Commonsense Reasoning - LS1 - Logik in der Informatik

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Commonsense Reasoning
Gabriele Kern-Isberner
LS 1 – Information Engineering
TU Dortmund
Sommersemester 2015
G. Kern-Isberner (TU Dortmund)
Commonsense Reasoning
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Commonsense Reasoning – Übersicht
• Einführung und Übersicht
• Nichtklassisches Schlussfolgern
• Rangfunktionen – ein einfaches epistemisches Modell
• Probabilistische Folgerungsmodelle und -strategien
• Qualitative und Quantitative Wissensrepräsentation
• Argumentation
• Commonsense Reasoning in Multi-Agentensystemen
• Schlussteil und Prüfungsvorbereitung
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Commonsense Reasoning
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Kapitel 2
2. Nichtklassisches Schlussfolgern
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Übersicht Kapitel 2
2.1 Parakonsistenz
2.2 Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
2.3 Kalküle für nichtmonotone Logiken
2.4 Präferentielle Semantik
2.5 Defaultsysteme und Extensionsfamilien
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Kapitel 2
2. Nichtklassisches Schlussfolgern
2.1 Parakonsistenz
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Parakonsistenz
Konsistenz
Eine der grundlegenden Forderungen für Wissen W ist Konsistenz.
W ist konsistent bedeutet:
• W ist sinnvoll, stimmig.
• W ist widerspuchsfrei, d.h. W 6` ⊥, W 6|= Form(Σ)(= L).
• W hat Modelle, d.h. Mod (W ) 6= ∅.
Konsistentes Wissen ist in der Regel besonders nützlich und wertvoll.
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Parakonsistenz
Inkonsistenz 1/2
Eines der größten Probleme beim Commonsense Reasoning besteht darin,
dass allgemeine, unsichere Zusammenhänge zwar sehr wichtig sind, als
klassisch-logische Regeln aber leicht zu Inkonsistenzen führen können.
Beispiel (Tweety): P Penguin, B Bird, F fly
Die Formel
φ = (P ⇒ B) ∧ (B ⇒ F ) ∧ (P ⇒ ¬F ) ∧ P
ist klassisch-logisch inkonsistent.
♣
Mögliche Lösung: Regeln mit Ausnahmen → Default-Logiken
(nichtklassische Syntax, nichtklassische Semantik).
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Parakonsistenz
Inkonsistenz 2/2
Alternative:
F |=p A
F Menge klassischer Formeln, möglicherweise inkonsistent, |=p
Konsequenzrelation, die mit Inkonsistenzen umgehen kann.
Beispiel: Der Agent hat (vielleicht mühsam) die folgende Wissensbasis
modelliert:
KB = {A ⇒ B, A, C, ¬C};
es gilt KB ` ⊥, d.h. Cn(KB) = Form(Σ).
Durch die Inkonsistenz wird die ganze Wissensbasis nutzlos, denn aus ihr
kann man jede beliebige Formel ableiten.
♣
Sinnvoll wäre es, die Inkonsistenzen ausblenden zu können, und die
konsistenten Inhalte der Wissensbasis für Inferenzen zu nutzen.
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Parakonsistenz
Parakonsistenz
Sei F eine Menge klassisch-logischer Formeln in einer aussagenlogischen
Sprache L mit Signatur Σ,
|=p eine Konsequenzrelation zwischen aussagenlogischen Formeln.
Definition 1
|=p heißt parakonsistent, wenn es inkonsistente Formelmengen F gibt, so
dass gilt:
F 6|=p L.
Bei einer parakonsistenten Konsequenzrelation lässt sich also aus einem
Widerspruch nicht alles Beliebige ableiten!
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Parakonsistenz
Wissensdimensionen 1/2
Wissen lässt sich entlang zweier Dimensionen messen:
• nach dem Grad der Wahrheit mit den Ausprägungen {t, f } → ≤t ;
• nach der Menge an Wissen mit den Ausprägungen “zu wenig” oder
“zu viel” → ≤k .
=⇒ Wissen
• kann nicht nur wahr (t) oder falsch (f ) sein:
f ≤t t,
• sondern auch unvollständig (⊥) oder inkonsistent (>) sein:
⊥ ≤k >.
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Parakonsistenz
Wissensdimensionen 2/2
k
>
f
t
⊥
t
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Parakonsistenz
FOUR– vier Wahrheitswerte 1/2
Damit haben wir nun vier Wahrheitswerte
FOUR= {t, f, ⊥, >}
,
die auch in der folgenden Weise repräsentiert werden:
t = (1, 0)
f = (0, 1)
> = (1, 1)
⊥ = (0, 0)
(Koordinatenschreibweise)
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Parakonsistenz
FOUR– vier Wahrheitswerte 2/2
• Bezgl. ≤t besteht folgende Anordnung:
f ≤t t,
⊥, > unvergleichbar;
(x1 , y1 ) ≤t (x2 , y2 ) gdw. x1 ≤ x2 und y1 ≥ y2
• Bezgl. ≤k besteht folgende Anordnung:
⊥ ≤k >,
t, f unvergleichbar.
(x1 , y1 ) ≤k (x2 , y2 ) gdw. x1 ≤ x2 und y1 ≤ y2
(x1 , x2 , y1 , y2 ∈ {0, 1})
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Parakonsistenz
FOUR– Semantik 1/3
Eine Auswertungsfunktion I ist eine Funktion
I : Σ → FOUR.
Auswertungsfunktionen liefern Interpretationen von (atomaren) Formeln.
Auswertungen komplexer logischer Formeln werden durch
• Interpretation der atomaren Formeln und
• Interpretationen der Junktoren ¬, ∧, ∨ festgelegt.
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Parakonsistenz
FOUR– Semantik 2/3
I(¬A)
= ¬I(A),
I(A ∧ B) = I(A) ∧ I(B),
I(A ∨ B) = I(A) ∨ I(B),
wobei die logischen Operatoren für die FOUR-Werte in
Koordinatenschreibweise wie folgt gegeben sind:
¬(x, y)
= (y, x)
(x1 , y1 ) ∧ (x2 , y2 ) = (x1 ∧ x2 , y1 ∨ y2 )
(x1 , y1 ) ∨ (x2 , y2 ) = (x1 ∨ x2 , y1 ∧ y2 )
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Parakonsistenz
FOUR– Wahrheitstafeln
bezgl. ¬, ∧ und ∨:
¬
t f
f t
> >
⊥ ⊥
∧ t f
t t f
f f f
> > f
⊥ ⊥ f
> ⊥
> ⊥
f f
> f
f ⊥
∨
t
f
>
⊥
t f > ⊥
t t t t
t f > ⊥
t > > t
t ⊥ t ⊥
bzgl. ⇒ (A ⇒ B ≡ ¬A ∨ B):
⇒
t
f
>
⊥
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t f > ⊥
t f > ⊥
t t t t
t > > t
t ⊥ t ⊥
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Parakonsistenz
FOUR– Semantik 3/3
Um “wahre” Aussagen zu bestimmen, müssen wir nun noch festlegen,
welche Wahrheitswerte von FOUR als “wahr” angesehen werden, diese
Teilmenge D nennt man designierte Werte:
D = DFOUR = {t, >}
Eine Interpretation I erfüllt eine Formel F , oder I ist ein Modell von F (in
der Logik FOUR),
I |=4 F gdw. I(F ) ∈ D.
Ist F eine Menge (aussagen)logischer Formeln, so bezeichnet Mod 4 (F)
die Menge aller FOUR-Modelle von F.
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Parakonsistenz
Beispiel – Tweety
P Penguin, B Bird, F fly
Die Formel
φ = P ∧ (P ⇒ B) ∧ (B ⇒ F ) ∧ (P ⇒ ¬F )
ist (bekanntermaßen) klassisch-logisch inkonsistent,
aber in FOUR ist
I |=4 φ (d.h. I(φ) ∈ D)
z.B. für I(P ) = t, I(B) = t, I(F ) = >.
