11. Sinfoniekonzert K L ASSI K P ICK N ICKT O P E N A I R KO N Z E R T M I T D E R S TA AT S K A P E L L E D R E S D E N , A S H E R F I S C H ( D I R I G E N T U N D K L AV I E R ) , W W W. G L A E S E R N E M A N U FA K T U R . D E 11. Sinfoniekonzert N I N O M A C H A I D Z E ( S O P R A N ) U N D FA B I O S A R T O R I ( T E N O R ) 2 6. J U N I 201 0 | D I E G LÄSE R N E MAN U FAKT U R B EG I N N: 21.00 U H R | E I N L ASS: 19.30 U H R E I N T R I T T: 5 , – € | K I N D E R U N D J U G E N D L I C H E B I S 1 6 J A H R E E R H A LT E N F R E I E N E I N T R I T T. K A R T E N I M VO R V E R K A U F I N D E R S C H I N K E LWA C H E ( T E L E F O N 0 3 5 1 - 4 9 1 1 - 7 0 5 ) O D E R I N D E R G L Ä S E R N E N M A N U FA K T U R . Designierter Chefdirigent (ab 2012) Christian Thielemann Ehrendirigent Sir Colin Davis 1 11. Sinfoniekonzert Sa mstag Programm 1.5.10 20 Uh r · S o n n tag 2.5.10 11 Uh r · M o n tag 3.5.10 20 Uh r S e m p er o p er Dirigent Neeme Järvi 1./2. Mai 2010: 3. Mai 2010: Richard Strauss Richard Strauss (1864-1949) 1. /2. M a i Christiane Oelze Sopr an aus der Komödie für Musik 3. Mai Melanie Diener Bernarda Fink Erste Walzerfolge (1. und 2. Akt) marschallin o c ta v i a n Genia Kühmeier sophie «Der Rosenkavalier» op. 59 Ausgewählte Lieder für Sopran und Orchester: «Das Rosenband» op. 36 Nr. 1 Neeme Järvi freundlicherweise bereit erklärt, die Leitung des 11. Sinfoniekonzertes nach der kurzfristigen Kündigung Fabio Luisis zu übernehmen. In der vergangenen Woche ereilte uns die Nachricht, dass Anne Schwanewilms ihre Mitwirkung an den Konzerten aus gesundheitlichen Gründen leider absagen musste. Wir freuen uns, dass Christiane Oelze und Melanie Diener ihren Part Erste Walzerfolge (1. und 2. Akt) aus der Komödie für Musik «Der Rosenkavalier» op. 59 Finale des 3. Aktes «Hab’ mir’s «Morgen» op. 27 Nr. 4 kann nicht wirklich sein» (Duett) «Allerseelen» op. 10 Nr. 8 wie vor einiger Zeit der Tagespresse zu entnehmen war, hat sich Maestro Musikdrama «Salome» op. 54 «Ständchen» op. 17 Nr. 2 «Waldseligkeit» op. 49 Nr. 1 Sehr geehrte Damen und Herren, «Tanz der sieben Schleier» aus dem gelobt» (Terzett) und «Ist ein Traum, aus «Der Rosenkavalier» op. 59 pause pause Ludwig van Beethoven Ludwig van Beethoven (1770-1827) Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 «Eroica» Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 «Eroica» 2. Marcia funèbre. Adagio assai 2. Marcia funèbre. Adagio assai 1. Allegro con brio 3. Scherzo. Allegro vivace 4. Finale. Allegro molto 1. Allegro con brio 3. Scherzo. Allegro vivace 4. Finale. Allegro molto in den Konzerten übernehmen werden. Wir bitten um Ihr Verständnis und wünschen Ihnen ein anregendes Konzert! O r c h e s t e r d i r e k t i o n d e r S ä c h s i s c h e n S ta at s k a p e l l e D r e s d e n Kostenlose Einführungen jeweils 45 Minuten vor Beginn im Kellerrestaurant 2 3 Neeme Järvi dirigent Neeme Järvi, Oberhaupt einer estnisch-amerikanischen Musikerdynastie, ist einer der geachtetsten Dirigenten unserer Tage. Regelmäßig dirigiert er die weltweit führenden Orchester und arbeitet dabei stets mit hochkarätigen Solisten. Järvi gilt als einer der produktivsten Dirigenten überhaupt, seine Diskographie umfasst mittlerweile mehr als 440 Aufnahmen. Kein anderer Diri- gent hat – neben dem gängigen Werkkanon – auch so viele unbekannte Werke in Einspielungen verfügbar gemacht. Zu seinen aktuellen Engagements zählen Auftritte mit den Berliner Philharmonikern, dem Concertgebouworkest Amsterdam, Orchestre de Paris, Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Gewandhausorchester Leipzig, Orchestre de la Suisse Romande und den großen skandinavischen Orchestern. In den USA gastiert er regelmäßig bei den Sinfonieorchestern in Chicago, Detroit und Philadelphia sowie beim National Symphony Orchestra Washington. Während seiner langen und erfolgreichen Karriere hat Neeme Järvi Orchester auf der ganzen Welt als Chefdirigent geleitet. Heute ist er Chef des Residentie Orkest in Den Haag sowie Ehrendirigent und Künstlerischer Berater des New Jersey Symphony Orchestra, zudem Music Director Emeritus des Detroit Symphony Orchestra und des National Orchestra of Sweden, Erster Gastdirigent des Japan Philharmonic Orchestra und Ehrendirigent des Royal Scottish Orchestra. In der kommenden Spielzeit wird er in seiner Heimat Estland sein Amt als Chefdirigent des Estonian National Symphony Orchestra antreten. Die Sächsische Staatskapelle Dresden dirigierte Neeme Järvi zuletzt im Februar 2010, als er für Fabio Luisi eine höchst erfolgreiche Skandinavien-Tournee übernahm. Zuvor leitete er das Orchester bereits 1970 und 1994 in Konzerten in Dresden. Auch seine beiden Söhne Paavo und Kristjan sind inzwischen als Dirigenten weltweit gefragt und arbeiteten bereits mit der Sächsischen Staatskapelle. 