leitlinien zur erhaltung und gestaltung

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Fachbereich Stadtentwicklung und Planung
GESTALTUNGS- UND
MODERNISIERUNGSHANDBUCH
INNENSTADT RHEYDT:
BAUTEN DES WIEDERAUFBAUS
UND WERBEANLAGEN
IMPRESSUM
Herausgeber:
Stadt Mönchengladbach
Der Oberbürgermeister
Dezernat für Planen und Bauen
Fachbereich Stadtentwicklung und Planung
41050 Mönchengladbach
Gefördert durch:
– Europäische Union - Investition in unsere
Zukunft - Europäischer Fonds für regionale
Entwicklung
– Städtebauförderung von Bund, Ländern und
Gemeinden
– Bundesministerium für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung
– Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen,
Wohnen und Verkehr des Landes NordrheinWestfalen
Bearbeitung und Layout:
Strauß & Fischer – Historische Bauwerke GbR,
Krefeld
www.historische-bauwerke.de
Textliche und grafische Redaktion:
Stadt Mönchengladbach
Fachbereich Stadtentwicklung und Planung,
Abteilung Bebauungsplanung und Stadtgestaltung, Sebastian Lieser
Layout Deckblatt:
Stadt Mönchengladbach
Fachbereich Geoinformation und Grundstücksmanagement, Bereich Mediengestaltung
Korrektorat:
Korrekturservice Ute Wendt, Köln
Druck und Bindung:
DRS Weirich Business Print Service, Kaarst
© Mönchengladbach 2013
GESTALTUNGS- UND
MODERNISIERUNGSHANDBUCH
INNENSTADT RHEYDT:
BAUTEN DES WIEDERAUFBAUS
UND WERBEANLAGEN
Fachbereich Stadtentwicklung und Planung
3 | VORWORT
VORWORT
Die Rheydter Innenstadt ist bis heute in wesent-
rechte Erneuerung und Entwicklung derjenigen
lichen Teilen durch den Wiederaufbau nach dem
Bereiche der Innenstadt, die auf qualitätvolle Wei-
Zweiten Weltkrieg geprägt.
se durch den Wiederaufbau geprägt sind. Durch
Dieser Wiederaufbau war der Stolz der Rheydter
diese „Leitlinien für Erhaltung und Gestaltung“
Bürger, aber auch über die Stadt hinaus städte-
soll ein konzeptioneller Rahmen aufgezeigt wer-
baulich bedeutsam: Rheydt war eine der ersten
den, wie die Bebauung der Wiederaufbauzeit bau-
Städte im Rheinland, die über eine ausgearbeite-
lich und gestalterisch weiterentwickelt werden
te Wiederaufbauplanung verfügten, und eine der
kann, ohne dabei ihre Qualitäten zu verlieren.
wenigen, in denen diese konsequent verwirklicht
Weiterer Bestandteil des stadtgestalterischen
wurde.
Konzepts sind Vorgaben für Werbeanlagen im
Der Wiederaufbau des zerstörten Rheydt erfolgte
Bereich der gesamten Innenstadt. Gerade Werbe-
in den 1940er- und 1950er-Jahren nach der städ-
anlagen prägen den städtischen Raum nachhal-
tebaulichen Konzeption des Architekten Alfons
tig – im Positiven wie im Negativen. „Leitlinien
Leitl. Ziel war es, die Innenstadt aufzulockern und
für Werbeanlagen“ sollen deshalb aufzeigen, wo
zu durchgrünen sowie den Verkehr gezielt zu len-
in der Rheydter Innenstadt welche Werbeanlagen
ken. Leitl trennte Durchgangs- von stadtinternem
stadtbildverträglich sind, und entsprechende ge-
Verkehr und ordnete das Stadtgefüge durch die
stalterische Vorgaben machen.
Anlage von großen Magistralen neu.
Kernstück der Leitl’schen Planung war die Kamm-
Das vorliegende Gestaltungs- und Modernisie-
bebauung an der Hauptstraße, die mit einer kla-
rungshandbuch stellt die Ergebnisse des stadtge-
ren, gegliederten Raumabfolge, einer ausgewo-
stalterischen Konzeptes gebündelt dar. Es richtet
genen Maßstäblichkeit der Bebauung sowie einer
sich insbesondere an Bauherren, Eigentümer
gemischten Nutzungsstruktur besonders hohe
und Nutzer und soll diesen zeigen, wie bei Er-
städtebauliche Qualitäten aufwies.
neuerungen oder Umbauten auf die vorhandene
städtebauliche Qualität Rücksicht genommen und
Bis heute haben sich die Strukturen des Wieder-
gleichzeitig der Bestand an heutige Bedürfnisse
aufbaus stadträumlich bewährt.
angepasst werden kann.
Sie sind mittlerweile jedoch vielfach überformt
Am Anfang des Handbuches werden die Ergeb-
und gestalterisch verfremdet.
nisse der Stadtbildanalyse präsentiert, danach die
Es gilt deshalb, diese städtebaulich bedeutsamen
darauf aufbauenden Leitlinien. Empfehlungen zur
Bereiche zu bewahren, wieder sichtbar zu ma-
Modernisierung zeigen im Weiteren, wie die Bau-
chen und sie zeitgemäß fortzuentwickeln.
substanz an heutige Anforderungen angepasst
werden kann – gerade auch mit Hinblick auf ener-
Hierzu wurde im Rahmen des vom Rat der Stadt
getische Optimierung oder Barrierefreiheit.
Mönchengladbach beschlossenen „Innenstadt-
Abgerundet wird das Handbuch durch Informatio-
konzeptes Rheydt“ und der Städtebaufördermaß-
nen zu Fördermitteln, die zur gestalterischen und
nahme „Soziale Stadt“ ein stadtgestalterisches
substanziellen Aufwertung der Bebauung einge-
Konzept erarbeitet.
setzt werden können.
