Verbands-Management (VM) Fachzeitschrift für Verbands- und Nonprofit-Management VM 1/13 Naskrent, Julia Die Bestimmung der wahrgenommenen MarkenFacetten Verbands-Management, 39. Jahrgang, Ausgabe 1 (2013), S. 6-13. Herausgeber: Redaktion: Layout: Fotomaterial: ISBN: ISSN: Kontakt: Verbandsmanagement Institut (VMI) www.vmi.ch, Universität Freiburg/CH Jens Jacobi Jens Jacobi / Paulusdruckerei, Freiburg/CH Sandra Mumprecht, Murten 3-909437-36-2 1424-9189 [email protected] Die Zeitschrift VM erscheint dreimal jährlich in den Monaten April, August und November. Abdruck und Vervielfältigung von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise oder in Abschnitten, nur mit Genehmigung des Herausgebers. Rubrik Marketing in NPO Die Collagen-Technik als visuelles Analyseinstrument Die Bestimmung der wahrgenommenen Marken-Facetten Julia Naskrent Um als Nonprofit-Organisation (NPO) langfristig erfolgreich sein zu können, ist die Erfassung der Marken-Wahrnehmung der Anspruchsgruppen notwendig. Hierzu eignet sich aufgrund ihres explorativen Charakters insbesondere die qualitative Markenforschung. Innerhalb dieser dominieren jedoch verbale Methoden. In Anbetracht der Tatsache, dass Probanden ein Marken-Image jedoch zu einem grossen Teil nonverbal abspeichern, ist es nicht nachvollziehbar, dass die Collagen-Technik als Methode bisher wenig Beachtung gefunden hat. Aus diesem Grund soll die Collagen-Technik im Rahmen dieses Beitrags eingehend vorgestellt und das Wissen um diese Methode vermehrt werden. Um anderen Markenforschern das Potenzial der Collagen-Technik zu verdeutlichen und um eine praktische Anleitung zu geben, werden die theoretischen Ausführungen durch ein konkretes Anwendungsbeispiel veranschaulicht. Die Durchführung und das Ergebnis einer Untersuchung der Marken des Deutschen Roten Kreuzes stehen im Vordergrund des zweiten Teils dieses Beitrags. Es liess sich u. a. feststellen, welche Tätigkeitsbereiche die Probanden wie stark mit dem Deutschen Roten Kreuz assoziieren. Relevanz der Analyse der MarkenWahrnehmung Die Bedeutung der Marke als strategischer Wettbewerbsvorteil ist längst nicht mehr nur bei kommerziellen Unternehmen vorherrschend.1 Auch NPO haben erkannt, dass Marken ihnen dabei helfen, sich zu profilieren, zu positionieren und zu differenzieren.2 So unterstützt die Marke eine NPO u. a. dabei, neue Mitarbeiter oder Ehrenamtliche zu rekrutieren, die öffentliche Meinung und Aufmerksamkeit im Hinblick auf ihre Themen zu beeinflussen oder auch höhere Spendenbeiträge zu sammeln.3 Das generierte Spendenvolumen einer NPO steigt beispielsweise mit dem 6 Grad der Markenorientierung – also der Intensität – in dem der Prozess der Markenführung betrieben wird.4 Es ist auch bekannt, dass Nonprofit-Marken zum Aufbau einer stabilen und langfristigen SpenderNPO-Beziehung wichtig sind.5 Um allerdings ein erfolgreiches Markenmanagement betreiben zu können, ist es wichtig, die MarkenWahrnehmung zu kennen.6 Nur durch eine fundierte Einsicht in das Fremdbild der Marke lassen sich Implikationen und Handlungsempfehlungen ableiten.7 Speziell bei NPO ist eine entsprechende Untersuchung der von Spendern oder anderen Anspruchsgruppen mit der Marke assoziierten Vorstellungen wichtig, da es sich um