Interkulturelle Kommunikation Dozentin: Dr. des. Halyna Leontiy Yves Steinebach, Maximilian Weiß, Thomas Rückert 24.03.2009 Interkulturelle Kommunikation Karlfried Knapp, Universität Düsseldorf Annelie Knapp-Potthoff, Achen 1. Ausgangspunkt des Gegenstandsbereichs Die heutige Welt ist aufgrund zahlreicher Gründe kleiner geworden. Die Ursachen hier für sind unter anderem Medien, durchlässige Grenzen und moderne Verkehrsmitteln. Die Internationalisierung der Welt hat nicht nur den Austausch gefördert, sondern auch aufgrund der Begegnungen verschiedener Denk- und Verhaltensmuster Kommunikationsprobleme hervorgebracht. Diese Paradoxie der Begegnung findet nicht nur im Kontakt zwischen verschiedenen Nationen statt, sondern auch zwischen Mitglieder unterschiedlicher Kulturen einer Nation. Es ist heute aufgrund zunehmender Vielfalt internationaler Kontakte nicht möglich alle Sprachen zu lernen, deshalb weitet sich der Gebrauch von linguae francae1 aus. Unter linguae francae versteht man im erweiterten Sinne jede andere Sprache, die zwischen den Sprechern verschiedener sprachlicher Gruppierungen als Verkehrssprache dient, so wie heute z.B. Englisch in der Wirtschaft und Latein in der Medizin. ! Ein interdisziplinärer Zugang ist vonnöten, da es den einzelnen Disziplinen nicht möglich ist die Komplexität der interkulturellen Kommunikation (IKK) zur artikulieren. Um diesen zu ermöglichen muss der Begriff der IKK klar definiert sein. 2. Definition von „interkulturelle Kommunikation“ Um IKK definierten zu können muss zunächst eine Abgrenzung der Begriffe Kultur und Kommuni-kation stattfinden. 1.1. Kultur In Anlehnung an die Kulturantropologen Keesing und Goodenough verstehen die Autoren, Kultur als „ … ein ideationales System, als ein zwischen Gesellschaftsmitgliedern geteiltes Wissen an Standards des Wahrnehmens , Glaubens, Bewertens und Handelns, dass sich im öffentlichen Verzug vom symbolischem Handeln manifestiert“ 2. Dieses ist in einer Gesellschaft „nicht homogen“ verteilt, sondern in vielseitigen Abhandlungen vorhanden. Dabei sind Kultur und Gesellschaft nicht identisch, sondern interpendent. ! 1.2. Kommunikation Unter Kommunikation verstehen die Autoren „ … interpersonale Interaktion, vollzogen mit Hilfe eines sprachlichen Kodes“ 3. Dieser Kode setzt sich hierbei aus verbalen, paraverbalen und non-verbalen Dimensionen der Kommunikation zusammen. 1 Vgl. hierzu auch Foltys (2006), S. 1-37. Knapp K., Knapp-Potthoff A. (1990), S. 65. 3 Knapp K., Knapp-Potthoff A. (1990), S. 66. 2 Interkulturelle Kommunikation Dozentin: Dr. des. Halyna Leontiy Yves Steinebach, Maximilian Weiß, Thomas Rückert 24.03.2009 Somit wird die IKK „ … als interpersonale Interaktion zwischen Angehörigen verschiedener Gruppen, die sich mit Blick auf die ihren Mitglieder jeweils gemeinsamen Wissensbeständen und sprachlichen Formen, symbolischen Handelns unterscheiden“ 4. Infolgedessen ist der wesentliche Unterschied zur intrakulturellen Kommunikation, dass sich mindestens „ ... einer der an ihr beteiligten Kommunikationspartnern sich einer zweiten oder fremden Sprache bedienen muss“ 5. 3. Zur Beschreibung interkultureller Kommunikation Die IKK ist mehr als die konventionelle Kommunikation, aufgrund von Kulturunterschieden, dem „ … Risiko des Nichtverstehens, Missverstehens und völligen Scheiterns ausgesetzt“ 6. Diese Probleme sind Gegenstand vielseitiger Erklärungsansätze. 