Damit ist φ in FOUR kein Widerspruch!
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Parakonsistenz
FOUR-Semantik – Eigenschaften
Es gelten die de Morgan-Regeln
¬(A ∧ B) ≡ ¬A ∨ ¬B
¬(A ∨ B) ≡ ¬A ∧ ¬B
d.h.
¬((x1 , y1 ) ∧ (x2 , y2 )) ≡ ¬(x1 , y1 ) ∨ ¬(x2 , y2 )
¬((x1 , y1 ) ∨ (x2 , y2 )) ≡ ¬(x1 , y1 ) ∧ ¬(x2 , y2 )
Wie in der klassischen Logik gilt auch
Mod 4 (A ∧ B) = Mod 4 (A) ∩ Mod 4 (B).
Allerdings – in FOUR gibt es keine Tautologien, insbesondere ist A ∨ ¬A
keine Tautologie!
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Parakonsistenz
Materiale Implikation
Damit ist das Gesetz vom ausgeschlossenen Dritten in FOUR also nicht
mehr gültig, und damit verliert die
materiale Implikation A ⇒ B ≡ ¬A ∨ B
ihre Stärke – A, A ⇒ B können designiert (wahr) sein, auch wenn B nicht
designiert (wahr) ist.
Wichtige und interessante Eigenschaften von ⇒ für die Aussagenlogik:
• F, A |= B ist äquivalent zu F |= A ⇒ B (Deduktionstheorem);
• I(A ⇒ B) = 1 gdw. I(A) ≤ I(B) (für klassische Interpretationen I).
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Parakonsistenz
Neue Implikationen 1/2
Wir führen eine stärkere Implikation ⊃ ein (a, b ∈ FOUR):
a⊃b=
b wenn a ∈ D
t wenn a 6∈ D
Es gilt
(x1 , y1 ) ⊃ (x2 , y2 ) = (¬x1 ∨ x2 , x1 ∧ y2 )
I(A ⊃ B) = I(A) ⊃ I(B)
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Parakonsistenz
Neue Implikationen 2/2
Eine weitere Implikation →, die ⊃ auch kontrapositiv anwendet:
a → b = (a ⊃ b) ∧ (¬b ⊃ ¬a)
Alle Formeln, die sich aus der Signatur Σ mit Hilfe der logischen Symbole
¬, ∧, ∨, ⇒, ⊃, → bilden lassen, bilden die Formeln der FOUR-Sprache L4 .
Proposition 1
Für FOUR-Interpretationen I und aussagenlogische Formeln A, B ∈ L gilt
I(A → B) ∈ D gdw. I(A) ≤t I(B).
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Parakonsistenz
Beispiel – 4-Tweety
Wir betrachten die folgende Wissensbasis
F = {B ⇒ F, P ⊃ B, P ⊃ ¬F, B, P }
F hat 6 FOUR-Modelle:
Modell
M1,2
M3,4
M5,6
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B
>
>
t
F
>
f
>
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P
>, t
>, t
>, t
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Parakonsistenz
FOUR-Implikationen
In FOUR verwendet man also
• ⊃ für Regeln ohne Ausnahmen,
• ⇒ für Regeln mit Ausnahmen.
Man kann zeigen:
⊃ lässt sich nicht durch die anderen Junktoren
¬, ∧, ∨, >, ⊥ definieren.
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Parakonsistenz
FOUR-Konsequenzrelation 1/2
Wir können nun die FOUR-Konsequenzrelation |=4 definieren:
F |=4 A,
wenn jedes FOUR-Modell von F
auch FOUR-Modell von A ist
(wobei F ⊆ L4 , A ∈ L4 eine Menge von FOUR-Formeln bzw. eine
FOUR-Formel ist).
Beispiel: Für F = {A, B, ¬B} gilt F |=4 A, aber F 6|=4 ¬A.
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♣
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Parakonsistenz
FOUR-Konsequenzrelation 2/2
Proposition 2
|=4 ist monoton(, kompakt,) und parakonsistent.
Monotonie bedeutet
Wenn F |=4 A und F ⊆ G gilt, dann gilt auch G |=4 A.
bzw. insbesondere
Wenn A |=4 B, dann auch A ∧ C |=4 B.
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Parakonsistenz
Konsequenz und Implikation
In FOUR gilt zwischen ⊃ und |=4 eine ähnliche Beziehung wie zwischen
⇒ und |= in der Aussagenlogik:
Proposition 3 (Deduktionstheorem)
Für eine Menge F von Formeln und zwei Formeln A, B in FOUR gilt:
F, A |=4 B gdw. F |=4 A ⊃ B.
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Parakonsistenz
Beispiel – 4-Tweety (Forts.)
F = {B ⇒ F, P ⊃ B, P ⊃ ¬F, B, P }
mit den FOUR-Modellen
Modell
M1,2
M3,4
M5,6
B
>
>
t
F
>
f
>
P
>, t
>, t
>, t
Damit gilt
F |=4 P, F |=4 B, F |=4 ¬F.
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Parakonsistenz
Weitere Eigenschaften
Es gibt einen vollständigen Inferenzkalkül zu |=4 .
Allerdings – |=4 ist strikt schwächer als klassische Logik –
Aus A und A ⇒ B lässt sich nicht B ableiten:
A, A ⇒ B 6|=4 B.
Damit ist |=4 insgesamt “weicher” als die klassische Logik.
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Übersicht Kapitel 2
2.1 Parakonsistenz
2.2 Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
2.3 Kalküle für nichtmonotone Logiken
2.4 Präferentielle Semantik
2.5 Defaultsysteme und Extensionsfamilien
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Kapitel 2
2. Nichtklassisches Schlussfolgern
2.2 Qualitätskriterien für nichtmonotone
Logiken
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Plausibles Schlussfolgern
Commonsense Reasoning → plausibles, revidierbares Schlussfolgern
• Schlussfolgern ≡ (logische) Inferenzen;
• revidierbar ≡ nichtmonoton;
• plausibel ≡ ???
Approximation plausibel ≈ wahrscheinlich ?
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Konsequenz- und Inferenzoperationen
Eine Inferenzoperation ist eine Abbildung
C : 2Form(Σ) → 2Form(Σ) ,
die einer Menge von Formeln die Menge aller Formeln zuordnet, die sich
aus ihr (logisch, plausibel, etc.) schlussfolgern lässt, d.h.
C(F) = {G ∈ Form(Σ) | F |∼ G}
Die Inferenzoperation C beschreibt also die Inferenzrelation |∼ und
umgekehrt.
Eine spezielle Inferenzoperation ist die Konsequenzoperation
Cn
: 2Form(Σ) → 2Form(Σ)
Cn(F) = {G ∈ Form(Σ) | F |= G},
die die logische Folgerungsrelation |= beschreibt.
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Charakteristika monotoner Logiken
Die klassische Folgerungsoperation Cn erfüllt drei zentrale Bedingungen
(wobei A, B Mengen von Formeln sind):
• Inklusion bzw. Reflexivität:
A ⊆ Cn(A)
bzw. A |= a ∀a ∈ A
• Schnitteigenschaft:
A ⊆ B ⊆ Cn(A) impliziert Cn(B) ⊆ Cn(A)
aus A |= b und A ∪ {b} |= c folgt A |= c
bzw.
• Monotonie:
A ⊆ B impliziert Cn(A) ⊆ Cn(B)
bzw.
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aus A |= c folgt A ∪ {b} |= c
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Eigenschaften nichtmonotoner Logiken ?
• Was sind passende Eigenschaften/Axiome nichtmonotoner Logiken ?
• Welche der Eigenschaften klassischer Logiken sind auch für
nichtmonotone Logiken relevant ?
Zur Illustration betrachten wir zunächst (z.B. aus der DVEW) bekannte
Beispiele für nichtklassische Inferenzrelationen |∼ .
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Inferenzrelationen für Default-Logiken
• Sei (W, ∆) eine Reiter’sche Default-Theorie.
