Kapitel 2 – Wahrscheinlichkeitsrechnung

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TU Dortmund
Wintersemester 2009/2010 – Statistik für Ökonomen
Kapitel 2 – Wahrscheinlichkeitsrechnung
Definition 2.77: Normalverteilung & Standardnormalverteilung
Es sei µ ∈ R und 0 < σ 2 ∈ R. Besitzt eine stetige Zufallsvariable X die Dichte
1
2
− 21 ( x−µ
σ )
f (x) = √
e
2
2 πσ
,
x ∈ R,
so heißt X normalverteilt mit den Parametern µ und σ 2, kurz: X ∼ N (µ, σ 2).
Gilt dabei µ = 0 und σ 2 = 1, so heißt X standardnormalverteilt.
Dr. Karsten Webel
264
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Kapitel 2 – Wahrscheinlichkeitsrechnung
Bemerkung 2.78: Eigenschaften der Normalverteilung
0.6
0.5
µ=0
0.5
µ=2
0.4
σ2 = 1
0.4
σ2 = 1
f(x)
f(x)
0.6
0.3
0.3
0.2
0.2
0.1
0.1
0
0
−5
−2.5
0
2.5
5
−5
−2.5
x
2.5
5
2.5
5
x
0.6
0.6
0.5
µ=0
0.5
µ=2
0.4
σ2 = 2
0.4
σ2 = 0.5
f(x)
f(x)
0
0.3
0.3
0.2
0.2
0.1
0.1
0
0
−5
−2.5
0
x
Dr. Karsten Webel
2.5
5
−5
−2.5
0
x
265
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Bemerkung 2.78: Eigenschaften der Normalverteilung (Fortsetzung)
Es sei X ∼ N (µ, σ 2). Dann gilt:
a) Die Dichte von X ist symmetrisch um µ, d. h.
f (µ − x) = f (µ + x) für alle x ∈ R.
b) Der Erwartungswert und die Varianz von X lauten:
E (X) = µ und
Dr. Karsten Webel
Var (X) = σ 2.
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Beispiel 2.79: Rendite
Angenommen, die zeitstetige monatliche Rendite (in %) einer Aktie ist eine
normalverteilte Zufallsvariable mit Erwartungswert 0,5 und Varianz 4.
Mit welcher Wahrscheinlichkeit steigt der Kurs dieser Aktie dann in einem Monat
um mehr als 5%?
Dr. Karsten Webel
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Beispiel 2.79: Rendite (Fortsetzung)
X = monatliche Rendite in %“
”
⇒
X ∼ N (0, 5; 4)
P (X > 5) = 1 − P (X ≤ 5) = 1 −
Z5
−∞
|
Dr. Karsten Webel
2
1
− 12 ( x−0,5
)
2
√
dx
·e
2π · 4
{z
}
schwer zu berechnen
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Satz 2.80:
Es sei X ∼ N (µ, σ 2). Dann gilt:
X −µ
∼ N (0, 1).
σ
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Beispiel 2.81: Rendite (Fortsetzung Bsp 2.79)
Für die monatliche Rendite der Aktie ergibt sich damit:


 X − 0, 5 5 − 0, 5 

P (X > 5) = 1 − P (X ≤ 5) = 1 − P 
≤

2 }
2 
| {z
∼N (0,1)
= 1 − FN (0,1)(2, 25) = 1 − Φ(2, 25)
= 1 − 0, 9878
= 0, 0122 = 1, 22%.
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Bemerkung 2.82: tabellierte Verteilungsfunktion Φ(·) der N (0, 1)-Verteilung
x2
x1
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0,00
···
0,04
0,05
0,06
···
0,0
..
0,5000
..
···
...
0,5160
..
0,5199
..
0,5239
..
···
..
2,1
0,9821
···
0,9838
0,9842
0,9846
···
2,2
0,9861
···
0,9875
0,9878
0,9881
···
2,3
..
0,9893
..
···
..
0,9904
..
0,9906
..
0,9909
..
···
...
271
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Satz 2.83:
Es seien X1, X2, . . . , Xn unabhängige Zufallsvariablen mit Xi ∼ N (µi, σi2). Dann
gilt:
n
X
i=1
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Xi ∼ N
à n
X
i=1
µi,
n
X
i=1
!
σi2 .
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Bemerkung 2.84: Spezialfall von Satz 2.83
Es seien X1, X2, . . . , Xn unabhängige und identisch verteilte Zufallsvariablen mit
Xi ∼ N (µ, σ 2). Dann gilt:
n
X
i=1
Xi ∼ N nµ, nσ
bzw.
X̄n ∼ N
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¡
µ
2
¢
¶
σ2
µ,
.
n
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Satz 2.85: zentraler Grenzwertsatz
Es seien X1, X2, . . . , Xn unabhängige und identisch verteilte Zufallsvariablen mit
E (Xi) = µ und Var (Xi) = σ 2. Dann gilt:
P
n

X − nµ
 i=1 i


√
lim P 
≤ x
= Φ (x)

n→∞
σ n
bzw.
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¶
√ X̄n − µ
n
≤ x = Φ (x).
lim P
n→∞
σ
µ
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Kapitel 2 – Wahrscheinlichkeitsrechnung
Beispiel 2.86: Aktienindex DAX
Angenommen, die sukzessiven Änderungen des Deutschen Aktienindexes (DAX)
seien unabhängige Zufallsvariablen und es gelte:
P (DAX steigt) = P (DAX fällt) = 1/2.
Mit welcher Wahrscheinlichkeit steigt dann der DAX an mehr als 120 von
insgesamt 200 Börsentagen?
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275
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Kapitel 2 – Wahrscheinlichkeitsrechnung
Beispiel 2.86: Aktienindex DAX (Fortsetzung)
Definiere
Xi =


1, DAX steigt am i-ten Börsentag
,
i = 1, . . . , 200.