sogenannte Dachmarken handelt. Sämtliche Leistungen und das gesamte Tätigkeitsspektrum der NPO werden im Gegensatz zu Einzel- bzw. Produktmarken von kommerziellen Unternehmen (z.B. «Nutella») unter einer Dachmarke subsumiert.8 Durch eine Analyse des Vorstellungsbildes dieser Dachmarken lassen sich beispielsweise «Lücken» in der Wahrnehmung der Probanden entdecken. Eine mangelnde Assoziation der Probanden mit einer als relevant erachteten Markeneigenschaft bietet Ansatzpunkte um diese Facette bei zukünftigen Positionierungsstrategien und -kampagnen zu fördern. Aus diesem Grund ist eine regelmässige Untersuchung elementar. Darüber hinaus besteht das Erfordernis der Erfassung der Marken-Wahrnehmung insbesondere bei Organisationen, die in dynamischen und komplexen Märkten bzw. Branchen agieren. Aufgrund von Veränderungen und Strukturwandel kann auch die Marken-Wahrnehmung einem Wandel unterliegen. Gerade NPO sind auf einem Markt aktiv, in dem sich in den letzten Jahren ein tiefgreifender Umbruch (Vertrauensverlust seitens der Bevölkerung durch Skandale wie z. B. UNICEF, eine steigende Anzahl von Neugründungen, zunehmende Internationalisierung, Nachlassen der staatlichen Unterstützung) vollzogen hat.9 Verbands-Management 1/2013 Marketing in Rubrik NPO State of the Art der Messung der Marken-Wahrnehmung Um die Marken-Wahrnehmung zu bestimmen existieren zwei grundlegende Forschungsrichtungen: die qualitativen und die quantitativen Methoden. Bei der quantitativen Forschung geht es darum, Zusammenhänge und zahlenmässige Ausprägungen möglichst genau zu beschreiben und in Form von Modellen vorhersagbar zu machen.10 Dabei werden zumeist mittels (Fragebogen-) Befragungen oder Beobachtungen bei einer möglichst grossen Stichprobe bestimmte Merkmale gemessen. Die quantitative Forschung überprüft in der Regel konfirmatorisch zuvor postulierte Hypothesen. Kritisch an einer quantitativen Markenforschung ist, dass sie die Untersuchungsinhalte aufgrund von Standardisierungsansprüchen und Operationalisierungsanforderungen einschränkt.11 Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Marken-Wahrnehmung ein dynamisches Konstrukt ist, bietet sich die quantitative Markenforschung nur bedingt an.12 Die Notwendigkeit einer qualitativen Markenforschung ergibt sich insbesondere daraus, dass die Assoziationen, welche das Marken-Image prägen, sich nicht in einen standardisierten Code übersetzen lassen. Ziel der qualitativen Markenforschung ist hingegen die explorative Aufdeckung zentraler Image-Facetten aus Probandensicht.13 Zu den gängigsten Methoden14 der qualitativen Markenforschung zählt das Tiefeninterview. Es handelt sich hierbei um eine nicht standardisierte Form der Befragung. Ein deutlicher Nachteil besteht hierbei insbesondere in der zeit- und somit kostenintensiven Datenerhebung und -auswertung. Zudem hängt die Qualität der Ergebnisse von dem Ausdrucksvermögen der Probanden ab. Daneben ist die Gruppendiskussion, auch Fokusgruppeninterview genannt, ebenfalls eine sehr häufig in der Praxis angewandte Methode der qualitativen Image-Erfassung. Die Aussagekraft hängt jedoch entscheidend von den Fähigkeiten des Moderators ab, stillere Teilnehmer zu Beiträgen zu motivieren und dominantere Probanden zurückzuhalten. Neben