CSR und die Kaufentscheidung der Konsumenten Dr. Christoph Schleer Studienleiter Sinus-Institut, Berlin Problemstellung ? CSRAktivitäten ? Einstellung zum Unternehmen CSRWahrnehmung Kaufentscheidung der Konsumenten ? “Studies of the effect of a company’s social reputation on consumer purchasing preferences […] have been inconclusive at best.” (Porter/Kramer 2006) Problemstellung Mythos des ethischen Konsumenten … Carrigan/Attalla (2001) Reaktion in Umfragen Tatsächliches Kaufverhalten ? Kausalmodell Wann und warum berücksichtigen Konsumenten CSR-Kriterien bei ihrer Kaufentscheidung? Etwas bewegen können Wahrgenommene Produktqualität Reputation des Unternehmens Selbstbild wahren Glaubwürdigkeit der Information CSR-orientierte Kaufentscheidung Wahrgenommener Fit Glaubwürdigkeit der Motivlage Gegenargumente Moralische Gefühle CSRErwartungen Eingeschränkter Konsum (Schleer 2014) Sorge um soziale und ökologische Herausforderungen Beispiele Die weltwirtschaftlichen Aktivitäten werden laut Prognosen bis 2050 um das Fünf- bis Sechsfache wachsen. Energie- und Rohstoffhunger der Welt nimmt weiter. Der Druck auf die Ökosysteme steigt; Schadstoffe sammeln sich in der Luft, an Land und im Wasser. Dies beschleunigt den Klimawandel, führt zu Wüstenbildung, Süßwasserknappheit, Entwaldung und abnehmender Biodiversität Anstieg der Weltbevölkerung: Heute 6,6 Milliarden, im Jahr 2050 sollen es über 9 Milliarden sein. Die Bevölkerung wächst ausgerechnet in dem Teil der Welt, in dem die Menschen bereits kaum ernährt werden können. Die illegalen Flüchtlingsströme (z.B. nach Lampedusa) werden zunehmen, globale Auswirkungen auf Frieden und Stabilität nicht ausbleiben. (z.B. Franz 2010, Sachs 2010) Moralische Gefühle Wahrgenommene sozialökologische Missstände Intuitive emotionale Reaktion auf Informationen über Missstände Soziale Instinkte Ist-Zustand Diskonfirmation von persönlichen Normen Moralische Gefühle CSR-orientierte Kaufentscheidung (Haidt 2003) Soll-Vorstellung Persönliche Normen Subjektive Bewertung der Situation Umweltkatastrophen, Menschenrechtsverletzungen etc. (Lindenmeier/Schleer/Pricl 2012) CSR-Erwartungen ► Wie weit soll das CSR-Engagement von Unternehmen aus Sicht der Konsumenten reichen? ► Von den Verbrauchern werden nicht alle unternehmerischen CSR-Leistungen als gleich relevant eingeschätzt. CSR-Leistungen, die dem Einzelnen wichtig sind, wirken positiv auf seine Kaufentscheidungen. Die Kluft zwischen Wollen und Tun „Je länger der Weg wird zwischen unseren sozialen Instinkten und unserem Denken, unserem Denken und unserem Handeln, umso tiefer wird auch die Kluft zwischen Wollen und Tun.“ Richard David Precht, 2010 Interesse- und Besorgnisbekundungen schlagen nicht unmittelbar auf das Konsumentenverhalten durch. Gegenargumente I Der nachhaltige Konsum verursacht zusätzliche Kosten, wenn Produkte teuer oder nur schwer zu beziehen sind. (Friedman 2003) Informationskosten/ Suchkosten (Fehlende Zeit …) Beschaffungskosten Finanzielle Kosten (Bequemlichkeit …) (Fairtrade-Prämie …) Gegenargumente II ► „Warum soll gerade ich etwas dafür tun, die Welt besser zu machen?“ ► „Kann ich, selbst wenn ich wollte, tatsächlich etwas ausrichten?