16.09.2012 Dr. P. Grampp 1 Vorwort besondere Herausforderung für die Beteiligten •Medizinische Überlegungen •einsatztaktische Überlegungen •juristische Aspekte erhebliche Eingriffe in die Rechtssphäre des Betroffenen Schwere des Eingriffs •Analog der (strafprozessualen) vorläufigen Festnahme durch die Polizei •Person, die einer Straftat verdächtig ist •Maßnahme gegenüber einer kranken Person 16.09.2012 Dr. P. Grampp 2 Rechtlicher Hintergrund der sofortigen Unterbringung Gefahrenabwehr • Erkrankung verursachte • von einem psychisch Kranken ausgehende • Gefahr für sich selbst • Gefahr für seine Umwelt Regelfall • richterliche Entscheidung sofortige Unterbringung • Möglichkeit der Gefahrenabwehr • eine vorherige richterliche Entscheidung kann nicht mehr rechtzeitig eingeholt werden • Gefahr muss schwer wiegen • Abweichung vom verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz des Richtervorbehalts(Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG) • Erheblicher Einschnitt in die Grundrechte 16.09.2012 Dr. P. Grampp 3 Grundrechtstangierung Art. 2 Abs. 1/ Abs. 2 GG Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit unter Zwang durchgeführten therapeutischen Maßnahmen Recht auf körperliche Unversehrtheit Art. 10 GG Einsichtnahme in den Schriftverkehr des Patienten 16.09.2012 Art. 2 Abs. 1 GG Freiheit der Person ist unverletzlich Art. 13 GG die Wohnung des Betroffenen wird betreten Dr. P. Grampp 4 Strafrecht § 239 StGB objektiver Tatbestand der Freiheitsberaubung § 223 StGB objektive Tatbestand der Körperverletzung § 224 StGB gefährliche Körperverletzung (Rettungssanitäter, Krankenpfleger) 16.09.2012 Dr. P. Grampp 5 Rechtfertigung Abwägetatbestände •Schutz eigener Rechte •Grundrechte anderer •auf Grund eines Gesetzes landesrechtlichen Vorschriften über die Unterbringung psychisch Kranker •grundrechtseinschränkenden Gesetze im Sinne von Art. 2 Abs. 2 GG Die Erfüllung eines (objektiven) Tatbestandes bedeutet nämlich noch nicht, dass der Täter sich auch strafbar gemacht hat •Rechtswidrigkeit •Schuldhaftigkeit •Befugnisnormen als so genannte Erlaubnistatbestände 16.09.2012 Dr. P. Grampp 6 Baden-Württemberg Unterbringungsgesetz Bayern Saarland Brandenburg Bremen Hamburg Nordrhein-Westfalen Gesetze Mecklenburg-Vorpommern PsychKG Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein Thüringen Freiheitsentziehungsgesetz 16.09.2012 Hessen Dr. P. Grampp 7 Unterbringungsrecht als Teil des besonderen Verwaltungsrechts (Polizeiund Ordnungsrechts öffentlichen Recht • Rechtsbeziehungen zwischen dem Staat und dem Bürger • Verfassungsrecht und Verwaltungsrecht Unter- und Überordnung • Bürger und Staat Rechtsgebiete Bsp. • Baurecht usw. 16.09.2012 Dr. P. Grampp 8 Gefahrenbegriff und geschützte Rechtsgüter Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung drei Schutzgüter Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates (staatliche Institutionen) Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen (Individualrechte) gesamte objektive Rechtsordnung Gesetze, Rechtsverordnungen und Satzungen Individualrechte Leben Gesundheit Freiheit Eigentum 16.09.2012 Dr. P. Grampp Ehre Vermögen 9 Begriffe Öffentliche Ordnung// öffentliche Sicherheit (neuerliche Rechtssprechung) (Schutz von Individualrechtsgütern „Leben und Gesundheit") Summe aller ungeschriebenen Rechtssätze Grundvoraussetzung eines geordneten gemeinschaftlichen Miteinanders (drohender) Suizid Obdachlosigkeit und Verwahrlosung 16.09.2012 Dr. P. Grampp 10 Gefahr wenn bei ungehindertem Fortgang des Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit ein Schaden eintreten wird. Vorstufe des Schadens jede nicht unerhebliche Minderung des vorhandenen Bestandes an geschützten Individual- bzw. Gemeinschaftsgütern bezeichnet 16.09.2012 Dr. P. Grampp 11 Gefahr abstrakt Anscheinsgefahr, Scheingefahr und Gefahrenverdacht konkret Möglichkeit einer Entwicklung zur konkreten Gefahr Grundlage allgemeiner Lebenserfahrungen oder individueller Erkenntnisse vage Möglichkeit des Eintritts einer Gefahrensituation auf die Zukunft hin gerichtete Prognose im Einzelfall eine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts Scheingefahr Gefahr wird angenommen Fall der irrtümlichen Annahme einer Gefahrensituation vor, dAnscheinsgefahr ordnungsrechtlicher Sicht eine echte Gefahr für die öffentliche Sicherheit. 16.09.2012 Dr. P. Grampp bei objektiver Beurteilung der Sachlage nicht belegbar 12 Qualifizierter Gefahrenbegriff Gefahr Tatsächliche Gefahr = Schaden droht Folge: Ordnungsbehörd liches Einschreiten ist zulässig = Schaden droht nicht, es bestanden aber objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Gefahr Folge: Ordnungsbehörd liches Einschreiten ist zulässig Scheingefahr = Schaden droht nicht und für die Annahme einer Gefahr bestanden keine objektiven Anhaltspunkte Folge: Ordnungsbehörd liches Einschreiten ist unzulässig 16.09.2012 Dr. P. Grampp Gefahrenverda cht = Es ist unklar, ob ein Schaden droht Folge: Ordnungsbehö rdliches Einschreiten ist zulässig, soweit es das verdächtige Geschehen nur unterbricht und/oder erforscht 13 Qualifizierter Gefahrenbegriff Gefahr „Einfache" Gefahr = keine besonderen Anforderungen an die zeitliche Nähe des Schadenseintritts oder an die bedrohten Rechtsgüter -» als abstrakte oder konkrete Gefahr denkbar Gegenwärtige Gefahr, unmittelbar bevorstehende Gefahr, Gefahr im Verzug = besondere zeitliche Nähe des Schadenseintritts ist erforderlich bzw. das schädigende Ereignis hat schon begonnen, die Wahrscheinlichke it des Schadenseintritts ist deutlich gesteigert -» konkrete Gefahr Erhebliche Gefahr, dringende Gefahr = ein besonderes Rechtsgut muss gefährdet sein, das zeitliche Moment spielt eine nur untergeordnete Rolle -> die erhebliche Gefahr kann abstrakt oder konkret sein -» die dringende Gefahr ist i.d.R. konkret 16.09.2012 Dr. P. Grampp Gemeine Gefahr = Gefährdung einer unbestimmten Anzahl von Personen. Dieser Gefahrenbegriff spielt i.d.R. bei der Unterbringung keine Rolle und wird nur der Vollständigkeit halber genannt. Er wird im KatastrophenschutzR und im 28. Abschnitt des StGB verwandt -»als abstrakte oder konkrete Gefahr denkbar 14 Vorliegen der Gefahr des Schadenseintritts für ein bestimmtes Rechtsgut besonderes zeitliches Moment in Bezug auf den Schadenseintritt Rechtsgefährdung ist so akut, dass nicht gewartet werden kann Gegenwärtige Gefahr Gefahr im Verzug Gefahr 16.09.2012 Qualifizierung hinsichtlich der zeitlichen Nähe des Schadenseintritts Steigerung des Wahrscheinlichkeitsgrades der Verwirklichung einer Gefahr Einwirkung des schädigenden Ereignisses hat bereits begonnen/steht unmittelbar bevor Dr. P. Grampp 15 qualifiziert den Gefahrenbegriff in Bezug auf die zeitliche Nähe des Schadenseintritts Maßnahmen zur Beseitigung der Gefahr sind unaufschiebbar, um den Schadenseintritt zu verhindern Erhebliche Gefahr und gegenwärtige erhebliche Gefahr Unmittelbar bevorstehende Gefahr Gefahr 16.09.2012 Bedeutung der bedrohten Rechtsgüter Bestand des Staates, das Leben, die Gesundheit, die Freiheit oder nicht unwesentliche