Tagungsmagazin LATEINAMERIKA IM FOKUS 2015 INHALT 4 4 ARGENTINIEN Hoffnung auf Ende der Dauerkrise 8 8 BRASILIEN Neues Wachstum erst nach strukturellen Reformen 12 12 CHILE Staatsausgaben treiben Aufschwung an 16 16 KOLUMBIEN Neuer Schwung durch Infrastrukturprojekte 20 20 KUBA Spezieller Markt trotz langsamer Öffnung 24 24 MEXIKO Geringer Ölpreis hinterlässt Spuren 28 28 PERU Strukturreformen sollen Wachstum antreiben 32 RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN 33 INFORMATIONEN ZU ZOLL UND EINFUHR Germany Trade & Invest www.gtai.de 3 ARGENTINIEN ARGENTINIEN HOFFNUNG AUF ENDE DER DAUERKRISE Zur Jahresmitte 2015 zeigt die Konjunkturentwicklung in Argentinien leicht nach oben. Vor den Wahlen im Oktober kurbelt die Regierung die Nachfrage an. Ein anhaltender Devisenmangel setzt dem Wachstum jedoch enge Grenzen. Der Rückgang der Agrarpreise und die Krise im Nachbarland Brasilien treffen Argentinien hart. Ein dauerhafter Aufschwung kommt nur, wenn die nächste Regierung überfällige Anpassungsmaßnahmen ergreift und den Zugang zum internationalen Kapitalmarkt wieder öffnet. WACHSTUM DES BIP ZEIGT LEICHT NACH OBEN Nach der Rezession 2014 könnte das Wachstum der argentinischen Wirtschaft 2015 eine „schwarze Null“ verzeichnen. Steigende Realeinkommen und konsumfördernde Maßnahmen der Regierung geben dem privaten Verbrauch Auftrieb. Im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen am 25.10.15 betreibt die Regierung eine expansive Geld- und Fiskalpolitik. Mit strengen Kontrollen von Wechselkurs und Preisen gelingt es ihr gleichzeitig, die galoppierende Inflation leicht zu bremsen. Zur Jahresmitte 2015 entfacht diese Politik ein kleines konjunkturelles Strohfeuer, auf das jedoch nach Meinung vieler Ökonomen nach den Wahlen eine neue Abkühlung folgen dürfte. Wirtschaftliche Entwicklung 2014 bis 2016 (reale Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %) n 2014 n 2015 1) n 2016 1) 10,0 6,0 5,0 4,0 0,0 0,0 0,0 1,0 1,0 -1,0 -1,9 -5,0 -5,0 -3,0 -2,5 -15,0 -12,0 BIP Einfuhr 2) Bruttoanlage- investitionen Prognose; 2) nur Waren Quellen: Germany Trade & Invest auf Basis von Indec; Banken und Beratungsunternehmen 1) 4 Lateinamerika im Fokus 2015 Privater Verbrauch © Germany Trade & Invest -10,0 Die Daten der amtlichen Statistik und die Schätzungen regierungsunabhängiger Ökonomen driften weit auseinander. Während das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gemäß dem nationalen Statistikinstitut Indec im 1. Quartal 2015 real um 1,1% gegenüber dem Vorjahr gestiegen ist, lag es laut mittlerer Schätzung privater Beratungsunternehmen um 0,8% im Minus. Im 2. Quartal setzte eine Erholung ein. Nach Schätzung des Beratungsunternehmens OJF ist das BIP in den ersten fünf Monaten 2015 um 0,2% im Vorjahresvergleich gesunken. Für 2014 wies das Indec ein BIP-Wachstum um 0,5% aus, während private Institute im Mittel einen Rückgang des BIP um 1,9% schätzten. Die Inflationsrate betrug in den zwölf Monaten bis Mai 2015 laut Indec 15,3%; andere offizielle und private Quellen berechneten sie auf 26 bis 29%. Ein rasch steigendes Staatsdefizit von circa 5% des BIP (2014), das zu einem großen Teil durch die Zentralbank finanziert wird, schafft weiteres Inflationspotenzial. Der von der Zentralbank gesteuerte Kurs des argentinischen Pesos (1 arg$ = 0,966 Euro; Stand: 26.6.15) gilt unter Experten als deutlich überbewertet. Anpassungsmaßnahmen nach den Wahlen erscheinen darum kaum vermeidbar. Viele Ökonomen erwarten unter anderem eine deutliche Abwertung der Währung. Die weitere Konjunkturentwicklung wird vornehmlich von der Verfügbarkeit ausreichender Devisen abhängen. Argentiniens Überschuss in der Handelsbilanz schwindet, unter anderem aufgrund geringerer Sojapreise, der Überbewertung der Währung sowie der Konjunkturkrise in Brasilien. Die Leistungsbilanz ist bereits negativ (1% des BIP). Aufgrund der ungelösten Schuldenkonflikte mit Altgläubigern, die Argentiniens Umschuldungen abgelehnt hatten (Holdouts), hat das Land nur eng begrenzten Zugang zu Devisenkrediten. Die Zuteilung knapper Devisen wird darum weiter von den Behörden rationiert. Ohne eine Regelung der Altschulden und einen dadurch eröffneten Zugang zum internationalen Kapitalmarkt ist eine nachhaltige Belebung der Wirtschaft kaum möglich. Nach dem Regierungswechsel könnten neue Verhandlungen mit den Gläubigern in Gang kommen. Angesichts der relativ geringen Höhe der Zahlungsrückstände (4 bis 5% des BIP) und der vergleichsweise niedrigen Auslandsverschuldung des argentinischen Staates (14% des BIP) sollte eine Einigung in der 1. Jahreshälfte 2016 möglich sein. Der Außenhandel schrumpft 2015 rapide, und zwar sowohl die Ein- als auch die Ausfuhren. Für das Gesamtjahr 2015 erwartet die Beratungsfirma Econométrica einen Importwert von 57 Mrd. US$ (-12% gegenüber dem Vorjahr) und Exporte für 59 Mrd. US$ (-18%). INVESTITIONSKLIMA BELASTET Das Investitionsklima wird weiterhin durch Devisen- und Importbeschränkungen, Preiskontrollen und andere Regierungseingriffe in die Märkte belastet. In Erwartung des Regierungswechsels steigen die Investitionen jedoch. Gemäß Daten von OJF & Asociados legten die Bruttoanlageinvestitionen in den ersten fünf Monaten 2015 real um 4,2% gegenüber dem Vorjahr zu. Vor allem die Bauinvestitionen zogen an. Eine Übersicht der aktuellen Großprojekte in Argentinien ist in der Publikation Wirtschaftstrends Argentinien bei Germany Trade & Invest abrufbar unter www.gtai.de/argentinien. S O Strengths (Stärken) n Umfangreiche natürliche Ressourcen. n Sehr produktive Landwirtschaft. n Relativ gute Transportwege. n Relativ hohes Bildungsniveau. n Europäisch geprägtes Umfeld. Zur Jahresmitte führen Äußerungen der aussichtsreichsten Kandidaten für die Präsidentschaft allerdings zu neuer Verunsicherung. Zwar gilt der in Umfragen führende Präsidentschaftskandidat des Regierungslagers, Daniel Scioli, als ein Mann des Ausgleichs und als Befürworter moderater Reformen. Doch viele Beobachter vermuten, dass die scheidende Staatschefin Cristina Fernández de Kirchner im Falle eines Scioli-Wahlsiegs auch ohne offizielles Amt einen erheblichen Einfluss auf die Regierungspolitik behalten wird und Änderungen der Wirtschaftspolitik blockieren könnte. Andere Kommentatoren halten dies aufgrund der großen Machtfülle des Präsidenten in Argentinien allerdings nicht für wahrscheinlich und setzen weiterhin auf vorsichtige Reformen unter Scioli. Der liberal-konservative Oppositionskandidat Mauricio Macri verspricht einen grundlegenden Wechsel der Politik und eine rasche Aufhebung der Devisenbeschränkungen. Sollte Macri die Wahl gewinnen, würde dieser allerdings ohne eigene Mehrheit im Parlament einer starken Opposition der KirchnerFraktion gegenüberstehen. W T Weaknesses (Schwächen) n Schwacher lokaler Kapitalmarkt und kaum Zugang zu internationaler Finanzierung. n Geringe Wettbewerbsfähigkeit der lokalen Industrie. n Ungleiche Einkommensverteilung. n Hohe und wachsende Belastung durch Steuern und Abgaben. n Schlechte Einstufung im Korruptionsindex. Opportunities (Chancen) Threats (Risiken) n Mögliche Reformen nach den Wahlen. n Inflation und Währungsturbulenzen. n Regelung der Schuldenkonflikte und neuer n Schwer berechenbare Eingriffe der Regierung. Zugang zum internationalen Kapitalmarkt. n Zinsverbilligte Kredite in lokaler Währung. n Großes Potenzial konventioneller und erneuerbarer Energien. n Gute Basis für Ausbau von Forschung und Technologie. n Starke Konzentration der Exporte auf wenige Agrarprodukte. n Zuspitzung der Schuldenkonflikte. n Unklare Datenlage (Zweifel an der amtlichen Statistik). Quelle: Germany Trade & Invest Germany Trade & Invest www.gtai.de 5 ARGENTINIEN SCHWACHE ERHOLUNG FÜR DEN KONSUM Der private Verbrauch erlebt zur Jahresmitte 2015 eine zaghafte Erholung. Nach einem starken Rückgang der Reallöhne 2014 (-3,2%) wachsen die Bezüge zur Jahresmitte 2015 wieder stärker als die Verbraucherpreise. Im Vorfeld der Wahlen hat die Regierung zudem verschiedene Maßnahmen zur Ankurbelung des Konsums ergriffen. Auch die Vergabe von Konsumkrediten zieht – nicht zuletzt aufgrund staatlicher Förderung – wieder an. Der von der Universität UTDT ermittelte Index für das Verbrauchervertrauen hat sich in den vergangenen zwölf Monaten zügig von dem Abwertungsschock zu Jahresanfang 2014 erholt und stieg im Mai 2015 auf das höchste Niveau seit mehr als drei Jahren. Laut Erhebung der Kammer mittelständischer Unternehmen CAME lagen die Einzelhandelsumsätze in den ersten fünf Monaten 2015 real um 2% über dem entsprechenden Vorjahreszeitraum. Das Marktforschungsunternehmen CCR sieht dagegen eine Absatzrückgang um 1,2% bei Waren des Grundbedarfs. In den großen Supermärkten stieg der Absatz laut Indec von Januar bis Mai 2015 um nominal 29% gegenüber der gleichen Vorjahresperiode, während die Verkäufe in den Shoppingcentern, wo vor allem die besser verdienenden Argentinier einkaufen, um 31% zulegten (das entsprach etwa dem privat ermittelten Anstieg der Verbraucherpreise). Rund 500 Produkte des Grundbedarfs stehen unter Preiskontrolle der Regierung. BRANCHEN IM ÜBERBLICK Zur Jahresmitte 2015 weisen immer mehr Branchen eine zaghafte Konjunkturbelebung auf. Als Wachstumsmotor bewährt sich einmal mehr die Landwirtschaft, die trotz gesunkener Weltmarktpreise eine Rekordernte einfährt. MASCHINEN- UND ANLAGENBAU Bei Maschinen und Ausrüstungen ist 2015 aufgrund des gedämpften Investitionsklimas nur in einzelnen Sparten eine Belebung zu erwarten. Im 1. Quartal 2015 sank die Maschineneinfuhr (HS-Kapitel 84) auf US-Dollarbasis um 6% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Relativ gute Aussichten bestehen für den Absatz von Nahrungsmittel-, Kunststoff- und Verpackungstechnik, da die lokale Konsumgüterindustrie versucht, durch Produktinnovationen die Preiskontrollen zu umgehen. Die reale Aufwertung des argentinischen Peso macht den Kauf von Importmaschinen attraktiv. Im Anlagenbau sind Aufträge aus der Öl- und Gasindustrie zu erwarten. KFZ-INDUSTRIE In Argentiniens Kfz-Branche geht es 2015 weiter steil abwärts. Bis Mai lagen die Zulassungen um 21% unter dem Vorjahr, die Produktion sank um 16% (in Einheiten). Für das Gesamtjahr 2015 werden bestenfalls Verkäufe von 600.000 Fahrzeugen erwartet, 38% weniger als im Rekordjahr 2013. Die Devisenknappheit behindert den Import von Teilen und kompletten Kfz. Der Export (-24% von Januar bis Mai 2015 im Vergleich zum Vorjahrszeitraum) leidet unter der Nachfrageschwäche im Nachbarland Brasilien, das 80% der exportierten Kfz abnimmt. In Erwartung einer mittelfristigen Erholung der in- und ausländischen Nachfrage investieren die lokalen Hersteller dennoch in neue Modelle. Foto: © www.Shutterstock.com - Jorisvo CHEMIE Die Chemiebranche dürfte im Jahresverlauf 2015 eine leichte Erholung erleben, insbesondere in den konsumnahen Sparten sowie bei Zulieferungen für die Bau- und Landwirtschaft. Die Importe (HS-Kapitel 6) lagen im 1. Quartal auf US-Dollarbasis um 2,5% über dem entsprechenden Vorjahreswert. Die inländische Produktion sank demgegenüber nach amtlichen Daten von Januar bis Mai 2015 um 0,1%. Private Quellen beziffern den Produktionsrückgang sogar auf 8,0%. Besonders robust zeigt sich die Pharmabranche, die ihre Importe im 6 Lateinamerika im Fokus 2015 1. Quartal um 18,0% steigerte. Der inländische Absatz von Chemieprodukten (ohne Pharmazeutika) verzeichnete laut Daten der Branchenkammer CIQYP in den ersten vier Monaten 2015 noch einen Rückgang um 12,0% in US-Dollar. BAUWIRTSCHAFT Im Baugewerbe zeichnet sich eine Erholung ab. Laut Statistikamt Indec stieg die Bauaktivität in den ersten vier Monaten 2015 um 6,7%. Vor den Wahlen sorgen öffentliche Bauprojekte und die Förderung des Wohnungsbaus für Auftrieb. Der Construya-Index, der vor allem die private Bautätigkeit widerspiegelt, lag zwar in den ersten fünf Monaten 2015 akkumuliert noch um 1,3% unter dem Vorjahreswert, nimmt jedoch seit März zu. Allein der Zementabsatz stieg in den ersten vier Monaten um fast 10,0% gegenüber dem Vorjahr. Auch der Immobilienhandel, der nach Einführung der Devisenbeschränkungen ab 2011 eingebrochen war, verzeichnet erstmals eine leichte Erholung. Bauprojekte bieten Schutz vor der hohen Inflation. Die Anzahl der Baugenehmigungen signalisiert allerdings noch keinen nachhaltigen Aufschwung (-2,4% bis April). ELEKTROTECHNIK/ELEKTRONIK Argentiniens Regierung plant den Bau neuer Atom- und Wasserkraftwerke. Technologie und Finanzierung dafür sollen aus China und Russland kommen. Entsprechende Abkommen wurden 2015 mit chinesischen und russischen Partnern unterzeichnet. Zur Sicherung der kurzund mittelfristigen Stromversorgung setzt Argentinien auf Gas-Dampf-Kraftwerke. Nachholbedarf besteht bei der Modernisierung und dem Ausbau der Stromverteilungsnetze. Die Nachfrage nach Konsumelektronik und Hausgeräten aus lokaler Produktion wird durch das staatlich geförderte Kreditprogramm „Ahora 12“ angekurbelt. Die Einfuhr von Elektrowaren (HS-Kapitel 85) sank im 1. Quartal 2015 in US-Dollar um 9,6% gegenüber dem Vorjahreszeitraum. INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK Die führenden