Grundlage der personalisierten Medizin: Molekulare Hochpräzisionsdiagnostik Jeder Mensch ist anders und auch jede Erkrankung hat ihre ganz unterschiedlichen Gesichter. Das ist, vereinfacht gesagt, die Grundlage der personalisierten Medizin. Und diese bedeutet neue Hofnung für Patienten mit schweren oder gar lebensbedrohlichen Erkrankungen. Wenngleich uns die Sonne in der kalten Jahreszeit weniger ot ins Gesicht lacht und wir zumindest nicht den ganzen Körper in ihren Strahlen baden, an den schädigenden Auswirkungen ändert das nichts: Über 2.000 Österreicher erkranken jährlich an Hautkrebs. Die aggressivste Form, das metastasierende Melanom, wurde bislang im fortgeschrittenen Stadium vor allem mittels Chemotherapie behandelt, obwohl auf Letztere nur 2 bis 20 Prozent der Patienten ansprachen. Wer dazu gehörte, wusste man im Vorfeld allerdings nicht. Seit im Juli 2011 eine neue Immuntherapie auf den Markt kam, die das Immunsystem dazu anregt, Krebszellen zu bekämpfen, stehen die Zeichen jedoch auf Hofnung. Und diese wächst seit Februar 2012 zunehmend, denn durch die personalisierte Medizin verfügen Ärzte nunmehr über eine weitere sehr wirksame herapiemöglichkeit für einen Teil der Patienten. Die Idee dahinter: „Ein bestimmtes Medikament wird nur bei jenen Patienten eingesetzt, von denen man weiß, dass es wirken kann. Wir wissen zwar nicht, wie stark der Patient reagiert, aber wir wissen, ob das Medikament überhaupt funktioniert“, erklärt Prof. Dr. Felix Ofner, Primar des Instituts für Pathologie am LKH Feldkirch, Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschat für Pathologie und einer der federführenden Experten in Bezug auf die personalisierte Medizin. 14 Personalisierte Medizin bei: verschiedenen Krebsarten, wie Brustkrebs, Magenkrebs, nichtkleinzelliger Lungenkrebs, Leukämie, Hautkrebs, Asthma, Osteoporose oder Hepatitis-B und Hepatitis-C-Infektionen. Bei Letzteren lassen sich mithilfe von diagnostischen Tests Patienten ermitteln, die eine wesentlich verkürzte, in der Wirkungsweise aber völlig gleiche Therapie durchlaufen können – 4 statt der üblichen 6 bis 12 Monate. Krankmachende Gene und Proteine Durch die Entschlüsselung der Erbsubstanz (DNA) und die riesigen Fortschritte im Verständnis der Molekularbiologie beinde man sich heute in der Diagnostik und herapie von Krebs, laut Ofner, in einer völlig anderen Dimension als noch vor mehreren Jahrzehnten: „Wir haben die zellulare Ebene verlassen und sind auf jener der Molekularpathologie angekommen. Durch äußerst präzise Technologien, wie zum Beispiel GenSequenz-Analysen, können wir Krankheiten völlig anders erfassen und besser klassiizieren.“ Gegenstand der Untersuchungen sind die Gene und Proteine innerhalb einer Zelle, schließlich weiß man heute, dass fehlerhat zusammengebaute Gene (Mutationen) und Proteine Krankheiten verursachen können. „Fast die Hälte der MelaPrim. Univ.-Prof. Dr. Felix Ofner: „Wir lernen immer besser zu vernompatienten leidet an eistehen, wie sich Tumore verhalten.