Möbelschautag UWG § 3 Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom

Werbung
Möbelschautag
UWG § 3
Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 19. Dezember 1985 - 2 U 227/84
Es ist wettbewerbswidrig, ein Geschäftslokal sonntags geöffnet zu haben, ohne darauf hinzuweisen, daß an diesem Tag kein Verkauf und keine Beratung stattfinden.
Aus dem Tatbestand:
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben es gehört,
auf die Einhaltung der Regeln des lauteren Wettbewerbs im geschäftlichen Verkehr zu achten.
Die Beklagte, die im Raum B. ein Warenhaus betreibt und u.a. auch eine Möbelabteilung
unterhält, hat in einer Anzeige in der „N.-Zeitung“ vom 30. November 1983 wie folgt geworben:
„In Haus 2 und Haus 3: Möbel-Schautag
- ohne Verkauf jeden Sonntag von 14 bis 18 Uhr.“
In der gleichen Anzeige hat die Beklagte überdies für eine Nähmaschine unter Preisgegenüberstellung mit einem durchgestrichenen Preis geworben.
Der Kläger hat diese beiden Arten der Werbung in der Anzeige als gemäß § 3 UWG wettbewerbswidrig beanstandet.
Er hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen,
a) in Zeitungsanzeigen und/oder auf sonstigen Werbeträgern für Nähmaschinen mit Preisgegenüberstellungen zu werben, bei denen ein höherer Preis durchgestrichen und ein geringerer Preis genannt wird, soweit nicht durch einen Hinweis klargestellt wird, daß es sich bei
dem Ausgangspreis (dem durchgestrichenen höheren Preis) um den eigenen früheren Preis
handelt;
und/oder
b) in Zeitungsanzeigen und/oder sonstigen Werbeträgern zu Zwecken des Wettbewerbs im
geschäftlichen Verkehr mit dem Letztverbraucher anzukündigen, daß das Geschäftslokal
sonntags geöffnet ist, ohne darauf hinzuweisen, daß an diesen Tagen „kein Verkauf und keine Beratung stattfinden“.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat in Abrede gestellt, durch die beanstandeten Werbungen in der Anzeige gegen Wettbewerbsvorschriften verstoßen zu haben.
Das Landgericht hat durch Urteil der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Soweit es die
Beklagte dazu verurteilt hat, es zu unterlassen anzukündigen, daß das Geschäftslokal sonntags geöffnet ist, ohne darauf hinzuweisen, daß an diesen Tagen „kein Verkauf und keine
Beratung stattfinden“, hat es ausgeführt, daß ein nicht unerheblicher Teil der durch die Zeitungsanzeige der Beklagten angesprochenen Verbraucher bei der Ankündigung eines Möbel-Schautages damit rechne, daß er sich umfassend über das Möbelangebot der Beklagten
unterrichten könne und daß ihm eine Beratung zuteil werde.
Die Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt, soweit sie entsprechend dem Klagebegehren zu b verurteilt worden ist. Sie trägt vor: Der Hinweis auf „Möbel-Schautag“ habe
die gleiche Bedeutung wie der Hinweis auf „nur zur Besichtigung“. Ein Schautag sei ein solcher, an dem man nur besichtigen könne, an dem jedoch weder beraten noch verkauft werde. Bei Möbeln reiche weitgehend ein Rundgang durch das Möbelhaus aus, um sich einen
Überblick zu verschaffen. Die Ankündigung eines „Möbel-Schautages“ sei anders zu beurteilen als die Ankündigung eines „Tages der offenen Tür“ für ein Möbelgeschäft. Überdies könne der hiesige Senat nicht aus eigener Kenntnis über die Verkehrsanschauung im Raume B.
entscheiden. Im Raume B., in dem die Werbung erschienen sei, sei es nicht üblich, in einer
solchen Werbung auch zusätzlich daraufhinzuweisen, daß eine Beratung nicht stattfinde.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Die Beklagte ist dem Kläger gegenüber gemäß §§ 3, 13 Abs. 1 UWG verpflichtet, es zu unterlassen, in Zeitungsanzeigen
und/oder sonstigen Werbeträgern zu Zwecken des Wettbewerbs im geschäftlichen Verkehr
mit dem Letztverbraucher anzukündigen, daß das Geschäftslokal sonntags geöffnet ist, ohne
darauf hinzuweisen, daß an diesen Tagen „kein Verkauf und keine Beratung stattfinden“.