Mobilfunkbetreiber Claro (América Móvil), Movistar (Telefónica) und Personal (Telecom Italia) müssen bis 2016 etwa 2 Mrd. US$ in den Auf- und Ausbau ihrer Netze für die Ende 2014 erstmals versteigerten 4G-Lizenzen investieren. Das ebenfalls Ende 2014 verabschiedete Gesetz „Argentina Digital“ ermöglicht den Kommunikationsunternehmen, künftig aus einer Hand Telefonie, TV und Internet anzubieten (triple play). Argentiniens dynamische Softwarebranche erzielte 2014 einen Umsatz von rund 3 Mrd. US$, fast ein Drittel davon im Export (vornehmlich in die USA und Lateinamerika). UMWELTTECHNIK Die Stadt Buenos Aires plant den Bau von Abfallverwertungsanlagen, da die Kapazität der bestehenden Mülldeponien weitgehend erschöpft ist. Das für die Wasserversorgung des Großraums Buenos Aires zuständige Staatsunternehmen AySA will 2015 Investitionen von insgesamt 5,6 Mrd. arg$ in Kläranlagen und Erschließungsarbeiten tätigen. Zu den weiteren Schwerpunkten des strategischen Investitionsplans 2011 bis 2020 gehören die Erneuerung der maroden Leitungsnetze sowie die Sanierung des Flussbeckens Matanza-Riachuelo (Kläranlage, Pumpstationen und Leitungssysteme). Bedarf an Wasseraufbereitung hat auch die Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie. MEDIZINTECHNIK Argentiniens Markt für Medizintechnik trotzt der schlechten Gesamtkonjunktur. Die Importe, die den größten Teil des Marktes ausmachen, stiegen 2015 in den ersten fünf Monaten nach vorläufigen Daten um 2% (in US-Dollar) gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die stärksten Nachfrageimpulse kommen vom privaten Sektor, wo die Unternehmen zu Kosten senkenden Investitionen gezwungen sind und in Erwartung einer künftigen Währungsabwertung Ausrüstungsimporte vorziehen. Günstige Kredite aus staatlichen Förderprogrammen stützen den Absatz. Deutsche Unternehmen haben eine gute Marktposition (2014: 12,2% des Gesamtimports von 582 Mio. US$). Weitere Informationen zu Argentinien finden Sie unter www.gtai.de/argentinien Autor: Carl Moses, Buenos Aires Germany Trade & Invest www.gtai.de 7 BRASILIEN NEUES WACHSTUM ERST NACH STRUKTURELLEN REFORMEN In Anlehnung an das „verlorene Jahrzehnt“ der 80er-Jahre erleidet Brasilien 2015 zumindest ein verlorenes Jahr, in dem die Wirtschaftsleistung um mindestens 2% sinken wird. Da Anzeichen für ein baldiges Aufleben fehlen, könnte auch 2016 Stillstand herrschen. Inflation, drohender Jobverlust und Verschuldung drücken stark auf das Konsumklima. Der schwache Markt, hohe Zinsen und der Sparkurs der Regierung vermindern die Investitionslust. BIP GEHT WEITER ZURÜCK Die brasilianische Wirtschaft schrumpft seit Anfang des Jahres. Im 1. Quartal 2015 lag das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,2% unter dem Vorquartal und um 1,6% unter dem 1. Quartal 2014. Für das 2. Quartal sehen Prognosen ein Minus von 1,3% und für das Gesamtjahr einen Rückgang des BIP von rund 2,1% voraus. Auch die Aussichten für 2016 werden immer zurückhaltender. Mitte Juli 2015 ergab die Konjunkturumfrage der Zentralbank unter den wichtigsten Finanzexperten nur noch einen kleinen Zuwachs des BIP von 0,3% für das kommende Jahr. Die Bank Bradesco rechnet mit einem Nullwachstum, und die Bank Itau sieht bereits einen Rückgang (-0,3%). Es sieht danach aus, als würde Brasilien 2016 ein weiteres schwaches Jahr erleben und bis zum nächsten Aufschwung länger als erwartet brauchen. Eine zusätzliche Belastung stellt der weitreichende Korruptionsskandal um den staatlich kontrollierten Erdölkonzern Petrobras dar, in den offenbar viele hochrangige Politiker sowie fast alle großen Baukonzerne des Landes verwickelt sind. Die Möglichkeiten für eine kurzfristig wirkende Konjunkturstimulation sind laut Experten ausgeschöpft. Die Leitzinsen stiegen im Juni 2015 auf 13,75 Punkte und liegen damit wieder auf dem Niveau von 2008 – mit dem Unterschied, dass damals die Wirtschaft noch um 5% zulegte. Die Inflation bewegt sich in Richtung 9%, weshalb die Verantwortlichen die schwache Konjunktur nicht durch Leitzinssenkungen anschieben wollen. Die Regierung versucht die hohe Geldentwertung vielmehr durch einen rigorosen Sparkurs einzudämmen, der im Parlament zum Tauziehen wird. Im Mai 2015 hatte sie Einsparungen von rund 70 Mrd. brasilianischen Real (R$; rund 242,2 Mrd. Euro; 1 Euro = 3,460 R$; Referenzkurs Juni 2015) angekündigt. 8 Lateinamerika im Fokus 2015 In der Regierungskoalition bilden sich immer mehr Risse, insbesondere zwischen der Partei von Präsidentin Dilma Rousseff (PT) und ihrem größten Partner PMDB. Immer wieder wird ein Amtsenthebungsverfahren gefordert, wofür aber laut Experten bislang keine reale Basis besteht. Die politischen Manöver könnten jedoch den Rest der Legislaturperiode bis 2018 lähmen und Reformen verhindern. Vorerst muss Brasilien laut Marktbeobachtern also durch eine Dürreperiode. Industrie und Konsumenten verhalten sich abwartend, Entlassungen sind kaum zu verhindern, Letztere versucht die Regierung durch den Vorschlag für ein Kurzarbeitsprogramm abzufangen. Von einem wirklichen Absturz allerdings ist keine Rede. Zu groß sind Ressourcen, Markt und Potenzial. Auch die seit Jahren andauernde Stabilitätspolitik gilt weiter. Allerdings mangelt es laut Experten an einem Konzept zur langfristigen Verbesserung der Strukturen. Wirtschaftliche Entwicklung 2014 bis 2016 (reale Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %) n 2014 n 2015 n 2016 10,0 5,0 0,0 -5,0 2,9 0,1 1,5 0,0 -2,1 -3,6 -10,0 0,9 -2,5 -4,4 -0,5 -9,0 -15,0 -17,7 -20,0 BIP Einfuhr cif *) *) Waren Quellen: Bradesco, Zentralbank, Itau Bruttoanlageinvestitionen Privater Verbrauch © Germany Trade & Invest BRASILIEN Der Außenhandel zeigt sich deutlich abgekühlt. Da der Import stärker abnimmt als der Export, dreht das Handelsbilanzdefizit von 2014 in einen leichten Überschuss. Der Kapitalabfluss lässt unter anderem deshalb tendenziell etwas nach. Das Land kann angesichts des Potenzials weiter Direktinvestitionen anziehen, auch wenn sie das Leistungsbilanzdefizit seit 2013 nicht mehr abdecken können. Die Devisenreserven, mit rund 380 Mrd. US$ noch auf hohem Niveau, sind etwa gleich hoch wie die Auslandsverschuldung. Die brasilianische Wirtschaft ist also nach wie vor stabil, sie gilt mittlerweile aber wieder als anfälliger für externe Schocks, und das Land ist von einer Herabstufung durch die Ratingagenturen bedroht. INVESTITIONEN WERDEN VERSCHOBEN Viele Unternehmen vertagen neue Investitionen, bis sich eine bessere Konjunktur abzeichnet. Die vom Industrieverband CNI monatlich abgefragte Zuversicht der größten Industrieunternehmen ergab im Juni 2015 mit 37,2 von 100 Punkten den niedrigsten Stand seit Beginn der Umfrage und lag um 9,2 Punkte unter dem Vorjahresmonat beziehungsweise um 18,7 Punkte unter dem langfristigen Durchschnitt. Im 1. Quartal 2015 sanken die Investitionen gegenüber dem 4. Quartal 2014 um 1,3% und gegenüber dem 1. Quartal 2014 um 7,8%. Der Anteil der Bruttoanlageinvestitionen am BIP lag im 1. Quartal 2015 bei 19,7% und damit unter dem Vorjahreswert (20,3%). Entscheidend für eine Rückkehr der Zuversicht wird sein, wie die brasilianische Regierung die strukturell hohen Standort- und Produktionskosten angehen wird. Eine Übersicht der aktuellen Großprojekte in Brasilien ist in der Publikation Wirtschaftstrends S O Brasilien bei Germany Trade & Invest abrufbar unter www.gtai.de/brasilien. KONSUM WIRD ERSTMALS SCHRUMPFEN Der Privatkonsum, der Brasiliens Wirtschaft lange in Gang hielt, verringert seit 2010 sein Wachstumstempo und wird 2015 erstmals seit vielen Jahren schrumpfen. Im 1. Quartal 2015 sank er gegenüber dem 1. Quartal 2014 um 0,9%. Angesichts der schwachen Konjunktur müssen Unternehmen Arbeitnehmer zumindest in unbezahlten Urlaub schicken, was viele Haushalte zum Sparen bewegt. Die Zinsen befinden sich auf einem neuen Höhenflug. Banken vergeben weniger Kredite und auch die Inflation liegt deutlich über dem Zielkorridor. Die Arbeitslosigkeit steigt von 6,5% im 4. Quartal 2014 bis Ende 2015 voraussichtlich auf 9,0 bis 10,0%. Das reale Durchschnittseinkommen der Beschäftigten lag im 1. Quartal noch auf Vorjahresniveau. Da insgesamt weniger Arbeitnehmer beschäftigt waren, könnte es aber im weiteren Jahresverlauf ebenfalls abnehmen. Die Fälle von Zahlungssäumnissen stiegen laut Serasa Experian im 1. Quartal um 15,8%. Rund 38,0% aller Brasilianer sind verschuldet. W T Strengths (Stärken) Weaknesses (Schwächen) n Großer Binnenmarkt, Mittelschicht. n Infrastruktur. n Rohstoff- und Agrarreichtum. n Steuergesetzgebung. n Stabilitätspolitik. n Ausbildungsstand. n Gefestigte Demokratie. n Intransparenz. n Geringe Marktsättigung. n Arbeitsrecht stark pro Arbeitnehmer. Opportunities (Chancen) Threats (Risiken) n Fiskalischer Konsolidierungskurs. n Schwache Konjunktur. n Stärkere Beteiligung von Firmen am n Krise in Regierungskoalition. Infrastrukturausbau. n Instabiler Kreditmarkt für Konsumenten, n Demografischer Bonus bis 2020. hohe Zinsen n Neue Freihandelsabkommen. n Inflation. n Modernisierungs- und Innovationsdruck. n Schwankender Wechselkurs. Quelle: Germany Trade & Invest Germany Trade & Invest www.gtai.de 9 BRASILIEN BRANCHEN IM ÜBERBLICK Die momentane Schwächephase der brasilianischen Wirtschaft spiegelt sich in den meisten Branchen wider. Dennoch sind die Aussichten mittelfristig keineswegs so negativ, wie es zurzeit den Anschein hat. MASCHINEN- UND ANLAGENBAU Der Maschinenbau leidet unter der geringen Investitionstätigkeit, dem Petrobras-Korruptionsskandal und höheren Finanzierungskosten. Ausländische Lieferanten kämpfen zusätzlich mit der Abwertung des brasilianischen Reals. Sie trug dazu bei, dass der Maschinenimport zwischen Januar und Mai 2015 im Vergleich zur entsprechenden Vorjahresperiode um 18% zurückging. Die Inlandsnachfrage lag laut Branchenverband Abimaq in der genannten Periode um 5,8% unter dem Vorjahreswert. Die Kapazitätsauslastung sank im Mai auf 65,7% (14,2 Prozentpunkte weniger als im Mai 2014) und der Auftragsbestand lag um 18,6% unter dem Vorjahresmonat. Die Inlandsnachfrage nach Maschinen und Ausrüstungen wird 2015 Prognosen zufolge um 14% sinken. KFZ-INDUSTRIE Brasiliens Kfz-Industrie muss zurzeit einen heftigen Rückschlag hinnehmen. Im 1. Halbjahr 2015 sank die Produktion um 18,5% (entspricht dem Niveau von 2006), und die Zahl der Neuzulassungen fiel um 20,7% auf den niedrigsten Stand seit acht Jahren. Die schwache Gesamtkonjunktur, Unsicherheit über den angekündigten Sparkurs der Regierung, weniger Kredite und höhere Zinsen drücken die Kauflust. Zahlreiche Unternehmen müssen die Produktion herunterfahren und Mitarbeiter entlassen. Für 2015 prognostizierte der Fachverband Anfavea Anfang Juni ein Minus der Produktion von 17,8% 10 Lateinamerika im Fokus 2015 sowie einen um 20,6% geringeren Absatz. Gute Aussichten bestehen jedoch bei SUV, schweren Lkw und Luxusfahrzeugen. Aufgrund des großen Marktes und dessen geringer Durchdringung sowie der Auflagen an die lokale Wertschöpfung (Inovar Auto-Programm) fließen trotz der schwierigen Lage Direktinvestitionen ins Land. CHEMIE Die chemische Industrie leidet unter der geringeren Nachfrage durch Endkunden und Industrie, insbesondere aus den Branchen Automobil, Bau und Erdöl. Weitere heikle Faktoren sind der Petrobras-Skandal, das gestiegene Risiko von Stromausfällen, die höheren Energiepreise sowie der Sparkurs der Regierung. Letzterer führt zu mehr Abgaben und weniger Förderung. Von Juni 2014 bis Mai 2015 sank die Produktion um 0,4% und die Inlandsnachfrage ging um 3,8% zurück. Der Import stürzte in den ersten fünf Monaten 2015 sogar um 16,5% ab. Experten sehen unter anderem eine Substitution von Industriechemikalien durch mehr fertige Industrieprodukte aus dem Ausland als Grund. Potenzial besteht bei Kosmetik, Hygieneprodukten sowie der Agrar- und Lebensmittelindustrie. Foto: © iStockphoto.com – ricardoazoury Die vom Meinungsforschungsinstitut Ibope monatlich abgefragte Konsumentenzuversicht lag im Juni 2015 um 9,5 Punkte unter dem historischen Durchschnitt und auf dem niedrigsten Stand seit Juni 2001. Wichtigste Faktoren für die niedrige Zuversicht sind laut Umfrage das geringere eigene Einkommen, die eigene finanzielle Situation sowie die Verschuldung. Eine ähnliche Umfrage der Stiftung Getulio Vargas ergab im Juni eine weitere Verschlechterung auf den zweitniedrigsten historischen Wert. Angesichts dieser widrigen Umstände gehen viele Analysten davon aus, dass der Privatkonsum auch 2016 zurückgeht. BAUWIRTSCHAFT Die Bauwirtschaft erlebt 2015 laut Experten das schlechteste Jahr sei 2003. Im Wohnungsbau sorgen hohe Bestände, hohe Zinsen und gestiegene Kosten bei zurückhaltender Nachfrage für weniger Neuprojekte. Der staatliche Sparkurs wird laut Branchenvertretern zu Einschnitten im Infrastrukturausbau und beim sozialen Wohnungsbauprogramm „Minha Casa – Minha Vida“ führen. Zudem sind alle großen Baukonzerne in den Petrobras-Korruptionsskandal verwickelt und halten sich mit neuen Projekten zurück. Petrobras selbst fährt seine Investitionen um 30% zurück. Im Infrastrukturbereich lancierte die Regierung Mitte 2015 eine neue Auflage