W |∼Reiter
φ
∆
wenn φ in allen Extensionen der Default-Theorie (W, ∆) liegt.
Reiter (W ) = {φ | W |∼Reiter φ}
C∆
∆
• Sei (F, D) eine Poole’sche Default-Theorie.
F |∼PDoole φ
wenn φ in allen Extensionen der Default-Theorie (F, D) liegt.
P oole (F) = {φ | F |∼P oole φ}
CD
D
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Extensionen einer Reiter’schen Default-Theorie
Theorem 2 (Reiter, 1980)
Sei E eine Menge geschlossener Formeln, und sei T = (W, ∆) eine
Default-Theorie. Definiere eine Folge von Formelmengen Ei , i ≥ 0, in der
folgenden Weise:
E0 = W
Ei+1 = Cn(Ei ) ∪ χ |
ϕ : ψ1 , . . . , ψn
∈ ∆, ϕ ∈ Ei
χ
und ¬ψ1 , . . . , ¬ψn ∈
/ E}
Dann ist E eine Extension von T genau dann, wenn gilt
E=
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S∞
i=0 Ei
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Poole’s Default-Logik
Benutze klassische Logik – aber in einer anderen Art und Weise!
• basiert eigentlich auf Prädikatenlogik, wir betrachten hier eine
aussagenlogische Variante;
• Default-Theorien bestehen aus Mengen F (Fakten) und D
(Hypothesen/Defaults);
• ein Szenario ist eine konsistente Menge D ∪ F, wobei D ⊆ D eine
Menge von Hypothesen aus D ist;
• Extensionen sind die (klassischen) Konsequenzen Cn(D ∪ F)
maximaler Szenarios (enthalten soviele Hypothesen/Defaults wie
möglich).
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Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Beispiel – Reiter und Poole
Default-Wissen in verschiedenen Formalisierungen:
Reiter’sche Default-Theorie
Poole’sche Default-Theorie
Extensionen:
bei Reiter:
bei Poole:
> : a a : b b : ¬a
,
,
})
a
b
¬a
(∅, {a, a ⇒ b, b ⇒ ¬a})
(∅, {
Cn(a, b)
∅ |∼Reiter
a, b
∆
Cn(a, b), Cn(a, ¬b), Cn(¬a)
∅ |∼PDoole >.
Konditionale:
bei Reiter: (a|>) und (b|>) werden akzeptiert
bei Poole: das nichtssagende Konditional (>|>) wird akzeptiert
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Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Beispiel-KB Flocke
Legende:
B
Br
K
T
Bär
braun
klein
Tier
E
W
G
Eisbär
weiß
gefährlich
Konditionale Wissensbasis KB F locke
{(Br |B), E ⇒ B, B ⇒ T, (W |E), (G|W ∧ B), (G|T ∧ K), E ∧ K}
(G ≡ ¬G)
Intendierte plausible Ableitungen:
E |∼ W, E ∧ K |∼ W, E |∼ G, E |∼ B
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Was hinter Flocke und Tweety steckt . . .
Warum sind Flocke und Tweety so interessant und relevant?
Flocke und Tweety sind Repräsentanten des
Subklassen-Superklassen-Problems:
Subklassen-Superklassen-Problem:
Plausibles Wissen über Klassen trifft oft nicht auf ihre Subklassen zu!
(im Unterschied zu sicherem, logischen Wissen !)
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Subklassen-Superklassen-Problem
Beispiel (Empfehlungssysteme):
Was bieten Sie jedem Kunden an?
Normale Kunden kaufen lieber elektronische Medien als Bücher,
insbesondere Romane:
Kunden |∼ ¬Romane
Studentische Kunden lieben Bücher (auch Romane):
Studenten |∼ Romane
Informatik-Studierende lieben in der Regel keine Romane:
Inf ormatikStudenten |∼ ¬Romane
Aber: Informatik-Studierende lieben in der Regel Romane von Terry
Pratchett:
Inf ormatikStudenten |∼ T erryP ratchettRomane
♣
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Eigenschaften nichtmonotoner Logiken 1/2
Sinnvoll für nichtmonotone Inferenzoperationen C:
• Inklusion bzw. Reflexivität:
A ⊆ C(A) bzw.
A |∼ a ∀a ∈ A
• Schnitteigenschaft:
A ⊆ B ⊆ C(A) impliziert C(B) ⊆ C(A)
bzw.
aus A |∼ b und A ∪ {b} |∼ c folgt A |∼ c
• vorsichtige Monotonie:
A ⊆ B ⊆ C(A) impliziert C(A) ⊆ C(B)
bzw.
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aus A |∼ b und A |∼ c folgt A ∪ {b} |∼ c
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Beispiel-KB “Flocke” (Forts.)
• Reflexivität:
KB F locke |∼ E ∧ K;
• Schnitt:
E |∼ W, W ∧ E |∼ G impliziert E |∼ G;
• Vorsichtige Monotonie:
E |∼ W, E |∼ G impliziert E ∧ W |∼ G( und E ∧ G |∼ W ).
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Eigenschaften nichtmonotoner Logiken 2/2
Kumulativität = Inklusion + vorsichtige Monotonie + Schnitt
A ⊆ B ⊆ C(A)
impliziert
C(B) = C(A)
d.h. wenn A |∼ b gilt, dann ist
A |∼ c gdw. A ∪ {b} |∼ c
Kumulativität besagt also, dass die Hinzunahme ableitbaren Wissens die
Menge der Inferenzen nicht verändert.
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Inklusion, Monotonie und Idempotenz
Was sind mögliche weitere interessante Eigenschaften?
Idempotenz (gilt für Cn):
C(C(A)) = C(A)
• Inklusion und Schnitt implizieren Idempotenz.
• Inklusion, Idempotenz und vorsichtige Monotonie implizieren Schnitt.
• Inklusion, Idempotenz und Monotonie sind charakterisierende
Eigenschaften von Abschlussoperationen (Logik, Topologie etc.)
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Reziprozität und rationale Monotonie
Reziprozität
A ⊆ C(B) und B ⊆ C(A) impliziert C(A) = C(B)
Gilt Inklusion, so sind Kumulativität und Reziprozität äquivalent.
rationale Monotonie (nicht-Horn Bedingung)
A |∼ b und nicht A |∼ ¬c impliziert A ∪ {c} |∼ b
Rationale Monotonie impliziert (bei konsistenten Mengen) vorsichtige
Monotonie.
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Plausible und klassisch-logische Inferenz
Bisher haben wir uns nur mit Eigenschaften von |∼ beschäftigt.
Wie sieht es mit der Verträglichkeit von nichtmonotoner Inferenz
( |∼ bzw. C) mit klassisch-logischer Inferenz (|= bzw. Cn) aus?
Insbesondere:
• Ist Cn stärker als C (d.h. gilt Cn(A) ⊆ C(A)?)
• Lassen sich |∼ und |= kombinieren, d.h. was folgt aus A |∼ B,
B |= C?
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Supraklassizität
Die Sprache L sei unter den klassischen Junktoren abgeschlossen (also
z.B. eine aussagenlogische Sprache).
Supraklassizität:
Cn(A) ⊆ C(A) d.h. A |= b impliziert A |∼ b
Beispiel Flocke: Aus E |= B folgt auch E |∼ B.
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Absorption
Absorption:
Cn C(A) = C(A) = C Cn(A)
Beispiel Flocke:
KB F locke :
E |= B; E |∼ G ∧ B; E |∼ W ; E ∧ K |∼ W.
• C = Cn C: Aus KB F locke |∼ G ∧ B, B ⇒ T folgt KB F locke |∼ G ∧ T ;
• C Cn = C: C({E, E ⇒ B, B ⇒ T }) = C({E, B, T }).
Achtung: Bisher nutzen wir C bzw. |∼ im Eisbärenbeispiel nur auf einer
informellen Ebene !