Vermögenswerte drohende Schaden für das betroffene Rechtsgut ist von besonderem Ausmaß mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unmittelbar oder in allernächster Zeit eine erhebliche Schädigung eines wichtigen Rechtsgutes zu erwarten ist, Dr. P. Grampp 16 Dringende Gefahr Gefahr eine Sachlage oder ein Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiven Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein gewichtiges Rechtsgut schädigen würde Vordergrund: mehr die Qualität des bedrohten Rechtsgutes weniger die zeitliche Nähe des drohenden Schadenseintritts 16.09.2012 Dr. P. Grampp 17 Voraussetzungen der Unterbringung Gemeinsamkeiten u. erhebliche Unterschiede • Wortwahl • Durchfuhrungsorganisation Bayern oder im Saarland • sofortige Unterbringung in Eilfällen kann durch die Polizei angeordnet und durchgeführt werden Zuständigkeiten • Regelfall • richterliche Entscheidung • Eilfall • sofortige (nicht richterlich angeordnete) Unterbringung durch die zuständige Behörde • Organisationshoheit staatlicher Stellen • Entscheiden nach eigenen Zweckmäßigkeitsüberlegungen 16.09.2012 Dr. P. Grampp 18 Zuständige Behörde Land Regulär Sofortig Fundort Brandenburg (Amtsgericht) Träger der Hilfen (SPDI) Ordnungsamt §§11 Abs. 1, 6 Abs. 1 Sofortig § 12 Abs. 1 Ba-Wü (Amtsgericht) unteren Verwaltungsbeh örde Bayern (Amtsgericht) Kreisverwaltung sbehörde Polizei Art. 5 des BayUnterbrG Art 10 Bay UnterbgG Berlin (Amtsgericht) Bezirksamt Polizeipräsident (§ 11 PsychKG) § 26 Abs. 1 PsychKG Bremen (Amtsgericht) Ortspolizeibehö rde Zeugnis eines Arztes ist beizulegen Bemerkung §§ 3, 6 UBG = § 14 BremPsychKG § 14 BremPsychKG 16.09.2012 Dr. P. Grampp 19 Zuständige Behörde Land Regulär Sofortig Fundort Hamburg (Vormundschaft sgericht) Antrag des Bezirksamtes Hessen (Amtsgericht) Gemeindevorst andes Mecklenburg – Vorpommern (Amtsgericht) örtlich zuständige Landrat oder Oberbürgermeister Ordnungsbehörde § 14 PsychKG M-V § 15 PsychKG M-V Niedersachsen (Vormundschaft sgericht ) (Amtsgericht) Landkreisen und kreisfreien Städten (unterschiedliche Zuständigkeitszuweisungen wie Berufsfeuerwehr, Ordnungsamt usw.) § 3 NPsychKG § 17 Abs. 1 NPsychKG § 18 NPsychKG Bemerkung (§ 10 i.V.m. AO zur Durchführung des HmbPsychKG allgemeine Ordnungsbehör de oder die Polizeibehörde (+ Vollzug) 16.09.2012 § 2 Abs. 1, Abs. 2 HFEG (§ 19 HFEG Dr. P. Grampp Gefahr im Verzug hohe Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der Voraussetzungen einer Unterbringung 20 Zuständige Behörde Land Regulär Sofortig Mecklenburg Vorpommern örtlich zuständige Landrat oder Oberbürgermeister Ordnungsbehörde § 14 PsychKG M-V § 15 PsychKG M-V Niedersachsen (Vormundschaft sgericht ) Landkreisen und kreisfreien Städten (unterschiedliche Zuständigkeitszuweisungen wie Berufsfeuerwehr, Ordnungsamt usw.) § 3 NPsychKG § 17 Abs. 1 NPsychKG § 18 NPsychKG NordrheinWestfalen örtlichen Ordnungsbehörde (z.B. Ordnungsamt, Amt für Feuerschutz und Rettungsdienst Berufsfeuerwehr) § 14 PsychKG NW 16.09.2012 Fundort Dr. P. Grampp Bemerkung 21 Zuständige Behörde Land Regulär Sofortig Rheinland-Pfalz Kreisverwaltung, in kreisfreien Städten die Stadtverwaltung Subsidär SPDI (§ 15 Abs. 1, Abs. 6 PsychKG Rhld.-Pfalz) § 13 Abs. 1 PsychKG Rhld.Pfalz Saarland Landräte als untere staatliche Verwaltungsbeh örden Polizei (§§5 Abs. 1, 8 Abs. 1 UBG Saarl. Sachsen Bürgermeister_ amtes vor bzw. die des Landratsamtes Polizei (vollzugsdienst) (§ 12 SächsPsychKG) (§ 18 Abs. 1, Abs. 3 SächsPsychKG) Sachsen-Anhalt Verwaltungsbehörde des Landkreises bzw. der kreisfreien Stadt 16.09.2012 Fundort Bemerkung Gefahr im Verzug (§§14 Abs. 1,33 PsychKG LSA) § 15 PsychKG LSA Dr. P. Grampp 22 Zuständige Behörde Land Regulär Sofortig SchleswigHolstein (Amtsgericht) Kreise und kreisfreien Städte (§ 2 PsychKG SH) (§ 8 PsychKG (§ 11 PsychKG) Thüringen (Amtsgericht) Sozialpsychiatrischen Dienst (Gesundheitsämter) (§§ 4, 7 Abs. 1 ThürPsychKG) (§ 8 Abs. 1 ThürPsychKG) 16.09.2012 Fundort Dr. P. Grampp Bemerkung 23 psychisch kranke A droht damit, den Bundeskanzler zu töten Sei verantwortlich für seine Krankheit mehrere Drohbriefe an den Bundeskanzler führen zur Ermittlung durch das BKA Beispiel 2 Beispiel 1 Beispiele Auffinden mehrerer Waffen stark depressive B will sich selbst töten kündigt dies ihrer Schwester gegenüber an (vor den Zug werfen) Beamte des Bundesgrenzschutzes finden B tatsächlich auf den Gleisen einer Schnellfahrstrecke (Bundesgrenzschutz) Keine Unterbringung durch die Bundesbehörden, Polizeiliche Aufgaben ist Teil der Länderhoheit Einigen Ländern die entsprechenden Ämter Oder Landespolizei Gewahrsamsnahme 16.09.2012 Dr. P. Grampp 24 Durchführung der Unterbringungsmaßahme durch Hilfsorganisationen oder andere Private (Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und privaten Krankentransport- und Rettungsdienstunternehmen) Vielzahl an Grundrechtseingriffen •Unterbringung dient der Abwehr einer Gefahr •Dies obliegt dem Staat Ausübung hoheitlicher Befugnisse und Funktionen •Art. 33 Abs. 4 GG in der Regel auf Angehörige des öffentlichen Dienstes zu übertragen (Beamte, ggf. Angestellte) Falls andere Personen dies tun •Beleihung des Nichtbeamten mit einer bestimmten Aufgabe (Beleihungsakt) •Normierungszwang: Gesetzlich zu regeln (§ 10 Abs. 2 Satz 1 PsychKG Berlin und § 10 Abs. 2 Satz 1 BbgPsychKG bzw. § 13 Abs. 1 Satz 2 BbgPsychKG) 16.09.2012 Dr. P. Grampp 25 Durchführung der Unterbringungsmaßahme durch Hilfsorganisationen oder andere Private (Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und privaten Krankentransport- und Rettungsdienstunternehmen) Beleihung • öffentlich-rechtliches Auftragsverhältnis zwischen dem beleihenden Verwaltungsträger und dem Beliehenen • Anders beim Verwaltungshelfer, dieser nimmt Dienst im Auftrag wahr (Gutachten eines Arztes) Gibt es ein beschränkt öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis , wenn keine gesetzliche Regelung besteht? • Unzulässige Umgehung der auf demokratischer Legitimation des Gesetzgebers beruhende Beleihungsakt 16.09.2012 Dr. P. Grampp 26 Psychisch Kranker als Adressat der Maßnahme Unterschiede der Länder in der Beschreibung der psychischen Krankheit Baden Württemberg • geistige oder seelische Krankheit, Behin-derung, Störung von erheblichem Ausmaß einschließlich einer physischen oder psychischen Abhängigkeit von Rauschmitteln oder Medikamenten Bayern Berlin • „psychisch krank • infolge Geistesschwäche oder Sucht psychisch gestört ist" • dadurch in erheblichem Maß die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet • (Art. 1 Abs. 1 BayUnterbrG) • psychisch Kranke sind Personen • Psychose • psychischen Störung, die in ihren Auswirkungen einer Psychose gleichkommt • Verlust der Selbstkontrolle einhergehende Abhängigkeit von Suchtstoffen • Behandlungspflicht (sonst keine Aussicht auf Besserung) 16.09.2012 Dr. P. Grampp 27 Psychisch Kranker als Adressat der Maßnahme Unterschiede der Länder in der Beschreibung der psychischen Krankheit Brandenburg • psychisch Kranke • seelisch Behinderte Bremen Hamburg • behandlungsbedürftige