Firmenjubiläum der Druckerei Cavelti AG, Gossau, 31. Mai 2005 Meinungsbildung in der Mediendemokratie Referat am Firmenjubiläum der Druckerei Cavelti AG Gossau vom 31. Mai 2005 Claude Longchamp, Politikwissenschafter, Institutsleiter gfs.bern © gfs.bern Meine Thesen Die Ausgangsthesen These 1: Moderne Öffentlichkeit ist ohne Massenmedien gar nicht denkbar. Meine Thesen Die Ausgangsthesen These 2: Massenmedien steuern den Prozess der Willens- und Meinungsbildung. Meine Thesen Die Ausgangsthesen These 3: Wie alles, was mit Massenmedien zu tun hat, ruft die Auseinandersetzung mit Medienfunktionen und –wirkungen optimistische resp. pessimistische Perspektiven hervor. Meine Thesen Optimistische Perspektive • breites Publikum, über alle Grenzen hinweg im Bild • Aktion und Handlung • Propaganda und Kritik Meine Thesen Pessimistische Perspektive Zerfall des Politischen durch Infotainment • Form statt Sache • Emotionen statt Argumente • Skandale statt Themata • Beliebiges statt Bestimmtes Genereller Populismusverdacht, vor allem beim Fernsehen wegen den hohen (unpolitischen) Reichweiten. Meine Thesen Um es gleich klar zu machen Ich bin selber ein Teil der Mediendemokratie. Ich forsche über Parteien, Verbände, Bewegungen und Firmen in der demokratischen Mediengesellschaft. Und ich mache Analysen fürs Fernsehen, Radio und Zeitungen. Heute bin ich aber Ihr Referent. Meine Thesen Die minimalen Anforderungen Anforderung 1: Massenmedien müssen im politischen Meinungsbildungsprozess breit genutzt werden. Anforderung 2: Mediennutzung muss öffentliche Meinungsbildung ermöglichen, ohne einen Standpunkt zu begünstigen. Meine Thesen Nutzung Medien 99-04 (1) "Wie haben Sie sich während des Abstimmungskampfes orientiert? Durch welche Medien haben Sie vom Pro und Kontra vernommen? Sagen Sie mir bitte jeweils, was Sie persönlich zur Information über die verschiedenen Standpunkte benutzt haben oder nicht." in % Teilnehmende 90 84 83 77 88 87 84 85 83 77 79 79 78 79 73 73 75 74 65 54 57 56 88 86 61 85 79 77 75 64 87 68 84 67 56 73 68 61 62 61 63 57 86 85 76 75 69 74 78 74 73 74 Artikel 86 80 75 74 72 60 84 78 72 71 86 61 60 53 58 Bundesbüchlein Sendungen am Fernsehen 48 Sendungen am Radio 12. Mär '00 21. Mai 24. '00 Sep. '00 26. 4. Mär. '01 Nov. '00 10. Jun. '01 2. Dez. 3. Mär. 2. Jun. '01 '02 '02 22. Sep. '02 24. Nov. '02 16. Mai 26. 9. Feb. 18. Mai 9. '04 Sep. '03 '03 Febr. '04 '04 28. Nov. '04 © gfs.bern, VOX-Trendauswertungen (99-04, Vox 69-85), Stand Dezember 2004 (n = jeweils ca. 500), gewichtet nach Teilnahme Meinungsbildung bei Wahlen Die zentralen Fragen der Wahlforschung Wer stimmt wie warum? Wie: Ergebnisforschung Wer: Entscheidungsforschung Warum: Motivforschung Meinungsbildung bei Wahlen Theoretische Erklärungsansätze Beeinflussung der Wahlabsichten durch • Beurteilungen der kommunizierten Angebote (kurzfristig) • Identifikation mit politischen Werten (mittelfristig) • Familientraditionen bei Wahlen (langfristig) Soziologische Theorien Oekonomische Theorien Psychologische Theorien Meinungsbildung bei Wahlen Wahlkampfkommunikation muss …. • informierte Käuferentscheidungen ermöglichen, • gefühlsstarke Fangruppen bilden, • und Identifikation mit Wertgemeinschaften herstellen. Meinungsbildung bei Wahlen Wahlabsicht im Trend 2002-2003 im