Auf Grundlage einer Analyse von Stadtbaugeschichte und Stadtbild formuliert dieses Konzept
Andreas Wurff
Vorgaben für eine behutsame und stadtbildge-
Technischer Beigordneter
VORWORT | 4
INHALTSVERZEICHNIS
Vorwort S. 4
Inhaltsverzeichnis S. 5
1 RHEYDT: STADTBAUGESCHICHTE UND STADTBILDANALYSE S. 7
Stadtbaugeschichte Rheydt S. 9
Stadtbildanalyse Rheydt
S. 19
2 LEITLINIEN FÜR ERHALTUNG UND GESTALTUNG
S. 25
Einführung: Prinzipien der Architektur des Wiederaufbaus S. 27
Gliederung der Leitlinien zur Erhaltung und Gestaltung in vier Stadtzonen 1-4 S. 33
Zusammengefasste Vorgaben und Empfehlungen für die vier Stadtzonen S. 34
Die Zielsetzungen für die Erhaltung und Gestaltung der Stadtzone 1 S. 35
LEITLINIEN STADTZONE 1 – KOPFBAUTEN
Leitlinien zur Erhaltung und Gestaltung Stadtzone 1 – Kopfbauten S. 36
– Fassade: Konstruktion und Gliederung S. 36
– Fassade: Material S. 37
– Fassade: Farbigkeit S. 38
– Fassade: Brüstungen und Gesimse – Fassade: Balkone und Erker
S. 39
– Arkaden S. 40
– Ladeneinbauten/Ladenlokale
S. 41
– Vordächer, Markisen und Hauseingänge
S. 42
– Fenster und Fensterbänke S. 43
– Dach/Dachentwässerung – Dachgauben/Dachflächenfenster S. 44
LEITLINIEN STADTZONE 1 - ZWISCHENBAUTEN UND NORDSEITE
Leitlinien zur Erhaltung und Gestaltung Stadtzone 1 – Zwischenbauten/Nordseite S. 45
– Fassade: Konstruktion und Gliederung S. 45
– Fassade: Material S. 46
– Fassade: Farbigkeit – Fassade: Brüstungen und Gesimse S. 47
– Fassade: Balkone und Erker S. 48
– Ladeneinbauten/Ladenlokale S. 49
– Vordächer S. 50
– Markisen und Hauseingänge
S. 51
– Fenster und Fensterbänke S. 52
– Dach/Dachentwässerung S. 53
– Dachgauben/Dachflächenfenster S. 54
5 | INHALTSVERZEICHNIS
Die Zielsetzungen für die Erhaltung und Gestaltung der Stadtzone 2 S. 55
LEITLINIEN STADTZONE 2
Leitlinien zur Erhaltung und Gestaltung Stadtzone 2 S. 56
– Fassade: Konstruktion und Gliederung S. 56
– Fassade: Material S. 57
– Fassade: Farbigkeit S. 58
– Fassade: Balkone und Erker S. 59
– Ladeneinbauten/Ladenlokale S. 60
– Vordächer, Markisen – Hauseingänge
S. 61
– Fenster und Fensterbänke S. 62
– Dach/Dachentwässerung
S. 63
– Dachgauben/Dachflächenfenster S. 64
3 LEITLINIEN FÜR WERBEANLAGEN S. 67
Typische Werbeanlagen der Architektur des Wiederaufbaus und künftige Zielsetzung für Leitlinien S. 67
Gliederung der Leitlinien für Werbeanlagen in vier Werbezonen A–D S. 71
– Leitlinien Allgemein S. 72
– Leitlinien für die Werbezone A S. 74
– Leitlinien für die Werbezone B S. 79
– Leitlinien für die Werbezone C S. 81
– Leitlinien für die Werbezone D S. 82
Rheydter Beispiele: Vorher – nachher
S. 83
4 EMPFEHLUNGEN ZUR MODERNISIERUNG
S. 86
Energetische Ertüchtigung: Grundlagen und Prinzipien S. 87
– Energetische Ertüchtigung: Außenwand S. 92
– Energetische Ertüchtigung: Außenwand Außendämmung S. 93
– Energetische Ertüchtigung: Außenwand Kerndämmung S. 94
– Energetische Ertüchtigung: Außenwand Innendämmung
S. 95
– Energetische Ertüchtigung: Keller und erdberührte Flächen S. 97
– Energetische Ertüchtigung: Dach und oberste Geschossdecke S. 98
– Energetische Ertüchtigung: Fenster und Türen S. 99
Moderne Wohnungen im Bestand – Planungsansätze und Musterbeispiele S. 101
Überblick Fördermöglichkeiten S. 107
Fußnoten, Bild- und Quellennachweis S. 109
INHALTSVERZEICHNIS | 6
1 STADTBAUGESCHICHTE – STADTBILDANALYSE
RHEYDT: STADTBAUGESCHICHTE UND STADTBILDANALYSE
STADTBAUGESCHICHTE RHEYDT
Rheydt gehört historisch gesehen zu den jüngeren
Städten des Niederrheins. Im ersten Drittel des 19.
Jahrhunderts war Rheydt noch ein Straßendorf
beiderseits der heutigen Hauptstraße mit knapp
unter 2.000 Einwohnern und 275 Häusern.1
Das Kloster St. Alexander, im 15. Jahrhundert eingerichtet, bildete bis in das frühe 19. Jahrhundert
ein räumliches Zentrum, das das Straßendorf auf
den Karten der 1820er-Jahre etwa mittig in einen
östlichen und westlichen Teil gliederte. Die gleichnamige, zum Ende des 12. Jahrhunderts erstmals
erwähnte Burg Rheydt liegt etwa 4 km vom damaligen Ortskern entfernt in einer Niersniederung
und spielte für die stadträumliche Entwicklung
Rheydts kaum eine Rolle. Die nördlich des Klosters St. Alexander gelegene Kirche ist seit Mitte
des 16. Jahrhunderts reformiert, parallel dazu
fesverband Schrievers westlich des Birnbaums,
wurden im Kloster bis in das 18. Jahrhundert hi-
beiderseits des Rheydter Baches, ist ebenfalls gut
nein katholische Gottesdienste abgehalten. West-
ablesbar.
lich der evangelischen Kirche entwickelte sich
auch der Markt, für dessen Erweiterung das 1802
Vom Straßendorf zur Stadt
säkularisierte Kloster nach und nach abgebrochen
Bis zur Jahrhundertwende zeigen die historischen
wurde: Ab 1818 gab es dort zunächst zwei Jahr-
Kataster eine gleichmäßige stadträumliche Ver-
märkte, ab 1836 bestand zudem das Recht auf
dichtung, zunächst innerhalb der oben genannten
Abhaltung eines Wochenmarkts (Abb. 1).
T-förmigen Siedlungsstruktur von Hauptstraße
Mit dem Bau der Kirche St. Marien 1735 erhielt
und heutiger Friedrich-Ebert-Straße/Birnbaum
die katholische Gemeinde einen Kirchenneubau,
(Abb. 3). Auch entlang der Mühlenstraße, vor al-
der an der Weggabelung von heutiger Odenkir-
lem an der Mündung der heutigen Brucknerallee,
chener Straße und Bahnhofstraße einen neuen
sind etliche Neubauten dargestellt.
