Das älteste Bild von Hersfeld – „Ein wirklich

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ZEITSCHRIFT FÜR GESCHICHTE, VOLKS- UND HEIMATKUNDE
Februar 2008
Nummer 2
Band 47
Das älteste Bild von Hersfeld –
„Ein wirklich spektakulärer Fund“
(11) Mittelteil Detail
(13) Mittelteil Detail
(laut Dr. Holger Th. Gräf, Landesamt für Landesgeschichte Marburg)
dies mit den Worten Jesu: „Ich bin das Tor
und die Tür, so jemand durch mich eingeht,
der wird selig werden.“ (Joh. 10, 9)
Das Kirchspiel Neukirchen kann sich
glücklich schätzen, in dem vom Restaurator wiederhergestellten Marienaltar aus
1573 in Odensachsen mit seiner ältesten
Stadtansicht Hersfelds ein weiteres
Kleinod in seiner Gemeinde zu beherbergen. Gemeinsam mit dem seltenen geschnitzten Flügelaltar aus 1522 in Neukirchen (Foto 14) hat das Kirchspiel damit
zwei außergewöhnliche Objekte gleichen
Genres. Orientiert an der Bibel sollen diese Kleinode die Menschen dazu einladen,
vor die Bilder zu treten, um selbst zu
schauen und zu verstehen, von Angesicht
zu Angesicht, von einem Gesicht zum anderen, von einer Sicht zur anderen. Zwei
fassbare Zeitzeugen der Geschichte, die
wie ein leuchtender Regenbogen eine
Brücke spannen von den Anfängen der
Reformation bis in unsere Gegenwart.
(1) Mittelteil Detail
Literatur
Das Alter des Marienaltars
(12) Mittelteil Detail
Die Datierung des Altars erschließt sich
dem Betrachter erst bei genauerem Hinsehen. Das Entstehungsjahr 1573 der mit
Tempera auf Holz gemalten Tafelbilder ist
zum einen angebracht an der Außenseite
des rechten Altarflügels (Verkündung) und
zum anderen im unteren Drittel des
Kreuzstammes Jesu (Kreuzigung Christi)
mit einer rätselhaften Signatur in der Mitte der Jahreszahl 1573 und den Buchstaben V und H in Ligatur (Foto 1). Diese
Kennzeichnung ähnelt der lateinischen
Schreibweise der Zahl sechs, ist jedoch
mit einer kleinen, waagerechten Linie
zwischen den Kapitalbuchstaben V und I
verbunden. Diese Signatur findet sich
noch einmal etwas größer dargestellt auf
der linken, unteren Ecke der Anbetung
der Heiligen Drei Könige. Hier aber ist
die kleine Verbindungslinie als eindeutig
gewollt auszumachen und weist auf das
verschlüsselte Monogramm des Malers
hin. Die Art und Weise der Ausführung
des Monogramms und auch der anderen
Kapitalbuchstaben lässt spontan auf die
Arbeit eines hoch qualifizierten Bildhauers schließen, denn die großen Meister ihrer Zeit waren oft Bildhauer und Maler.
Erwin Sturm, Die Bau – und Kunstdenkmale
des Fuldaer Landes, Kreis Hünfeld
LCI, Lexikon der christlichen Ikonographie
Victor Sabo, 1000 Jahre Odensachsen, Die Kirche, Mein Heimatland Juni 2003, Nr. 6, Band
42
Victor Sabo, 700 Jahre Kirche in Neukirchen,
Mein Heimatland 1995, Band 36, Nr. 12a und
12b
8
Über die Entdeckung auf dem Flügelaltar in Haunetal-Odensachsen
Von Victor Sabo, Haunetal-Neukirchen
Teil 2: Hersfeld als Jerusalem - das bislang einzige Gemälde des Malers
Wer war der Maler?
(14) Flügelaltar der Kirche in Neukirchen.
Fotos: J. Zühlke/V. Sabo
Victor Sabo, Symbole von Macht und Recht,
Mein Heimatland 1983, Band 30, Nr. 14
Prof. Dr. v. Huhn, Symbole des Rechts
Dr. Dieter Großmann, Protestantischer Kirchenbau im Hersfelder Gebiet, Odensachsen,
Mein Heimatland 1954, Band 16, Nr. 5
Joseph Hörle, Die Grabsteine im Stift Hersfeld, Die Stiftsruine, 1938/40
Ubbo Mozer, Der Bildhauer Valentinus Hep in
Hersfeld, Mein Heimatland, 1969, Band 23,
Nr. 14
Prof. Dr. Azzola, Heinrich Riebeling, Steinkreuze und Kreuzsteine in Hessen
Jürgen Kaiser, Mittelalter in Deutschland
Schätze der Weltkunst, Die Renaissance, Romanik und Gotik
Harald Neuber, Haunetaler Geschichte
Hiltgart Keller, Reclams Lexikon der Heiligen
und biblischen Gestalten
B. Bilzer, F. Winzer, Meisterwerke aus der
Schatzkammer europäischer Malerei
Rheingauer Verlag, Die Malerei aller Zeiten
Edwin Mullins, 100 Meisterwerke aus den
großen Museen der Welt
Die Bibel, Lutherübersetzung in der revidierten Fassung von 1984
Mein besonderer Dank gilt Herrn Pfarrer Thomas Funk und dem Kirchenvorstand von
Odensachsen,
Herrn Ernst-Heinrich Meidt für die gute Zusammenarbeit und Unterstützung bei der Erstellung der vorliegenden Schrift,
Herrn Jörg Zühlke für die hervorragenden Fotoarbeiten,
Herrn Johannes van Horrick für die Einladung in
den Kapitelsaal zur Präsentation des Städteatlasses Hersfeld, der entscheidenden Wende bei der
Entdeckung des ältesten Bildes von Hersfeld,
Herrn Dr. Holger Th. Gräf vom Hess. Landesamt für geschichtliche Landeskunde für die
wissenschaftliche Beratung und Unterstützung
bei diesem „spektakulären Fund“,
den EheleutenH. u. P. Weppler für die digitale
Fotobearbeitung
sowie „der besten Ehefrau von allen“ für ihre
große Hilfsbereitschaft und ihr Verständnis für
die zeitaufwändige Arbeit.