♣
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Absorption und Supraklassizität 1/3
Formale Interpretation der Absorptionseigenschaften:
• C = Cn C: Die nichtmonotonen Schlussfolgerungen bilden eine
klassisch-logische Theorie, d.h. C(A) ist deduktiv abgeschlossen.
• C Cn = C: Die nichtmonotonen Schlussfolgerungen hängen nur vom
semantischen Inhalt von A ab, nicht von der syntaktischen Form, d.h.
es ist C(A) = C(B) für zwei logisch äquivalente Formeln A, B.
Proposition 4
Jede supraklassische, kumulative Inferenzoperation erfüllt auch Absorption.
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Commonsense Reasoning
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Supraklassizität und Absorption 2/3
Wenn die Inferenzoperation C Absorption erfüllt, dann gilt auch:
• Konjunktion in der Konklusion: b, c ∈ C(A) impliziert b ∧ c ∈ C(A)
A |∼ b, A |∼ c
A |∼ b ∧ c
• Rechte Abschwächung (Right Weakening): b ∈ C(A) und c ∈ Cn(b)
impliziert c ∈ C(A)
A |∼ b, b |= c
A |∼ c
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Supraklassizität und Absorption 3/3
• Linke logische Äquivalenz:
Cn(A) = Cn(B) impliziert C(A) = C(B)
|= A ≡ B, A |∼ c
B |∼ c
• Subklassische Kumulativität:
A ⊆ B ⊆ Cn(A) impliziert C(A) = C(B)
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Qualitätskriterien – Überblick
Kumulativität
A ⊆ B ⊆ C(A)
impliziert
C(B) = C(A)
rationale Monotonie
A |∼ b und nicht A |∼ ¬c impliziert A ∪ {c} |∼ b
Supraklassizität
Cn(A) ⊆ C(A) d.h. A |= b impliziert A |∼ b
Absorption:
Cn C(A) = C(A) = C Cn(A)
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Strategien plausiblen Schlussfolgerns
Auf einer informellen Ebene werden beim plausiblen Schlussfolgern oft
folgende Strategien (sinnvollerweise) angewendet:
• Folgere kohärent! (→ Kumulativität)
• Folgere plausibel, solange nichts dagegen spricht! (→ rationale
Monotonie)
• Benutze klassische Logik, wenn möglich! (→ Supraklassizität,
Absorption)
• Benutze Wissen über die spezifischste Referenzklasse!
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Beispiel-KB Flocke (Whlg.)
Legende:
B
Br
K
T
Bär
braun
klein
Tier
E
W
G
Eisbär
weiß
gefährlich
Konditionale Wissensbasis KB F locke
{(Br |B), E ⇒ B, B ⇒ T, (W |E), (G|W ∧ B), (G|T ∧ K), E ∧ K}
(G ≡ ¬G)
Intendierte plausible Ableitungen:
E |∼ W, E ∧ K |∼ W, E |∼ G, E |∼ B
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Distributivität 1/3
Die Inferenzoperation C heißt distributiv, wenn gilt
C(A) ∩ C(B) ⊆ C(Cn(A) ∩ Cn(B))
Beispiel (Flocke): Betrachte im Eisbärenbeispiel die Mengen
A = {E, E ⇒ B, B ⇒ T } und B = {E, K}.
Plausibel ist, dass W ∈ C(A) ∩ C(B), da (W |E) ∈ KB F locke .
Aus der Distributivität von C würde folgen
W
∈ C(Cn(A) ∩ Cn(B))
= C(Cn({E, B, T }) ∩ Cn({E, K}))
= C(Cn({E, B ∨ K, T ∨ K}))
♣
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Distributivität 2/3
Für eine supraklassische, distributive Inferenzoperation C mit Absorption
gelten die folgenden Eigenschaften:
• Disjunktion in der Antezedenz:
C(A ∪ {b}) ∩ C(A ∪ {c}) ⊆ C(A ∪ {b ∨ c})
A ∪ {b} |∼ d, A ∪ {c} |∼ d impliziert A ∪ {b ∨ c} |∼ d
• Beweis durch Fallunterscheidung:
C(A ∪ {b}) ∩ C(A ∪ {¬b}) ⊆ C(A)
A ∪ {b} |∼ d, A ∪ {¬b} |∼ d impliziert A |∼ d
• Konditionalisierung:
(“schwierige Hälfte” des Deduktionstheorems!)
c ∈ C(A ∪ {b})
A ∪ {b} |∼ c
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impliziert
impliziert
b ⇒ c ∈ C(A)
A |∼ b ⇒ c
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Distributivität 3/3
Die “leichte Hälfte” des Deduktionstheorems
A |∼ b ⇒ c impliziert A ∪ {b} |∼ c
gilt für keine interessante nichtmonotone Inferenzrelation, denn gemeinsam
mit Supraklassizität und Absorption impliziert sie Monotonie!
(Aus A |∼ c folgt mit Rechter Abschwächung A |∼ b ⇒ c, die “leichte
Hälfte” würde also A ∪ {b} |∼ c implizieren.)
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Spezifizität und Ausnahmen 1/2
Proposition 5
Sei C eine distributive, supraklassische Inferenzoperation, die Absorption
erfüllt.
Wenn A |∼ b und A ∪ {c} |∼ ¬b, dann A |∼ ¬c.
Nur Ausnahmen liefern auch Ausnahmewissen!
Beweis: Sei A |∼ b und A ∪ {c} |∼ ¬b. Dann gilt (s.o.) A |∼ c ⇒ ¬b und
A |∼ (c ⇒ ¬b) ∧ b |= ¬c, wegen der rechten Abschwächung auch A |∼ ¬c.
Q.E.D.
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Spezifizität und Ausnahmen 2/2
Vergleiche
Wenn A |∼ b und A ∪ {c} |∼ ¬b, dann A |∼ ¬c.
mit rationaler Monotonie:
Wenn A |∼ b und nicht: A ∪ {c} |∼ b, dann A |∼ ¬c.
Rationale Monotonie ist die stärkere Aussage von beiden.
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
Loop
Wenn A1 |∼ A2 |∼ . . . |∼ An |∼ A1 , dann C(Ai ) = C(Aj ) für alle i, j
• eingeschränkte Transitivität
• Verallgemeinerung der Reziprozität (Loop für n = 2)
Proposition 6
Sei C eine distributive, supraklassische und kumulative Inferenzoperation.
Dann erfüllt C auch Loop.
Zentrale Bedingungen: Kumulativität, Supraklassizität & Distribution
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Kalküle für nichtmonotone Logiken
Übersicht Kapitel 2
2.1 Parakonsistenz
2.2 Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
2.3 Kalküle für nichtmonotone Logiken
2.4 Präferentielle Semantik
2.5 Defaultsysteme und Extensionsfamilien
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Kalküle für nichtmonotone Logiken
Kapitel 2
2. Nichtklassisches Schlussfolgern
2.3 Kalküle für nichtmonotone Logiken
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Kalküle für nichtmonotone Logiken
Kalkül
Ein Kalkül ist ein System von Inferenzregeln, mit dem man aus gegebenem
Wissen weiteres Wissen ableiten kann.
Beispiel: In der klassischen Logik ist der Modus ponens die wichtigste
Inferenzregel:
A, A ⇒ B
.
♣
B
Beispiel: Für die Ableitung von Widersprüchen ist der Resolutionskalkül
gut geeignet.
♣
Kalküle sollten mindestens korrekt, am besten auch vollständig sein.
(Semantik?)
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Kalküle für nichtmonotone Logiken
System C
Sei L eine klassisch-logische Sprache, a, b, c seien Formeln aus L.
System C besteht aus folgenden 5 Inferenzregeln:
• Reflexivität: a |∼ a.
