Seminar „Natürliche und künstliche Intelligenz“ WS 2000/01

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Seminar „Natürliche und künstliche Intelligenz“: Foundations of Classical AI
Seminar „Natürliche und künstliche Intelligenz“
WS 2000/01
Foundations of Classical AI and
Cognitive Science
Stefan Noser, 6.11.2000
[email protected]
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Seminar „Natürliche und künstliche Intelligenz“: Foundations of Classical AI
Zusammenfassung
Einleitung
Traditionelle Philosophie des Geistes
Dualismus
Materialismus
Behaviorismus
Identitätstheorie
Funktionalismus
Physical Symbol System
Wie sieht die Entscheidungsfindung eines funktionalistischen Roboters aus?
Literatur
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Abbildung 1 Philosophisch Landkarte
Abbildung 2 Dualismus
Abbildung 3 Behaviorismus
Abbildung 4 Identitätstheorie
Abbildung 5 Trennung von Hardware und Software
Abbildung 6 Symbolmanipulation
Abbildung 7 Informationsfluss
Abbildung 8 Sense-Think-Act-Cycle
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Seminar „Natürliche und künstliche Intelligenz“: Foundations of Classical AI
Zusammenfassung
Die heute dominierende Sichtweise wie natürliche Intelligenz funktioniert und wie künstliche
Intelligenz konstruiert werden muss ist die Sichtweise des Funktionalismus. Andere
philosophischen Meinungen zur Funktionsweise des Geistes lassen jeweils bestimmte Fragen
offen oder befriedigen in ihren Antworten gewisse Gruppen nicht. Naturwissenschaftler tun
sich schwer mit dualistischen Ansichten, nicht alle Psychologen mögen den Behaviorismus,
da er die wirklich interessanten Fragen einfach ausklammert, auch die Identitätstheorie lässt
wichtige Fragen offen.
Der Funktionalismus löst einige dieser Probleme, indem Intelligenz vom Agenten, der sich
intelligent verhält getrennt wird. Die wichtigsten Voraussetzungen für Intelligenz werden
aufgezeigt, vor allem die Fähigkeit zur Symbolverarbeitung. Weiter wird dargestellt, wie
grundsätzlich eine intelligente Aktion abläuft (sense-think-act-cycle).
Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Funktionalismus und dem Physical Symbol
System findet in dieser Arbeit nicht statt, da dies in den nachfolgenden (besonders in der
nächsten) noch zur Genüge der Fall sein wird.
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Seminar „Natürliche und künstliche Intelligenz“: Foundations of Classical AI
Einleitung
Es gibt verschiedene Ansichten darüber, was Intelligenz ist, wie sie funktioniert und wie
intelligentes Handeln entstehen kann. Eine weitverbreitete Ansichte ist, dass Denkvorgänge
als reine Informationsverarbeitung verstanden werden können. Der Mensch nimmt seine
Umwelt über seine Sinne wahr und bearbeitet diese Informationen, indem er seine
gespeicherten „Programme“ abspielt.
In dieser Arbeit möchte ich zuerst kurz auf verschiedene philosophische Richtungen eingehen
und die Probleme, die sich ergeben beleuchten, bevor ich zum eigentlichen Thema, dem
Funktionalismus/Physical Symbol System komme. Auf eine Kritik des Funktionalismus wird
weitgehend verzichtet, da dies Thema des nächsten Kapitels ist.
Traditionelle Philosophie des Geistes
Dualismus
Materialismus
Behaviorismus
Identitätstheorie
Funktionalismus
Abbildung 1 Philosophisch Landkarte
Generell lassen sich die philosophischen Ansätze in zwei Richtungen Teilen: Eine, die den
Geist als etwas nicht physikalisches versteht (Dualismus), und eine, die dies tut
(Materialismus). Der Funktionalismus ist hier ein Spezialfall, ihn kümmert diese Frage nicht
sehr. Diese Darstellung ist keineswegs vollständig.
