JUGENDARBEIT Die etwas andere Jugendarbeit auf dem Land Die Jugendarbeit in ländlichen Gebieten unterscheidet sich von der Jugendarbeit in Städten und Agglomerationen. Das Jugendkonzept March ist ein Beispiel dafür, wie Jugendarbeit in ländlichen Gebieten erfolgreich betrieben werden kann. Basis ist ein modulares Konzept, das die Stiftung «idée:sport» für die Jugendarbeit in ländlichen Räumen entwickelt hat. Angebote wie Jugendhäuser oder aufsuchende Jugendarbeit funktionieren sowohl auf dem Land als auch in urbanen Gebieten. Insbesondere im ländlichen Raum gibt es aber oft «nur» ein Angebot. Wird dieses abgesetzt, verschwindet folglich auch die Jugendarbeit vollständig. Dieser unheilvolle Kausalzusammenhang ist in den Städten weniger gegeben, weil es mehrere Angebote von oftmals verschiedenen Leistungserbringern gibt und diese immer öfters von einem Jugendbeauftragten koordiniert werden. Vereinsleben hat eine grössere Bedeutung Für ländliche Gegenden braucht es demzufolge eine Form der Jugendarbeit, die zusätzlich die Koordination und das gemeinsame Realisieren in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellt. Allzu oft tragen Konzepte weder den Eigenheiten einer Gemeinde, den bereits vorhandenen Angeboten und Ideen, noch den bestehenden lokalen Netzwerken und Milizsystemen Rechnung. Ein Beispiel dafür ist das Vereinsleben, das auf dem Land – gerade für Heranwachsende – von ungleich grösserer Bedeutung ist als in urbanen Gebieten. Basierend auf diesem Verständnis hat die Stiftung «idée:sport» ein modulares Konzept für die Jugendarbeit in ländlichen Räumen entwickelt. Die Jugendarbeit ist nicht an ein einzelnes Angebot wie beispielsweise ein Jugendhaus gebunden. Stattdessen basiert sie auf gut eingespielten Strukturen, die auch bei der Einstellung weiter funktionieren. Seit 2011 setzt die Stiftung dieses Konzept in der Praxis im Kanton Schwyz um. Der Bezirk March. Er besteht aus neun Gemeinden: von mittelgrossen, finanziell gut situierten bis hin zu kleinen mit bescheidenen Budgets. Entsprechend unterschiedlich sind die lokalen Ansprüche und das Verständnis von Jugendarbeit. Der Bezirksrat, zuständig für die Umsetzung der Jugendarbeit, hat 2010 den Auftrag für den Aufbau einer bezirksübergreifenden Jugendarbeit ausgeschrieben. Das Konzept der Stiftung «idée:sport» überzeugte sowohl den Bezirksrat als auch das Stimmvolk. Im Mai 2011 wurde einer Kreditvorlage von Zusammen mit der jungen Wirtschaftskammer Ausserschwyz und dem Lions Club Schwyz hat die Stiftung «idée:sport» das Schnupperprojekt «Fit4Jobs» realisiert. Bilder: zvg 24 618 300 Franken für den Aufbau einer Jugendarbeit von drei Jahren deutlich zugestimmt. Jugendarbeit für neun Gemeinden Wie baut man eine Jugendarbeit für neun Gemeinden auf, die allen Gemeinden und Jugendlichen gerecht wird? Indem man die Jugendarbeit nicht an ein einzelnes Angebot oder einen spezifischen Ort bindet, sondern auf mehreren Standbeinen verteilt. Freilich braucht es dafür eine Drehscheibe, wo alle Fäden zusammenlaufen. An diese Anlauf- und Informationsstelle können sich Jugendliche, Erwachsene, Vereine oder andere Interessenten mit ihren Anliegen wenden. In einem Bezirk mit neun Gemeinden kein leichtes Unterfangen. Im Bezirk March übernimmt das Jugendbüro March diese Aufgaben. Im Gegensatz zu einem Jugendtreff, wo sich Jugendliche treffen und sich amüsieren, bietet das Jugendbüro in erster Linie Unterstützung bei der Umsetzung von Ideen, steht beratend zur Seite oder unterstützt die Jugendlichen bei der Lehrstellensuche. Domiziliert ist das Jugendbüro in Lachen, dem Hauptort des Bezirks March und einem Verkehrsknotenpunkt. Das «physische Defizit», nicht in allen Gemeinden Präsenz zu markieren, wird durch ein dichtes Netzwerk, das sich über den ganzen Bezirk spannt, wettgemacht. Lokale Akteure und Partner sind dabei die Schulen, Eltern, Vereine, Politik, Polizei, Wirtschaft und Fachstellen, um nur die wichtigsten zu nennen. Obschon der Aufbau und die Pflege eines tragfähigen Netzwerkes sehr zeitintensiv sind, sind persönliche Kontakte für eine lokal verankerte, gut akzeptierte und langfristige Jugendarbeit unabdingbar und von unschätzbarem Wert. Das Jugendbüro March hat drei Kernaufträge entlang den Lebenswelten der hiesigen Jugendlichen: Jugend und Verein, Jugend und Freizeit, Schule und Beruf. Schweizer Gemeinde 1/14 JUGENDARBEIT Stiftung «idée:sport» Die Stiftung «idée:sport» nutzt Sport als Mittel der Gewalt- und Suchtprävention, der Gesundheitsförderung und der gesellschaftlichen Integration. Seit 1999 werden in der ganzen Schweiz an aktuell über 140 Standorten