4 5 Richard Strauss * 11. Juni 1864 in München † 8. September 1949 in Garmisch-Partenkirchen Orientalismen im Walzertakt Zu Musik aus Richard Strauss’ «Salome» und «Der Rosenkavalier» «Tanz der sieben Schleier» aus «Salome» op. 54 e n t s ta n d e n zwischen 1903 und Juni 1905 ur aufgeführt am 9. Dezember 1905 in der Dresdner Hofoper (Dirigent: Ernst von Schuch) Besetzung Piccoloflöte, 3 Flöten, 2 Oboen, Englischhorn, Heckelphon, 4 Klarinetten, Es-Klarinette, Bassklarinette, 3 Fagotte, Kontrafagott, 6 Hörner, 4 Trompeten, 4 Posaunen, Tuba, 2 Pauken, Schlagzeug (5 Spieler), 2 Harfen, Celesta, Streicher Ein «Dorado für Uraufführungen» nannte Richard Strauss die Dresdner Hof- oper – und wusste, wovon er sprach: Nicht weniger als neun seiner fünfzehn Opern wurden zwischen 1901 und 1938 in Dresden uraufgeführt. Hier gelang ihm der Durchbruch zu einem der führenden Opernkomponisten seiner Zeit. Entscheidenden Anteil daran hatte die Dresdner Hofkapelle – über deren «Tonkünstler-Verein» der erste Kontakt zu Strauss entstanden war: 1882, der Verl ag Komponist war damals 18 Jahre alt, spielten einige Kapellmusiker die Urauf- Dauer sersonatine «Aus der Werkstatt eines Invaliden» dem Verein und seinen Mit- B. Schott’s Söhne, Mainz ca. 8 Minuten führung seiner Bläserserenade op. 7 (und noch 1943 sollte Strauss seine Blä- gliedern widmen). Generalmusikdirektor Ernst von Schuch wurde auf Strauss aufmerksam und setzte sich ab 1890 intensiv für dessen Tondichtungen ein. Aus «Der Rosenkavalier» op. 59: Bis zu seinem Tod 1914 leitete Schuch schließlich eine berühmte Serie von Erste Walzerfolge (1. und 2. Akt) Finale des 3. Aktes er «Salome» (1905), «Elektra» (1909) und «Rosenkavalier» (1911) zum Welt- Opernuraufführungen des Komponisten: nach «Feuersnot» (1901) verhalf erfolg. «Nach der Aufführung kann jeder sagen, ob ihm das Werk gefällt oder e n t s ta n d e n zwischen Mai 1909 und September 1910; Walzer aus dem 1. und 2. Akt 1944 zur Ersten Walzerfolge zusammengestellt Strauss 1905 mahnend an Schuch, der während der Einstudierung der «Sa- ur aufgeführt lome» bei den Sängern mitunter auf heftige Widerstände stieß. Neben den Besetzung eine Adaption des gleichnamigen Theaterstücks von Oscar Wilde, das die am 26. Januar 1911 in der Dresdner Hofoper (Dirigent: Ernst von Schuch) 3 Flöten, 3 Oboen (3. auch Englischhorn), 3 Klarinetten (3. auch Es-Klarinette), Bassklarinette, 3 Fagotte, 4 Hörner, 3 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba, Pauken, Schlagzeug (3 Spieler), Celesta, 2 Harfen, Streicher Verl ag B. Schott’s Söhne, Mainz Dauer Walzerfolge: ca. 12 Minuten Finale: ca. 12 Minuten 6 nicht, schimpfen, so viel er Lust hat. Aber bis dahin Maul halten!», schrieb hohen musikalischen Anforderungen war es auch das «unmoralische» Sujet, Irritationen hervorrief. Aber sie zeigte ja auch menschliche Abgründe, diese Handlung um die Prinzessin Salome, die von ihrem Stiefvater Herodes «den Kopf des Jochanaan» fordert, ihn auf einem Silbertablett serviert bekommt und letztlich – auf offener Bühne – küsst! Trotz alledem: die Uraufführung am 9. Dezember 1905 war eine Sensation, nicht zuletzt wegen der schillernden und kühnen Musik von Strauss, die den Stoff auf ideale Weise umzusetzen verstand. 7 Ekstatischer Schleiertanz Salomes Tanz. Ölgemälde von Franz von Stuck (1906). Galerie Neue Meister, Dresden Der erfahrene Instrumentalkomponist Strauss integrierte in das ansonsten durchkomponierte Musikdrama eine rein orchestrale Musiknummer, den «Tanz der sieben Schleier», der erst nach Abschluss der Opernpartitur entstand und sich auch im Konzertsaal schnell etablierte. Salome tanzt für Herodes, um als Belohnung den Kopf Jochanaans zu erhalten; das 105-köpfige Riesenorchester leuchtet in allen nur erdenklichen Farben, steigert sich aus der schwülen Exotik des Beginns zu wilder Ekstase – bis der letzte Schleier fällt. Neben den leitmotivischen Bezügen zum Rest der Oper verbindet der Tanz «Orientalismen des Klangs mit der Grundform des Wiener Walzers» (Ernst Krause) und verweist damit bereits auf den späteren «Rosenkavalier». Bei der Uraufführung wurde das Stück übrigens nicht von der Wagner-Sängerin Marie Wittich, der Darstellerin der Salome, getanzt: sie ließ sich von einer Ballerina aus dem Corps de Ballet doubeln … Walzerglück und Schlussterzett Die Uraufführung des «Rosenkavalier» am 26. Januar 1911 übertraf den Erfolg der «Salome» (und der dazwischen entstandenen «Elektra») noch um Einiges; sie gilt als Höhepunkt der Zusammenarbeit zwischen Strauss und dem Dresdner Ensemble unter Schuch: Sonderzüge aus Berlin, Leipzig und Prag mussten eingesetzt werden, um die interessierten Besucher nach Dresden zu bringen, wo sie – wie Joseph Gregor es formulierte – «das letzte ganz sorgenfreie internationale Theaterfest vor dem Kriege» erlebten. Völlig überraschend kam dieser Erfolg allerdings nicht: Nach den avantgardistischen Partituren der vorangegangenen Musikdramen vollzog Strauss mit seiner «Komödie für Musik» (nach «Elektra» der zweiten Zusammenarbeit mit Hugo von Hofmannsthal) eine musikalische Stilwende; passend zur Handlung, die im Wien Maria There- sias angesiedelt ist, komponierte er eine durch Mozart inspirierte, rokokohafte und bisweilen melancholische Musik, deren schwelgerische Eleganz und Walzerseligkeit – in diesem Umfeld eigentlich ein Anachronismus – einfach mitreißen mussten. Angesichts der ungeheuren Popularität, die das Werk von Anfang an ge- noss, lag es nahe, die «Highlights» der Oper auch für das Konzertrepertoire zugänglich zu machen. Strauss selber, an sich kein Freund solcher Bearbei- tungen, stellte noch im Jahr der Uraufführung eine Walzerfolge mit den Wal- zern des dritten Aktes zusammen, der er 1944 eine zweite mit denen der ersten beiden Akte folgen ließ. Diese trotz der späteren Entstehung als «Erste Walzer- 8 9 Generalmusikdirektor Ernst Edler von Schuch, sein Leittier Richard Strauss reitend. Gedenkblatt von Georg Erler zur Uraufführung des «Rosenkavalier» (1911) Die Marschallin, Octavian und Sophie. Figurinen von Alfred Roller für die Dresdner Uraufführung des «Rosenkavalier» (1911) folge» bezeichnete Zusammenstellung spannt den Bogen vom stürmischen Vorspiel über das rokokohafte Frühstücks-Menuett des ersten Aktes bis hin zum nonchalanten «Leiblied» des Ochs, mit dem der zweite Akt hintergründig schillernd endet. Das Ganze ist durch