Herausforderungen und Lösungsansätze im Automobil

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Herausforderungen und Lösungsansätze im Automobil-Pricing
Kurzfassung
Abstract
In der Master-Thesis werden aktuelle,
in der wissenschaftlichen Forschung
anerkannte und in der Praxis eingesetzte Methoden zur Preisbildung ermittelt und hinsichtlich des Einsatzes
in der Automobilindustrie bewertet.
Das in dieser Arbeit entwickelte Modell
verbessert identifizierte Probleme der
Preisbildung und trägt zur konsistenten und transparenten Preisbildung
in einem konkreten Unternehmen
bei. Die Preisbildung wird segmentspezifisch auf Preiseinflussfaktoren
aufgebaut, welche zuvor im Rahmen
einer Preiseinflussfaktorenforschung
ermittelt wurden. Das Modell zeichnet sich durch synergieerzeugende
Integration im Preismanagementprozess aus. Die Eignung des Modells
zur
Preisbildung
wird
abschließend in einem Unternehmen der
Nutzfahrzeugindustrie unter Beweis
gestellt.
This master-thesis determines current
methods for automotive pricing, established in scientific research and used
by the industry. The pricing model developed here improves existing pricing
problems and contributes to consistent and transparent pricing in a specific company. Pricing is established
on segment specific price factors that
had previously been determined by researching price influencing factors. The
pricing model is characterized by a synergy generating integration into the price management process. The suitability
of the pricing model will then be tested
in the commercial vehicle industry.
Schlüsselwörter:
Preisbildung,
Preiseinflussfaktor,
Preispsychologie,
Preismanagement,
Marktsegment,
Adoptionsprozess,
Automobilindustrie
Keywords:
pricing model,
price influencing
factor, psychology
of pricing, price management, market
segments, adoption
process, automobile industry
Prof. Reinhold König ist Professor für Industriegütermarketing an der Hochschule
Karlsruhe und Leiter des Masterstudiengangs Wirtschaftsingenieurwesen.
Außerdem leitet er das „Steinbeis Transferzentrum Technischer Vertrieb und
Management“. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich Competitive
Intelligence und Key Account Management.
Kontakt: [email protected]
Ingo Bertsche,
Absolvent des Masterstudiengangs Wirtschaftsingenieurwesen
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Prof. Reinhold König, Ingo Bertsche
Vorwort
Senkt kostenorientierte Preisbildung
die Unternehmesprofitabilität?
Eine einseitig auf Kosten fokussierte Preisbildung kann dazu führen, dass die
Profitabilität des Geschäfts leidet. Dabei sind besonders zwei Fälle hervorzuheben:
1. Die kostenorientierte Preisbildung führt zu einem Preis, der unterhalb der Zahlungsbereitschaft der Kunden liegt. In diesem Fall gehen
Deckungsbeitragspotentiale pro abgesetzter Produkteinheit verloren.
2. Die kostenorientierte Preisbildung führt zu einem Preis, der oberhalb der
Zahlungsbereitschaft der Kunden liegt. In diesem Fall gehen Marktanteile verloren
und der gesamte Deckungsbeitrag über alle Einheiten eines abgesetzten Produktes
wird reduziert, da nicht mehr alle Absatzmöglichkeiten genutzt werden.
Zur Lösung dieser Problematik wurden als Ausgangspunkt der Master-Thesis
in der wissenschaftlichen Forschung anerkannte und in der Praxis angewandte Methoden zur Preisbildung ermittelt. Diese Methoden konnten mit Hilfe
von Experteninterviews, aktuellen Studien, aktuellen Forschungsartikeln, sowie in Zusammenarbeit mit der Vocatus AG – einem deutschen Beratungs- und
Marktforschungsunternehmen – und auf Grundlage der Analyse der derzeitigen
Situation in Unternehmen der Automobilindustrie auf deren Eignung für den Einsatz
in der Automobilindustrie bewertet werden. Dadurch wurden Probleme bei der
Durchführung der Preisbildung in Unternehmen identifiziert, sowie Forderungen an
das zu entwickelnde Modell zur Preisbildung definiert.
