Mit Mozarts Worten Das Projekt Mit Mozarts Worten wurde mit dem Ziel konzipiert, einen mehrsprachigen Zugang zur umfangreichen Korrespondenz von Mozart und seinen Familienangehörigen zu schaffen – circa 1400 Briefe, die schrittweise online zur Verfügung gestellt werden sollen. Der Grundgedanke des Projekts ist die Erstellung einer einheitlichen Datenbank zu allen Referenzen auf Personen, Orte und Werke in den Briefen, um deren systematische Recherche zu ermöglichen. Die Briefe von Mozart und seinen Familienangehörigen stellen mit ihrem Umfang und Detailreichtum den weitest reichenden und wichtigsten Briefwechsel eines Musikers aus dem 18. Jahrhundert dar. Sie sind eine bedeutende Informationsquelle sowohl für die biographischen Angaben zu seinem Leben als auch für die Entstehung und Datierung seiner Werke. Viele relevante Episoden aus Mozarts Leben – Informationen sowohl zu seiner Kindheit als auch zu seiner Kompositionstätigkeit in Wien – sind nur durch diese Briefe bekannt, und nicht wenige Werke sind nur durch die Briefe belegt. Die Briefe vermitteln außerdem viele Informationen zur Aufführungspraxis, indem sie wichtige Angaben zur Qualität und Größe der damaligen Orchester geben, und schließlich können sie bei der Klärung von strittigen Fragen einer Komposition helfen. Aus diesem Grund haben wir dem Projekt den Namen „Mit Mozarts Worten“ gegeben. Das umfangreiche Projekt wird einen Zeitraum von mehreren Jahren umfassen und auf der Webseite von European Mozart Ways mit einheitlichen thematischen oder chronologischen Modulen zugänglich sein. In der ersten Phase dieser umfassenden Veröffentlichung sollen 114 erhaltene Briefe erfasst werden, die Mozart und sein Vater Leopold an die Mutter Maria Anna und an die Schwester Nannerl (einschließlich einiger anderer Korrespondenten) während der drei Italienreisen zwischen 1769 und 1773 – einer wesentlichen Etappe der damals für die Erziehung des jungen Genies fundamentalen Grand Tour – schrieben. Die Briefe werden in der originalen deutschen Fassung und – zum jetzigen Zeitpunkt – in einer italienischen, englischen sowie französischen Übersetzung geboten; auf der Webseite sollen später schrittweise auch Übersetzungen in anderen Sprachen – wenn auch nur auszugsweise – zur Verfügung gestellt werden. Die Briefe, die während der Italienreisen von Vater und Sohn geschrieben wurden, sind überwiegend von Leopold an seine Frau Maria Anna adressiert. Sie geben nicht nur Auskunft über ihr gesellschaftliches und musikalisches Leben, sondern bieten an mehreren Stellen auch einen Einblick in Leopolds Pläne für die Karriere des Sohnes, manchmal, aus Zensurgründen, in verschlüsselter Form oder in einer familiären Geheimschrift. Dieser Teil der Korrespondenz ist auch deswegen besonders wertvoll, weil er die ersten Briefe von Mozart selbst enthält, meist in Form lebendiger und liebevoller Postskripta an die Schwester. Bei einem Briefwechsel – besonders bei einem aus dem 18. Jahrhundert – würde eine einfache Wiedergabe des Textes für eine effiziente Recherche nicht ausreichen, da nicht nur die Orthografie vieler Personenund Ortsnamen innerhalb einzelner Briefe oder aus verschiedenen Zeiträumen inhomogen ist, sondern auch weil in einer Familienkorrespondenz wie dieser viele Gesprächsbezüge implizit bzw. unausgesprochen bleiben, da sie häufig aus Konventionen und mehr oder weniger zwischen den Briefpartnern festgelegten Gebräuchen bzw. Andeutungen auf frühere, eventuell