neu komponierte Übergänge raffiniert miteinander verbunden und steigert sich gegen Ende zu einer kontrapunktisch verdichteten Stretta – inmitten des Zweiten Weltkrieges blickte der achtzig- jährige Komponist damit noch einmal auf sein erfolgreichstes Bühnenwerk zurück, mit dem er schon 1911 das Ende einer Epoche beschrieben hatte … Eingang ins Konzertrepertoire fand schnell auch das Finale der Oper, das Schlussterzett und das anschließende Duett. Nach der Turbulenz der vorausgegangenen «Beisl-Szene» löst sich die Beklommenheit zwischen Marschallin, Octavian und Sophie in einer berauschenden Hymne der drei Frauenstimmen, dem lyrischen Höhepunkt der Oper, bevor die Musik in ein traumhaft schlichtes Duett zwischen Sophie und Octavian (mit Reminiszenzen an die «Rosenüberreichung») übergeht. Strauss selber hat das Terzett so sehr geliebt, dass er es sich für seine Beerdigung wünschte, bei der es 1949 unter der Leitung des jungen Georg Solti auch erklang. Die Sängerinnen sollen dabei aus Ergriffenheit zeitweise aus dem Takt geraten sein. 10 To b i a s N i e d e r s c h l a g 11 Richard Strauss Finale des 3. Aktes aus «Der Rosenkavalier» Text: Hugo von Hofmannsthal O c ta v i a n unschlüssig, als wollte er ihr nach Marie Theres’! Marschallin bleibt in der Tür stehen. Octavian steht ihr zunächst, Sophie weiter rechts. Marschallin vor sich, zugleich mit Octavian und Sophie Hab’ mir’s gelobt, Ihn lieb zu haben in der richtigen Weis’. Dass ich selbst Sein Lieb’ zu einer andern noch lieb hab! Hab’ mir freilich nicht gedacht, dass es so bald mir aufgelegt sollt’ werden! seufzend Es sind die mehreren Dinge auf der Welt, so dass sie ein’s nicht glauben tät’, wenn man sie möcht’ erzählen hör’n. Alleinig wer’s erlebt, der glaubt daran und weiss nicht wie – da steht der Bub’ und da steh’ ich, und mit dem fremden Mädel dort wird er so glücklich sein, als wie halt Männer das Glücklichsein verstehen. In Gottes Namen. O c ta v i a n zugleich mit der Marschallin und Sophie, erst vor sich, dann Aug’ in Aug’ mit Sophie Es ist was kommen und ist was g’schehn, Ich möcht’ Sie fragen: darf’s denn sein? und grad’ die Frag, die spür’ ich, dass sie mir verboten ist. Ich möcht’ Sie fragen: warum zittert was in mir? – Ist denn ein grosses Unrecht geschehn? Und grad’ an die darf ich die Frag’ nicht tun – und dann seh’ ich dich an, Sophie, und seh’ nur dich und spür’ nur dich, Sophie, und weiss von nichts als nur: dich hab’ ich lieb. Sophie zugleich mit der Marschallin und Octavian, erst vor sich, dann Aug’ in Aug’ mit Octavian Mir ist wie in der Kirch’n, heilig ist mir und so bang; und doch ist mir unheilig auch! Ich weiss nicht, wie mir ist. (ausdrucksvoll) Ich möcht’ mich niederknien dort vor der Frau und möcht’ ihr was antun, denn ich spür’, sie gibt mir ihn und nimmt mir was von ihm zugleich. Weiss gar nicht, wie mir ist! Möcht’ alles verstehen und möcht’ auch nichts verstehen. Möcht’ fragen und nicht fragen, wird mir heiss und kalt. Und spür’ nur dich und weiss nur eins: dich hab’ ich lieb. Marschallin geht leise links hinein, die beiden bemerken es gar nicht. Octavian ist dicht an Sophie herangetreten, einen Augenblick später liegt sie in seinen Armen. 12 O c ta v i a n zugleich mit Sophie Spür’ nur dich, spür’ nur dich allein und dass wir beieinander sein! Geht alls sonst wie ein Traum dahin vor meinem Sinn! Sophie zugleich mit Octavian Ist ein Traum, kann nicht wirklich sein, dass wir zwei beieinander sein, beieinand’ für alle Zeit und Ewigkeit! O c ta v i a n ebenso War ein Haus wo, da warst du drein, und die Leut’ schicken mich hinein, mich gradaus in die Seligkeit! Die waren g’scheit! Sophie ebenso Kannst du lachen? Mir ist zur Stell’ bang wie an der himmlischen Schwell! Halt’ mich, ein schwach Ding, wie ich bin, sink’ dir dahin! Sie muss sich an ihn lehnen. In diesem Augenblick öffnen die Faninalschen Lakaien die Tür und treten herein, jeder mit einem Leuchter. Durch die Tür kommt Faninal, die Marschallin an der Hand führend. Die beiden jungen stehen einen Augenblick verwirrt, dann machen sie ein tiefes Kompliment, das Faninal und die Marschallin erwidern. Faninal tupft Sophie väterlich gutmütig auf die Wange. ( Fa nin a l Sind halt aso, die jungen Leut’!) Marschallin Ja, ja. Faninal reicht der Marschallin die Hand, führt sie zur Mitteltür, die zugleich durch die Livree der Marschallin, darunter der kleine Neger, geöffnet wurde. Draussen hell, herinnen halbdunkel, da die beiden Diener mit den Leuchtern der Marschallin voraustreten. Octavian und Sophie, allein im halbdunklen Zimmer, wiederholen leise. O c ta v i a n zugleich mit Sophie Spür’ nur dich, spür’ nur dich allein und dass wir beieinander sein! Geht all’s sonst wie ein Traum dahin vor meinem Sinn! Sophie zugleich mit Octavian Ist ein Traum, kann nicht wirklich sein, dass wir zwei beieinander sein, beieinand’ für alle Zeit und Ewigkeit! Sie sinkt an ihn hin, er küsst sie schnell. Ihr fällt, ohne dass sie es merkt, ihr Taschentuch aus der Hand. Dann laufen sie schnell, Hand in Hand, hinaus. Die Bühne bleibt leer, dann geht nochmals die Mitteltür auf. Herein kommt der kleine Neger, mit einer Kerze in der Hand, sucht das Taschentuch, findet es, hebt es auf, trippelt hinaus. 