ihres Logistikkonzessionsprogramms, das Investitionen von rund 200 Mrd. R$ bewirken soll, hauptsächlich durch den Privatsektor. Der Bauverband Sinduscon-SP rechnet für 2015 mit einem Rückgang des BIP im Bausektor um mindestens 5,5% und der Entlassung von 480.000 Beschäftigen. Bessere Aussichten sehen Marktexperten frühestens 2017. ELEKTROTECHNIK/ELEKTRONIK Die Elektroindustrie verzeichnete im 1. Quartal 2015 laut Branchenverband Abinee ein reales Umsatzminus von 8%. Besonders negativ schnitten die Segmente Haushaltselektronik sowie IT- und Energieequipment (insbesondere in der Energieverteilung) ab. Für das Gesamtjahr 2015 erwartete Abinee im Juni 2015 einen Rückgang des realen Branchenumsatzes von 3%. Grund ist sowohl die schlechte Konsumstimmung als auch die geringe industrielle Aktivität. Nur der Absatz von Telekommunikationsequipment wird sich laut Abinee positiv entwickeln (+2%). IT-Ausrüstung wird sich auf dem Vorjahresniveau halten, während Ausrüstung für die Energiewirtschaft sowie Installationsmaterial mit -10% beziehungsweise -13% deutliche Einbrüche verzeichnen müssen. Der Import der Elektroindustrie wird 2015 voraussichtlich um 13% sinken. Die Produktion lag im 1. Quartal um 15,4% unter dem gleichen Vorjahreszeitraum, wozu besonders der Elektroniksektor beitrug (-26,8%). INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK Die IT-Ausgaben der Unternehmen werden laut dem Informationsdienst Gartner 2015 mit rund 116 Mrd. US$ deutlich unter dem ursprünglich prognostizierten Wert von 125 Mrd. US$ liegen, was in erster Linie an der gesamtwirtschaftlichen Abschwächung und dem Zwang zu Kostensenkung liegt. Gleichzeitig profitieren viele Servicefirmen davon, dass Unternehmen IT-Leistungen an externe Anbieter ausgliedern anstatt eigene Hardware anzuschaffen. Wichtigste Trends sind laut Branchenexperten IT-Infrastruktur, Data Center und Datenanalysetools. Auch die Mobilität bleibt ein wichtiger Wachstumsfaktor. Besonders 4G-Smartphones trauen Beobachter 2015 einen starken Absatz zu, während die bisher erfolgreichen Tablets voraussichtlich unter dem Vorjahresergebnis bleiben werden. UMWELTTECHNIK Die drohende Wasserknappheit in São Paulo, Rio de Janeiro und Belo Horizonte wäre nach Meinung vieler Experten ein guter Anlass, Brasiliens Rückstand bei den Themen Umwelt und Nachhaltigkeit zu verringern und insbesondere mehr auf Abwasserreinigung zu setzen. Vorerst stehen aber kurzfristige Notmaßnahmen im Vordergrund. Langfristigen Konzepten mangelt es noch an effizienten Prüf- und Überwachungsmechanismen. Öffentlich-privaten Entwicklungspartnerschaften in der Wasserwirtschaft stehen nach Meinung von Branchenkennern noch zu oft Bürokratie und Intransparenz im Weg. Ein ähnliches Bild besteht in der Abfallwirtschaft. 2014 trat der nationale Abfallplan in Kraft, mit dem Gemeinden verpflichtet werden, wilde Müllkippen abzuschaffen, um im Gegenzug Anreize zu mehr Recycling zu erhalten. Trotzdem werden bislang nur 3% – bei möglichen 30% – der Abfälle wiederverwendet. MEDIZINTECHNIK Die schwache Konjunktur, steigende Arbeitslosigkeit und die Einschnitte bei der staatlichen Beschaffung, die rund die Hälfte des Absatzes ausmacht, bremsen die bisher gute Nachfrage nach Medizintechnik. Der Branchenverband Abimo registrierte nach einem Zuwachs 2014 von 11,7% beim Umsatz und 9,1% bei der Produktion im 1. Quartal 2015 einen Rückgang der Nachfrage um 20 bis 25%. Der schwächere brasilianische Real begünstigt einheimische Hersteller. Experten rechnen für 2015 mit einem Minus beim Import von 11,0%. Die Investitionen der Branchenfirmen werden um etwa 5,7% auf 315,0 Mio. R$ steigen. Weitere Informationen zu Brasilien finden Sie unter www.gtai.de/brasilien Autor: Oliver Döhne, São Paulo Germany Trade & Invest www.gtai.de 11 CHILE CHILE STAATSAUSGABEN TREIBEN AUFSCHWUNG AN In Chile zeichnet sich nach einem für viele Branchen verlustreichen Jahr 2014 eine leichte wirtschaftliche Erholung ab. Wenn die Wirtschaft wie prognostiziert 2015 um 2,7% und 2016 um 3,3% wächst, zählt Chile wieder zu den dynamischen Ländern in Lateinamerika. Das Vertrauen der Konsumenten und Unternehmer in die Konjunktur ist jedoch noch gedämpft. Bisher treiben hauptsächlich die hohen Staatsausgaben die Investitionen an. Die Importe sollen 2015 um 2,4% steigen. BIP WIRD WIEDER STABIL WACHSEN Das chilenische Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird laut dem Internationalen Währungsfonds (IWF) 2015 um 2,7% und 2016 um 3,3% wachsen. Mittelfristige Prognosen gehen von einem stabilen jährlichem Wachstum in Höhe von rund 4,0% für die nächsten Jahre aus. Das BIP pro Kopf soll von knapp 15.000 US$ im Jahr 2014 bis 2020 auf etwa 30.000 US$ steigen, womit Chile weiterhin an der Spitze in Lateinamerika stünde. Da der Währungsfonds für 2015 nahezu von einer Stagnation in der Region Lateinamerika ausgeht, gehört Chile wieder zu den Hoffnungsträgern, obwohl das Vertrauen der Konsumenten und Unternehmer in die Konjunktur noch sehr verhalten ist. (reale Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %) n 2014 2,5 2,0 2,7 3,3 3,5 3,9 -2,5 -7,1 -6,1 -10,0 BIP Einfuhr cif *) Bruttoanlageinvestitionen *) Waren und Dienstleistungen Quellen: Chilenische Zentralbank, IWF, Latinfocus 12 Lateinamerika im Fokus 2015 Privater Verbrauch © Germany Trade & Invest -5,0 Bezogen auf den Außenhandel erwartet die Zentralbank, dass 2015 die Einfuhr von Waren und Dienstleistungen um 2,4% steigt, die Ausfuhr sogar um 3,4%. Im bilateralen Handel mit Deutschland importierte Chile 2014 vor allem Maschinen mit einem Importanteil von 22%. 2,5 1,2 k.A. 0,0 n 2015 n 2016 3,7 2,4 Die chilenische Zentralbank geht für 2015 von einem Anstieg der Investitionen um 1,2% sowie von einem Plus des privaten Konsums von 2,5% aus. Von 2016 bis 2018 soll die private Nachfrage im Jahresdurchschnitt sogar um rund 5,7% steigen. Angetrieben wird der langsame Aufschwung jedoch nach wie vor hauptsächlich von Staatsausgaben, während die Zurückhaltung seitens des Privatsektors angesichts der politischen Lage und der Abhängigkeit von den Weltmarktpreisen für Metalle andauern wird. ÖFFENTLICHE INVESTITIONEN SOLLEN STARK STEIGEN Staatschefin Michelle Bachelet will die öffentlichen Ausgaben 2015 um 9,8% erhöhen. Das Regierungsbudget sieht dabei im Rahmen einer antizyklischen Wirtschaftspolitik den größten Anstieg seit 2009 vor, um Beschäftigung und Wirtschaftswachstum zu fördern. Noch deutlicher wird das an den Plänen, die öffentlichen Investitionen 2015 um 27,5% zu steigern. Wirtschaftliche Entwicklung 2014 bis 2016 5,0 Nachdem 2014 eine Steuerreform im Parlament verabschiedet worden war, legte Präsidentin Michelle Bachelet im Januar 2015 einen Gesetzentwurf zu Neuerungen in der Arbeitsmarktgesetzgebung vor, der von weiten Teilen der Unternehmerschaft stark kritisiert wurde. Gleichzeitig erschütterten zwei Korruptionsskandale quer durch die Parteienlandschaft das Land, das sonst damit wirbt, zusammen mit Uruguay die niedrigste Korruptionsrate der Region aufzuweisen. Inmitten einer Regierungskrise, die im Mai 2015 in der Neubildung des Kabinetts gipfelte, zeichnet sich jedoch eine wirtschaftliche Erholung ab. In der Rangliste der hundert wichtigsten Projekte in Chile bis zum Jahr 2020 steht der Bergbau trotz zwei schwacher Jahre mit 39 Vorhaben und 99 Mrd. US$ an Investitionen auf Platz eins, gefolgt vom Energiesektor mit 40 Projekten und einem Volumen von 43 Mrd. US$. Darunter befinden sich solarthermische Anlagen sowie das umstrittene Wasserkraftwerk HidroAysén (3,2 Mrd. US$). Eine Übersicht der aktuellen Großprojekte in Chile ist in der Publikation Wirtschaftstrends Chile bei Germany Trade & Invest abrufbar unter www.gtai.de/ chile. S O W T Strengths (Stärken) Weaknesses (Schwächen) n Hohe Integration in die Weltwirtschaft. n Geografische Randlage. n Umfangreiche Rohstoffvorkommen. n Kleiner Binnenmarkt. n Förderung von Auslandsinvestitionen. n Abhängigkeit von Energieimporten. n Solider Finanzsektor. n Ungleiche Einkommensverteilung. n Hohe Devisenreserven. n Wasserknappheit, Dürren. Opportunities (Chancen) Threats (Risiken) n Erneuerbare Energien. n Starke Abhängigkeit von der Weltmarktentwicklung. n Umwelttechnik. n Geringe Diversifizierung. n Bau, Modernisierung und Ausstattung von n Umstrittene Reformen. Krankenhäusern. n Ausbau der Infrastruktur. n Testmarkt für Lateinamerika. n Engpässe auf dem Arbeitsmarkt. n Rechtsstreitigkeiten bei Großprojekten. Quelle: Germany Trade & Invest Foto: © www.Shutterstock.com - Matyas Rehak KONSUM WEITERHIN GEDÄMPFT Die Löhne und Gehälter sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Die Reallöhne erhöhten sich 2014 um 7,2%, während die Arbeitslosenrate auf einem historischen Tiefstand von rund 6,0% verharrte. Das sind die guten Nachrichten – ansonsten hat die Wirtschaftsflaute den Konsum und vor allem die Zuversicht unter den Verbrauchern jedoch gedämpft. Im Mai 2015 ist in den Meinungsumfragen noch kein Aufwärtstrend spürbar. Nachdem das Statistikamt am Jahresende 2014 eine Inflationsrate von 5,7% im Vergleich zu den vorherigen zwölf Monaten veröffentlicht hat, pendeln sich die Prognosen für 2015 bei 3,0% ein. Germany Trade & Invest www.gtai.de 13 CHILE Der Verband der chilenischen Industrie Sofofa (Sociedad de Fomento Fabril) erwartet, dass die Industrie 2015 um 1 bis 2% wachsen wird. Das liegt unter anderem an der Wechselkursentwicklung und einem leichten Anstieg der internen Nachfrage, die im Verlauf des Jahres durch eine expansivere Fiskal- und Geldpolitik belebt wird. MASCHINEN- UND ANLAGENBAU Die Prognosen der Zentralbank für den Anstieg der Bruttoanlageinvestitionen 2015 liegen bei 1,2%. Die Importe von Maschinen und Ausrüstungen für den Bergbau und das Baugewerbe waren 2014 im Vergleich zum Vorjahr um 54,9% eingebrochen. Gerade diese beiden Sektoren sind normalerweise wichtige Abnehmerbranchen, die ihre Maschinen zu einem großen Teil importieren. Im laufenden Jahr stellt sich das Umfeld etwas positiver dar, unter anderem wegen des erwarteten Schubs im Wohnungsbau vor Änderung der Mehrwertsteuergesetzgebung zum Jahresbeginn 2016. Auch die angekündigten Großprojekte in der Stromwirtschaft sowie in der Verkehrsinfrastruktur bieten Absatzmöglichkeiten. KFZ-INDUSTRIE Die Automobilindustrie gehört zu den Sektoren, die nach den starken Einbrüchen 2014 auch im bisherigen Jahresverlauf bis Mai 2015 keine Erholung zeigen. Das Verbrauchervertrauen ist auf einem historischen Tiefstand und vor 2016 zeichnet sich momentan kein Aufwärtstrend ab. Der Absatz von neuen Kfz war 2014 um 10,7% auf etwa 339.000 Stück gesunken und wird die Talfahrt auch 2015 mit einem weiteren Minus um 40.000 Stück auf rund 300.000 Einheiten fortsetzen, so die Prognose des Fachverbands Anac (Asociación Nacional Automotriz de Chile). Einziger Lichtblick sind Motorräder, deren Verkaufszahlen von rund 35.000 Einheiten 2010 um 73,6% auf circa 60.000 Stück im Jahr 2014 anstiegen. CHEMIE Die Sparte Chemie, Kautschuk und Plastik wird 2015 mit 4,6% ein starkes Wachstum verzeichnen, so die Prognose der Universidad Mayor auf der Basis der letzten Daten der Zentralbank. Problematisch sind allerdings die hohen Strompreise sowie die Abhängigkeit von der Kon- 14 Lateinamerika im Fokus 2015 junktur der Landwirtschaft sowie der Automobil- und Baubranche. Im Gegensatz zu den optimistischen Aussichten in der chilenischen Agroindustrie ist die Nachfrage aus den Abnehmerbranchen Kfz-Teile und Bauindustrie verhalten. BAUWIRTSCHAFT Die Baubranche setzt auf staatliche Investitionen und Immobilienprojekte des Privatsektors. Im Norden Chiles führten im März 2015 starke Niederschläge und Gewitter zu Überschwemmungen, die viele Straßen und etwa 14.000 Wohnungen beschädigten. Der Staatssekretär für öffentliche Arbeiten, Sergio Galilea, geht von Kosten in Höhe von circa 250 Mio. US$ für den Wiederaufbau aus. Etwa 1,8 Mrd. US$ umfasst ein neuer staatlicher Wohnungsbauplan, der Anreize für Unternehmen beinhaltet. In der Hauptstadt sollen 35 neue Bürotürme entstehen. Doch trotz des zu erwarteten Anstiegs des Baus von Wohnimmobilien vor der Änderung in der Mehrwertsteuergesetzgebung traut die Handelskammer von Santiago mit ihrer Wachstumsprognose von 0,8% dem Bausektor 2015 insgesamt keine großen Sprünge zu. ELEKTROTECHNIK/ELEKTRONIK Für Elektrotechnik und Elektronik war 2014 ein schwieriges Jahr. Die mit der Unsicherheit im Hinblick auf die Reformen begründete Investitionszurückhaltung der Unternehmen schlug sich auf die Nachfrage nach Industrieanlagen nieder. Die lahmende Baukonjunktur senkte den Bedarf an elektrischem Installationsmaterial und die privaten Haushalte zögerten bei der Kaufentscheidung von Haushaltsgeräten. Da jeder Chilene durch- Foto: © iStockphoto.com – AlexRaths BRANCHEN IM ÜBERBLICK INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK Die Zahl der Mobilfunkanschlüsse steigt weiterhin und übertrifft 2015 mit 23 Mio. die Einwohnerzahl Chiles um 35%. Branchenvertreter bescheinigen dem Andenstaat, als einer der ersten Märkte der Region für die erweiterte LTE-Version 4,5 G (Long Term Evolution Advanced) gewappnet zu sein, da die