der generell zu befürwortenden Interaktion zwischen den Gruppenmitgliedern kann diese zu einem sozial erwünschten Antwortverhalten führen und ist damit nicht für sensible Themen geeignet. Assoziative Techniken, wie z. B. Wortergänzungstests, zielen darauf ab, spontane Reaktionen auf Verbands-Management 1/2013 eine Marke hervorzurufen, wohingegen projektive Techniken Probanden dazu auffordern, ihre Vorstellung über eine Marke auf andere Objekte oder Personen zu projizieren. Der gemeinsame Kritikpunkt an diesen Standardverfahren betrifft den verbalen Charakter; die Probanden müssen ihr Marken-Image in Worte fassen. Dabei ist bekannt, dass Konsumenten (Marken-) Botschaften nonverbal abspeichern.15 Die abstrakten Bilder, die das Marken-Image prägen, lassen sich nicht oder nur schwer verbal ausdrücken.16 Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit der visuellen Markenforschung. Ein wesentlicher Vorteil bei der Nutzung visueller Verfahren besteht darin, dass sie in der Lage sind, wirkliche Wünsche, verborgene Einstellungen und unbekannte Motivationen zu erheben.17 Ein weiterer Grund für den Einsatz visueller Verfahren liegt im gesteigerten Engagement, das Probanden diesen Verfahren entgegenbringen, da sie als weniger langwierig und langweilig, also als abwechslungsreicher empfunden werden.18 Durch den inspirierenden und involvierenden Charakter von Collagen können so mehr Erkenntnisse gewonnen werden als durch andere Analyseverfahren. Visuelle Verfahren lassen sich vor allem bei sowohl sehr jungen als auch sehr alten Probanden einfach und effektiv einsetzen. Die Collagen-Technik ist ein sehr aufschlussreiches, visuelles Analyseinstrument. 7 Rubrik Marketing in NPO Collagen-Technik: Darstellung und Vorgehen Bei einer Collage wird durch Aufkleben (französisch: coller) verschiedener Elemente ein neues Ganzes geschaffen. Die Collage stellt damit eine Kombination aus verbalen und visuellen Informationen dar, mit deren Hilfe sich konsumentenspezifische Wahrnehmungen eines Sachverhalts erheben lassen.19 Die Speicherung des Marken-Images erfolgt – wie bereits erwähnt – oftmals in Bildern, da diese leichter und in grösseren Mengen vom menschlichen Gehirn verarbeitet werden können.20 Ein wesentlicher Vorteil von Collagen besteht also darin, dass sie in der Lage sind, die im Gedächtnis des Probanden gespeicherten Bilder, welche die Marken-Wahrnehmung ausmachen, aufzurufen.21 Zur Anfertigung einer Collage wählt der entsprechende Proband diejenigen Materialien und Elemente – in der Regel Bilder – aus, die er mit der im Fokus der Untersuchung stehenden Marke assoziiert.22 Hierzu stellt ihm der Forscher eine grosse, aber begrenzte Menge an Bildmaterial (z. B. vorab selektierte Wörter und Fotos oder Zeitschriften, in denen die Probanden zunächst nach entsprechenden Elementen suchen müssen) zur Verfügung.23 Da die Probanden dabei solche Komponenten auswählen, die stellvertretend für ihre Gefühle und Meinungen stehen,24 muss sichergestellt sein, dass das zur Verfügung gestellte Bastelmaterial dies auch zulässt. In Abhängigkeit von dem Untersuchungsgegenstand können einzelne Individuen oder Gruppen eine Collage anfertigen.25 Im Rahmen der Auswertung erfolgt zunächst eine Komprimierung des vom