Das Modell zur Preisbildung zeichnet sich durch seine starke Segmentorientierung,
die Anlehnung an die Diffusionstheorie und am Produktlebenszyklus, sowie durch
die Orientierung am Bedürfniszyklus aus. Durch die hohe Segmentorientierung
wird der zunehmenden Wettbewerbsdynamik Rechnung getragen und sichergestellt, dass die individuellen, segmentspezifischen Kundenanforderungen preislich
verarbeitet werden können. Durch die Anlehnung an die Diffusionstheorie und den
Produktlebenszyklus wird die dynamische Sichtweise zur Preisbildung abgebildet.
Die Orientierung am Bedürfniszyklus stellt sicher, dass die Preisbildung die im
Marktsegment vorliegenden Bedürfnisse berücksichtigt.
Die im Rahmen der empirischen Preiseinflussfaktorenforschung ermittelten Faktoren bilden die Grundlage des Modells zur Preisbildung. Die
Preiseinflussfaktorenforschung konnte in der Praxis wenig angewandte oder in vielen Systematiken fehlende Preiseinflussfaktoren aus den relevanten Bereichen zur
Preisbildung (Nachfrage, Markt-, Wettbewerbs- und Kostenstruktur) ermitteln und
erläutern. Zudem werden Methoden zur Ermittlung dieser Preiseinflussfaktoren
aufgezeigt, welche Unternehmen im Rahmen des Modells anwenden können.
Innerhalb des Modells ist die marktgerechte Verteilung der Gemeinkosten ein wichtiger Ansatzpunkt zur Definition einer marktgerechten Kostenstruktur.Die marktgerechte Kostenstruktur bildet die Grundlage, um eine marktgerechte Preisstruktur
zu definieren.
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Herausforderungen und Lösungsansätze im Automobil-Pricing
Desweiteren wurde gewährleistet, dass das Modell zur Preisbildung im Rahmen
des Preismanagements implementiert werden kann und zu einem in sich konsistenten Gesamtprozess vervollständigt wird. Mit dem Modell zur Preisbildung entsteht daher ein konsistentes, transparentes und synergieerzeugendes Konzept
zur marktgerechten Preisbildung.
Das Modell zur Preisbildung wurde außerdem bei einem OEM der
Nutzfahrzeugindustrie erfolgreich implementiert. Im Unternehmen konnten einige Probleme identifiziert und durch das Modell zur Preisbildung beseitigt werden.
Außerdem wurde zu einer transparenten und flexiblen Preisbildung beigetragen,
die Synergien zwischen Abteilungen und im Hinblick auf bereits bestehende
Prozesse erzeugt.
Auf dieser Basis werden in der nachfolgenden Darstellung die Herausforderungen
im Automobil-Pricing aufgezeigt und mögliche Lösungsansätze dargestellt.
Herausforderungen im Automobil-Pricing
Die Strukturen innerhalb der Automobilindustrie sind global ausgerichtet.
Die gesamte Wertschöpfungskette heutiger Automobilunternehmen hat sich
an die zunehmende Internationalisierung angepasst. Dies führt zu einem
Verdrängungswettbewerb.
Neben diesen Entwicklungen ist die Verkürzung der Fahrzeuglebenszyklen zu erkennen. Fahrzeuggenerationen werden in kürzer werdenden Zeitspannen durch
Modellpflegen oder Nachfolgegenerationen an die geänderte Bedürfnisstruktur
am Markt angepasst. Hinzu kommen die anstehenden Veränderungen in der
Automobilentwicklung. Eingeleitet durch gesetzliche Vorgaben werden in naher
Zukunft die konventionellen Antriebe durch alternative Antriebe ersetzt. Dies wird
einen gewaltigen Wandel innerhalb der Bedürfnisstruktur nach sich ziehen (Ebel/
Hofer/Al-Sibai 2003: 14 ff.). Auf diesen Strukturwandel müssen Unternehmen im
Rahmen der Preisbildung vorbereitet sein.