psychische Störung • Psychose • Suchtkrankheit • Schwachsinn • Psychosen • behandlungsbedürftigen Abhängigkeitskrankheiten • anderen behandlungsbedürftigen psychischen Störungen • geistige Behinderungen • Müssen behandlungsbedürftig sein 16.09.2012 Dr. P. Grampp 28 Psychisch Kranker als Adressat der Maßnahme Unterschiede der Länder in der Beschreibung der psychischen Krankheit Hessen •Geisteskranker •rauschgift- oder alkoholsüchtiger Personen Niedersachsen Nordrhein-Westfalen •infolge einer psychischen Störung krank oder behindert sind oder gewesen sind •Zeichen dieser Erkrankungen haben 16.09.2012 •behandlungsbedürftige Psychosen •andere behandlungsbedüftige psychische Störungen •Abhängigkeitserkrankungen von vergleichbarer Schwere Dr. P. Grampp 29 Psychisch Kranker als Adressat der Maßnahme Unterschiede der Länder in der Beschreibung der psychischen Krankheit Saarland •Personen, bei denen eine geistige oder seelische Krankheit oder Störung von erheblichem Ausmaß vorliegt Sachsen •psychisch Kranker •Suchtkranke •Verlust der Selbstkontrolle einhergehenden Abhängigkeit von Suchtstoffen leiden 16.09.2012 Thüringen •geistige oder seelische Krankheit, Behinderung oder Störung von erheblichem Ausmaß mit Krankheitswert einschließlich einer physischen oder psychischen Abhängigkeit von Rauschmitteln, Suchtmitteln oder Medikamenten Dr. P. Grampp 30 Kausalität der Gefahr Die Gefahr muss von der Erkrankung herrühren Krankheit ? Gefahr 16.09.2012 Dr. P. Grampp 31 Beispiele Patientin Anorexia nervosa (Magersucht). Wurde schon behandelt Stellt Blumenkübel auf, diese drohen bei Wind hinunter zu fallen, einer fällt, verfehlt knapp Passanten Keine Kausalität Krankheit und Gefahr Gefahr möglichen Verletzung vorbeigehender Passanten durch herabstürzende Blumenkübel 16.09.2012 ernst zu nehmende psychische Erkrankung Dr. P. Grampp 32 Beispiele zwölfjährige B zwanghafte Vorstellung, es handele sich bei den Passanten um „Monster" aus einem Computerspiel „schießt" mit Wasserballons auf vorbeikommende Passanten Droht nun in der Schule mit härteren Waffen Eltern des B lehnen eine Behandlung ihres Kindes ab. Kind solle und müsse sich frei entfalten Mutter (Mitschüler) wendet sich an das Ordnungsamt Kausalzusammenhang mit Erkrankung ist gegeben Gefahr für Rechtsgüter (Leben und Gesundheit anderer) Grundsätzlich gelten Unterbringungsgesetze auch für Kinder Gefahr ist hinreichend (kann tatsächlich auf Waffen zugreifen) Unterbringung erfolgt 16.09.2012 Dr. P. Grampp 33 Gefährdung eines Rechtsgutes Land Rechtsgut Form Baden-Württemberg Leben, Gesundheit, wesentliche Rechtsgüter1 anderer erhebliche gegenwärtige Gefahr zeitliche Nähe des Schadenseintritts Schwere des Grundrechtseingriffs Bayern öffentliche Sicherheit und Ordung eigene Leben Gesundheit erhebliches Maße (z.B. Anorexie mit BMI von 14, dagegen nicht Pöbeln usw.) Berlin eigene Leben, zu einer ernsthaften Gesundheitsgefährdung oder der Gefährdung besonders bedeutender Rechtsgüter anderer erhebliche Gefährdung Gefahr darf nicht anders abwendbar sein 1.: nach Niedersachsen: Bestand des Staates, das Leben, die Gesundheit, die Freiheit, nicht unwesentliche Vermögenswerte sowie andere strafrechtlich geschützte Güter, Problem 34 Strafrecht: dies würde auch einen Bleistift 16.09.2012 einschließenDr. P. Grampp Gefährdung eines Rechtsgutes Land Rechtsgut Form Brandenburg öffentliche Sicherheit oder Ordnung, für sich selbst oder andere ernsthaft gefährden eine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben anderer Personen ernsthafte oder unmittelbar (bevorstehende) Gefährdung Hamburg Gefahr für Mitmenschen oder eine erhebliche Gefahr für sich selbst Gegenwärtige Gefahr darf nicht anders abwendbar sein Mecklenburg Vorpommern gegen sich (Selbstschädigung ) oder andere oder für die öffentliche Sicherheit gegenwärtige erhebliche Gefahr 1.: nach Niedersachsen: Bestand des Staates, das Leben, die Gesundheit, die Freiheit, nicht unwesentliche Vermögenswerte sowie andere strafrechtlich geschützte Güter, Problem 35 Strafrecht: dies würde auch einen Bleistift 16.09.2012 einschließenDr. P. Grampp Gefährdung eines Rechtsgutes Land Rechtsgut Form Niedersachsen für sich selbst oder andere gegenwärtige erhebliche Gefahr Nordrhein Westfahlen Selbstgefährdung oder eine erhebliche Gefährdung bedeutender Rechtsgüter anderer gegenwärtig und erhebliche Gefährdung Rheinland-Pfalz sein Leben, seine Gesundheit oder besonders bedeutende Rechtsgüter anderer Gegenwärtig und erhebliche Gefährdung Saarland Leben, ihre Gesundheit, bedeutende eigene oder bedeutende Rechtsgüter Dritter In erheblichem Maße gefährdet Sachsen sein Leben oder seine erheblich und gegenwärtig Gesundheit gefährdet (Gefahr) für bedeutende Rechtsgüter anderer 1.: nach Niedersachsen: Bestand des Staates, das Leben, die Gesundheit, die Freiheit, nicht unwesentliche Vermögenswerte sowie andere strafrechtlich geschützte Güter, Problem 36 Strafrecht: dies würde auch einen Bleistift 16.09.2012 einschließenDr. P. Grampp Gefährdung eines Rechtsgutes Land Rechtsgut Form Thüringen sein Leben, seine Gesundheit oder Rechtsgüter anderer in erheblichem Maße Schaden stiftende Ereignis steht unmittelbar bevor oder es ist jederzeit damit zu rechnen Nordrhein Westfahlen Selbstgefährdung oder eine erhebliche Gefährdung bedeutender Rechtsgüter anderer gegenwärtig und erhebliche Gefährdung Rheinland-Pfalz sein Leben, seine Gesundheit oder besonders bedeutende Rechtsgüter anderer Gegenwärtig und erhebliche Gefährdung Saarland Leben, ihre Gesundheit, bedeutende eigene oder bedeutende Rechtsgüter Dritter In erheblichem Maße gefährdet Sachsen sein Leben oder seine Gesundheit für bedeutende Rechtsgüter anderer erheblich und gegenwärtig gefährdet (Gefahr) 1.: nach Niedersachsen: Bestand des Staates, das Leben, die Gesundheit, die Freiheit, nicht unwesentliche Vermögenswerte sowie andere strafrechtlich geschützte Güter, Problem Strafrecht: dies würde auch einen Bleistift 37 16.09.2012 Dr. P. Grampp einschließen Entgegenstehender Wille des Betroffenen, des Sorgeberechtigten oder des Aufenthaltsortsbestimmungsberechtigten Hessen •„auch" gegen ihren Willen in einer geschlossenen Krankenabteilung oder einer anderen geeigneten Verwahrung unterzubringen •Können „auch" mit ihrem Willen untergebracht werden •es kommt nur darauf an, dass eine Gefahr vorliegt Alle anderen Gesetze •sehen die Unfreiwilligkeit des Betroffenen als Voraussetzung an •Praxis. Freiwilligen gegenüber werden Zwangsmaßnahmen verhängt •Einwilligungsfähigkeit ist voraus zu prüfen 16.09.2012 Dr. P. Grampp 38 Beispiel A befindet sich im Zustand tiefer Depressionen Angehörige wollen „Unterbringung“ Bewertung: fehlende Unterbringungsvoraussetzung keine ersichtliche Gefahr Keine eindeutige Suizidgefahr (hinreichend konkret) 16.09.2012 Es fehlt an der Unfreiwilligkeit des Betroffenen Dr. P. Grampp 39 Beispiel R leidet unter Verfolgungswahn Hat bereits mehrere Menschen körperlich angegriffen drohender Unterbringung führen zur Freiwilligkeitserklärung von R Unmittelbare drohende Gefahr Vorbekannte Auffälligkeiten