Verwaltungsvorschrift zur Werbung von Öffentlich bestellten

Werbung
Verwaltungsvorschrift
zur Werbung von Öffentlich bestellten
Vermessungsingenieurinnen und Öffentlich bestellten
Vermessungsingenieuren (ÖbVI)
(Werbeerlass ÖbVI)
Erlass des Ministeriums des Innern
Aktenzeichen: 13 - 516-01
vom 10.06.2013
Ziel der Werbebeschränkung des § 9 Absatz 1 Satz 3 der ÖbVI-Berufsordnung1 ist es, eine ordnungsgemäße Berufsausübung sicherzustellen, die sich allein an den rechtlichen und technischen Notwendigkeiten orientiert und eine den individuellen Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger Rechnung
tragende Aufgabenwahrnehmung gewährleistet. Die den ÖbVI übertragenen hoheitlichen Aufgaben
erfordern eine größtmögliche Objektivität und werden im besonderen Vertrauen der Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümer wahrgenommen. Es darf nicht der Eindruck entstehen, die
Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von ÖbVI werde durch ein gewerbliches, gewinnorientiertes
Marktverhalten beeinflusst.
Die für andere freie Berufe vorliegende und weitgehend übertragbare Rechtsprechung erfordert es,
diese Werbebeschränkung in einem erweiterten Kontext auszulegen. Dabei ist zu berücksichtigen,
dass ÖbVI nicht alleine Aufgaben des amtlichen Vermessungswesens ausüben, sondern auch auf anderen Gebieten des Vermessungswesens tätig werden können. Die ÖbVI üben beide Tätigkeiten in
einer Person aus und können auch nur so von der Öffentlichkeit wahrgenommen werden.
Angesichts der vielfältigen und sich entwickelnden Medien, Inhalte und Gestaltungsmöglichkeiten ist es
nicht möglich, einen dem § 9 Absatz 1 Satz 3 der ÖbVI-Berufsordnung entsprechenden Katalog mit
zulässigen oder unzulässigen Werbemaßnahmen vorzugeben. Diese Verwaltungsvorschrift enthält
daher Begriffsbestimmungen und regelt die Grundsätze für die berufsrechtskonforme Werbung durch
ÖbVI.
1. Werbemaßnahmen
Der Begriff der Werbung beschreibt eine Tätigkeit, die darauf angelegt ist, unter planmäßiger Anwendung beeinflussender Mittel andere dafür zu gewinnen, die Leistungen derjenigen Person, für die geworben wird, in Anspruch zu nehmen. Ob diese Merkmale erfüllt sind, ist anhand von objektiven Kriterien (Verkehrsauffassung) zu ermitteln. Es ist zu beurteilen, ob Außenstehende den Eindruck haben
müssen, dass ein Leistungsanbieter – hier eine Öffentlich bestellte Vermessungsingenieurin oder ein
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Berufsordnung der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure im Land Brandenburg (ÖbVI-Berufsordnung - ÖbVIBO)
vom 18. Oktober 2000 (GVBl. I S. 142), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 13. April 2010 (GVBl.I/10, Nr.
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Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur – die Werbewirkung gezielt erreichen will, unabhängig davon, ob sie oder er überhaupt werben wollte. Es kommt dabei weder auf die Auswahl des Werbeträgers
noch darauf an, ob die Werbung durch die ÖbVI selbst oder durch Dritte erfolgt.
Die Präsentation im Internet nimmt bei der Werbung eine besondere Rolle ein. Hier stellen sich die
ÖbVI einer lesenden Person – anders als bei Anzeigen in Presseerzeugnissen – nicht ungefragt dar.
Die Homepage und die sozialen Netzwerke werden als passive Darstellungsplattformen in der Regel
von interessierten Personen, die bestimmte Informationen suchen, aktiv ausgewählt. Das Internet ist für
viele potenzielle Antragstellerinnen und Antragsteller inzwischen das Medium für die erste Kontaktaufnahme. Es ist deshalb ein legitimes Bedürfnis, in einem Internetauftritt umfassende Informationen zu
vermitteln, die für eine sachliche Auswahl von ÖbVI wesentlich sind.
Ob mit einer Werbemaßnahme die Grenze zur berufswidrigen Werbung überschritten wird, ist im Einzelfall von den ÖbVI unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung, des Berufsbildes und der besonderen Verantwortung, die mit der Beleihung hoheitlicher Befugnisse verbunden ist, zu beurteilen.
2. Ansprache eines unbestimmten Personenkreises
Die Ansprache eines unbestimmten Personenkreises liegt vor, wenn Informationen einer unbekannten
Anzahl von Personen, beispielsweise über Verbreitungskanäle wie das Internet oder die Presse zugänglich gemacht werden. Ein bestimmter Personenkreis ist dagegen eine der Anzahl nach bekannte
oder an Hand von Merkmalen abgrenzbare Gruppe von Personen. Auf die Größe des angesprochenen
Personenkreises kommt es dabei nicht an.