jeden Samstagabend «Midnight Sports»-Veranstaltungen für Jugendliche und am Sonntagnachmittag «Open Sunday»-Anlässe für Kinder angeboten. Im Jahr 2012 verzeichneten die offenen Spiel- und Sportangebote der Stiftung über 110 000 Teilnahmen. Ziel ist es, stabile und bewegungsorientierte Treffpunkte anzubieten, die von Kindern und Jugendlichen aktiv mitgestaltet werden. www.ideesport.ch Jugendarbeit und Vereine zusammenbringen Die Vereinslandschaft im Bezirk March ist sehr ausgeprägt. Viele Sport- und Kulturvereine leisten im Ehrenamt wertvolle Jugendarbeit. Das aktuelle Konzept würdigt und berücksichtigt die Vereinsjugendarbeit im Bezirk. Mehr noch: Der Austausch und die Unterstützung der Sport- und Kulturvereine ist ein zentraler Pfeiler der Jugendarbeit des Bezirks March. Wie eingangs beschrieben, ist die Jugendarbeit in der March modular aufgebaut. Zur Veranschaulichung ein Beispiel aus dem Bereich Jugend und Verein: Um die Märchler Vereine in ihrer Arbeit mit Jugendlichen zu unterstützen und einen regelmässigen Austausch untereinander zu fördern, organisiert das Jugendbüro halbjährlich einen Vereinspräsidentenkonvent. Der Konvent steht allen Märchler Vereinen offen. Bis anhin haben zwei Veranstaltungen stattgefunden, die auf grossen Anklang stiessen. Das Ziel ist es, dieses Gefäss so zu etablieren, dass es das Jugendbüro mittel- fristig als Initiant nicht mehr braucht, sondern von den Vereinen selbst koordiniert und veranstaltet wird. Ist dieser Zeitpunkt gekommen, fällt das Modul Vereinspräsidentenkonvent weg. Offene Turnhallen als Treffpunkte Gerade im Teenageralter orientieren sich Jugendliche an ihren «Gspänli», und es ist ihnen ein Grundbedürfnis, ihre Freizeit mit Freunden zu verbringen. In der March wird dieses Bedürfnis durch die «Midnight Sports»-Angebote in Altendorf (untere March) und in Buttikon (obere March) gedeckt. Die Jugendlichen haben von Oktober bis April jeden Samstagabend die Möglichkeit, sich in der Turnhalle bei Sport, Spiel und Musik zu treffen. Nach erfolgreicher Initiierung und Aufbauarbeit durch das Jugendbüro wurden in Altendorf und in Buttikon lokale Trägervereine gegründet. Beide Vereine sind im Jugendkonzept insofern integriert, als dass der Projektkoordinator des Jugendbüros in beiden Vorständen das Ressort Personelles innehat und so quasi eine qualitative Klammer bildet. Zudem erhalten beide Vereine finanzielle Unterstützung aus dem Jugendkredit. Dieses Vorgehen illustriert, wie es gelingt, Milizsysteme in ein Gesamtkonzept zu integrieren. Schule und Beruf – Unterstützung beim Weichenstellen Das Jugendbüro bietet ein leicht zugängliches, stabiles Beratungsangebot für Jugendliche und Eltern rundum ihre Anliegen zum Thema Schule und Beruf. Obschon das Angebot an Fachstellen sehr gross ist, haben die Beratungen im ersten Jahr exponentiell zugenommen. Insbesondere bildungsferne Jugendliche, die entweder aus dem Brückenangebot ausgetreten sind oder als Werkschüler mit gravierenden schulischen Defiziten zu kämpfen haben, nutzen das Angebot des Jugendbüros. Gerade jene Jugendlichen, die aus dem Brückenangebot entlassen worden sind, stehen vor dem «freien Fall». Häufig bedeutet das Jugendbüro für sie der letzte Hort, wo sie angehört werden und wo man sich Zeit für sie nimmt. Ein weiterer Strang ist die Vernetzung mit dem lokalen Gewerbe und der Wirtschaft. Beispielsweise wurde in Zusammenarbeit mit der jungen Wirtschaftskammer Ausserschwyz und dem Lions Club Schwyz an der letzten Gewerbeausstellung in Lachen das Projekt «Fit4Jobs»-Schnupperpass realisiert. Die im Pass enthaltenen Schnupperangebote ermöglichen den Jugendlichen Einblicke in verschiedene Berufe beim lokalen Gewerbe. Initiieren, Realisieren, Koordinieren Am Anfang unserer Arbeit in der March haben wir versucht, genau hinzuschauen. Wir haben viele Gespräche mit lokalen Akteuren geführt, um herauszufinden, welche Angebote es für Jugendliche bereits gibt und wo es in ihren Augen noch Lücken gibt. Wir haben Projekte initiiert, um diese Lücken zu schliessen, im Verbund mit lokalen Partnern geholfen, Ideen zu realisieren, Angebote zu koordinieren und Synergien zu schaffen. Kurzum: Unsere Arbeit besteht darin, Neues mit Bestehendem in Einklang zu bringen, um eine tragfähige und breit abgestützte Jugendarbeit zu verankern. Oder anders ausgedrückt: im Dreiklang zum Einklang. Arun Müller, Stiftung «idée:sport» An über 140 Standorten werden jeden Samstagabend «Midnight Sports»-Veranstaltungen für Jugendliche und am Sonntagnachmittag «Open Sunday»-Anlässe für Kinder angeboten. Schweizer Gemeinde 1/14 Informationen: www.jugendbueromarch.ch 25