Der Komponist George Dreyfus

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09.05.2012
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24. Juni
3. Sonntag nach Trinitatis/Johannistag
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Der Komponist
George Dreyfus
Ein Lebensbild
E
in zehnjähriger Junge besteigt 1939 ein Schiff
nach Australien, um gemeinsam mit seinem älteren Bruder der nationalsozialistischen Verfolgung
zu entgehen. Damit nimmt sein Leben einen vollkommen anderen Verlauf, als es ihm 1928 in die
Wiege gelegt zu sein schien: Er wird zu einem
der bekanntesten zeitgenössischen australischen
Komponisten.
Erst Anfang März 2012 wurde in Australien
die dritte Symphonie von George Dreyfus uraufgeführt. Seine Schaffenskraft ist ungebrochen.
Bekannt geworden ist er durch seine Filmmusiken,
vor allem für die Fernsehserie Rush. In einem
Interview sagte er einmal, an die Filme erinnere
sich niemand mehr, aber die Musik bleibe.
„An Australian Folk Mass“
in deutscher Kirche
1980 wurde die von ihm komponierte „An Australian Folk Mass“ in Australien uraufgeführt – eine
überkonfessionelle Auftragsarbeit. Die deutsche
Erstaufführung wagte 2010 der Prenzlauer Kantor
Hannes Ludwig mit der Kantorei Prenzlau. Als
er Ende 2009 das erste Mal eine Aufnahme von
„An Australian Folk Mass“ hörte, war es für ihn
sofort klar, dass die Messe in Deutschland aufgeführt werden muss: „Ich glaube, dass gerade die
Botschaft dieses Werkes, sowie vieler anderer aus
der Feder von George Dreyfus, die der Aussöhnung
untereinander ist, somit hat „An Australian Folk
Mass“ für mich in erster Linie keinen katholischen, evangelischen oder jüdischen Hintergrund.“
George Dreyfus reiste eigens aus Australien nach
Prenzlau, um die deutsche Erstaufführung seines
Werkes und seiner Vertonung der Psalmen sowie
des Vater Unser zu dirigieren. Zwischen Dreyfus
und allen Beteiligten entstand rasch ein freund-
Fotos: Kantorei Prenzlau
schaftliches Verhältnis, das vor allem auf seine
liebenswürdige und bescheidene Art zurückzuführen ist. Für den Chor war es eine besondere
Herausforderung, mit dem Komponisten gemeinsam zu proben und sich den letzten Schliff für
die Aufführung zu holen.
Von Wuppertal nach Melbourne
Das alles schien Dreyfus, als er am 22. Juli 1928
in Wuppertal zur Welt kam, nicht in die Wiege
gelegt. Seine Familie war wohlhabend, sein Vater
Alfred hatte einen Schrotthandel geerbt. Da die
Anfeindungen gegen jüdische Mitbürger in Wuppertal immer stärker wurden, verkaufte der Vater
sein Unternehmen und zog mit seiner Familie
1935 nach Berlin-Dahlem. Als auch hier die Luft
für die Familie dünner wurde, organisierten die
Eltern Dreyfus für ihre beiden Söhne Plätze für
einen Kindertransport. Eine glückliche Fügung
ermöglichte es den Eltern, ihren Kindern wenige
Wochen später zu folgen.
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aktiv zu werden, um der Welt etwas zu hinterlassen: Ende 1964 begann er zu komponieren,
nachdem er das „Melbourne Symphony Orchestra“
verlassen hatte.
1965 gründete er dann in Melbourne ein Unternehmen für „Neue Musik“, organisierte Konzerte
und ließ die jungen Leute aus den jeweiligen
Orchestern spielen, was er komponiert hatte. „Ich
habe sogar die notwendigen Hallen für die jeweiligen Veranstaltungen selbst angemietet. Ich war
einfach „Mr. New Music“. Und es hat mir riesigen
Spaß gemacht; vor allem, dass immer irgendetwas
über mich in den Zeitungen stand.“, beschreibt
Dreyfus im Rückblick sein damaliges Lebensgefühl.
Nach und nach wurde er zum ersten freischaffenden Künstler Australiens, der ausschließlich vom
Komponieren lebte. Zudem gewann er immer
wieder gut dotierte Stipendien, so 1966 ein ReiseStipendium der UNESCO – als erster Australier!
Spuren in Deutschland
Prenlauer Kantorei bei der deutschen
Aufführung der „An Australian Folk Mass“
So fuhren beide Söhne Anfang Juni 1939 mit
einem Schiff nach Australien, dem einzigen, das
den fünften Kontinent ansteuerte. „Es war
schlimm“, erinnert sich George Dreyfus, „aber ich
bin lebend angekommen.“
Für George Dreyfus lag in der ungewollten Auswanderung und dem Verlassen der Heimat auch
eine Chance, denn er hatte keine Familientradition
zu bedienen, als es um seinen beruflichen Lebensweg ging. Bereits in der Schule spielte er Fagott,
sein Wunsch war es, Fagottist in einem Orchester
zu werden. Seine erste Stelle als Berufsfagottist
mit regelmäßigem Einkommen trat er im Alter von
20 Jahren an. 1953 wurde er dann Mitglied beim
„Melbourne Symphony Orchestra“. Zwei Jahre
später fuhr er nach Wien, um bei dem bekannten
Fagottisten Karl Öhlberger an der Wiener Musikakademie erst einmal richtig Fagott spielen zu
lernen.
Australien begriff Dreyfus als ein Land, in dem
einem nicht nur nichts passieren kann, sondern
in dem auch nichts passiert. So entschied er sich,
1979 kam dann der Auftrag eines ökumenischen
Ausschusses in Sydney, eine Messe zu komponieren, die zu allen Konfessionen passte. Es entstand
„An Australian Folk Mass“. Die Uraufführung fand
1980 zur 100-Jahrfeier der St. Paul’s Cathedral in
Melbourne statt. Später vertonte er noch Weissagungen und Psalmen. Sein Wunsch als Wanderer
zwischen den Kontinenten war es immer, dass
die Messe auch in Deutschland aufgeführt wurde.
Doch das brauchte seine Zeit und gelang erst
30 Jahre nach der Uraufführung.
Die Botschaft seiner Messe „ist Verständigung
zwischen den Menschen, Wohlwollen und Frieden
– nie wieder Krieg“. Und auch den Prenzlauer Kantor Hannes Ludwig hat die Messe bewegt: „Für
mich ist die Botschaft so einfach wie klar: ohne
einen Schritt aufeinander zuzugehen, ist Aussöhnung und Konfliktlösung nicht zu meistern. George Dreyfus hat in seinem Leben und Werk immer
wieder eindrucksvoll dafür gestritten. Die Kantorei
Prenzlau freut sich, dass sie diesen Weg ein kleines Stück mitgehen durfte.“ Und so plant Ludwig
am 14. April 2012 eine erneute Aufführung zur
Landesgartenschau in Prenzlau im kommenden
Jahr. Und auch andere Türen haben sich jetzt
nach der Erstaufführung geöffnet, und so scheinen
Aufführungen in Berlin, auch im Evangelischen
Johannesstift, immer wahrscheinlicher zu werden.
Für George Dreyfus erfüllten sich dann Träume
und wenn es ihm möglich ist, so wird er den langen Flug auf sich nehmen, um den Aufführungen
beizuwohnen.
Ute von Buch, Wilmersdorf (Uckermark)
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