Netzkapazität der Glasfaserkabelsysteme dafür ausreiche. Smartphones tragen 2015 laut der International Data Corporation (IDC) wesentlich zum Wachstum des IT-Marktes von 6,5% bei. Die Marktbeobachter gehen zudem davon aus, dass der etwas schleppend gestartete Verkauf von Software für Big Data, Cloud-Computing und E-Mobilität 2015 durchstartet, da der Bedarf der Firmen dringlicher werde. UMWELTTECHNIK In Chile steigt die Nachfrage nach Umwelttechnik weiter, insbesondere für den nachhaltigen Abbau von Rohstoffen und die umweltschonende Lagerung der Restmaterialien. Auch die Wasserknappheit und Luftverschmutzung erfordern noch mehr Maßnahmen, etwa um die Verunreinigung der Atmosphäre zu begrenzen und Treibhausgasemissionen zu mindern. Die Naturkatastrophen in Form von Überschwemmungen und einem Vulkanausbruch im März 2015 haben die Relevanz modernster Frühwarnsysteme verdeutlicht, die Messdaten aus der Erde, dem Meer und von Satelliten auswerten. Im Rahmen von Förderprogrammen und Forschungsprojekten, beispielsweise zum Thema „Secondary Mining“, engagieren sich deutsche Forschungsinstitutionen wie die Technische Universität Bergakademie Freiberg und das Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie vor Ort. Foto: © everythingpossible – Fotolia.com schnittlich pro Jahr 9,9 kg Elektromüll produziert – der höchste Wert in Lateinamerika – sollen Produzenten und Importeure zukünftig in den Recyclingkreislauf eingebunden werden. Unter den deutschen Ausfuhren nach Chile erreichte Elektrotechnik einen Anteil von 6,1%, Mess- und Regeltechnik 4,1%. MEDIZINTECHNIK Der chilenische Markt für Medizintechnik legt weiter zu und erreichte laut der aktuellsten verfügbaren Daten 2013 ein Volumen von rund 900 Mio. US$. Die Experten von Business Monitor International gehen für die nächsten Jahre von einem jährlichen Wachstum von 10,9% (in US-Dollar) aus. Damit würde der Markt bis 2018 etwa 1,4 Mrd. US$ umfassen. Die Gesundheitsausgaben pro Kopf sind mit etwa 1.130 US$ die höchsten in Lateinamerika. Der öffentliche Sektor ist der Hauptabnehmer von Medizintechnik. Derzeit setzt die Regierung starke Impulse in der Gesundheitsversorgung. Die staatlichen Investitionen, die Chiles Präsidentin Michelle Bachelet im Sommer 2014 angekündigt hat, sind die größten in der Geschichte des Landes: 4 Mrd. US$ bis zum Jahr 2018. Da Chile kaum über eine lokale Produktion verfügt, bestellen neben der öffentlichen Hand auch Ärzte und private Kliniken Medizintechnik im Ausland. Weitere Informationen zu Chile finden Sie unter www.gtai.de/chile Autorin: Anne Litzbarski, Santiago de Chile Germany Trade & Invest www.gtai.de 15 KOLUMBIEN KOLUMBIEN NEUER SCHWUNG DURCH INFRASTRUKTURPROJEKTE Kolumbien bleibt eines der dynamischsten Länder Lateinamerikas. Die Gründe liegen in der stabilen Wirtschaftspolitik, steigenden Einkommen, einem großen Binnenmarkt und der seit 2002 verbesserten Sicherheitslage. Während die Bauwirtschaft und der Konsum das Wachstum ankurbeln, bleiben die Industrie und der Rohstoffsektor hinter den Erwartungen zurück. Wichtige Infrastrukturprojekte bieten interessante Geschäftschancen für deutsche Unternehmen. Euro deutlich abgewerteten kolumbianischen Peso. Dadurch werden Produkte aus dem Ausland teurer und die Exporte der Industrie könnten mittelfristig steigen. Die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur soll zudem langfristig die Transportkosten in Kolumbien senken. Dazu geht die Regierung das umfassendste Programm zum Ausbau der Infrastruktur in der Geschichte des Landes an, welches den Bau von 8.000 km Autobahnen sowie Investitionen in Häfen, Flughäfen, Zugstrecken Wirtschaftliche Entwicklung 2014 bis 2016 (reale Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %) n 2014 n 2015 n 2016 12,5 Die kolumbianische Industrie kennzeichnet eine geringe Wettbewerbsfähigkeit, da die Transport- und Energiekosten hoch sind und die Innovationskraft gering. Eine Steuerreform, die Anfang 2015 in Kraft trat, hat zudem die Steuerlast der Unternehmen erhöht. Als Folge ist die Importkonkurrenz von Gütern aus Ländern wie Mexiko oder China stark. Die Ausfuhren der Industrie in das ehemals wichtigste Abnehmerland Venezuela leiden währenddessen unter den dortigen wirtschaftlichen Problemen. Die Raffinierie Cartagena musste 2014 wegen Modernisierungsarbeiten ihre Produktion vorübergehend einschränken, was die Industrie negativ beeinflusste. Ende 2015 soll die Raffinierie wieder den Betrieb aufnehmen. Hoffnungen schöpft das verarbeitende Gewerbe durch den seit Mitte 2014 gegenüber dem US-Dollar und dem 16 Lateinamerika im Fokus 2015 10,9 10,0 7,8 7,5 5,0 4,6 4,7 3,2 3,5 2,5 3,2 1,4 4,4 3,4 3,2 2,2 0,0 BIP Einfuhr cif *) Bruttoanlageinvestitionen *) Waren und Dienstleistungen Quellen: Statistikamt DANE, BBA, Economist Intelligence Unit (EIU) Privater Verbrauch © Germany Trade & Invest BIP MIT GUTEM WACHSTUM Kolumbiens Wirtschaftswachstum lag 2014 mit 4,6% zwar leicht unter den Erwartungen, war aber weiterhin eines der höchsten in Lateinamerika. Angetrieben wurde das Wachstum vor allem von der Bauwirtschaft, die um 9,9% expandierte. Der Rohstoffsektor hingegen litt unter dem gesunkenen Erdölpreis und verzeichnete als einziger Sektor einen Rückgang (-0,2%). Das verarbeitende Gewerbe wuchs wie schon in den beiden Jahren zuvor kaum (+0,2%). Für 2015 und 2016 sehen die Prognosen ein gemäßigteres Wirtschaftswachstum voraus, da sich der Rohstoffsektor abkühlt. Wichtige Infrastrukturprojekte sollen jedoch 2016 in die Bauphase gehen und könnten ab diesem Zeitpunkt das BIP-Wachstum antreiben. und die Binnenschifffahrt vorsieht. Kolumbien kann ab 2017 wieder mit Wachstumsraten von über 4% rechnen. Dazu muss das Land die derzeitige Schwäche des Rohstoffsektors ausnutzen, um die Wirtschaft unabhängiger vom Erdöl zu machen und die Exporte zu diversifizieren. Der weiterhin schwache Peso wird dabei helfen. Allerdings muss das Land einige Herausforderungen in Angriff nehmen, um das Potenzial völlig auszuschöpfen. Dazu gehören die Förderung der Industrie und Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur. Ein erfolgreicher Abschluss der Friedensverhandlungen mit der Guerilla könnte das BIP-Wachstum, Schätzungen der Regierung zufolge, um rund 1% jährlich erhöhen. Die Einfuhren Kolumbiens erreichten im Jahr 2014 mit 64,0 Mrd. US$ ein neues Allzeithoch. Damit erwirtschaftete das Land ein deutlich gestiegenes Handelsbilanzdefizit von 9,2 Mrd. US$, das mit Abstand höchste seit Beginn der Aufzeichnungen 1980. GERINGE ZUNAHME DER INVESTITIONEN ERWARTET Die Bruttoanlageinvestitionen erhöhten sich 2014 dem Statistikamt DANE zufolge mit 10,9% deutlich. Im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen Mitte 2014 stiegen vor allem die Investitionen im Tiefbau stark an, sie verlangsamten sich allerdings im 2. Halbjahr und kamen im Gesamtjahr auf ein Wachstum von 12,1%. Ebenfalls überdurchschnittlich entwickelten sich die Investitionen in Maschinen und Anlagen (+12,2% auf rund 25,0 Mrd. US$). Durch eine Steuerreform Anfang 2015 hat sich die Steuerlast der Unternehmen erhöht. Auch sind durch die Abwertung des Peso die Importe teurer geworden. Zudem investiert der Erdölsektor aufgrund des gesunkenen Ölpreises weniger. Experten gehen daher für 2015 und 2016 von einer geringen Zunahme der Investitionen aus. S O Strengths (Stärken) n Starkes Wirtschaftswachstum und steigende Einkommen. n Gute Rahmenbedingungen für Investoren. n Geografisch günstige Lage als regionale Drehscheibe. Ab 2017 soll das Wachstum wieder bei über 5% liegen, auch da die Regierung bis 2021 rund 100 Mrd. US$ in den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur investieren will. Die ausländischen Direktinvestitionen lagen 2014 mit 16,1 Mrd. US$ nur 0,9% unter ihrem historischen Höchstwert von 2013. Rund ein Drittel davon flossen in den Erdölsektor (4,8 Mrd. US$). Die ausländischen Investitionen in den Bergbau halbierten sich 2014 auf rund 1,6 Mrd. US$. Deutliche Zunahmen verzeichneten hingegen die Investitionen in die Industrie (2,9 Mrd. US$), den Finanzsektor (2,5 Mrd. US$) und den Transport- und Kommunikationssektor (1,9 Mrd. US$). Eine Übersicht der aktuellen Großprojekte in Kolumbien ist in der Publikation Wirtschaftstrends Kolumbien bei Germany Trade & Invest abrufbar unter www.gtai.de/kolumbien. W T Weaknesses (Schwächen) n Hohe Transportkosten durch mangelhafte Infrastruktur. n Defizite im öffentlichen Bildungssystem. n Steuerreform hat die Unternehmensabgaben erhöht. n Großer Binnenmarkt mit fast 50 Mio. Einwohnern. n Geringe Wettbewerbsfähigkeit der Industrie. n Handelsabkommen mit EU. n Hohe Einkommensungleichheit. n Arbeitsrecht stark pro Arbeitnehmer. Opportunities (Chancen) Threats (Risiken) n Ambitionierte Infrastrukturvorhaben. n Stockender Ausbau der Infrastruktur. n Langfristig sinkende Transportkosten. nAufwertender Peso untergräbt Wettbewerbsfähigkeit. n Investitionsboom in Bauwirtschaft, Erholung n Weiteres Einbrechen der Rohstoffpreise. der Industrie. n Entdeckung neuer Rohstoffvorkommen. n Beendigung des Guerillakonfliks. n Versiegen des lokalen Erdöls. n Verschlechterung der Sicherheitslage. Quelle: Germany Trade & Invest Germany Trade & Invest www.gtai.de 17 KOLUMBIEN KONSUM IMMER NOCH STARK Der Konsum entwickelt sich in Kolumbien weiterhin stark. So nahm der Konsum der Haushalte 2014 um 4,4% zu, vor allem dank einer hohen Nachfrage nach langlebigen Gütern. Dabei spielt auch eine leichtere Kreditvergabe und der niedrige Leitzins der Zentralbank eine Rolle. Dieser wurde allerdings im Laufe des Jahres 2014 von 3,25% schrittweise auf 4,50% angehoben, um der zunehmenden Inflation entgegenzuwirken. Diese hat sich nach einem Tiefstand im Jahr 2013 auf 3,7% im Jahr 2014 erhöht, angetrieben von steigenden Preisen für Lebensmittel und Energie. Für 2015 wird eine Inflation von 4,3% prognostiziert. Auch die gute Entwicklung am Arbeitsmarkt trägt dazu bei, dass der Konsum der Haushalte steigt. So war die Arbeitslosigkeit mit 9,1% im Jahresdurchschnitt 2014 so niedrig wie nie zuvor. Neue Arbeitsplätze werden zudem vornehmlich im formellen Sektor geschaffen und tragen zur höheren Kaufkraft bei. Der Konsum der Haushalte soll sich 2015 um 3,4% erhöhen. MASCHINEN- UND ANLAGENBAU Kolumbiens Nachfrage nach Maschinen und Anlagen bleibt hoch und wird größtenteils durch ausländische Produkte gedeckt. Die Investitionen haben sich jedoch wegen der trüben Lage in der Industrie nur geringfügig erhöht. Die Einfuhr von Maschinen (SITC 71-74) stieg 2014 lediglich um 1,2% auf 6,3 Mrd. US$. Die Importe von elektrischen Maschinen (SITC 77) nahmen allerdings deutlicher (+11,7% auf 2,2 Mrd. US$) zu. Die Nachfrage konzentriert sich vor allem auf Bau- und Bergbaumaschinen, Pumpen und Kompressoren sowie Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen. Wie schon 2013 war Deutschland auch 2014 viertwichtigster Lieferant von Maschinen und -teilen hinter der VR China, den USA und Mexiko. Die deutschen Lieferungen lagen mit 406,3 Mio. US$ allerdings 13,0% unter ihrem Vorjahresniveau. BRANCHEN IM ÜBERBLICK KFZ-INDUSTRIE Nach Angaben des Industrieverbandes ANDI war der Kfz-Absatz 2014 mit 326.023 Fahrzeugen so hoch wie nie zuvor. Verantwortlich dafür sind das starke Wirtschaftswachstum, steigende Haushaltseinkommen und niedrige Zinsen. Für 2015 werden aufgrund des abgewerteten Pesos deutliche Preissteigerungen und daher nur ein Absatz von 290.000 Fahrzeugen erwartet. Das Marktpotenzial gilt als groß, da nur rund 10% der Bevölkerung ein Fahrzeug besitzt und der Fuhrpark veraltet ist. Rund zwei Drittel der in Kolumbien verkauften Kfz werden importiert. Mexiko, die USA, Korea (Rep.) und die VR China sind die wichtigsten Lieferländer. Marktführer sind die beiden größten lokalen Hersteller Chevrolet und Renault. Die heimische Kfz-Industrie hat mit der Konkurrenz aus dem Ausland und geringer Wettbewerbsfähigkeit zu kämpfen. Kolumbiens Wirtschaftswachstum wird Mitte 2015 angetrieben von der Bauwirtschaft, dem Finanz- und Immobiliensektor und hohen Konsumausgaben. Der Rohstoffsektor erreicht hingegen nicht mehr die Wachstumraten vergangener Jahre. Besonders der Erdölsektor könnte sich zukünftig aufgrund gesunkener Investitionen rückläufig entwickeln. Die Industrie soll sich 2015 Prognosen des Wirtschaftsinstituts Fedesarrollo zufolge erholen und um 3,0% expandieren, nachdem sie in der Vergangenheit stagnierte. Dank des abgewerteten Pesos hofft die Industrie auf höhere Exporte, allerdings ist die Abhängigkeit von Vorprodukten groß, deren Preise wechselkursbedingt steigen. Zukünftig wird die Bauwirtschaft der zentrale Wachstumstreiber sein, vor allem dank großer Infrastrukturvorhaben. CHEMIE Die chemische Industrie ist mit einem Anteil von rund 13% der größte Sektor des verarbeitenden Gewerbes in Kolumbien. Die Bruttowertschöpfung erhöhte sich 2014 um 3,3% auf rund 3,7 Mrd. US$. Die petrochemische Industrie dürfte ab Ende 2015 einen starken Aufschwung erleben, wenn die modernisierte Raffinerie in Cartagena wieder vollständig ihren Betrieb aufnimmt. Ihre Kapazität soll sich auf 165.000 bpd erhöhen, der nachgelagerte Kunststoffsektor wird davon profitieren. Kolumbiens Einfuhr von chemischen Erzeugnissen (SITC 5) stieg 2014 um 4,5% auf 10,8 Mrd US$. Chemische Erzeugnisse machen rund ein Viertel der deutschen Lieferungen nach Kolumbien aus, wobei pharmazeutische Erzeugnisse der wichtigste Posten sind. Der öffentliche Konsum legte 2014 um 6,2% zu. In der zweiten Jahreshälfte entwickelte er sich durch den Start einer neuen Amtsperiode der Regierung schwächer als im 1. Halbjahr. Trotz der geringeren Staatseinnahmen durch den gesunkenen Erdölpreis soll der Konsum der Regierung wegen ihres antizyklischen Ausgabenplans aufrecht erhalten werden. Für 2015 wird ein Wachstum des öffentlichen Konsums von 4,7% erwartet. 