Resistenzen auf Antibiotika – was der Produzent wissen

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 Resistenzen auf Antibiotika – was der Produzent wissen soll Hans Schneebeli, Strickhof In der landwirtschaftlichen Produktion der Schweiz werden pro Jahr über 50 Tonnen Antibiotika eingesetzt. Grob gerechnet ergibt dies rund 1 kg Antibiotika pro Viehhalter. Deshalb werden Nutztierhalter mitverantwortlich gemacht für das zunehmende Problem resistenter Erreger. Grundkenntnisse über die Entwicklung von resistenten Erregern sind wichtig und helfen, die Verantwortung als Produzent zu erkennen und das Risiko zu vermindern. Das Kantonale Labor Zürich überprüft Schlachttiere auf Rückstände von Antibiotika. Dabei werden Harn‐ und Organproben von Kälbern, Rindern und Schweinen untersucht. Von 200 Proben im Jahr 2013 wurden in 63 Harnproben Rückstände von Antibiotika festgestellt, alle lagen unter den Beanstandungsgrenzen. Eine einzige Organprobe ergab einen Wert über dem Grenzwert. Weil allgemein kaum Grenzwerte überschritten werden, könnte man annehmen, dass die Anwendung von Antibiotika kein Problem darstellt. Richtig ist, dass heute weniger die Rückstände problematisch sind. Hingegen ist die Entwicklung resistenter Antibiotika grössere Wo viele Jungtiere zusammengeführt werden, ist Bedeutung. Es gilt, dass mit jedem Einsatz von vorbeugender Einsatz von Antibiotika häufig. antibiotisch wirkenden Stoffen die Resistenzbildung gefördert wird ‐ ein Vorgang, der also auf vielen Betrieben angeregt wird. Einsatz von Antibiotika Seit 1999 dürfen Antibiotika in der Schweiz nicht mehr dauernd dem Futter zugegeben werden (als Wachstumsförderer). Der Bezug von Antibiotika ist schon seit Jahren nur möglich mit einem Rezept vom Tierarzt. Im Vergleich zu umliegenden Ländern nimmt die Schweiz eine mittlere Position ein in der Menge der eingesetzten Antibiotika. Die Verteilung antibiotischer Stoffe auf einzelne Tierarten und der Verwendungszweck werden nicht erhoben. Es wird jedoch geschätzt, dass 2/3 der Antibiotika peroral (über das Futter oder über das Tränkewasser) verabreicht werden. Das bedeutet, dass die grösste Menge an antibiotischen Mitteln prophylaktisch, also vorbeugend, eingesetzt wird. Der kleinere Teil wird erst nach dem Auftreten von Krankheitszeichen eingesetzt, gezielt am einzelnen Tier oder dann wieder an der gesamten gefährdeten Gruppe. Problematik von Resistenzen Resistenz bedeutet, dass Antibiotika keine oder nur eine ungenügende Wirkung haben gegen bestimmte Erreger. So kann eine ursprünglich wenig spektakuläre Infektion zu langen Behandlungen mit Spätfolgen oder sogar zum Tod eines Patienten führen. Dies einfach deshalb, weil die vorhandenen Erreger sich mit den eingesetzten Medikamenten nicht mehr eliminieren lassen. Im schlechteren Fall sind die Erreger nicht nur gegen eine einzelne Antibiotikaklasse resistent, sondern gegen mehrere (multiresistente Bakterien). Diese Problematik besteht auch in der Tierhaltung; gewisse Infektionen befallen die Tiere hartnäckiger als früher und lassen sich kaum bekämpfen. Die resistenten Bakterien stören den Gesunden nicht weiter und im Normalfall auch nicht den Tierhalter. Sobald jedoch Infektionen auftreten, die auch mit Antibiotika behandelt werden sollen, dann können Komplikationen auftreten, weil die Medikamente nicht oder nur beschränkt wirken. Auch bei genauer Einhaltung von Rezepten und Absetzfristen wird man vor den Folgen von Resistenzen nicht verschont. Solange man nicht selber unter der nachteiligen Wirkung von resistenten Erregern leidet, beschäftigt man sich kaum mit dieser Problematik. Beängstigend ist die starke Zunahme in den letzten Jahren. Man spricht davon, dass in Schweizer Spitälern bereits täglich Menschen sterben wegen resistenter Keime. Auf Antibiotika resistente Bakterien werden überall nachgewiesen. In der Schweiz findet man multiresistente Bakterien in