“ Trittbrettfahranreiz Verantwortung auf Dritte schieben Small Agent-Empfinden Der eigene Beitrag ist unbedeutend Eingeschränkter Konsum Vorliebe für das präferierte Produkt Mangel an Substituten Verantwortlich zu konsumieren bedeutet auch, auf bestimmte Produkte zu verzichten. Würde ein JaguarLiebhaber sein Auto gegen einen Toyota Prius tauschen? Bewusstseinsveränderung? Innerhalb der Konsumenten existiert eine relevante Zielgruppe, die in Aussicht stellt, bei ihren Kaufentscheidungen ethische Kriterien zu berücksichtigen. (z.B. Schoenheit/Schleer 2012) Fairtrade-Waren befinden sich auf Wachstumskurs Bio-Produkte erweitern ihren Marktanteil Die Zahl an Boykottaktionen nimmt stetig zu (Transfair 2014) (GfK 2007) (Klein et al. 2004) 12 etc. Etwas bewegen können ► Mit der Einkaufsentscheidung zur Lösung von sozialen und ökologischen Problemsituationen beitragen. ► Positive Veränderungen voranzutreiben, wirkt motivierend. Erfolgswahrnehmung: Inwieweit glaubt der Konsument daran, durch gezielten Kauf / Nichtkauf von Produkten, etwas bewirken zu können? Wunsch nach Wahrung des Selbstbildes ► Erfolgswahrnehmungen sind nicht für alle Konsumenten eine notwendige Bedingung für CSR-orientierte Kaufentscheidungen. (Baron 1999) ► „Clean Hands“, Wunsch nach Wahrung des Selbstbildes (Smith 1990) Wahrung des Selbstbildes: Das gute Gewissen ist eine Erfindung des Teufels. (Albert Schweizer) ) Glaubwürdigkeit Konsumenten haben eine intuitive Kompetenz im Umgang mit beeinflussender Werbung entwickelt. (Persuasion Knowledge Model, Friestad/Wright 1994) Aufeinandertreffen von Marketing und Moral führt zu Verunsicherung und Kritik. (Carrigan/Attala, 2001) Tun Unternehmen das, was sie sagen? Welche Motivation steckt hinter dem Engagement? Reputation des Unternehmens / Wahrgenommener Fit ► Bei einer guten Reputation schließen Konsumenten von ihrer positiven Haltung gegenüber dem Unternehmen auf ein ernsthaftes unternehmerisches Interesse an gesellschaftlicher Verantwortungsübernahme. ► Bei einem guten Fit wird das CSR-Engagement als logische und sinnvolle Konsequenz der unternehmerischen Geschäftstätigkeit wahrgenommen. Beispiel: Philip Morris Philip Morris – „talk to your kids about not smoking.“ Besser: Engagement für sozial verträgliche Arbeitsbedingungen auf Tabakplantagen Produktqualität Produktqualität als traditionelles Kaufkriterium + Etwas bewegen können Wahrgenommene Produktqualität Reputation des Unternehmens + + Selbstbild wahren Glaubwürdigkeit der Information CSR-orientierte Kaufentscheidung Wahrgenommener Fit Glaubwürdigkeit der Motivlage Gegenargumente Moralische Gefühle CSRErwartungen Eingeschränkter Konsum Und nun? Was bedeutet das für Unternehmen? Und nun? Interne Bewusstseinsbildung Eigenes CSR-Verständnis entwickeln Mitarbeiter für die Relevanz von CSR sensibilisieren Die eigenen Mitarbeiter einbinden Kodifizierte Werte auf Einhaltung kontrollieren Auswahl, Ausgestaltung und Umsetzung von CSR-Aktivitäten CSR-Themen wählen, die zum Unternehmen passen CSR-Themen wählen, die den Stakeholdern wichtig sind Kommunikation von CSR-Aktivitäten CSR-Kommunikation in die Gesamtkommunikation integrieren CSR-Informationen durch Leistungsnachweise belegen Sich ganzheitlich und Glaubwürdige Quellen in die proaktiv engagieren Kommunikation einbinden Langfristige Ziele setzen und CSR-Aktivitäten evaluieren Mit kompetenten Partnern kooperieren Transparent kommunizieren Empowerment unterstützen Ausgewogen emotionalisieren Zielgruppenspezifisch kommunizieren Zielgruppenspezifische CSR-Kommunikation Die Sinus-Milieus® in Deutschland Oberschicht / Obere Mittelschicht Mittlere Mittelschicht Sinus