Probanden ausgewählten Bildmaterials auf die wesentlichen Facetten. Diese Facetten sollten sich durch Oberbegriffe beschreiben lassen.26 Im Rahmen der zusammenfassenden qualitativen Inhaltsanalyse erscheint die induktive Kategorienbil- Naskrent 1 2 3 4 5 6 7 Focus Bild der Frau Frau von Heute Brigitte Hörzu Der Spiegel Stern 8 9 10 11 12 13 14 dung, bei der die Facetten durch einen Verallgemeinerungsprozess aus dem Material extrahiert werden, als besonders passend. Ziel der Kategorienbildung ist somit die Identifikation von verbalen und nonverbalen Collagen-Bestandteilen, die übergeordneten Phänomenen angehören oder sie darstellen.27 Anwendung der Collagen-Technik zur Erfassung der Marken-Facetten des DRK Im Folgenden sollen diese theoretischen Ausführungen durch ein konkretes Anwendungsbeispiel verdeutlicht und veranschaulicht werden, um anderen Markenforschern eine Anleitung zur eigenen Durchführung von Collagen-Analysen zu geben. Darüber hinaus wird gezeigt, welche weiterführenden Auswertungen auf Basis der identifizierten Facetten durchgeführt werden können. Ablauf der Untersuchung und der Auswertung Grundlage der Analyse der Marken-Facetten des DRKs bildet eine Datenerhebung, bei der 48 Probanden – sowohl Jugendliche als auch ältere Senioren (11bis 83-Jährige) – jeweils eine Collage über die von ihnen mit dem DRK assoziierten Bilder angefertigt haben.28 Mit dem Ziel, den Probanden eine möglichst grosse, aber dennoch einheitliche Menge an Bildmaterial zur Auswahl der Assoziationen vorzulegen, wurden ihnen je 20 gleiche Zeitschriften (in der gleichen Reihenfolge sortiert) zur Verfügung gestellt. Der Arbeitsplatz jedes Probanden war mit einem Bastel-Satz, bestehend aus dem Stapel Zeitschriften (vgl. Tabelle 1), einem Blatt Papier (DIN A3), einer Schere, einem Klebe- und einem Bleistift, ausgestattet. Die Zeit zur Collagen-Erstellung wurde auf 30 Minuten begrenzt. Die Untersuchung der Daten vollzog sich wie folgt:29 Im ersten Schritt erfolgte die Transkription der Collagen, indem die verbalen (aus den Zeitschriften Freundin Auto Bild Mein schöner Garten GEO Eltern Sport Bild VIEW 15 16 17 18 19 20 PM Stern Gala Börse Online Men’s Health Bunte Tabelle 1: Liste der verwendeten Zeitschriften 8 Verbands-Management 1/2013 Tabelle 1 Naskrent: Liste der verwendeten Zeitschriften Marketing in Rubrik NPO ausgeschnittenen Wörter) und nonverbalen Bestandteile (ausgeschnittene Bilder) der Collagen in Textform überführt wurden.30 Hierbei wurden die verbalen Bestandteile eins zu eins und die nonverbalen Bestandteile möglichst ohne Interpretationsleistung ins Schriftdeutsch übernommen. Im Zentrum des zweiten Schrittes stand die Entwicklung des Kategoriensystems. Die zuvor beschriebene induktive Kategorienformulierung erfolgte, indem das zugrunde liegende transkribierte Datenmaterial solange analysiert wurde, bis sich keine neuen Facetten mehr herausbildeten. Im Folgenden sind fünf Collagen exemplarisch abgebildet (vgl. Abb. 1) . Es lassen auf den ersten Blick einige Ähnlichkeiten feststellen. So ist beispielsweise das Wort «Not» in drei von fünf Collagen verwendet worden. Die Phrase «Das Schöne im Leben» wurde sowohl in der vierten als auch in der fünften Collage oben rechts platziert und bei der zweiten und vierten Collage wurde das Wort «Herz» aufgeklebt. Das Symbol des DRK, das «rote Kreuz», lässt sich in fast allen Collagen wiederfinden. 