0, sonst
Dann gilt:
uiv
µ
X1, X2, . . . , X200 ∼ Bin 1,
Dr. Karsten Webel
1
2
¶
⇒
200
X
µ
¶
1
Xi ∼ Bin 200,
X=
2
i=1
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Kapitel 2 – Wahrscheinlichkeitsrechnung
Beispiel 2.86: Aktienindex DAX (Fortsetzung)
Gesucht:
P (X > 120) = 1 − P (X ≤ 120)
120
P
= 1−
P (X = k)
= 1−
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k=0
120
P¡
k=0
200
k
¢ ¡1¢
2
(nicht tabelliert)
(schwer zu berechnen)
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Kapitel 2 – Wahrscheinlichkeitsrechnung
Satz 2.87: Grenzwertsatz von Laplace und de Moivre
Es seien X1, X2, . . . , Xn unabhängige und identisch verteilte Zufallsvariablen mit
Xi ∼ Bin (1, p). Dann gilt:
P

n
X − np
 i=1 i


lim P  p
≤ x
= Φ (x).

n→∞
np (1 − p)
Dr. Karsten Webel
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Kapitel 2 – Wahrscheinlichkeitsrechnung
Bemerkung 2.88:
Der Grenzwertsatz von Laplace und de Moivre ist ein Spezialfall des zentralen
Grenzwertsatzes (Satz 2.85) mit
µ = p und σ 2 = p (1 − p).
Die Approximation durch Satz 2.87 ist akzeptabel, wenn die Bedingungen
(1) n ≥ 30,
(2) np ≥ 10,
(3) n (1 − p) ≥ 10
erfüllt sind.
Dr. Karsten Webel
279
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Kapitel 2 – Wahrscheinlichkeitsrechnung
Bemerkung 2.89: Approximation der Bin (10; 0, 4)-Verteilung durch die
N (4; 2, 4)-Verteilung
1
F(x)
0.75
0.5
0.25
0
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
x
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280
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Kapitel 2 – Wahrscheinlichkeitsrechnung
Beispiel 2.90: Aktienindex DAX (Fortsetzung Bsp. 2.86)
Voraussetzungen“ von Satz 2.87 sind erfüllt:
”
(1) n = 200 ≥ 30 X,
(2) np = 100 ≥ 10 X,
(3) n (1 − p) = 100 ≥ 10 X
Also:


 X − 100 120 − 100 


√
P (X > 120) = 1 − P (X ≤ 120) = 1 − P  √
≤


50 }
50 
| {z
≈N (0,1)
≈ 1 − Φ (2, 83) = 1 − 0, 9977 = 0, 0023 = 0, 23%
Dr. Karsten Webel
281
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Kapitel 2 – Wahrscheinlichkeitsrechnung
Bemerkung 2.91: Fazit zu ausgesuchten Verteilungen
• unabhängige Wiederholungen eines Bernoulli-Experiments als Indiz für Binomialverteilung
• Normalverteilung als wichtigste stetige Verteilung
• Berechnung von Wahrscheinlichkeiten für normalverteilte Zufallsvariablen
immer über Standardnormalverteilung
• Approximation beliebiger Verteilungen durch Standardnormalverteilung bei
großem Stichprobenumfang möglich
Dr. Karsten Webel
282
Kapitel 3 – Schließende Statistik
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Kapitel 3 – Schließende Statistik
Motivation
Grundgesamtheit
Stichprobe
Realisation
mit unbekannter
X1,...,Xn mit
x1,...,xn der
Verteilung F
Verteilung F
Stichprobe
Rückschluss auf F
Dr. Karsten Webel
284
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Kapitel 3 – Schließende Statistik
Motivation (Fortsetzung)
Kapitel 2: Verteilung F einer Zufallsvariablen X ist bekannt
⇒ sämtliche Parameter“ von F (Erwartungswert, Varianz, Quantile, . . . )
”
lassen sich direkt angeben
Kapitel 3: Verteilung F einer Zufallsvariablen X ist unbekannt
uiv
⇒ Stichprobe X1, X2, . . . , Xn ∼ F
⇒ Realisationen x1, x2, . . . , xn sollen Rückschlüsse auf unbekannte Parame”
ter“ von F liefern
Dr. Karsten Webel
285
Punktschätzung
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Kapitel 3 – Schließende Statistik
Beispiel 3.1: Verspätung der S1 (vgl. Bsp. 2.39)
An einem bestimmten Tag im Januar 2009 wurden an der S-Bahn-Haltestelle
Dortmund Universität“ folgende Verspätungen der S1 (in Minuten) gemessen:
”
4,
12,
10,
0,
7,
20,
10,
0,
5,
2.
Wie groß ist die durchschnittliche Verspätung der S1 an diesem Tag?
Dr. Karsten Webel
287
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Kapitel 3 – Schließende Statistik
Definition 3.2: Schätzfunktion & Schätzwert
Es seien X1, X2, . . . , Xn Stichprobenvariablen aus einer Grundgesamtheit mit
unbekannter Verteilung Fθ . Dann heißt eine Funktion
θ̂ = g (X1, X2, . . . , Xn)
Schätzfunktion, kurz: Schätzer, für den unbekannten Parameter θ.
Der sich aus den Realisationen der Stichprobenvariablen ergebende Wert
g (x1, x2, . . . , xn) heißt Schätzwert für θ.
Dr. Karsten Webel
288
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