• Schnitt:
a ∧ b |∼ c, a |∼ b
.
a |∼ c
• vorsichtige Monotonie (CM):
a |∼ b, a |∼ c
a ∧ b |∼ c
• Rechte Abschwächung (RW):
a |∼ b, b |= c
a |∼ c
• Linke logische Äquivalenz (LLE):
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|= a ≡ b, a |∼ c
b |∼ c
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Kalküle für nichtmonotone Logiken
System C – abgeleitete Regeln 1/2
Die folgenden Inferenzregeln können aus System C abgeleitet werden:
• Äquivalenz:
a |∼ b, b |∼ a, a |∼ c
b |∼ c
• Und (And):
a |∼ b, a |∼ c
a |∼ b ∧ c
• Modus ponens (in der
Konsequenz)(MPC):
a |∼ b ⇒ c, a |∼ b
a |∼ c
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Kalküle für nichtmonotone Logiken
System C – abgeleitete Regeln 2/2
Außerdem gilt noch:
•
a ∨ b |∼ a, a |∼ c
a ∨ b |∼ c
• Jede Inferenzrelation, die System C erfüllt, ist supraklassisch.
(folgt aus Reflexivität und (RW))
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Kalküle für nichtmonotone Logiken
System P 1/2
Durch eine weitere Inferenzregel erhält man System P aus System C:
• Oder (Or):
a |∼ c, b |∼ c
a ∨ b |∼ c
System P = System C + (Or)
Jede supraklassische, distributive Inferenzoperation, die Absorption erfüllt,
erfüllt auch (Or). (siehe “Disjunktion in der Antezedenz”)
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Kalküle für nichtmonotone Logiken
System P 2/2
Die folgenden Regeln können aus System P abgeleitet werden:
a ∧ b |∼ c
a |∼ b ⇒ c
a |∼ c, b |∼ d
a ∨ b |∼ c ∨ d
a ∧ ¬b |∼ c, a ∧ b |∼ c
a |∼ c
a ∨ b |∼ a, b ∨ c |∼ b
a ∨ c |∼ a
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Kalküle für nichtmonotone Logiken
Ein nichtmonotones Kalkül
Problem:
KB
Wissen(sbasis) als Menge von Default-Regeln bzw. plausiblen Folgerungen A |∼ B gegeben;
Anfrage:
Gilt im Fall C normalerweise D?
Idee:
Versuche, aus KB mit Hilfe der Inferenzregeln von System P
den Default/die plausible Folgerung C |∼ D abzuleiten
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Kalküle für nichtmonotone Logiken
System P-Kalkül – Beispiel
p – penguin, f – flies, b – bird
KB = {p |∼ b, p |∼ ¬f, b |∼ f }
Gilt p ∧ b |∼ ¬f , d.h. können Pinguin-Vögel normalerweise nicht fliegen?
Mit vorsichtiger Monotonie (CM) gilt:
p |∼ b
p |∼ ¬f
p ∧ b |∼ ¬f
Es bleibt die Frage, wie die Korrektheit (und auch Vollständigkeit?) dieses
Kalküls überprüft werden kann.
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Präferentielle Semantik
Übersicht Kapitel 2
2.1 Parakonsistenz
2.2 Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
2.3 Kalküle für nichtmonotone Logiken
2.4 Präferentielle Semantik
2.5 Defaultsysteme und Extensionsfamilien
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73 / 118
Nichtklassisches Schlussfolgern
Präferentielle Semantik
Kapitel 2
2. Nichtklassisches Schlussfolgern
2.4 Präferentielle Semantik
G. Kern-Isberner (TU Dortmund)
Commonsense Reasoning
74 / 118
Nichtklassisches Schlussfolgern
Präferentielle Semantik
Ziel dieses Abschnitts: Semantik für System P
System P
• Reflexivität: a |∼ a.
• Schnitt:
• CM:
a ∧ b |∼ c, a |∼ b
.
a |∼ c
a |∼ b, a |∼ c
a ∧ b |∼ c
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• RW:
a |∼ b, b |= c
a |∼ c
• LLE:
|= a ≡ b, a |∼ c
b |∼ c
• Or:
Commonsense Reasoning
a |∼ c, b |∼ c
a ∨ b |∼ c
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Präferentielle Semantik
Nichtmonotone Logiken
Nichtmonotone Inferenzen modellieren Ableitungen, die
*
*
*
*
*
meistens
typischerweise
im Allgemeinen
normalerweise
...
gelten.
Präferenzmodelle sind semantische Strukturen, die den Folgerungsbegriff
mit nicht-logischen Informationen über Normalität, Plausibilität etc.
verbinden.
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Präferentielle Semantik
Präferenzmodelle
Ein Präferenzmodell ist ein Tripel
M = (M, |=, <)
mit den folgenden Eigenschaften:
• M ist eine (beliebige) Menge, deren Elemente Zustände genannt
werden;
• |= ist eine (beliebige) Relation zwischen den Elementen von M und
Formeln der zugrundeliegenden Sprache L, d.h. |= ⊂ M × L; |= wird
Erfüllungsrelation des Modells genannt;
• < ist eine (beliebige) Relation zwischen den Elementen von M , d.h.
< ⊆ M × M ; < wird Präferenzrelation des Modells genannt.
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77 / 118
Nichtklassisches Schlussfolgern
Präferentielle Semantik
Präferenzsemantik 1/3
Sei M = (M, |=, <) ein Präferenzmodell; sei A eine Menge von Formeln
von L.
[A] = {n ∈ M | n |= A} = {n ∈ M | n |= a ∀a ∈ A}
[∅] = M
Ein Zustand m ∈ M erfüllt A präferentiell
m |=< A
gdw. m |= A und es gibt kein n ∈ M, n < m mit n |= A
gdw. m ist minimales Element (bzgl. <) von [A].
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78 / 118
Nichtklassisches Schlussfolgern
Präferentielle Semantik
Präferenzsemantik 2/3
Die (mit M assoziierte) präferentielle Inferenzoperation
C< : 2L → 2L
wird definiert durch
C< (A) = {b ∈ L | ∀ m ∈ M gilt : m |=< A impliziert m |= b}
Die zugehörige präferentielle Inferenzrelation ist
A |∼< b gdw. ∀ m ∈ M gilt : m |=< A impliziert m |= b
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79 / 118
Nichtklassisches Schlussfolgern
Präferentielle Semantik
Präferenzsemantik 3/3
Semantik durch Präferenzmodelle M = (M, |=, <):
• M ≈ Menge der Interpretationen;
• Erfüllungsrelation |= modelliert logische Folgerung, kann aber auch
allgemeiner sein;
• [A] entspricht dann den Modellen von A;
• Präferenzrelation < drückt Normalität aus.
A |∼< b gdw. ∀ m ∈ M : m |=< A ⇒ m |= b
bedeutet:
Aus A folgt plausibel b, wenn b in allen minimalen (d.h.
plausibelsten) Modellen von A gilt.
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Präferentielle Semantik
Präferenzsemantik – Spezialfall
Spezialfall: A = ∅
m |=< ∅
gdw. m ist minimales Element (bzgl. <) von [∅] = M
C< (∅) = {a ∈ L | ∀ m ∈ M gilt : m |=< ∅ impliziert m |= a}
= {a ∈ L | ∀ m ∈ M gilt : m minimal in M impliziert m |= a}
In C< (∅) liegen also alle Aussagen, die in allen (bzgl. <) minimalen (also
normalsten, plausibelsten) Zuständen von M gelten.
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Präferentielle Semantik
Präferenzsemantik – Fundiertheit
! Wichtige Bedingung im allgemeinen Fall, dass M nicht endlich ist !:
Ein Präferenzmodell M = (M, |=, <) heisst fundiert (glatt, engl.
stoppered, smooth), wenn für jede Menge A von Formeln, und für jedes
m ∈ M gilt:
Ist m ∈ [A], so gibt es ein minimales n ∈ [A] mit n ≤ m (d.h.
n < m oder n = m).
Endliche Präferenzmodelle sind fundiert, wenn < nicht zyklisch ist. Wir
werden im Folgenden in der Regel solche endlichen Präferenzmodelle
betrachten.