Dualismus
Der Dualismus betrachtet Geist und Körper als zwei Dinge, die strikte zu
trennen sind. Der Körper ist physikalisch beschreibbar, er folgt bestimmten
Naturgesetzen. Der Geist hingegen ist irgendeine körperlose Substanz. In
diese Sichtweise passt auch das Bild der Seele, wie es von christlichen
Religionen vertreten wird.
Ein Problem dieser Sichtweise ist es zu erklären, wie ein mentaler Vorgang
(nicht physikalisch) einen körperlichen Vorgang auslösen kann.
Offensichtlich wiederspricht dies den Gesetzen der Energieerhaltung.
Abbildung 2 Dualismus
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Materialismus
Mentale Vorgänge oder Zustände sind physikalische Vorgängen oder Zuständen.
Behaviorismus
Behavioristen gehen sogar noch weiter, sie sind der Ansicht, dass so etwas wie ein Geist nicht
existiert. Verhalten wird durch Reize von aussen ausgelöst und allenfalls durch eine „innere
Disposition“ beeinflusst. Diese Sicht ist besonders für Psychologen unbefriedigend, da sie den
Reiz
(Stimulus)
Reaktion
(Response)
Abbildung 3 Behaviorismus
Menschen als ‚Blackbox’ betrachtet.
Identitätstheorie
Gemäss dieser Theorie existieren mentale Zustände, es sind dies bestimmte
neurophysiologische Ereignisse. Der Geist und somit die Intelligenz sitzen also im Gehirn und
nur im (biologischen!) Gehirn. Wie sollte eine Maschine jemals intelligentes Verhalten an den
Tag legen, wenn sie nicht über neuronale Masse verfügt?
?
=
=
Abbildung 4 Identitätstheorie
Funktionalismus
Der Funktionalismus geht davon aus, das mentale Vorgänge durch die kausale Rolle, die sie
für einen Organismus spielen bestimmt sind. D.h. im Gegensatz zur Identitätstheorie werden
mentale Vorgänge nicht als etwas reales wie neurophysiologische Vorgänge betrachtet,
sondern nur als etwas abstraktes, als Algorithmen, als Programme. Die ‚Software’ wird von
der ‚Hardware’ getrennt. Das heisst nicht, dass Intelligenz, wie es Dualisten tun, als etwas
körperloses angesehen wird, sondern, dass die Art worauf Intelligenz „implementiert“ wird
unwichtig ist. Das Material spielt keine Rolle, solange nur die nötige Funktionalität in der
‚Software’ gewährleistet ist. Hillary Putnam meinte dazu: “We could be made of Swiss cheese
and it wouldn’t matter”. Intelligenz ergibt sich also, wenn bestimmte Voraussichten erfüllt
sind. ‚Computation’ und Repräsentation sind hier die Schlüsselbegriffe des kognitivistischen
Paradigma, in dem mentale Prozesse als Informationsverarbeitung verstanden werden.
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Abbildung 5
Trennung von
Hardware und
Software
Physical Symbol System
„Symbols lie at the root of intelligent action“ (Allen Newell, Herbert A. Simon).
Hierbei handelt es sich um eine empirische Hypothese die sagt, Symbolverarbeitung ist
hinreichend und notwendig für intelligentes Verhalten. Betrachten wir nun die ‚Software’.
Wie gesagt ist egal worauf diese Programme laufen – Gehirn, Computer oder Schweizer Käse
– solange man sie zum laufen bringt und sie die gewünschte Funktionalität zeigt. Die
Grundlage dieser Programme bilden Symbole. Diese können in Relation zueinander stehen
und repräsentieren Objekte oder Prozesse. Alle bekannten Objekte und ausführbaren Prozesse
müssen als Symbole oder Verknüpfungen von Symbolen (Ausdrücke) vorhanden sein.
Jegliche Art von denken ist eine Manipulation von Symbolen und Ausdrücken.