“ ner speziellen Form, bei der als auslösende Ursache eine BRAF-V600E-Mutation vorliegt. Ist das der Fall, entstehen in den Tumorzellen abnormale (onkogene) BRAF-Proteine, die eine starke wachstumsfördernde Wirkung entfalten und dadurch bewirken, dass die Tumorzellen unkontrolliert wachsen“, so Ofner. Der personalisierte herapieansatz vermag dies zu stoppen – zumindest bis der Tumor resistent gegen den Wirkstof des Medikaments wird und die krebserregenden Signale einen anderen Weg in den Zellkern inden, wodurch die Krankheit wieder voranschreitet. Allein: „Die Lebenserwartung von Patienten mit einem metastasierendem Melanom bewegt sich im Bereich von Monaten. Durch die neue herapie gewinnen sie aber nicht nur bis zu vier Monate, sondern auch Lebensqualität, denn nach einer mehrwöchigen herapie weisen manche Patienten keine Metastasen mehr auf“, weiß Primar Ofner. Zukuntsmusik Für Wissenschatler wie Felix Ofner ist auch der stetige Lernprozess von größtem Interesse: „Wir lernen immer besser zu verstehen, wie sich Tumore verhalten. Schon jetzt können wir bei Tumoren innerhalb von 48 Stunden 50 Gene gleichzeitig Weitere personalisierte Ansätze analysieren. Das ist zwar nur ein Bruchteil dessen, was in den Auch beim Brustkrebs spielt die personalisierte Medizin eine Tumorzellen an Genen steckt. Doch es sind jene Gene, von degewichtige Rolle. Der radikale Ansatz ist glücklicherweise nen wir wissen, dass sie am häuigsten in Tumoren mutiert schon länger Geschichte und, sofern möglich, wird heute nur sind.“ Es wäre sogar möglich alle Gene eines Tumors zu entmehr der Tumor mit einem Mantel von gesundem Gewebe schlüsseln, doch allein die Datenmenge eines einzelnen Patidarum entfernt. Zudem wisse man mittlerweile, dass sich Metastasen nach bestimmten Mechanismen verhalten und zuerst „nur” den Wächterlymphknoten angreifen. Ofner: „Durch eine Untersuchung können wir feststellen, ob „SCHON JETZT KÖNNEN WIR BEI dieser schon betrofen ist und das Risiko einer TUMOREN INNERHALB VON 48 STUNDEN Metastasierung einschätzen. Auch das ist ein 50 GENE GLEICHZEITIG ANALYSIEREN.” Ansatz der personalisierten Medizin.“ Ein weiteres Beispiel: Noch vor wenigen Jahren wurden Patienten mit einem nichtkleinzelligen Lungenkarzinom allein chirurgisch und dann mittels Chemotherapie behandelt, obwohl schon damals bekannt war, dass höchstens zehn Prozent der Pati- enten würde gut 19 Terabyte betragen. Dennoch ist Ofner daenten von der Chemotherapie tatsächlich proitieren. Heute von überzeugt, dass das die Zukunt der Krebsmedizin sein untersuchen Pathologen zwei, manchmal sogar drei Genmu- wird, schließlich könne dadurch eine Art „Inhaltsverzeichnis“ tationen des Tumors dahingehend, ob spezielle Substanzen eines jeden Tumorleidens erstellt werden: „Und das wird den bei einem Patienten wirksam sind oder nicht. Ein entschei- behandelnden Ärzten die Möglichkeit eröfnen, ihre Patienten dendes Merkmal der personalisierten Medizin ist somit das präzise bzw. eben personalisiert zu therapieren.“ Zusammenspiel von Diagnostik und herapie – sowohl bei der Anwendung als auch bei der Entwicklung: Beim Melanom wurde der molekulardiagnostische Test etwa zusammen mit dem Medikament entwickelt. luag a Frühjahr 13 15 Molekulargenetische Präzisionsdiagnostik beim Lungenkarzinom Lungenkrebs zählt weltweit zu den häuigsten Krebserkrankungen. Meist handelt es sich um das nicht-kleinzellige Lungenkarzinom, dessen Diagnostik einen revolutionären Wandel erfahren hat: Neben dem EGFR-Gen und dem KRASGen werden seit