»Mein Heimatland«, monatliche Beilage zur
»Hersfelder Zeitung«. Gegründet von Wilhelm Neuhaus.
Schriftleitung: Ernst-Heinrich Meidt
Druck und Verlag: Hoehl-Druck, 36251 Bad Hersfeld
Bei meinen Nachforschungen über das
eigenwillige Monogramm erinnerte ich
mich an eine ähnliche Darstellung in der
Kirche zu Wehrda. Dieses Memento
erwies sich als ein Volltreffer: Ein großes,
farbiges Renaissance-Doppelgrabmal (Fotos 2 und 3) an der Nordwand des Kirchenschiffes in Wehrda zeigt die Stifter
der Kirche, Lukas von Trümbach und
seine Gemahlin Clara, geb. von Schenk
zu Schweinsberg. Beide knien in Hochrelief vor einem hohen Kruzifix, zu dessen
Füßen Totenschädel und Gebeine liegen.
Darunter in einer verzierten Kartusche
die Jahreszahl mit dem Monogramm in
der Mitte: 15 VH 70. Zur großen Freude
nennt dazu auch noch der Maler im
Sockel seinen ausgeschriebenen Namen:
VALENTINUS HEP.
(2) Renaissance-Doppelgrabmal
Erst durch diese Inschrift wurde der von
den Wissenschaftlern lange Zeit gesuchte
geniale Renaissance - Bildhauermeister
mit den Initialen VH identifiziert. Aus
Hersfelder und Fuldaer Archivalien lassen sich Vater Hermann Hep (HH) und
Sohn Valentinus (VH) nachweisen.
Während die Familie in Fulda lediglich
(3) Renaissance-Doppelgrabmal Detail
temporär auftaucht, ist sie in Hersfeld
bereits seit dem 14. Jh. nachweisbar. Die
Auftraggeber der Heps waren die Fürstäbte von Fulda, Hersfeld und Schlüchtern, die kaiserlichen Statthalter in
Fulda, geistliche Würdenträger und Angehörige der buchischen Ritterschaft, wie
die Herren von Trümbach, von Haune,
von Buchenau, von Hutten und von
Schenk zu Schweinsberg.
Für etwas mehr als ein Vierteljahrhundert hatte offenbar die Hep-Werkstatt
den ersten Rang inne im osthessischen
geistlich und ritterschaftlich bestimmten
Gebiet. Das gibt diesen Bildhauern, unabhängig von der künstlerischen Qualität
ihrer Werke, eine kulturgeschichtliche
Bedeutung. Die Archäologen Joseph Hörle und Ubbo Mozer bezeichnen Valentinus Hep geradezu als d e n Renaissance Bildhauermeister und Steinmetzen unter
dem gelehrten Hersfelder Fürstabt Ludwig Landau (1570-1588). Als Fürstabt
Ludwig IV. gilt dieser als der entschiedenste Förderer der Renaissance in Hersfeld. Seit Anfang seiner Regierungszeit
avancierte Valentinus Hep quasi zu „seinem Hofbildhauer.“ Bei den bisherigen
Werken des Meisters handelte es sich seit
1559 ausschließlich um Grabplatten und
5
derers Fürstabt Ludwig IV. Auch sie zeigt
das große Wappen Ludwigs mit Umschrift. Die typische Signatur Valentinus
Heps findet sich wieder zwischen einer
weiteren Jahreszahl 15 VH 88 unter dem
Wappenschild. Durch Beschädigungen im
Verlauf der Jahrhunderte präsentiert sich
die Grabplatte heute in mehreren, zusammengefügten Bruchstücken. Von der Jahreszahl und der Signatur sind heute leider
nur noch die 15, das V und der erste
Schaft des H’ s sicher zu erkennen.
Diese beschädigte Grabplatte Fürstabt
Ludwigs IV. steht heute als Prunkstück in
der Eingangshalle der Hersfelder Stiftsruine, denn sie ist der „alleinige“ in
Hersfeld noch erhaltene Grabstein eines
Hersfelder Abtes.