Seen und Flüssen. Sechs Prozent der Menschen tragen Keime im Darm mit einem Resistenzfaktor, der gegen eine häufige Klasse von Antibiotika wirkt, in Hühnern findet man diese in über sechzig Prozent der Tiere. Deshalb ist es dringend, dass die Anwendung überdenkt werden muss. Der Einsatz soll nicht verboten werden, sondern es muss daran gearbeitet werden, dass Antibiotika weiterhin bei Mensch und Tier die gewünschte Wirkung entfalten. Entstehen von Resistenzen Mikroorganismen müssen sich seit Jahrtausenden gegen negative Einflüsse der Umwelt schützen, also zum Beispiel gegen die tödliche Besiedelung durch Pilze. Als Gegenreaktion haben die Mikroorganismen einige Strategien und Tricks entwickelt. Diese setzen sie auch gegen die Wirkung von Antibiotika ein. Nachfolgend einige Beispiele: ‐
Die Mikroorganismen bilden ein abgeändertes Protein, das von der Arznei nicht angegriffen oder erkannt werden kann ‐
Das Bakterium produziert ein Protein, das die Wirkung des Antibiotikums neutralisiert ‐
Die Aufnahme oder Wirkung von Antibiotika wird reduziert durch Veränderungen in der Zellwand oder auf der Oberfläche ‐
Das vom Antibiotikum zu inaktivierende Protein wird durch die Bakterien in grösserer Menge produziert, das Antibiotikum wirkt ungenügend Der erfolgreiche Abwehrmechanismus wird sehr schnell in die Genetik einer Population aufgenommen. Der hohe „Zuchterfolg“ gründet darauf, dass in kurzer Zeit sehr viele Nachkommen mit den gewünschten Eigenschaften entstehen (bei guten Bedingungen 30 Minuten zur Verdoppelung der Population, schön selektiert durch die Anwendung von Antibiotika ). Sehr speziell ist, dass neue Eigenschaften auf mobilen genetischen Elementen sogar zwischen Bakterienarten weitergereicht werden können. Jedenfalls sind die Mikroorganismen der Forschung immer um Runden im Vorsprung. Überall wo Antibiotika eingesetzt werden, wird die Resistenzbildung angeregt! Es ist möglich, die Entstehungsorte von Resistenzen zu unterscheiden. Daraus zeigt sich, dass die Anwendung bei Menschen und bei Tieren zu Resistenzbildungen führt. Die Verantwortung kann nicht abgeschoben werden. Welche Massnahmen sind angesagt? Antibiotika sind unverzichtbare Arzneimittel im Einsatz gegen bakterielle Infektionen, sowohl bei Menschen als auch bei Tieren. Antibiotika müssen auch in Zukunft erfolgreich eingesetzt werden können. Aber wegen der Resistenzbildung ist der Einsatz kritischer vorzunehmen. Auf Bundesebene wird eine Strategie erarbeitet. Dies reicht nicht, denn Resistenzen entstehen dort, wo Antibiotika eingesetzt werden. Deshalb drängen sich Massnahmen auf dem Einzelbetrieb auf. Am meisten Antibiotika werden vorbeugend eingesetzt, zum Beispiel nach dem Einstallen von vielen fremden Jungtieren. Dort ist das Potential zum Einsparen recht gross. Allgemein formuliert, müssen die Gefahr von Infektionen reduziert und die Abwehrkraft der Tiere unterstützt werden, zum Beispiel durch angepasstes Management in der Tierhaltung, Fütterung, Hygiene, Wahl der Produktionsabläufe, Tierverkehr, züchterische Massnahmen. Bei notwendigem Einsatz soll zum Beispiel beachtet werden: Einzelbehandlungen mit der Spritze sind Behandlungen bei allen Tieren und über das Futter vorzuziehen; lieber das speziell wirkende Antibiotikum einsetzen, als die breit wirkenden Arznei; besser das unproblematische Mittel mit Absetzfrist einsetzen, als ein Resistenz‐problematisches ohne Absetzfrist; jede Behandlung mit Antibiotika hinterfragen. Um Antibiotika am richtigen Ort einsparen zu können, braucht es Sensibilisierung und Aufmerksamkeit von allen beteiligten Personen. Der Tierhalter ist angewiesen auf die fachlich korrekte Unterstützung durch den Tierarzt für einen sachgemässen und verantwortungsbewussten Einsatz von Antibiotika. Weitere Auskünfte: Hans Schneebeli, Strickhof, Telefon 058 105 98 13 E‐Mail [email protected] 
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