Die Befugnis des Klägers, den streitigen wettbewerblichen Anspruch gerichtlich geltend zu
machen, ist gegeben. Es kann insoweit auf die Feststellungen in dem zu den Akten gereichten Urteil des Senats vom 7. Februar 1985 verwiesen werden. In diesem Urteil sowie in weiteren Entscheidungen hat der Senat angenommen, daß der Kläger von seiner Satzung und
der Struktur seiner Mitglieder her die Anforderungen erfüllt, die der Gesetzgeber an einen
gewerblichen Verband im Sinne des § 13 Abs. 1 UWG stellt.
In der Sache verbleibt der Senat bei der von ihm bereits in früheren Rechtsstreitigkeiten vertretenen Auffassung, daß bei der Werbeankündigung eines Möbelhändlers, daß er sein Ladenlokal sonntags geöffnet habe, zu besorgen ist, daß ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verbraucher aufgrund dieser Ankündigung zumindest erwartet, sich hinsichtlich
der ausgestellten Möbel über weitergehende Einzelheiten und über Kaufmodalitäten erkundigen zu können. Der Senat ist bei dieser Rechtsprechung davon ausgegangen, daß der
Möbelkauf für den einzelnen Verbraucher zum einen kein alltägliches Geschäft darstellt und
zum anderen die Vielgestaltigkeit des Angebots, die Besonderheiten der lieferbaren Ausstattung und ihrer Qualitäten sowie die unterschiedlichen Modalitäten der Lieferungen (Lieferfrist,
Auf- bzw. Einbau der Möbel) für einen nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrskreises eine fachkundige Beratung erfordert. Der Kunde erwartet daher, wenn man ihm
zumutet, das Geschäft sonntags während einer bestimmten Zeit aufzusuchen, nicht nur auf
einer Verkaufsfläche Möbel ausgestellt zu finden, sondern auch die jedenfalls nach seiner
Vorstellung erforderliche Beratung zu erhalten. Diese Auffassung hat der Senat in dem bereits zitierten Urteil vom 7. Februar 1985 (Aktenzeichen 2 U 186/83 - Bl. 91 bis 99 GA) bei
der Werbeankündigung eines Möbelhauses vertreten, an einem Sonntag einen „Tag der offenen Tür“ zu veranstalten. Dabei ist der Senat der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts
Köln und des Hanseatischen Oberlandesgerichtes Hamburg, wie sie in den in WRP 1982,
166 und 168 sowie WRP 1984, 564 veröffentlichten Entscheidungen ihren Ausdruck gefunden hat, gefolgt und ist der insbesondere vom Oberlandesgericht Stuttgart vertretenen gegenteiligen Auffassung (WRP 1984, 357, 358) ausdrücklich nicht beigetreten. An dieser Auffassung hält der Senat nach wie vor fest.
Die Abweichungen in der hier in Rede stehenden Werbeankündigung gegenüber dem Sachverhalt, der dem Urteil vom 7. Februar 1985 zugrunde lag, rechtfertigen keine andere Beurteilung. Bei der Beklagten handelt es sich zwar nicht um ein „Möbelhaus“, doch die beanstandete Ankündigung der Beklagten galt für ihre Möbelabteilung und nicht für eine sonstige
Abteilung, bei der anders als bei Möbeln der Verkehr möglicherweise keine Beratung erwartet.
Die Ankündigung „Möbel-Schautag“ in Verbindung mit dem Zusatz „ohne Verkauf“ ist im Hinblick auf die Erwartung des Verkehrs nach einer Beratung im Ergebnis auch nicht anders zu
bewerten als die bloße Ankündigung eines sonntäglichen „Tages der offenen Tür“. Die Bezeichnung „Schautag“ sowie der Hinweis „ohne Verkauf“ vermögen die Erwartung nicht unerheblicher Verkehrskreise von einer Beratung nicht zu korrigieren. Die Bezeichnung „Schautag“ mag zwar dem Wortsinne nach dahin verstanden werden können, daß der Tag der reinen „Schau“, d.h. dem bloßen Ansehen der Möbel dient. Ein nicht unerheblicher Teil des
angesprochenen Verkehrskreises wird jedoch bei Kaufgegenständen wie Möbeln davon
ausgehen, daß er bei einem solchen Schautag auch Einzelheiten durch Beratung über die
zur Schau gestellten Möbel erfahren kann, zumal der Begriff „Schau“ im deutschen Sprachgebrauch nicht nur auf eine bloße Besichtigung beschränkt ist, sondern für Ausstellung und
dergleichen gebraucht wird, in denen der Kunde auch durch Erläuterung und Beratung etwas
über die ausgestellten Stücke erfahren kann.