kurzem auch das EML4-ALKFusionsonkogen molekulargenetisch untersucht. Um moderne herapien auch zielgerichtet einsetzen zu können muss klar sein, welche dieser Gene in einem Lungenkarzinom mutiert sind. Mit Bravour absolviert Um die diagnostische Qualität verschiedener Labors zu vergleichen, führt die Europäische Gesellschat für Pathologie seit einigen Jahren Ringversuche durch. Dreimal in Serie bestand das Institut für Pathologie am LKH Feldkirch erfolgreich jenen für die KRAS-Gen-Mutationsanalytik. Mit Bravour und als erstes österreichisches Institut absolvierte man nun unter der Leitung von Dr. Stefan Spreitzer und Priv. Doz. Dr. William Sterlacci auch den erstmals durchgeführten Ringversuch für das EML4-ALK-Fusionsonkogen, ein äußerst aufwendiger Test, der hohe Expertise erfordert. 20 Mitarbeiter haben starken Rückhalt Die Sicherheit des Personals hat in den Landeskrankenhäusern einen hohen Stellenwert Erleichterung durch Kanülenmanagement Vor gut einem Jahr war es noch üblich, Patienten des LKH Rankweil, die unter einer Schluckstörung (Dysphagie) litten, zur Abklärung in das LKH Feldkirch zu bringen. Von einer Logopädin begleitet, wurden die Patienten, die vor allem unter schweren neurologischen Erkrankungen litten bzw. im Wachkoma lagen, per Rettungsdienst in die HNO-Abteilung des LKH Feldkirch gebracht. Da dies aufgrund der eingeschränkten Transportfähigkeit der Patienten nicht einfach war und zudem einen erheblichen Personalaufwand verursachte, kam Arthur Bertsch, stv. Plegedirektor, die Idee, einen HNOFacharzt 1x pro Woche in das LKH Rankweil kommen zu lassen. Und wie sich seit einem Jahr zeigt: mit vielen Vorteilen für Patient und Personal. Neurologische Erkrankungen wie etwa schwere Schädel-Hirn-Traumata, Schlaganfälle und Hirnblutungen können zu einer Schluckstörung führen. Diese ist meist so schwer, dass Nahrungsmittel in die oberen und unteren Atemwege gelangen und somit eine orale Nahrungsaufnahme nicht Dr. Johannes Gächter, mehr möglich ist. Daher HNO-Facharzt: „Durch das efektive wird eine sogenannte TraKanülenmanagement chealkanüle verwendet, können wir unseren um die Atemwege freizuPatienten wertvolle Rehabilitationszeit halten. Im Durchschnitt schenken.“ werden 5-6 Personen in der Woche von Dr. Johannes Gächter untersucht. Mit einem Videoendoskop schaut sich dieser die Atemwege des betrofenen Patienten an und prüt, ob ein Schluckrelex vorhanden ist. Sind auch weitere Faktoren wie etwa die Stimmlippenbeweglichkeit gegeben, wird im Betreuungsteam entschieden, ob die gesetzte Kanüle ausgetauscht oder ganz entfernt werden kann. Kann die Kanüle entfernt werden, gewinnt der Patient wieder mehr an Lebensqualität. Und je früher dies passiert, umso besser. Patienten im Krankenhaus beinden sich in einer Ausnahmesituation. Manche von ihnen, Angehörige oder Besucher reagieren mitunter aggressiv auf die ungewohnte Situation. Mitarbeiter der Vorarlberger Landeskrankenhäuser benötigen neben einem hohen Maß an Einfühlungsvermögen ein gutes Rüstzeug, um in Problemsituationen angemessen reagieren zu können. Besonders in Ambulanzen ergeben sich immer wieder schwierige Situationen. Beispielsweise Drohungen, Handgreilichkeiten oder Diebstahl erfordern Lösungsstrategien. Von der Polizei durchgeführte Anti-Aggressions-Schulungen und Selbstverteidigungskurse verbessern die Kompetenz der Mitarbeiter. Sie lernen, in Gefahrensituationen angemessen zu reagieren. Harald Maikisch, Verwaltungsdirektor des LKH Feldkirch, erläutert eine weitere wichtige Sicherheitsmaßnahme: „In Zusammenarbeit mit der Polizei wurde in drei Ambulanzen des LKH Feldkirch ein Alarm- beziehungsweise Notfallknopf installiert. Wenn Mitarbeiter diesen betätigen, ist die Polizei innert Minuten vor Ort.