HOFER et al. sehen in der aktuellen Marktentwicklung eine zunehmende Individualisierung der Kundenwünsche (Ebel/Hofer/Al-Sibai 2003:
14 ff.). Nachfrager zeichnen sich in der Automobilindustrie durch hohe
Kundenanforderungen aus, die die Entwicklung von individuellen Fahrzeugen fordern. Insbesondere in der Nutzfahrzeugindustrie sind Fahrzeuge, die einen individuellen Einsatz ermöglichen, von höchster Bedeutung. Dadurch entsteht eine
verstärkte Fragmentierung von Märkten. Deshalb ist in der Automobilindustrie
die Notwendigkeit einer Segmentorientierung zu erkennen (Ebel/Hofer/Al-Sibai
2003: 14 ff.).
Neben der Fragmentierung der Märkte, der Individualisierung der Kundenwünsche
und der zunehmenden Polarisierung der Einkommensverhältnisse ist zu beobachten, dass die Preis- und Kaufentscheidung der Nachfrage nicht nur rationalem Verhalten unterliegt. Die Preis- und Kaufentscheidung spiegelt einen
Es treten ständig
neue internationale
Wettbewerber auf.
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Prof. Reinhold König, Ingo Bertsche
Nachfrager wider, der sich durch eine sinkende Markenloyalität und eine wachsende Preissensibilität auszeichnet (Ebel/Hofer/Al-Sibai 2003: 14 ff.). Das entwickelte
Modell ermöglicht Fahrzeuge preislich optimal am Markt zu positionieren.
Grundproblem von Unternehmen im Rahmen der Preisbildung ist eine starke
Tagesorientierung, welche zu Lasten einer lebenszyklusorientierten, strategischen
Preisbildung geht. Dies zeigt sich darin, dass sich preispolitische Aspekte selten
in Geschäftsplanungen wiederfinden. Die Rabattpolitik von Unternehmen ist nicht
immer systematisch. Damit besitzen Rabatte keinen strategischen Charakter. Die
Rabattstrukturen in Unternehmen sind oft historisch gewachsen, repräsentieren
also kaum noch die aktuelle Marktsituation (Homburg/Jensen/Schuppar 2004:
2 f.). Dies ist wiederholt auch bei unternehmensintern definierten Prozessen zur
Preisbildung zu erkennen. In vielen Fällen sind diese Prozesse zu bürokratisch
definiert, aber vor allem sind sie zu unflexibel. Für den Vertrieb wird es dadurch
schwer, kundenindividuelle Rabatte zu gewähren oder die Rabattpolitik auf das
Verhalten der Kunden abzustimmen. Dies führt nicht nur zu einer suboptimalen Abschöpfung der Zahlungsbereitschaft, sondern auch zu einer Demotivation
der Vertriebsmitarbeiter. Daher kann in diesen Fällen von einer zielgerichteten
Ansprache der Kunden keine Rede sein.
In Unternehmen werden die Preisentscheidungen mitunter ohne Berücksichtigung
der Konsequenzen am Markt durchgeführt. Erst im Nachhinein werden die
Auswirkungen erkannt und dann mit ad-hoc Preisentscheidungen reagiert. Dies
kann zu unerwünschten Preiskämpfen mit Wettbewerbern führen. Besonders in der
Automobilindustrie ist diese Orientierung am Markt bzw. an den Wettbewerbern
wichtig, da sich das Wettbewerbsumfeld zunehmend verschärft und intensiviert
(Diez 2006: 24 f.). Dies führte dazu, dass sich in den letzten Jahrzehnten die Anzahl
an OEM in der Automobilindustrie mehr als halbiert hat.
Wenn die Unternehmen zudem die Preise nicht aktiv steuern und den
Anforderungen über den Produktlebenszyklus anpassen, besteht die Gefahr,
dass wichtige Preiseinflussfaktoren nicht beachtet werden. Häufig haben Intuition
und Improvisation Daten und Fakten abgelöst. Es kommt auch vor, dass keine
Transparenz bzgl. der Verantwortlichkeit der Preisbildung im Unternehmen besteht (Homburg/Jensen/Schuppar 2004: 2 f.). Da bei der Preisbildung verschiedene
Abteilungen beteiligt sind, können divergierende Ziele auftreten. NAGLE et al. halten fest, dass die erfolgreiche Preispolitik eines Unternehmens mit der Methode,
wie Preise festgesetzt werden, steht und fällt (Nagle/Holden/Larsen 1998: 1 ff.).
