Verwirrlich? Seminar: Die Schweizer Parteien im Wandel Ein paar Gedanken zur Vorgehensweise Fragestellung Weiterentwicklung der Theorie Hypothesen Prof. Dr. Andreas Ladner Überprüfen der Hypothese Theorie Messen Beantwortung der Frage Darstellung von Daten Operationalisierung Sommersemester 2005 Andreas Ladner Wissenschaft Theorie (Staatstätigkeit ist abhängig von der dominanten politischen Partei) Hypothesen (Je stärker die SP, desto mehr Staatsausgaben) Operationalisierung (Stärke der SP: Wählerstimmenteile im Parlament; Staatsausgaben: Staatsausgaben pro Kopf) 1 Andreas Ladner Hypothese Praxis Unter H. versteht man in der empirischen Sozialforschung eine anhand empirischer Daten zu prüfende Annahme. Im Rahmen der "quantitativen" (standardisierten) Sozialforschung meint man vor allem eine Annahme, die einem statistischen Test unterworfen werden kann. Diese Annahme richtet sich meistens darauf, dass zwischen zwei Merkmalen ein Zusammenhang, oder dass zwischen Gruppen ein Unterschied besteht. Es sind aber auch zahlreiche weitere Hypothesen denkbar, so etwa solche über eine bestimmte Form des Zusammenhangs (etwa ein linearer, ein exponentieller, ein kurvilinearer), über Veränderungen usw. Fragestellung (Sind in linken Städten die Staatsausgaben grösser?) Operationalisierung (Stärke der SP: Wählerstimmenteile im Parlament; Staatsausgaben: Staatsausgaben pro Kopf) Messen (Suchen nach verlässlichen Statistiken) Messen (Suchen nach verlässlichen Statistiken) Überprüfen der Hypothese (statistische Tests) Beantwortung der Frage Weiterentwicklung der Theorie Andreas Ladner Ihr Name und Herkunft 2 © W. Ludwig-Mayerhofer, ILMES | Last update: 30 Dec 1999 3 Andreas Ladner 4 Überprüfung einer Hypothese Theoretische Möglichkeiten und Probleme Beim statistischen Test wird eine sog. Nullhypothese aufgestellt, die i.a. besagt, dass der postulierte Zusammenhang oder Unterschied nicht besteht. Es wird eine Teststatistik berechnet, die angibt, ob ein in den Daten beobachteter Zusammenhang oder Unterschied mit der Nullhypothese kompatibel ist. Überschreitet die Teststatistik einen bestimmten, vorab festzulegenden Wert, so wird die Nullhypothese verworfen und die eigentliche Forschungshypothese, die Alternativhypothese, gilt als vorläufig nicht widerlegt (manche sagen auch: vorläufig akzeptiert). - Andere Nullhypothesen sind denkbar, z.B. dass ein Unterschied einen bestimmten Betrag nicht überschreitet, sie werden in der sozialwissenschaftlichen Forschungspraxis jedoch nur selten formuliert. © W. Ludwig-Mayerhofer, ILMES | Last update: 30 Dec 1999 Andreas Ladner • • Andreas Ladner 6 Vergleichende Politikwissenschaft Problem der Falsifikation einer Theorie • „Königsweg des Faches“ • Altehrwürdige Tradition (Aristoteles) • Kritische Überprüfung der eigenen politischen Verhältnisse am Beispiel anderer • Versuch, universal gültige Aussagen zu erhalten • „Quasi-Experiment“ Unstrittig ist, dass ein Deviant case in der vergleichenden Forschung eine bisher bewährte Theorie nicht falsifiziert (Nohlen 2002: 1023). Ihr Name und Herkunft • Falsifikation Prinzip im Prozeß der Prüfung wissenschaftlicher Theorien, erstmals von Karl Raimund Popper aufgestellt. Nach Popper können Theorien nicht verifiziert (d.h., als - definitiv - wahr erwiesen) werden, da sie im Kern aus Allsätzen bestehen (z.B.: Alle Schwäne sind weiß). Es ist aber nie ausgeschlossen, daß nicht doch irgendwann einmal ein Fall gefunden wird, auf den der Allsatz nicht zutrifft (in Australien soll es schwarze Schwäne geben). Theorien können aber falsifiziert werden, indem man versucht, aus ihnen (bislang ungeprüfte) Schlußfolgerungen abzuleiten und diese empirischen Tests unterwirft. Theorien, die diese Tests (bislang) bestanden haben, gelten als vorläufig noch nicht falsifiziert. Als Rekonstruktion des tatsächlichen Prozesses der Prüfung wissenschaftlicher Theorien ist das Prinzip der F. nur sehr eingeschränkt tauglich, da der Prozeß der Etablierung, Ausarbeitung, Prüfung und Verwerfung von Theorien im allgemeinen weit komplexer ist und ein Einzelfall in der Regel nicht als Widerlegung einer Theorie betrachtet werden kann und sollte (näheres dazu z.B. bei Lakatos). Das Prinzip der F. wurde von Popper auch als Demarkationsprinzip verstanden, welches wissenschaftliche (= falsifizierbare) von nicht-wissenschaftlichen Theorien unterscheidet. © W. Ludwig-Mayerhofer, ILMES | Last update: 30 Dec 1999 5 Andreas Ladner • • 7 Andreas Ladner 8 Vergleichende Methoden im weiteren Sinne Definition: • Vergleichen ist jedem wissenschaftlichen Verfahren inhärent, es braucht gar keine eigene Forschungsrichtung • Vergleich komplexer