(4) Wappenstein Schloss Eichhof.
Epitaphe (Wandgrabmäler) in den Kreisen Fulda, Hünfeld und Schlüchtern.
1572 verfertigt Valentinus Hep seine erste
Arbeit, die keinen Grabstein darstellt. Es
ist ein Wappenstein (Foto 4) mit großem
Familienwappen des Fürstabtes Ludwig
IV. rechter Hand im Portal des Schlosses
Eichhof. Es zeigt im quadrierten Schild
zweimal das Hersfelder Doppelkreuz, sowie jeweils zwei Pilgerstäbe. Die Signatur VH findet sich in der rechten unteren
Ecke.
Das Hersfelder Doppelkreuz (Foto 5) ist
der wichtigste verbliebene Besitz der
Reichsabtei Hersfeld und steht heute im
Eingangsbereich zum Stift neben dem
Linggdenkmal, sein Material stammt von
den „Langen Steinen“ am Stoppelsberg.
Der Arbeit V. Heps sollten noch
annähernd 30 weitere Werkstücke folgen.
Die Krönung seines Bildhauerlebens und
den bisher zeitlich letzten Beleg für sein
Wirken aber bildete 1588 ausgerechnet
die Grabplatte (Foto 6) seines großen För-
(5) Stiftskreuz neben Linggdenkmal.
6
(6) Grabplatte Vorhalle Stiftsruine
Das bislang e i n z i g e
Gemälde Valentin Heps
Da das Kloster Hersfeld auch in Wehrda
begütert war, hatte Fürstabt Ludwig Landau, der aus Hünfeld stammte, vermutlich
besonders gute Kontakte zu der buchischen Adelsherrschaft derer von Trümbach (vormals Trubenbach). Allein acht
von fünfzehn Grabmälern Valentinus
Heps finden sich in den Kirchen von
Wehrda (7) (Foto 7) und Rhina (1). Damit
(7) Kirche in Wehrda.
zählen die Herren von Trümbach neben
dem Stift Hersfeld womöglich mit zu den
größten Auftraggebern des bedeutenden
Bildhauermeisters. So ließe sich demzufolge auch der Auftrag während der Trubenbachischen Erbteilung im Jahre 1573
für Valentinus Hep erklären, den in Odensachsen hoch begüterten Herren von
Trümbach als Maler einen Marienaltar
für die Kirche zu erstellen. Neben seiner
jahrelangen, künstlerischen Tätigkeit als
genialer Bildhauer kreierte er damit sein
bislang e i n z i g e s Gemälde, das von
ihm auf uns überkommen ist.
Ein spektakulärer Fund –
Die Entdeckung Hersfelds als
Jerusalem
In den Mittelpunkt des Bildhintergrundes
der Kreuzigungsdarstellung stellt er dabei eine mit hohen Mauern bewehrte mittelalterliche Stadt (Foto 8) symbolisch als
die „Heilige Stadt Jerusalem,“ eingebettet in seine heimatliche Landschaft der
Rhön und des Knülls, erkennbar an den
hier vorherrschenden Gesteinen des hexagonalen Säulenbasalts hinter dem
rechten Kreuz des bösen Schächers.
Spontan drängte sich die Vermutung in
mir auf, es könne sich bei der dargestellten mittelalterlichen Stadt um Valentin
Heps Heimatstadt Hersfeld handeln, so
wie es bei vielen Malern der Renaissance
probat war. Jedoch konnte ich einige Elemente der Stadtansicht nicht einwandfrei
zuordnen. Auch die freundliche Hilfe von
Frau B. Schwarz vom Geschichtsverein
zeitigte kein Ergebnis.
Erst eine Einladung Herr van Horricks,
dem Leiter der Technischen Verwaltung
und des Stadtarchivs der Stadt Bad Hersfeld, in den Kapitelsaal, brachte die entscheidende Wende.
Frau Prof. Dr. Ursula Braasch-Schwersmann, die Direktorin des Hess. Landesamtes für Landesgeschichte in Marburg,
stellte u. a. Herrn Dr. Holger Th. Gräf vor,
als den zuständigen Leiter bei der Erstellung des Hessischen Städteatlasses mit
der Stadtmappe Hersfeld. Herr Dr. Gräf
präsentierte in einem eindrucksvollen
Vortrag die historische Entwicklung der
Stadt anhand von Bildern und Karten
und erwies sich dabei als ein profunder
Kenner Hersfelds. Anschließend nutzte
ich die Gelegenheit, Herrn Dr. Gräf mit
einem Poster der Kreuzigungsszene des
Flügelaltars zu konfrontieren, das ich einer plötzlichen Eingebung zufolge mitgenommen hatte. Kaum hatte er das Bild
erblickt, als er ausrief: „Aber das ist ja
Hersfeld – und auch noch als die Heilige
Stadt Jerusalem“.
Für weitere Untersuchungen am Landesamt in Marburg überließ ich Herrn Dr.
