HDL HOCHSCHULVERBUND DISTANCE LEARNING MARKETINGCONTROLLING Preiß 1. Auflage 2006 Studienbrief 2 – 080 – 0811 Grundlagen des Marketingcontrollings Leseprobe Der Berufsbezogene Weiterbildungsstudiengang Kulturmarketing in der Studienform Fernstudium wurde als Projekt des Hochschulverbundes Distance Learning entwickelt und durch die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung gefördert. Verfasser: Dipl.-Kfm. Jürgen Preiß Berater für Marketing & Kommunikation, Köln Herausgeber von TheaterManagement aktuell Der Studienbrief wurde auf der Grundlage des Curriculums für das Modul „Marketingcontrolling“ verfasst. Die Bestätigung des Curriculums und des Studienbriefes erfolgte durch den Fachausschuss Kulturmarketing, dem folgende Mitglieder angehören: Prof. Dr. Wolfgang Berg (HS Merseburg), Prof. Dr. Eckehard Binas (HS Zittau/Görlitz), Prof. Dr. Rolf Budde (HS Hanns Eisler Berlin, Rolf-Budde-Musikverlage), Prof. Dr. Jens Cordes (HS Harz), RA Pascal Decker (dtb rechtsanwälte Berlin), Prof. Dr. Hardy Geyer (HS Merseburg), Prof. Dr. Uwe Höft (FH Brandenburg), Dipl.-Kfm. (FH) Marco Lipke (HS Harz), Prof. Dr. Jürgen Lürssen (Universität Lüneburg), Prof. Dr. Uwe Manschwetus (HS Harz), Prof. Dr. Matthias Munkwitz (HS Zittau/Görlitz), RA Florian Timm (dtb rechtsanwälte Berlin), Prof. Peter Vermeulen (HS Merseburg; ICG Consulting Group Deutschland AG – Culturplan Unternehmensberatung, Krefeld), Dr. Reinhard Wulfert (Service-Agentur des HDL). 1. Auflage 2006 Redaktionsschluss: Januar 2006 2006 by Service-Agentur des Hochschulverbundes Distance Learning mit Sitz an der FH Brandenburg. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung und des Nachdrucks, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung der Service-Agentur des HDL reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Service-Agentur des HDL (Hochschulverbund Distance Learning) Leiter: Dr. Reinhard Wulfert c/o Agentur für wissenschaftliche Weiterbildung und Wissenstransfer e. V. Magdeburger Straße 50, 14770 Brandenburg Tel.: 0 33 81 - 35 57 40 E-Mail: [email protected] Fax: 0 33 81 - 35 57 49 http://www.aww-brandenburg.de Grundlagen des Marketingcontrollings Inhaltsverzeichnis Einleitung ................................................................................................................................... 5 Literaturempfehlung.................................................................................................................. 6 1 Grundlagen des Controlling-Konzepts........................................................................ 7 1.1 1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.2.4 1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4 1.4 1.5 Definition und Entstehung von Controlling .................................................................... 8 Aufgaben des Controllings........................................................................................... 11 Planung ....................................................................................................................... 13 Informationsbeschaffung und Berichtswesen................................................................ 14 Analyse und Kontrolle ................................................................................................. 16 Koordination und Steuerung ........................................................................................ 17 Kennzahlen und Informationssysteme als Basis des Controllings ................................. 17 Kennzahlenbegriff und Funktion von Kennzahlen ........................................................ 18 Kennzahlen.................................................................................................................. 20 Grenzen der Kennzahlenanwendung............................................................................. 25 Kennzahlensysteme...................................................................................................... 26 Controlling in der Unternehmensorganisation .............................................................. 