Customer Journey

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64 Expertenwissen » Customer Journey – der rote Faden für die Personalisierung
Customer Journey
Der rote Faden für die Personalisierung
Der Begriff Customer Journey wurde bereits in den 50er-Jahren im Zusammenhang mit dem Point of Sale (POS)-Marketing verwendet und für die Konzeption der optimalen Orientierung des Kunden im Ladengeschäft eingesetzt. Mit dem
Aufkommen des Internets und des E-Commerce wurde das Konzept auf das World Wide Web übertragen und erweist
sich speziell in der Kombination aus Online- und Offline-Touch Points als Herausforderung für das Marketing.
Die Customer Journey ist der Prozess, den Kunden mit einem Unternehmen, seinen Marken und
Produkten an den jeweiligen Kommunikations-, Interaktions- oder Kontaktpunkten (Customer Touch
Points) durchlaufen. Dieser Kontakt kann z.B. beim
Besuch der Website oder auf Facebook, im Ladengeschäft, beim Sehen einer Anzeige, eines Plakats
oder Flyers oder am Telefon, bei der Benutzung des
erworbenen Produktes oder bei einer Beschwerde
über dasselbe erfolgen.
Wie bei vielen Themen im modernen Marketing,
ist auch für eine erfolgreiche Kommunikation entlang der Customer Journey ein enges Zusammenwirken zwischen der fachlich verantwortlichen
Marketingseite und der für die technische Um­
setzung zuständigen IT-Seite notwendig. Daher
wollen wir im Folgenden die Sichtweise und den
jeweiligen Beitrag dieser beiden Seiten separat
betrachten.
Customer Journey –
Die Marketing Sichtweise
Die Customer Journey als linearer Prozess oder Zyklus durchläuft üblicherweise sechs Phasen. Er beginnt mit der Awareness (dt. Aufmerksamkeit), die
durch einen Impuls zustande kommt. Das können
Werbemaßnahmen im On- und Offline-Bereich,
aber genauso die Empfehlung eines Bekannten
sein. Es folgt die Favorability (dt. Vorteilhaftigkeit), die positive Bewertung der Interaktion. Sie
führt zur Consideration (dt. Erwägung) der jeweiligen Situation und des Angebots und steht für
eine aktive Evaluierung. Der Konsument ist geneigt, sich mit einem möglichen Angebot auseinanderzusetzen, so dass als nächstes die Intent to
Purchase (dt. Kaufabsicht), also die Phase, in der
aktiv erwogen wird, eine Transaktion zu tätigen,
eintritt. Im Prozess geht es weiter mit der Conversion (dt. Umwandlung), was der Kauf eines Produktes oder die Eingabe einer Adresse sein kann.
Der Prozess wird schließlich finalisiert mit der
Loyalty (dt. Treue), die z.B. auf einem reibungslos ablaufenden Kaufprozess und gutem Service
beruht.
Die Customer Journey wird häufig als Zyklus dargestellt, da sie mit dem Kauf nicht endet, sondern
weitergeht. Es wird unterschieden zwischen passiver Loyalty (die Kunden behalten einen guten
Eindruck, können sich aber Marktbegleitern jederzeit zuwenden) und aktiver Loyalty, die die Kunden
vom Unternehmen so überzeugt, dass ein Wechsel
zu Wettbewerbern eher unwahrscheinlich wird.
Die Sicht auf diesen Prozess und auf die vielfältigen Interaktionspunkte führt zu einem veränderten Marketing. Anstelle herkömmlicher Kampagnen denken Marketingverantwortliche vermehrt in
Customer Journeys.
Sie evaluieren die Customer Experience (dt. Kundenerfahrung) als ganzheitlichen Eindruck vor,
während und nach dem Kauf. Hierzu wird die Customer Journey-Analyse bzw. das Customer Journey-Tracking häufig in Echtzeit eingesetzt. Die
Analyse erfasst die Werbebotschaften des Unternehmens und überprüft die Wirkung auf die Kunden in den Business Analytics.