Gräf das Bild. Einige Tage später konnte
er mir meine ursprüngliche Vermutung
tatsächlich bestätigen. Hier ein modifizierter Auszug seiner Stellungnahme:
„…..herzlichen Dank für das Flügelaltarbild. Ich habe mir den Ausschnitt mit der
Stadtvedute in Vergrößerung angeschaut
und bin mir sicher, dass es sich um eine
Ansicht Hersfelds handelt. Bei den Gebäuden neben dem linken Gekreuzigten
weist der hohe viereckige Turm eindeutig
auf das Schloss Eichen (Eichhof) (Foto 9)
hin mit der angedeuteten Auenlandschaft. Das Mühlrad an der Stirnseite des
giebelständigen Gebäudes zeigt die Eichmühle. Der Gebäudekomplex über Longinus stellt die Stiftskirche mit Westturm
(Foto 10) und Vierung dar, rechts daneben
(8) Mittelteil Detail
der breit gezogene Treppengiebel des
Hospitals. Der Torturm des inneren Johannestores schließt sich rechts neben
dem Kreuz Jesu an, davor verläuft die
äußere Stadtmauer mit dem Peterstor.
Der große gotische Steinbau (Foto 11) mit
rauchendem Schornstein und Giebelerker
dahinter ist das vormalige, alte Rathaus.
Damit liegt das genaueste Bild des mittelalterlichen Rathauses überhaupt vor, das
dem 1607 entstandenen RenaissanceNeubau weichen musste.
Den rechten Bildrand der Stadtvedute
beschließt die Stadtkirche mit der ehemals hohen, spitzen Turmhaube und den
vier Wichhäuschen
(Ecktürmchen).
Rechts davon ist gerade noch der Anbau
des Kirchenschiffs auszumachen. Bei dem
hohen, schlanken Turm hinter dem Rathaus könnte es sich wegen seiner außerordentlichen Bedeutung als Träger der ältesten Glocke Deutschlands um den Katharinenturm handeln, den einzigen und
ältesten romanischen Campanile nördlich
der Alpen. Aus Platzgründen und aus
freier, künstlerischer Interpretation hat
ihn der Maler aus dem Stiftsbezirk hier-
her verlegt (Foto 11). Insgesamt will ich
nicht versäumen, Sie zu diesem außerordentlich interessanten und wirklich spektakulären Fund zu beglückwünschen und
wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg bei
Ihrer Arbeit.“
1591, Moers 1592/97, Lehnhardt 1615 und
Matthäus Merian 1655 etc.).
Die Reformation war einst der Auslöser
gewesen für einen innerdeutschen Religionskrieg und wurde mit dem Augsburger
Religionsfrieden 1555 offiziell vom katholischen Kaiser des Heiligen Römischen
Reiches, Maximilian II., anerkannt. Auf
der rechten Bildhälfte der Kreuzigungsszene offenbart der Künstler seine politische Einstellung und auch die seines Landesherren, des Hessischen Landgrafens
Wilhelm IV. und nimmt eindeutig Stellung gegen den Habsburger Kaiser, dessen
Farben Schwarz und Gold den schwarzen Doppeladler auf goldenem Grund symbolisieren. Indem der Maler die in
Schwarz und Gold gehaltene, zeitgenössische Pluderhose als des „Kaisers Kleider
dem bösen Schächer“ anzieht, stellt er
damit den Kaiser auf die gleiche Stufe
wie den unbußfertigen Schächer und
„schlägt ihn symbolisch ans Kreuz“ (Foto 13).
Da der Odensachsener Marienaltar vermutlich aus religiösen Gründen obsolet
geworden war, musste er 1706 /1707 beim
Anbau des neuen Kirchenschiffs aus der
zuvor zentralen Aufstellung in eine periphere gebracht werden. Er hatte dem
neuen Kanzelaltar weichen müssen, seine
Teile wurden voneinander getrennt, aber
(10) Mittelteil Detail
Die älteste Stadtansicht
von Hersfeld
(9) Mittelteil Detail.
Mit seinem bislang einzigen Gemälde verbindet Valentinus Hep auf geniale Weise
symbolisch den Auftraggeber, den Standort des Marienaltars, seine Heimatstadt
und die „Heilige Stadt Jerusalem.“ In der
chronologischen Abfolge der Stadtansichten Hersfelds, zu der letzten Endes eine
Aneinanderreihung glücklicher Umstände
geführt hat, steht demnach sein Bild auf
dem Flügelaltar aus dem Jahr 1573 an erster Stelle und ist somit die älteste Abbildung Hersfelds überhaupt (vor Dilich
aus Pietätsgründen nicht zerschlagen,
sondern an unterschiedlichen Standorten
im Innenraum aufbewahrt.
300 Jahre später nun erleben wir die Renaissance des berühmten Bildhauers als
Maler mit der „Wiedergeburt und Wiedervereinigung des Marienaltars von
Odensachsen“ und symbolisch zugleich
eine „Auferstehung und Wiederkunft
Christi“
mit seinem unvergänglichen
Credo:
„Liebe deinen Nächsten, wie
dich selbst“ (Foto 12).