30 Controlling im Kulturbetrieb........................................................................................ 33 2 Controlling und Marketing........................................................................................ 39 2.1 2.2 2.3 2.4 Definition von Marketingcontrolling............................................................................ 39 Aufgaben von Marketingcontrolling in der Wirtschaft.................................................. 41 Organisation von Marketingcontrolling........................................................................ 43 Marketingcontrolling im Kulturbetrieb......................................................................... 44 3 Formen des Marketingcontrollings ........................................................................... 47 3.1 3.2 Strategisches Marketingcontrolling .............................................................................. 47 Operatives Marketingcontrolling.................................................................................. 53 4 Instrumente des Marketingcontrollings .................................................................... 54 4.1 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3 4.3.4 Instrumente des strategischen Marketingcontrollings ................................................... 56 Instrumente des operativen Marketingcontrollings ....................................................... 60 Beurteilung des laufenden Geschäftes .......................................................................... 60 Analyse der Marketing-Mix-Instrumente und Durchführung ........................................ 62 Koordination und Überprüfung der Durchführung der Marketingaktivitäten ................. 63 Controlling der Marketing-Mix Instrumente................................................................. 64 Preispolitik .................................................................................................................. 64 Programm- bzw. Produktpolitik ................................................................................... 65 Distributions- bzw. Vertriebspolitik ............................................................................. 65 Kommunikationspolitik................................................................................................ 65 5 Beispiele für operatives Marketingcontrolling.......................................................... 66 5.1 5.2 5.3 Absatzkanal ................................................................................................................. 66 Werbung...................................................................................................................... 68 Public Relations........................................................................................................... 72 Grundlagen des Marketingcontrollings Antworten zu den Kontrollfragen ............................................................................................75 Literaturverzeichnis .................................................................................................................78 Sachwortverzeichnis .................................................................................................................80 Verzeichnis der Randsymbole B D K M S Ü Z 4 Beispiel Definition Kontrollfragen Merksatz Studienziele Übungsaufgaben Zusammenfassung Grundlagen des Marketingcontrollings K 1.8 Berechnen Sie – die Break-Even-Menge und – den Break-Even-Umsatz für eine Gastspielproduktion! (Fixkosten der Produktion = 400.000 €, Preis pro Aufführung = 12.000 € / Aufführung, variable Kosten der Produktion pro Aufführung = 2.500 € / Aufführung, max. Anzahl an Aufführungen = 25). K 1.9 Erläutern Sie die Grenzen der Kennzahlenanwendung! K 1.10 Welchen Sinn haben Kennzahlensysteme? K 1.11 Nennen Sie mindestens zwei Kennzahlensysteme und beschreiben Sie diese kurz! K 1.12 Benennen Sie die vier Perspektiven der Balanced Scorecard! K 1.13 Nennen Sie mindestens drei typische Controllingfragen! K 1.14 Diskutieren Sie die Anforderungen an das Controlling im Kulturbetrieb und die Kriterien zur Leistungsbeurteilung. 