Wahlbarometer / NRW 03 "Wenn am nächsten Sonntag schon Nationalratswahlen wären, welcher Partei würden Sie heute Ihre Stimme hauptsächlich geben?" Werte NRW '03: Stimmabgabe in % Wahlberechtigter, die teilnehmen wollen / Teillnehmende an den Wahlen 25.2% 26.0% 25.3% 24.6% 26.0% 25.3% 26.6% 23.3% 23.3% 24.2% 24.2% 23.4% 19.9% 26.0% 23.4% 20.6% 18.9% 15.1% 19.2% 22.4% 23.1% SP FDP 19.8% 19.0% 19.5% CVP 17.3% 14.0% 4.5% Okt. '02 15.4% 14.3% 14.3% 3.7% Jan. '03 5.2% März '03 5.2% April '03 5.1% Juni '03 14.7% 6.0% Aug. '03 14.5% 6.1% Sept. '03 14.4% 7.4% SVP Grüne NRW '03 1. Welle, Okt. '02 (n = 761) / 2. Welle, Jan. '03 (n = 598) / 3. Welle, März '03 (n = 764) / 4. Welle, April '03 (n = 854) / 5. Welle, Juni '03 (n = 781) 6. Welle, August '03 (n = 983) / 7. Welle, September '03 (n = 911) SRG SSR idée suisse, Nachanalyse Nationalratswahlen 2003, durchgeführt durch das GfS-Forschungsinstitut, Politik und Staat, Bern (N = 1004) Meinungsbildung bei Wahlen Meinungsbildung gemäss der Identitätshypothese in % Stimmberechtigter mit Teilnahmeabsicht 100% 80% Nein 60% Unentschieden 40% Ja 20% 0% Vor der Kampagne © gfs.bern, Campaigning Während der Kampagne Abstimmungstag Meinungsbildung bei Wahlen Parteienverständnis nach S. Rokkan Parteien repräsentieren die vergangene Konflikte, deren Lösungen gesellschaftlich institutionalisiert worden sind. Die Lösung dieser Konflikte in Parteien eingefroren. Meinungsbildung bei Wahlen Erosion von Parteibindungen • alte Konfliktlinien verschwinden • Bestehende Konfliktlinien werden durch andere Parteien abgedeckt • Traditionelle Parteien verlieren an innerer Kraft, und strahlen nicht mehr aus Meinungsbildung bei Wahlen Neubildungen von Parteibindungen • neue Konfliktlinien bilden sich • bestehende Angebote helfen nicht, die BürgerInnenErwartungen zu befriedigen • Parteien gewinnen an innerer Kraft und strahlen neu aus Meinungsbildung bei Wahlen Agenda setting / gate keeping Medien sind nicht besonders einflussreich, wenn es darum geht, die BürgerInnen von einem bestimmten Standpunkt zu überzeugen. Sie sind jedoch einflussreich, wenn es darum geht, worüber die Meinung bilden: Aufmerksamkeit Was ist? hoher Einfluss Wichtigkeit Was ist wichtig? beschränkter Einfluss Dringlichkeit Was ist dringend? beschränkter Einfluss Meinung Was ist richtig? geringer Einfluss Medien tragen so zum Auf- und Abbau von Konfliktlinien bei. Meinungsbildung bei Wahlen Parteistärken 1959-2003 SP FDP CVP SVP Grüne 1959 1963 1967 1971 1975 1979 1983 1987 1991 1995 1999 SRG SSR idée suisse, Nachanalyse Nationalratswahlen 2003, durchgeführt durch das GfS-Forschungsinstitut, Politik und Staat, Bern 2003 Meinungsbildung bei Wahlen Zwischenbilanz Meinungsbildung bei Wahlen • Bei Wahlen werden Massenmedien breit genutzt. Die Mediennutzung erleichtert die Meinungsbildung, ohne bestimmte Standpunkte eindeutig zu begünstigen. • Die zentrale Funktion der Massenmedien im nahen Umfeld von Wahlen ist es, vorhanden Prädispositionen zu verstärken. Beschränkt können sie via Ereignisse Akzente setzen. • Im weiteren Umfeld zwischen Wahlen setzen Massenmedien die relevanten Themen, indem sie Aufmerksamkeit, möglicherweise auch die Wichtigkeit und Dringlichkeit entscheiden. Sie bilden die Agenda, auf der die nächste Wahl stattfindet, ohne die