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Commonsense Reasoning
82 / 118
Nichtklassisches Schlussfolgern
Präferentielle Semantik
Präferenzsemantik – Beispiel
V : Vogel sein F : Fliegen können P : Pinguin sein
m3 = vf p
m4 = vf p
m1 = vf p
m2 = vf p
m5 = vf p
m6 = vf p
m7 = vf p
m8 = vf p
m5 = vf p, m7 = vf p
6
m1 = vf p
v |∼< f
m3 = vf p, m4 = vf p
p |∼< v
m2 = vf p, m6 = vf p
p |∼< f
<
m8 = vf p
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Commonsense Reasoning
83 / 118
Nichtklassisches Schlussfolgern
Präferentielle Semantik
Präferenzrelationen
Für die Modellierung der Plausibilität sind Präferenzrelationen < von
zentraler Bedeutung.
Hierbei kann es sich um ganz allgemeine Relationen handeln, in denen es
z.B. Zykel geben kann, oder in denen Zustände unvergleichbar sind.
Insbesondere kann man nicht annehmen, dass es sich bei < um eine lineare
Ordnung handelt.
Häufig aber sind Präferenzrelationen totale, reflexive und transitive
Relationen, lassen sich also durch ein sortiertes Schichtenmodell darstellen.
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84 / 118
Nichtklassisches Schlussfolgern
Präferentielle Semantik
Präferenzsemantik – 1. Haupttheorem
Repräsentationstheorem für kumulative Inferenzoperationen:
Theorem 3
Eine Inferenzoperation C ist genau dann kumulativ, wenn es ein
(fundiertes) Präferenzmodell M = (M, |=, <) gibt mit C = C< .
< kann genau dann als transitive Relation gewählt werden, wenn C Loop
erfüllt.
• Jede präferentielle Inferenzoperation ist kumulativ.
• Kumulative Inferenzoperationen lassen sich durch Präferenzmodelle
definieren.
• Der Inferenz-Eigenschaft Loop entspricht die Präferenz-Eigenschaft
Transitivität.
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Präferentielle Semantik
Klassische Präferenzmodelle
Ein (fundiertes) Präferenzmodell M = (M, |=, <) heißt klassisch, wenn
• < transitiv ist und
• für alle m ∈ M gilt: m |= ¬a
gdw. m 6|= a
m |= a ∨ b gdw. m |= a oder m |= b
In klassischen Präferenzmodellen werden Formeln also so interpretiert, wie
man es in klassischen Logiken gewohnt ist.
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Commonsense Reasoning
86 / 118
Nichtklassisches Schlussfolgern
Präferentielle Semantik
Präferenzsemantik – 2. Haupttheorem
Repräsentationstheorem für System P:
Theorem 4
Eine Inferenzrelation erfüllt System P genau dann, wenn sie durch ein
klassisches Präferenzmodell definiert wird.
System P
• Reflexivität: a |∼ a.
• Schnitt:
• CM:
a ∧ b |∼ c, a |∼ b
.
a |∼ c
a |∼ b, a |∼ c
a ∧ b |∼ c
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• RW:
a |∼ b, b |= c
a |∼ c
• LLE:
|= a ≡ b, a |∼ c
b |∼ c
• Or:
Commonsense Reasoning
a |∼ c, b |∼ c
a ∨ b |∼ c
87 / 118
Nichtklassisches Schlussfolgern
Präferentielle Semantik
Präferenzsemantik – 2. Haupttheorem (Beweis)
Beweisskizze: Wir zeigen hier nur: Ist M ein klassisches Präferenzmodell,
dann erfüllt C< (Or).
Per definitionem ist C< (A) = {b ∈ L | m |=< A ⇒ m |= b}. Weiterhin gilt
für alle a, b ∈ L:
[a ∨ b] = [a] ∪ [b].
Sei nun a |∼< c und b |∼< c, d.h. alle minimalen Modelle in [a] und [b]
erfüllen c. Sei weiterhin m ein minimales Modell in [a ∨ b] = [a] ∪ [b]; dann
ist m entweder minimal in [a] oder minimal in [b], in jedem Fall gilt also
m |= c. Alle minimalen Modelle in [a ∨ b] erfüllen also c, also gilt
a ∨ b |∼< c.
Q.E.D.
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Commonsense Reasoning
88 / 118
Nichtklassisches Schlussfolgern
Präferentielle Semantik
Folgerung aus dem 2. Haupttheorem
Korollar 1
Jede Inferenzrelation, die System P erfüllt, erfüllt auch (Loop).
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Commonsense Reasoning
89 / 118
Nichtklassisches Schlussfolgern
Präferentielle Semantik
Parakonsistente Präferenzsemantik 1/4
In der parakonsistenten Logik FOUR gab es zwei Relationen, um
Wahrheitswerte zu ordnen:
• ≤t ordnete Wahrheitswerte nach ihrem Wahrheitsgehalt;
• ≤k ordnete Wahrheitswerte nach der verfügbaren Menge an
Informationen.
Idee: Nutze ≤k für eine Präferenzrelation auf den Interpretationen.
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Commonsense Reasoning
90 / 118
Nichtklassisches Schlussfolgern
Präferentielle Semantik
Parakonsistente Präferenzsemantik 2/4
Damit kann man nun ein FOUR-Präferenzmodell M4 = (M4 , |=4 , <k )
definieren:
• M4 ist die Menge aller FOUR-Interpretationen;
• I |=4 F gdw. I(F ) ∈ {t, >}(= D);
• I1 ≤k I2 , wenn für alle a ∈ Σ gilt: I1 (a) ≤k I2 (a);
daraus erhält man <k :
I1 <k I2
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gdw. I1 ≤k I2 und nicht I2 ≤k I1 .
Commonsense Reasoning
91 / 118
Nichtklassisches Schlussfolgern
Präferentielle Semantik
Parakonsistente Präferenzsemantik 3/4
Damit kann man nun auf den FOUR-Formeln eine nichtmonotone
Inferenzrelation |∼ k4 definieren:
F |∼ k4 A
gdw.
für jedes k-minimale Modell I von F gilt: I |=4 A.
Da M4 = (M4 , |=4 , <k ) ein klassisches Präferenzmodell ist, folgt sofort:
Proposition 7
|∼ k4 erfüllt System P.
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Commonsense Reasoning
92 / 118
Nichtklassisches Schlussfolgern
Präferentielle Semantik
Beispiel – 4-Tweety (Forts.)
F = {B ⇒ F, P ⊃ B, P ⊃ ¬F, B, P }
mit den FOUR-Modellen
Modell
M1,2
M3,4
M5,6
B
>
>
t
F
>
f
>
P
>, t
>, t
>, t
Für |=4 gilt F |=4 P, F |=4 B, F |=4 ¬F.
k-minimale Modelle:
Modell
M4
M6
B
>
t
F
f
>
P
t
t
Also gilt auch F |∼ k4 P, F |∼ k4 B, F |∼ k4 ¬F.
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Commonsense Reasoning
93 / 118
Nichtklassisches Schlussfolgern
Präferentielle Semantik
Parakonsistente Präferenzsemantik 4/4
Man kann zeigen:
Proposition 8
Enthält A ∈ L4 nicht ⊃, so ist F |∼ k4 A gdw. F |=4 A.
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Commonsense Reasoning
94 / 118
Nichtklassisches Schlussfolgern
Defaultsysteme und Extensionsfamilien
Übersicht Kapitel 2
2.1 Parakonsistenz
2.2 Qualitätskriterien für nichtmonotone Logiken
2.3 Kalküle für nichtmonotone Logiken
2.4 Präferentielle Semantik
2.5 Defaultsysteme und Extensionsfamilien
G. Kern-Isberner (TU Dortmund)
Commonsense Reasoning
95 / 118
Nichtklassisches Schlussfolgern
Defaultsysteme und Extensionsfamilien
Kapitel 2
2. Nichtklassisches Schlussfolgern
2.5 Defaultsysteme und
Extensionsfamilien
G. Kern-Isberner (TU Dortmund)
Commonsense Reasoning
96 / 118
Nichtklassisches Schlussfolgern
Defaultsysteme und Extensionsfamilien
Nichtmonotone Inferenz im Default Reasoning
Zwei Aspekte sind beim nichtmonotonen plausiblen Schlussfolgern
besonders interessant:
• Bildung von Folgerungsketten durch Verwendung von Inferenzregeln;
• Qualitätsbeurteilung von plausiblen Schlussfolgerungen anhand
gewisser Qualitätskriterien (System C, P).