Im Zentrum des Altarbildes wird der
Blick frei unter den segnenden Armen des
Gekreuzigten hindurch auf die „Heilige
Stadt Jerusalem“ und den Weg ins Para-
7
derers Fürstabt Ludwig IV. Auch sie zeigt
das große Wappen Ludwigs mit Umschrift. Die typische Signatur Valentinus
Heps findet sich wieder zwischen einer
weiteren Jahreszahl 15 VH 88 unter dem
Wappenschild. Durch Beschädigungen im
Verlauf der Jahrhunderte präsentiert sich
die Grabplatte heute in mehreren, zusammengefügten Bruchstücken. Von der Jahreszahl und der Signatur sind heute leider
nur noch die 15, das V und der erste
Schaft des H’ s sicher zu erkennen.
Diese beschädigte Grabplatte Fürstabt
Ludwigs IV. steht heute als Prunkstück in
der Eingangshalle der Hersfelder Stiftsruine, denn sie ist der „alleinige“ in
Hersfeld noch erhaltene Grabstein eines
Hersfelder Abtes.
(4) Wappenstein Schloss Eichhof.
Epitaphe (Wandgrabmäler) in den Kreisen Fulda, Hünfeld und Schlüchtern.
1572 verfertigt Valentinus Hep seine erste
Arbeit, die keinen Grabstein darstellt. Es
ist ein Wappenstein (Foto 4) mit großem
Familienwappen des Fürstabtes Ludwig
IV. rechter Hand im Portal des Schlosses
Eichhof. Es zeigt im quadrierten Schild
zweimal das Hersfelder Doppelkreuz, sowie jeweils zwei Pilgerstäbe. Die Signatur VH findet sich in der rechten unteren
Ecke.
Das Hersfelder Doppelkreuz (Foto 5) ist
der wichtigste verbliebene Besitz der
Reichsabtei Hersfeld und steht heute im
Eingangsbereich zum Stift neben dem
Linggdenkmal, sein Material stammt von
den „Langen Steinen“ am Stoppelsberg.
Der Arbeit V. Heps sollten noch
annähernd 30 weitere Werkstücke folgen.
Die Krönung seines Bildhauerlebens und
den bisher zeitlich letzten Beleg für sein
Wirken aber bildete 1588 ausgerechnet
die Grabplatte (Foto 6) seines großen För-
(5) Stiftskreuz neben Linggdenkmal.
6
(6) Grabplatte Vorhalle Stiftsruine
Das bislang e i n z i g e
Gemälde Valentin Heps
Da das Kloster Hersfeld auch in Wehrda
begütert war, hatte Fürstabt Ludwig Landau, der aus Hünfeld stammte, vermutlich
besonders gute Kontakte zu der buchischen Adelsherrschaft derer von Trümbach (vormals Trubenbach). Allein acht
von fünfzehn Grabmälern Valentinus
Heps finden sich in den Kirchen von
Wehrda (7) (Foto 7) und Rhina (1). Damit
(7) Kirche in Wehrda.
zählen die Herren von Trümbach neben
dem Stift Hersfeld womöglich mit zu den
größten Auftraggebern des bedeutenden
Bildhauermeisters. So ließe sich demzufolge auch der Auftrag während der Trubenbachischen Erbteilung im Jahre 1573
für Valentinus Hep erklären, den in Odensachsen hoch begüterten Herren von
Trümbach als Maler einen Marienaltar
für die Kirche zu erstellen. Neben seiner
jahrelangen, künstlerischen Tätigkeit als
genialer Bildhauer kreierte er damit sein
bislang e i n z i g e s Gemälde, das von
ihm auf uns überkommen ist.
Ein spektakulärer Fund –
Die Entdeckung Hersfelds als
Jerusalem
In den Mittelpunkt des Bildhintergrundes
der Kreuzigungsdarstellung stellt er dabei eine mit hohen Mauern bewehrte mittelalterliche Stadt (Foto 8) symbolisch als
die „Heilige Stadt Jerusalem,“ eingebettet in seine heimatliche Landschaft der
Rhön und des Knülls, erkennbar an den
hier vorherrschenden Gesteinen des hexagonalen Säulenbasalts hinter dem
rechten Kreuz des bösen Schächers.
Spontan drängte sich die Vermutung in
mir auf, es könne sich bei der dargestellten mittelalterlichen Stadt um Valentin
Heps Heimatstadt Hersfeld handeln, so
wie es bei vielen Malern der Renaissance
probat war. Jedoch konnte ich einige Elemente der Stadtansicht nicht einwandfrei
zuordnen. Auch die freundliche Hilfe von
Frau B. Schwarz vom Geschichtsverein
zeitigte kein Ergebnis.
Erst eine Einladung Herr van Horricks,
dem Leiter der Technischen Verwaltung
und des Stadtarchivs der Stadt Bad Hersfeld, in den Kapitelsaal, brachte die entscheidende Wende.