des R (Selbstgespräche, Ungepflegtheit, Verbalattacken auf Nachbarn usw Behörde erwägt Unterbringung, R. willigt freiwillig ein Zweifel an einer Ernsthaftigkeit einer freiwilligen Behandlung Vorspiegelung der Freiwilligkeit Weitere Voraussetzungen liegen vor = Unterbringung 16.09.2012 Dr. P. Grampp 40 Anderweitige Abwendbarkeit der Gefahr Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes • drohende Gefahr kann nicht anders abgewendet werden 16.09.2012 Dr. P. Grampp 41 Beispiel • A kündigt am Telefon an, dass sie sich „etwas antun" werde Situation • Wird vorgefunden: allein, stark depressiv und orientierungslos in ihrer Wohnung • Onkel O der A erscheint Folge Entscheidung • teilt den anwesenden Kräften mit, er werde sich „ein Stündchen" um die A kümmern • keine effiziente und nachhaltige Abwehr der drohenden Eigenschädigung • Sofortige Unterbringung 16.09.2012 Dr. P. Grampp 42 Beispiel • bei ihren Eltern wohnende C kündigt an, sie werde sich durch die Einnahme von Schlafmitteln das Leben nehmen Situation Folge Entscheidung • Eltern im Urlaub • Bruder wird verständigt, ist Arzt, ruft Eltern an, diese kommen zurück, bleibt bis zum Eintreffen der Eltern • effiziente und nachhaltige Abwehr der drohenden Eigenschädigung • Keine Unterbringung 16.09.2012 Dr. P. Grampp 43 Zwangsanwendung • Einbrechen in die Wohnung • Fixieren und Festhalten Transport • Medikation • Untersuchung Klinik • Blutentnahmen, Bildgebung, Liquorpunktion • Medikation Klinik • Quarantäne oder Fixierung 16.09.2012 Dr. P. Grampp 44 Zwangsanwendung Hessen Keine Angaben Ba-Wü Treffen besonderer nur nach bereits Sicherungsmaßnahm erfolgter en oder Fixierungen Unterbringung nur den Bediensteten des Krankenhauses BayUnterbrG Sachsen Verhältnismäßig-keitserfordernis Brandenburg u.a. Nordrhein – Westfahlen Durchführung von Vollstreckungs-, Aufsichts-, Pflegeund Erziehungsaufgaben 16.09.2012 Dr. P. Grampp 45 Zwangsanwendung • psychisch krank Herr M • pöbelt aufgrund der Erkrankung teilweise mit leichten Handgreiflichkeiten Passanten an • Verhindern des Anpöbelns Unterbringung Erforderlichkeit? • Unmittelbare konkrete Gefahr der Beleidigung (Verstoß der öffentlichen Sicherheit) • M. Pöbelt dort auch Pflegepersonal an Idee der Einrichtung • Möchten ihn isolieren Keine Indikation für Unterbringung und Isolation, Unverhältnismäßigkeit 16.09.2012 Dr. P. Grampp 46 Eilbedürftigkeit und Nachholen des Antrags bei Gericht Regel: der Richter ordnet nach Antrag und Überprüfung durch einen Arzt die Unterbringung an! Fälle, die nicht auf den Richter warten können • zeitliche Nähe des drohenden Schadens • Wertigkeit der bedrohten Rechtsgüter • möglichen Schadensausmaßes • Richter nicht erreichbar Richterliche Erlaubnis ist sobald als möglich nachzuholen (Sachsen bis 10 Uhr am Folgemorgen) •Nur eine aus sachlichen Gründen zwingend gebotene, •nicht aber verschuldensabhängige Verzögerung der richterlichen Überprüfung der Freiheitsentziehung kann zugemutet werden •zuständige Behörde hat alle organisatorischen Maßnahmen zu treffen, die ein sofortiges Nachholen der richterlichen Entscheidung ermöglichen Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG. 16.09.2012 Dr. P. Grampp 47 Eilbedürftigkeit und Nachholen des Antrags bei Gericht Es gibt keine Regelung, die von der Justizverwaltung • zu jeder Tages- und Nachtzeit eine richterliche Entscheidung gewährleistet • Länder haben über das Kriterium „unverzüglich" hinausgehend teilweise noch Höchstfristen (vgl. Anhang) bestimmt (Sachsen 10 Uhr des nächsten Morgens) • Unabhängig ist der Antrag so schnall als möglich zu stellen • Unwirksamkeit/Rechtswidrigkeit der Unterbringung, sobald die erste Möglichkeit zur Nachholung der Antragsstellung bei Gericht ungenutzt verstrichen ist 16.09.2012 Dr. P. Grampp 48 Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der Unterbringungsvoraussetzungen „dringende Gründe" die Annahme des Vorliegens der Unterbringungsvoraussetzungen rechtfertigen • Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Thüringen • das Vorliegen aller Unterbringungsvoraussetzungen ist definitiv und unter Zuhilfenahme aller notwendigen Überprüfungsmöglichkeiten zu bejahen • Entscheidungsträger: mit weit überwiegender bzw. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hält er die Unterbringungsvoraussetzungen für erfüllt (keine 100% Sicherheit, jedoch Sorgfaltspflicht) Unterbringungsvoraussetzungen mit „hoher Wahrscheinlichkeit" erfüllt sind • Hessen 16.09.2012 Dr. P. Grampp 49 Beurteilungszeitpunkt und Beurteilungsort Beurteilungszeitpunkts • ex-ante-Sicht des zuständigen Entscheidungsträgers • zum Zeitpunkt der zu treffenden Entscheidung objektiv erkennbaren Umstände berücksichtigt werden • Erkenntnisse im Nachhinein ändern nicht die Rechtmäßigkeit Beurteilungsort • Ist eine telefonische Ermittlung ausreichend? • Persönliche Begutachtung vor Ort des Geschehens • Bedenkt man die Schwere des Grundrechtseingriffes: vor Ort – Begutachtung ist zu fordern 16.09.2012 Dr. P. Grampp 50 Land Beurteilungszeitpunkt –ort, Qualifikation Ärztliche Begutachtung vor sofortiger Unterbringung erforderlich' Baden-Württemberg ja Bayern nein Berlin nein, wenn das Bezirksamt die Maßnahme anordnet; ja, wenn Polizei für das Bezirksamt handelt Brandenburg nein Qualifikation des begutachtenden Arztes / Prüfungskompetenzen der Aufnahmeeinrichtung Arzt ohne Zusatzqualifikation, der nicht der Unterbringungseinrichtung angehören darf. Außerdem: Untersuchung durch einen Arzt der Aufnahmeeinrichtung. Das Vorliegen der Unterbringungsvor. wird im Rahmen einer sof. ärztl. Untersuchung des Betr. in der Aufnahmeeinrichtung geprüft. Das Vorliegen der Unterbringungsvor. wird in diesem Fall im Rahmen einer sof. ärztl. Untersuchung des Betr. in der Aufnahmeeinrichtung geprüft. Arzt ohne Zusatzqualifikation, der auch Arzt der Aufnahmeeinrichtung sein darf. Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Maßnahme trifft jedoch der Dienst habende Arzt der Aufnahmeeinrichtung. Dieser stellt ggf. den Antrag bei Gericht. 