Siedlungsschwerpunkt setzte. Dieser „Birnbaum“
Besonders prägnant tritt die Bebauung entlang
bezeichnete Bereich entwickelte sich, begünstigt
der heutigen Friedrich-Ebert-Straße hervor; durch
durch den Chausseebau ab den 1830er-Jahren, zu
den Ausbau zur Chaussee ist diese im Vergleich
einer Nord-Süd-orientierten Siedlungsachse, die
zur leicht geschwungenen Hauptstraße ver-
T-förmig an das Ost-West-orientierte Straßendorf
gleichsweise gerade dargestellt. Vor allem an der
beiderseits der heutigen Hauptstraße anschloss
Westseite der heutigen Friedrich-Ebert-Straße ist
(Abb. 2). Entlang der heutigen Hauptstraße ist eine
eine relativ geschlossene Bebauung entstanden,
vergleichsweise dichte Bebauung dargestellt, die
ältere Bauten fielen teilweise dem Chaussee-
Baustruktur deutet eine Vielzahl von Bauernhöfen
ausbau zum Opfer.
an. Die evangelische Hauptkirche und das südlich
Durch den (im Kataster nicht dargestellten) Bahn-
davon liegende Kloster treten deutlich hervor. Der
körper der 1852/53 eröffneten Eisenbahnverbin-
parallel zur Hauptstraße fließende Rheydter Bach
dung zwischen Mönchengladbach und Aachen,
war östlich der Odenkirchener Straße um 1820
der westlich der Chaussee angelegt ist, wurde
noch ländlich geprägt und Standort von einzelnen
der Hofesverband Schrievers reduziert und vom
Mühlen und frühindustriellen Betrieben. An der
heutigen Stadtkern Rheydts getrennt; parallel zur
Ostseite der heutigen Friedrich-Ebert-Straße ist
heutigen Bachstraße, die am Rheydter Bach durch
am damaligen Flur Birnbaum zwischen Rheydter
Schrievers führte, ist als breiterer Straßenzug die
Bach und der Gabelung der heutigen Bahnhof-
heutige Dahlener Straße angelegt. Der Bereich
straße/Odenkirchener Straße ein Hofesverband zu
östlich des Birnbaums und südlich der Haupt-
erkennen, an dessen Südende die 1735 erbaute
straße, beiderseits des Rheydter Bachs, war 1863
katholische Kirche St. Marien anschloss. Der Ho-
unverändert ländlich geprägt.
9 | STADTBAUGESCHICHTE RHEYDT
Abb. 1: Markt vor dem Bau des neuen Rathauses,
um 1895 (Quelle: Ansichtskarte privat)
Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts forcierte die
Industrialisierung die Rheydter Stadtentwicklung, wobei sich – wie auch in anderen Städten
?
des Niederrheins – vor allem Betriebe der Textil-
?
industrie ansiedelten. Da die 1856 verabschiedete
neue preußische Städteordnung auch auf Rheydt
?
angewandt wurde, kann das frühere Straßendorf
spätestens ab diesem Zeitpunkt als Stadt gelten.
Die Stadtwerdung drückte sich um 1900 auch
in prägenden Neubauten aus: dem Neubau des
Rathauses 1894 bis 96 südlich des Markts, dem
Neubau der dortigen evangelischen Hauptkirche
1902 (nach Plänen von Johannes Otzen) und dem
neuen Postamt 1897/98 an der Odenkirchener
Straße. Dies wird auch in den Katastern deutlich:
Anstelle des Klosterkomplexes, der in den bis
Abb. 2: Rheydt 1820 (Umzeichnung Katasterpläne: Strauß & Fischer Historische Bauwerke, Krefeld)
Abb. 3: Stadtentwicklung Rheydt 1820 bis 1863 (Umzeichnung Katasterpläne: Strauß & Fischer Historische
Bauwerke, Krefeld)
Abb. 4: Stadtentwicklung Rheydt 1867 bis 1912 (Umzeichnung Katasterpläne: Strauß & Fischer Historische
Bauwerke, Krefeld)
1863 nachgeführten Katastern an der Hauptstraße noch eingezeichnet ist, ist in den späteren, bis
1912 nachgeführten Katastern die heutige evangelische Hauptkirche mit dem Markt dargestellt.
Der Neubau der Kirche St. Marien 1853 bis 55
(nach Plänen von Vincenz Statz) ist erst im jüngeren, ab 1867 erstellten Kataster eingetragen.
Zugleich schließt sich während der Zeit des
Deutschen Kaiserreichs die Bebauung innerhalb
des heutigen Innenstadtumrisses. Mit der Kaiserstraße (heute Stresemannstraße), der Kronprinzenstraße (heute Waisenhausstraße) und der
Victoriastraße (heute Hugo-Preuß-Straße) werden
diejenigen Straßen angelegt, die heute einen
Teil der Südstadt der Rheydter Innenstadt bilden
(Abb. 4).
Diese Entwicklung ist offenbar – wie auch in anderen Kommunen – durch privatwirtschaftliche
Initiative gefördert worden, wie sie das preußische Fluchtliniengesetz von 1875 und die daran
anknüpfenden Ortsstatute vielfach ermöglichten:
so wurde die Waisenhausstraße 1878 von den
Ev. Hauptkirche
Gebr. Vierhaus als „Unternehmerstraße“ erbaut
90
und so das dortige Areal für den weiteren Wohnungsbau entwickelt.2 Auch das Areal zwischen
Hauptstraße und heutiger Stresemannstraße
ist in diesem Kataster nunmehr durch mehrere
Straßenzüge in Nord-Süd- bzw. Ost-West-Richtung unterteilt, darunter die Harmoniestraße
und der östliche, gerade Abschnitt der heutigen
Marktstraße (diese wurde um 1910 in einem
S-Schwung zur Bachstraße hin verlängert, um
das große Geviert zwischen Harmoniestraße und
heutiger Friedrich-Ebert-Straße zu teilen).
STADTBAUGESCHICHTE RHEYDT | 10
RHEYDT: STADTBAUGESCHICHTE UND STADTBILDANALYSE
Große Gewerbebauten sind u. a. an der Westseite
des Bahnhofs zu erkennen. Östlich der Limitenstraße sind 1899/1912 weitere neue, Ost-West-orientierte Straßen eingezeichnet, so die Königstraße
und die heutige Wilhelm-Strauß-Straße. Ab 1870
ergänzte die östlich der Rheydter Innenstadt gelegene Bahntrasse zwischen Mönchengladbach
und Odenkirchen mit dem Bahnhof Geneicken
die ältere, westlich gelegene Bahntrasse mit dem
heutigen Hauptbahnhof Rheydt, die 1903 bis 05
erbaute Kirche St. Josef in Rheydt-Hövel deutet
dort eine künftig beabsichtigte Siedlungsrichtung
an. 1895 hatte Rheydt bereits mehr als 30.000
Einwohner und zählte 2.955 Häuser, hatte sich
also in beiderlei Hinsicht binnen 60 Jahren ver-
Abb. 5: Markt mit Rathaus und evang. Hauptkirche, 1930 (Quelle: Stadtarchiv MG, Sign. 10/85)
zehnfacht.