Frau Prof. Dr. Ursula Braasch-Schwersmann, die Direktorin des Hess. Landesamtes für Landesgeschichte in Marburg,
stellte u. a. Herrn Dr. Holger Th. Gräf vor,
als den zuständigen Leiter bei der Erstellung des Hessischen Städteatlasses mit
der Stadtmappe Hersfeld. Herr Dr. Gräf
präsentierte in einem eindrucksvollen
Vortrag die historische Entwicklung der
Stadt anhand von Bildern und Karten
und erwies sich dabei als ein profunder
Kenner Hersfelds. Anschließend nutzte
ich die Gelegenheit, Herrn Dr. Gräf mit
einem Poster der Kreuzigungsszene des
Flügelaltars zu konfrontieren, das ich einer plötzlichen Eingebung zufolge mitgenommen hatte. Kaum hatte er das Bild
erblickt, als er ausrief: „Aber das ist ja
Hersfeld – und auch noch als die Heilige
Stadt Jerusalem“.
Für weitere Untersuchungen am Landesamt in Marburg überließ ich Herrn Dr.
Gräf das Bild. Einige Tage später konnte
er mir meine ursprüngliche Vermutung
tatsächlich bestätigen. Hier ein modifizierter Auszug seiner Stellungnahme:
„…..herzlichen Dank für das Flügelaltarbild. Ich habe mir den Ausschnitt mit der
Stadtvedute in Vergrößerung angeschaut
und bin mir sicher, dass es sich um eine
Ansicht Hersfelds handelt. Bei den Gebäuden neben dem linken Gekreuzigten
weist der hohe viereckige Turm eindeutig
auf das Schloss Eichen (Eichhof) (Foto 9)
hin mit der angedeuteten Auenlandschaft. Das Mühlrad an der Stirnseite des
giebelständigen Gebäudes zeigt die Eichmühle. Der Gebäudekomplex über Longinus stellt die Stiftskirche mit Westturm
(Foto 10) und Vierung dar, rechts daneben
(8) Mittelteil Detail
der breit gezogene Treppengiebel des
Hospitals. Der Torturm des inneren Johannestores schließt sich rechts neben
dem Kreuz Jesu an, davor verläuft die
äußere Stadtmauer mit dem Peterstor.
Der große gotische Steinbau (Foto 11) mit
rauchendem Schornstein und Giebelerker
dahinter ist das vormalige, alte Rathaus.
Damit liegt das genaueste Bild des mittelalterlichen Rathauses überhaupt vor, das
dem 1607 entstandenen RenaissanceNeubau weichen musste.
Den rechten Bildrand der Stadtvedute
beschließt die Stadtkirche mit der ehemals hohen, spitzen Turmhaube und den
vier Wichhäuschen
(Ecktürmchen).
Rechts davon ist gerade noch der Anbau
des Kirchenschiffs auszumachen. Bei dem
hohen, schlanken Turm hinter dem Rathaus könnte es sich wegen seiner außerordentlichen Bedeutung als Träger der ältesten Glocke Deutschlands um den Katharinenturm handeln, den einzigen und
ältesten romanischen Campanile nördlich
der Alpen. Aus Platzgründen und aus
freier, künstlerischer Interpretation hat
ihn der Maler aus dem Stiftsbezirk hier-
her verlegt (Foto 11). Insgesamt will ich
nicht versäumen, Sie zu diesem außerordentlich interessanten und wirklich spektakulären Fund zu beglückwünschen und
wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg bei
Ihrer Arbeit.“
1591, Moers 1592/97, Lehnhardt 1615 und
Matthäus Merian 1655 etc.).
Die Reformation war einst der Auslöser
gewesen für einen innerdeutschen Religionskrieg und wurde mit dem Augsburger
Religionsfrieden 1555 offiziell vom katholischen Kaiser des Heiligen Römischen
Reiches, Maximilian II., anerkannt. Auf
der rechten Bildhälfte der Kreuzigungsszene offenbart der Künstler seine politische Einstellung und auch die seines Landesherren, des Hessischen Landgrafens
Wilhelm IV. und nimmt eindeutig Stellung gegen den Habsburger Kaiser, dessen
Farben Schwarz und Gold den schwarzen Doppeladler auf goldenem Grund symbolisieren. Indem der Maler die in
Schwarz und Gold gehaltene, zeitgenössische Pluderhose als des „Kaisers Kleider
dem bösen Schächer“ anzieht, stellt er
damit den Kaiser auf die gleiche Stufe
wie den unbußfertigen Schächer und
„schlägt ihn symbolisch ans Kreuz“ (Foto 13).
Da der Odensachsener Marienaltar vermutlich aus religiösen Gründen obsolet
geworden war, musste er 1706 /1707 beim
Anbau des neuen Kirchenschiffs aus der
zuvor zentralen Aufstellung in eine periphere gebracht werden. Er hatte dem
neuen Kanzelaltar weichen müssen, seine
Teile wurden voneinander getrennt, aber
(10) Mittelteil Detail
Die älteste Stadtansicht
von Hersfeld
(9) Mittelteil Detail.
Mit seinem bislang einzigen Gemälde verbindet Valentinus Hep auf geniale Weise
symbolisch den Auftraggeber, den Standort des Marienaltars, seine Heimatstadt
und die „Heilige Stadt Jerusalem.“ In der
chronologischen Abfolge der Stadtansichten Hersfelds, zu der letzten Endes eine
Aneinanderreihung glücklicher Umstände
geführt hat, steht demnach sein Bild auf
dem Flügelaltar aus dem Jahr 1573 an erster Stelle und ist somit die älteste Abbildung Hersfelds überhaupt (vor Dilich
aus Pietätsgründen nicht zerschlagen,
sondern an unterschiedlichen Standorten
im Innenraum aufbewahrt.
