Einführung in die Sprachwissenschaft Jan Eden Syntax 0: Wortarten und Satzglieder Unabhängig von ihrer Verwendung in Sätzen lassen sich Wörter auf Grund ihrer formalen Eigenschaften kategorisieren. Auf diese Weise erhält man eine Reihe von Wortarten / Kategorien. (1) a. b. c. d. e. f. g. h. i. Erinnert er sich in Spanien oft seiner Freunde? erinnert: Verb er: Personalpronomen sich: Reflexixpronomen in: Präposition Spanien: Nomen oft: Gradadverb seiner: Artikel Freunde: Nomen Flexionsmorphologische Kriterien sind eine Möglichkeit, die Wortarten des Deutschen zu unterscheiden. Unflektierbare Wörter wie Partikeln, Präpositionen, Konjunktionen und Interjektionen weisen nur eine einzige Wortform auf. Für Wörter mit mehreren Wortformen lässt sich folgende Taxonomie aufstellen: flektierbare Wörter Modus-/Tempusmarkierung Kasusmarkierung Verben inhärentes Genus veränderliches Genus Nomina nicht steigerbar nur starke Flexion Artikelwörter Pronomina steigerbar starke und schwache Flexion Adjektive Semantische und syntaktische Eigenschaften der genannten Wortarten erlauben eine weitere Differenzierung: 1 Nomina (N) Pronomina Artikel (D) Adjektive (A) Verben (V) Konkreta Abstrakta Personalp. Reflexivp. Reziprokp. Demonstrativp. Indefinitp. P.adverben Interrogativp. Relativp. Vollverben Auxiliare Modalverben Kopulaverben Adverben (Adv) Temporaladv. Lokaladv. Modaladv. Kausaladv. Gradangaben Präpositionen (P) Präposition Postposition Zirkumposition Konjunktionen (C) koordinierend subordinierend Partikeln Modalp. Gradp. / Fokusp. Negationsp. Antwortp. Interjektionen Max, Stuttgart, Katze, Polizei, Gold Treue, Traum, Freundschaft, Stunde ich, du, er, meiner, mir, mich mich, dich, sich einander, sich dies, der, die, das ein, kein, irgendein, alle, etwas darum, dann, darauf, dort wer, was, warum der, die, dem der, die, etwas, viel gut, groß, lustig, hell laufen, lachen, atmen, schlafen sein, haben sollen, dürfen, müssen, können (sauer) werden, (gesund) bleiben, (klug) sein heute, morgen, bald hier, dort, innen (sich) besser (fühlen) folglich, trotzdem ziemlich, sehr auf (der Wiese), zu (den Tieren) (der Kinder) wegen um (des liebens Friedens) willen und, aber, oder dass, ob, weil, nachdem doch, ja wohl nur, bloß nicht ja, nein, doch mmh, na, also Wörter bzw. Wortfolgen einer bestimmten Kategorie können in unterschiedlichen Funktionen innerhalb von Sätzen gebraucht werden: (2) a. Der Eiffelturm steht in Paris. (Subjekt) b. Er will den Eiffelturm sehen. (direktes Objekt) c. Die Spitze des Eiffelturms ist im Nebel kaum zu erkennen. (Genitivattribut) Die inhärenten (flexionsmorphologischen, semantischen etc.) Eigenschaften der unterstrichenen nominalen Wortfolgen geben keine Auskunft über ihre Rolle im Satz. Satzglieder können nur in Relation zu anderen Bestandteilen des Satzes bestimmt werden. 