Hier kommt noch hinzu, daß die Beklagte die Ankündigung ihres sonntäglichen „MöbelSchautages“ mit dem Hinweis „ohne Verkauf“ verbunden hat. Ein nicht unerheblicher Teil
des angesprochenen Verkehrskreises, der, ohne juristisch vorgebildet zu sein, weiß, daß
Geschäfte am Sonntag aufgrund eines Gesetzes nicht geöffnet werden dürfen, wird den Zusatz „ohne Verkauf“ dahin interpretieren, daß zwar, um diesem Gesetz Genüge zu tun, kein
Verkauf durchgeführt wird, alle übrigen Verkaufsaktivitäten, insbesondere die Beratung, jedoch stattfinden.
Soweit im Schrifttum (vgl. z. B. Klocke WRP 1982, 354) dagegen argumentiert wird, daß der
Leser damit einen Verstoß gegen das Ladenschlußgesetz durch das ankündigende Unternehmen annehme, wird verkannt, daß der juristisch nicht vorgebildete Leser die Einzelheiten
des Ladenschlußgesetzes und die zu ihm ergangene Rechtsprechung nicht kennt. Der Senat
hat bereits in seinem Urteil vom 7. Februar 1985 festgestellt, daß die Unterscheidung zwischen bloßer Besichtigungsmöglichkeit und geschäftlichem Verkehr, wie ihn das Ladenschlußgesetz für Sonntage verbietet, eine nähere rechtliche Kenntnis, die erfahrungsgemäß bei erheblichen Teilen der Bevölkerung nicht vorhanden ist, voraussetzt.
Der Senat, dessen Mitglieder zu dem durch derartige Werbeankündigungen angesprochenen
Verkehrskreis gehören, sah sich auch nicht dadurch, daß es sich bei der streitigen Werbung
um eine im Raum B. erfolgte Werbung handelt, gehindert, aus eigener Sachkunde und Erfahrung festzustellen, wie die beanstandete Werbebehauptung von einem nicht unerheblichen Teil der im Raum B. angesprochenen Verbraucher aufgefaßt wird. Zwar ist die Verkehrsauffassung im deutschen Sprachraum nicht immer überall gleich (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 14. Aufl., § 3 UWG Rdnr. 34 mit Beispielen), doch ist die
hier in Rede stehende Ankündigung nicht geeignet, zu einem anderen Verständnis in Norddeutschland zu führen als in West- oder Süddeutschland (vgl. zu letzterem Urteil des LG
München vom 14. März 1984 (Aktenzeichen 7 HKO 19681/83 - Bl. 100 bis 103 GA)). Der
Vortrag der Beklagten, im Raum B. sei es nicht üblich, in einer solchen Werbung auch zusätzlich daraufhinzuweisen, daß eine Beratung nicht stattfinde, ist unerheblich und im übrigen auch nicht näher von der Beklagten substantiiert worden.
Soweit die Beklagte schließlich noch geltend macht, daß bei Selbstbedienungshäusern, wie
beispielsweise I., der Verbraucher eine Beratung nicht erwarte, hat sich der Senat mit diesem Argument bereits in dem mehrfach zitierten Urteil vom 7. Februar 1985 auseinandergesetzt (vgl. Bl. 97 GA). Der Senat verbleibt auch insoweit bei der von ihm früher vertretenen
Auffassung, daß auch ein Selbstbedienungsmöbelhaus üblicherweise nicht ohne Beratung
auskommt und der Kunde, insbesondere wegen der Frage nach Lieferfristen, eine Beratung
erwartet.
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