2 Controlling und Marketing • Dieses Kapitel liefert eine Definition von Marketingcontrolling und erläutert, welche Aufgaben Controlling im Marketing übernimmt und wie Marketingcontrolling in die Marketingorganisation einzuordnen ist. S • In einer kritischen Betrachtung wird die Bedeutung von Marketingcontrolling für Kulturbetriebe diskutiert. 2.1 Definition von Marketingcontrolling „Marketingvorhaben müssen nicht nur geplant, sondern auch bei Ihrer Durchführung mit geeigneten Prüf-, Kontroll- und Feedbackinstrumenten gesteuert und regelmäßig auf ihre Angemessenheit im wirtschaftlichen, technologischen und sozialen Umfeld überprüft werden. Der Einsatz solcher Steuerungsinstrumente ist notwendig, weil bei der Umsetzung von Marketingplänen viele Möglichkeiten zu Fehlentwicklungen bestehen, die erkannt werden müssen und denen entgegengesteuert werden muss. Die Prüfung auf Angemessenheit sowohl der zugrunde liegenden Strategie als auch der Pläne und Maßnahmen ist notwendig, weil sich das Marketingumfeld ändert und das Unternehmen möglicherweise trotz effizientem Arbeiten die verkehrte strategische Richtung verfolgt. Ein systematisches Vorgehen ist hierbei wichtig, um sicherzustellen, dass die Marketingmaßnahmen und Marketingprozesse wirkungsvoll durchgeführt werden“ (KOTLER / BLIEMEL [14], S. 1273). Grundsätzlich ist das Controlling als abteilungs- bzw. bereichsübergreifendes Konzept zu verstehen. Somit erstrecken sich die Aufgaben des Controllings generell auch auf die koordinierte Informationsversorgung 39 Grundlagen des Marketingcontrollings für die strategische und operative Marketingplanung, die Marketingorganisation, die Mitarbeiterführung im Marketingbereich sowie auf die Überwachung der Maßnahmen (Marketingkontrollen und -audits). Je nach Unternehmensorganisation übernimmt die Unternehmensführung diese Aufgabe selbst oder delegiert sie an die Controllingabteilung bzw. den Controller. Eine zunehmende Dezentralisierung der Entscheidungsprozesse in komplexen Unternehmensgebilden kann eine Dezentralisierung des Controllings für die jeweiligen Führungs-Subsysteme sinnvoll machen (siehe auch Bild 2.1). M Das Marketingcontrolling ist folglich als Bereichscontrolling ein Teilgebiet des gesamten betrieblichen Controllingsystems. Je größer ein Unternehmen, desto eher erfolgt eine Delegation der zur Führung, sprich zur Abstimmung der unternehmerischen Aufgabeninhalte, notwendigen Informationsbereitstellung (vgl. EHRMANN [5], S. 37). „Ebenfalls mit der Unternehmensgröße und Aufgabenspezialisierung wächst die Neigung, aus dem zentralen Controlling Teilgebiete auszugliedern und bereichsbezogen zu definieren. Ein solches Bereichscontrolling stellt das Marketingcontrolling dar (wie z. B. auch das FuEControlling, das Logistikcontrolling oder das Produktionscontrolling). Es soll eine gezielte Informationsunterstützung für alle Funktionen und organisatorischen Verantwortungsebenen des Marketingmanagements bewirken. Da der Grundgedanke des (Absatz-)Marketing darin besteht, für die Unternehmung eine konsequente Orientierung an bestehenden und potenziellen Kunden sowie an Konkurrenzbedingungen herbeizuführen und auf diese Weise langfristige Erfolgsmöglichkeiten zu sichern, stehen für das Marketingcontrolling derzeitige und künftige Produkt-MarktBeziehungen im Vordergrund. Die benötigten Informationen für die Planung, Organisation, Mitarbeiterführung und Überwachung beziehen sich im Kern auf Produkte, Marketing-Mix-Maßnahmen, Marktareale, Nachfrager und Wettbewerber; und zwar in längerfristig-strategischer wie auch in operativer Hinsicht“ (KÖHLER [17], S. 1244). D 40 „Das Marketingcontrolling dient der Unterstützung der Führungsverantwortlichen im Marketing bei Entscheidungen, die die aktuellen und zukünftigen Beziehungen zwischen Unternehmen und Umwelt betreffen. Um eine fundierte und zielgerichtete