13 Musikalische Liebeserklärungen Zu den Liedern von Richard Strauss Richard Strauss * 11. Juni 1864 in München † 8. September 1949 in Garmisch-Partenkirchen Richard Strauss, in dessen Schaffen die Gattungen Oper und Sinfonische Dichtung im Zentrum stehen, widmete sich zeitlebens auch der kleinen Form des Kunstliedes – angefangen beim «Weihnachtslied» des Sechsjährigen bis hin zu den berühmten «Vier letzten Liedern», die im Jahr vor seinem Tod entstanden. Nicht, dass dies in Lieder für Sopran und Orchester jedem Fall eine kammermusikalische Intimität bedeutete – vielmehr macht sich, zumal in den Fassungen für Orchester, bisweilen auch der Einfluss der großen Form bemerkbar, etwa im Lied «Das Rosenband» op. 36 Nr. 1, das mit seinen Modulationen, dem schwelgerisch-schwungvollen Gestus und der farbenprächtigen Instru- «Das Rosenband» op. 36 Nr. 1 «Morgen» op. 27 Nr. 4 e n t s ta n d e n e n t s ta n d e n 1897 in München auf einen Text von Friedrich Gottlieb Klopstock; noch 1897 orchestriert 1894 auf einen Text von John Henry Mackay; 1897 orchestriert g e w i dm e t «Meiner geliebten Pauline» «Ständchen» op. 17 Nr. 2 e n t s ta n d e n am 22. Dezember 1886 in München auf einen Text von Adolf Friedrich Graf von Schack; 1912 orchestriert von Felix Mottl «Allerseelen» op. 10 Nr. 8 e n t s ta n d e n 1885 in München auf einen Text von Hermann von Gilm zu Rosenegg; 1933 orchestriert von Robert Heger e n t s ta n d e n Besetzung am 21. September 1901 in BerlinCharlottenburg auf einen Text von Richard Dehmel; am 24. Juni 1918 in Garmisch orchestriert Hohe Gesangsstimme, 3 Flöten, 2 Oboen, 3 Klarinetten, 2 Fagotte, 4 Hörner, 2 Trompeten, 3 Posaunen, Pauken, 2 Harfen, Harmonium, Streicher «Meiner lieben Frau» Insgesamt komponierte Strauss rund 200 Lieder; allein 62 Lieder schrieb er anlässlich der Lieder- und Konzertabende, die er gemeinsam mit seiner Frau Pauline in den Jahren von 1894 bis 1906 gab. Das Paar hatte sich im Sommer 1887 kennen gelernt, die Heirat folgte sieben Jahre später. Pauline Strauss-de Ahna reüssierte in Weimar, München und Bayreuth als Opernsängerin, ehe sie sich von 1901 an ganz auf die Darbietung von Liedern konzentrierte. Ihre Interpretationen verhalfen Strauss’ Liedern zu großer Popularität. Das Ehepaar trat häufig als Duo auf; Strauss begleitete seine Frau am Flügel oder leitete das Orchester. Nach Paulines Abschied von der Bühne (1907) charakterisierte Alexander Dill- mann, nachdem er sie im privaten Rahmen bei der Aufführung einiger Lieder gehört hatte, Pauline als «eine ganz große wundervolle Künstlerin, die sich zu Un- recht von Bühne und Konzert zurückgezogen hat. Sie hat eine glockige, silberne «Waldseligkeit» op. 49 Nr. 1 g e w i dm e t mentation auch als Arie in einer Strauss-Oper keineswegs fehl am Platze wäre. Dauer ca. 17 Minuten Stimme, dazu einen Ausdruck, eine Beseelung, die jeden augenblicklich in Bann zwingt … Nie habe ich das ‹Ständchen› so märchenhaft gehört wie von ihr, nie so duftig begleitet wie von ihm (Strauss).» Strauss’ «Ständchen» ist das zweite von «Sechs Liedern nach A. F. von Schack» op. 17, ein Klavierlied, das er am 22. Dezember 1886 schrieb. Strauss war zu dieser Zeit dritter Kapellmeister am Münchner Nationaltheater und hatte seine Tondichtungen und Opern noch vor sich. Felix Mottl nahm 1912 die Orchestrierung dieses bekannten Liedes vor, das in der neuen Form auch vom Komponisten mehrere Male dirigiert wurde. Die dritte Strophe mit ihrem gedämpften Duktus hebt sich deutlich von den ersten beiden Strophen ab, die eine variierte Strophenform vorstellen. 14 15 Mit den drei vom Komponisten selbst so bezeichneten «Mutterliedern» («Wie- genlied», «Meinem Kinde», das Strauss 1897 anlässlich der Geburt seines Sohnes Franz komponierte, und «Muttertändelei») und vier weiteren, darunter «Mor- gen», brachten die Straussens am 1. und 2. April 1904 in Chicago auch «Das Ro- senband», die Vertonung einer Ode Friedrich Johann Klopstocks, zur Aufführung – das Paar befand sich von Februar bis April auf einer Tournee durch Nordamerika, die 35 Orchesterkonzerte und Liederabende umfasste. Publikum und Kritik schwärmten; in der Ausgabe des «Musician» von Februar 1904 wurden gar die Noten des «Ständchens» abgedruckt. Das Lied «Morgen» seinerseits, die Vertonung eines Gedichtes von John Henry Mackay, schließt die «Vier Lieder» op. 27 ab. Es zählt zu Strauss’ populärsten Liedkompositionen. Die Uraufführung der Orchesterfassung fand am 21. November 1897 in Brüssel statt; in dieser Bearbeitung ist es die Solovioline, die mit ihrer Kantilene den wunderbar empfindsamen Gesang einrahmt. Ein Großteil der Lieder entstand ursprünglich für Gesang und Klavier. Die Or- chestrierung der Lieder erfolgte in der Regel durch Strauss selbst und in den meis- ten Fällen weit später als die eigentliche Komposition – dies unterscheidet die hier aufgeführten Lieder etwa von den «Vier letzten Liedern», die von vornherein als Orchestergesänge konzipiert waren. Strauss griff bei der Vertonung von Lyrik nur wenig oder gar nicht in die jeweilige Textvorlage ein. Minimal ist der Eingriff auch beim «Ständchen», wo Strauss lediglich die ursprüngliche Formulierung «die über die Blumen hüpfen» in «um über die Blumen zu hüpfen» änderte. Gedichtzyklen hat er selten vertont, und nur einmal, mit dem satirischen «Krämerspiegel» op. 66, einen auch musikalisch zusammenhängenden Liedzyklus komponiert. Seit 1894 wandte er sich vermehrt zeitgenössischen Dichtern zu, darunter der Lyrik Richard Dehmels (während er nach 1901 vorzugsweise Gedichte älterer Herkunft, von Goethe, Heine oder Rückert vertonte). Die Vertonung von Dehmels «Waldseligkeit» fand schnell Eingang in Paulines Repertoire; als einziges der «Acht Lieder» op. 49, die von dem am 21. September 1901 komponierten Lied eröffnet werden, wurde es 1918 von Strauss orchestriert; hierfür nahm er das in der Kunstmusik vergleichsweise selten zu Gehör kommende Harmonium hinzu. Noch später er- folgte die Orchestrierung des Liedes «Allerseelen», das die «Acht Gedichte» op. 10 beschließt und 1933 von dem Dirigenten Robert Heger für Orchester gesetzt wurde (Strauss selber hat 1940 noch eine eigene Orchesterfassung folgen lassen). Das bestimmende Thema der ursprünglich neun Vertonungen von Gedichten des Tiroler Lyrikers Hermann von Gilm zu Rosenegg ist, wie so häufig, eine unerfüllte Liebe, derer hier nun gedacht wird wie den Toten an Allerseelen. D e n n i s R o t h 16 Strauss mit dem Bildnis seiner Frau Pauline in seiner Garmischer Villa (um 1940) 17 Gesangstext Richard Strauss Lieder für Sopran und Orchester «Ständchen» op. 17 Nr. 2 (Adolf Friedrich Graf von Schack) Mach auf, mach auf, doch leise mein Kind, Um keinen vom Schlummer zu wecken. Kaum murmelt der Bach, kaum zittert im Wind Ein Blatt an den Büschen und Hecken. Drum leise, mein Mädchen, daß nichts sich regt, Nur leise die Hand auf die Klinke gelegt. Mit Tritten, wie Tritte der Elfen so sacht, Um über die Blumen zu hüpfen, Flieg leicht hinaus in die Mondscheinnacht, Zu mir in den Garten zu schlüpfen. Rings schlummern die Blüten am rieselnden Bach Und duften im Schlaf, nur die Liebe ist wach. Sitz nieder, hier dämmert’s geheimnisvoll Unter den Lindenbäumen, «Das Rosenband» op. 36 Nr. 1 (Friedrich Gottlieb Klopstock) Im Frühlingsschatten fand ich sie, Die Nachtigall uns zu Häupten soll Von unseren Küssen träumen, Und die Rose, wenn sie am Morgen erwacht, Hoch glühn von den Wonnenschauern der Nacht. Da band ich sie mit Rosenbändern: Sie fühlt’ es nicht und schlummerte. Ich sah sie an; mein Leben hing (Richard Dehmel) Ich fühlt’ es wohl und wußt’ es nicht. Der Wald beginnt zu rauschen, Doch lispelt’ ich ihr sprachlos zu Als ob sie selig lauschen, Mit diesem Blick an ihrem Leben: Und rauschte mit den Rosenbändern. Da wachte sie vom Schlummer auf. Sie sah mich an; ihr Leben hing Mit diesem Blick an meinem Leben: Und um uns ward’s Elysium. 18 «Waldseligkeit» op. 49 Nr. 1 Den Bäumen naht die Nacht, Berühren sie sich sacht. Und unter ihren Zweigen, Da bin ich ganz allein, Da bin ich ganz dein eigen: Ganz nur Dein! 19 «Morgen» op. 27 Nr. 4 (John Henry Mackay) Und morgen wird die Sonne wieder scheinen und auf dem Wege, den ich gehen werde, wird uns, die Glücklichen, sie wieder einen inmitten dieser sonnenatmenden Erde … Und zu dem Strand, dem weiten, wogenblauen, werden wir still und langsam niedersteigen, stumm werden wir uns in die Augen schauen, und auf uns sinkt des Glückes stummes Schweigen … «Allerseelen» op. 10 Nr. 8 (Hermann von Gilm zu Rosenegg) Stell auf den Tisch die duftenden Reseden, Die letzten roten Astern trag herbei, Und laß uns wieder von der Liebe reden, Wie einst im Mai. Gib mir die Hand, daß ich sie heimlich drücke Und wenn man’s sieht, mir ist es einerlei, Gib mir nur einen deiner süßen Blicke, Wie einst im Mai. Es blüht und duftet heut auf jedem Grabe, Ein Tag im Jahr ist ja den Toten frei, Komm an mein Herz, daß ich dich wieder habe, Wie einst im Mai. Strauss mit Beethoven-Statue – einem Geschenk der Stadt Wien zu seinem 75. Geburtstag (1939) 20 21 Ludwig van Beethoven * (getauft) 17. Dezember 1770 in Bonn † 26. März 1827 in Wien Utopie eines neuen, befreiten Menschengeschlechts Zu Ludwig van Beethovens «Eroica» Die Geschichte ist häufig erzählt und legendenhaft überhöht worden: wie Beethoven, begeistert von den Idealen der Französischen Revolution, eine «heroische Sinfonie» auf Napoleon Bonaparte komponierte, aus Enttäuschung über dessen Kaiserkrönung 1804 aber die Widmung tilgte und ausrief: «Ist der auch nicht anders wie ein gewöhnlicher Mensch! Nun wird er auch alle Men- Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 «Eroica» 1. Allegro con brio 2. Marcia funèbre. Adagio assai 3. Scherzo. Allegro vivace 4. Finale. Allegro molto schenrechte mit Füßen treten, nur seinem Ehrgeiz frönen, er wird sich nun höher wie alle anderen stellen, ein Tyrann werden!» Im 1806 erschienenen Erstdruck der «Eroica» ist im Untertitel dann nur noch vom «Andenken an einen großen Menschen» («il souvenire di un grand’uomo») die Rede, gewid- met hat Beethoven die Sinfonie seinem Freund und Gönner Fürst Franz Joseph von Lobkowitz. Die erste öffentliche Aufführung fand (nach privaten Vorauf- führungen) am 7. April 1805 im Theater an der Wien statt – und rief bei Publikum und Kritikern Irritation und Skepsis hervor. Die «für die Aufführung äusserst schwierige Komposition» enthalte zu viel «des Grellen und Bizarren», e n t s ta n d e n Besetzung 1802 bis 1804 in Wien 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte, 3 Hörner, 2 Trompeten, g e w i dm e t dem Fürsten Franz Joseph von Lobkowitz Pauken, Streicher Verl ag Bärenreiter-Verlag, Kassel ur aufgeführt am 7. April 1805 im Theater Dauer an der Wien ca. 55 Minuten (Dirigent: Ludwig van Beethoven) schrieb der Rezensent der Leipziger Allgemeinen Musikalischen Zeitung, andere tadelten die «Regellosigkeit» des Werkes. Tatsächlich hatte die «Eroica» – anders als die beiden sinfonischen Erstlingswerke Beethovens – mit der Sinfonik Haydns und Mozarts nur noch wenig zu tun. Ungewöhnlich war vor allem der neuartige, vehement emotionale Tonfall des Werkes, der appellierende Charakter dieser Musik, in der sich Beethoven zum ersten Mal als ein Künstler zeigt, der keine Rücksicht mehr nimmt auf die Erwartungshaltung seines Publikums. Ausgehend von den beiden gewaltigen Tutti-Schlägen zu Beginn stürmt die Musik quasi permanent dahin. Irritierend, ja geradezu beängstigend, müssen damals aber wohl auch die Ausmaße des Werkes gewirkt haben, das mit annähernd einer Stunde Spielzeit fast doppelt so lange dauerte wie eine