verschollene Briefe entstanden sind. Aus diesem Grund wurde jeder Brief gründlich analysiert, und jede Referenz ist – unter Einbeziehung der existierenden wissenschaftlichen Sekundärliteratur – händisch mit einem Lemma des mehrsprachigen ‚kontrollierten Lexikon‘ verlinkt worden. Nur durch einen von seinem Wortlaut unabhängigen Zugang zu den Briefen ist eine mehrsprachigen ‚Navigation‘ möglich, bei der die semantische Bedeutung jeder Referenz eindeutig bleibt. Durch die eindeutige Zuordnung von Referenz und entsprechendem Lemma des Lexikons bleibt die Identifizierung der Referenz unabhängig von ihrem Wortlaut innerhalb einer Sprache erhalten. So kann nicht nur Innsprugg, Insprug, Insprugg immer auf Innsbruck bezogen werden, so wie sich Haiden, Hayden und Haiden stets auf Michael Haydn beziehen. Auch in einem Satz wie „ich gieng ein paar stunde darauf zu den 3 Königen“ (Brief vom 21. September 1771) wird die Verlinkung zum Lexikon in jeder sprachlichen Fassung immer die gleiche bleiben, da es hier klar ist, dass sich Leopold auf das nicht mehr existierende Gasthaus Ai Tre Re in Mailand bezieht: ‘Qualche ora dopo sono andato a trovarla ai 3 Königen ’, ‘A few hours later I went to call on her at the 3 Kings ’, ‘Je lui rendis visite quelques heures plus tard aux 3 Rois’. Wie man sieht, können die Übersetzer unterschiedliche Entscheidungen treffen (in diesem Fall etwa können sie sich dafür entscheiden, ob der Name des Gasthauses wörtlich übersetzt wird oder nicht), was jedoch keinen Einfluss auf die eindeutige Identifizierung der Referenz hat. Nur in einigen wenigen Fällen spielen die Entscheidungen der Übersetzer eine Rolle für die Verwaltung der Datenbank: Im Satz “die frl: Schwester der Oberhofmeisterin grafin Lodron” (Brief vom 28. Oktober 1772) werden nur zwei Personen (Schwester und Oberhofmeisterin) erwähnt, aber alle drei Übersetzungen müssen drei Personen (la sig.na sorella della moglie del maggiordomo maggiore, la contessa Lodron’, ‘La comtesse Lodron, sœur de l`épouse de notre premier majordome’, ‘Countess Lodron, the sister of our chief steward`s wife’) nennen, da es in diesen Sprachen nicht möglich ist, die Ehefrau durch die feminine Form des Berufes ihres Mannes zu bezeichnen wie im Original. Diese Unterschiede sind allerdings minimal und haben keinen relevanten Einfluss auf die Effizienz der Recherche. Auch wenn die Identifizierung einer Referenz im Moment nicht möglich ist, wird diese trotzdem in einem Ordner mit dem Titel „nicht identifiziert“ gespeichert, so dass die Datenbank erweitert werden kann, falls die Referenz zu einem späteren Zeitpunkt ermittelt wird. Die verschiedenen orthografischen Varianten sind jedoch in einem entsprechenden Menu „originale Zitierweise“ zugänglich, bei dem auch besondere Bezeichnungen von Personen oder Sachen gespeichert sind: z.B. der Spitzname La Bastardella für die Sängerin Lucrezia Aguiari, „Amfiteatrum“ für die Arena von Verona, spezifische Ämter oder Titel wie „Ambaßadore di Malta“ (Botschafter von Malta) u.