B
A
encode
(block A)(block B)
(table Ta)
(on B A)(on A Ta)
hand
encode
(m ove operator)
A
B
decode
Real world
Internal
representation
(block A)(block B)
(table Ta)
(on A Ta)(on B Ta)
Abbildung 6 Symbolmanipulation
In Abb. 6 werden die Gegenstände ‚Block’ und ‚Tisch’ der realen Welt durch die Symbole
‚block’ bzw. ‚table’ repräsentiert. Die Abb. Veranschaulicht auch den Denkprozess: ein
Sachverhalt der realen Welt wird in die interne Repräsentation übersetzt, diese wird so
manipuliert, dass der gewünschte Zustand eintritt und endlich wird die vorgenommene interne
Manipulation in eine Manipulation der realen Welt umgesetzt.
Verhalten in der realen Welt funktioniert nicht nach dem Stimulus-Response-Muster der
Behavioristen, sondern nach einem ‚Sense-Think-Act-Cycle’ (Abb. 8). Information wird über
irgendwelche Sensoren gewonnen (,Sense’), verarbeitet (evtl. gespeichert), d.h. die
Algorithmen und Programmen werden abgespult, dabei wird auch auf gespeicherte
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Informationen zurückgegriffen (‚Think’), und ein Output, z.B. eine Aktion in der realen Welt,
wird erzeugt (‚Act’).
Input
Sensoren:
visuell
auditiv
haptisch
Output
Kurzzeitspeicher
cognitive Prozesse
Langzeitspeicher
Abbildung 7 Informationsfluss
Sense
Think
Act
Abbildung 8 Sense-Think-Act-Cycle
Die Fragen die nun Funktionalisten, die an künstlicher Intelligenz interessiert sind,
beschäftigen - nachdem das Material keine Rolle spielt, die Grundlagen intelligenter Aktionen
definiert und deren grundsätzliche Abläufe dargestellt sind – sind:
• Wie werden Informationen aus der realen Welt gewonnen?
• Wie werden diese Informationen codiert und gespeichert, wie sehen die Symbole aus?
• Wie werden Entscheidungen getroffen, wie sehen die Algorithmen zur Bildung von
Plänen aus?
• Wie sehen die internen Zustände der Agenten aus?
• Wie werden die gefällten Entscheide in Aktionen in der realen Welt umgesetzt?
Wie sieht die Entscheidungsfindung eines funktionalistischen Roboters aus?
Dieser intelligente Agent bezieht sich auf Aussagen von Phil Johnson-Laird („The Computer
and the Mind“ 1988).
Wenn Agent ein Ziel vorgegeben erhält, muss er bereits mit dem grundsätzlichen Wissen wie
dieses Ziel erreicht werden kann vertraut sein. Er registriert also, dass sein augenblicklicher
Zustand nicht mit seinem Zielzustand übereinstimmt, über prüft mittels seines Wissens wie er
einen Zustand möglichst nahe beim Zielzustand erreichen könnte. Dies wiederholt er von
diesem neuen Zustand aus, bis der Endzustand erreicht ist. Möglicherweise müssen gewisse
Vorbedingungen erfüllt sein, damit die Aktionen, die nötig sind die Zwischenzustände zu
erreichen ausgeführt werden können. Diese Vorbedingungen werden ebenfalls als Zuständen
betrachtet. Meistens gibt es mehr als einen Weg ein Ziel zu erreichen, d.h. es entsteht eine
Hierarchie von Aktionen (Plänen) die ausgeführt werden müssen um den Endzustand (das
Ziel) zu erreichen. Diejenige Kombination von Aktionen und Unteraktionen, die das Ziel
erreicht und unter irgendwelchen Rahmenbedingungen(Zeit, Kosten, ...) als optimal
angesehen wird, wird ausgeführt.
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Literatur
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Understanding Intelligence, Kapitel 2: Foundations of Classical Artificial Intelligence
and Cognitive Science
Rolf Pfeiffer und Christian Scheier, 1999 MIT Press
Das Leib-Seele-Problem
Jerry A. Fodor, Spektrum der Wissenschaft, März 1981
Computer Science as Empirical Inquiry: Symbols and Search
Allen Newell and Herbert A. Simon, Association for Computing Machinery, 1976
Vorlesungsunterlagen zu Leib-Seele-Problem
Elmar Holenstein
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