3
Bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs hatte sich die Bebauung innerhalb des heutigen
Rheydter Rings vielerorts zu Blockrandbebauungen geschlossen. Richtung Osten, jenseits der
Limitenstraße/Gartenstraße, zeigten gerade die
älteren Straßen – Hauptstraße, Mühlenstraße
und Königstraße – eine mehrheitlich geschlossene straßenbegleitende Bebauung, während die
Wilhelm-Strauß-Straße oder die heutige Gracht
kaum bebaut waren. Nördlich der Mühlenstraße
gab es an der heutigen Wilhelm-Strater-Straße
und der Brucknerallee längere Hauszeilen, an
dem nördlich der Mühlenstraße liegenden Lauf
der Gartenstraße war die Bebauung hingegen
eher lückenhaft. Historische Fotografien (Abb.
5-7) vermitteln einen Eindruck über das wesent-
Abb. 6: Bahnhofstraße/Ecke Marienplatz, 1930 (Quelle: Stadtarchiv MG, Sign. 10/2/405)
lich durch das gründerzeitliche Wachstum ge-
Abb. 7: Marienplatz, ca. 1928 (Quelle: Stadtarchiv MG, Sign. 10/2/237)
prägte Rheydter Stadtbild in dieser Zeit.
Die stadträumliche Entwicklung Rheydts vollzog
sich auch in Richtung der nördlich gelegenen
Nachbarstadt Mönchengladbach, deren Stadtgebiete seit dem frühen 20. Jahrhundert zusammenwuchsen. Bereits der preußische Staat
hatte im beginnenden 20. Jahrhundert versucht,
Städtekonkurrenzen (wie zwischen Ruhrort und
Duisburg mit konkurrierenden finanzintensiven
Hafenbauprojekten) durch kommunale Zusammenschlüsse aufzulösen. Eine ähnliche Entwicklung gab es auch in Weimarer Zeit: 1929 wurden
Mönchengladbach und Rheydt im Zuge der kommunalen Neugliederung des rheinisch-westfälischen Industriegebiets miteinander verbunden –
ein Zusammenschluss, wie er auch zwischen
Duisburg und Hamborn sowie Elberfeld und
11 | STADTBAUGESCHICHTE RHEYDT
Barmen (zum heutigen Wuppertal) gestiftet wur-
Schraffur gezeichnet sind und sich lediglich in der
de. Anders als dort wurde der Zusammenschluss
Stärke des Umrisses unterscheiden – die Innen-
jedoch im Juni 1933 rückgängig gemacht: eine
stadt von Rheydt, so die Botschaft des Plans, ist
Ausgemeindung, die mit dem gebürtigen Rheyd-
dem Erdboden gleich.
ter Joseph Goebbels verknüpft wird, bekanntlich
Parallel zu ersten Sofortmaßnahmen einer „Win-
führender Nationalsozialist und seit März 1933
terfestmachung“,7 d. h. der Instandsetzung leicht
„Reichsminister für Volksaufklärung und Propa-
beschädigter Wohnungen, wurde ein Rahmenplan
ganda“.4 Erst 1975 führte die Kommunalreform
für den Wiederaufbau vorbereitet, der in einem
Mönchengladbach und Rheydt wieder zusammen.
größeren Maßstab den gesamten Stadtraum ordnen und sich vertieft der Innenstadt von Rheydt
Abb. 8: Kriegszerstörungen an der Hauptstraße im
September 1943 (Quelle: Stadtarchiv MG, Sign.
10/24517)
1945 – Rheydt in Trümmern
widmen sollte – nach damaligem Verständnis
Die Innenstadt von Rheydt wurde im Zweiten
der Bereich zwischen Mühlenstraße und Stre-
Weltkrieg stark zerstört; im Stadtarchiv Mönchen-
semannstraße, Limitenstraße und der heutigen
gladbach erhaltene Fotografien verdeutlichen die
Friedrich-Ebert-Straße. Dabei lautete eine Vorga-
Kriegsschäden, beispielsweise nach den Bombar-
be, die „zu liefernden Planungen sollen den ge-
dierungen im August/September 1943 (Abb. 8-9).
gebenen Verhältnissen und den historischen und
Eine im Herbst 1944 erstellte Liste führt Rheydt
kulturellen Bedingtheiten der Stadt im grösstmög-
an zwölfter Stelle – mit knapp 38 % schweren
lichen Umfang Rechnung tragen”.8
und totalen Schäden sowie knapp 16 % Totalschäden (in Summe: 9.000 bzw. 3.840 Gebäu-
Der Weg zum Generalplan für Rheydt
de). Von 11.174 Bauten auf dem Gebiet der Stadt
Die großflächigen Zerstörungen durch die Bom-
Rheydt, die seit Mai 1940 bombardiert wurde, wa-
bardierungen deutscher Städte hatten noch zu
ren bei Kriegsende nur knapp 1.000 ohne Schä-
Zeiten des NS-Regimes die Gründung eines
den; die Zerstörung der Innenstadt wird mit 80 %
„Arbeitsstabs Wiederaufbauplanung zerstörter
angegeben. Ein vermutlich 1947 angefertigter
Städte“ initiiert.9 Im Juni 1944 hatte man den
und im Stadtarchiv Mönchengladbach erhaltener
Architekten Friedrich G. Winter beauftragt, Plä-
Schadensplan (Abb. 10) belegt das Ausmaß der
ne für den Wiederaufbau für die beiden Städte
Schäden; nur wenige Häuser sind tiefschwarz
Mönchengladbach und Rheydt auszuarbeiten.10
als „erhalten“ gekennzeichnet. Diese Karte
Folgerichtig trat man nach Kriegsende zuerst an
wirkt umso eindrücklicher, weil stark (50-80 %)
F. G. Winter heran; am 31.7.1945 nahmen der da-
und vollständig zerstörte Häuser mit derselben
malige Rheydter Oberbürgermeister Brocher und
5
6
Abb. 9: Kriegszerstörungen an der Hauptstraße im
September 1943 (Quelle: Stadtarchiv MG, Sign.
digi 1179)
Abb. 10: Kriegszerstörungen an der Hauptstraße
im September 1943 (Quelle: Stadtarchiv MG, Sign.
digi 1179)
STADTBAUGESCHICHTE RHEYDT | 12
RHEYDT: STADTBAUGESCHICHTE UND STADTBILDANALYSE
der damalige Stadtbaurat Weinhold in Düsseldorf
(Jahrgang 1903) und Rudolf Schwarz (Jahrgang
dessen Planung in Augenschein – verzichteten
1897) publizistisch vorstellte und zugleich mit
dann jedoch auf eine weitere Zusammenarbeit.
diesen Architekten bekannt wurde.