3. Sachliche Unterrichtung über die berufliche Tätigkeit in Form, Inhalt und Umfang
Den ÖbVI ist grundsätzlich berufsbezogene „Informationswerbung“ gestattet, d.h. sie dürfen zur Unterrichtung der Bürgerinnen und Bürger wahrheitsgemäße Sachinformationen über ihre Berufstätigkeit
geben. Zulässig sind dabei Werbeaussagen, die objektiv richtig sind und keine Einschätzungen enthalten, die nicht nachprüfbar sind. Durch Werbeaussagen dürfen keine falschen Erwartungen entstehen,
zumal die Leistungen der ÖbVI von Laien häufig nur schwer einschätzbar sind. Wertende Selbstdarstellungen, insbesondere in Form von Vergleichen oder durch den Gebrauch von Steigerungsformen sowie
irreführende Aussagen sind daher nicht zulässig.
3.1 Sachlichkeit in Form und Inhalt
In Anlehnung an die Anforderungen für die Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufe gilt
auch für die ÖbVI: „Eine Werbemaßnahme wird als unsachlich nur noch bezeichnet, wenn sie völlig
übertrieben, „plump aufdringlich“, marktschreierisch (erscheint) bzw. eine reklamehafte Selbstanpreisung enthält.“2 Diese Formen unsachlicher Werbemaßnahmen sowie eine belästigende Werbung sind
für ÖbVI nicht zulässig.
Die Informationen der ÖbVI dürfen nicht irreführend, müssen wahr und einer Überprüfung zugänglich
sein. Eine Werbung mit bloßen Werturteilen, Selbstanpreisungen (zum Beispiel als "Spezialist" oder als
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Kleine-Cosack, Kommentar zur BRAO, 4. Auflage 2003, § 43b, Rn. 27
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"Experte" oder ähnliche Bezeichnungen) oder mit inhaltsleeren Aussagen ist keine sachliche Unterrichtung im Sinne des § 9 Absatz 1 Satz 3 der ÖbVI-Berufsordnung und ist damit unzulässig. Das Verbot
von Qualitätsanpreisungen durch ein reklamehaftes Sich-Herausstellen gegenüber anderen ÖbVI soll
verhindern, dass durch wertende, nicht überprüfbare Werbeaussagen falsche Erwartungen bei den
Bürgerinnen und Bürgern entstehen.
Zulässig ist dagegen die Unterrichtung der Öffentlichkeit über ein zweckmäßiges Verhalten in bestimmten Situationen (beispielsweise bei der Planung von Bauvorhaben).
Das Sachlichkeitsgebot verlangt nicht, sich auf die Mitteilung nüchterner Fakten zu beschränken. Über
die nüchternen Fakten hinausgehende Angaben können ebenfalls zum Vertrauensverhältnis zwischen
ÖbVI und den Bürgerinnen und Bürgern beitragen. Deshalb kann eine über die nüchternen Fakten
hinausgehende Darstellung zulässig sein, soweit dadurch nicht der Informationscharakter in den Hintergrund gedrängt wird. Beispielsweise ist die Abbildung der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurin oder des Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs sowie ihrer bzw. seiner Geschäftsstelle auf
Fotos daher in zurückhaltender Form zulässig.
3.2 Sachlichkeit im Umfang
Die Sachlichkeit im Umfang kann durch die Häufigkeit der Werbemaßnahme verletzt sein. Tritt durch
die Häufigkeit der Werbemaßnahme die sachliche Unterrichtung in den Hintergrund und tritt die Eigenwerbung der ÖbVI in den Vordergrund, handelt es sich um eine unsachliche, berufswidrige Werbung.
4. Hinweise auf Leistungen
ÖbVI dürfen in angemessener Weise auf ihre Leistungen hinweisen und ein vorhandenes Informationsinteresse befriedigen. Beispielsweise können Informationen über die berufliche Qualifikation von ÖbVI,
die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder über abgedeckte Aufgabenfelder überprüfbare und
sachdienliche Aussagen zur Berufsausübung enthalten und damit zulässig sein.
Ein Herausstellen von eigenen Leistungen gegenüber Berufskolleginnen und -kollegen durch unaufgefordert bereitgestellte oder -gehaltene Referenzlisten verletzt das Gebot der Sachlichkeit. Werden Referenzobjekte konkret nachgefragt, kann eine Referenzliste bereitgestellt werden (z. B. über einen separaten Link auf der Homepage). Zu beachten ist dabei, dass die personenbezogenen Angaben zu bestehenden oder früheren Anträgen dem Datenschutz unterliegen. Referenzlisten mit personenbezogenen Daten dürfen daher nur mit der Zustimmung der betroffenen Antragstellerinnen oder Antragsteller
bereitgestellt werden.