3.1. Kontrastive Ansätze Verbale Dimension der Kommunikation a) Semantik: Problematik scheinbar gleichbedeutender Begrifflichkeiten, die sich allerdings in ihrer inhaltlichen Essenz unterscheiden und deshalb zur Missverständnissen führen. b) Sprechakte: „ ... können sich interkulturell hinsichtlich der Vorkommensbedingungen und der bevorzugten Realisierungsformen unterscheiden“ 7. Damit ist die unterschiedliche Ritualisierung der Sprechakte gemeint, so folgt z.B. der Erfüllung einer Gefälligkeit im Deutschen an „Sich-Bedanken“ im japanischen „Sich-Entschuldigen“. c) Handlungssequenzen: Die oben genannte differenzierte Ritualisierung der Sprechakte findet nicht nur im gesprochen Wort, sondern auch in Handlungen Ausdruck. d) Diskurskonventionen: Verschiedene kulturspezifische Einstellungen und Werte spiegeln sich in Art und Weise der Interaktionszüge der Gesprächspartner und in deren gewählten Themen wider. Paraverbale Dimension der Kommunikation – Prosodie a) Durch kulturspezifische Eigenschaften der paraverbalen Dimension wie Intonation, Rhythmus, Lautstärke und temporale Gliederung können unterschiedliche Auffassungen über die Intention des Gesprochenen entstehen.! ! 4 Knapp, K., Knapp-Potthoff, A. (1990), S. 66. Knapp, K., Knapp-Potthoff, A. (1990), S. 66. 6 Knapp, K., Knapp-Potthoff, A. (1990), S. 68. 7 Knapp, K., Knapp-Potthoff, A. (1990), S. 70. 5 Interkulturelle Kommunikation Dozentin: Dr. des. Halyna Leontiy Yves Steinebach, Maximilian Weiß, Thomas Rückert 24.03.2009 Nonverbale Dimension der Kommunikation a) Ebenfalls kann es in der nonverbalen Dimension zu Missverständnissen durch falsches Interpretieren von Mimik, Gestik, Körperhaltung und Proxemik kommen. Unter Proxemik versteht man die „ … räumliche Distanz von Interaktionspartnern zueinander, […] des zu suchenden oder zu vermeidenden Blickkontaktes in der Interaktion oder Situierung und Abwicklung einer Handlung in der Dimension der Zeit“ 8. Diese Dimensionen treten aber nie isoliert, sondern in Kombinationen auf. Des Weiteren bedingen diese sich gegenseitig, da das Fehlen oder Anderssein eines der Elemente bereits als eine Abweichung vom konventionellen Verhalten wahrgenommen wird. Die Präferenzen der einzelnen Kulturen „ … nach denen jeweils bestimmte der verschiedenen Handlungsmöglichkeiten auf den einzelnen Dimensionen bevorzugt realisiert werden“ 9, nennt man kommunikative Stile. 3.2. Interaktionistische Ansätze Im Unterschied zu dem zuletzt beschriebenen Ansatz haben interaktionistische Ansätze die Interaktion zwischen Mitgliedern verschiedener Kulturen selbst zum Gegenstand. Diese bauen bestenfalls auf die kontrastiven Untersuchungen auf. Auch versuchen die interaktionistische Ansätze in vielfacher Weise über die Beschränkungen der kontrastiven Ansätze hinauszugehen: a) Kulturelle Unterschiede müssen nicht zwangsläufig zu „… Problemen und Kommunikationskonflikten führen“ 10, da sich diese im Zusammenhang und durch gemeinsame Ziele neutralisieren können. Hinzukommend können kulturelle Unterschiede im bestimmten Situationen und Kontexten konfliktfrei koexistieren. Dies wird durch eine höhere Sensibilität und Toleranz in Erwartung einer nicht herkömmlichen Kommunikation verstärkt. b) In der Interaktion mit Mitgliedern einer andern Kultur, finden so genannte Akkommodationsprozesse statt. Bekannte Phänomene sind Komplexitätsreduktion, Verlangsamung der Sprechgeschwindigkeit oder „foreigner talk“. Hinzu kommt, dass auch auf die spezifische