B1 1 Liberal-intellektuelles Milieu 7% Sinus AB12 Konservativetabliertes Milieu 10% Sinus B12 Sozialökologisches Milieu 7% 2 Sinus B23 Sinus AB23 Traditionelles Milieu 15% Untere Mittelschicht / Unterschicht Sinus C1 Milieu der Performer 7% Bürgerliche Mitte 14% Sinus C2 Adaptivpragmatisches Milieu 9% Sinus C12 Expeditives Milieu 6% Sinus BC23 3 Sinus B3 Prekäres Milieu 9% Hedonistisches Milieu 15% © SINUS 2012 Soziale Lage A Traditions- Modernisierte verwurzelung Tradition Grund- "Festhalten" "Bewahren" orientierung Tradition B Lebensstandard, Status, Besitz "Haben & Genießen" Selbstverwirklichung, Emanzipation, Authentizität "Sein & Verändern" Modernisierung / Individualisierung C Multioptionalität, Exploration, Beschleunigung, Refokussierung, Pragmatismus neue Synthesen "Machen & Erleben" "Grenzen überwinden" Neuorientierung Zielgruppenspezifische CSR-Kommunikation Die Sinus-Milieus® in Deutschland: Kurzübersicht 10 1 Konservativ-etabliertes Milieu Das klassische Establishment: Verantwortungs- und Erfolgsethik; Exklusivitäts- und Führungsansprüche; Standesbewusstsein, Entre-nous-Abgrenzung Liberal-intellektuelles Milieu Die aufgeklärte Bildungselite: liberale Grundhaltung und postmaterielle Wurzeln; Wunsch nach selbstbestimmtem Leben, vielfältige intellektuelle Interessen Milieu der Performer Die multi-optionale, effizienzorientierte Leistungselite: globalökonomisches Denken; Konsumund Stil- Avantgarde; hohe IT- und Multimedia-Kompetenz 10 2 8 7 2 6 3 5 4 4 8 Expeditives Milieu Die ambitionierte kreative Avantgarde: mental und geografisch mobil, online und offline vernetzt und auf der Suche nach neuen Grenzen und neuen Lösungen 9 1 Bürgerliche Mitte Der leistungs- und anpassungsbereite bürgerliche Mainstream: generelle Bejahung der gesellschaftlichen Ordnung; Wunsch nach beruflicher und sozialer Etablierung, nach gesicherten und harmonischen Verhältnissen 3 Traditionelles Milieu Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegs- / Nachkriegsgeneration: verhaftet in der alten kleinbürgerlichen Welt bzw. in der traditionellen Arbeiterkultur; Sparsamkeit, Konformismus und Anpassung an die Notwendigkeiten 9 Prekäres Milieu Die um Orientierung und Teilhabe bemühte Unterschicht mit starken Zukunftsängsten und Ressentiments: Häufung sozialer Benachteiligungen, geringe Aufstiegsperspektiven, reaktive Grundhaltung; bemüht, Anschluss zu halten an die Konsumstandards der breiten Mitte 5 Hedonistisches Milieu Die spaß- und erlebnisorientierte moderne Unterschicht / untere Mittelschicht: Leben im Hier und Jetzt, Verweigerung von Konventionen und Verhaltenserwartungen der Leistungsgesellschaft 7 Sozialökologisches Milieu Konsumkritisches /-bewusstes Milieu mit normativen Vorstellungen vom "richtigen" Leben: ausgeprägtes ökologisches und soziales Gewissen; Globalisierungs-Skeptiker, Bannerträger von Political Correctness und Diversity 6 Adaptiv-pragmatisches Milieu Die moderne junge Mitte mit ausgeprägtem Lebenspragmatismus und Nutzenkalkül: zielstrebig und kompromissbereit, hedonistisch und konventionell, flexibel und sicherheitsorientiert; starkes Bedürfnis nach Verankerung und Zugehörigkeit 2 1 Zielgruppenoptimierung mit den Sinus-Milieus® Reason Why Der soziokulturelle Wandel stellt das Marketing ständig vor neue Herausforderungen. Sowohl die zunehmende Fragmentierung der Märkte als auch die im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie zu beobachtenden Integrations- und Substitutionsprozesse führen zu Streu- und Effizienzverlusten in der MarketingKommunikation. Erfolgreiche Produktplanung, Markenführung und Kommunikation setzen deshalb heute eine umfassende und zugleich differenzierte Zuwendung zum Verbraucher voraus und machen es nötig, Zielgruppen über die herkömmlichen soziodemografischen Merkmale hinaus präziser zu klassifizieren. Mit den Sinus-Milieus steht dafür ein leistungsfähiges, praxisnahes und bewährtes Planungsinstrument zur Verfügung, das die Wertorientierungen und Lebensstile der Verbraucher berücksichtigt. 2 2 Was sind die Sinus-Milieus®? Ein Instrument für das strategische Marketing, für Media und Kommunikation (1/2) Die Sinus-Milieus sind das Ergebnis von über 30 Jahren sozialwissenschaftlicher Forschung. Die Zielgruppenbestimmung dieses Ansatzes orientiert sich an der Lebensweltanalyse unserer Gesellschaft. Die Sinus-Milieus gruppieren Menschen, die sich in ihrer Lebensauffassung und Lebensweise ähneln. Grundlegende Wertorientierungen gehen dabei ebenso in die Analyse ein wie Alltagseinstellungen zu Arbeit, Familie, Freizeit, Geld und Konsum. Sie rücken also den Menschen und das gesamte Bezugssystem seiner Lebenswelt ganzheitlich ins Blickfeld. Und sie bieten deshalb dem Marketing mehr Informationen und bessere Entscheidungshilfen als herkömmliche Zielgruppenansätze. 2 3 Was sind die Sinus-Milieus®? Ein Instrument für das strategische Marketing, für Media und Kommunikation (2/2) Die Sinus-Milieus sind Zielgruppen, die es wirklich gibt – und sie liefern den "roten Faden" für Produktentwicklung, Strategie, Positionierung, Kommunikation, Mediaplanung und CRM. Der Ansatz wird von führenden Markenartikel-Herstellern und Dienstleistungsunter- nehmen für das strategische Marketing, für Produktentwicklung und Kommunikation ebenso genutzt wie von politischen Parteien, Ministerien, Gewerkschaften, Kirchen und Verbänden. Große Medienunternehmen arbeiten damit seit Jahren genauso wie Werbe- und Media-Agenturen. Mit der Integration der Sinus-Milieus in die wichtigsten Markt-Media-Studien sowie in das AGF/GfK-Fernsehpanel sind darüber hinaus interessante Möglichkeiten einer optimierten Media-Auswertung und -Planung gegeben. 2 4 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. Christoph Schleer Studienleiter Sinus-Institut, Berlin Das Beratungs- und Weiterbildungs-angebot des SINUS-Instituts. Qualifizierung Beratung Innovation Vorträge und Präsentationen Workshops Beratung und Organisationsentwicklung Weiterbildungen Die SINUS-Akademie bietet maßgeschneiderte Lösungen für Kundinnen und Kunden, die die Erkenntnisse der SINUS Markt- und Sozialforschung für die Weiterentwicklung ihrer Organisation nutzen wollen. Alle unsere Veranstaltungen finden als Inhouse-Events statt. www.sinus-akademie.de Forschung und Strategische Planung Tiefeninterviews, narrative Interviews, Fokusgruppen, standardisierte Befragungen Anwendung der Sinus-Forschungen im Zusammenhang mit Zielgruppen, Trends und Märkten. Unternehmen und Non-Profit Organisationen arbeiten mit den Forschungs- und Beratungstools von Sinus weil sie helfen, den soziokulturellen Wandel, die Struktur der Gesellschaft und die Psychologie der Bürgerinnen und Bürger besser zu verstehen. Wir erforschen Wertewandel, Lebenswelten, Alltagsästhetik, soziokulturelle Strömungen, Trends und Zukunftsszenarien. www.sinus-institut.de