Lassen sich diese Aspekte beim Schlussfolgern mit Defaults wiederfinden?
• Beweise → normale Reiter-Defaults
• Qualitätskriterien → Poole-Systeme
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Commonsense Reasoning
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Defaultsysteme und Extensionsfamilien
Default-Beweis
Sei T = (W, ∆) eine normale Reiter’sche Default-Theorie; sei ϕ eine
Formel. Ein Default-Beweis von ϕ in T ist eine endliche Folge
(∆0 , ∆1 , . . . , ∆k ) mit ∆i ⊆ ∆
so dass gilt:
• W ∪ cons(∆0 ) |= ϕ;
• für alle i < k lassen sich die Voraussetzungen von Defaults in ∆i aus
W ∪ cons(∆i+1 ) ableiten;
• ∆k = ∅;
S
• W ∪ cons( i ∆i ) ist konsistent.
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Commonsense Reasoning
98 / 118
Nichtklassisches Schlussfolgern
Defaultsysteme und Extensionsfamilien
Default-Beweise und Extensionen
Theorem 5
Eine Formel ϕ besitzt genau dann einen Default-Beweis in der normalen
Default-Theorie T , wenn ϕ in einer Extension von T liegt.
Bei normalen Reiter-Default-Theorien ist also auch alles beweisbar, was
man (leichtgläubig) folgern kann.
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Commonsense Reasoning
99 / 118
Nichtklassisches Schlussfolgern
Defaultsysteme und Extensionsfamilien
Default-Beweis – Beispiel
Sei T = (W, ∆) mit W = {q ∧ r ⇒ p} und
d : ¬c ∧ b
d : c
> : d
, δ2 =
, δ3 =
,
d
¬c ∧ b
c
> : a
a∧b : q
¬c : r
δ4 =
, δ5 =
,
δ6 =
a
q
r
∆ = { δ1 =
}
? p – gilt p?
1 W ∪ {q, r} |= p → ∆0 = {δ5 , δ6 };
2
suche Argumente für a, b, ¬c → ∆1 = {δ2 , δ4 };
3
suche Argumente für d → ∆2 = {δ1 };
4
> ist ableitbar aus W .
5
W ∪ cons(∆0 , ∆1 , ∆2 ) = {p, q, r, a, b, ¬c, d} konsistent.
→ (∆0 , ∆1 , ∆2 , ∅) ist ein Default-Beweis für p in T .
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Commonsense Reasoning
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Defaultsysteme und Extensionsfamilien
Default-Beweise
Default-Beweise sind im Allgemeinen nicht möglich!
Beispiel:
Sei T = (W, ∆) mit W = {p} und ∆ = {δ1 , δ2 , δ3 } mit
δ1 =
p : q
r : q
> : t
, δ2 =
, δ3 =
r
s
¬q
? s – gilt s?
1
s = cons(δ2 ) → ? r
2
r = cons(δ1 ) → ? p
3
p∈W
Aber s liegt in keiner Extension von T , denn die einzige Extension von T
ist Cn({p, ¬q}) !!!
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Defaultsysteme und Extensionsfamilien
Poole – Problem mit Kontraposition
Die Poole’sche Default-Logik beruht stärker auf klassischer Logik:
F
D
:
:
Fakten (klass. Formeln)
Defaults (klass. Formeln, i.d.R. materiale Implikationen)
Extensionen = Cn(F ∪ D), D maximale Teilmenge von D.
Ein Poole’scher Default
A(X) ⇒ B(X)
kann z.B. auch in der kontrapositiven Form
¬B(X) ⇒ ¬A(X)
aktiv werden !
(s. Studenten-Beispiel)
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Defaultsysteme und Extensionsfamilien
Studenten-Beispiel
D = {student ⇒ adult, student ⇒ ¬works, adult ⇒ works}
F = {student}
Maximale Szenarien:
D1 = {student ⇒ adult, student ⇒ ¬works}
D2 = {student ⇒ adult, adult ⇒ works}
D3 = {student ⇒ ¬works, adult ⇒ works}
Extensionen:
E1 = Cn(F ∪ D1 ) = Cn({student, adult, ¬works})
E2 = Cn(F ∪ D2 ) = Cn({student, adult, works})
E3 = Cn(F ∪ D3 ) = Cn({student, ¬works, ¬adult})
E3 ist nicht plausibel!
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Defaultsysteme und Extensionsfamilien
Constraints
. . . haben die Aufgabe, unplausible Schlussfolgerungen zu verhindern:
Erweiterung der Poole’schen Default-Logik:
• Gegeben seien Mengen
F : Fakten (klass. Formeln)
D : Defaults (klass. Formeln)
C : Constraints (klass. Formeln)
• Ein Szenario von (F, D, C) ist ein Szenario F ∪ D von (F, D), so dass
F ∪ D ∪ C konsistent ist.
• Eine Extension von (F, D, C) ist Cn(F ∪ D) für ein maximales
Szenario F ∪ D von (F, D, C).
• Constraints werden nicht zum Schlussfolgern verwendet, sie filtern
lediglich unplausible Schlussfolgerungen heraus.
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Defaultsysteme und Extensionsfamilien
Studentenbeispiel (Forts.)
Wir erweitern das Studentenbeispiel um Constraints:
F = {student}
D = {student ⇒ adult, student ⇒ ¬works, adult ⇒ works}
C = {¬(student ∧ ¬adult) ≡ student ⇒ adult}
Extensionen sind jetzt nur noch
E1 = Cn(F ∪ D1 ) = Cn({student, adult, ¬works})
E2 = Cn(F ∪ D2 ) = Cn({student, adult, works})
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Defaultsysteme und Extensionsfamilien
Inferenzrelationen für Default-Logiken (Whlg.)
• Sei (W, ∆) eine Reiter’sche Default-Theorie.
W |∼Reiter
φ
∆
wenn φ in allen Extensionen der Default-Theorie (W, ∆) liegt.
Reiter (W ) = {φ | W |∼Reiter φ}
C∆
∆
• Sei (F, D) eine Poole’sche Default-Theorie.
F |∼PDoole φ
wenn φ in allen Extensionen der Default-Theorie (F, D) liegt.
P oole (F) = {φ | F |∼P oole φ}
CD
D
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Defaultsysteme und Extensionsfamilien
Extensionsfamilien 1/2
Sei L eine logische Sprache und A ⊆ L eine Menge von Formeln.
Definition 6
Zu jeder Menge A von Formeln einer logischen Sprache L sei E(A) eine
Familie von Mengen von Formeln (Extensionen von A) mit Cn(A) ⊆ E
für alle E ∈ E(A). {E(A)} heißt Extensionsfamilie.
Definiere die (skeptische) Inferenzoperation C durch
C(A) =
T
E(A)
(→ Reiter’sche Default-Logik, Poole’sche Default-Logik)
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Defaultsysteme und Extensionsfamilien
Extensionsfamilien 2/2
Es gilt:
• C ist supraklassisch.
• C erfüllt die Schnitteigenschaft, wenn
A ⊆ B ⊆ C(A) impliziert E(A) ⊆ E(B).
D.h. wenn jede Extension von A auch Extension von B ist.
• C ist vorsichtig monoton, wenn
A ⊆ B ⊆ C(A) impliziert E(B) ⊆ E(A).
D.h. wenn jede Extension von B auch Extension von A ist.