Die vorliegende Arbeit zeigt eine Systematik auf, wie die für die jeweilige
Unternehmenssituation relevanten Preiseinflussfaktoren ermittelt, analysiert und
für eine Preisbildung verwendet werden können.
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Herausforderungen und Lösungsansätze im Automobil-Pricing
Bewältigung der Herausforderungen im Unternehmen
Auf Basis einer durchgeführten Prozessanalyse im Unternehmen wurde festgestellt, dass der Gesamtprozess zur Preisbildung in der OEM AG diverse Probleme
aufweist, wovon die Hauptprobleme im Folgenden kurz erläutert werden:
Neben den allgemeinen Herausforderungen im Automobil-Pricing war im
Unternehmen festzustellen, dass die Hauptverantwortung für Preisbildung im
Controlling lag. Dies hat zur Folge, dass die Preisbildung kostenorientiert ist
und die Preise durch eine Zuschlagskalkulation gebildet werden. Dies ist zwar
vor dem Hintergrund der Besonderheiten der Nutzfahrzeugindustrie (verschiedenste Fahrzeugkombinationen) einerseits gerechtfertigt, vor dem Hintergrund
der immer preisbewusster werdenden Nachfrager und der zunehmenden
Wettbewerbsintensivierung aber als alleinige Ausrichtung nicht mehr tragbar.
Eine starke Orientierung am Markt ist unerlässlich. Um dies umsetzen zu können,
sind Analysemethoden nötig, mit denen die über den Produktlebenszyklus variierende Nachfragestruktur qualitativ und quantitativ beschrieben werden kann. Im
Folgenden sind die wichtigsten Maßnahmen dargestellt, die zur Berücksichtigung
einer marktgerechten Preisbildung entwickelt und im Unternehmen integriert
wurden.
Die im Unternehmen durchgeführte Produktpositionierung sollte um die Analyse von
Markerelementen erweitert werden, um die Nachfragestruktur entsprechend der
Marktsituation abbilden und durch die Produktpositionierung auf die Situation im
Produktlebenszyklus anpassen zu können. Markerelemente sind einzelne Produkte
oder Produktbestandteile, deren Preis der Kunde genau zu kennen glaubt und die
er als Basis für die Preiseinschätzung eines Gesamtproduktes oder einer gesamten Produktpalette verwendet (Vocatus AG 2002: 5). Damit haben Markerelemente
eine Signalwirkung für das Fahrzeug bzw. für das ganze Sortiment oder die gesamte Marke. Markerelemente sind dadurch gekennzeichnet, dass ein Nachfrager
eine hohe Schätzsicherheit für sie angibt, weil er den Preis exakt zu kennen glaubt
und deshalb Rückschlüsse auf die Preisgünstigkeit des gesamten Fahrzeugs zieht
(Vocatus AG 2002: 5). Für Unternehmen sind Markerelemente wichtig, da mit deren
Kenntnis die Zahlungsbereitschaft maximal abgeschöpft bzw. vermieden werden
kann, dass Preise über dem Erwartungsniveau liegen. Im bestehenden Prozess zur
Preisbildung der OEM AG fließen die Analysen der Markerelemente jedoch bisher
nicht ein. Mit dieser Analyse könnte die Nachfrage mit Hilfe quantitativer Elemente
eingeschätzt werden und die Preisbildung würde stärker auf Orientierungsgrößen
der Märkte beruhen.
Markerelemente
sind Orientierungsgrößen für die
Preisbildung.
Um eine marktgerechte Preisstruktur zu definieren, muss neben den
Markerelementen, die Informationen über das Preiswissen vermitteln, auch das
Preisinteresse und die Preisbewertung der Nachfrager ermittelt werden. Diese
Komponenten geben ein qualitatives Bild über die Zahlungsbereitschaft und stellen
die Basis einer marktgerechten Preisgestaltung dar.