2. Hilfe bei Unglücken: Diese Facette setzt sich aus den Dimensionen Rettungsdienst, Katastrophenschutz und Erste Hilfe zusammen. 3. Medizinische Versorgung: Hier wurden Assoziationen zusammengefasst, die mit dem Tätigkeitsschwerpunkt der allgemeinen Gesundheitsförderung in Verbindung stehen. Diese Hauptkategorie subsumiert die vier Dimensionen: (1) Arzneimittel, (2) Krankenhaus, (3) Gesundheit und (4) Leben. 4. Spezielle Bevölkerungsgruppen: In diese Hauptkategorie fallen diejenigen Assoziationen, die einen Bezug zu den Leistungsbereichen Menschen in sozialen Notlagen, Kinder-, Jugend- und Familienhilfe sowie Altenhilfe herstellen. Hierunter befinden sich die Dimensionen (1) Verpflegung, (2) Kinder sowie (3) Senioren. 5. Wertschätzung: Hierunter werden alle CollagenElemente vereint, bei denen die Probanden ihre Anerkennung dem DRK zusprechen. D.h. dem DRK (1) Vertrauen entgegenbringen, seiner Arbeit (2) Bedeutsamkeit zumessen, und (3) die Arbeitsweise des DRKs (z. T. loben). Ergebnisse der DRK-Untersuchung 6. Sammeln: Hierunter werden diejenigen NennunMithilfe der induktiven Kategorienbildung liessen gen zusammengefasst, die das DRK als Spenden sich acht Facetten der Marke des DRKs feststellen. oder Blut sammelnde Organisation wahrnehmen. Insgesamt wurden im Rahmen der Analyse alle, d. h. 7. Schutz und Geborgenheit: Diese Facette steht mit 488 aufgeklebte Collagen-Bestandteile in diese Facetden Grundsätzen des DRK in Verbindung. Das ten eingeteilt. Diese Facetten lauten: DRK bietet (1) Gemeinschaft und (2) Geborgenheit 1. Schlüsselbilder: Ein überraschendes Ergebnis lieferund ist bestrebt durch (3) Prävention menschliches ten die Collagen hinsichtlich des Brandings. Einzig Leid zu vermeiden. Dies entspricht im Wesentli1 Focus 8 Freundin 15 PM die Elemente Logo und Markenname wurden durch chen dem Grundsatz der Menschlichkeit. 2 Bild der Frau 9 Auto Bild 16 Stern die Probanden genannt, Charaktere und Slogan des 8. Ausland: Diese Facette umfasst diejenigen Assozia3 Frau von Heute 10 Mein schöner Garten 17 Gala DRKs hingegen nicht. Dementsprechend wurden tionen, die mit der Auslandshilfe des DRK in Ver4 Brigitte 11 GEO 18 Börse Online hier diejenigen Assoziationen zugerechnet, die den bindung stehen. Hierzu gehören die Dimensionen 5 Hörzu 12 Eltern 19 Men’s Health Markennamen oder das Logo des DRK zum Gegen(1) Armut, (2) Krieg und (3) Welt. 6 Der Spiegel 13 Sport Bild 20 Bunte stand haben (Schlüsselbilder sind Bildkonzepte, die 7 Stern 14 VIEW den visuellen Kern einer Werbebotschaft, einer Er- Die Tabellen 2 und 3 geben beispielhaft für die identilebniswelt oder eines Marken-Images beinhalten). fizierten Facetten «Schlüsselbild» und «Ausland» so- Naskrent Tabelle 1 Naskrent: Liste der verwendeten Zeitschriften Abbildung 1: Fünf beispielhafte Collagen Abbildung 1 Naskrent: Fünf beispielhafte Collagen Verbands-Management 1/2013 Facette Definition Kodierregel 9 Rubrik Marketing in NPO Abbildung 1 Naskrent: Fünf beispielhafte Collagen Facette Definition Kodierregel Schlüsselbild Schlüsselbilder sind Bildkonzepte, die den visuellen Kern einer