Stattdessen holte man Rat bei Hans Schwip-
1938 wechselte Leitl die Seiten und wurde selbst
pert, damals Professor an der RWTH Aachen
Architekt – allerdings nicht durch ein Hochschul-
und zugleich Leiter der Architekturklasse an der
studium, sondern durch eine Ausbildung im Büro
Kunstakademie Düsseldorf, der auch für den
des Berliner Architekten Hermann Lahmé, eines
Wiederaufbau bei der Provinz Nordrhein zustän-
früheren Klassenkameraden und engen Freundes.
dig war. Schwippert schlug dem neuen Rheyd-
Dies war ein seinerzeit noch möglicher Weg zum
ter Oberbürgermeister Dr. Marcus im Juni 1946
Architektenberuf abseits der Technischen Hoch-
vor, einen federführenden Generalplaner für den
schulen und Baugewerkschulen; Leitl gehörte
Rheydter Wiederaufbau einzusetzen – einen Pla-
somit aber nicht zu den akademisch ausgebilde-
ner, der seit April 1946 in der Rheydter Nordstr. 83
ten Architekten. Nach kurzer Bürogemeinschaft
wohnte: Alfons Leitl.
mit Lahmé und dem gebürtigen Grazer Architekten Paul Wolfgang Fischer wechselte Leitl 1940
Abb. 11: Porträt Alfons Leitl um 1950 (Quelle: Busmann, Alfons Leitl, S. 14)
Alfons Leitl – Architekturjournalist, Architekt
in das Büro von Herbert Rimpl (Jahrgang 1902),
und Stadtplaner
damals eines der führenden Architekturbüros für
Der Architekt Alfons Leitl, Jahrgang 1909, hat-
den Industriebau. Rimpl war als Chefarchitekt der
te bis zu seiner neuen Aufgabe in Rheydt einen
„Heinkel-Flugzeugwerke“ mit dem Bau des Hein-
etwas ungewöhnlichen Werdegang hinter sich
kel-Werks in Oranienburg 1934 bis 36 bekannt
(Porträt Abb. 11). In Berlin geboren und in Wien
geworden und wurde 1937 Chefarchitekt der
aufgewachsen, war er 1926 zum Abitur nach
„Reichswerke AG Hermann Göring“ in Salzgitter
Berlin zurückgekehrt und hatte dort 1928 eine
und Linz, eines neu geschaffenen Staatskonzerns
Ausbildung beim Berliner Bauwelt-Verlag begon-
unter nationalsozialistischer Regie. Bei Rimpl war
nen. Ab 1933 lassen sich Fachbeiträge Leitls in
Alfons Leitl (lt. seines Biografen Busmann) Leiter
der renommierten Wochenzeitschrift „Bauwelt“
der Abteilung für Montagebau, die Teil der Reichs-
und der Schwesterzeitschrift „Monatshefte für
werke AG war.12
Baukunst und Städtebau“ nachweisen.
Nach Kriegsende arbeitete Leitl mit Johannes
Leitl galt (auch den Zeitgenossen in der Nach-
Krahn – der ebenfalls in der Abteilung für Mon-
kriegszeit) als ein bestimmten Strömungen der
tagebau tätig gewesen war – zunächst bei der
architektonischen Moderne zugewandter Archi-
„Holzmontagebaugesellschaft Sigmaringen“ des
tekturjournalist, der in der NS-Zeit die Bauten von
Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen. Parallel
Architekten wie Egon Eiermann (Jahrgang 1904),
konzipierte er eine eigene Architekturzeitschrift,
Johannes Krahn (Jahrgang 1908), Fritz Jaenecke
die schließlich ab 1947 als „Baukunst und Werk-
11
Abb. 12: Gestaltung der Stadtmitte Rheydt - Variante, dat. September 1947, Leitl (Quelle: HA Erzbistum
Köln)
Abb. 13: Gestaltung der Stadtmitte Rheydt - Variante, dat. Sept. 1947, Leitl (Quelle: HA Erzbistum Köln)
13 | STADTBAUGESCHICHTE RHEYDT
form“ erschien, rasch zu einer bedeutenden Ar-
und ab September 1947 ist er auf den Planstem-
chitektur-Monatszeitschrift wurde und deren Her-
peln separat als Mitarbeiter genannt (und damit
ausgeber Leitl bis 1954 war.
herausgehoben). Als Zeichner ist auf den Plänen
u. a. ein Zeichner Brosi vermerkt – vermutlich
Der Auftrag an Leitl und das Stadtplanerteam
Rudolf Brosi, der später in Rheydt selbst als Archi-
Der Neu-Rheydter Alfons Leitl, den die Stadt
tekt tätig ist. Auch Hermann Lahmé, der Leitl 1938
Rheydt Anfang 1947 beauftragte, war somit ein
zum Architekten fortbildete, siedelte in den spä-
Planer mit besonderem Profil, mit begrenzter
ten 1940er-Jahren nach Rheydt über und bildete
Erfahrung im Städtebau, aber einem guten Leu-
etwa 1949 bis 51 eine (vermutlich projektbezo-
mund als „Moderner“. Gemäß dem geschlos-
gene) Arbeitsgemeinschaft mit Leitl, aus der u. a.
senen Vertrag sollte Leitl als Auftragnehmer der
die Volksschule in Wegberg hervorging.16 Leitl
Stadt Rheydt (d. h. als freier Architekt) bis zum
scharte damit ein Team um sich, das sich (soweit
Herbst 1947 einen Verkehrsplan und einen Ge-
ermittelbar) aus externen, vorher nicht in Rheydt
neralbebauungsplan erarbeiten sowie Unterlagen
ansässigen Planern zusammensetzte.
für die Freigabe möglichst großer Teile der bisherigen Bausperrgebiete bereitstellen; bis zum Juni
Der Weg der Leitl-Planung
1948 sollten die wichtigsten Teilbebauungspläne
Der Fortgang der Leitl-Planung lässt sich an den
folgen, der Abschluss der Gesamtplanung wurde
im Stadtarchiv Mönchengladbach und im Histo-
bis zum 31.12.1948 vereinbart.13
rischen Archiv des Erzbistums Köln erhaltenen
Die Wiederaufbauplanung stand in allen Städten
Plänen in ihren wesentlichen Schritten nach-
und Kommunen mit größeren Kriegsschäden un-
vollziehen. Nicht alle Pläne sind datiert: Gerade
ter besonderem Zeitdruck: Für die Neuordnung
die Skizzen tragen selten ein Datum. Die bei-
wurden Teilbereiche der Städte mit Bausperren
den frühesten Pläne, die zugleich das damalige
belegt, die jedoch als Eingriffe in das private Ei-
Zentrum Rheydts zwischen Hauptstraße und
gentum nicht beliebig lange aufrechterhalten
Stresemannstraße, Friedrich-Ebert-Straße und
werden konnten. Zudem hatten die Städte ver-
Limitenstraße zeigen, datieren vom 29.7.1947
ständlicherweise selbst ein großes Interesse,
(Abb. 12-13). In ihnen finden sich bereits zentrale
den Wiederaufbau zügig in Gang zu bringen und
Bausteine der künftigen Leitl-Planung (Abb. 14),
wieder ein funktionierendes Gemeinwesen zu er-
wenngleich noch in skizzenhafter Form: zwei
möglichen.