16.09.2012 Dr. P. Grampp 51 Beurteilungszeitpunkt –ort, Qualifikation Qualifikation des Land Hamburg Hessen Ärztliche Begutachtung vor begutachtenden Arztes / sofortiger Unterbringung Prüfungskompetenzen der erforderlich' Aufnahmeeinrichtung ja nein Mecklenburg-Vorpommern ja Niedersachsen ja 16.09.2012 Arzt ohne Zusatzqualifikation; Überprüfung der Erforderlichkeit der Unterbringung durch ärztl. Eingangsuntersuchung in der Aufnahmeeinrichtung. Keine weiteren Angaben im Gesetz. Arzt ohne Zusatzqualifikation; Überprüfung der Erforderlichkeit der Unterbringung durch ärztl. Eingangsuntersuchung in der Aufnahmeeinrichtung. Arzt, der in der Psychiatrie erfahren ist; Überprüfung der Erforderlichkeit der Unterbringung durch ärztl. Eingangsuntersuchung in der Aufnahmeeinrichtung. Dr. P. Grampp 52 Beurteilungszeitpunkt –ort, Qualifikation Land Ärztliche Begutachtung vor Qualifikation des begutachtenden Arztes sofortiger Unterbringung / Prüfungskompetenzen der erforderlich' Aufnahmeeinrichtung NordrheinWestfalen ja Rheinland-Pfalz ja Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt ja Soweit nach den Umständen möglich, d.h. wenn besondere Gründe, z.B. große Eile, gegeben sind, kann die Begutachtung ausnahmsweise entfallen. ja Schleswig-Holstein nein Thüringen nein 16.09.2012 Grundsätzlich in der Psychiatrie und Psychotherapie erfahrener Arzt. Überprüfung der Erforderlichkeit der Unterbringung durch ärztl. Eingangsuntersuchung in der Aufnahmeeinrichtung. Arzt ohne Zusatzqualifikation; Überprüfung der Erforderlichkeit der Unterbringung durch fachärztl. Eingangsuntersuchung in der Aufnahmeeinrichtung. Arzt ohne Zusatzqualifikation Arzt ohne Zusatzqualifikation; Überprüfung der Erforderlichkeit der Unterbringung durch ärztl. Eingangsuntersuchung in der Aufnahmeeinrichtung. Arzt ohne Zusatzqualifikation; Überprüfung der Erforderlichkeit der Unterbringung durch ärztl. Eingangsuntersuchung in der Aufnahmeeinrichtung. Keine weiteren Angaben im Gesetz. Aber: Für die Anordnung der sof. Unterbringung ist der Sozialpsych. Dienst zuständig. Dieser verfügt über Ärzte und damit über genügend Sachverstand. 53 Dr. P. Grampp Unterbringungen nach Strafprozessordnung § 81 StPO Einweisung in eine öffentliches psych. Krankenhaus • Person, die einer Straftat beschuldigt wird • Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand • Anhörung eines Sachverständigen • Anhörung eines Verteidigers • höchstens sechs Wochen • Zuständig: Strafgericht § 126a StPO •vorläufige Maßnahme bei psychisch Kranken, die einer Straftat verdächtig sind •Verdächtige wird einer rechtswidrige Tat beschuldigt •Zustand der Schuldunfähigkeit oder der verminderten Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 StGB), d.h.: krankhafte seelische Störung, tief greifende Bewusstseinsstörung, Schwachsinn oder eine andere seelische Abartigkeit •öffentliche Sicherheit muss die Unterbringung erfordern •Erwartbare spätere Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt •Unterbringungsbefehl •Zuständig: Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte. 16.09.2012 Dr. P. Grampp 54 Einweisungen nach Jugendrecht §7 JGG •Jugendlicher (14 bis 18 Jahre) •Verhängung von Maßregeln der Besserung und Sicherung im Sinne des allgemeinen Strafrechts (vgl. oben 1.4.6) kommt in Betracht • Straftat ist nachgewiesen •Zuständig: Jugendgerichte § 73 JGG (vgl § 81 StPO) •Unterbringung zur Vorbereitung eines Gutachtens über den Entwicklungsstand des Beschuldigten •Jugendlicher oder Heranwachsender •Wird einer Straftat beschuldigt •Unterbringung dient der Vorbereitung eines Gutachtens •Anhörung eines Sachverständigen, Anhörung eines Verteidigers •Unterbringung darf längstens sechs Wochen dauern •Zuständig: Jugendgerichte. 16.09.2012 Dr. P. Grampp 55 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 1631b BGB • Unterbringung eines Kindes im Rahmen der elterlichen Sorge (§§ 1626 ff. BGB) • Bezieht sich auf die Rechte und Pflichten der elterlichen Sorge § 1800 BGB • verweist im Rahmen der Vormundschaft auf § 1631b BGB § 1906 BGB • Unterbringung im Rahmen der Betreuung 16.09.2012 Dr. P. Grampp 56 Fall 34-jährige Patient P hat zu Hause lauthals getobt und wild mit einem Messer herumhantiert hat er geschrien, er lasse sich von seinem Nachbarn N, der im Übrigen nicht zugegen ist, nicht umbringen Polizei stellt im Rahmen einer Befragung der Ehefrau des P fest, dass P schon seit einigen Tagen unruhig sei und glaube, er werde verfolgt, um ihn umzubringen Zustand bestehe bereits seit Jahren. Zustand lege sich nach fünf bis sieben Tagen wieder. Es sei noch nie etwas passiert Ehefrau: sie wolle keine Einweisung ihres Mannes; sie sei gegen die Psychiatrie Vorher werde er, P, den N töten zufällig anwesender Freund des P alarmiert daraufhin die Polizei Polizei: verständigt daraufhin die für die Unterbringung zuständige Behörde und einen Psychiater 16.09.2012 Dr. P. Grampp 57 Fall Arzt: P leide an Verfolgungswahn und habe Angst umgebracht zu werden. Ordnungsamt (in anderen Ländern andere Behörden) stehen vor der Frage der Unterbringung Sei eine unkalkulierbare Gefahr für Leib und Leben anderer Psychisch krank (Wahnvorstellung en) Stellt Gefahr dar Rechtsgut: Gesundheit, Leben anderer (Tötungsabsicht wird formuliert, ist erregt, fuchtelt mit Messer) 16.09.2012 Dr. P. Grampp Hinreichend konkrete Gefahr für das Leben des N. Je höherwertig das Rechtsgut, desto geringer die Wahrscheinlichkeitsforderung 58 Fall Aussage der Ehefrau ist unmaßgeblich, gilt für früher nicht für jetzt/ Gefahr ist gegenwärtig Gerichtliche Entscheidung kann nicht abgewartet werden, da die Gefahr aktuell besteht Gefahr für das Leben eines anderen Menschen schon durch das Verhalten des P erkennbar geworden Unterbringung ist eine ordnungsbehördliche Maßnahme, die allein der Gefahrenabwehr dient ärztliche Zeugnis ( hier Psychiater) erfüllt die Anforderungen der Landesgesetze Psychische Krankheit und Gefahr sind kausal verknüpft (vor Ort und persönlich) sofortige Unterbringung nach allen Landesgesetzen liegt vor „Gegenwärtig“: unmittelbar bevorstehendes Schaden stiftendes Ereignis oder als ein Schaden stiftendes Ereignis, das zwar unvorhersehbar, aber wegen besonderer Umstände jederzeit zu erwarten 16.09.2012 Dr. P. Grampp 59 Fallanalyse Zuständigkeit (+) Psychische Krankheit (+) Gefahr (+) Gefährdung eines geschützten Rechtsguts (+) Kausalität (+) Eilbedürftigkeit (+) Erforderlichkeit eines ärztlichen Zeugnisses (+) ärztliches Zeugnis hat den geforderten Inhalt (+) hinreichende Qualifikation des ärztlichen Gutachters (+) = sofortige Unterbringung ist rechtmäßig 16.09.2012 Dr. P. Grampp 60 Fall 2: Der Marathon-Mann 39-jährige Patient B Wenn er am benachbarten Sportplatz vorbeigeht, muss er mehrere Runden um diesen herumzugehen Keine Verbindung von Unfall und Neurose Nähe ansässiger Psychiater des B wird verständigt, sagt er habe eine Neurose (Zwang) 16.09.2012 Dr. P. Grampp Eines Tages rennt er ohne Grund auf die Straße Ein Unfall geschieht Polizei kennt ihn als Marathon Man 61 Fall 2 psychische Krankheit bei dem Betroffenen („Neurose“) Gefahr für Schutzgüter Umherrennen auf einer Straße - Gefahr für die gesetzlich geschützten Rechts- und Allgemeingüter (Gesundheit von Verkehrsteilnehmer, Verkehrsfluss ) Gegenwärtigkeit der Gefahr? Ablehnung der Unterbringung Fehlende Verbindung von Psychiatrischer Krankheit und Gefahr Psychische Krankheit (+) Gefahr (+) aber: Kausalität (-) = sofortige Unterbringung rechtswidrig 16.09.2012 Dr. P. Grampp 62 Fall 3: Selbstmörder auf der Brücke Rettungsdienst kommt zu 45-jährige M steht auf einer Brücke und will in die Elbe springen Notarzt (Psychiater) stellt bei Suizidenten fest, dass dieser unheilbar an Lungenkrebs leidet Sofortige Unterbringung? 