Meinungen dazu direkt beeinflussen zu können. Meinungsbildung bei Abstimmungen Meinungsbildung als Meinungswandel Alltagserfahrungen sind themenabhängig. Es gibt Themen, die sind, wie Parteien, relativ stabil beurteilbar. Dabei handelt es sich vor allem um Probleme, die sich im normalen Leben stellen. Es gibt daneben aber auch Themen, die ohne spezifische Informationen nicht beurteilbar sind. Dabei kommt es darauf an, in welchem Masse man geübt ist, diese (kurzfristig) zu verarbeiten. Meinungsbildung in Abstimmungsprozessen Meinungsbildung bei Abstimmungen Verhältnis von Prädispositionen und Kampagnenwirkungen auf Ergebnis Einfluss Kampagneninformationen Einfluss Prädispositionen prädisponierte Vorlage © gfs.bern, Campaigning nicht prädisponierte Vorlage Meinungsbildung bei Abstimmungen Prädisposition Persönliche Einstellung, die einer möglichen Entscheidung vorausgeht und sich unter den normalen Bedingungen der Massenkommunikation ausbildet Disposition Entscheidungsabsicht, die sich auf der Basis persönlicher Prädispositionen und unter den Bedingungen spezifischer Massenkommunikation ausbildet Information Alles Wissen, das für die Meinungsbildung zur Verfügung steht Entscheidung Individuelle (Aus)Wahl aus mehreren Entscheidungsmöglichkeiten, die sich unter den Bedingungen spezifischer Massenkommunikation aus Dispositionen herausbildet Meinungsbildung bei Abstimmungen Analytisches Schema des Dispositionsansatzes Klima Vorlage Konfliktmuster meinungsbildende Eliten Dispositionen Konfliktmuster Stimmwillige Prädispositionen Zeitachse Abstimmungskampf Entscheidung Meinungsbildung bei Abstimmungen Vergleich Bedeutung/Entscheidungsschwierigkeiten Bedeutung Entscheidungsschwierigkeit Tief Hoch Hoch Genereller Problemfall für Meinungsbildung Erschwerte Meinungsbildung trotz Betroffenheit („Knacknuss“) Tief Einfache Meinungsbildung trotz geringer Betroffenheit („Peanuts“) Idealfall für Meinungsbildung Meinungsbildung bei Abstimmungen Übereinstimmung persönliche Bedeutung und Entscheidungsschwierigkeiten: Initiativen Knacknuss Ist es bei der Vorlage eher leicht oder eher schwer gewesen, sich mit den erhaltenen Informationen ein Bild von den persönlichen Auswirkungen zu machen? 1 = eher leicht, 2 = eher schwer 1.7 kompliziert Konstruktives Referendum Einfachheit der Entscheidung 1.6 einfach Solar-Initiative Gesundheitsinitiative Flexibilisierung Rentenalter Rentenalter 62 Energie statt Arbeit Lehrstelleninitiative Spitalkosteninitiative Kapitalgewinnsteuer Moratoriumsinitiative Umverteilungsinitiative Fortpflanzungsmedizin Atom-Ausstiegsinitiative Goldinitiative Asylinitiative Beschleunigungsinitiative Arzneimittelinitiative Ziviler Friedensdien Behinderteninitiative Mutter und Kind 18-%-Initiative Quoteninitiative UNO-Beitritt Verkehrshalbierung Armeeabschaffung Ja zu Europa Arbeitszeitverkürzung 1.5 Mieterinitiative 1.4 1.3 Idealfall PeanutsAutofreie Sonntage 1.2 Tempo 30 1.1 3.0 tief 3.5 4.0 persönliche Bedeutung GfS-Forschungsinstitut, Politik und Staat, Bern 4.5 5.0 5.5 6.0 6.5 7.0 hoch Meinungsbildung bei Abstimmungen Beispielhafte Volksinitiativen Konstruktives Referendum SP Gesundheitsinitiative (geringe Wichtigkeit, hohe Schwierigkeit) (hohe Wichtigkeit, hohe Schwierigkeit) Autofreie Sonntage Ja zu Europa UNO-Beitritt (geringe Wichtigkeit, tiefe Schwierigkeit) (hohe Wichtigkeit, tiefe Schwierigkeit) Meinungsbildung bei Abstimmungen Entscheidend ist … … die persönliche Betroffenheit! für die Ausgangslage in der Meinungsbildung zu Volksinitiativen, ob es ein Thema mehrheitlich oder nur minderheitlich persönliche Betroffenheit auslöst. In der Meinungsbildung findet jedoch – aufgrund von Information - eine Verlagerung der Bewertung von Problemen zur Bewertung von Lösungen statt. Diese sind in der Regel umstrittener, weshalb der Zustimmungswert zu Volksinitiativen meist abnimmt. Meinungsbildung bei Abstimmungen Minderheitsinitiative mit Opposition zur Problemlösung in % Stimmberechtigter mit Teilnahmeabsicht 100% 80% Nein 60% Unentschieden 40% Ja 20% 0% Vor der Kampagne © gfs.bern, Campaigning Abstimmungstag Meinungsbildung bei Abstimmungen Potenzielle Mehrheitsinitiative mit Opposition gegenüber der Problemlösung in % Stimmberechtigter mit Teilnahmeabsicht 100% 80% Nein 60% Unentschieden 40% Ja 20% 0% Vor der Kampagne © gfs.bern, Campaigning Abstimmungstag Meinungsbildung bei Abstimmungen Potenzielle Mehrheitsinitiative ohne Opposition gegenüber der Problemlösung oder Dominanz der Problemlage in % Stimmberechtigter mit Teilnahmeabsicht 100% 80% Nein 60% Unentschieden 40% Ja 20% 0% Vor der Kampagne © gfs.bern, Campaigning Abstimmungstag Meinungsbildung bei Abstimmungen Einfluss Mediennutzung auf den Entscheid Strom ohne Atom (18.5.2003) Ja Nein Fernsehen © gfs.bern, Vox-Datenbank, März 2005 Meinungsbildung bei Abstimmungen Einfluss Mediennutzung auf den Entscheid Verwahrungsinitiative (8.2.2004) Ja Nein Fernsehen Leserbriefe Radio © gfs.bern, Vox-Datenbank, März 2005 Meinungsbildung bei Abstimmungen Einfluss Mediennutzung auf den Entscheid UNO (3.3.2002) Ja Nein Zeitung © gfs.bern, Vox-Datenbank, März 2005 Meinungsbildung bei Abstimmungen Erste Verallgemeinerung zum spezifischen Medieneinfluss Problemfall Knacknuss (geringe Annahmechancen) (beschränkte Annahmechancen) Mediennutzung neutral TV-Nutzung begünstigt Opposition Peanuts Idealfall (geringe Annahmechancen) (gewisse Annahmechancen) Mediennutzung neutral TV-Nutzung begünstigt Opposition; Zeitungsnutzung begünstigt Regierung Meinungsbildung bei Abstimmungen Zwischenbilanz Meinungsbildung bei Volksinitiativen Bei Volksinitiativen werden Massenmedien breit genutzt. Die Mediennutzung erleichtert die Meinungsbildung, ermöglicht sie aber nicht in jedem Fall. Teilweise begünstigt sie auch bestimmte Standpunkte. • Bei "Knacknüssen" begünstigt Fernsehnutzung eher die Ablehnung (Solarinitiative). • Bei Idealfällen, die potenziell populistischer Natur sind, begünstigt Fernsehnutzung eher den Populismus (Ja bei Verwahrung, Ja bei Asylinitiative, Nein bei Ja zu Europa), während Zeitungsnutzung eher den Regierungsstandpunkt begünstigt (Ja zu UNO). • Bei "Peanuts-Abstimmungen“ und "Problemfällen" ist die Massenmediennutzung kaum einseitig entscheidend. Sie werden abgelehnt, weil sie wenig persönliche Betroffenheiten auslösen. Meinungsbildung bei Abstimmungen Übereinstimmung persönliche Bedeutung und Entscheidungsschwierigkeiten: Referenden Knacknuss Ist es bei der Vorlage eher leicht oder eher schwer gewesen, sich mit den erhaltenen Informationen ein Bild von den persönlichen Auswirkungen zu machen? 