Wichtig sind Fragen, die ins Emotionszentrum gelangen SUISSE EMEX M ike Fruet ist Moderator am LiveCom-Forum der Suisse Emex und tritt dort am 31. August auch als Referent auf. Fruet ist Praxis-Trainer für Kommunikation, Verkauf und Führung. MK hat ihm Fragen gestellt zu seinem Thema «Neuromarketing – warum ‹limbische› Botschaften Kunden beflügeln». INTERVIEW RUEDI ULMANN MK Herr Fruet, Sie sind an der Suisse Emex 2016 als Moderator des LiveCom-Forums engagiert und werden dort auch als Referent auftreten. Was motiviert Sie dazu? MIKE FRUET Das Interesse an spannenden Menschen und die damit verbundene Kommunikation sind meine Leidenschaft. Die Suisse Emex vereint beides. Das diesjährige Motto «Meet the Future» beflügelt mich zusätzlich. In meiner Vergangenheit war ich viele Jahre in Verkaufs- und Führungspositionen in der IT-Branche – die Branche, welche am Puls der Zukunft ist. Gerade dieser «Mix» reizt mich an der diesjährigen Suisse Emex enorm. Auf den persönlichen Austausch mit den Referenten am LiveCom-Forum freue ich mich sehr. Dass ich mit meinem Neuromarketing-Referat einen Beitrag leisten darf, schätze ich zusätzlich. MK Ihr Referatsthema lautet «Neuromarketing – warum ‹limbische› Botschaften Kunden beflügeln»? Wie sind Sie zu diesem Thema gekommen? FRUET Die erste Begegnung mit Neuromarketing und dem limbischen System hatte ich 1999. Ich war Teilnehmer eines 2-tägigen Verkaufsseminars mit dem Titel «Limbische Verblüffung». Von da an hat mich das Thema nicht mehr losgelassen. Die gelernten Tools und Praktiken habe ich umgehend in die Praxis umgesetzt. Der Erfolg war die Bestätigung. Über die Jahre habe ich die Werkzeuge zunehmend verinnerlicht und mich in diesen Themen weitergebildet. Aktuell bin ich in Köln am Masterlehrgang in «cognitive neuroscience» an der Akademie für Neurowissenschaftliches Bildungsmanagement (AFNB). Ich verstehe mich als Brückenbauer zwischen den Erkenntnissen der Gehirnforschung und dem praktischen Einsatz in der Wirtschaft. Aus diesen Gründen passt das 40 KOMMUNIKATION allgemein, im Verkauf oder in der Führung ist. Aber wie funktioniert Wertschätzung? Ein einfaches Mittel ist zuhören und sich für den anderen interessieren. Gerade diese Art von Wertschätzung lösen beim menschlichen Gehirn erstaunliche Reaktionen aus. Thema sehr gut zur diesjährigen Emex und zu mir. MK Was sind für Sie die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Neuromarketing? FRUET Der Mensch ist ein emotionales Wesen und reagiert dementsprechend. Welche Werbung und Botschaften erzeugen bei uns Gänsehautfeeling? Solche, die Emotionen vermitteln. Eine Information ohne Emotionen ist für das Gehirn wertlos. Wann fühlen wir uns bei einem Verkaufsgespräch angesprochen? Wenn wir ernst genommen werden und uns Wertschätzung entgegengebracht wird. Dies bedarf keiner grossartigen Rhetorik. Eine Botschaft soll emotional reizen. MK Es gibt verschiedene Modelle für die Anwendung des Wissens über die Funktion des limbischen Systems im Verkauf und Marketing. Welches bevorzugen Sie und warum? FRUET Bei der These, mit der ich arbeite, sind folgende drei Dinge entscheidend: Erstens: Die Botschaft muss positiv reizen. Zweitens: Mein Gegenüber soll sich dabei «sauwichtig» vorkommen. Drittens: Die Botschaft darf den Kunden nicht verunsichern. Wer