Die Liszt ferenc Academy of Music: Die Liszt Ferenc (ungarisch für Franz) Liszt Akademie wurde im Jahre 1875 mit der Intention gegründet, jungen talentierten ungarischen Musikern eine Möglichkeit zu bieten, im eigenen Land zu studieren. Ursprünglich befand sich die Akademie, die im Jahre 2000 in „Universität“ umbenannt wurde, in Liszts Wohngebäude. Auch heute noch finden dort Kurse statt. Hinzu kamen das repräsentative Jugendstilgebäude auf dem Liszt Ferenc ter (Platz), das heute Räumlichkeiten für den Instrumentalunterricht sowie einen großen Konzertsaal mit außergewöhnlicher Akustik beherbergt. Kammermusik findet in einem dritten Gebäude in der Semmelweis utca (Straße) statt. Die drei Gebäude liegen zu Fuß etwa 15 Minuten voneinander entfernt. Nach Liszt waren u.a. Ernö Dohnányi und Zóltan Kodály Präsidenten der Hochschule. Die Reihe der Ehrenprofessoren enthält große Namen wie Pablo Casals, Alfred Cortot, Emil Gilelsz, Jean Sibelius, Richard Strauss, Arturo Toscanini und Yehudi Menuhin. Als erfolgreiche Absolventen sind unter anderem András Schiff und Zoltan Kocsis zu nennen, beide noch immer erfolgreiche Solisten von Weltruhm. Als Studiengänge werden angeboten: • Tasteninstrumente • Streichinstrumente • Blasinstrumente • Operngesang • Komposition • Dirigieren • Musikwissenschaft • Kirchenmusik • Chorleitung • Schlagwerk • Schulmusik Des Weiteren ist es anders als in Deutschland möglich, eine Art Doktorgrad, genannt DLA (Doctor of liberal arts) im Instrumentalfach an das reguläre Studium anzuhängen. Dies gilt auch für Studenten, die ihren Instrumentalabschluss beispielsweise in Deutschland absolviert haben. Organisatorisches: Das Internationale Büro der Akademie, durch Hars Bórbála und Pandi Zita (in Ungarn werden die Nachnamen immer zuerst genannt) vertreten, ist für alle Bereiche des täglichen Lebens auch unabhängig vom Studium erster Ansprechpartner. Pandi Zita spricht fließend englisch und deutsch, Hars Borbala nur englisch. Vor Studienbeginn wird ein Schreiben mit dem Datum einer Einführungsveranstaltung verschickt, an dem man sich zusätzlich zu seinem Hauptfach auch für Kammermusikunterricht anmelden kann. Es empfiehlt sich aber, sich schon vorher mit anderen (Erasmus) Studenten zusammen zu finden. Die Kammermusikstunden sind sehr beliebt und werden eher an „schon bestehende“ Ensembles denn an Einzelpersonen vergeben. Weiterhin hilft das Internationale Büro im Vorfeld bei der Wohnungssuche. Insbesondere für Pianisten ist es äußerst wichtig, eine Wohnung mit bereits vorhandenem Klavier zu mieten, da es an der gesamten Akademie keine Überäume gibt. Da die Steuern in Ungarn für Vermieter sehr hoch sind, ist es normal, keinen Mietvertrag zu erstellen. Die Mieten für ein WG-Zimmer belaufen sich auf ca. 200 bis 400 Euro warm. Findet man als Pianist kein Zimmer mit Klavier, ist es mit Hilfe des Internationalen Büros auch relativ einfach, sich eines zu mieten. In den Studiengebühren, die von Erasmus übernommen werden, ist kein Semesterticket wie wir es möglicherweise gewohnt sind, enthalten. Mit dem ungarischen Studentenausweis, den man anfänglich nach Vorlage eines Passfotos erhält, kostet ein Monatsticket für den Nahverkehr jedoch nur um die 3000 Forinth. (12 Euro) Es empfiehlt sich aus rein praktischen Gründen, eine Wohnung in Pest, nicht in Buda zu mieten. Weiterhin sollte der 8. Kerület (Bezirk) möglichst vermieden werden, ist die Verbrechensrate hier doch deutlich höher als in anderen Teilen der Stadt. Klavierprofessoren: Wie an jeder anderen Musikhochschule auch ist es wichtig, sich im Vorfeld über mögliche Professoren zu informieren. Zumindest im Bereich Klavier kann ich durch eigene Unterrichtserfahrung und Gespräche mit anderen Studenten einige zu empfehlende Namen nennen. Ich möchte hierbei klar stellen, dass ich längst nicht alle Klavierlehrenden kennengelernt habe. Sollte ein Name auf dieser Liste also nicht vertreten sein, bedeutet das nicht, dass ich eine Abneigung gegen den Unterricht dieser Person hege, sondern sie schlichtweg nicht kenne. Weiterhin begründen sich meine Empfehlungen vor allem auf mein subjektives und demzufolge eingeschränktes Urteilsvermögen: Dráfy Kálmán Eckhardt Gábor Gulyás Márta (eigentlich Kammermusiklehrerin, unterrichtet aber auch Klavierstudenten und erfreut sich hoher Beliebtheit) Jandó Jenö Kemenes András Die Stadt: Budapest bestand früher aus Buda, Pest und Obuda. Obuda liegt heute auf der Budaer Seite, die durch die Donau von Pest getrennt ist. In Buda befinden sich die Fischerbastei, das Burgviertel und das Schloss. Die so genannte „Innenstadt“ wie auch die Akademie, die Konzerthäuser