ä., wobei hier die unterschiedlichen sprachlichen Fassungen die Suchergebnisse erheblich beeinflussen können. Wenn z. B. in der italienischen Fassung der Verleger Il Saggiatore der originalen Orthografie samt Fehler folgt, so hat dagegen der Herausgeber Flammarion die korrekte Orthografie wiedergegeben, so dass die Häufigkeit der „originalen Zitierweise“ in der französischen Fassung auf ein geringes Maß reduziert ist. Im Moment erlauben es die Ressourcen des Projekts noch nicht, ausführliche, bereits bekannte Informationen zu den unterschiedlichen Lemmata des Lexikons hinzuzufügen. Man hat sich mit wenigen Ausnahmen auf Geburtsdatum und Geburtsort bzw. Sterbedatum und Sterbeort für die Personen, die für die Identifizierung unentbehrlich sind, und auf Links zu offiziellen oder bekannten Webseiten (z.B. wikipedia, google maps …) für die Orte beschränkt. Die Erweiterung dieser Informationen wird jedoch der nächste Schritt der Weiterentwicklung des Projekts sein. Als Grundlage für die Verbreitung der Kenntnisse über Mozart ist die Webseite unendlich erweiterbar. Neben der Identifizierung der Referenzen auf Personen, Orte und Werke sollen später weitere Informationsquellen, eine Werkverzeichnis, Bilder, Audio-Dateien, thematische Kataloge, bibliographische Quellen sowie neue wissenschaftliche Ergebnisse mit einbezogen werden, bis hin zu einer virtuellen Rekonstruktion von Operntheatern und Konzertsälen, in denen Mozarts Musik aufgeführt wurde. Alles, was die Vertiefung von Mozarts Welt ermöglicht, wird einen Platz auf der Webseite finden. Die Numerierung der Briefe folgt der kritischen Standardausgabe, die weit verbreitet ist und vielfach zitiert wird: Wilhelm A. Bauer, Otto Erich Deutsch und Joseph Heinz Eibl, Mozart. Briefe und Aufzeichnungen (Kassel: Bärenreiter, 1962-1975). Das Projekt, unter der wissenschaftlichen Leitung des Ordinarius für Musikgeschichte am King’s College London Prof. Cliff Eisen, wurde bislang durch das Comitato Italiano Le Vie di Mozart, das vom Ministero Italiano per i beni e le attività culturali (MIBAC) im Rahmen des Jubiläumsjahrs 2006 (in Zusammenarbeit mit der geschichtsträchtigen Mailänder Società del Quartetto) gegründet wurde, sowie von der Gemeinde Mailand (Settore Cultura) und direkt von European Mozart Ways unterstützt. Das Projekt stützt sich auch auf verschiedene langjährige Kooperationen. Die Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg hat die elektronische Fassung der originalen Texte in der Revision von Anja Morgenstern und die Verlinkung zur Online-Fassung der Neuen Mozart-Ausgabe zu Verfügung gestellt; das Verlagshaus Gruppo Editore Il Saggiatore genehmigte die Verwendung der noch nicht veröffentlichten italienischen Übersetzung von Elli Stern, Cesare De Marchi und Anna Rastelli, der Herausgeber Flammarion die der französischen Fassung (‘Correspondance. Lettres de Wolfgang Amadeus Mozart‘, übersetzt von Geneviève Geffray, Paris 1986); in Ermangelung einer einheitlichen englischen Gesamtausgabe wurde für diese Webseite Stewart Spencer mit der Übersetzung beauftragt. Die Software wurde von Pegaso 96, Mailand, bereitgestellt. Durch die kürzlich vereinbarte Zusammenarbeit mit der Accademia Nazionale di Santa Cecilia wird die Einbeziehung von wertvollen Informationen aus dem jüngst publizierten Band I Mozart in Italia (Rom 2008) von Alberto Basso ermöglicht. Alle Materialien unterliegen natürlich dem Urheberrecht. Zum Schluss einige Zahlen:“italienische Briefe”: 114, Briefpartner: 12, Orte: 173, Institutionen innerhalb der Orte: 303, Personen: 452, Werke von Wolfgang Amadeus Mozart: 42, Werke anderer Komponisten: 50, insgesamt mehr als 14500 Stichwörter. Patrizia Rebulla Castaliamusic Projektleiterin Die Webseite wird am 1. Juni 2009 online auf dem Portal von European Mozart Ways www.mozartways.com erscheinen, mit einem Link zum Kulturportal des MIBAC. Übersetzung: Iacopo Cividini und Anja Morgenstern