verschiedene Varianten für eine Zeilenbebauung
Das neu eingerichtete Stadtplanungsbüro Leitls
in Nord-Süd-Richtung zwischen Hauptstraße und
soll zeitweise zehn Mitarbeiter umfasst haben:
Marktstraße, die durch Querbauten verkettet wer-
Namentlich genannt sind in einem 1953 in
den sollten; eine Verbreiterung der Limitenstraße
„Baukunst und Werkform“ erschienenen Aufsatz,
mit einer direkten Verbindung in die Gartenstraße
der die Leitl‘sche Stadtplanung in Rheydt vorstellte,
und ein akzentuierter, architektonischer Platz an
zum einen Dipl.-Ing. Ludwig Hinrichs und Architekt
der Kreuzung der Limitenstraße mit der Strese-
Gerhard Blume (für das Stadtplanungsbüro) und
mannstraße, eine Neukonzeption des Marktplat-
zum anderen Architekt Paul Bernert (für das
zes einschließlich der Einmündung der Bruck-
separate Architekturbüro).14 Ludwig Hinrichs
nerallee sowie Überlegungen zum westlichen,
war wie Leitl im Baubüro der „Reichswerke AG
bisher S-förmigen Abschnitt der Marktstraße.
Hermann Göring“ tätig gewesen und hatte in
Gerade der in beiden Skizzen modifizierte Markt
Salzgitter beim Siedlungsbau der Wohnungs-
verdient dabei besondere Beachtung: In beiden
Aktiengesellschaft der Reichswerke AG (WAG)
Zeichnungen ist er auf ein Quadrat reduziert und
mitgewirkt.15
allseitig gefasst. Nach Süden sollte ihn nicht mehr
Anhand der im Historischen Archiv des Erzbis-
das historistische Rathaus begrenzen, sondern
tums Köln verwahrten Pläne aus dem Nachlass
eine vor dem Rathaus zu errichtende Bebauung:
Leitl lässt sich ableiten, dass Hinrichs maßgeblich
Die Architektur der Gründerzeit war seinerzeit
an der Konzeption der Rheydter Stadtplanung be-
gerade unter Architekten wenig geschätzt und
teiligt war: Zentrale Pläne der im Juli 1947 einset-
sollte so quasi verborgen werden. Im Bereich
zenden Planüberlieferungen tragen sein Kürzel,
der ehemaligen Harmonie (an der Südseite der
Abb. 14: Generalbebauungsplan, dat. 8.9.1947
(Quelle: Stadtarchiv MG, Sign. 15/59/22/14 KP)
STADTBAUGESCHICHTE RHEYDT | 14
RHEYDT: STADTBAUGESCHICHTE UND STADTBILDANALYSE
Abb. 15: Perspektivische Ansicht Hauptstraße –
Mündung Harmoniestraße, dat. Nov. 1947 (Quelle:
HA Erzbistum Köln)
Abb. 16: Perspektivische Ansicht Markstraße Nordseite, dat. 18.10.47 (Quelle: HA Erzbistum Köln)
15 | STADTBAUGESCHICHTE RHEYDT
Marktstraße) ist eine zentrale Grünfläche darge-
straße (deren Straßenführung so betont worden
stellt. Beide Pläne sind mit dem Verfasserkürzel Hi
wäre). Ein Plan vom Oktober 1947 stellt wiederum
versehen – der bereits erwähnte Ludwig Hinrichs.
verschiedene Höhenstaffelung einander gegen-
In den folgenden Monaten bearbeitete das Stadt-
über: Die Kopfbauten der südlichen Hauptstraße
planerteam den Bereich der Hauptstraße zwischen
sind jeweils viergeschossig, die Verbindungsbau-
Friedrich-Ebert-Straße und Markt mit besonderer
ten variieren zwischen zwei- und viergeschossig.
Intensität. Pläne vom September 1947 spielen
Auch für die Brücke über die Harmoniestraße sind
verschiedene Lösungen durch: Die Hauptstraße
verschiedene Varianten dargestellt.
wird wahlweise als Einbahnstraße, als zweispu-
Besonders eindrücklich sind die perspektivischen
rige Straße und als Fußgängerzone entworfen, die
Darstellungen, die in diesen Monaten von der ge-
Kopfbauten der Nord-Süd-orientierten Zeilen soll-
planten Bebauung gezeichnet werden, die man als
ten wahlweise nur die Südseite oder Nord- und
verkettete Zeilenbebauung oder Kammbebauung
Südseite gleichermaßen prägen. In zwei Varianten
bezeichnen könnte: Vom Oktober 1947 stammt
führte die Harmoniestraße nach Norden über die
eine Darstellung der Marktstraße mit einer ge-
Hauptstraße hinaus bis an die Marktstraße: ein-
schwungenen Kammbebauung (Abb. 15), und
mal mit stadträumlich wirksamen Brücken über
vom November 1947 ist eine besonders reprä-
die Hauptstraße (die so mittig geteilt worden
sentativ angelegte Perspektive des Mittelteils der
wäre), einmal mit Brücken parallel zur Haupt-
Marktstraße erhalten (Abb. 16). Die erstgenann-
te Zeichnung mit Schattenwurf, Personen und
Staffage zeigt die durchgängig viergeschossige
Variante mit einer dreigeschossigen Brücke über
die Harmoniestraße, auf der Sonnenschirme eine
Aussichtsterrasse andeuten. Eine wesentliche
Idee ist hier auch sichtbar: eine überdachte Wegeführung, die vor den Querbauten entlangführt,
die Kopfbauten durchquert (und dadurch eine
Schaufenster-/Ladenfläche an dessen Stirnseite
freistellt) und nur beiderseits der Einmündung der
Harmoniestraße in einer stirnseitigen Arkade quasi um die Kopfbauten herumführt.
Die Systematik der verketteten Zeilen- oder
Kammbebauung sollte auch auf weitere Planungsbereiche übertragen werden. Der auf den
Abb. 17: Vogelschau Aufbauabschnitt 1 (Innenstadt), dat. 28.12.1947 (Quelle: HA Erzbistum Köln)
8.9.1947 datierte Generalbebauungsplan (Abb.
14, S. 14) verdeutlicht, dass das Leitl-Team eine
Neustrukturierung der gesamten Stadtmitte (zwischen Hauptstraße und Stresemannstraße) vorsah
sowie weitere Planungsbereiche entwickelte: den
Bereich um Bahnhof und Stadthalle, die Gracht,
den Bereich um die Kirche St. Josef und den Bereich Jöbgesbergweg/Egerstraße im Südwesten.
Am 30.12.1947 präsentierte Leitl den Stand der
Wiederaufbauplanung in einer (nicht öffentlichen)
Ratsherrensitzung. Hierfür entstand eine aufwendig gezeichnete und kolorierte Vogelschau des
Rheydter Zentrums – bezeichnet mit Aufbauabschnitt 1 und datiert vom 28.12.47 (Abb. 17).