• C ist genau dann distributiv, wenn für jedes A, B gilt: für jedes
E ∈ E(Cn(A) ∩ Cn(B)) und jede Formel c ∈
/ E gibt es
E 0 ∈ E(A) ∪ E(B) mit c 6∈ E 0 .
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Defaultsysteme und Extensionsfamilien
Reiter-Extensionen 1/3
Sei ∆ eine Menge Reiter’scher Defaults.
EReiter (A) = Menge aller Extensionen der Default-Theorie (A, ∆)
A ⊆ E = Cn(E), also Cn(A) ⊆ E für alle E ∈ EReiter (A).
CReiter (A) =
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T
EReiter (A)
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Defaultsysteme und Extensionsfamilien
Reiter-Extensionen 2/3
Proposition 9
CReiter erfüllt die Schnitteigenschaft.
Beweis: Sei A ⊆ B ⊆ CReiter (A); nach obiger Bemerkung genügt es,
EReiter (A) ⊆ EReiter (B) zu zeigen. Wir benutzen die folgende Definition
einer Extension:
E ist Extension von A unter ∆ gdw. es eine Folge E0 , E1 , . . .
gibt, so dass gilt:
• E0 = A;
S
• E = i≥0 Ei ;
• Ei+1 = Cn(Ei ) ∪ {χ : φ : ψ1χ,...,ψn ∈ ∆, φ ∈ Ei , ¬ψj 6∈
E ∀ 1 ≤ j ≤ n} (i ≥ 0).
Sei also E ∈ EReiter (A), und es sei eine solche Folge E0 , E1 , . . . gegeben.
Es ist zu zeigen, dass E auch eine Extension von B unter ∆ ist.
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Defaultsysteme und Extensionsfamilien
Reiter-Extensionen 3/3
Wir definieren F und eine neue Folge F0 , F1 , . . . wie folgt:
• F0 = B;
• F =
S
i≥0 Fi ;
• Fi+1 = Cn(Fi ) ∪ {χ : φ : ψ1χ,...,ψn ∈ ∆, φ ∈ Fi , ¬ψj 6∈ E ∀ 1 ≤ j ≤ n}
(i ≥ 0).
Es gilt Ei ⊆ Fi (klar wegen A ⊆ B und mit Induktion) und Fi ⊆ E (mit
Induktion: i = 0: F0 = B ⊆ C(A) ⊆ E;
i → i + 1: Fi ⊆ E, also auch Cn(Fi ) ⊆ E. Sei φ : ψ1χ,...,ψn ∈ ∆ mit
φ ∈ Fi ⊆ E; dann gibt es Ej mit φ ∈ Ej , also χ ∈ Ej+1 ⊆ E, folglich
Fi+1 ⊆ E.)
Insgesamt gilt daher E = F , und F ist eine Extension von B unter ∆, also
E ∈ E(B).
Q.E.D.
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Defaultsysteme und Extensionsfamilien
Reiter-Extensionen – Eigenschaften
Aber: Die Reiter’sche Default-Logik
• ist nicht kumulativ ! (siehe Gegenbeispiel aus DVEW zur vorsichtigen
Monotonie)
• ist nicht distributiv !
Proposition 10
Die Reiter’sche Default-Logik erfüllt Absorption, d.h. es gilt
Cn CReiter (A) = CReiter (A) = CReiter Cn(A)
Damit erfüllt CReiter auch LLE (linke logische Äquivalenz) und RW
(Rechte Abschwächung).
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Defaultsysteme und Extensionsfamilien
Poole-Systeme 1/3
Ein Poole-System ist ein Paar (D, K) mit Mengen
D : Defaults
K : Constraints
geschlossener Formeln einer prädikaten- oder aussagenlog. Sprache.
Ist K = ∅, so heißt (D, K) ein Poole-System ohne Constraints.
Für eine Menge von Formeln A sei
d(A) = {D0 ⊆ D | A ∪ D0 ∪ K konsistent}
d!(A) = {D0 ∈ d(A) | D0 maximal in d(A)}
EP oole (A) = {Cn(A ∪ D) | D ∈ d!(A)}
T
Inferenzoperation: CP oole (A) = EP oole (A)
Extensionsfamilie:
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Defaultsysteme und Extensionsfamilien
Poole-Systeme 2a/3
Proposition 11
Ist (D, K) ein Poole-System und CP oole seine assoziierte Inferenzrelation,
so ist CP oole kumulativ und supraklassisch.
Beweis: Die Supraklassizität ist offensichtlich.
Um die Kumulativität zu zeigen, nehmen wir
T an:
A ⊆ B ⊆ CP oole (A) = EP oole (A).
Nach obiger Bemerkung genügt es, EP oole (A) = EP oole (B) zu zeigen.
Zunächst gilt:
Cn(A ∪ D) = Cn(B ∪ D) ∀ D ∈ d!(A)
T
(wegen A ⊆ B ⊆ CP oole (A) = EP oole (A) ⊆ Cn(A ∪ D), also
Cn(A ∪ D) ⊆ Cn(B ∪ D) ⊆ Cn(A ∪ D) ∀ D ∈ d!(A)).
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Defaultsysteme und Extensionsfamilien
Poole-Systeme 2b/3
E(A) ⊆ E(B):
• Sei Cn(A ∪ D) ∈ E(A) mit D ∈ d!(A); dann ist
Cn(A ∪ D) = Cn(B ∪ D).
Wir zeigen: D ∈ d!(B) (daraus folgt dann Cn(B ∪ D) ∈ E(B)).
• B ∪ D ∪ K ist konsistent, denn A ∪ D ∪ K ist konsistent und
Cn(A ∪ D) = Cn(B ∪ D); also D ∈ d(B).
• D ist auch maximal in d(B), denn jede Menge D 0 ⊇ D, die mit
B ∪ K konsistent ist, ist wegen A ⊆ B auch mit A ∪ K konsistent,
also in d(A); hier aber ist D maximal, also folgt D = D0 .
• Insgesamt: D ∈ d!(B).
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Defaultsysteme und Extensionsfamilien
Poole-Systeme 2c/3
E(B) ⊆ E(A):
• Sei Cn(B ∪ D) ∈ E(B) mit D ∈ d!(B).
Wir zeigen: D ∈ d!(A) (denn dann ist wieder
Cn(A ∪ D) = Cn(B ∪ D)).
• Wegen B ∪ D ∪ K konsistent und A ⊆ B ist auch
A ∪ D ∪ K konsistent, also D ∈ d(A).
• Dann gibt es ein maximales D 0 ∈ d!(A) mit D ⊆ D 0 und
Cn(A ∪ D0 ) = Cn(B ∪ D0 ). Dann ist auch D0 ∈ d(B), und da D in
d(B) maximal ist, folgt D = D0 , also D ∈ d!(A).
Q.E.D.
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116 / 118
Nichtklassisches Schlussfolgern
Defaultsysteme und Extensionsfamilien
Poole-Systeme 3/3
Proposition 12
Ist (D, ∅) ein Poole-System ohne Constraints, so ist seine assoziierte
Inferenzoperation distributiv.
Aber: Poole-Systeme mit Constraints sind im Allgemeinen nicht distributiv.
Proposition 13
Sei (D, K) ein Poole-System mit assoziierter Inferenzoperation CP oole .
Dann erfüllt CP oole die Loop-Eigenschaft.
(Die Reiter’sche Default-Logik ist nicht kumulativ, kann also insbesondere
auch nicht Loop erfüllen.)
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Nichtklassisches Schlussfolgern
Defaultsysteme und Extensionsfamilien
Grundlegende Prinzipien – Übersicht
Methode
ASP
Reiter
Poole (m.Constr.)
Poole (o.Constr.)
Präf.sem.
Präf.sem (fund.)
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Inkl.
1
1
1
1
1
1
Schn.
1
1
1
1
1
1
v.M.
0
0
1
1
0
1
Loop
0
0
1
1
0
0
Commonsense Reasoning
S.kl.
–
1
1
1
0
0
Abs.
–
1
1
1
0
0
Dist.
–
0
0
1
0
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