16.09.2012 Dr. P. Grampp Feststellung: Bilanzsuizid Lebensziel erreicht, keine hinterlassene Verpflichtungen Feuerwehrmann hält ihn vom Suizid ab,. Er ist klar, zeigt keine seelsichen Auffälligkeiten 63 Fall 3: Selbstmörder auf der Brücke Keine Psychische Krankheit Keine Unterbringung Suizidversuch kann seine Ursache zwar z.B. in einer Depression haben. Dann liegt freilich eine psychische Krankheit vor unabhängig von dem Suizidversuch. In dem Suizidversuch ist die von der Krankheit ausgehende und von ihr verursachte Gefahr zu erblicken. In diesem Fall ist eine sofortige Unterbringung möglich und geboten. Bilanzselbstmord ist keine psychische Erkrankung Fallanalyse Psychische Krankheit (-) = sofortige Unterbringung rechtswidrig 16.09.2012 Dr. P. Grampp 64 Fall4: Stiller Bruder Notruf einer Frau ein: Ihr Bruder, B, 48 Jahre, leide an einer bekannten schizophrenen Psychose Habe sich merkwürdig verhalten, dies sei immer vor einem Schub so Bisher nie fremdgefährdend Ist eine sofoortige Untersuchung gerechtfertigt? 16.09.2012 Funkstreife und Rettungsdienst fahren zu B, finden ihn entspannt und unauffällig vor Habe Termin beim Psychiater Dr. P. Grampp 65 Fall4: Stiller Bruder „psychische Krankheit" ist zu bejahen Ist eine Gefahr für die von den Psychischkranken- bzw. Unterbringungsgesetzen geschützten Rechtsgüter gegeben? Nein ! Ggf. kann man nochmals die Schwester befragen, was bisher gefährlich war , falls er bisher randaliert und um sich geschlagen hätte, dann: Prüfung: unmittelbar bevorstehendes oder unvorhersehbares, aber jederzeit zu erwartendes Schaden stiftendes Ereignis (gegenwärtige Gefahr) Nein Psychische Krankheit aber: Gefahr (+) = sofortige Unterbringung rechtswidrig 16.09.2012 Dr. P. Grampp 66 Fall 5: Der nackte Mann 29-jährige Patient Y leidet unter einen schizophrenen Psychose Krankheit: er läuft - vor allem nachts - völlig unbekleidet und laut schreiend, manchmal auch mit einem überaus lauten, tragbaren Kassettenrecorder unter dem Arm, durch die Nachbarschaft Menschen wurden nie gefährdet Y wird polizeilich aufgegriffen Voraussetzungen für eine sofortige Unterbringung? Nach Hause gebracht Nach zwei Stunden wieder aufgegriffen durch die Polizei 16.09.2012 Dr. P. Grampp 67 Fall 5: Der nackte Mann Y leidet unter einer schizophrenen Psychose (psychische Krankheit) Für Berlin würde dies ausreichen: Nun Prüfung ob die unmittelbare Unterbringung gerechtfertigt ist? Ist eine Unterbringung überhaupt verhältnismäßig ? Keine milderes Mittel (Betreuungsrecht?) krankheitsbedingte Verhalten verursacht eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erhebliche Gefahr bzw. die Gefährdung bedeutender Rechtsgüter kein unmittelbarer und gezielter Eingriff in die Gesundheit anderer Menschen Es ist kein Grund für eine unmittelbare Unterbringung oder eine Vorführung zur Prüfung gegeben. 16.09.2012 Dr. P. Grampp § 117 OWiG (unzulässiger Lärm) und gegen § 118 OWiG (Belästigung der Allgemeinheit) +gestörte Nachtruhe Kausalität zwischen Krankheit und Gefahr ist gegeben Keine hinreichend konkrete Gefahr 68 Fall 5: Der nackte Mann Psychische Krankheit (+) Gefahr (+) Kausalität (+) Gefährdung eines geschützten Rechtsgutes bzw. verhältnismäßiges Handeln (-) = sofortige Unterbringung rechtswidrig 16.09.2012 Dr. P. Grampp 69 Fall 6: Der ältere Herr 84-jähriger Patient A lebt allein zu Hause Wird von Nachbarn vermisst verbarrikadiert sich klar bei Verstand, zeitlich und örtlich orientiert, kein Hinweis auf seelische Krankheit, Möchte nicht in die Klinik 16.09.2012 Dr. P. Grampp Polizei und Feuerwehr öffnen die Wohnung A lebt. Liegt in seinem Bett, hat ein großes, behandlungsbedürftiges Geschwür, dies hindert ihn beim Gehen 70 Fallanalyse Fall 6: Der ältere Herr Keine psychische Krankheit Gefahr für Leben besteht Ablehnung einer gebotenen medizinischen Behandlung Gefahr (+) (+) aber: psychische Krankheit (-) Einsichtsfähigkeit (+) = sofortige Unterbringung rechtswidrig 16.09.2012 Dr. P. Grampp 71 2 BvR 633/11BVG Fall • Zwangsbehandlung eines im Maßregelvollzug Untergebrachten • Grundlage des baden-württembergischen Gesetzes über die Unterbringung psychisch Kranker (Unterbringungsgesetz UBG BW) Beschluss • § 8 Absatz 2 Satz 2 des baden-württembergischen Gesetzes über die Unterbringung psychisch Kranker (Unterbringungsgesetz - UBG) vom 2. Dezember 1991 (Gesetzblatt für Baden-Württemberg Seite 794) ist mit Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig. 16.09.2012 Dr. P. Grampp 72 Rechtsvorschrift § 8 Heilbehandlung •Anspruch auf notwendige Heilbehandlung. •Maßnahmen, die erforderlich sind, um dem Untergebrachten nach seiner Entlassung ein eigenverantwortliches Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. •(2) angemessene Aufklärung. •Duldung wenn die Maßnahme nach der ärztlichen Kunst erfolgt. •(3) Bei gefährlichen Eingriffen (Neuroleptika) (…) darf sie nur mit der Einwilligung des Untergebrachten vorgenommen werden. •(4) … nicht fähig, Grund, Bedeutung oder Tragweite der Untersuchung oder Behandlung einzusehen oder seinen Willen nach dieser Einsicht zu bestimmen, … Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters •…geschäftsunfähig oder beschränkt geschäftsfähig, so ist neben der Einwilligung des Untergebrachten die des gesetzlichen Vertreters erforderlich. § 12 Unmittelbarer Zwang •(1) Bedienstete der anerkannten Einrichtungen dürfen gegen Untergebrachte unmittelbaren Zwang nur dann anwenden, wenn der Untergebrachte zur Duldung der Maßnahme verpflichtet ist. Unmittelbarer Zwang zur Untersuchung und Behandlung ist nur auf ärztliche Anordnung zulässig. •(2) Unmittelbarer Zwang ist vorher anzukündigen. Die Ankündigung darf nur dann unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen § 15 Maßregelvollzug •(1) Für den Vollzug der durch rechtskräftige strafgerichtliche Entscheidung angeordneten Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt gelten die §§ 7 bis 10 und 12 entsprechend. 16.09.2012 Dr. P. Grampp 73 Zwangsbehandlung Bei Einwilligungsfähigen •Nein Bei Einwilligungsunfähigen •Einwilligung des Betreuers ausreichend: Nein! •Verfassungsrechteinschränkung muss gesetzlich geregelt sein. Gefährliche Eingriffe •§1904 BGB Gerichtsentscheid ist nicht ausreichend! 16.09.2012 Dr. P. Grampp 74 Textauszüge Beschwerdeführer • seit unterbrochen im Maßregelvollzug • Juni 2009 kündigte die Maßregelvollzugsklinik dem Beschwerdeführer an, er solle Abilify erhalten • Entgegnung: zwangsweise Verabreichung von Neuroleptika stehe eine Herzerkrankung (Mitralklappenprolapssyndrom, Herzinfarkt, Herzrhythmusstörungen) entgegen • Geschäftsfähig angegriffenen Beschlüsse • Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit 16.09.2012 Dr. P. Grampp 75 Textauszüge medizinische Zwangsbehandlung •greift in dessen Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ein •auch das diesbezügliche Selbstbestimmungsrecht (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 23. März 2011 - 2 BvR 882/09 -, EuGRZ 2011, S. 321 <326>). •Unabhängig ob der Patient sich körperlich erwehrt oder nicht •Zwangsbehandlung eines Untergebrachten: •ungeachtet der besonderen Schwere des darin liegenden Eingriffs •durch das grundrechtlich geschützte Freiheitsinteresse des Untergebrachten selbst gerechtfertigt •Auch zur Erreichung des Ziels des Maßregelvollzuges. •Die Voraussetzungen hierfür hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 23. März 2011 geklärt (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 327 f.). 