5. Werbung, die auf die Stellung eines Antrages im Einzelfall gerichtet ist
Es ist ein berufsrechtlicher Grundsatz, dass ÖbVI nicht ungefragt mit dem alleinigen Ziel der Kundenakquisition an Menschen herantreten dürfen (auch nicht mit sogenannten Informationsschreiben). Die
ÖbVI-Berufsordnung bestimmt daher in § 9 Absatz 1 Satz 3, dass Werbung nicht erlaubt ist, die auf die
Stellung eines Antrags im Einzelfall gerichtet ist. Die Werbung ist auf die Stellung eines Antrags im
Einzelfall gerichtet, wenn einzelne der angesprochenen Werbeempfängerinnen oder Werbeempfänger
eine Vermessungsleistung für eine bestimmte Angelegenheit benötigen und von ÖbVI aus diesem
3
Grunde gezielt angesprochen werden. ÖbVI dürfen „ an potentielle Auftraggeber aber dann herantreten, wenn dies durch einen anderweitig erteilten Auftrag vermessungsrechtlich und/oder -technisch
veranlasst wird und es durch seine Berufspflichten gerechtfertigt ist, wie sie sich aus dem Gesetz und
dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften ergeben.3“
Im Land Brandenburg ist die Beratung der Bauherrin oder des Bauherrn durch ÖbVI wegen der Gebäudeeinmessungspflicht nach § 23 Absatz 2 Satz 1 des Brandenburgischen Vermessungsgesetzes4
mit dem Ziel der Stellung eines Antrags zur Einmessung der baulichen Anlagen verbunden. Sind ÖbVI
mit der bauordnungsrechtlichen Einmessung nach § 68 Absatz 3 der Brandenburgschen Bauordnung5
beauftragt, so bedarf es des Antrags der potenziellen Antragstellerin oder des Antragstellers für die
vermessungsrechtliche Gebäudeeinmessung, um beide Arbeiten entsprechend § 23 Absatz 2 Satz 2
Brandenburgisches Vermessungsgesetz zusammenzufassen. ÖbVI dürfen in diesem Fall an potenzielle Antragstellerinnen oder Antragsteller herantreten, da dieses durch den erteilten Auftrag vermessungsrechtlich veranlasst wird und durch die Berufspflichten gerechtfertigt ist.
Die Ermöglichung der Beantragung einer Vermessungsleistung auf der Homepage von ÖbVI in einer
passiven Angebotsform verstößt nicht gegen den Grundsatz „keine Ausrichtung auf die Erteilung eines
Antrags im Einzelfall“. Die zweckmäßige Beratung der Antragstellerin oder des Antragstellers ist hierbei
zu gewährleisten. Ebenso ist das Angebot von Kostenschätzungen auf der Homepage von ÖbVI zulässig.
6. Werbung für Dritte
Nach den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätzen ist die Werbung von ÖbVI für Dritte als berufswidrig anzusehen. Die Werbung von ÖbVI für Dienstleistungen oder Produkte gewerblicher
Anbieterinnen oder Anbietern oder die Nennung von gewerblichen Anbieterinnen oder Anbietern z. B.
in den Büroräumen oder auf der Homepage der ÖbVI ist unzulässig. Die Werbung für gewerbliche Anbieterinnen oder Anbieter ist im Regelfall Ausdruck eines am Gewinn orientierten Gewerbes und gefährdet hierdurch das Vertrauen der Bürgerin und des Bürgers in die ÖbVI als Beliehene.
7. Gleichzeitige Werbung für hoheitliche und nicht hoheitliche Tätigkeiten
Die Beleihung von ÖbVI beschränkt sich auf die Erledigung von Hoheitsaufgaben des Landes. Die
Zulassung berechtigt zur Führung der Berufsbezeichnung „Öffentlich bestellte Vermessungsingenieurin“ oder „Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur“ bei Tätigkeiten auf allen Gebieten des Vermessungswesens.6 ÖbVI nehmen die nicht hoheitlichen Tätigkeiten jedoch nicht als Beliehene wahr. Bei
Werbemaßnahmen, mit denen gleichzeitig für hoheitliche und privatrechtliche Tätigkeiten insbesondere für die Immobilienwertermittlung- geworben wird, darf nicht der Eindruck erweckt werden,
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.01.2008, Az. 14 A 1228/07
Gesetz über das amtliche Vermessungswesen im Land Brandenburg (Brandenburgisches VermessungsgesetzBbgVermG) vom 27. Mai 2009 (GVBl.I/09, [Nr. 08], S.166), geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 13. April 2010
(GVBl.I/10, [Nr. 17])
5 Brandenburgische Bauordnung (BbgBO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. September 2008 (GVBl.I/08, [Nr.
14], S.226), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 29. November 2010 (GVBl.I/10, [Nr. 39])
6 § 1 Absatz 2 Satz 1 ÖbVI-Berufsordnung
3
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4
dass für die Durchführung der privatrechtlichen Tätigkeiten eine Beleihung, Zulassung oder öffentliche
Bestellung vorliegt.
8. Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Verwaltungsvorschrift tritt mit Wirkung vom 10.06.2013 in Kraft und tritt am 09.06.2018 außer
Kraft.
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