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Prof. Reinhold König, Ingo Bertsche
Durch die Ermittlung des Preisinteresses im relevanten Marktsegment lässt sich
im Rahmen der Vermarktung den Nachfragern genau die Quantität und Qualität
an Information zur Verfügung stellen, die sie in ihrem Entscheidungsprozess zur
Adoption benötigen. Daher können den Zielgruppen im Rahmen der Vermarktung
gezielte Informationen bereitgestellt werden. Außerdem ist die Intensität des
Preisinteresses ausschlaggebend für den Grad des Preiswissens.
Schließlich führen Nachfrager mit hohem Preisinteresse ihre Kaufentscheidung
auf umfangreiche Informationen zurück. Nachfragern mit geringem Preisinteresse
hingegen müssen weitaus weniger Informationen zur Verfügung gestellt werden,
da sie diese zur Kaufentscheidung nicht nutzen. In diesem Fall sollte die Marke im
Vordergrund der Vermarktung stehen.
Markerelement
N
Bruttopreis für kundenindividuelles Fahrzeug
Sonderausstattung
Markerelement
B
Markerelement
A
Markerelemente des Grundfahrzeugs
Bruttopreis für Grundfahrzeug
Markerelement
...
Sonder ausstattung N
Sonder ausstattung ...
Sonder ausstattung B
Sonder ausstattung A
marktspezifische
Rabatte
Serienausstattung
Nettopreis für Grundfahrzeug
Grundfahrzeug
Gewinnspanne
marktgerechte
Gemeinkostenverteilung
Kosten
Abb. 1: Preisbildung im Controlling mithilfe der Markerelemente (eigene Darstellung)
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Herausforderungen und Lösungsansätze im Automobil-Pricing
Wie in Abb. 1 zu erkennen ist, kalkuliert das Controlling das Fahrzeug bzw. die
Fahrzeugausstattungen auf Basis der zugrundeliegenden Kosten. An dieser Stelle
sollte die Ermittlung der kostenorientierten Preiseinflussfaktoren abgeschlossen
sein. Durch die ermittelten nachfrager-, markt-, wettbewerbs-, und kostenorientierten Preiseinflussfaktoren kann eine marktgerechte Kosten- und Preisstruktur
definiert werden. Dabei spielt die marktgerechte Gemeinkostenverteilung eine
wichtige Rolle (s. Abb. 2). An dieser Stelle werden die Informationen des Vertriebs
bzw. des Marketings für eine marktgerechte Gemeinkostenverteilung benötigt, um
eine marktgerechte Kostenstruktur zu definieren. Daher muss der Vertrieb bzw. das
Marketing auf Basis der Preiseinflussfaktoren dem Controlling Informationen liefern, welche Fahrzeuge aufgrund der Nachfrage-, Markt- und Wettbewerbsstruktur
mehr Gemeinkosten tragen können. Ferner sind dem Controlling die Preisbausteine
mitzuteilen, an denen der Nachfrager die Preisgünstigkeit für das Gesamtfahrzeug
festmacht. Dadurch wird es möglich, die Gemeinkosten zwischen den Fahrzeugen
marktgerecht zu verteilen und den Nachfrager optimal hinsichtlich seiner
Preiseinschätzung auf das gesamte Fahrzeug zu beeinflussen. Ziel ist die Definition
einer marktgerechten Preisstruktur auf Basis einer marktgerechten Kostenstruktur.
Fahrzeug A
Kosten,
Preis
Zahlungsbereitschaft
Preisbewertung +
Preiswissen + Preisinteresse
Gewinnspanne
Fahrzeug B
Kosten,
Preis
Zahlungsbereitschaft
Preisbewertung +
Preiswissen + Preisinteresse
Eine marktgerechte Preisbildung
wird durch eine
Verteilung der
Gemeinkosten nicht
der Tragfähigkeit
der einzelnen
Produktgruppen
erreicht.