1 = eher leicht, 2 = eher schwer 1.7 Einfachheit der Entscheidung kompliziert Ökologische Steuerreform 1.6 Revision Volksrechte Förderabgabe Strommarktliberalisierung Justizreform Spitalkostenzuschuss 1.5 Bundespersonalgesetz Arbeitslosenversicherung Solidaritätsstiftung Armee-Ausbildung Bilaterale Verträge Armee XXI Armeereform Zivilschutzreform Schuldenbremse 1.4 Bistumsartikel Peanuts 1.3 Schwangerschaftsabbruch einfach Idealfall 1.2 2 tief 3 persönliche Bedeutung GfS-Forschungsinstitut, Politik und Staat, Bern 4 5 6 hoch 7 Meinungsbildung bei Abstimmungen Beispielhafte Behördenvorlagen Revision Volksrechte Stromartikelliberalisierung (geringe Wichtigkeit, hohe Schwierigkeit) (hohe Wichtigkeit, hohe Schwierigkeit) Bistumsartikel Schwangerschaftsabbruch (geringe Wichtigkeit, tiefe Schwierigkeit) (hohe Wichtigkeit, tiefe Schwierigkeit) Meinungsbildung bei Abstimmungen Entscheidend ist … … die Kommunikationsstrategie Das Akteursverhalten ist für die Richtung der Meinungsbildung entscheidend. Massgeblich ist, wer die Themenführung inne hat, das heisst aktiv den Weg weist. Meinungsbildung bei Abstimmungen Nicht vorbestimmte Behördenvorlage mit offensiver Kommunikation in % Stimmberechtigter mit Teilnahmeabsicht 100% 80% Nein 60% Unentschieden 40% Ja 20% 0% Vor der Kampagne © gfs.bern, Campaigning Während der Kampagne Abstimmungstag Meinungsbildung bei Abstimmungen Nicht vorbestimmte Behördenvorlage mit defensiver Kommunikation in % Stimmberechtigter mit Teilnahmeabsicht 100% 80% Nein 60% Unentschieden 40% Ja 20% 0% Vor der Kampagne © gfs.bern, Campaigning Während der Kampagne Abstimmungstag Meinungsbildung bei Abstimmungen Labil vorbestimmte Behördenvorlage und definitive Kommunikation in % Stimmberechtigter mit Teilnahmeabsicht 100% 80% Nein 60% Unentschieden 40% Ja 20% 0% Vor der Kampagne © gfs.bern, Campaigning Während der Kampagne Abstimmungstag Meinungsbildung bei Abstimmungen Labil vorbestimmte aber offensiv kommunizierte Behördenvorlage in % Stimmberechtigter mit Teilnahmeabsicht 100% 80% Nein 60% Unentschieden 40% Ja 20% 0% Vor der Kampagne © gfs.bern, Campaigning Während der Kampagne Abstimmungstag Meinungsbildung bei Abstimmungen Einfluss Mediennutzung auf den Entscheid Bistümer (10.6.2001) Ja Nein Fernsehen © gfs.bern, Vox-Datenbank, März 2005 Einfluss Mediennutzung auf den Entscheid Förderabgabe (24.9.2000) Ja Nein Fernsehen Bundesbüchlein © gfs.bern, Vox-Datenbank, März 2005 Einfluss Mediennutzung auf den Entscheid Einbürgerung 2. Generation (26.9.2004) Ja Nein Fernsehen Bundesbüchlein Strassenplakate Direct mailing © gfs.bern, Vox-Datenbank, März 2005 Einfluss Mediennutzung auf den Entscheid Bewaffnung (10.6.2001) Ja Nein Zeitung © gfs.bern, Vox-Datenbank, März 2005 Meinungsbildung bei Abstimmungen Erste Verallgemeinerung zum spezifischen Medieneinfluss Problemfall Knacknuss (hohe Annahmechancen) (beschränkte Annahmechancen) Mediennutzung neutral TV-Nutzung begünstigt Opposition Peanuts Idealfall (hohe Annahmechancen) (beschränkte Annahmechancen) TV-Nutzung begünstigt TV-Nutzung begünstigt Opposition Zeitungsnutzung begünstigt Regierung Meinungsbildung in der Mediendemokratie der Schweiz Zwischenbilanz Meinungsbildung bei Behördenvorlagen Bei Behördenvorlagen werden Massenmedien breit genutzt. Die Mediennutzung