Kurz nach diesem Ratstermin datiert eine weitere
Vogelschau, die den „Stadtplatz“ und die Gracht
Abb. 18: Vogelschau Stadtplatz/Gracht, dat. 5.1.1948 (Quelle: HA Erzbistum Köln)
Abb. 19: Vogelschau Bahnhofsumfeld, undatiert (Quelle: HA Erzbistum Köln)
zeigt (Abb. 18). Das Zentrum der Zeichnung bildet eine Kammbebauung an der Nordseite des
Kirmesplatzes. Die übrige Bebauung ist eher
schematisch dargestellt; prägnante stadträumliche Rahmungen sind zum einen die rechteckig
eingefasste Kreuzung der Limitenstraße mit Stresemannstraße/Gracht, zum anderen die beabsichtigte Einfassung der Limitenstraße mit einer
leichten Betonung durch einen Versatz/Eckvorlage auf der Höhe der Marktplatz-Südostecke.
Eine dritte, undatierte Vogelschau in ähnlicher
Darstellungsweise schließlich zeigt (aus Richtung Südost blickend) die Bereiche südlich der
Stresemannstraße mit Einbeziehung von Bahnhof
und Stadthalle (Abb. 19). Vor dem Bahnhof ist ein
Park angelegt, der sich als Grünzug (im Verlauf
der heutigen Moses-Stern-Straße) bis zur Limitenstraße fortsetzen sollte. Die Stadthalle ist an
der Südseite durch einen größeren Blockbau nach
STADTBAUGESCHICHTE RHEYDT | 16
RHEYDT: STADTBAUGESCHICHTE UND STADTBILDANALYSE
Südost sowie drei Zeilen nach Südwest ergänzt –
Kammbebauung der Hauptstraße, so Leitl, hätte
Vorschläge, die zum Teil bereits in dem erwähn-
die Vorzüge vergrößerter Ladenfronten als vergrö-
ten Generalbebauungsplan vom September 1947
ßerte Verkaufsfläche; sie ermögliche eine Über-
enthalten waren. Auffällig sind die großen Block-
dachung auf beiden Straßenseiten für einen wit-
randbebauungen zwischen Stresemannstraße
terungsunabhängigen Einkauf. Leitl prägte hierfür
und Endepohlstraße, die große Grünbereiche um-
den Ausdruck Basarstraße und hob hervor, dass
fassen und etwas schematisch wirken. Hier hatte
eine solche Bebauung bislang einzigartig wäre.
Leitl offenbar nicht beabsichtigt, die großen Grün-
Angesichts der notwendigen Umlegungen, um
derzeit-Blockstrukturen nachträglich zu teilen.
aus der bestehenden kleinteiligen Parzellierung
am
für eine solche Bebauung die notwendigen Bau-
30.12.1947 präsentierte Leitl seine städtebau-
felder zu schaffen und um eine einheitliche Be-
liche Konzeption auch in einem ausführlichen
bauung der Hauptstraße zu fördern, regte Leitl
Vortrag: zunächst die Nord-Süd-Achse der auf-
an, freiwillige Baugenossenschaften aus Grund-
geweiteten Limitenstraße mit der Überbrückung
stückseigentümern zu bilden. Der Vortrag wurde,
der Wilhelm-Strauß-Straße, dann seine Idee, die
wie das Protokoll vermerkt, mit „lebhaftem Bei-
Gracht als stadtnahen Kirmesplatz zu konzipieren
fall“ aufgenommen.17
und über einen Spazierweg an die Marktstraße
Abschließend wurde beschlossen, die Planung
anzubinden, sodass Gracht und Markt als Veran-
schrittweise in Teilabschnitten offenzulegen und
staltungsgelände miteinander verbunden werden
so nach und nach in das Genehmigungsverfahren
könnten. Nach einem Hinweis auf die Grünfläche
einzubringen, das diese Offenlegung als Teil der
vor der künftigen Stadtsparkasse an der Markt-
demokratischen Beteiligung vorsah (und bekannt-
straße präsentierte er die Kernbereiche seiner
lich bis heute vorsieht). Zugleich wurde die Ein-
Planung: die Hauptstraße und den Marktplatz.
richtung eines Planungsausschusses beschlos-
Offenbar wohl wissend, dass der dargestellte
sen, der am 3.2.1948 erstmals tagte und die
Bauriegel vor dem Rathaus keinen uneinge-
weitere Ausarbeitung der Wiederaufbauplanung
schränkten Beifall finden würde, versuchte er
begleitete; anwesend waren in diesem Ausschuss
diesen nicht nur mit der Proportion des Platzes,
neben Vertretern der Stadt Rheydt regelmäßig
sondern auch mit der „nicht sehr schönen“ Ge-
Alfons Leitl, Ludwig Hinrichs und Gerhard Blume.
staltung des Rathauses und dem kommenden
In den folgenden beiden Monaten wurden an-
Platzbedarf der Verwaltung zu begründen. Die
schließend Teilbebauungspläne im Maßstab 1:500
In
Abb. 20: Fluchtlinienplan Nr. 1001, nördliche Innenstadt, 1948: Eintragung der neuen stadträumlichen
Baufluchten auf dem bisherigen Flurstücken, rot hinterlegt die dem künftigen Straßenraum zugeschlagenen Flächen (Quelle: Stadtplanungsamt Stadt MG)
17 | STADTBAUGESCHICHTE RHEYDT
der
genannten
Ratsherrensitzung
erarbeitet, um auch die notwendigen Umlegungs-
Harmoniestraße auf die Hauptstraße errichtete:
Bebauungspläne im selben Maßstab anknüpften.
verfahren durchführen zu können – die Neuord-
einen ersten Kopfbau der Kammbebauung. Dieses
Die städtebauliche Umsetzung der Leitl‘schen
nung des Stadtgrundrisses brachte zwangsläufig
kleine, für den Kaufmann Paul Wallraf errichtete
Planung war somit planungsrechtlich in die Wege
eine Veränderung der Parzellenzuschnitte und
Gebäude sollte dort noch vor der Aufhebung der
geleitet – und bedurfte nun der Umsetzung.
damit Änderungen am bisherigen Grundbesitz mit
Bausperre als Muster für den Wiederaufbau die-
sich, durch die Straßenverbreiterungen etwa ent-
nen (Abb. 22, S. 20).
fiel überbaubare Grundfläche.