Andersartigkeit des Gegenübers eingegangen wird. So kann es auch zur Assimilation stereotypischer Eigenschaften des Interaktionspartners kommen und durch wechselseitige Anpassung zur paradoxen Situationen führen. c) In Abgrenzung zur kontrastiven Ansätzen gibt es auch Phänomene interkulturellen Kontaktes, die nur interaktionistisch angegangen werden können. So z.B. die Frage was die Sprachwahl (Muttersprache, Lernsprache, linguae francae) in der Kommunikation determiniert und was für Auswirkungen ein nichtprofessioneller Dolmetscher auf die Kommunikation hat. Mangels empirischer Basis wird hier oft mit simulierten oder quasi-authentischen Daten gearbeitet. 8 Knapp, K., Knapp-Potthoff, A. (1990), S. 72. Knapp, K., Knapp-Potthoff, A. (1990), S. 73. 10 Knapp, K., Knapp-Potthoff, A. (1990), S. 75. 9 Interkulturelle Kommunikation Dozentin: Dr. des. Halyna Leontiy Yves Steinebach, Maximilian Weiß, Thomas Rückert 24.03.2009 4. Verbesserung interkultureller Kommunikationsfähigkeit Zur Verbesserung von interkultureller Kommunikationsfähigkeit identifizieren die Autoren zwei Ansätze: 4.1. Kulturspezifischer Ansatz Dieser Ansatz ist weniger abstrakt und zielt auf die Vermittlung wesentlicher Kultureigenschaften und Verhaltensregeln ab. Durch die Möglichkeit einer faktischen Vermittlung ist dieser Ansatz daher leichter in das bestehende Fächerkanon einzuordnen. Dabei besteht die Gefahr von unzulässigen Generalisierungen, Vorurteilen und Stereotypisierungen sowie die Nichtberücksichtigung des historischen Wandels. 4.2. Allgemein-kultureller Ansatz ! Der allgemein-kultureller Ansatz behandelt die abstrakt analytisch-strategischen Fähigkeiten. Diese beinhalten beispielsweise die Erklärungen kommunikativen Verhaltens aufgrund tieferliegender Kulturdeterminanten sowie die Beherrschung von Strategien zur Identifikation von Missverständnissen in der Interaktion mit Mitgliedern einer anderen Kultur. Zum erreichen dieser Ziele bedarf es fächerübergreifenden Kooperationen. 5. Fazit Den Autoren geht es nicht um eine Assimilation anderer Denk- und Verhaltensformen, sondern um die Reduktion der Distanz zwischen verschiedenen Kulturen. Dazu müssen in ihren Augen didaktische Verfahren entwickelt werden, um die dargelegten interkulturellen Kommunikationsprobleme und -paradoxien ausräumen. 6. Eigene Meinung Unserer Meinung nach kann man nicht vollständig zu dem einen oder anderen Lösungsansatz polarisieren. Der allgemein-kulturelle Ansatz sollte in jedem Fall die Basis stellen auf dem dann ein kulturspezifischer Ansatz aufbaut. Eine Kultur ist ein hochkomplexes System, daher kann ein universeller Ansatz nicht ausreichen um dieses vollständig zu verstehen. Deshalb ist zusätzlich immer noch ein tieferes Wissen über die Kultur mit der man „interagiert“ vonnöten. Die Zusammensetzung aus allgemein-kulturellem und kulturspezifischem Ansatz ist jedoch abhängig vom individuellen kulturellen Standpunkt. So ist es einfacher einen Zugang (Tendenz in Richtung allgemein-kultureller Ansatz) zu einer Kultur zu finden, die der eigenen Kultur ähnlicher ist als zu einer weiter entfernteren Kultur. Bei komplexeren kulturellen Unterschieden bedarf es daher der Hinzunahme von kulturspezifischem Wissen. Literaturverzeichnis: Foltys, C. (2006): Die Belege der Lingua Franca. in: Neue Romania, S. 1-37. Knapp, K., Knapp-Potthoff, A. (1990), Interkulturelle Kommunikation, in: Zeitschrift für Fremdsprachenforschung, S. 62-93.