300 Jahre später nun erleben wir die Renaissance des berühmten Bildhauers als
Maler mit der „Wiedergeburt und Wiedervereinigung des Marienaltars von
Odensachsen“ und symbolisch zugleich
eine „Auferstehung und Wiederkunft
Christi“
mit seinem unvergänglichen
Credo:
„Liebe deinen Nächsten, wie
dich selbst“ (Foto 12).
Im Zentrum des Altarbildes wird der
Blick frei unter den segnenden Armen des
Gekreuzigten hindurch auf die „Heilige
Stadt Jerusalem“ und den Weg ins Para-
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ZEITSCHRIFT FÜR GESCHICHTE, VOLKS- UND HEIMATKUNDE
Februar 2008
Nummer 2
Band 47
Das älteste Bild von Hersfeld –
„Ein wirklich spektakulärer Fund“
(11) Mittelteil Detail
(13) Mittelteil Detail
(laut Dr. Holger Th. Gräf, Landesamt für Landesgeschichte Marburg)
dies mit den Worten Jesu: „Ich bin das Tor
und die Tür, so jemand durch mich eingeht,
der wird selig werden.“ (Joh. 10, 9)
Das Kirchspiel Neukirchen kann sich
glücklich schätzen, in dem vom Restaurator wiederhergestellten Marienaltar aus
1573 in Odensachsen mit seiner ältesten
Stadtansicht Hersfelds ein weiteres
Kleinod in seiner Gemeinde zu beherbergen. Gemeinsam mit dem seltenen geschnitzten Flügelaltar aus 1522 in Neukirchen (Foto 14) hat das Kirchspiel damit
zwei außergewöhnliche Objekte gleichen
Genres. Orientiert an der Bibel sollen diese Kleinode die Menschen dazu einladen,
vor die Bilder zu treten, um selbst zu
schauen und zu verstehen, von Angesicht
zu Angesicht, von einem Gesicht zum anderen, von einer Sicht zur anderen. Zwei
fassbare Zeitzeugen der Geschichte, die
wie ein leuchtender Regenbogen eine
Brücke spannen von den Anfängen der
Reformation bis in unsere Gegenwart.
(1) Mittelteil Detail
Literatur
Das Alter des Marienaltars
(12) Mittelteil Detail
Die Datierung des Altars erschließt sich
dem Betrachter erst bei genauerem Hinsehen. Das Entstehungsjahr 1573 der mit
Tempera auf Holz gemalten Tafelbilder ist
zum einen angebracht an der Außenseite
des rechten Altarflügels (Verkündung) und
zum anderen im unteren Drittel des
Kreuzstammes Jesu (Kreuzigung Christi)
mit einer rätselhaften Signatur in der Mitte der Jahreszahl 1573 und den Buchstaben V und H in Ligatur (Foto 1). Diese
Kennzeichnung ähnelt der lateinischen
Schreibweise der Zahl sechs, ist jedoch
mit einer kleinen, waagerechten Linie
zwischen den Kapitalbuchstaben V und I
verbunden. Diese Signatur findet sich
noch einmal etwas größer dargestellt auf
der linken, unteren Ecke der Anbetung
der Heiligen Drei Könige. Hier aber ist
die kleine Verbindungslinie als eindeutig
gewollt auszumachen und weist auf das
verschlüsselte Monogramm des Malers
hin. Die Art und Weise der Ausführung
des Monogramms und auch der anderen
Kapitalbuchstaben lässt spontan auf die
Arbeit eines hoch qualifizierten Bildhauers schließen, denn die großen Meister ihrer Zeit waren oft Bildhauer und Maler.
Erwin Sturm, Die Bau – und Kunstdenkmale
des Fuldaer Landes, Kreis Hünfeld
LCI, Lexikon der christlichen Ikonographie
Victor Sabo, 1000 Jahre Odensachsen, Die Kirche, Mein Heimatland Juni 2003, Nr. 6, Band
42
Victor Sabo, 700 Jahre Kirche in Neukirchen,
Mein Heimatland 1995, Band 36, Nr. 12a und
12b
8
Über die Entdeckung auf dem Flügelaltar in Haunetal-Odensachsen
Von Victor Sabo, Haunetal-Neukirchen
Teil 2: Hersfeld als Jerusalem - das bislang einzige Gemälde des Malers
Wer war der Maler?
(14) Flügelaltar der Kirche in Neukirchen.