Grundsätzlich ist die Customer Journey-Analyse in
digitalen Medien einfacher abzubilden, weil jede
Aktion, zumindest theoretisch, direkt erfassbar ist.
Sie wird durch Entwicklungen, wie z.B. das mobile Internet auch immer mehr auf die Interaktionspunkte in der realen Welt übertragen. Anstelle von
Reichweitenwerbung erfolgt eine gezielte Steuerung und Gestaltung der Interaktionspunkte, die es
ermöglicht, die Kunden- und Unternehmenserwartungen zu harmonisieren und aus einer Customer
Customer Journey – der rote Faden für die Personalisierung « Expertenwissen 65
Personalisierte Kommunikation entlang der Customer Journey ist das Ziel modernen Marketings. Dafür sind eine Reihe von Komponenten wichtig: Man braucht umfangreiche
Kundendaten, um die Bedürfnisse der Kunden zu erkennen.
Man benötigt außerdem Content, der zu diesen Bedürfnissen passt. Schließlich ist ein Mechanismus notwendig, der
dem einzelnen Kunden den für ihn relevanten Content an
den Touchpoints der Customer Journey anbietet. Um die
Kundendaten weiter anzureichern und den Content kontinuierlich zu verbessern, ist außerdem eine Analyse des
Kundenverhaltens und des Contents (ggf. über A/B Testing)
unverzichtbar.
Journey eine Customer Decision Journey zu machen. Dabei gibt es zwei wesentliche Voraussetzungen für ein erfolgreiches Begleiten des Kunden entlang seiner Customer Journey: Zum einen
muss dieser an allen Kontaktpunkten wiedererkannt werden, um bei der weiteren Kommunikation seine bisherigen Interaktionen berücksichtigen zu können.
Zum anderen muss man dem Kunden dort Content anbieten, der für ihn in seiner aktuellen Situa‑
tion eine möglichst hohe Relevanz hat, also sowohl zu seinen Interessen als auch zu seinen bisherigen Stationen auf seiner Customer Journey
passt. Während letzteres insbesondere das Marketing fordert, sind für das Wiedererkennen eines
Kunden meist technische Lösungen notwendig.
Customer Journey –
Die Sichtweise der IT
Der Beitrag der IT zum Thema Customer Journey
besteht vor allem darin, die nötigen Systeme für
die Analyse des Kundenverhaltens bereitzustellen. Die Herausforderungen sind zum einen, im
Idealfall an allen Touch Points Daten hierüber zu
sammeln, und zum anderen, den Kunden an allen
Touch Points zu identifizieren.
Im Online Marketing ist dies über Web Analytics
recht leicht möglich. Bereits die verbreiteten
Tracking-Lösungen wie Google Analytics, Adobe Analytics oder etracker bieten Tools, um die
Customer Journey darzustellen sowie Conversions bzw. den Sales Funnel zu analysieren. Auch
hier ist es nicht immer einfach, den Kunden über
mehrere Touch Points hinweg zu identifizieren,
z.B. wenn er verschiedene Endgeräte nutzt.
Dabei ist es hilfreich, wenn der Kunde sich für
den Zugriff auf die eigenen Online-Angebote registrieren und einloggen muss. So kann seine Customer Journey über verschiedene Geräte hinweg
beobachtet werden, da er sich jeweils dort neu
einloggt.
Dabei werden in der Regel auf den Endgeräten
Cookies abgelegt und einem Kundenprofil zugeordnet. Anhand dieser Cookies kann der Kunde
auch auf Seiten erkannt werden, für die er sich
nicht einloggen muss.
Deutlich schwieriger ist es, auch Offline Touch
Points zu analysieren. Dort können Daten vor allem durch Kassensysteme gesammelt werden,
wobei sich der Kunde z.B. durch eine Kundenkarte oder Coupons identifiziert.
Ein neuer Gedanke ist, den stationären Handel mit
lokalen Touch Points auszustatten, die den Kunden identifizieren, indem sie eine Interaktion mit
dem Mobilgerät des Kunden erlauben, z.B. über
kostenloses WLAN, Bluetooth (iBeacon) oder NFC
(Near Field Communication).