2 Subjekte können durch nominale/pronominale Elemente (im Nominativ) oder durch Sätze realisiert werden. Sie weisen Kongruenz mit dem finiten Verb auf: (3) a. Der Dieb übergibt dem Hehler die Beute. b. Die Diebe übergeben dem Hehler die Beute. Akkusativobjekte / direkte Objekte werden durch dieselben Kategorien realisiert wie Subjekte. In Passivkonstruktionen tragen sie als Subjekt den Nominativ. (4) a. Der Dieb übergibt dem Hehler die Beute. b. Die Beute wird dem Hehler (vom Dieb) übergeben. Dativobjekte / indirekte Objekte werden ebenfalls durch die genannten Kategorien realisiert. In Passivkonstruktionen ändern sie ihren Kasus nicht (außer beim Rezipientenpassiv: Er bekommt ein Buch geschenkt). (5) Der Dieb übergibt dem Hehler die Beute. Genitivobjekte werden häufig durch Präpositionalobjekte ersetzt. (6) Er erinnert sich lächelnd der ohnmächtigen Wut (der Bestohlenen). Präpositionalobjekte werden (anders als ein präpositionales Adverbial) vom Verb gefordert. Die Präposition kann nur den Akkusativ oder den Dativ regieren: (7) Er erinnert sich lächelnd an die ohnmächtige Wut (der Bestohlenen). Adverbiale sind Ergänzungen, die den im Satz ausgedrückten Sachverhalt bezüglich Tempus, Lokalität oder Art und Weise genauer bestimmen. Man unterscheidet einerseits freie und obligatorische Adverbiale (Angaben und Ergänzungen), andererseits Temporal-, Lokal, Modal- und Kausaladverbiale: (8) a. Berlin liegt an der Spree. (lokale Ergänzung) b. Richard kocht mit großer Sorgfalt. (modale Angabe) c. Das Kind weinte vor Freude. (kausale Angabe) Prädikative beziehen sich auf ein Substantiv und ordnen diesem eine bestimmte Eigenschaft zu. Es gibt Subjektsprädikative (mit Kopulaverben) und Objektsprädikative (mit Verben wie finden, nennen): (9) a. Gottlieb wäre gern Atomphysiker. (Subjektsprädikativ) 3 b. Sie nannte ihn ihren Augenstern. (Objektsprädikativ) Attribute können fakultativ zu einer nominalen Wortfolge treten und sind an diese gebunden. Es gibt Adjektiv-, Genitiv-, Präpositional-, Adverb- und Partizipialattribute sowie Attributsätze, Appositionen und Juxtapositionen: (10) a. b. c. d. e. f. g. h. Sie las das neue Buch. (Adjektivattribut) Den Brief des Freundes beantwortete er noch am selben Tag. (Genitivattribut) Das Eis für 50 Cent schmeckt besser als das teurere. (Präpositionalattribut) Der Student dort schläft. (lokales Adverbattribut) Der schlafende Student hat wahrscheinlich gestern gesumpft. (Partizipialattribut) Das Unternehmen, das Peter bis vor kurzem leitete, ist jetzt pleite. (Attributsatz) Peter, der erfolgsorientierte Geschäftsmann, leidet darunter. (Apposition) Die Abteilungsleiterin Rüchelshausen freute sich sehr. (Juxtaposition) Hausaufgaben: 1. Gegeben seien die folgenden Sätze: (11) a. An die wilden Wellen denken die Bewohner der alten Hütte. b. Maria hat sich gefreut, weil Paco ihr die Blumen geschenkt hat. c. Martha, die treusorgende Mutter, wies ihren Sohn auf die regelmäßige Einnahme seiner Medizin hin. d. Er konnte die Neuigkeiten, die er über die Situation in Delhi erfuhr, nicht glauben. e. Elena hatte seit zwei Wochen schlimm die Masern. • Bestimmen Sie die Wortarten und Satzglieder. • Welche Wortarten sind in der Menge vertreten? • Welche Wortarten sind in der Menge nicht vertreten? • Wie viele Wortarten gibt es überhaupt? • Wie viele Wörter gibt es überhaupt (ungefähr)? 2. Gegeben sei die Menge der Wörter {auf, dem, die, gern, Katze, liegt, Sofa}. • In wie vielen Abfolgen kann man diese Wörter anordnen? • Welche dieser Abfolgen sind deutsche Sätze? 4