16.09.2012 Dr. P. Grampp 76 Textauszüge § 8 Abs. 2 Satz 2 UBG BW •Widerspricht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz •Voraussetzungen einer Zwangsbehandlung sind gesetzlich zu konkretisieren (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 331 f.) •Erfordernisses der vorherigen Bemühung um eine auf Vertrauen gegründete, im Rechtssinne freiwillige Zustimmung (vgl. im Einzelnen BVerfG, a.a.O., S. 329, 332) •Erfordernis der Anordnung und Überwachung durch einen Arzt (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 330) •es fehlt an der erforderlichen gesetzlichen Regelung zur Dokumentation (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 330, 332). •vorausgehende Überprüfung der Maßnahme durch Dritte in gesicherter Unabhängigkeit von der Unterbringungseinrichtung (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 330, 332) ist nicht vorgesehen 16.09.2012 Dr. P. Grampp 77 Leitsätze zum Beschluss des Zweiten Senats vom 23. März 2011 - 2 BvR 882/09 schwerwiegende Eingriff in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 GG, • medizinische Behandlung eines im Maßregelvollzug Untergebrachten gegen dessen natürlichen Willen liegt, kann auch zur Erreichung des Vollzugsziels gerechtfertigt sein • nur zulässig, wenn der Untergebrachte krankheitsbedingt zur Einsicht in die Behandlungsbedürftigkeit oder zum Handeln gemäß dieser Einsicht nicht fähig ist. • Zwangsbehandlung letztes Mittel • Erfolgsprärogativ muss positiv sein. • Verhältnismäßig § 6 Absatz 1 Satz 2 des rheinland-pfälzischen Landesgesetzes 16.09.2012 Dr. P. Grampp 78 Neu XII. Zivilsenat des BGH Vormundschaft gestellte Patienten • dürfen vorerst nicht gegen ihren Willen ärztlich behandelt werden • BGH 17.07.2012 Forderung • neue gesetzliche Grundlage • derzeitige Gesetzesgrundlage im Betreuungsrecht ist laut BGH nicht ausreichend Beschlüssen vom 20. Juni 2012 XII ZB 99/12 und XII ZB 130/12. Fußt auf • Entscheidung vom März 2011 hat das Bundesverfassungsgericht Folge • Rechtlich widersprüchliche Situation • a) Unterlassene Hilfeleistung (Körperverletzung durch Unterlassung) • b) Körperverletzung 16.09.2012 Dr. P. Grampp 79 BGH XII ZB 130/12 Aufgabenkreis • Gesundheitsfürsorge Ausgangspunkt der Begründung • Aufenthaltsbestimmung •§ 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB • Unterbringung in einer geschlossenen Abteilung •keine hinreichende Ermächtigung zur zwangsweisen Durchsetzung einer Behandlung gegenüber der Betroffenen • Unterbringung der Betroffenen durch die Betreuerin gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB- bis Januar 2014 genehmigt • Hinweis: „wegen der drohenden Obdachlosigkeit eine Eigengefährdung“ Antrag der Betreuerin, • Betroffene gegen ihren Willen medikamentös behandeln und dazu notfalls fixieren lassen zu dürfen Ablehung •Unterbringung der Betroffenen zur Heilbehandlung •freiheitsentziehende Maßnahmen in dessen Schatten eine Heil-behandlung durchgeführt werden kann •Kein Hinweis auf Zwangsbehandlung Gesetzgeber •Hat von einer Regelung der Zwangsbehandlung abgesehen •Es gibt hierfür kein Gesetz 16.09.2012 Dr. P. Grampp 80 BGH XII ZB 130/12 objektiven Wohl des Betroffenen •Behandlung § 1906 Abs. 4 BGB: Keine Kriterien •Voraussetzungen einer Fixierung zum Zwecke der Zwangsbehandlung •Zweck der Vorschrift beschränkt sich auf die Bewegungseinengung § 1906 BGB •Beschränkter Anwendungsbereich •Behandlung gegen den Willen der Betroffenen ist jedoch nicht möglich Grund •Schwere der Grundrechtseingriffe •Fehlens einer klaren und bestimmten Eingriffsnorm •BVG Urteil umfasst auch §§ 1896 ff. BGB Verhältnismäßigkeit •Zweck war durch Unterbringung erreicht (Verwahrlosung) •Betroffenen verweigerte medikamentöse Behandlung 16.09.2012 Dr. P. Grampp 81 BGH XII ZB 130/12 Ablehnung der Unterbringung Ergo •Betreuer veranlassten Zwangsbehandlung •Wenn Unterbringung für den Fall der Durchsetzung Behandlung gestellt wird wäre er regelhaft abzulehnen. •gegen den natürlichen Willen des im Rechtssinne einwilligungsunfähigen Betroffenen •Es sei denn der Pat. bejaht die Medizierung; oder er stellt keinen offenkundigen Willen dem entgegen. Er würde lediglich die Unterbringung nicht einsehen •nur im Rahmen einer betreuungsrechtlichen Unterbringung zur Heilbehandlung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB in Betracht (BGHZ 166, 141, 149 ff. = FamRZ 2006, 615, 617 f.). •Dann muss die Behandlung präzise mit Prognose, Nebenwirkung usw. klarifiziert sein (Verhältnismäßigkeitsgebot) Verfassungsgericht •Einwilligung des Betreuers in eine Zwangsbehandlung ist nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht mehr genehmigungsfähig •Unterbringung kommt nicht in Betracht, weil die Heilbehandlung nicht durchgeführt werden kann •§ 1906 vermag die Genehmigung in die Einwilligung einer mit Zwangsbehandlung verbundenen Unterbringung nicht zu rechtfertigen 166, 141, 146 f. = FamRZ 2006, 615, 616). XII ZB 135/10 - FamRZ 2010, 1976 Rn. 8 2 XII ZB 135/10 - FamRZ 2010, 1976 Rn. 11). Ergo •Unterbringung zur Behandlung muss bedingen, •Beide Maßnahmen müssen zwingend nötig sein •Beide Maßnahmen müssen gleichermaßen abgelehnt werden •Strenge Prüfungsmaßstäbe1 •Kein Vorratsbeschluss!2 1BGHZ 16.09.2012 Dr. P. Grampp 82 Bundesverfassungsgericht 2011 Enstschluss Zwangsbehandlung •Zweck der Heilung ist kein Problem1 •Zwangsbehandlung eines im Maßregelvollzug Untergebrachten sei nur auf der Grundlage eines Gesetzes zulässig •Krankheitsbedingte Einsichtsunfähigkeit eines Untergebrachten ist hier unerheblich •Jede Behandlung gegen den Willen ist Verstoß gegen Art 2,2 GG •Voraussetzung für die Zulässigkeit des Eingriffs kläre •Einwilligung des Betreuers nehme daher der Maßnahme nicht den Eingriffscharakter1 •materielle, formelle Eingriffsvoraussetzungen Berechtigung des Gesetzgebers •enge Voraussetzungen definieren um Behandlungsmaßnahmen gegen den natürlichen Willen des Grundrechtsträgers ausnahmsweise zu ermöglichen •Betroffene müssen Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können •wenn dieser zur Einsicht in die Schwere seiner Krankheit und die Notwendigkeit von Behandlungsmaßnahmen oder zum Handeln gemäß solcher Einsicht krankheitsbedingt nicht fähig sei •Je deutlicher der Grundrechtseingriff, desto klarer die Normativvorgabe2 1BVerfG 2BVerfG FamRZ 2011, 1128 Rn. 72 und 2011, 1927 Rn. 38 FamRZ 2011, 1128 Rn. 73 16.09.2012 Dr. P. Grampp 83 BGH XII ZB 130/12 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Ärztliche Flexibilität ist zu achten •Maßnahmen der Zwangsbehandlung dürfen nur eingesetzt werden •Individuelle Situation des Patienten •Anordnung und Überwachung einer medikamentösen Zwangsbehandlung durch einen Arzt sind unabdingbar •Rechtfertigendes Behandlungsziel •Erfolg verspricht •Zwangsbehandlung zu dokumentieren. •nur als letztes Mittel (mildere Mittel sind ausgeschöpft)1 •Art. 2 Abs. 2 GG fordere darüber hinaus spezielle verfahrensmäßige Sicherungen4 •der Zwangsbehandlung muss - soweit der Betroffene gesprächsfähig sei, der ernsthafte, mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung von unzulässigem Druck unternommene Versuch vorausgegangen sein, seine auf Vertrauen gegründete Zustimmung zu erreichen2 Schutz des Untergebrachten •grundrechtlich geschützten Belange etwa aufgrund von Eigeninteressen der Einrichtung oder ihrer Mitarbeiter z.B. •nicht aufgabengerechter Personalausstattung •Betriebsroutinen5 Untergebracht muss das Recht haben •vor Durchführung einer Zwangsbehandlung •vor Schaffung vollendeter Tatsachen eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen •nicht bloße Schreibtischroutine •Prüfung in gesicherter Unabhängigkeit von der Unterbringungseinrichtung •auch wenn die Einwilligung eines gesetzlichen Vertreters vorliege3. 