18 Lateinamerika im Fokus 2015 BAUWIRTSCHAFT Kolumbiens Bauwirtschaft legte 2014 um 9,9% zu und war damit der am stärksten wachsende Wirtschaftssektor. Das Marktforschungsinstitut BMI prognostiziert bis 2020 ein jährliches Wachstum von 7,5%. Insgesamt betrug der Umsatz 2014 rund 18,5 Mrd. US$, wovon 56% auf den Tiefbau und 44% auf den Hochbau entfielen. Im Hochbau besteht wegen der wachsenden Mittelschicht, steigenden Einkommen und niedrigen Zinsen hohes Potenzial. Besonders der Bau von Bürogebäuden und Einkaufszentren boomt. Das Wachstum im Tiefbau soll in den nächsten Jahren zweistellig ausfallen, da die Regierung rund 100 Mrd. US$ in den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur investieren will. Dazu gehört der Bau von 8.000 km Autobahnen, Großprojekte im öffentlichen Nahverkehr sowie der Ausbau von Häfen, Flughäfen und Schienenwegen. ELEKTROTECHNIK/ELEKTRONIK Das Ministerium für Bergbau und Energie (MinMinas) will bis 2019 rund 2,0 Mrd. US$ investieren, um die Stromübertragungsnetze des Landes auszubauen und neue Umspannwerke zu errichten. Ingesamt werden 13 Höchstspannungsnetze vergeben. Die Projekte sollen die Stromnetze an der Karibikküste erweitern und deren Zuverlässigkeit erhöhen. Außerdem müssen neue Großkraftwerke an das Stromnetz angebunden werden. Im Jahr 2015 nehmen zwei neue Wasser- und zwei Kohlekraftwerke mit insgesamt 1.524 MW ihren Betrieb auf. Die Einfuhr von elektrischen Maschinen, Apparaten etc. (HS 85) legte 2014 um 10,7% auf 6,6 Mrd. US$ zu. Deutschland war mit Verkäufen in Höhe von 119 Mio. US$ fünftwichtigster Lieferant hinter der VR China, Mexiko, den USA und Brasilien. INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK Dem Regierungsprogramm Vive Digital zufolge soll die Anzahl der mobilen und festen Internetanschlüsse von 9,9 Mio. Mitte 2015 bis 2018 auf 27 Mio. verdreifacht werden. Dadurch soll sich der Anteil der Kolumbianer, die das Internet nutzen, von 80% auf 90% erhöhen. Die Abdeckung bei Mobiltelefonen liegt derzeit bei 112%, wobei sich eine Marktsättigung abzeichnet. Experten zufolge investieren die Telekommunikationsunternehmen Claro, Movistar, Tigo-Une, ETB, Directv und Avantel 2015 rund 2,0 Mrd. US$, ein Großteil davon in den Ausbau der 4GNetze. Kolumbiens Wertschöpfung im IKT-Sektor wuchs 2014 um 4,2% auf rund 8,1 Mrd. US$. Im Networked Readiness Index des World Economic Forum (WEF) stieg Kolumbien 2014 um drei Plätze auf Rang 63, einen Platz hinter China. UMWELTTECHNIK Kolumbien hat in der Umwelttechnik großen Nachholbedarf. Bis 2019 plant die Regierung Investitionen von rund 7,3 Mrd. US$ in die Kanalisation, Wasseranschlüsse und Kläranlagen. Dann sollen die städtischen Gebiete sowohl beim fließenden Wasser als auch bei der Kanalisation vollständig abgedeckt sein und 36% des Abwassers behandelt werden. Das wohl größte Projekt im Bereich Umwelttechnik ist die Säuberung des Bogotá-Flusses auf einer Länge von 350 km. Der Fluss ist durch Schwermetalle und Bakterien stark verunreinigt. Die Investitionen für das Projekt belaufen sich auf rund 3 Mrd. US$. Dazu gehören der Ausbau der Kläranlage PTAR Salitre für 350 Mio. US$ und eine neue Wasseraufbereitungsanlage für 1,1 Mrd. US$ in Canoas. Von der Reinigung des Flusses profitieren rund 7,3 Mio. Menschen. MEDIZINTECHNIK Kolumbiens Markt für Medizintechnik ist mit einem Volumen von rund 2,5 Mrd. US$ der viertgrößte Lateinamerikas hinter Brasilien, Mexiko und Argentinien. Nach Schätzungen des Branchenverbandes Cámara de Dispositivos Médicos e Insumos para la Salud soll sich das Marktvolumen bis 2017 auf 3,1 Mrd. US$ erhöhen. Aufgrund mangelnder lokaler Produktion werden rund 86% des Bedarfs, insbesondere von Hightechgeräten, importiert. Im Jahr 2014 importierte Kolumbien Medizintechnik (ISIC 331, Rev. 3) im Wert von rund 1,8 Mrd. US$ (+17,2%). Deutschland belegt mit einem Anteil von rund 12% den zweiten Platz der Hauptlieferländer hinter den USA (33%). Wegen Finanzierungsproblemen plant die Regierung eine Reform des Gesundheitssystems. Gelingt es, das System zu stabilisieren, dürfte der Absatz von Medizintechnik profitieren. Weitere Informationen zu Kolumbien finden Sie unter www.gtai.de/kolumbien Autor: Edwin Schuh, Bogotá Germany Trade & Invest www.gtai.de 19 KUBA KUBA SPEZIELLER MARKT TROTZ LANGSAMER ÖFFNUNG Die Aussichten für die kubanische Wirtschaft haben sich 2015 aufgehellt. Wachsende Touristenzahlen und höhere Auslandsüberweisungen werden die Devisenzuflüsse und die Importe antreiben. Darüber hinaus haben sich die Perspektiven für ausländische Investitionen durch die schrittweise Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen zu den USA verbessert. Dämpfend könnten sich niedrigere Exporterlöse aus der Nickelförderung und geringere Zuwendungen aus Venezuela auswirken. AUSLÄNDISCHE INVESTITIONEN AUF MITTLERE SICHT ATTRAKTIVER Die am 17.12.14 verkündete Normalisierung der Beziehungen zu den USA dürfte vor allem die Überweisungen der Auslandskubaner antreiben, dem Tourismus Auftrieb verleihen und indirekt die Nachfrage nach hochwertigen Agrarerzeugnissen des Privatsektors auf der Insel beleben. Auch würden ausländische Investitionen durch einen möglichen Wegfall des Embargos auf mittlere Sicht attraktiver erscheinen. Die offizielle Wachstumsprognose für 2015 von 4% scheint aufgrund der zu erwartenden geringeren Zuwendungen aus Venezuela und schwacher Nickelexporte optimistisch. Wirtschaftliche Entwicklung 2013 bis 2015 (reale Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %) n 20132) 10,0 6,6 6,0 2,0 5,0 5,0 3,5 3,0 2,7 3,0 Kuba hängt für Investitionsmittel und die Finanzierung von Nahrungsmittelimporten von Devisenzuflüssen ab. Diese kommen vor allem von Nickelexporten, dem Tourismus, Einsätzen kubanischer Ärzte im Ausland, Ausfuhren von Ölderivaten sowie Überweisungen der Auslandskubaner. Landesexperten zufolge haben Kuba und Venezuela aufgrund der dortigen wirtschaftlichen Engpässe geringere Zahlungen für den Einsatz kubanischer Ärzte sowie geringere Öllieferungen vereinbart. Kuba bezieht etwa zwei Drittel des Ölbedarfs aus Venezuela und generiert mit dem Export von Ölderivaten Devisen. Auch 2015 könnten die Zuwendungen aus Venezuela niedriger ausfallen. Lichtblicke boten 2014 der Tourismus und die Landwirtschaft. Beide Sektoren haben auch 2015 gute Aussichten. In der Landwirtschaft (ohne Zucker) konnte der Privatsektor die Produktion ausweiten. Damit sanken die Nahrungsmittelimporte. Die Zuckerernte legte um 4,2% zu, aber niedrige Weltmarktpreise haben die Exporterlöse geschmälert. Aufgrund der Devisenknappheit dürften die Importe 2014 zurückgegangen sein. Nach Aussagen von Unternehmern hatte sich der Staat mehr noch als 2013 auf dringend notwendige Anschaffungen beschränkt. Für 2015 zeichnet sich eine Erholung ab, die höhere Importe von Kapitalgütern aus Deutschland nach sich ziehen dürfte. 8,2 8,0 4,0 n 2014 3) n 2015 3) Die kubanische Wirtschaft hat sich 2014 mit einem Plus von 1,3% schwach entwickelt. Inoffizielle Aussagen von kubanischen Regierungsvertretern lassen darauf schließen, dass deutlich niedrigere Nickelexporte sowie geringere Zuwendungen aus Venezuela für die Wachstumsschwäche 2014 verantwortlich sind. Die Instandsetzung einer der zwei aktiven Nickelminen des Landes dauert an und hat die Förderung gedrosselt. Die Arbeiten dürften auch 2015 anhalten. Die kubanische Regierung veröffentlicht grundsätzlich nur wenige Daten und diese oft mit großer Verzögerung. 4,0 1,4 0,0 -4,0 -2,2 BIP Einfuhr cif 1) Bruttoanlageinvestitionen 3) Privater Verbrauch 3) 1) nur Waren; 2) Ist-Werte des Statistikamentes CNE; 3) Schätzungen und Prognosen von Germany Trade & Invest Quellen: Stastistikamt ONE, Schätzungen beziehungsweise Prognosen von Germany Trade & Invest 20 Lateinamerika im Fokus 2015 © Germany Trade & Invest -1,0 -2,0 INVESTITIONEN IN GRUNDVERSORGUNG Mit niedrigen Devisenzuflüssen haben 2014 die Investitionsmittel abgenommen. Im 1. Halbjahr 2014 lagen sie um 1,8% unter dem entsprechenden Vorjahreszeitraum. 2015 könnten sich die Devisenzuflüsse und damit auch die Investitionen leicht erholen. Die Regierung in- vestiert in Sektoren, die mit der Grundversorgung der Bevölkerung zusammenhängen wie Stromerzeugung und -versorgung, Wasserversorgung, Gesundheit, Nahrungsmittelimporte. Hinzu kommen Bereiche, die Devisen einbringen, (vornehmlich Tourismus und Bergbau), sowie Vorhaben, die helfen, Devisen einzusparen. Hierzu zählen Energieeffizienz, erneuerbare Energien sowie die Leichtindustrie, etwa bei Verpackungen und der Herstellung von Nahrungsmitteln. Im Januar 2015 wurde nach über einem Jahr seit Einweihung der Sonderwirtschaftszone Mariel ein erstes Investitionsprojekt (Fabrik für Fleischverarbeitung mit mexikanischer Firma Richmeat) genehmigt. Die aktuelle Projektliste der kubanischen Regierung umfasst 246 Vorhaben im Wert von 8,7 Mrd. US$. Ein Teil der Vorhaben erscheint durch den mittelfristig zu erwartenden Wegfall des Handelsembargos seitens der USA lukrativer und weniger riskant. Daher könnten 2015 und darü- S O ber hinaus mehr Auslandsinvestitionen ins Land fließen. Vor allem im Tourismus werden weiter umfangreiche Projekte umgesetzt. Eine Übersicht der aktuellen Großprojekte in Kuba ist in der Publikation Wirtschaftstrends Kuba bei Germany Trade & Invest abrufbar unter www. gtai.de/kuba. KONSUM PROFITIERT VON ÖFFNUNG Die schrittweise Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen zu den USA wird vor allem den Privatkonsum antreiben. Die Obergrenze für Überweisungen von Auslandskubanern aus den USA an Familienangehörige auf Kuba ist Mitte Januar 2015 von 500 US$ pro Quartal auf 2.000 US$ angehoben worden. Nichttouristische Reisen von US-Amerikanern nach Kuba wurden von US-Seite ebenfalls erleichtert. Dabei können Reisende höhere Geldbeträge mitführen und Waren im Wert von bis zu 400 US$ mit zurücknehmen. Nach einer Analyse der Nicht- W T Strengths (Stärken) Weaknesses (Schwächen) n Gut ausgebildete Arbeitskräfte. n Kaum Zugang zu externen Finanzierungsquellen. n Große Nickelreserven und mögliche n Abhängigkeit von Tourismus, Nickelpreisen und Erdölvorkommen. Erdöl aus Venezuela. n Günstige Lage für Entwicklung des Tourismus. n Veralteter Kapitalstock in Industrie. n Vorsichtige Wirtschaftspolitik. n Abhängigkeit von Nahrungsmittelimporten. n Einfluss auf Geschäftsentscheidungen in n Starke Bürokratie hemmt ausländische Partnerländern wie Venezuela. Investitionen. Opportunities (Chancen) Threats (Risiken) n Wegfall des US-Wirtschaftsembargos. n Interne Instabilität durch Misserfolg in Reformen. n Stärkeres wirtschaftliches und entwicklungs politisches Engagement seitens der EU durch Rahmenvertrag. n Politikwechsel in Venezuela und Reduzierung von n Weitere Umstrukturierung und Öffnung der von Arbeitskräften für Dienstleistungsexport. Wirtschaft steigert Effizienz und Wachstum. n Ausländische Investitionen durch Freizone Mariel und neues Investitionsgesetz. n Wachsende Touristenzahlen aus USA. Öllieferungen. n Alterung der Bevölkerung verringert Verfügbarkeit n Abwanderung junger, ausgebildeter Arbeitskräfte. n Erhöhte Gefahr von Hurrikanen durch Klimawechsel. n Rechtsstreitigkeiten bei Großprojekten. Quelle: Germany Trade & Invest Germany Trade & Invest www.gtai.de 21 KUBA Durch den 2011 begonnenen zaghaften Reformprozess auf Kuba wurden mehr Berufe für private Unternehmer geöffnet. Diese Kleingewerbe hängen vielfach von Auslandsüberweisungen ab, da sie kaum in den Genuss staatlicher Kredite kommen. Gleichzeitig versucht der Staat weiterhin, staatliche Einrichtungen in der Gastronomie und Dienstleistungen in private Kooperativen umzuformen. Dadurch weitet sich das Betätigungsfeld für privates Engagement langsam aus und die Konsummöglichkeiten steigen. BRANCHEN IM ÜBERBLICK Auf Kuba hängen Geschäftschancen nicht von dem allgegenwärtigen Modernisierungs- und Investitionsbedarf ab, sondern von der Verfügbarkeit von Devisen oder Auslandskrediten. Die Devisenzuflüsse haben sich 2015 durch höhere Touristenzahlen und Auslandsüberweisungen erholt. In Zeiten knapper Kassen versucht die kubanische Regierung die öffentliche Versorgung sicherzustellen und investiert bevorzugt in Branchen wie Tourismus und Bergbau, die zusätzliche Devisen generieren können. Die schrittweise Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen zu den USA hat das Interesse ausländischer Investoren geweckt. Bis Mitte 2015 waren fünf ausländische und zwei