“ „Notfallregister“ für Mitarbeiter Rechtliche Fragen drängten sich für die Mitarbeiter immer häuiger auf: Wo sind die Grenzen? Dürfen wir uns wehren und welche Abwehr ist angemessen? Aus diesem Grund erstellte die Krankenhausbetriebsgesellschat Verhaltensrichtlinien. So entstand ein Rüstzeug für die unterschiedlichsten Szenarien. Maikisch: „Von einer interdisziplinären Projektgruppe wurde mit externer Unterstützung ein Nachschlagwerk (Notfallregister) erarbeitet. Dieses gibt Auskunt über das gewünschte und korrekte Verhalten in allen erdenklichen Problemsituationen. Es sind Richtlinien für alle Mitarbeiter, egal aus welcher Berufsgruppe.“ Lösungsansätze für die Zukunt Im LKH Feldkirch werden in einer Datenbank, dem sogenannten Vorfallmeldeportal, alle Fälle an einem zentralen Punkt des Hauses erfasst und dokumentiert. Dadurch können notwendige Maßnahmen rasch koordiniert werden. Die Betrofenen erhalten Rückmeldung. Durch das Sammeln von Informationen wird ermittelt, in welchen Bereichen welche Gefahren existieren. „Aus diesen Erkenntnissen können wir gezielte Lösungsansätze entwickeln. Es hilt uns, häuiger vorkommende belastende Szenarien zu erkennen. Für diese können wir dann ebenfalls Handlungsanleitungen erarbeiten“, erläutert Maikisch. luag a Frühjahr 13 DGUKP Georg Rigas, Abteilungsleiter Pflege der Unfallambulanz im LKH Bregenz „Als besondere Erleichterung empinden wir den Notfallpiepser. Durch ihn haben wir direkten Zugang zur Stadtpolizei Bregenz. Wenn nötig, kann sie uns in kürzester Zeit zu Hilfe kommen.“ DGKS Angelika Dunkl, Abteilungsleitung Pflege der Ambulanz Ost im LKH Feldkirch „Wir in der Ambulanz Ost schätzen den Alarmknopf. Er bedeutet für uns eine Verstärkung. Es ist ein gutes Gefühl, wenn man weiß, dass man um Hilfe rufen kann.“ Sicherheitsmaßnahmen im LKH Bregenz „Für den Schutz der Mitarbeiter ist das Vorbeugen und Unterstützen durch Präventionsspezialisten von großer Bedeutung“, betont Herbert Feurstein, Sicherheitsfachkrat und Leiter der Technik im LKH Bregenz. Auch im LKH Bregenz haben die Mitarbeiter der Ambulanz Notfallpiepser, welche sie direkt mit der Stadtpolizei verbinden. Zusätzlich sind an den Wochenenden nachts externe Security-Mitarbeiter präsent. Doch jede Infrastruktur nützt nur, wenn sie auch funktioniert. „Eine Kernfunktion der technischen Abteilung ist deshalb der einwandfreie Betrieb rund um die Uhr. An 365 Tagen müssen im Krankenhaus alle Systeme verfügbar sein“, hebt Feurstein hervor. In Zukunt wird es sowohl in den technischen als auch organisatorischen Bereichen immer wieder neue Ausbaustufen geben. Feurstein betont: „Als Techniker gilt mein Respekt vor allem den Mitarbeitern und Polizeibeamten, die während ihres Dienstes ot mit sehr schwierigen Situationen und Personen konfrontiert sind.“ 21