herkömmliche Sinfonie der Zeit. Vielleicht ist die starke Legendenbildung um das Werk, wie Wulf Konold vermutete, auch als 22 23 ein «Entlastungsversuch» zu verstehen, «als Versuch, den erdrückenden Dimen- sionen des Stückes ins Anekdotische auszuweichen». Mit ihrer avantgardistischen Ausprägung, ihrem formal und inhaltlich «revolutionären» Gehalt, markiert die «Eroica» einen Wendepunkt in der Musikgeschichte: die klassischromantische Epoche nimmt mit diesem Werk ihren Anfang. Sinfonischer Riesensatz zu Beginn Bereits der Kopfsatz, der mit seinen knapp 700 Takten alle bis dahin gekannten Dimensionen sprengte, macht den neuartigen Charakter deutlich. Zuerst die erwähnten Tutti-Schläge, dann intonieren die Celli das berühmte DreiklangsHauptthema, das Beethoven übrigens Mozarts Jugendoper «Bastien et Bas- tienne» entnahm, und das schon bald chromatisch geschärft erscheint. Über verschiedene andere Motive, eine dolce-Figur der Holzbläser und ein rhythmi- sches Motiv der Streicher, wird das akkordische Seitenthema erreicht, bevor die Musik nach einer erneuten Steigerung in sechs gegen den Takt «gebürsteten» Tutti-Akkorden kulminiert. Die anschließende Durchführung, die fast die doppelte Länge der Exposition hat, baut sich in mehreren Steigerungswellen auf und führt mitunter zu scharfen Dissonanzen. Eine lyrische Oase bildet ein neu eingeführtes Oboenthema in e-Moll – auch dies eine formale Neuerung des Werkes. Durch den «zu frühen» Einsatz des Solohorns wird der Beginn der Reprise zunächst verschleiert, die abschließende Coda hat mit ihrer erneuten «thematischen Arbeit» den Charakter einer zweiten Durchführung. An zweiter Stelle komponierte Beethoven einen Trauermarsch («Marcia funèbre»), womit er sich vermutlich auf die damals vor allem in Frankreich übliche Form der militärischen Totenehrung bezog. Bei allem Pathos ist dieser Satz in seiner Dreiteiligkeit auffallend schlicht gehalten, die Wirkung dafür umso überwältigender. Zu Beginn intonieren die Violinen, später die Oboe, das Trauermarschthema in c-Moll, begleitet von raunenden «Schleifern» der Bässe. In den Streichern erklingt eine emphatische Passage in Es-Dur, die aber wieder zum Trauermarsch zurückleitet. Lichtere Züge trägt der Mittelteil in C-Dur, der mit sehsuchtsvollen Phrasen der Holzbläser an glücklichere Zeiten erinnert und sich zu einem fanfarenartigen Höhepunkt steigert. Die anschließende Trauer- marsch-Reprise ist stark variiert, sie mündet in eine emotional extrem aufgeladene, kontrapunktische Steigerung: der Höhepunkt des Satzes. In der ebenso innigen wie resignativen Coda zerfällt das Marschthema in seine einzelnen Bestandteile. 24 Beethoven als Orpheus in arkadischer Landschaft. Ölporträt von Joseph Willibrord Mähler (1804/05) 25 grandios gesteigerte Folge von Variationen im Andante-Tempo, bevor die Mu- sik im abschließenden Presto-Jubel, der alles mit sich reißt, kein Ende zu finden scheint. Viele Deutungen hat die «Eroica» in den letzten zweihundert Jahren erfah- ren – Deutungen, die häufig mehr über den ideologischen Standpunkt ihrer Verfasser als über das Werk selber aussagen. Ist es nun eine «Napoleon-Sinfonie», eine Sinfonie über das Heldentum, die Französische Revolution, oder gar über die deutsche Nation? Zumindest einen Schlüssel zum Verständnis des Werkes enthält das Finale, dessen Themen auf Beethovens 1800/01 entstan- dene Ballettmusik «Die Geschöpfe des Prometheus» zurückgehen. Prometheus, der antike Menschenbefreier, galt zu Beginn des 19. Jahrhunderts vielen Intellektuellen als Symbol für eine freie, aufgeklärte Gesellschaft (und Napoleon vielen als der «Prometheus seiner Epoche»). Der Prometheus-Stoff liefert auch eine Erklärung für die ungewöhnliche Satzfolge des Werkes. Laut Attila Csampai etwa handeln die beiden ersten Sätze vom «irdischen Leben» des Halbgottes, «von seinem leidenschaftlichen Kampf und von seinem Tod»; Scherzo und FinaTitelblatt der «Eroica» mit der getilgten Widmung an Napoleon («intitolata Bonaparte») le dagegen können als «die in Musik vorweggenommene Zukunft, als das zu- künftige Leben eines neuen, befreiten Menschengeschlechts» verstanden werden. Prometheus «muss zuerst den irdischen Tod erleiden, bevor er, von Pan wieder zum Leben erweckt, göttliche Unsterblichkeit erlangen kann.» To b i a s N i e d e r s c h l a g Das Scherzo dürfte noch am ehesten den damaligen Hörerwartungen entsprochen haben, allerdings ist auch hier der musikalische Charakter ungewöhnlich wild, das dreiteilige Schema formal geweitet. Die Hauptteile werden von einer vorwärts treibenden Viertelbewegung beherrscht, die mitunter zu rhythmi- schen Irritationen führt. Im kontrastierenden Trio-Teil verwendete Beethoven erstmals drei Hörner, deren fanfarenartiger Einsatz romantische Jagd-Assoziationen weckt. Der vielleicht modernste und ungewöhnlichste Satz der Sinfonie ist das «Zunächst ist die Bezeichnung ‹heroisch› im weitesten Sinne zu nehmen und keineswegs nur etwa als auf einen militärischen Helden bezüglich aufzufassen. Begreifen wir unter ‹Held› überhaupt den ganzen, vollen Menschen, dem alle rein menschlichen Empfindungen – der Liebe, des Schmerzes und Finale: Kein heiterer «Kehraus» wie bei Mozart und Haydn, sondern eine kunst- der Kraft – nach höchster Fülle und Stärke zu eigen sind, so erfassen wir sen Variationenfolge. Nach ein paar stürmischen Einleitungstakten, die in eine Tönen seines Werkes sich uns mitteilen läßt.» volle Verknüpfung von Sonatensatz, Fuge und Ostinato-Bass zu einer grandioFermate münden, werden die Themen vorgestellt: Zuerst das gezupfte Bass- thema, in der dritten Variation dann das