Werbebotschaft, einer Erlebniswelt oder eines Marken-Images beinhalten. In Bezug auf das DRK sind dies Markenname und/oder -logo. Assoziationen, die den Markennamen, das Logo oder einzelne Bestandteile von ihnen enthalten, werden dieser Facette zugeordnet. Tabelle 2: Darstellung Facette «Schlüsselbild» Tabelle 2 Naskrent: Darstellung Facette „Schlüsselbild” wie die Unterkategorien (Dimensionen) für die letztgenannte Facette eine Beschreibung und führen die Kodierregel auf. Als nächster Analyseschritt galt es, die Stärke der jeweiligen Marken-Facetten zu ermitteln. Hierbei wurde die Anzahl der Assoziationen pro Facette gezählt. Hier gilt die Faustregel: Je mehr Assoziationen eine Facette hervorruft, desto stärker ist sie. Die Auswertung zeigte, dass insbesondere die Facetten «Wertschätzung» und «Schutz und Geborgenheit» die MarkenWahrnehmung des DRKs prägen. Keine der Facetten ist unterrepräsentiert und insgesamt zeigt sich ein ausgewogenes Bild der Relevanz der einzelnen MarkenFacetten für das Gesamtbild (siehe Abbildung 2). Nach der Untersuchung der gesamten Stichprobe, galt es die vorliegenden Daten differenzierter nach un- terschiedlichen Probandengruppen zu analysieren. Hierbei zeigten sich Differenzen hinsichtlich der Stärke der Marken-Facette bei Probanden unterschiedlichen Alters. Um das Marken-Image gezielt zu fördern, kann das DRK auf Basis dieser Ergebnisse nun segmentspezifische Marketing-Massnahmen einsetzen, welche auf die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen ausgerichtet sind. Fazit Die Durchführung und die Ergebnisse der Bestimmung der Marken-Facetten am Beispiel des DRKs mittels der Collagen-Technik liefern sowohl für die Forschung als auch für die Praxis wichtige Erkenntnisse. Es konnten im Rahmen dieser Untersuchung insgesamt acht Facetten identifiziert werden, aus denen Facette Definition Kodierregel Armut Aus ökonomischer Sicht wird unter „Armut“ ein Zustand verstanden, der durch eine Mangelversorgung mit Gütern und Dienstleistungen gekennzeichnet ist. Bilder und Wörter werden dieser Facette zugerechnet, sofern sie diesen Zustand verdeutlichen oder auf die Bedürftigkeit von in Armut lebenden Menschen hindeuten. Krieg Der Begriff „Krieg“ beschreibt einen organisierten und mit Waffengewalt ausgetragenen Konflikt zur Durchsetzung politischer, wirtschaftlicher, ideologischer oder militärischer Interessen. Bildliche und sprachliche Assoziationen, die verschiedene Aspekte des Kriegsgeschehens (Soldaten, zerstörte Häuser und Kriegstote) darstellen, werden dieser Dimension zugeordnet. Welt Die Dimension „Welt“ nimmt Bezug auf den weltweiten Einsatz des DRK bei Kriegen und Katastrophen. Nennungen, die beispielsweise Weltkarten oder den Begriff Welt enthalten, werden dieser Dimension zugeordnet. Tabelle 3: Darstellung Facette «Ausland» mit drei Dimensionen Tabelle 3 Naskrent: Darstellung Facette „Ausland” mit drei Dimensionen 10 Verbands-Management 1/2013 Marketing in Rubrik NPO Ausland 14% Schlüsselbild 9% Hilfe bei Unglücken 14% Schutz und Geborgenheit 15% Medizinische Versorgung 14% Sammeln 9% Spezielle Bevölkerungsgruppen 10% Wertschätzung 15% Abbildung 2: Relative Bedeutung der Marken-Facetten Abbildung 2 Naskrent: Relative Bedeutung der Marken-Facetten sich