inländische Investitionsprojekte in der Sonderwirtschaftszone Mariel genehmigt worden. BERGBAU Die Modernisierung der Mine Ernesto Che Guevara und die seit Ende 2014 gesunkenen Weltmarktpreise schmälern die Exporterlöse des Nickelbergbaus, eines der wichtigsten Devisenbringer des Landes. Die Mine weist im Gegensatz zu einer weiteren als Gemeinschaftsprojekt mit dem kanadischen Unternehmen Sherritt betriebenen Mine deutlich höhere Kosten auf. Durch die Modernisierung soll die Wettbewerbsfähigkeit auch bei niedrigeren Nickelpreisen sichergestellt werden. Aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Turbulenzen in Venezuela ist das Schicksal des im Juli 2013 aufgeschobenen Gemeinschaftsprojekts Moa Occidental weiter ungewiss. Ab 2016 sollte dort der Nickelabbau be- 22 Lateinamerika im Fokus 2015 ginnen und ein Jahr später die Aufbereitung. Kuba sucht weiter Investoren für Bergbauvorkommen. TOURISMUS Die beginnende Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen zu den USA hat seit Anfang 2015 die Reisemöglichkeiten von US-Bürgern erleichtert. Sie kommen in wachsender Zahl auf die Insel, obwohl rein touristische Besuche formal verboten sind. Gleichzeitig steigt auch in Deutschland der Drang, Kuba vor grundlegenden Veränderungen zu besuchen. Die Touristenzahlen aus Deutschland stiegen 2014 um 20% (insgesamt: +5,6%). Die Hotelinfrastruktur muss allerdings kräftig ausgebaut werden. In diesen Bereich dürften in den kommenden Jahren hohe Investitionen fließen. Internationale Hotelgruppen planen verstärkt Projekte in kubanischen Städten, weil diese im Gegensatz zu den Stränden von US-Touristen im Rahmen von Bildungsreisen angesteuert werden. Foto: © iStockphoto.com – YinYang regierungsorganisation Inter-American Dialogue könnten sich die Auslandsüberweisungen unter den neuen Regeln bis Ende 2016 verdoppeln. ERNEUERBARE ENERGIEN UND ENERGIEEFFIZIENZ Aufgrund der hohen Abhängigkeit von venezolanischem Erdöl haben Vorhaben zur Steigerung der Energieeffizienz und zum Ausbau erneuerbarer Energien höchste Priorität und erhalten bevorzugt Devisen. Kuba sucht nach Investoren für Vorhaben im Wert von 3,7 Mrd. US$, darunter für 19 Biomasseanlagen in der Zuckerindustrie, 13 Windparks, 75 kleine Wasserkraftwerke sowie zahlreiche Fotovoltaikparks. In der Zuckerindustrie sollen ineffiziente Kessel ausgetauscht werden, damit die Kombinate nicht nur den eigenen Strombedarf abdecken, sondern zusätzlich Strom ins Netz einspei- KONVENTIONELLE STROMERZEUGUNG UND KRAFTWERKSBAU Kubas Stromversorgung basiert vorwiegend auf großen Öl- oder Schwerölkraftwerken aus sowjetischer Zeit. Rund 95,7% der Stromerzeugung entfielen 2013 auf fossile Energieträger. Zehn Kraftwerksblöcke stehen am Ende ihres Lebenszyklus. Vier Blöcke sollen nach einer Vereinbarung mit Russland modernisiert werden, davon drei in Santa Cruz del Norte und ein Block in Mariel. Weitere werden durch neue Gas- und Dampfkraftwerke ersetzt. Zwei solcher Anlagen bestehen bereits in Varadero und Boca de Jaruco. Jaruco mit einer Leistung von 120 MW soll durch einen Dampfkessel erweitert werden. Hinzu kommt ein neues Gas- und Dampfkraftwerk mit einer Leistung von 120 MW. In Havanna werden bis 2018 die unterirdischen Stromnetze erneuert. Das Vorhaben war nach offiziellen Angaben Ende 2014 zu 40% abgeschlossen. MASCHINEN- UND ANLAGENBAU Für Anbieter von Maschinen und Anlagen hat sich die Lage mit einer verbesserten Verfügbarkeit von Devisen 2015 aufgehellt. Die Regierung versucht vor allem durch den Ausbau der Verpackungs- und Nahrungsmittelindustrie den Devisenbedarf für Importe zurückzufahren. Derzeit wird ein Großteil des Verpackungsmaterials unter anderem für Bierdosen und Rumflaschen importiert. Ausländische Investoren sollen sich im Rahmen von Joint Ventures im Land ansiedeln und neben dem Inlandsmarkt auch Auslandsmärkte bedienen. Brasilianische Firmen haben bereits Interesse an einem Einstieg in der im November 2013 gegründeten Freizone Mariel bekundet, etwa in der Herstellung von Glasverpackungen. Bis Mitte 2015 waren sieben Investitionsvorhaben genehmigt worden. Foto: © countrypixel - Fotolia.com sen. Hinzu kommen Biogasanlagen in allen Bereichen der Lebensmittelindustrie und kommunaler Dienste, in Schlachthöfen, der Schweinezucht, der Fleischverarbeitung, Sägewerken und zur Nutzung städtischer Abfälle. UMWELTTECHNIK In den zwölf kubanischen Städten mit den höchsten Wasserverlusten und der kritischsten Versorgungslage werden schrittweise, je nach Verfügbarkeit von Devisen, die Wasserleitungen zu den Städten sowie in einigen Fällen auch die städtischen Wassernetze erneuert. Parallel zur Verbesserung der Wasserversorgung und Rückführung der Verluste werden Wasserzähler in den Haushalten eingebaut, um einen sparsamen Umgang zu fördern. Die kubanische Regierung sucht außerdem einen Investor für ein umfassendes System für die Sammlung, das Recycling sowie die Endlagerung von Abfällen im Raum Havanna. Neben der energetischen Nutzung der Abfälle durch eine Biogasanlage soll eine Kompostieranlage entstehen. Weitere Informationen zu Kuba finden Sie unter www.gtai.de/kuba Autor: Peter Buerstedde, Mexiko-Stadt Germany Trade & Invest www.gtai.de 23 MEXIKO GERINGER ÖLPREIS HINTERLÄSST SPUREN Die mexikanische Wirtschaft wird 2015 erneut nur verhalten wachsen. Der Ölpreisverfall sowie fallende Ölfördermengen haben die Regierung zu Sparmaßnahmen gezwungen. Gleichzeitig hat die schwache Konjunkturentwicklung in den USA im Frühjahr 2015 die Industrieproduktion in Mexiko gebremst. Lichtblicke bietet der Privatkonsum. Höhere Investitionen im Zuge der Energiereform werden sich erst 2016 bemerkbar machen. Die mexikanische Wirtschaft ist schwach ins Jahr 2015 gestartet. Im 1. Quartal stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gegenüber demselben Vorjahreszeitraum um 2,5%. Eine niedrigere Ölförderung und die verhaltene Konjunkturentwicklung im wichtigsten Exportmarkt USA hat auf der Angebotsseite das Wachstum gehemmt. Hinzu kommt die Schwäche des mexikanischen Peso, welche die Einfuhr von Vorprodukten für die Industrie verteuert hat. Auf der Nachfrageseite trägt ein leicht wachsender Privatkonsum zum Wachstum bei, während die Staatsausgaben durch Haushaltseinschnitte und Wahlen zur Jahresmitte 2015 schwächeln. PROGNOSEN GESENKT Das Wachstum wird 2015 weit hinter dem von der Regierung zu Jahresbeginn angestrebten Korridor von 3,2 bis 4,2% zurückbleiben. Die Zentralbank hat ihre Prognose Ende Mai auf 2,0 bis 3,0% gesenkt. Haushaltskürzungen und die niedrigere Ölförderung gekoppelte mit Verzögerungen bei der Vergabe von Ölförderkonzessionen hemmen das Wachstum. Ab 2016 könnten höhere Investitionen in den Reformsektoren Öl und Elektrizität das Wachstum antreiben. Die USA nehmen 80% der mexikanischen Exporte ab und spielen auch aufgrund der Auslandsüberweisungen der mexikanischen Diaspora (etwa 30 Mio. Personen in den USA) eine wichtige Rolle. Die US-Konjunktur war im 1. Quartal 2015 verhalten, hat sich aber anscheinend nur geringfügig auf die verarbeitende Industrie in Mexiko ausgewirkt. Die Bruttowertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe stieg im 1. Quartal 2015 um 2,9% gegenüber einem Wachstum von 3,7% im Gesamtjahr 2014. Die Ölförderung könnte 2015 nach den Daten des Ministeriums für Haushalt und Öffentliches Kreditwesen (Se- 24 Lateinamerika im Fokus 2015 cretaría de Hacienda y Crédito Público - SHCP) mit 2,3 Mio. Barrel pro Tag (bpd) um 4,7% niedriger ausfallen als 2014. Die Abwertung des mexikanischen Peso sowie geringere Kosten für den Benzin- und Dieselimport können die Verluste nur zum Teil wettmachen. Ende Januar hat die Regierung angesichts des drohenden Einnahmenausfalls Sparmaßnahmen von 0,7% des BIP in der staatlichen Verwaltung sowie in den großen Staatsunternehmen Pemex und CFE verfügt. Wirtschaftliche Entwicklung 2014 bis 2016 (reale Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %) n 2014 n 2015 n 2016 6,0 5,0 5,0 4,9 5,0 3,0 2,0 4,0 4,0 4,0 4,0 2,1 2,5 3,0 2,0 2,3 2,0 1,0 0,0 BIP Einfuhr (fob) *) Bruttoanlageinvestitionen *) Waren Quellen: Inegi, Barrisco, Germany Trade & Invest Privater Verbrauch © Germany Trade & Invest MEXIKO Der Ölpreisverfall dämpft 2015 sowohl die Exporte als auch die Importe Mexikos. Zuwächse bei den Ausfuhren von Industriegütern, allen voran Kfz, können den Rückgang nicht wettmachen. INVESTITIONEN NOCH ZÖGERLICH Die Bruttoanlageinvestitionen sind im Zeitraum von Januar bis Februar 2015 gegenüber einer sehr schwachen Basis 2014 stark angestiegen. Nach einer Steuerreform Anfang 2014, die unter anderem Abschreibungsmöglichkeiten eingeschränkt hat, waren die Investitionen zunächst zurückgegangen. Eine Tendenz zeichnet sich daher noch nicht ab. Das Wachstum dürfte 2015 insgesamt verhalten ausfallen. Die verarbeitende Industrie investiert weiter vor allem in den exportstarken Sektoren wie Kfz und Kfz-Teile. Dies schlägt sich in den Zuwächsen bei den Investitionen in importierten und inländischen Maschinen und Ausrüstungen nieder. Im Energiesektor sowie in der Telekommunikation halten sich die Investoren aufgrund der noch laufenden Umsetzung umfassender Reformen zurück und der Ölpreisverfall hat die Vergabe von Förderkonzessionen verzögert. Die Bauinvestitionen werden vom Wohnungsbau angetrieben, während der Wirtschaftsbau nur sehr verhalten wächst. Impulse kommen vom Kfz-Absatz, der in der Investitionsstatistik auch mitgezählt wird. Hier steigen 2015 vor allem die Ausgaben für inländische Fahrzeuge gegenüber einem Rückgang bei importierten Kfz. Dies hängt mit der Abwertung des mexikanischen Peso zusammen sowie mit dem breiteren Kfz-Angebot im Inlandsmarkt durch die Ausweitung der inländischen Industrie. Eine Übersicht der aktuellen Großprojekte in Mexiko ist in der Publikation Wirtschaftstrends Mexiko bei Germany Trade & Invest abrufbar unter www.gtai.de/mexiko. S O KONSUM ZIEHT AN Der Privatkonsum hat Anfang 2015 deutlich an Fahrt aufgenommen. So ist er nach Daten des Statistikamtes Inegi im Zeitraum von Januar bis Februar 2015 gegenüber dem selben Vorjahreszeitraum um 3,5% gestiegen. Im Gesamtjahr 2014 legte er lediglich um 2,2% zu. Inländische Konsumgüter (+4,6%) konnten stärker profitieren als Importe (+1,1%). Die Abwertung des mexikanischen Peso gegenüber dem US-Dollar hat vor allem Importwaren aus den USA verteuert. Untermauert werden die Verbraucherausgaben 2015 durch höhere Überweisungen der Auslandsmexikaner. Sie sind im 1. Quartal 2015 um 4,9% gewachsen. Der Einzelhandelsverband Asociación Nacional de Tiendas de Autoservicio y Departamentales (Antad), der den Großteil des formalen Handels erfasst, hat für den Zeitraum von Januar bis April 2015 ein Umsatzwachstum W T Strengths (Stärken) Weaknesses (Schwächen) n Gut ausgebildete Arbeitskräfte. n Kaum Zugang zu externen Finanzierungsquellen. n Große Nickelreserven und mögliche n Abhängigkeit von Tourismus, Nickelpreisen und Erdölvorkommen. Erdöl aus Venezuela. n Günstige Lage für Entwicklung des Tourismus. n Veralteter Kapitalstock in Industrie. n Vorsichtige Wirtschaftspolitik. n Abhängigkeit von Nahrungsmittelimporten. n Einfluss auf Geschäftsentscheidungen in n Starke Bürokratie hemmt ausländische Partnerländern wie Venezuela. Investitionen. Opportunities (Chancen) Threats (Risiken) n Wegfall des US-Wirtschaftsembargos. n Interne Instabilität durch Misserfolg in Reformen. n Stärkeres wirtschaftliches und entwicklungs- politisches Engagement seitens der EU durch n Politikwechsel in Venezuela und Reduzierung von Öllieferungen. n Weitere Umstrukturierung und Öffnung der n Alterung der Bevölkerung verringert Verfügbar keit von Arbeitskräften für Dienstleistungsexport. Rahmenvertrag. Wirtschaft steigert Effizienz und Wachstum. n Ausländische Investitionen durch Freizone Mariel und neues Investitionsgesetz. n Wachsende Touristenzahlen aus USA. n Abwanderung junger, ausgebildeter Arbeitskräfte. n Erhöhte Gefahr von Hurrikanen durch Klimawechsel. n Rechtsstreitigkeiten bei Großprojekten. Quelle: Germany Trade & Invest Germany Trade & Invest www.gtai.de 25 MEXIKO von 5,2% ermittelt (in Verkaufsstellen, die mindestens ein Jahr in Betrieb sind). Damit hat der Handel nach den schwachen Jahren 2013 (+0,1%) und 2014 (+0,9%) wieder stark zugelegt. Allerdings hatte eine Steuerreform Anfang 2014 die Konsumenten verunsichert und den Konsum gebremst. Daher ist die Vergleichsbasis niedrig. BRANCHEN IM ÜBERBLICK Foto: © Thorsten Schier – Fotolia.com Der Reformprozess in Mexiko hat Investitionen bisher eher verzögert als gefördert. Das könnte sich 2016 aber ändern. Ende 2015 startet die Strombörse im Energiesektor und bereits ab Mitte Juli werden die ersten Konzessionen in der Erdölförderung vergeben. Dies wird umfangreiche Investitionen anstoßen, die auch für deutsche Unternehmen Geschäftschancen bergen. Gleichzeitig zieht Mexiko als günstiger Produktions-standort auch außerhalb der Kfz- und Kfz-Teileindustrie weiter Investoren an, die das Land als Exportplattform für den US-Markt nutzen. MASCHINEN- UND ANLAGENBAU Die verhaltene Entwicklung in der US-Industrie im Frühjahr 2015 hat die Investitionen in Maschinen und Ausrüstungen in der mexikanischen Industrie offenbar nicht gebremst. Nach Informationen des Statistikamts Inegi sind die Bruttoanlageinvestitionen in Maschinen und Ausrüstungen aus inländischer Produktion in den ersten zwei Monaten 2015 um 6,9% gestiegen, nach einem Plus von 4,9% im Gesamtjahr 2014. Importierte Maschinen legten um 8,0% zu und übertrafen ebenfalls die Wachstumsraten des Gesamtjahres 2014 (+7,2%). Die Aussichten für 2016 sind gut, da dann erste private Konzessionen in der Ölförderung den Betrieb aufnehmen und auch die Investitionen in der Stromerzeugung anziehen könnten. 