Ein weiterer Ansatz ist die Identifikation des Kunden über Location Based Services, sei es über
Apps oder im Rahmen sozialer Netzwerke, wie
z.B. Facebook, Google+ oder Foursquare, die ortsbasierte Meldungen ermöglichen, die dann ausgewertet werden können.
Ein vom Marketing gelegentlich übersehener
Touch Point ist das Servicezentrum, sei es in
Form eines Callcenters oder einer Self-ServicePlattform. Hier gibt es die Tendenz, die bisher häufig nur an die Kundenstammdaten angebundenen
Softwarelösungen mit weiteren Informationen
aus der Customer Journey anzureichern, um den
Kunden optimal zu unterstützen.
Wo auch immer die Daten gesammelt werden,
müssen sie für die Analyse der Customer Journey
in einer Datenbank, einem Data Warehouse oder
einer Data Management-Platform zusammengeführt werden. Außerdem muss gewährleistet sein,
dass der Kunde über alle Touch Points identifiziert
werden kann.
Dazu ist in der Regel eine zentrale Datenbank notwendig, in der für jeden Kunden die so genannten Identifier der unterschiedlichen Touch Points
(Kundennummern, Tracking Cookies, Benutzer‑
namen im Social Web, E-Mail-Adressen usw.)
konsolidiert werden.
Das alles muss natürlich unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben zum Datenschutz sowie der
E-Privacy-Richtlinie der EU erfolgen (in Deutschland durch das Telemediengesetz umgesetzt).
Erfolg durch enge Zu­sammenarbeit
von Marketing und IT
Nun ist es mit der Bereitstellung von Systemen
für Marketing Analytics durch die IT allein noch
nicht getan. Das Marketing muss mit Hilfe der IT
auch lernen, diese zu nutzen und aus den Analysen entsprechende Schlüsse zu ziehen. Dies gilt
sowohl für die Analyse des Kundenverhaltens und
die Ableitung der Kundenbedürfnisse als auch für
die Entwicklung und Optimierung des für die Kunden jeweils relevanten Contents.
Insgesamt erfordert also ein für den Kunden relevantes und personalisiertes Angebot entlang seiner Customer Journey eine enge Zusammenarbeit
zwischen Marketing und IT. Dazu müssen sich in
vielen Unternehmen meist beide Seiten fachlich
und prozessual weiterentwickeln: Das Marketing
braucht mehr Verständnis für Technologie und die
Auswertung von Daten, die IT muss sich an die
deutlich kürzeren Entwicklungszyklen und schnellen Reaktionszeiten gewöhnen, die für ein erfolgreiches Marketing nötig sind.
Fazit
Die Erfolgsfaktoren für eine optimale Begleitung
des Kunden entlang der Customer Journey sind:
‚‚ Erkennen des Kunden an möglichst vielen
Touch Points
‚‚ Analyse des Kundenverhaltens an diesen
Touch Points
‚‚ Prognose des für ihn als nächstes relevanten
Contents anhand seines bisherigen Verhaltens
und weiterer Informationen (Kaufhistorie, demografische Daten, etc.)
‚‚ Verfügbarkeit eines großen Pools an relevantem Content für die unterschiedlichsten
Situationen
‚‚ Bereitstellung des für den Kunden in seiner
speziellen Situation relevanten Contents an
seinem nächsten Touch Point
Erst die – idealerweise in Echtzeit durchgeführte – Verknüpfung dieser Faktoren ermöglicht eine
optimale Personalisierung der Kundenkommunikation. rst
DER aUTOR
Dr. Rene Steiner
2014 gründete der promovierte Physiker die erste auf den Einsatz von Technologie
im
Marketing
spezialisierte
Unternehmensberatung Deutschlands, Dr. STEINER & CARRETERO. (www.drs-c.de) Seine Erfahrungen an der Schnittstelle zwischen Marketing und IT sind auch intensiv in das Buch
„Marketing – IT / IT – Marketing – Eine Verständigungshilfe“
eingeflossen, in dem er als Co-Autor für die IT-Seite verantwortlich war.
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