volksliedartige Hauptthema in Oboe und Streichern. Kontrapunktische Steigerungen, Themenumkehrungen, fugierte Passagen – im weiteren Verlauf wird das Material nach allen Regeln der den richtigen Gegenstand, den der Künstler in den ergreifend sprechenden Richard Wagner 1851 in einem Einführungstext zu einer «Eroica»-Aufführung in Zürich. Bereits 1848 hatte er das Werk auf das Programm seines ersten Abonnementkonzertes mit der Hofkapelle in Dresden gesetzt. Kunst «verarbeitet». Vor die rasante Schluss-Stretta schiebt sich noch eine 26 27 Christiane Oelze Melanie Diener Sopr an (Lieder) sopr an (marschallin) Als Interpretin von prominenten Opernrollen, anspruchsvollem Lied- und Kon- Die in der Nähe von Hamburg geborene Sopranistin Melanie Diener absolvierte national höchstes Ansehen erworben. Sie singt an den renommierten Opern- Rudolf Piernay in Mannheim und an der Indiana University. Erstmals ins Ram- zertrepertoire wie auch von geistlichen Werken hat sich Christiane Oelze interund Konzerthäusern in Europa, den USA und Japan und arbeitet mit Dirigenten wie Claudio Abbado, Pierre Boulez, Riccardo Chailly, Christoph von Dohnányi, Sir John Eliot Gardiner, Nikolaus Harnoncourt oder Sir Simon Rattle. Im Opernfach profilierte sich Christiane Oelze als Sänger-Darstellerin insbesondere in Mozart- Partien, aber auch mit Partien wie Mélisande in Debussys «Pelléas et Mélisande», Regina in Hindemiths «Mathis der Maler» oder Anne Trulove in Strawinskys «The Rake’s Progress». Daneben widmete sie sich dem Aufbau eines vielseitigen Liedrepertoires, begleitet von Pianisten wie Mitsuko Uchida, Pierre-Laurent Aimard sowie ihrem langjährigen Liedpartner Eric Schneider. Viele ihrer Lied- aufnahmen ernteten großes Lob in der Fachpresse, darunter Lieder von Anton Webern, Goethe-Vertonungen sowie zuletzt «Verbotene Lieder» der Exilkom- ponisten Ullmann, Korngold und Weill. Bei der Sächsischen Staatskapelle gas- tierte Christiane Oelze bereits mehrfach, zuletzt im Palmsonntagskonzert 2007 mit Beethovens neunter Sinfonie unter Herbert Blomstedt. 28 ihr Gesangsstudium bei Sylvia Geszty an der Stuttgarter Musikhochschule, bei penlicht trat Melanie Diener als Preisträgerin des Salzburger Mozartwettbewerbs und des Internationalen Königin-Sonja-Gesangswettbewerbs in Oslo. 1996 gab sie ihr Bühnendebüt als Ilia in «Idomeneo» an der Garsington Opera; mit derselben Partie debütierte sie ein Jahr später an der Bayerischen Staats- oper. Weitere wichtige Karrierestationen waren ihre Debüts in Bayreuth (1999), Salzburg (2002) und an der Metropolitan Opera in New York (2005). Inzwi- schen ist sie auf allen großen Bühnen der Welt zu Hause und gastiert regel- mäßig an den Staatsopern von Hamburg, Berlin und Wien, in Zürich sowie an der Dresdner Semperoper, wo sie zuletzt als Sieglinde zu erleben war. Zu ihren musikalischen Partnern zählen Dirigenten wie Claudio Abbado, Pierre Boulez, Riccardo Chailly, Charles Dutoit, Bernard Haitink, Lorin Maazel und Wolfgang Sawallisch. Nach Gastkonzerten mit der Sächsischen Staatskapelle in Frankfurt am Main und bei den Salzburger Festspielen ist Melanie Diener nun erstmals in einem Kapellkonzert in der Semperoper zu erleben. 29 Bernarda Fink Genia Kühmeier M e z z o s o p r a n ( O c ta v i a n ) Sopr an (Sophie) Als Kind slowenischer Eltern in Buenos Aires geboren, erhielt Bernarda Fink ihre Geboren in Salzburg, studierte Genia Kühmeier zunächst am Mozarteum ihrer toire reicht vom Barock bis ins 20. Jahrhundert, und sie konzertiert regelmäßig Marjana Lipovšek. Mit dem Ersten Preis beim 8. Internationalen Mozartwettbe- Gesangsausbildung am Instituto Superior de Arte del Teatro Colón. Ihr Reper- mit Orchestern wie den Wiener und Berliner Philharmonikern, dem Concertge- bouworkest Amsterdam, den Orchestern von Cleveland und Philadelphia sowie mit führenden Barockorchestern unter Dirigenten wie Sir John Eliot Gardiner, Valery Gergiev, Nikolaus Harnoncourt, René Jacobs, Mariss Jansons, Riccardo Muti, Sir Simon Rattle und Franz Welser-Möst. Als Liedsängerin ist Bernarda Fink ein gern gesehener Gast in den großen Musikzentren Europas, wie etwa im Wiener Musikverein, bei der Schubertiade Schwarzenberg und in der Londoner Wigmore Hall. Projekte der Saison 2009/10 beinhalten u.a. Purcells «Dido and Aeneas» unter Nikolaus Harnoncourt sowie Mendelssohns «Elias» und Bruckners f-Moll-Messe mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rund- funks in München und Luzern. Von ihren zahlreichen Aufnahmen wurde viele mit Preisen wie dem «Diapason d’Or» oder dem «Grammy» ausgezeichnet. Ihr Debüt bei der Sächsischen Staatskapelle gab Bernarda Fink am Dresdner Gedenktag 2004 mit Mozarts «Requiem» unter Sir Colin Davis. 30 Heimatstadt und später an der Wiener Musikuniversität bei Margarita Lilova und werb in Salzburg legte sie den Grundstein für ihre internationale Karriere. Von 2003 bis 2006 war Genia Kühmeier Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper, wo sie als Inès in Donizettis «La Favorite» debütierte. Inzwischen ist sie regelmäßig an Häusern wie der Mailänder Scala, dem Royal Opera House Covent Garden London, der Bayerischen Staatsoper München und der Metropolitan Opera New York zu erleben. Auch auf dem Konzertpodium zählt sie zu den herausragenden Künstlern ihrer Generation und musiziert mit Orchestern wie den Wiener und Berliner Philharmonikern, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, dem Orchestra Filarmonica della Scala, dem Orchestre National de France, dem Mahler Chamber Orchestra und dem Concentus Musicus Wien. Dabei arbeitet sie mit Dirigenten wie Sir Colin Davis, Nikolaus Harnoncourt, Mariss Jansons, Riccardo Muti, Seiji Ozawa, Franz Welser-Möst und Christian Thielemann zusammen. Mit der Sächsischen Staatskapelle war sie zuletzt im April 2008 in einem Frauenkirchen-Konzert unter Sir Charles Mackerras zu erleben. 