26 Lateinamerika im Fokus 2015 KFZ-INDUSTRIE Der Verkauf von Pkw und Vans entwickelt sich 2015 sehr gut. Im Zeitraum Januar bis April ist er um 22,2% gestiegen. Im Gesamtjahr 2014 lag das Plus bei 6,8%. Den Absatz hat vor allem der starke Rückgang der Gebrauchtwagenimporte angetrieben. Verschiedene Maßnahmen der Regierung gegen Gebrauchteinfuhren haben Ende 2014 gegriffen. Hinzu kommt ein steigender Anteil an kreditfinanzierten Neukäufen. Höhere Verschrottungsprämien geben dem Absatz von Lkw und Bussen neuen Antrieb, der 2014 unter der Investitionszurückhaltung im Energiesektor gelitten hat. Gleichzeitig haben Hyundai und Toyota den Bau neuer Fabriken angekündigt und auch andere Hersteller investieren in den Ausbau ihrer Kapazitäten. Damit wird der Einstieg zusätzlicher KfzTeilehersteller in Mexiko befeuert. CHEMIE Mit der positiven Entwicklung der Landwirtschaft steigen 2015 die verkaufte Inlandsproduktion an Düngemitteln (1. Quartal 2015: +27,3%) und auch die Importe (+5,7%). Von der Erholung im Privatkonsum profitieren vor allem als höherwertig erachtete importierte Körperpflegemittel (+15,7%), während der Verkauf inländischer Produkte leicht zurückgeht (-1,1%). Der Arzneimittelabsatz leidet unter der Kaufzurückhaltung auf öffentlicher Seite (Inlandsproduktion: -6,8%; Importe: -8,1%). Mit der Erholung im Wohnungsbau legen Farben und Lacke (Inlandsproduktion: +9,8%; Importe: +5,3%) hingegen zu. Parallel zur Öffnung der Ölförderung ist das Staatsmonopol in der Basischemie gefallen. Der Chemieverband Aniq erwartet eine Verdopplung der Produktion und 25 Mrd. US$ an Investitionen innerhalb der nächsten zehn Jahre. BAUWIRTSCHAFT Hohe Investitionen im Bahn- und Hafenbau haben 2014 im Tiefbau einen Einbruch abgewendet. Diese Bereiche werden sich auch 2015 gut entwickeln. Der Wohnungsbau hat sich 2015 zurückgemeldet. Die öffentlichen Budgetkürzungen werden aber die Bauaktivität im Energiesektor und auch im Straßenbau 2015 zunächst weiter dämpfen. In der Ölindustrie sowie in der Elektrizitätserzeugung und -verteilung warten Investoren auf die vollständige Umsetzung von Reformen. Mit der Vergabe von Ölförderkonzessionen im 2. Halbjahr 2015 könnten in den Ölsektor ab 2016 umfangreiche Investitionen fließen. Auch in der Elektrizitätswirtschaft könnten mit dem Start der Strombörse zum Jahresende die Investitionen anspringen. ELEKTROTECHNIK/ELEKTRONIK INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK Der Telekommunikationssektor in Mexiko könnte nach einer Analyse des Marktforschungsunternehmens IDC 2015 um 5% auf ein Umsatzvolumen von 36,9 Mrd. US$ wachsen und damit etwas langsamer als im Vorjahr. Mit dem Einstieg von AT&T durch den Kauf der kleineren Mobilfunkanbieter Iusacell und Nextel und weiterer virtueller Anbieter (ohne eigene Netze) könnte es 2015 und 2016 zu einem Verdrängungswettbewerb kommen. Der dominante Anbieter América Móvil sucht seit Mitte 2014 einen Käufer für einen Teil seines Kundenstammes, um so den von der Wettbewerbsbehörde verhängten Sondereinschränkungen zu entgehen. Aufgrund niedriger Staatsausgaben hat IDC seine Prognose für das Wachstums des IT-Markts von 13,0 mittlerweile auf 4,5% gesenkt. UMWELTTECHNIK Im Wassersektor sind 2014 zahlreiche Projekte ausgeschrieben worden, die 2015 umgesetzt werden. Allerdings wurde das Investitionsbudget der nationalen Wasserbehörde Conagua, das auch Subventionen für lokale Projekte umfasst, im Zuge der Haushaltskürzungen von Ende Januar 2015 um 58% gestutzt. 2015 werden nur wenige neue Vorhaben an den Start gehen. Große Projekte wie die Wasserleitung Monterrey VI mit Investitionen von mehr als 1 Mrd. US$ laufen allerdings weiter. Mexiko weist einen starken Rückstand bei der adäquaten Abfallentsorgung auf. Der Zentralstaat versucht, den Gemeinden mit Subventionen für den Deponiebau und die Anschaffung von Fahrzeugen Anreize zu geben. Durch die Haushaltseinschnitte sind auch die Subventionen um 23% gekürzt worden. Foto: © iStockphoto.com Loic Barnard Die Energiereform verheißt ab 2016 gute Geschäfte für Anbieter von Elektrotechnik. Ende 2015 geht die Strombörse in Betrieb, die Investoren in neue Erzeugungskapazitäten einen größeres Betätigungsfeld ermöglichen wird. Um die neuen Kapazitäten an die Netze zu bringen, müssen die Übertragungsnetze ausgebaut werden. Dekodierungsgeräte für das Digitalfernsehen genießen eine Sonderkonjunktur durch staatliche Beschaffungen im Rahmen der Abschaltung des Analogfernsehens bis Ende 2015. Hersteller von Verbraucher- und Unterhaltungselektronik bauen ihre Produktion in Mexiko aus, um den US-Markt zu beliefern. MEDIZINTECHNIK Die Verzögerung bei staatlichen Vorhaben hat den mexikanischen Markt für Medizintechnik 2014 belastet. Erst zum Jahresende hin berichteten Unternehmen von einem Anziehen der staatlichen Nachfrage, die etwa 70% des Medizintechnikabsatzes ausmacht. Die Krankenkassen IMSS und ISSSTE sind in den Budgetkürzungen glimpflich davon gekommen. Damit können die Medizintechnikanbieter 2015 von einem stabilen Geschäft mit der öffentlichen Hand ausgehen sowie von einem Anziehen der privaten Nachfrage. Der Privatsektor wird immer stärker in die staatliche Gesundheitsfürsorge einbezogen. Im Jahr 2016 sollen zwei neue Krankenhäuser des ISSSTE als Private-public-Partnership-Vorhaben ausgeschrieben werden. Weitere Informationen zu Mexiko finden Sie unter www.gtai.de/mexiko Autor: Peter Buerstedde, Mexiko-Stadt Germany Trade & Invest www.gtai.de 27 PERU PERU STRUKTURREFORMEN SOLLEN WACHSTUM ANTREIBEN In Peru wächst 2015 die Wirtschaft voraussichtlich deutlich schneller als in den andern Ländern der Region. Die Regierung hat ein Konjunkturpaket mit den Schwerpunkten Bürokratieabbau und Steuerermäßigungen geschnürt. Hohe Wachstumsraten kann das Andenland in den nächsten Jahren nur mit Strukturreformen erreichen. Die Inflation soll in den nächsten Jahren nur 2% erreichen, was die private Nachfrage fördert. WIRTSCHAFT SOLL SCHNELLER WACHSEN Perus Wirtschaft soll 2015 schneller wachsen als bisher. Die Prognosen liegen bei rund 4% und damit deutlich höher als für die anderen Länder der konjunkturschwachen Region. Der regionalen UN-Wirtschaftskommission Cepal zufolge soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in ganz Lateinamerika insgesamt durchschnittlich nur um 1% wachsen und in Südamerika (0%) sogar stagnieren. Die Ratingagentur Moody‘s erwartet für 2016 ein Wachstum von 4,5% in Peru, bedingt durch einen Anstieg der privaten Investitionen und weniger externe Schocks. Anhaltende politische und soziale Unruhen sowie klimatische Störungen durch das Wetterphänomen El Niño könnten die Entwicklung allerdings hemmen. Wirtschaftliche Entwicklung 2014 bis 2016 (reale Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %) n 2014 n 2015 n 2016 6,0 5,0 5,0 4,0 3,0 5,0 4,1 3,8 4,5 4,5 3,0 3,0 2,4 2,0 2,0 1,0 0,0 -2,0 -1,5 BIP Einfuhr *) -1,8 Bruttoanlageinvestitionen Privater Verbrauch *) Waren und Dienstleistungen Quellen: Peruanische Zentralbank, Peruanisches Wirtschafts- und Finanzministerium, IWF, Germany Trade & Invest 28 Lateinamerika im Fokus 2015 © Germany Trade & Invest -1,0 Die sinkende Rohstoffnachfrage Chinas hat Perus Konjunktur 2014 nachhaltig beeinträchtigt, ebenso die Entwicklung der Preise wichtiger Exportgüter wie Kupfer, Blei und Kakao. Einer Reihe von Unternehmern zufolge hat auch die Wirtschaftspolitik von Präsident Ollanta Humala die Konjunktur deutlich abgebremst. Die Zustimmungswerte des Staatsoberhaupts sind im Keller, nicht zuletzt wegen Korruptionsvorwürfen gegen seine Frau und einige Minister. Eine Verbesserung des Geschäftsklimas versprechen sich Teile der Bevölkerung erst von den Wahlen 2016. Die Regierung hat 2015 ein Konjunkturpaket mit den Schwerpunkten Bürokratieabbau und Steuerermäßigungen geschnürt. Dabei ist sie sich mit Analysten einig: Hohe Wachstumsraten kann Peru nur mit Strukturreformen erreichen, welche die Bürokratie abbauen, Institutionen erneuern und das (Aus-)Bildungsniveau der Bevölkerung verbessern. Bis 2013 war die Handelsbilanz Perus positiv. Seitdem führt das Land wertmäßig mehr Waren ein als aus; 2014 lag das Defizit bei 1,3 Mrd. US$, wobei die Ausfuhren (-7,8%) insgesamt stärker zurückgingen als die Einfuhren (-3,4%) INVESTITIONEN BLEIBEN HINTER MÖGLICHKEITEN ZURÜCK Der Mangel an Vertrauen seitens vieler Unternehmer ist Beobachtern zufolge der Grund dafür, dass private Investitionen und Beschäftigungswachstum hinter den Möglichkeiten zurückblieben. Außerdem führt anhaltender Widerstand der Bevölkerung gegen bedeutende Energie- und Bergbauprojekte oft zum Aufschub von Investitionen. Davon ist ein Drittel der bis Ende 2015 geplanten Vorhaben betroffen. Nachdem beispielsweise bei Protesten gegen den Bau des Kupferbergwerks Tía María fünf Menschen gestorben waren, kündigte das Betreiberunternehmen Southern Copper Corporation (SCC, vordem SPCC) im Mai 2015 an, das Projekt zwei Monate lang auszusetzen. Daneben drückt ein statistischer Effekt die Zuwachsrate bei den Investitionen - das BIP ist in den vergangen Jahren bereits kräftig gestiegen. Im Mai 2015 hat die peruanische Regierung ein Gesetz verabschiedet, um Ressourcen auf die lokale Ebene zu übertragen. Diese soll damit die öffentlichen Ausgaben steigern und mehr Investitionsprojekte umsetzen. Eine Übersicht der aktuellen Großprojekte in Peru ist in der Publikation Wirtschaftstrends Peru bei Germany Trade & Invest abrufbar unter www.gtai.de/peru. VERBRAUCHER ZURÜCKHALTEND Die Inflationsprognosen des IWF liegen bei 2,2% zum Jahresende 2015 und bei 2,0% für 2016 - beide Werte sind die niedrigsten in Südamerika. Seit 2005 kommt den peruanischen Verbrauchern eine durchschnittliche Inflation von lediglich 2,3% pro Jahr zugute. Ökonomen zufolge schob allerdings die Erhöhung staatlicher Ausgaben den Konsum deutlicher stärker an als dies Steuersenkungen vermochten sowie andere Maßnahmen, die explizit den Verbrauch stärken sollten. S O Das Markt- und Meinungsforschungsinstut Ipsos kam zu dem Ergebnis, dass 73% der Peruaner in den nächsten zwölf Monaten keine Dynamik in der Wirtschaftsentwicklung erwarten. Obwohl der Durchschnittslohn in den letzten Jahren gestiegen ist, gaben im April 2015 bei einer Umfrage 63% der Befragten an, ihr Einkommen reiche nicht zur Deckung der Bedürfnisse. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der Armut verzeichnet beeindruckende Erfolge, die wegen des Stadt-Land-Gefälles jedoch nur die urbanen Zentren erreichen. Den letzten verfügbaren Zahlen des peruanischen Statistikamt Inei von 2010 zufolge wird mehr als 50% der Beschäftigung dem informellen Sektor zugerechnet. W T Strengths (Stärken) Weaknesses (Schwächen) n Offene Marktwirtschaft mit niedrigen Zollsätzen. n Topografie. n Makroökonomische Stabilität. n Infrastrukturdefizite. n Umfangreiche Rohstoffvorkommen. n Fachkräftemangel. n Solider Finansektor. n Ungleiche Einkommensverteilung. n Hohe Devisenreserven. n Wasserverteilung. Opportunities (Chancen) Threats (Risiken) n Steigende Kaufkraft der unteren und mittleren n Abhängigkeit von der Weltmarktentwicklung. Einkommensgruppen. n Deckung des Bedarfs durch Importe. n Wachstumsperspektiven im Landesinnern. n Erneuerbare Energien. n Ausbau und Modernisierung der Infrastruktur. n Rechtsstreitigkeiten bei Großprojekten. n Umfangreiche Schattenwirtschaft. n Konzentration der Wirtschaftskraft auf wenige Familien. n Geringe Diversifizierung. Quelle: Germany Trade & Invest Germany Trade & Invest www.gtai.de 29 PERU BRANCHEN IM ÜBERBLICK MASCHINEN- UND ANLAGENBAU Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen sowie Maschinen für die Landwirtschaft und die Verbesserung der Bewässerungstechnik sind zurzeit besonders gefragt in Peru. Das Agribusiness benötigt Kühltechnik und Verpackungsmaschinen, um gestiegenen Kundenanforderungen zu genügen. Der Bergbau will mehr Anlagen zum Entsalzen und Aufbereiten von Wasser einsetzen und sucht energieeffiziente Lösungen. Die Importe von Hebezeugen und Fördermitteln aus Deutschland haben sich 2014 gegenüber dem Vorjahr fast verdreifacht. Deutsche Hersteller liefern bisher vor allem Maschinen für die Branchen Bau, Bergbau, Nahrungsmittel, Textilien und Kunststoffe. KFZ-INDUSTRIE Sobald die Wirtschaft wieder stärker wächst, zieht auch der Automobilsektor nach. Dies prognostiziert der Fachverband AAP, der davon ausgeht, dass die Branche 2015 und 2016 wieder an die Boomjahre zwischen 2011 und 2013 anknüpft. Der Anstieg beim Absatz soll 2015 bei 12% liegen. stoffen an, könnte jedoch 2015 wegen der