1BVerfG FamRZ 2011, 1128 Rn. 57 2BVerfG FamRZ 2011, 1128 Rn. 58 3BVerfG FamRZ 2011, 1128 Rn. 63 •Aufgabe des Gesetzgebers 4BVerfG 5BVerfG FamRZ 2011, 1128 Rn. 68 FamRZ 2011, 1128 Rn. 69 16.09.2012 Dr. P. Grampp 84 Zusammenfassung BGH XII ZB 130/12 BGHZ 166, 141, 148 = FamRZ 2006, 615, 616 f 3 Es fehlt Verhältnis des Betreuers zum Betroffenen • entsprechenden Ermächtigungsgrundlage für eine betreuungsrechtliche Genehmigung der Zwangsbehandlung •Vormund und Mündel •Vormund nimmt im Rahmen der Fürsorge eine öffentliche Funktion wahr • Zwangsbehandlungen im Rahmen des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB sind grundsätzlich nicht genehmigungsfähig2 • Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug sind im Wesentlichen auf die Zwangsbehandlung im Rahmen einer betreuungsrechtlichen Unterbringung zu übertragen •Mündel kann sich auf die Grundrechte berufen 3 •§ 1906 BGB regelt die Befugnisse des Betreuers (nicht Mündel) •Genehmigung einer von dem Betreuer veranlassten – Unterbringung ist "ein staatlicher Eingriff" (BVerfG FamRZ 1998, 895, 896) •Betreuer übt die Rechte des Betreuten auch gegenüber dem Staat aus •Unabh. davon übt er bei Einwilligungsunfähigkeit auch die öffentliche Fürsorge aus (LG Bremen Beschluss vom 10. Mai 2012 - 5 T 101/12 - juris; LG Stuttgart Beschluss vom 16. Februar 2012 - 2 T 35/12 - juris; AG Ludwigsburg Beschluss vom 18. Mai 2011 - 8 VII 257/11 - juris und FamRZ 2012, 739; AG Bremen BtPrax 2012, 85 und NJW 2012, 1090; AG Frankfurt a.M. Beschluss vom 29. Februar 2012 - 49 XVII HOF 399/12 - juris; Bienwald FPR 2012, 4, 8; Moll2 Senatsbeschlüsse BGHZ 166, 141 = FamRZ 2006, 615; Vogel FamRB 2011, 249, 250; Marschner R&P 2011, vom 23. Januar 2008 XII ZB 185/07 - FamRZ 2008, 866 160, 163; aA LG Berlin Beschluss vom 21. Mai 2012 und vom 22. September 2010 XII ZB 135/10 - FamRZ 16.09.2012 Dr. P. -Grampp 85 83 T 163/12 juris; Olzen/Metzmacher BtPrax 2011, 2010, 1976 233, 236 ff., 238). • Grundrechte finden im Rahmen einer betreuungsrechtlichen Unterbringung stattfindenden Zwangsbehandlung unmittelbar Anwendung. 1 Zusammenfassung BGH XII ZB 130/12 § 1906 BGB Vorschriften des Betreuungsrechtes •Gewährleistet unmittelbar nur die Kontrolle eines Eingriffs in die von Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG geschützte Freiheit der Person •Sind für die Zwangsbehandlung ungenügend •§§ 1896 ff. BGB beinhaltet kein geschlossenes Regelungssystem für die betreuungsrechtlichen Genehmigung einer Zwangsbehandlung •Verträgt sich nicht mit mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG mit geschützten Recht auf Selbstbestimmung •Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (Unterbringung nur zulässig ist, "solange sie zum Wohl des Betroffenen erforderlich ist„ ist zu unkonkret) Anforderungen an eine Normativ •Keine Aussage zur Zwangsbehandlung, der Art usw. •Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte •Vorratsbeschlüsse sind unzulässig •Rücksicht auf den Normzweck (BVerfG FamRZ 2011, 1128 Rn. 73). FGG •Untergebrachten, Betreuer, Arzt usw. müssen klare, interpretationslose Kriterien gegeben werden. BVerfG FamRZ 2011, 1128 Rn. 74 •Keine Dokumentationsvorschrift •Keine verpflichtende Bestimmung, dass die Maßnahmen ärztlich zu leiten sind •Keine Dauerbegrenzung 16.09.2012 Dr. P. Grampp 86 Zusammenfassung BGH XII ZB 130/12 Es fehlt •verfassungsrechtliche Anforderungen genügenden gesetzlichen Grundlage für eine betreuungsrechtliche Zwangsbehandlung Verpflichtung des Staates „Der Senat verkennt nicht, dass das Fehlen von Zwangsbefugnissen zur Durchsetzung notwendiger medizinischer Maßnahmen dazu führen kann, dass ein Betroffener ohne eine solche Behandlung einen erheblichen Schaden nimmt. Der Senat hat bereits hinsichtlich der Problematik einer ambulanten Zwangsbehandlung wiederholt darauf hingewiesen •zu einer gesetzlichen Regelung steht dahin (Senatsbeschlüsse BGHZ 145, 297, 310 = FamRZ 2001, 149, 152 und vom 23. Januar 2008 XII ZB 185/07 FamRZ 2008, 866, 868). „ 16.09.2012 Dr. P. Grampp 87 §6, Abs 1 ThürPsychKG • Psychisch kranker Mensch Voraussetzung • Macht von angebotenen Hilfen keinen Gebrauch • Leben, Gesundheit (seine und andere), Rechtsgüter anderer Gefahr • Erheblich gefährdet • Vorladen, Hausbesuch (auch Arzt des Vertrauens) Kontakt des SPDI • Angehörige sind einzubeziehen (Abs 2) 16.09.2012 Dr. P. Grampp 88 §6, Abs 2 ff ThürPsychKG •Pat. verweigert alles Abs 3 •(Neuerlich) Hausbesuch des SPDI/ggf. Vorladung •Duldungspflicht •Psychische Krankheit Eilfall •Unmittelbare Gefahr für Rechtgüter ist anscheinlich •Muss sofort abgewendet werden •Zugangsrecht des SPDI Folge •Ergebnis ist Familie/Arzt/Betreuer/Vertrauensperson zu offenbaren •Datenschutz, §§ 203ff StGB sind unberührt 16.09.2012 Dr. P. Grampp 89 §6 ThürPsychKG Rechtsmittel •Antrag auf gerichtliche Entscheidung (Antragsverf.) 16.09.2012 Dr. P. Grampp 90 §6 ThürPsychKG Unterbringung Aufgrund einer Psychischen Erkrankung Ohne oder gegen dessen Willen Psychiatrisches Krankenhaus Sein Leben Gegenwärtige Gefahr Keine andere Abwendung Seine Gesundheit bedeutsame Rechtsgüter anderer 16.09.2012 Dr. P. Grampp 91 Gegenwärtig Unmittelbar vorherbesteht Gegenwärtig Jederzeit wenn unvorhersehbar Ereignis eingetreten 16.09.2012 Dr. P. Grampp 92 Zweck •Gegenwärtige Gefahr abwenden Zweck Betreuung •behandeln •Wille des Betreuers ist maßgeblich 16.09.2012 Dr. P. Grampp 93 §8 Unterbringungsantrag • Schriftlicher Antrag SPDI • Ärztliches Gutachten (Sachverst.) (3 Tagesklausel) • Für eine gerichtliche Genehmigung (FGG) • Vorrang: §126a StPO) (81 Subsidiär • Vorrang: §§63/64 StGB; § 7 JGG 16.09.2012 Dr. P. Grampp 94 Unterbringung Vorläufig SPDI • Gericht nicht erreichbar • Eile ist geboten und Voraussetzungen gem § 7 liegen vor §9 • <24 Stunden Dauer • Unverzüglich ist ein Antrag nach § 8 zu erstellen • Nahe Angehörige • Betreuer Unterrichtungspflicht • Eltern • Usw. 16.09.2012 Dr. P. Grampp 95 (3) Die Behandlung des Patienten ist ohne seine Einwilligung, ohne die seines Betreuer oder sonstiger Sorgeberechtigter bei gegenwärtiger Gefahr für das Leben oder die Gesundheit des Patienten oder Dritter zulässig. Verfassungsgericht §12 Behandlung Stand Thüringer Gesetz … 16.09.2012 Verhältnismäßigkeit Klare Bestimmung Sonst nur mit dem Willen des Patienten usw. Ggf Kritik durch mögliche Einwilligung des Betreuers Dr. P. Grampp 96