Entscheidungsvorbereitung sicherzustellen, muss durch das Marketingcontrolling eine umfassende Informationserfassung, -aufbereitung und -darstellung sichergestellt werden“ (REICHMANN [24], S. 356). Grundlagen des Marketingcontrollings Informationen aus dem Rechnungswesen Managementfunktionen ProduktMarktBeziehungen Marketingplanung Marketingorganisation Mitarbeiterführung im Marketingbereich Marketingkontrollen und -audits (Überwachung) Produkte Marketing-MixMaßnahmen Marktareale Koordination der Informationsversorgung durch Marketingcontrolling Nachfrager Informationen aus der Marktforschung Abstimmung mit dem betrieblichen Zentralcontrolling Wettbewerber Abstimmung mit dem Controlling anderer betrieblicher Teilbereiche Bild 2.1 Marketingcontrolling im betrieblichen Controllingsystem (Quelle: KÖHLER [17], S. 1245 f.) 2.2 Aufgaben von Marketingcontrolling in der Wirtschaft Marketingcontrolling nimmt innerhalb des umfangreichen Aufgabenspektrums von Controlling eine gewisse Sonderrolle ein. Diese ist zum einen in der Notwendigkeit begründet, dass Daten des internen Rechnungswesens mit Daten der externen Marktforschung kombiniert werden müssen und dass vor allem nicht-monetäre Zielgrößen zu berücksichtigen sind. Darüberhinaus macht gerade das dynamische Marktgeschehen häufig Korrekturen bestehender Pläne und Zielgrößen erforderlich. Die jeweilige Zuordnung von Aufgaben und Funktionen zum Marketingcontrolling orientiert sich in der Wirtschaft an den jeweiligen situativen Bedingungen des Marketing. Dabei sind nach MEFFERT unter anderem folgende Aspekte zu berücksichtigen: – – – – branchenspezifische Marktdynamik, Unternehmenskomplexität, Differenzierungsgrad der Marktbearbeitung, Art des Absatzprogramms (vgl. ebenda, S. 1131). Dabei hat auch das Marketingcontrolling die controllingimmanenten Aufgaben der Planung, Information, Analyse und Kontrolle sowie Koordination und Steuerung zu erfüllen. Dies erfolgt hier eben auf der Be- 41 Grundlagen des Marketingcontrollings reichsebene und ist mit den über- und nebengeordneten Unternehmensebenen zu koordinieren bzw. abzustimmen. Planung Die Planungsfunktion des Marketingcontrollings besteht in der Aufgabe, Daten für das Management im Rahmen des gesamten Planungsprozesses bereitzustellen. Ein Beispiel sind regelmäßige Berichte über die Entwicklungen einzelner Produktgruppen, Marktareale oder Geschäftsfelder. Information Marketingcontrolling hat die Aufgabe, alle – planungs-, – entscheidungs- und – kontrollrelevanten Daten und Informationen zu erfassen und zu liefern. Eine der wichtigsten Informationsquellen für das Marketingcontrolling ist die Marktforschung. Analyse und Kontrolle Die Kontrollfunktion des Marketingcontrollings bezieht sich im Wesentlichen auf die Überwachung von – Produkt-Markt-Beziehungen, – Aktivitäten der Marketingorganisationseinheiten und – Marketingmaßnahmen. Bezugsgrößen sind in diesem Zusammenhang Kosten, Erlöse, Deckungsbeiträge, Kapitaleinsätze, Umsatz- und Kapitalrenditen, Absatzmengen und Lagerbestände etc. Wie bereits angedeutet, bezieht sich die Kontrollaufgabe sowohl auf das Ergebnis, also die Kontrolle von Erfolg und Effizienz, als auch auf die Kontrolle der Durch- und Ausführung geplanter Aktivitäten (siehe Tabelle 2.1). Dabei betont MEFFERT, dass es sich um einen kontinuierlichen Kontrollprozess handeln muss, da nur so die Möglichkeit besteht, „Abweichungen rechtzeitig zu erkennen und in Plan- beziehungsweise Maßnahmenkorrekturen umzusetzen“ ([20], S. 1133). 