Implikationen für das Markenmanagement des DRKs ableiten lassen. Andere Methoden der Markenforschung hätten keinen derart detaillierten Einblick in die Marken-Wahrnehmung erlaubt. Die gewonnenen Erkenntnisse verdeutlichen nochmals die Aussagefähigkeit dieses Ansatzes. Durch die Collagen-Technik hatten in der durchgeführten Untersuchung insbesondere Schulkinder und Senioren, die altersbedingt bei anderen Methoden der Markenforschung unter Umständen überfordert sind, die Möglichkeit, ein detailliertes Marken-Image des DRK zu artikulieren. Dieser Beitrag stellt somit ein Plädoyer für den verstärkten Einsatz dieser Technik im Rahmen der qualitativen Markenforschung dar. Aufgrund der Tatsache, dass eine überschaubare Anzahl an Probanden (im vorliegenden Fall: 48) ausreichen, um ein aussagekräftiges Ergebnis zu ermitteln, eignet sich diese Methode auch für kleinere Organisationen, die nur über eine lokale Markenbekanntheit verfügen und keine Zugriffsmöglichkeiten auf eine grosse Anzahl von Probanden zur Erfassung ihres Marken-Images haben. Die Methode bietet sich insbesondere für Organisationen an, welche die Wahrnehmung ihrer Marke bisher kaum oder unzureichend erfasst haben. Als explorative Methode liefert sie erste Anhaltspunkte über die mit der Marke verknüpften Assoziationen der An- Verbands-Management 1/2013 spruchsgruppen, welche in weitergehenden (quantitativen) Untersuchungen fundiert werden können. Die Collagen-Technik lässt sich ohne aufwändige Vorbereitungen relativ schnell und einfach durchführen und erfordert keine tiefergehenden Statistik-Kenntnisse, weswegen sie sich insbesondere auch für NPO mit begrenzten personellen Ressourcen eignet. Sie ist ein praktikables und verständliches Analyse-Tool, um in Zeiten, in denen von der «Macht von Marken»31 gesprochen wird, über das Fremdbild der eigenen Marke Erkenntnisse zu erlangen. Diese Erkenntnisse lassen sich in Hinblick auf das Fundraising und das Beziehungsmanagement mit Anspruchsgruppen als positionierungsrelevante Erfolgsfaktoren anwenden. Fussnoten Vgl. Fischer 2008, S. 213 f. 1 Vgl. Hankinson 2001, S. 233, 237. 2 Vgl. Chiagouris 2005, S. 30. 3 4 Vgl. Hankinson 2002, S. 40 f. 5 Vgl. Tapp u. a. 1999, S. 39. Vgl. Farsky/Sattler 2007, S. 52; Coulter/Zaltman 1994, S. 501. 6 Burmann u. a. 2003, S. 6 definieren den Begriff folgendermassen: «Das Marken-Image ist ein in der Psyche relevanter Zielgruppen fest verankertes, wertendes Vorstellungsbild von einer Marke.» 7 11 Rubrik Marketing in NPO Vgl. Esch 2011, S. 365 ff. 8 Vgl. hierzu ausführlich Naskrent 2010, Kapitel 2.1.3. 9 Typische Methoden, die in der Literatur vielfältig beschrieben und kritisiert werden, sind z. B. das Multiattributivmodell von Fishbein oder das Imagedifferential; vgl. Farsky/Sattler 2007, S. 52. 10 Vgl. Hartmann/Steffens 2004, S. 1. 11 Vgl. Farsky 2007, S. 9. 12 Vgl. Farsky/Sattler 2007, S. 53. 13 Vgl. für die folgenden Ausführungen über gängige qualitative Methoden der Markenforschung Farsky 2007, S. 9 ff. 14 Vgl. Coulter/Zaltman 1994, S. 501. 