Fahrzeug C
Kosten,
Preis
Zahlungsbereitschaft
Preisbewertung +
Preiswissen + Preisinteresse
Gewinnspanne
Gemeinkosten
Gemeinkosten
Gemeinkosten
Einzelkosten
Einzelkosten
Einzelkosten
Abb. 2: Marktgerechte Verteilung der Gemeinkosten (eigene Darstellung)
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Prof. Reinhold König, Ingo Bertsche
Mit diesen Informationen kann das Controlling eine marktgerechte Kostenstruktur
definieren. Dies erfolgt auf Basis einer marktgerechten Gemeinkostenverteilung im
Rahmen der Kostenrechnung. Schließlich werden die Gemeinkosten im Rahmen der
Kostenrechnung nach gewissen Schlüsseln nicht verursachungsgerecht verteilt. Mit
den Informationen über das Preisinteresse, Preiswissen und der Preisbewertung ist
ein Unternehmen in der Lage, die Gemeinkosten so auf die Fahrzeuge zu verteilen, dass ein marktgerechter Preis entsprechend der Marktsituation bestimmt wird.
Schließlich wird sich die Zahlungsbereitschaft der Nachfrager, das Preiswissen
oder das Preisinteresse im Verlaufe des Produktlebenszyklus oder entsprechend
der Markt- und Wettbewerbssituation verändern. Auf diese Veränderungen kann
das Unternehmen durch das aufgebaute Know-How flexibel reagieren.
Nutzen für das Unternehmen
Aufgrund der Implementierung des entwickelten Modells zur Preisbildung im
Unternehmen konnten bestehende Prozesse verbessert werden. Der durch das
Modell gestiftete Nutzen wird im Folgenden dargestellt.
Die Orientierung an der Diffusionstheorie hilft, die Nachfrager über den
Produktlebenszyklus charakterisieren zu können. Zusammen mit dem
Produktlebenszyklus besitzt die OEM AG die Möglichkeit, die geeigneten, am Markt
nachgefragten und vom Wettbewerb differenzierten Fahrzeugausstattungen, zu
definieren. Da die Preiseinflussfaktoren dauerhaft über den Produktlebenszyklus
ermittelt werden, können neue Fahrzeugausstattungen auch während des
Produktlebenszyklus‘ bestimmt werden. Davon abgeleitet können Modellpflegen
und Nachfolgegenerationen eingeführt werden. Schließlich ändert sich die Marktund Nachfragestruktur im Zeitverlauf. Wettbewerber führen neue Fahrzeuge ein,
verbessern bestehende Fahrzeuge durch Modellpflegen oder die Bedürfnisse der
Nachfrager verändern sich. Auf diese Veränderungen muss ein Unternehmen jederzeit reagieren können.
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Herausforderungen und Lösungsansätze im Automobil-Pricing
Nutzen des Modells zur Preisbildung im Beispielunternehmen
Verantwortliche Abteilung
im Unternehmen
• Verbesserte Zusammenarbeit zwischen Marketing, Vertrieb, Controlling und Entwicklung
(transparente Daten).
• alle
• Quantitative Identifikation der Nachfrager-, Markt- und Wettbewerbsstruktur (Forderung des
Vertriebs/Marketings sind Daten und Fakten).
• Vertrieb/Marketing
• Gezielte Positionierung möglich (Identifikation benötigter Fahrzeugeigenschaften über PLZ).
• alle
• Identifikation des richtigen Zeitpunktes für Modellpflegen und/oder Nachfolgegenerationen.
• Vertrieb/Marketing
• Marktgerechte Kosten- und Preisstruktur wird auf Basis von Daten und Fakten (PEF) ermittelt.
• alle
•Bereitstellung von Informationen für eine marktgerechte Gemeinkostenverteilung (Welche
Fahrzeuge können mehr/weniger Gemeinkosten tragen?).
• Vertrieb/Marketing
• Definition einer marktgerechten Kostenstruktur durch eine marktgerechte
Gemeinkostenverteilung.
• Controlling
• Definition einer marktgerechten Preisstruktur durch eine marktgerechte Kostenstruktur und
durch die Ermittlung von Preisinteresse, Preiswissen und Preisbeurteilung.
• Vertrieb/Marketing
• Gezielte Anspache der Nachfrager im Rahmen der Vermarktung auf Basis einer marktgerechten
Preisstruktur.