erleichtert die Meinungsbildung, ermöglicht sie aber nicht in jedem Fall. Teilweise begünstigt sie auch bestimmte Standpunkte. • Bei Knacknüssen ist die Fernsehnutzung nicht neutral; sie begünstigt die Ablehnung. • Bei Peanutsabstimmungen und Idealfällen ist Zeitungsnutzung nicht neutral; sie begünstigt die Regierung. Meine Thesen Die Ausgangsthesen These 1: Moderne Öffentlichkeit ist ohne Massenmedien gar nicht denkbar. These 2: Massenmedien steuern den Prozess der Willens- und Meinungsbildung. These 3: Wie alles, was mit Massenmedien zu tun hat, ruft die Auseinandersetzung mit Medienfunktionen und –wirkungen optimistische resp. pessimistische Perspektiven hervor. Meinungsbildung bei Abstimmungen Die minimalen Anforderungen Anforderung 1: Massenmedien müssen im politischen Meinungsbildungsprozess breit genutzt werden. Anforderung 2: Mediennutzung muss öffentliche Meinungsbildung ermöglichen, ohne einen Standpunkt zu begünstigen. Meine Thesen Sechs Ergebnisthesen 1. Mediennutzung hoch 2. Verstärkerwirkung und Agendabildung bei Wahlen 3. Meinungsbildung bei Abstimmungen meist ermöglicht 4. TV-Nutzung begünstig gelegentlich Opposition 5. Zeitungen und Fernsehen mit ungleichen Wirkungen 6. Mediendemokratie überwiegend als Chance Meinungsbildung in der Mediendemokratie der Schweiz These 1: Mediennutzung hoch Massenmedien werden unvermindert hoch genutzt; sie garantieren auch heute und wohl auch morgen Medienöffentlichkeit in der politischen Debatte. Meinungsbildung in der Mediendemokratie der Schweiz These 2: Verstärkung und Agendabildung bei Wahlen Massenmedien begünstigen bei Wahlen in der Regel keine Partei. Sie wirken durch Verstärkung von Prädispositionen, allenfalls durch Betonung von Ereignissen. Sie bauen aber zwischen zwei Wahlen die Agenda auf, auf der die nächsten Wahlentscheidungen fallen. Meinungsbildung in der Mediendemokratie der Schweiz These 3: Meinungsbildung bei Abstimmungen meist möglich Massenmedien ermöglich bei Sachabstimmungen die Meinungsbildung auch zu Themen, die mit der Alltagserfahrung nicht beantwortet werden können. In gewissen Fällen, die an sich interessieren, bleibt Überforderung bestehen. Meinungsbildung in der Mediendemokratie der Schweiz These 4: TV-Nutzung begünstigt gelegentlich Opposition Namentlich die Fernsehnutzung kann bei Vorlagen, die interessieren, für die BürgerInnen aber schwierig zu beurteilen sind, die Opposition verstärken. Sie haben bei populistischen Themen eine Verstärkerwirkung. Meinungsbildung in der Mediendemokratie der Schweiz These 5: Zeitungsnutzung begünstigt gelegentlich Regierungsstandpunkt Namentlich die (ausschliessliche) Zeitungsnutzung kann bei Vorlagen, die interessieren, und die für BürgerInnen beurteilen sind, die Regierung verstärken. Sie haben eher eine staatstragende Wirkung. Meinungsbildung in der Mediendemokratie der Schweiz These 6: Mediendemokratie vor allem Chance Mediendemokratie ist für die demokratische Meinungsbildung eine Chance, wenn auch nicht eine bedingungslose. Es braucht die kritische Diskussion der Medienwirkungen, auch wenn man den medienpessimistischen Standpunkt nicht teilt. Firmenjubiläum der Druckerei Cavelti AG, Gossau, 31. Mai 2005 www.gfsbern.ch www.polittrends.ch www.soziotrends.ch www.kommunikationstrends.ch © gfs.bern