Ass.iur. Ch. Meier, BTU- Cottbus Lösung Fall 7: A könnte gegen J einen Anspruch auf Übergabe des Ringes gem. § 433 Abs.1, Satz 1 BGB haben. Voraussetzung dafür ist, dass zwischen A und J ein wirksamer Kaufvertrag über den Ring geschlossen wurde. Ein Kaufvertrag besteht aus zwei übereinstimmenden wirksamen Willenserklärungen, dem Angebot und der Annahme gem. §§ 145 ff. BGB. Als J auf Nachfrage dem A den Preis für den Ring nannte, bot er dem A den Ring objektiv zum Preis von 200, - Euro zum Kauf an. Der Ring kostet eigentlich 2000,- Euro. Dies wusste der J auch, aber in Vorfreude auf das gute Geschäft hatte er sich versprochen. Fraglich ist, wie sich dieser Versprecher auf die Willenserklärung des J auswirkt. Es ist zu prüfen, ob J durch seinen Versprecher tatsächlich ein Angebot über 200,- Euro oder doch über den eigentlichen Preis von 2000,- Euro abgegeben hat. Maßgeblich für den Inhalt einer empfangsbedürftigen Willenserklärung ist nicht der subjektive Wille des Erklärenden, sondern der durch Auslegung ermittelte objektive Erklärungswert seiner Äußerung gem. §§ 133, 157 BGB. Es ist darauf abzustellen, wie A die Erklärung des J nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen durfte bzw. musste. A wusste nichts von dem Versprecher des J, so dass er davon ausging, dass der Ring tatsächlich 200,- Euro kostet. Es liegen keine Anhaltspunkte vor, weshalb dieses Preisangebot unrealistisch erscheint, denn zum einen könnte es sich bei dem Ring um ein Sonderangebot handeln, falls hier von einem besonders wertvollen Ring die Rede ist und zum anderen sind 200,- Euro eine Preiskategorie in der man durchaus einen Ring bei einem Juwelier erwerben kann. Somit kann die Erklärung des J nur dahin gehend ausgelegt werden, dass er A den Ring für 200,- Euro zum Kauf anbietet. Ein wirksames Angebot von Seiten des J liegt folglich vor. A hat dieses Angebot auch angenommen, indem er sich sofort bereit erklärte, den Ring für 200,- Euro zu kaufen. Mithin ist ein Kaufvertrag über den Ring für 200,- Euro zustande gekommen. Der Kaufvertrag könnte aber rückwirkend (ex-tunc) vernichtet worden sein. Das ist dann der Fall, wenn eine wirksame Anfechtung gem. § 142 Abs.1 BGB erfolgt ist. Die Anfechtung hat zur Folge, dass der zwischen A und J geschlossene Kaufvertrag als von Anfang an nichtig angesehen wird. Für eine wirksame Anfechtung sind ein Anfechtungsgrund und eine rechtzeitige Anfechtungserklärung notwendige Voraussetzung. Als Anfechtungsgrund kommt ein Erklärungsirrtums gem. § 119 Abs.1, 2. Alt. BGB in Betracht. Ein Erklärungsirrtum ist gegeben, wenn das rechtsgeschäftlich Erklärte und das mit der Erklärung tatsächlich Gewollte unbewusst auseinander fallen. Hier hat J sich versehentlich versprochen. Während er den zutreffenden Kaufpreis von 2000,- Euro gegenüber A äußern wollte, sagte er stattdessen, dass der Ring nur 200,-Euro kostet. Eine Willenserklärung "Verkaufe Ring für 200,-Euro" wollte J niemals abgeben. Damit liegt ein Erklärungsirrtum auf Seiten des J vor. Dieser Erklärungsirrtum war auch kausal für die Abgabe der Willenserklärung gem. § 119 Abs.1, 2. Halbsatz BGB. Ein Anfechtungsgrund nach § 119 Abs.1, 2. Alt. BGB ist daher gegeben. Weiterhin muss die Anfechtung durch Erklärung gegenüber dem Anfechtungsgegner gem. § 143 Abs.1 BGB erfolgen. Eine Anfechtungserklärung ist jede Erklärung, die eindeutig erkennen lässt, dass das Rechtsgeschäft wegen des Willensmangels nicht gelten soll. Das Wort "anfechten" braucht dabei nicht verwendet werden. Anfechtungsgegner ist gem. § 143 Abs.2 BGB der Vertragspartner. Hier erklärte J gegenüber A, dass er das Geschäft wegen seines Versprechers anfechte. Somit liegt eine wirksame Anfechtungserklärung des J gegenüber A vor. Die Anfechtung müsste auch fristgerecht durch J erfolgt sein. Gem. § 121 Abs.1, Satz 1 BGB muss der Anfechtende im Falle eines Erklärungsirrtums unverzüglich (d.h. ohne schuldhaftes Zögern) die Anfechtung erklären. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt der Kenntnis des Anfechtungsgrundes. J erklärte A die Anfechtung unmittelbar, nachdem ihm sein Irrtum bewusst wurde. Schuldhaftes Zögern ist ihm daher nicht vorzuwerfen. Er hat somit "unverzüglich" gehandelt und die Anfechtungsfrist des § 121 Abs.1, Satz 1 BGB gewahrt. Demnach hat J den Kaufvertrag wirksam angefochten, so dass er gem. § 142 Abs.1 BGB als von Anfang (ex tunc) an nichtig anzusehen ist. Ergebnis: A hat gegen J keinen Anspruch auf Übergabe des Ringes gem. § 433 Abs.1, Satz1 BGB.