Messiah In einer szenischen Fassung von Claus Guth, Christian Schmidt & Konrad Kuhn Oratorium von Georg Friedrich Händel (HWV 56) Libretto (nach der Bibel) von Charles Jennens 1741 schickte Charles Jennens Händel unaufgefordert eine Zusammenstellung von Bibelstellen, die wie ein theologisches Pamphlet aufgebaut ist. Händel hatte sich nach seinem Scheitern als Opernunternehmer in London und einer schweren gesundheitlichen Krise dem Oratorium zugewandt; dabei hatte Jennens ihm als Librettist bereits gute Dienste geleistet. Der Messiah-Text beflügelte ihn: Er komponierte das Werk in nur 24 Tagen und nahm es zu einer Konzertsaison mit nach Dublin. Dort fand am 13. April 1742 die erfolgreiche Uraufführung statt. Bei der Londoner Erstaufführung an Covent Garden war das Sacred Oratorio pietistischen Anfeindungen ausgesetzt; man wollte das Stück wegen seines Themas nicht außerhalb einer Kirche, dargeboten von ‚Schauspielern’ auf einer Theaterbühne, aufgeführt sehen. Erst ab 1750 trat das Werk seinen Siegeszug durch die Welt an. Der Messiah hat keine Handlung im engeren Sinn. Es wird keine konkrete Geschichte über Jesus erzählt, wie in den Passionen oder im Weihnachtsoratorium von Bach. Die Titelfigur – der Messias – tritt nicht auf. Man erfährt wenig Genaues über sein Leben, Leiden, Sterben und seine Auferstehung. Der Text, dessen Hauptquelle das Alte Testament ist, will zeigen, dass Jesus der „Messias“ („Gesalbte“, griechisch „Christos“) im Sinne der Voraussagen der Propheten ist. Dadurch ist vom Libretto her ein hoher Abstraktionsgrad gegeben. Durch Händels Musik wird daraus ein großes Gemälde der Condition humaine, das sehr konkret viele unmittelbar berührende Stimmungsbilder transportiert. Thema ist unsere Erlösungsbedürftigkeit. Die Musik des Messiah, musiziert vom französischen Originalklang-Ensemble Matheus unter der Leitung seines Chefs Jean-Christophe Spinosi, unterscheidet sich in ihrer affektgeladenen Sprache kaum von der in Händels Opern – bis auf die (oratorientypisch) zentrale Rolle des Chores, der jedoch nicht, wie in anderen Oratorien, zum Handlungsträger wird. Das Stück lässt sich als Selbstgespräch einer Gemeinde, die um Trost im Glauben ringt, auffassen. Dem Erschrecken über die eigene Verstrickung in Schuld stehen Versuche der Selbstvergewisserung über die verheißene Rettung durch den Erlöser gegenüber. Bezugspunkt dieser Hoffnung ist die Angst vor dem Tod. Bei der szenischen Umsetzung kann es nicht um eine Bebilderung der Bibelzitate gehen. Gezeigt werden soll eine Gruppe von Menschen in unterschiedlichen Situationen: Ein Mensch ist gestorben, ein Kind ist geboren, eine sich verschärfende äußere Bedrohung bringt den Alltag zum Entgleisen, zwingt zur Konfrontation mit der Frage nach dem Sinn von Leben und Sterben. Dabei werden zum Teil sehr reale Situationen aus einem heutigen Alltag mit der gewaltigen Erlösungssehnsucht, die in der Musik Händels zum Ausdruck kommt, in ein Spannungsverhältnis gebracht. Die Bühne zeigt einen Ort der Begegnung, dessen konkrete Architektur sich in den einzelnen Räumen (ein Festsaal, ein Gästezimmer, einzelne Räume des Personals, Flure etc.) auf der Drehbühne immer wieder neu zusammensetzt. Aus der hier versammelten, auf sich selbst zurückgeworfenen Gruppe (Arnold Schoenberg Chor) treten Einzelne heraus und teilen ihre Nöte, Obsessionen, Ängste, Vorwürfe, Verzweiflungen und Hoffnungen mit. Im Verlauf des Abends werden bruchstückhaft die Lebensgeschichten dieser Einzelnen fassbar. Neben den Gesangssolisten treten zwei weitere Solisten hervor: Zum einen Paul Lorenger, der vom Tanz herkommt und sich auf vielfältige Weise mit körperlichen Aktionen einbringen wird. Zum anderen die taubstumme Darstellerin Nadia Kichler; ihr Ausdrucksmittel ist die Gebärdensprache, durch deren theatrale Überhöhung eine zusätzliche Dimension entsteht. MESSIAH Oratorium in drei Teilen (1742) HWV 56 MUSIK VON GEORG FRIEDRICH HÄNDEL LIBRETTO VON CHARLES JENNENS NACH DER HEILIGEN SCHRIFT Szenische Fassung von Claus Guth, Konrad Kuhn und Christian Schmidt Uraufführung In englischer Sprache mit deutschen Übertiteln Premiere: Freitag, 27. März 2009, 19.00 Uhr Aufführungen: 29. März, 1., 3. & 6. April 2009 _______________________________________________________________ BESETZUNG Musikalische Leitung Inszenierung Bühne und Kostüme Choreographie Licht Dramaturgie JEAN-CHRISTOPHE SPINOSI CLAUS GUTH CHRISTIAN SCHMIDT RAMSES SIGL JÜRGEN HOFFMANN KONRAD KUHN Sopran 1 Sopran 2 Knabensopran Tenor Altus Bass Tänzer Gebärdendarstellerin SUSAN GRITTON CORNELIA HORAK MARTIN PÖLLMANN RICHARD CROFT BEJUN MEHTA FLORIAN BOESCH PAUL LORENGER NADIA KICHLER ENSEMBLE MATHEUS ARNOLD SCHOENBERG CHOR (Leitung: Erwin Ortner) STATISTERIE DES THEATER AN DER WIEN Neuproduktion des Theater an der Wien Koproduktion mit der Opéra national de Lorraine, Nancy Dauer: ca. 3 Stunden – Pause nach dem Ersten Teil www.theater-wien.at