15 Vgl. Zaltman/Coulter 1995, S. 36. Im Gegensatz dazu verwendet die Zaltman Metaphor Elicitation Technique (ZMET) kein eingeschränktes oder vorausgewähltes Bildmaterial, sondern verlangt von Probanden, selbst eine Vorauswahl zu treffen und eigenes Bildmaterial zu beschaffen, z. B. Fotos zu machen. Hierzu haben sie einige Vorlaufzeit (z. B. 10 Tage); vgl. Zaltman/Coulter 1995, S. 40; Coulter/Zaltman 1994, S. 503. Durch die Vorgabe von Bildmaterial lassen sich jedoch die erstellten Collagen besser miteinander vergleichen, was die Validität des erhobenen Marken-Images erhöht. Ausserdem werden durch die unmittelbare Erstellung der Collage nach einer flüchtigen Sichtung des bereitgestellten Bildmaterials Effekte wie sozial erwünschte Bildauswahl eingedämmt, und ein intuitives und unverfälschtes Marken-Image wird damit erhoben. 23 Vgl. Coulter u. a. 2001, S. 6; Gordon/Langmaid 1988, S. 98. 24 Vgl. Havlena/Holak 1996, S. 35. 25 26 Vgl. Stumpf 2005, S. 120; Spiggle 1994, S. 493. 27 Vgl. Spiggle 1994, S. 493. 28 Diese Stichprobengrösse gilt für qualitative Untersuchungen, die bei einem Stichprobenumfang von über 60 Einheiten an die Grenzen der Handhabbarkeit stossen und kaum noch neue Aspekte liefern, als ausreichend; vgl. Kleining 2007, S. 200. 16 Vgl. Gröppel-Klein/Königstorfer 2009, S. 547. 17 Vgl. Gröppel-Klein/Königstorfer 2009, S. 548. 18 19 Vgl. Havlena/Holak 1996, S. 35. 20 Vgl. Coulter u. a. 2001, S. 4; Zaltman/Coulter 1995, S. 37. Vgl. Lamnek 1995, S. 107 ff. 29 Vgl. Gröppel-Klein/Königstorfer 2009, S. 547; Farsky 2007, S. 37. 30 Vgl. Gordon/Langmaid 1988, S. 98. 31 21 22 Vgl. Lamnek 1995, S. 108. Vgl. Jaritz 2008, S. 57. Anzeige Hochwertigkeit in jedem Detail. Graph. 12 Schon auf den ersten Blick besticht Graph durch sein aussergewöhnliches grafisches Erscheinungsbild. Die fliessende Form und die klaren geometrischen Linien bilden mit der hochwertigen Verarbeitung und der zukunftsweisenden Sitzkultur die Gene für einen modernen Klassiker. Ausführliche Informationen unter wilkhahn.ch/graph Verbands-Management 1/2013 Marketing in Rubrik NPO Literatur Burmann, C./Blinda, L./Nitschke, A., Konzeptionelle Grundlagen des identitätsbasierten Markenmanagements, Arbeitspapier Nr. 1 des Lehrstuhls für innovatives Markenmanagement, Bremen, 2003. Chiagouris, L., Nonprofit Brands Come of Age, in: Marketing Management, 2005 (14/5), S. 30-33. Coulter, R. H./Zaltman, G., Using the Zaltman Metaphor Elicitation Technique to Understand Brand Images, in: Advances in Consumer Research, 1994 (21/1), S. 501-507. Coulter, R. A./Zaltman, G./Coulter, K. S., Interpreting Consumer Perceptions of Advertising: An Application of the Zaltman Metaphor Elicitation Technique, in: Journal of Advertising, 2001 (30/4), S. 1-21. Esch, F.-R., Strategie und Technik der Markenführung (7. Aufl.), München, 2011. Farsky, M., Methoden zur Messung des Markenimages: State of Art, Arbeitspapier Nr. 38 des Instituts für Marketing und Medien, Hamburg, 2007. 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Die Autorin Julia Naskrent/[email protected] Professor Dr. Julia Naskrent, Studium der BWL an der European Business School (EBS), zwischen 2006 und 2009 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Marketing an der Universität Siegen, Promotion im Bereich des Nonprofit-Marketings (Thema Spenderbindung). Seit Anfang 2012 Professorin für Marketing an der Hochschule für Oekonomie & Management (FOM) am Standort Siegen. Verbands-Management 1/2013 13