• Vertrieb/Marketing
Abb. 3: Nutzen des Modells zur Preisbildung in der OEM AG (eigene Darstellung)
Vertrieb und Marketing können mit Hilfe der Preiseinflussfaktoren
Fahrzeugeigenschaften, Fahrzeugausstattungen oder die geforderte preisliche
Positionierung des Fahrzeugs durch Daten und Fakten hinterlegen. Da zunächst die
Nachfragestruktur mithilfe von Preisbewertung, Preisinteresse und Preiswissen
ermittelt wird, kann eine optimale Abschöpfung der Zahlungsbereitschaften der
Nachfrager über den Produktlebenszyklus im Zusammenspiel zwischen Kosten,
Markt und Wettbewerber erfolgen.
Diese Daten und Fakten, welche durch die nachfrager-, markt- und wettbewerbsorientierten Preiseinflussfaktoren geschaffen werden, sind besonders für eine marktgerechte Gemeinkostenverteilung zur Definition einer marktgerechten Preisstruktur
nötig. Der Vertrieb bzw. das Marketing kann dem Controlling durch belastbare
Daten mitteilen, welche Fahrzeuge aufgrund der Marktsituation mehr bzw. weniger
Gemeinkosten tragen müssen. Dadurch wird dem Controlling die Grundlage für eine
marktgerechte Preisstruktur zur Verfügung gestellt.
…möglich den veränderten Wettbewerbsbedingungen
und zunehmendem Preisdruck
mit Struktur und
Transparenz zu
begegnen.
Durch die Implementierung des Modells zur Preisbildung in die bestehende
Unternehmens- und Prozessstruktur konnten der OEM AG hilfreiche Informationen
zur aktuell anstehenden Preisgestaltung bzgl. der Markteinführung geliefert werden. Zudem wurde der Fokus des Unternehmens über die Erstpreispositionierung
hinaus auf anstehende Preisentscheidungen im Zeitverlauf (beispielsweise im
Rahmen einer Modellpflege oder einer Nachfolgegeneration) gelegt. Die Situation
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Prof. Reinhold König, Ingo Bertsche
der unklaren Verantwortlichkeiten wird durch einen transparenten und systematisch aufgebauten Prozess zur Preisbildung mit klar definierten Zuständigkeiten
und Verantwortlichkeiten im Rahmen der Preisbildung ersetzt.
Die OEM AG verfügt nun über einen Prozess zur Preisbildung, welcher am bestehenden Prozess im Unternehmen angelehnt ist und die verschiedenen Tätigkeiten in
den Abteilungen verbindet. Dadurch lassen sich einige Synergien nicht nur innerhalb von Abteilungen, sondern auch abteilungsübergreifend erzeugen.
Mit dem entwickelten Modell zur Preisbildung ist es also möglich, den veränderten Wettbewerbsbedingungen und dem zunehmendem Preisbewusstsein der
Nachfrager mit Struktur und Transparenz zu begegnen.
Quellen
DIEZ, W. (2006): Automobil-Marketing: Navigationssystem für neue
Absatzstrategien. 5. Auflage. Landsberg am Lech: mi-Fachverlag, Redline GmbH
EBEL, B.; HOFER, M.B.; AL-SIBAI, J. (2003): „Trends in der Automobilindustrie:
Paradigmenwechsel in der Zusammenarbeit zwischen Zulieferer, Hersteller
und Händler“. In: Automotive Management: Strategie und Marketing in der
Automobilwirtschaft. Berlin/Heidelberg: Springer Verlag, S.13-38
HOMBURG, C.; JENSEN, O.; SCHUPPAR, B. (2004): Pricing Excellence – Wegweiser
für ein professionelles Preismanagement. Institut für Marktorientierte
Unternehmensführung an der Universität Mannheim. Reihe: Management KnowHow Nr. M90
NAGLE, T.T.; HOLDEN, R.K.; LARSEN, G.M. (1998): Pricing – Praxis der optimalen
Preisfindung. Berlin/Heidelberg: Springer Verlag
VOCATUS AG (2002): „Psychologische Preisoptimierung“. In VOCATUS AG,
“Feedback”. Jg 3. Ausg 4. München: Verlag StrukturPlan – http://www.vocatus.de/publikationen/feedback.php, abgerufen am 05.08.2012 – VOCATUS AG:
Marktforschung & Beratung
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