etc. liegen allerdings in Pest. Wie schon erwähnt empfiehlt es sich folglich, eine Wohnung in Pest zu mieten. Das Stadtbild ähnelt Wien und die alten, wunderschönen Gebäude und Plätze erinnern an die Prunkzeit, in der Budapest seinem österreichischen Pendant durchaus ebenbürtig war. Anders als dort sind einige Gebäude heutzutage aber etwas vernachlässigt und obwohl einige kleinere Teile der Stadt renoviert in altem Glanz erstrahlen macht sich doch der Geldmangel Ungarns nach dem Fall des Kommunismus bemerkbar. Ungarische Kultur und Volksmusik: Die ungarische Volksmusik, die eng mit der so genannten Gypsie Musik verbunden scheint, hat auch unter Jugendlichen einen enorm hohen Stellenwert. Ein kleines Kellergewölbe (übrigens jüngst erneut als Kulisse für einen großen Hollywoodfilm verwendet), beherbergt die Kneipe „Potcults“, in der jeden Dienstag Studenten und Größen der Gypsiemusik zusammen spielen, selbstverständlich kostenlos. Man muss zwischen „typisch ungarischer“ Musik für Touristen - wie sie in einschlägigen Restaurants gespielt wird - und Volksmusik von Ungarn für Ungarn unterscheiden. Letztere ist deutlich improvisierter und es ist gang und gäbe, dass beispielsweise der Bassspieler mitten im Stück aufsteht, sein Instrument aus der Hand legt und telefonieren geht. Sofort springt spontan irgendjemand aus dem Publikum auf und übernimmt den fehlenden Part. Anders als in klassischen Konzerten wird auch nicht „zugehört“ sondern Csardas getanzt und mitgesungen. So genannte „Tanzhaz“ sind bei Ungarn zwischen 20 und 30 Jahren deutlich beliebter als herkömmliche Diskotheken. Im „Phono“ werden jeden Mittwoch Tanzkurse, auch für Anfänger, angeboten; traditionelle Ringtänze, dem Prinzip des Sirtaki sehr ähnlich, lernt man am besten an jedem 2. Donnerstag im „Gödör Club“ am Déak ter durch Mitmachen. Diesbezüglich haben die Ungarn keine Berührungsängste und nehmen jeden noch so untalentierten Westeuropäer in ihre Runde auf. Volksmusik in ihrer ganzen Bandbreite ist eine der interessantesten kulturellen Erfahrungen, die man meiner Meinung nach in Budapest machen sollte. Kultur: Abgesehen von einem Opernhaus, zwei Operettentheatern, einem Musicaltheater, unzähligen Konzertsälen und Theatern, von denen ich mit Sicherheit nicht einmal die Hälfte kenne, finden fast jeden Abend hochrangige Konzerte im großen Saal der Akademie statt. Für Studenten kostenlos kann man hier Größen wie Grigory Sokolov und Oleg Maisenberg erleben. Aufführungen im „Müpa“, einem relativ neuen, modernen Konzerthaus kann man mit etwas Glück mit Studententickets für ca. 3 Euro besuchen. Vor allem Symphoniekonzerte unter der Leitung von weltweit bekannten Dirigenten wie Simon Rattle finden hier statt. Als die Oper gebaut wurde, verbot Kaiser Franz Joseph ein größeres Gebäude als die Wiener Staatsoper. Die stolzen Ungarn rächten sich mit einem noch prunkvolleren Interieur. Die Akademie verfügt über ein gewisses Kartenkontingent für fast jede Opernaufführung. Meldet man sich zwei bis drei Tage vorher in einem eigens dafür eingerichteten Büro im Untergeschoss des Hauptgebäudes an, kann man besagte Studentenkarten für umgerechnet 3 Euro kaufen. Ungarisch: Selbst nach einem Jahr in Ungarn ist es immer noch utopisch zu glauben, man könne sich relativ frei auf Ungarisch verständigen. Die Akademie bietet für Studenten zweimal die Woche einen Ungarisch-Kurs an. Leider findet sich Gelegenheit zur Vertiefung der praktischen Kenntnisse außer beim Bestellen oder Einkaufen relativ selten, sind doch die ungarischen Studenten allein durch ihre Vorlesungen und Studienpläne relativ unter sich. Einige Kurse wie zum Beispiel Musikgeschichte werden aber auch in Englisch angeboten. In Ungarn wird selbst unter jüngeren Leuten tendenziell noch eher deutsch als englisch verstanden und gesprochen. Essen und Trinken: Von vorneherein lässt sich feststellen, dass selbst zu kochen sich in Ungarn fast nicht als lohnenswert erweist. Verglichen mit deutschen Standards bieten die Lebensmittelgeschäfte relativ wenig Auswahl und sind sogar fast teurer als hier. Zum Einkaufen empfiehlt sich also fast nur die große Markthalle mit festen Gemüse und Fleischständen. Es gibt jedoch keinen Fisch und fast nur Puten und Schweinefleisch. Ein Land für Vegetarier ist Ungarn definitiv nicht. Allerdings bietet fast jedes Restaurant ein Mittagsmenü mit zwei bis drei Gängen und Auswahlmöglichkeiten für umgerechnet 3 Euro an. Ich persönlich habe nach den Weihnachtsferien bis zum Ende meines Auslandsaufenthalts im April kein einiges Mal mehr gekocht und habe dennoch weniger Geld für meine Ernährung ausgeben müssen.