Fotos: J. Zühlke/V. Sabo
Victor Sabo, Symbole von Macht und Recht,
Mein Heimatland 1983, Band 30, Nr. 14
Prof. Dr. v. Huhn, Symbole des Rechts
Dr. Dieter Großmann, Protestantischer Kirchenbau im Hersfelder Gebiet, Odensachsen,
Mein Heimatland 1954, Band 16, Nr. 5
Joseph Hörle, Die Grabsteine im Stift Hersfeld, Die Stiftsruine, 1938/40
Ubbo Mozer, Der Bildhauer Valentinus Hep in
Hersfeld, Mein Heimatland, 1969, Band 23,
Nr. 14
Prof. Dr. Azzola, Heinrich Riebeling, Steinkreuze und Kreuzsteine in Hessen
Jürgen Kaiser, Mittelalter in Deutschland
Schätze der Weltkunst, Die Renaissance, Romanik und Gotik
Harald Neuber, Haunetaler Geschichte
Hiltgart Keller, Reclams Lexikon der Heiligen
und biblischen Gestalten
B. Bilzer, F. Winzer, Meisterwerke aus der
Schatzkammer europäischer Malerei
Rheingauer Verlag, Die Malerei aller Zeiten
Edwin Mullins, 100 Meisterwerke aus den
großen Museen der Welt
Die Bibel, Lutherübersetzung in der revidierten Fassung von 1984
Mein besonderer Dank gilt Herrn Pfarrer Thomas Funk und dem Kirchenvorstand von
Odensachsen,
Herrn Ernst-Heinrich Meidt für die gute Zusammenarbeit und Unterstützung bei der Erstellung der vorliegenden Schrift,
Herrn Jörg Zühlke für die hervorragenden Fotoarbeiten,
Herrn Johannes van Horrick für die Einladung in
den Kapitelsaal zur Präsentation des Städteatlasses Hersfeld, der entscheidenden Wende bei der
Entdeckung des ältesten Bildes von Hersfeld,
Herrn Dr. Holger Th. Gräf vom Hess. Landesamt für geschichtliche Landeskunde für die
wissenschaftliche Beratung und Unterstützung
bei diesem „spektakulären Fund“,
den EheleutenH. u. P. Weppler für die digitale
Fotobearbeitung
sowie „der besten Ehefrau von allen“ für ihre
große Hilfsbereitschaft und ihr Verständnis für
die zeitaufwändige Arbeit.
»Mein Heimatland«, monatliche Beilage zur
»Hersfelder Zeitung«. Gegründet von Wilhelm Neuhaus.
Schriftleitung: Ernst-Heinrich Meidt
Druck und Verlag: Hoehl-Druck, 36251 Bad Hersfeld
Bei meinen Nachforschungen über das
eigenwillige Monogramm erinnerte ich
mich an eine ähnliche Darstellung in der
Kirche zu Wehrda. Dieses Memento
erwies sich als ein Volltreffer: Ein großes,
farbiges Renaissance-Doppelgrabmal (Fotos 2 und 3) an der Nordwand des Kirchenschiffes in Wehrda zeigt die Stifter
der Kirche, Lukas von Trümbach und
seine Gemahlin Clara, geb. von Schenk
zu Schweinsberg. Beide knien in Hochrelief vor einem hohen Kruzifix, zu dessen
Füßen Totenschädel und Gebeine liegen.
Darunter in einer verzierten Kartusche
die Jahreszahl mit dem Monogramm in
der Mitte: 15 VH 70. Zur großen Freude
nennt dazu auch noch der Maler im
Sockel seinen ausgeschriebenen Namen:
VALENTINUS HEP.
(2) Renaissance-Doppelgrabmal
Erst durch diese Inschrift wurde der von
den Wissenschaftlern lange Zeit gesuchte
geniale Renaissance - Bildhauermeister
mit den Initialen VH identifiziert. Aus
Hersfelder und Fuldaer Archivalien lassen sich Vater Hermann Hep (HH) und
Sohn Valentinus (VH) nachweisen.
Während die Familie in Fulda lediglich
(3) Renaissance-Doppelgrabmal Detail
temporär auftaucht, ist sie in Hersfeld
bereits seit dem 14. Jh. nachweisbar. Die
Auftraggeber der Heps waren die Fürstäbte von Fulda, Hersfeld und Schlüchtern, die kaiserlichen Statthalter in
Fulda, geistliche Würdenträger und Angehörige der buchischen Ritterschaft, wie
die Herren von Trümbach, von Haune,
von Buchenau, von Hutten und von
Schenk zu Schweinsberg.
Für etwas mehr als ein Vierteljahrhundert hatte offenbar die Hep-Werkstatt
den ersten Rang inne im osthessischen
geistlich und ritterschaftlich bestimmten
Gebiet. Das gibt diesen Bildhauern, unabhängig von der künstlerischen Qualität
ihrer Werke, eine kulturgeschichtliche
Bedeutung. Die Archäologen Joseph Hörle und Ubbo Mozer bezeichnen Valentinus Hep geradezu als d e n Renaissance Bildhauermeister und Steinmetzen unter
dem gelehrten Hersfelder Fürstabt Ludwig Landau (1570-1588). Als Fürstabt
Ludwig IV. gilt dieser als der entschiedenste Förderer der Renaissance in Hersfeld. Seit Anfang seiner Regierungszeit
avancierte Valentinus Hep quasi zu „seinem Hofbildhauer.“ Bei den bisherigen
Werken des Meisters handelte es sich seit
1559 ausschließlich um Grabplatten und
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