42 Grundlagen des Marketingcontrollings Tabelle 2.1 Kontrolldimensionen im Marketing (KÖHLER [15], S. 1133) Marketing-Kontrollen (Soll-Ist-Vergleiche und Abweichungsanalysen) Kontrolle der ProduktMarkt-Beziehungen (Absatzsegmente) Kontrolle der Marketingorganisationseinheiten Kontrolle der Marketingmaßnahmen Zum Beispiel in Bezug auf: Zum Beispiel in Bezug auf: Zum Beispiel in Bezug auf: – Produkte oder Produktgruppen – Produktmanagement – – – Kunden oder Kundengruppen Key Account Management Werbe- oder andere Kommunikationsmaßnahmen – Verkaufsbüros – Preisforderungen – Außendienststellen – – Kundendienstabteilungen physische Distribution (etwa Streckenoder Lagergeschäft) – akquisitorische Distribution (etwa Besuchstouren) – Änderungen der Produktgestaltung – Verkaufsgebiete – Absatzwege – Auftragsarten oder Auftragsgrößen Koordination und Steuerung Grundsätzlich besteht die Koordinationsaufgabe des Marketingcontrollings darin, die verschiedenen Planungs- und Kontrollsysteme beispielsweise mit der EDV und dem externen Rechnungswesen abzustimmen, was überwiegend in dezentral organisierten Unternehmen zum Tragen kommt. Hieraus entsteht ein gesteigerter Abstimmungsbedarf einzelner Aktivitäten zwischen den organisatorischen Subsystemen im Hinblick auf die unternehmerische Gesamtzielsetzung (ebenda). 2.3 Organisation von Marketingcontrolling Wie bereits in Abschnitt 1.4 dargestellt, gilt „die Installation des Controllings als zentrale Stabsstelle der Unternehmensleitung als günstige organisatorische Lösung“ (EHRMANN [5], S. 43). Entscheidender als die Stellung im Organigramm ist allerdings viel mehr die Ausstattung des Controllers bzw. der Controllingabteilung mit erweiterten Kompetenzen, etwa in Bezug auf ein Mitspracherecht bei bestimmten Entscheidungen sowie hinsichtlich eines Anweisungsrechtes bezüglich bestimmter Arbeitsabläufe. In kleineren Unternehmensstrukturen ebenso wie im Kulturbetrieb erscheint es häufig geboten, die Controllingaufgaben anderen Funktionsträgern zuzuordnen. In kleinen Unternehmen werden die damit verbunden Aufgaben meist in Personalunion von der Führungskraft selbst übernommen. Dies gilt insbesondere auch für das funktionale Marketingcontrolling, das beispielsweise in einem Kulturbetrieb kaum als eigenständige Abteilung integriert werden wird. Generell ist es auch zu vermeiden, die 43 Grundlagen des Marketingcontrollings wohlklingende Position eines Marketing-Controllers einzurichten, um womöglich nur Prestigemotiven zu folgen. Grundsätzlich gilt, dass der Marketing-Controller dem Hauptcontroller unterstellt werden sollte. Existiert keine Hauptcontrollingabteilung, sind die das Marketing betreffenden Controlling-Aufgaben vom MarketingManagement zu übernehmen. Hier ist dann eine Stabsstelle mit den oben beschriebenen Sonderrechten für Mitsprache bei Entscheidungen und Anweisungen bezüglich bestimmter Verrichtungen einzuplanen. Der Funktionsträger, also der Marketing-Controller, sollte generell über eine hohe Qualifikation verfügen und sowohl im Bereich Controlling, als auch im Marketing zu Hause sein. Dabei ist er kein „Super-Marketingmanager“, der dem Marketingmanager Ziele und Strategien vorschreibt. Neben umfassenden Marketingkenntnissen sollte der Funktionsträger nach EHRMANN im Idealfall über folgende Kenntnisse verfügen: – Rechnungswesen, insbesondere Kosten- und Leistungsrechnung (sowie Rechtsform spezifischer Berichtswesen), – Unternehmensplanung, – Operation Research, – Investitionsrechnung, – Organisation, einschließlich der EDV, – Revision, – Kommunikationstechniken (ebenda, S. 43 ff.). M Die Aufgabe des Marketing-Controllers ist die Datenbeschaffung und Informationsbereitstellung zur zielgerichteten Steuerung von Planungen, Prozessen und Handlungen im Marketing. 2.4 Marketingcontrolling im Kulturbetrieb Wie lässt sich nun Marketingcontrolling in die Strukturen eines Kulturbetriebes integrieren? Und was kann Marketingcontrolling im Kulturbetrieb leisten? Eine eigene Stabsstelle Marketingcontrolling wird man im Kulturbetrieb wohl kaum finden. Dies macht in der Regel auch keinen Sinn, da die Aufgaben hier meist besser dem Marketing direkt zugeordnet werden. Selbst dieses Ansinnen erscheint jedoch vermessen, sind doch bis heute weder Marketingabteilungen noch Controllingabteilungen selbstverständliche Bestandteile der Organisationsstrukturen in Kulturbetrieben. Die Vorteile von Controlling im Kulturbetrieb und damit auch eines spezifischen Marketingcontrollings – nämlich eine höhere Transparenz bei Prozessen der Leistungserstellung und deren Ergebnissen – liegen auf der Hand. 44 Grundlagen des