sozialer und politischer Erfahrungsgegenstände ist die Grundlage für die Bildung politikwissenschaftlicher Begriffe • Der Vergleich bildet das Kriterium bewertender Interpretationen empirischer Befunde • Unbekanntes kann vom Bekannten her verständlich gemacht werden Verfahren des systematischen Vergleichs von Untersuchungsfällen, das zumeist zum Zweck empirischer Generalisierung und zur Überprüfung von Hypothesen angewandt wird. Vgl. Nohlen (2002: 1021 ff. Andreas Ladner 9 Andreas Ladner Vergleichende Methode im engeren Sinne 10 Dimensionen des Vergleichs: Das Erforschen von kausalen Zusammenhängen, in dem versucht wird, Faktoren zu isolieren, die als Ursache (unabhängige Variable) einer Wirkung (abhängige Variable) in Frage kommen. • Polity (Institutionen) • Politics (Prozesse) • Policies (Materielle Politik) Wo sind hier die politischen Parteien? Vgl. Nohlen (2002: 1021 ff. Andreas Ladner Ihr Name und Herkunft 11 Andreas Ladner 12 Untersuchungsgegenstand Vorgehensweisen • Vergleich von politischen Systemen (Vergleichende Regierungslehre) • Vergleichende Staatstätigkeitsforschung • Vergleichende Wahlsystemforschung • Vergleichende Partizipationsforschung • Vergleichende Parteien- und Verbändeforschung • Vergleichende Parteiensystemforschung • Vergleichende Policy-Forschung • Usw. • Ländervergleiche • Vergleich von Subsystemen • Zum Teil auch „Case Studies“ • Quer- oder Längsschnittstudien Andreas Ladner 13 Andreas Ladner International vergleichende Projekte 14 International vergleichende Langzeituntersuchungen • Beliefs in Government • Party Manifesto • ECPR – Party Organisation • European Social Survey (ESS) • World Values Survey (Postmaterialismus) • Eurobarometer • Usw. Andreas Ladner Ihr Name und Herkunft 15 Andreas Ladner 16 Überforderung mit Politik Interesse an Politik 100% 100% 90% 80% 80% 70% 60% 60% 50% 40% 40% 30% 20% 20% 10% Not at all interested Andreas Ladner 17 Strategien des vergleichenden Vorgehens (vgl. auch Kriesi 1994: 29 ff): • Fallzentrierte Studien vs. variablenzentrierte Studien • Most similar systems design vs. most different systems design Andreas Ladner Ihr Name und Herkunft 19 Occasionally Seldom Total Israel Norway Sweden Germany Denmark Switzerland Netherlands Luxembourg Czech Republic Ireland Regularly Slovenia Italy Frequently Hungary United Kingdom Spain Portugal Finland Poland 0% Greece Total Spain Greece Italy Czech Republic Poland Portugal Slovenia Hungary Hardly interested European Social Survey 2002/03 Quite interested Luxembourg Ireland Finland Norway Sweden Very interested United Kingdom Denmark Switzerland Israel Germany Netherlands European Social Survey 2002/03 0% Never Andreas Ladner 18 Logik der fallzentrierten Strategie: Diese Strategie folgt der experimentellen Logik. Es wird nach Unterschieden zwischen ausgewählten Fällen gesucht. Die Kontrolle der Variation der erklärenden Variablen geschieht in diesem Fall durch die Auswahl von möglichst vergleichbaren Fällen. (Bsp.: Gemeindestudien – Wahlverfahren) Andreas Ladner 20 Untersuchungsdesign Logik der variablenzentrierten Strategie: In diesem Fall versucht man unabhängig von den Konfigurationen der verglichenen politischen Kontexte zu verallgemeinern. Man geht davon aus, dass in allen Kulturen und Kontexten derselbe Zusammenhang zwischen den zu untersuchenden Variablen besteht. (Überprüfung von Zusammenhängen in unterschiedlichen Kontexten: Bildung beeinflusst Partizipation in kleinen und in grossen Gemeinden) Andreas Ladner 21 Quantitativ und qualitativ • Qualitativ: Begrenzte und begründete Auswahl von Beispielen • Quantitativ: Representativität oder Vollerhebung Andreas Ladner Auswahl der Fälle: Zahl der Fälle • Mit der Erhöhung der Zahl der Fälle verringern sich die qualitativen Elemente der Analyse (es können weniger Variablen berücksichtigt werden). • Mit der Verringerung der Zahl der Fälle nimmt der Allgemeingültigkeitsanspruch ab. • Die Auswahl der Fälle erfolgt nach verschiedenen Kriterien (Objekt/Objektbereich, Kontext, Zeit, Raum) • Wichtigste Kriterien sind die Zahl der Fälle und das Verhältnis von Kontextvariablen und operativen (zu untersuchenden) Variablen Andreas Ladner Ihr Name und Herkunft 22 23 Andreas Ladner 24 Auswahl der Fälle (2) Ziele des Vergleichs • Das Funktionieren eines politischen Systems besser verstehen • Allgemeingültige Gesetze finden • Systematische Unterschiede bestimmen • Objektbereich (Politische Systeme, Parteien) • Kontext (homogen oder heterogen, funktionale Äquivalenz) • Zeit (diachron, synchron, zeitversetzt) • Raum (staatlich, intrastaatlich, suprastaatlich) Andreas Ladner Ihr Name und Herkunft 25 Andreas Ladner 26