Konjukturflaute in der Region nachlassen. Als Produktionsstandort profitiert Peru in diesen Segmenten weiterhin von den im regionalen Vergleich sehr niedrigen Energiekosten. BAUWIRTSCHAFT Das peruanische Wirtschafts- und Finanzministerium erwartet für den Bausektor insgeamt ein Branchenplus von 1,7% für 2015 sowie einen stärkeren Aufschwung in den Jahren 2016 und 2017 mit 3,0 beziehungsweise 4,2%. Die starke Nachfrage nach mehr Wohnraum, bedingt durch die erstarkte Mittelschicht, wird der peruanischen Immobilienwirtschaft 2015 laut Prognosen zu einem Wachstum von 5% verhelfen. Regierung und Banken haben durch Gesetze beziehungsweise attraktive Kreditkonditionen Anreize geschaffen. Zudem sind 13 neue Einkaufszentren in Planung, die Ende 2016 fertiggestellt sein sollen. CHEMIE Die Experten von BMI Research erwarten, dass 2015 die Umsätze des pharmazeutischen Sektors von 1,65 Mrd. US$ im Vorjahr um 2,2% auf 1,7 Mrd. US$ steigen werden. Der Sektor Hygieneartikel und Kosmetik wird 2015 voraussichtlich um 4% und 2016 um 5% zulegen. Die Landwirtschaft fragt verstärkt Düngemittel und Agrochemikalien nach. Aus Deutschland importierte Peru 2014 Chemikalien für 100 Mio. Euro, wobei die Gesamtsumme und die Zahlen für die wichtigsten Warengruppen Kunststoffe, Farben und Farbstoffe sowie Seifen gegenüber 2013 nahezu konstant blieb. Die Nachfrage aus den Nachbarländern heizte 2014 die Produktion von Basischemikalien, Zement und Kunst- 30 Lateinamerika im Fokus 2015 Foto: © iStockphoto.com – millionhope Von der Krise auf den Kfz-Märkten Südamerikas war auch Peru 2014 nicht verschont geblieben: Im Vergleich zum Vorjahr wurden 4,8% weniger Fahrzeuge verkauft, dies betraf vor allem Geländewagen, Pick-ups, Zugfahrzeuge und große Lkw. Die Absatzzahlen von Kleinlastwagen und Pkw verharrten auf einem ähnlichen Niveau wie 2013; Mini- und Omnibusse verbesserten ihr Ergebnis um 21%. INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK Die Telekommunikationsbranche hat 2014 mit 6,5% ein überdurchschnittliches Wachstum erzielt, an das sie 2015 voraussichtlich anknüpfen wird. Der Absatz von Premium-Smartphones, die mindestens 500 US$ kosten, soll sich Prognosen zufolge 2015 um 15% erhöhen; die Verkaufszahlen von Mobiltelefonen mit niedrigeren Preisen um 5%. Die Zahl der Breitband-Internetanschlüsse ist von 350.000 im Jahr 2004 auf 1,7 Mio. (2014) gestiegen, die Anzahl der Nutzer mobilen Internets von 16.000 im Jahr 2008 auf 2,9 Mio. (2013). Da dennoch nur vier von zehn Peruanern Zugang zum Internet haben, ist der Nachholbedarf weiterhin groß. Aus Deutschland importierte Peru 2014 vor allem Datenverarbeitungs- und Telekommunikationsgeräte, und zwar für 8 Mio. Euro. UMWELTTECHNIK Der Bedarf an umweltschonenden Materialen und Verfahren ist in Peru weiterhin hoch. Die Anforderungen, die Unternehmen bei Projekten im Hinblick auf Umweltgenehmigungen erfüllen müssen, sind überall gestiegen. Um die ökologischen Folgeschäden des Bergbaus wie Wasserknappheit und die Verschmutzung von Luft und Wasser zu mildern, setzen die Betreiber auf die Verwen- dung von Meer- anstelle von Süßwasser. Die Wasserknappheit schadet auch den Landwirten im südlichen Peru. Neben Bewässerungsvorhaben für den Agrarsektor sind bis 2021 etwa 15,6 Mrd. US$ vorgesehen, um die Trinkwasserversorgung aller Haushalte sicherzustellen. Foto: © gemphotography – Fotolia.com ELEKTROTECHNIK/ELEKTRONIK BMI Research kam nach einer Analyse der Haushaltseinkommen zu dem Schluss, dass die Nachfrage nach Unterhaltungselektronik wegen steigender Gehälter, relativ niedriger Marktdurchdringungsraten und sinkender Gerätepreise zwischen 2015 und 2019 ein durchschnittliches Umsatzplus von 3,9% pro Jahr zur Folge haben wird. Etwas verhaltener soll der Zuwachs 2015 mit 2,7% ausfallen, wobei eine Abwertung der Landeswährung Sol gegenüber dem US-Dollar die Preise beispielsweise für importierte Flachbildfernseher nach oben treiben könnte. Wegen der möglichen Währungsabwertung wird für Computer-Hardware ein Umsatzrückgang von 975 Mio. US$ (2014) auf 936 Mio. US$ im Jahr 2015 erwartet. MEDIZINTECHNIK Pläne zu einer Gesundheitsreform wurden von Experten positiv bewertet, da sie voraussichtlich die Effizienz steigern und die Attraktivität des Landes auch für ausländische Hersteller von Medizintechnik und Arzneimittel erhöhen. Wegen der dezentralen Zuständigkeiten in der Gesundheitsversorgung hatte das zuständige Ministerium bisher keine Handhabe. Dies führte dazu, dass zum Beispiel 2012 nur 40% des Gesundheitsbudgets verwendet wurden. Zudem legte die Regierung dem Parlament im April 2015 den Entwurf eines Gesetzes zur Finanzierung von Investitionsvorhaben im Gesundheitsbereich vor. Weitere Informationen zu Peru finden Sie unter www.gtai.de/peru Autorin: Anne Litzbarski, Santiago de Chile Germany Trade & Invest www.gtai.de 31 RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN ARGENTINIEN: NEUES ZIVIL- UND HANDELSGESETZBUCH IN KRAFT GETRETEN Am 1. August 2015 ist in Argentinien ein einheitliches Zivil- und Handelsgesetzbuch (Código Civil y Comercial – CCyC, Ley Nº 26.994) in Kraft getreten, welches das bisher geltende Zivilgesetzbuch und das Handelsgesetzbuch ablöst. Reformiert wurden unter anderem Regelungen zum Vertrags- und Gesellschaftsrecht sowie im Bereich des Verbraucherschutzes. Neu eingeführt wurden bestimmte Kategorien von Verträgen, wie der Adhäsionsvertrag (contrato de adhesión, Art. 984ff.) und der Verbrauchervertrag (contrato de consumo, Art. 1.092ff.), wobei letzterer zwar im Verbraucherschutzgesetz (Ley de Defensa del Consumidor, Nº 24.240) geregelt, dort aber nicht definiert wurde. Zusammengeführt wurden Regelungen zu bestimmten Vertragstypen wie zum Kauf- (Art. 1.123ff.), Liefer- (Art. 1.176ff.) oder Schenkungsvertrag (Art. 1.542ff.), die bisher sowohl im Zivil- als auch im Handelsgesetzbuch geregelt wurden. Neu eingeführt wurden Vorschriften zum Franchise- (Art. 1.512ff.), Leasing- (Art. 1.227ff.), Treuhand- (Art. 1.666ff.) und Agenturvertrag (Art. 1.479ff.), die bisher in eigenen Gesetzen geregelt wurden oder gar nicht kodifiziert waren. Zudem werden jetzt vorvertragliche Verhältnisse geregelt: Vertragsverhandlungen, Vorverträge und Absichtserklärungen sowie daraus entstehende Pflichten der Vertragsparteien (Art. 993ff.). Ausgeweitet bzw. detaillierter wurden die Regelungen zu generellen Haftungsfragen sowie zum Haftungs- und Schadensumfang (Art. 1.718ff.). Eine Unterscheidung zwischen vertraglicher und außervertraglicher Haftung 32 Lateinamerika im Fokus 2015 Foto: © ferkelraggae – Fotolia.com Der Rechtsbereich von Germany Trade & Invest informiert deutsche Unternehmen, die im Ausland geschäftlich aktiv sind oder werden wollen, über das dort anwendbare Recht. Das Themenspektrum ist weit gefasst und reicht von A, wie Allgemeine Geschäftsbedingungen, bis Z, wie Zivilprozessordnung. Nachstehend finden Sie ein Beispiel der Rechtsberichterstattung zu Argentinien. Weitere Informationen finden Sie unter www.gtai.de/ recht. wird vom Gesetz nicht mehr getroffen. Zudem finden sich nun auch Regelungen zur Schadensvermeidung. Eine wichtige Neuerung im Gesellschaftsrecht ist nunmehr die Möglichkeit der Gründung einer Einpersonengesellschaft (Sociedad unipersonal oder Sociedad de un solo socio). Dafür wurde das Gesetz der Handelsgesellschaften (Ley de Sociedades Comerciales, Nº 19.550) reformiert. Die Einpersonengesellschaft kann nur in Form einer Aktiengesellschaft gegründet werden und ist mit dem Zusatz „Sociedad Anónima Unipersonal – S.A.U.“ zu führen. Einhergehend mit den neuen Regelungen zum Verbraucherschutz im CCyC wurden zudem neue prozessuale Regelungen für Verbraucherklagen (Ley Nº 26.993) geschaffen. Verbraucher können nun vor einem neu gegründeten Gericht für Verbraucherangelegenheiten (Justicia Nacional en las Relaciones de Consumo) klagen. Zudem wurde eine Schlichtungsstelle für Verbraucherangelegenheiten (Conciliación Previa en las Relaciones de Consumo – COPREC) gegründet, die dem Ministerium für Wirtschaft und Öffentliche Finanzen angegliedert ist. Abonnieren Sie unseren kostenfreien Newsletter „Rechtsnews“ zu den neuesten Rechtsentwicklungen weltweit. Mit dem Newsletter können Sie sich einen schnellen Überblick über die aktuellen Rechtsentwicklungen in den einzelnen Ländern verschaffen. Mehr zu unserem kostenlosen Newsletterangebot erfahren Sie unter www.gtai.de/newsletter. Autorin: Corinna Päffgen, Bonn INFORMATIONEN ZU ZOLL UND EINFUHR INFORMATIONEN ZU ZOLL UND EINFUHR Der GTAI Bereich Zoll informiert unter www.gtai.de/zoll über aktuelle Entwicklungen zu Zöllen, Verbrauchsteuern, nichttarifären Handelshemmnissen sowie bi- und multilateralen Handelsabkommen weltweit. Unter www. gtai.de/zollnews kann unser kostenloser monatlicher Newsletter bezogen werden. Die GTAI Zollmerkblätter bieten unter anderem einen Überblick zu handelspolitischen Rahmenbedingungen, Zoll- und Einfuhrverfahren, nichttarifären Handelshemmnissen für mehr als 40 Länder. KOLUMBIEN – VERANTWORTLICHKEIT UND VERFAHREN FÜR FREIZONEN MODIFIZIERT In Kolumbien wurde mit Dekret Nr. 1292 vom 17.6.2015 die Zuständigkeit für Freizonen von der Zoll- und Steuerbehörde „Dirección de Impuestos y Aduanas Nacionales“ (DIAN) zum Ministerium für Handel, Industrie und Tourismus (MINCIT) verlagert. Weitere Informationen unter Zoll Aktuell vom 20.7.2015. BRASILIEN – ERHÖHUNG DER SOZIALABGABEN AUF IMPORTE JETZT ENDGÜLTIG Präsidentin Dilma Rousseff hat mit Gesetz Nr. 13.137 vom 19.6.2015 die bislang auf einer provisorischen Maßnahme 668/2015 beruhende Erhöhung der Sozialabgaben PIS/Pasep und Cofins bei Warenimporten endgültig in Kraft gesetzt. Die erhöhten Sätze betragen 2,1% (PIS/ Pasep-Importação) und 9,65% (Cofins- Importação). Weitere Informationen unter Zoll Aktuell vom 30.6.2015. MEXIKO – NEUE OFFIZIELLE NORM FÜR ALKOHOLISCHE GETRÄNKE Die mexikanische Gesundheitsbehörde „Secretaría de Salud“ hat am 23.3.2015 eine neue offizielle Norm (NOM-142-SSA1/SCFI-2014) für alkoholische Getränke veröffentlicht. Die Norm legt Vorschriften zum Schutz der Gesundheit der Konsumenten - beispielweise zum Energiegehalt und Inhaltsstoffen – fest. Weitere Informationen unter Zoll Aktuell vom 6.5.2015. BRASILIEN FÜHRT ZOLLSICHERHEITSPROGRAMM „OPERADOR ECONÔMICO AUTORIZADO“ EIN Die brasilianische Steuer- und Zollbehörde Secretaria da Receita Federal do Brasil hat Anfang Dezember 2014 das freiwillige Zollsicherheits- und Compliance Programm „Operador Econômico Autorizado“ eingeführt (Durchführungsverordnung Nr. 1521 vom 4.12.2014). Ähnlich wie beim „Authorized Economic Operator“ (AEO) in der EU können brasilianische Wirtschaftsbeteiligte (Importeure, Ausführer, Lagerhalter, Spediteure, Zollagenten) zwischen den drei Formen „OEA Segurança“ (OEA-S – Sicherheit), „OEA Conformidade“ (OEA-C – Compliance) und „OEA Pleno“ (OEA-C – kombinierte Form) wählen. Weitere Informationen unter Zoll Aktuell vom 11.3.2015. ARGENTINIEN SAGT DER EU DEN ABBAU VON EINFUHRHEMMNISSEN ZU Argentinien und die EU haben sich auf eine Frist zur Umsetzung eines Urteils der Welthandelsorganisation (WTO) gegen Argentiniens Importhemmnisse geeinigt. Seit 2012 beschränkt Argentinien die Einfuhr in einem nicht transparenten Verfahren. Bis zum 31.12.15 soll das System der Importkontrollen an die Vorgaben der WTO angepasst werden. Skeptische Beobachter rechnen allerdings mit neuen nicht-tarifären Handelshemmnissen. Weitere Informationen unter Zoll Aktuell vom 21.7.2015. MEXIKO – AKTUELLE AUSSENHANDELSREGELN VERÖFFENTLICHT Die der mexikanischen Zollbehörde SAT übergeordnete Finanzbehörde „Secretaría de Hacienda y Crédito Público“ hat im Gesetzblatt Diario Oficial vom 7.4.2015 das aktuelle Regelwerk für den Außenhandel für das Jahr 2015 veröffentlicht. Weitere Informationen unter Zoll Aktuell 14.4.2015. Autorin: Dr. Ursula Bachem-Niedermeier, Bonn Germany Trade & Invest www.gtai.de 33 ANSPRECHPARTNER IHRE ANSPRECHPARTNER ZU LATEINAMERIKA Für weitere Fragen stehen wir Ihnen bei Germany Trade & Invest gerne zur Verfügung: Wirtschaftsentwicklung, Branchen, Regionen, Geschäftspraxis: Barbara Zimniok Tel.: 0228/24 993-249 E-Mail: [email protected] www.gtai.de/lateinamerika Zoll und Zertifizierung: Susanne Scholl Tel.: 0228/24 993-348 E-Mail: [email protected] www.gtai.de/zoll Wirtschaftsrecht und Steuern: Corinna Päffgen Tel.: 0228/24 993-353 E-Mail: [email protected] www.gtai.de/recht 34 Lateinamerika im Fokus 2015 Kontakt Impressum Herausgeber Germany Trade and Invest Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH Villemombler Straße 76 53123 Bonn T. +49(0)228 24993-0 F. +49(0)228 24993-212 E-Mail: [email protected] Internet: www.gtai.de Hauptsitz der Gesellschaft Friedrichstraße 60, 10117 Berlin Geschäftsführung Dr. Benno Bunse, Erster Geschäftsführer Dr. Jürgen Friedrich, Geschäftsführer Redaktion Robert Matschoß und Barbara Zimniok Ansprechpartner Robert Matschoß T. +49(0)228 24993-244 E-Mail: [email protected] Redaktionsschluss: August 2015 Bestell-Nr. 20278 Alle Rechte vorbehalten. © Nachdruck - auch teilweise - nur mit vorheriger ausdrücklicher Genehmigung. 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