Marketingcontrollings Kritiker führen dagegen häufig die geringe Abbildbarkeit der künstlerischen Leistungen im Rahmen derartiger „Kontrollinstrumente“ an. Verkannt wird hier, dass es sich im Falle des Controllings ebenso wie beim Marketing vielmehr um Gestaltungsinstrumente handelt, die zusätzliche Freiräume für die Kulturschaffenden überhaupt erst sichtbar und damit auch nutzbar machen. Darüber hinaus liefert ein Berichtswesen im Sinne des Controllings Daten zur Legitimation der künstlerischen Arbeit jenseits von subjektiven Geschmacksurteilen und Vorlieben, denen sich auch Politiker nicht entziehen können. Bei einem Kulturbetrieb, der als Non-Profit-Organisation arbeitet, wird das Gewinnstreben durch eine andere Zielvorgabe ersetzt. Hier steht nicht das quantitative Gewinnziel im Mittelpunkt, sondern etwa ein mit der Produktion verbundenes qualitatives, inhaltliches und oder künstlerisches Ziel (siehe KLEIN [9], S. 20 f.). „Im Vordergrund der Arbeit öffentlich getragener oder subventionierter Kulturbetriebe steht also immer die möglichst optimale Realisierung ihrer jeweiligen künstlerischen, kulturellen, ästhetischen, bildungspolitischen usw. Zielsetzungen. Denn nur aus ihr heraus sind sie kulturpolitisch legitimiert und somit von dem Zwang befreit, gewinnorientiert arbeiten zu müssen. Damit ist der Grad der inhaltlichen bzw. ästhetischen Zielerreichung das entscheidende (wenn auch häufig nicht leicht zu fassende) Unterscheidungskriterium zwischen kommerziellem und nicht kommerziellem Kulturbetrieb“ (ebenda, S. 22). M Nach COLBERT entspringt das kulturelle oder künstlerische Werk einer selbstverwirklichenden Kreativität, die nicht mit Effizienzkriterien zu messen ist ([3], S. 13 ff.). All dies entbindet aber nicht von der Verpflichtung zum effizienten Umgang mit öffentlichen Mitteln. Allerdings wird deutlich, dass Marketingcontrolling im öffentlich geförderten Kulturbetrieb nicht mit allen Parametern operieren kann. Der Entstehungsprozess des Werkes (Produkt) muss frei sein von Effizienzstreben. M In der Praxis scheint dies eine hehre, nur selten vollständig erfüllbare Forderung zu sein, denn schließlich stehen gerade auch die öffentlich geförderten Anbieter von Kulturprodukten zunehmend mit anderen Angeboten sowie untereinander im Wettbewerb um die knappen Finanzmittel der öffentlichen Hand, aber auch um die knapper werdenden Zeit- und Finanzbudgets der potenziellen Kunden. An dieser Stelle soll auch nicht unterschlagen werden, dass gerade die kulturpolitische Praxis selbst die tatsächlichen Vorteile dieser Steuerungsinstrumente nicht optimal würdigt. Dies mag zum einen daran liegen, dass sich in den Kulturbetrieben in der Vergangenheit mehrheitlich 45 Grundlagen des Marketingcontrollings tatsächlich ineffektive und ineffiziente Strukturen und Abläufe etabliert haben, die jetzt nur schwer zu legitimieren sind. Zum anderen führt der Kostendruck gerade in den öffentlichen Haushalten häufig zu rigorosen Maßnahmen, die auf das Management im Kulturbetrieb nur wenig motivierend wirken. Unflexibles Besitzstandswahren führt mittelfristig jedoch zwangsläufig ins Aus. Gerade im Marketing, einem Bereich, in dem Ziele, Programme, Strategien und Produkte einem raschen Wandel der Rahmenbedingungen unterworfen sind, ist die kontinuierliche Analyse eben dieser Aspekte ein wichtiger Erfolgsfaktor. M K 46 Jede Organisation und somit auch jede Kultureinrichtung sollte regelmäßig ihren Marktauftritt prüfen (vgl. KOTLER / SCHEFF [13], S. 460 ff.). Dies sollte insbesondere hinsichtlich des Auftrages durch die Öffentliche Hand selbstverständlich sein. Denn schließlich gilt es hier, die eigene Arbeit zu legitimieren und damit die eigene Existenz langfristig zu sichern. Marketingcontrolling bietet dazu ein weiteres, leistungsfähiges Instrumentarium aus der betriebwirtschaftlichen Praxis an. K 2.1 Was versteht man unter Marketingcontrolling? K 2.2 Benennen Sie die wesentlichen Kontroll-Dimensionen des Marketingcontrollings! K 2.3 Wie lässt sich Marketingcontrolling in den Kulturbetrieb integrieren?