenn man ausschliesslich in das investiert, was auch wirklich gebraucht wird. Die
grosse Kunst des Kundenbeziehungsmanagements liegt in der richtigen Strategie und
in der richtigen Dosierung von Ansprache
und Aufmerksamkeit sowie der Balance zwischen Kunden- und Kostenorientierung.
Fragen
Guido Rossetti
Fazit
CRM ist eine strategische Entscheidung mit
weit reichenden Folgen für ein Unterneh-
Inhaber, Geschäftsleiter
Rossetti Communication
Täfernstrasse 14, 5452 Baden-Dättwil
Tel. 056 470 07 30
[email protected]
www.rossetti-communication.ch
KMU-Magazin Nr. 3, April 2006
Herunterladen