auf irgendeine Art um Menschen «wirbt», muss wissen, dass die Gemeinten zuerst wahrnehmen müssen, ob sie mit den auf sie gerichteten Verkaufs-, Werbeoder Führungs-Botschaften gemeint sind. Stimuliert die Message nicht und erkennt das Individuum seine Wertigkeit nur vage, nützt auch die beste Beseitigung der Unsicherheiten wenig. Werden jedoch alle drei ‹Instruktionen› bedient, ist die Bahn frei: Es wird entschieden, ob die Botschaft von Bedeutung ist. Anschliessend wird das Angebot auf Zustimmung oder Ablehnung geprüft. Erst danach wird die emotionale Entscheidung in eine rational ‹klingende› umgewandelt. Mike Fruet, Moderator und Referent an der Suisse Emex 2016. Damit wird eine Kaufabsicht gerechtfertigt. Der Kunde verkauft sich also das Angebot selbst. Es ist hierbei besonders wichtig, was das Individuum über das Produkt zu wissen glaubt. Dieses Modell ist praxiserprobt, einfach verständlich und hat sich über mehrere Jahre erfolgreich bewährt. MK Wie erleben Sie als Trainer, Coach und Berater den Umgang mit Emotionen in der Kommunikation? FRUET E ine verbreitete Meinung ist nach wie vor, dass wir rational entscheiden. Dass dies so nicht stimmt, beweisen die aktuellen Erkenntnisse der Gehirnforschung. Gerade in unserer hoch technologisierten Welt haben wir oft das Gefühl, mit Fachwissen und technischen Raffinessen zu überzeugen. Dabei vergessen wir, dass beim Endkundengeschäft gerade der Mensch zu über 50% den Kaufentscheid des Kunden mit beeinflusst. MK Wie kann das Interesse in der Kommunikation am wirksamsten geweckt werden? FRUET Unser Gehirn liebt Bilder, Geschichten und Emotionen. Zusätzlich braucht es mehr Wertschätzung. Insbesondere in der Kommunikation von Mensch zu Mensch. Dadurch wird das Vertrauen erheblich einfacher aufgebaut und gestärkt. Ohne Vertrauen geht bekanntlich nichts. Egal, ob dies in der Kommunikation ganz MK Scheinbar unwichtige Kleinigkeiten können im Kundenhirn zu Blockaden und einem Abbruch der Kommunikation führen. Was sind die häufigsten Gründe? FRUET Wenn das, was der Kunde wahrnimmt, ihn offensichtlich nicht reizt. Kein Wunder – bei elf Millionen Eindrücken, die unser Gehirn pro Sekunde unbewusst verarbeitet, gelangen eben nur gerade 0,4 Promille in unser Bewusstsein. Wenn der Verkäufer nur von sich und vom Produkt redet, fühlt sich der Kunde nicht entsprechend wertgeschätzt, er fühlt sich eben nicht «sauwichtig». Die Körpersprache kann unter Umständen zusätzlich verunsichern. MK Wie lässt sich mithilfe eines limbischen Modells am besten ein Verkaufsabschluss erzielen? FRUET Abschliessen kann ich nur, wenn ich den Kunden gut kenne. Insbesondere wenn ich weiss, worauf er besonders Wert legt und welchen Erfahrungen er ganz bewusst aus dem Weg geht. Dies erfahre ich am einfachsten, indem ich Fragen stelle, die ins Emotionszentrum des Kunden gelangen. Die dort abgespeicherten Erfahrungen geben mir Aufschluss über sein dominantes Grundbedürfnis. Dies gilt es in der Nutzenargumentation gezielt zu bedienen. Je mehr der Nutzen die emotionalen Mo­ tive des Kunden berührt, desto besser ist seine Wirkung, desto einfacher erziele ich den Verkaufsabschluss. Der Köder muss eben dem Fisch passen und nicht dem Fischer. Hören Sie aufmerksam hin, wenn Sie erfolgreich sein wollen. n Marketing & Kommunikation 6-7/16