31 Europa-Tournee 5. – 20. Mai 2010 Dirigent Dirigent Dirigent Dirigent Sopr an K l av i e r Sopr an K l av i e r Christiane Oelze Melanie Diener Genia Kühmeier Rudolf Buchbinder Anne Schwanewilms Genia Kühmeier Rudolf Buchbinder Mezzosopr an Wien Neeme Järvi Mezzosopr an Bernarda Fink 5. M ai 2010 Stuttgart 7. M a i 2 0 1 0 Freiburg 32 10. M ai 2010 Florenz Teatro del Maggio Musicale Fiorentino 11. M ai 2010 Turin Frankfurt 6. M ai 2010 Zubin Mehta Alte Oper Liederhalle Konzerthaus Lingotto Georges Prêtre Bernarda Fink 14. M ai 2010 Athen Christian Thielemann 18. M ai 2010 Musikverein 1 9. M a i 2 0 1 0 Wien Musikverein Megaron 15. M ai 2010 Athen Megaron 1 7. M a i 2 0 1 0 Paris Théâtre des Champs-Élysées 20. M ai 2010 Wien Musikverein 33 11. Sinfoniekonzert Orchesterbesetzung 1. Violinen Roland Straumer Bratschen 1. Konzertmeister Jörg Faßmann Michael Eckoldt Michael Frenzel Christian Uhlig Johanna Mittag Jörg Kettmann Birgit Jahn Henrik Woll Anja Krauß Anett Baumann Annika Thiel Roland Knauth Michael Neuhaus Stephan Pätzold Jürgen Knauer Eckart Haupt Sabine Kittel Trompeten Mathias Schmutzler Solo Solo Peter Lohse Solo Sven Barnkoth Bernhard Kury Michael Schöne Gerd Graner Jens-Jörg Becker Uwe Jahn Tina Vorhofer** Ulrich Milatz Ralf Dietze Oboen Irena Krause Sebastian Römisch Florian Kapitza* Volker Hanemann Juliane Böcking Posaunen Uwe Voigt Solo Nicolas Naudot Solo Bernd Schober Solo Milan Líkař Solo Sibylle Schreiber Reinald Ross* Michael Goldammer Jürgen Umbreit Lars Zobel Tuba Hans-Werner Liemen Solo Anselm Telle Violoncelli Klarinetten Friedwart Christian Dittmann Solo Wolfram Große Solo Pauken Franz Schubert Yves Savary* Konzertmeister Simon Kalbhenn Egbert Esterl Thomas Käppler Solo Sae Shimabara 2. Violinen Reinhard Krauß Konzertmeister Frank Other Annette Thiem Stephan Drechsel Jens Metzner Ulrike Scobel Olaf-Torsten Spies Solo Tom Höhnerbach Uwe Kroggel Johanna Fuchs Schlagzeug Fagotte Jürger May Volkmar Weiche* Thomas Eberhardt Solo Anke Heyn Christoph Anacker* Stanko Madić Christian Dollfuß Jakob Andert Jörg Hassenrück Emanuel Held Martin Fraustadt Jan Seifert Bernhard Schmidt Solo Christian Langer Kontrabässe Kay Mitzscherling Dietmar Hedrich Friedemann Seidlitz* Bernward Gruner Alexander Ernst Elisabeta Florea 34 Flöten Solo Andreas Wylezol Solo Martin Knauer Joachim Hans Solo Hannes Schirlitz Joachim Huschke Andreas Börtitz Hörner Petr Popelka Erich Markwart Solo Thomas Grosche Harald Heim Konrad Fichtner Miklós Takács Christoph Bechstein Johannes Nalepa Robert Langbein Solo Manfred Riedl Klaus Gayer Frank Behsing Dirk Reinhold Stefan Seidl Harfen Vicky Müller Solo Astrid von Brück Solo Celesta, Harmonium Jobst Schneiderat * als Gast **als Akademist 35 Vorschau s a m s tag 29.5.10 20 Uhr f r au en k i rch e Dirigent Yannick Nézet-Séguin Ludwig van Beethoven Violinkonzert D-Dur op. 61 schech.net schech.net | Foto:| Creutziger Foto: Creutziger Konzert in der Frauenkirche II Camille Saint-Saëns Sinfonie Nr. 3 c-Moll op. 78 «Orgelsinfonie» Im Rahmen der Dresdner Musikfestspiele Violine Leonidas Kavakos Orgel Samuel Kummer Im p r e ss u m Bilder Sächsische Staatsoper Dresden Intendant Prof. Gerd Uecker Spielzeit 2009|2010 Herausgegeben von der Intendanz © Mai 2010 Redak tion Tobias Niederschlag G e s ta lt u n g u n d L ay o u t schech.net | www.schech.net Scans Janine Schütz Druck Union Druckerei Dresden GmbH Anzeigenvertrieb Keck & Krellmann Werbeagentur GmbH i.A. der Moderne Zeiten Medien GmbH Telefon: 0351/25 00 670 e-Mail: [email protected] www.kulturwerbung-dresden.de Neeme Järvi (S. 4): Frederick Stucker: Salomes Tanz (Stuck): Gemäldegalerie Neue Meister, Dresden; übrige Abbildungen zu Richard Strauss: Archiv der Sächsischen Staatsoper Dresden; Abbildungen zu Beethoven: Beethoven-Haus Bonn; Christiane Oelze: Natalie Bothur, Köln; Melanie Diener: Susie Knoll; Genia Kühmeier: Johannes Ifkovits; Bernarda Fink: Marco Borggreve / Harmonia Mundi; Christian Thielemann (S. 23): Ali Schafler / Unitel; übrige Dirigentenporträts: Matthias Creutziger « «Eine Eine Aufführung, Aufführung, die die Erwartungen Erwartungen weckt.» weckt.» J u l i a S p i n o l a , F. a . Z . J u l i a S p i n o l a , F. a . Z . Texte Dennis Roth schrieb seinen Text zu den StraussOrchesterliedern für die Albert-Konzerte, Freiburg. Wir danken dem Autor für die freundliche Abdruckgenehmigung. Die Texte von Tobias Niederschlag sind Originalbeiträge für die Programmhefte der Sächsischen Staatskapelle Dresden. Urheber, die nicht ermittelt oder erreicht werden konnten, werden wegen nachträglicher Rechtsabgeltung um Nachricht gebeten. Erste CD-Veröffentlichung CD-Veröffentlichung vonErste Christian Thielemann und von Thielemann und mit Christian der Staatskapelle Dresden der Staatskapelle Dresden Anton Bruckner Anton Symphonie Nr.Bruckner 8 c-Moll Symphonie Nr.September 8 c-Moll Konzertmitschnitt vom 2009 ausSeptember der Semperoper Konzertmitschnitt vom 2009 aus der Semperoper Private Bild- und Tonaufnahmen sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet. w w w . s ta at sk a p e l l e - d r e sd e n . d e Profil Profil 36 Edition Günter Edition Hänssler Günter Hänssler edition staatskapelle dresden edition dresden volume staatskapelle 31 volume pH 10038312 saCd pH 2 saCd ab 10038 Juni 2010 ab 2010erHältliCH im Juni Handel im Handel erHältliCH