Zum Abschluss von Leitls Stadtplanungstätig-
Da eine entsprechende, neue gesetzliche Grund-
keit entstand im November 1948 der bekannte
lage nach damaliger Einschätzung noch fehlte,
großformatige Flächenaufteilungsplan für die
griff man hierfür auf Gesetze der NS-Zeit zurück,
Gesamtstadt Rheydt, der 2012 auch im Zentrum
die für die seinerzeit konzipierten durchgreifenden
einer Ausstellung zum Wiederaufbau stand.18 Zum
Stadtumgestaltungen geschaffen worden waren:
Jahreswechsel 1948/49 endete der Vertrag der
Aufgrund der Verordnung über Neuordnungsmaß-
Stadt Rheydt mit Alfons Leitl, der nachfolgend
nahmen zur Beseitigung von Kriegsfolgen vom
die Wiederaufbauplanung von Wesel bearbeitet.19
2. Dezember 1940 und deren Folgeverordnung
Leitls Planungen mündeten in dem Ortsstatut vom
aus dem Jahr 1942 ließ sich die Stadt Rheydt
25.8.1949, das u. a. Geschosshöhen vorschreibt
nun zum Neuordnungsgebiet erklären – mit den
und differenziert Geschosszahlen sowie Bautiefen
Rechtsfolgen, dass die Neuordnungspläne nach
für Vorder- und Hinterhäuser der einzelnen Stra-
Genehmigung durch die höhere Verwaltungsbe-
ßenzüge festlegt; für Teilbereiche der Innenstadt
hörde rechtskräftig wurden, ohne dass Bürger
ist dieses Ortsstatut unverändert rechtsgültig. Ihn
Rechtsmittel einlegen konnten, und man diese
ergänzten die beiden Fluchtlinienpläne 1001 und
Umlegungen „erforderlichenfalls zwangsweise“
1002, die die neuen, auf der Leitl-Planung basie-
durchführen könne. Im März 1948 wurde die
renden Fluchtlinien für die damalige Rheydter In-
Rheydter Wiederaufbauplanung von Landesregie-
nenstadt festsetzten und im Februar 1948 rechts-
rung, Landesplanungsgesellschaft und Bezirks-
kräftig wurden (Abb. 20-21). Weitere Teilbereiche
planungsstelle genehmigt.
der heutigen Innenstadt und der Gracht erhielten
Impulse für die architektonische Ausgestaltung
ab den frühen 1950er-Jahren Durchführungsplä-
des Wiederaufbaus sollte ein Mustergebäude ge-
ne im Maßstab 1:500, die die Regelungen des
ben, das Leitl 1948 (mit seinem von Paul Bernert
Ortsstatuts ergänzten und an die ab Mitte der
geleiteten Architekturbüro) an der Mündung der
1950er-Jahre weitere Durchführungspläne bzw.
Abb. 21 Fluchtlinienplan Nr. 1002, südliche Innenstadt, 1948 (Quelle: Stadtplanungsamt Stadt MG)
STADTBAUGESCHICHTE RHEYDT | 18
RHEYDT: STADTBAUGESCHICHTE UND STADTBILDANALYSE
STADTBILDANALYSE RHEYDT
Die städtebauliche Planung von Alfons Leitl gab
der Rheydter Innenstadt bis hin zu Mustergrund-
umsetzen zu können, so erfüllte sich dies nicht.
dem Wiederaufbau von Rheydt den gestalteri-
rissen ausgearbeitet hatte. Eine lange, im Februar
Neben einigen Architekten aus dem ehemaligen
schen und planungsrechtlichen Rahmen. Leitl
1948 gezeichnete Ansicht zeigt die charakte-
Stadtplanerteam Leitls waren es vor allem ortsan-
entwarf jedoch nicht nur die stadträumlichen
ristische Stahlbetonskelettbauweise mit in der
sässige, oft bereits vor 1945 in Rheydt beheima-
Strukturen des künftigen Rheydt, sondern gab
Fassade sichtbarem Tragwerk, wie sie das Haus
tete Architekten, die die städtebauliche Planung
auch umfangreiche planerische Anregungen für
Wallraf hat, für die gesamte Straßenabwicklung
mit ihren Entwürfen umsetzten (Abb. 24.1-24.2).
die architektonische Umsetzung des Wiederauf-
(Abb. 23). Die Kammbebauung ist mit ihren bei-
Diese Umsetzung erfolgte nach den architektoni-
baus. Die Kammbebauung der Hauptstraße bilde-
den unterschiedlichen Höhen für die Kopfbauten
schen Prinzipien der Zeit, aber auch mit der da-
te hier erneut einen Schwerpunkt. Der Musterbau,
und die Verbindungsbauten, mit ihren Vor- und
mals vorhandenen gestalterischen und konstruk-
den Leitl 1948 mit seinem von Paul Bernert ge-
Rücksprüngen sowie der prägnanten Wegefüh-
tiven Bandbreite – im Gegensatz zu Siedlungen
leiteten Architekturbüro für den Kaufmann Paul
rung dargestellt. Leitls Wunsch und Vorstellung
und Quartieren, die in einer Handschrift von ei-
Wallraf an der Mündung der Harmoniestraße auf
war, so wird hier deutlich, keine monoton-gleich-
nem Planungsteam für einen (institutionellen)
die Hauptstraße errichtete (Abb. 22), wurde bereits
förmige Architektur, aber eine Architektur nach ei-
Bauherrn errichtet wurden.
im Abschnitt zur Stadtbaugeschichte erwähnt: er
nem Gestaltungs- und Konstruktionsprinzip – eine
sollte als Muster für die geplante Kammbebauung
Architektur aus einem Guss.
Wie viel Leitl steckt in Rheydt?
dienen und bildete einen Baustein der zugehöri-
Sollte Leitl gewünscht oder gehofft haben, den
Die verschiedenen Vogelschauen, in denen Leitl
gen Planung, die Leitl gerade für diesen Bereich
Wiederaufbau von Rheydt aus einer (seiner) Hand
zum Jahreswechsel 1947/48 seine stadträumli-
GestaltunGs- und ModernisierunGskonZept rheydt_abwicklung hauptstraße_M 1:200
Abb. 23: Ansicht und Schemagrundriss Hauptstraße, dat. 19.2.1948, Ausschnitt Südseite (Quelle: HA Erzbistum Köln, PK 170)
Abb. 24.1: Südseite Hauptstraße, Ansichten Baueingabepläne
Hauptstraße 52
!
Baujahr: !1949 (Erdgeschoss und 1. Obergeschoss)
Architekt: !Leonhard Eyckers, Düsseldorf
Bauherr: !Wilhelm Vits
Hauptstraße 50
!
Baujahr: !1954
Architekt: !Heinz Thevißen
Bauherr: !Wwe. Karl Niehl
Baujahr: !1953 (Aufstockung)
Hauptstraße
52 Thevißen
Architekt: !Heinz
!
Bauherr:
!Wilhelm Vits, Gastwirt
Baujahr: !1949 (Erdgeschoss und 1. Obergeschoss)
Architekt: !Leonhard Eyckers, Düsseldorf
Bauherr: !Wilhelm Vits
Hauptstraße 50
!
Baujahr: !1954
Architekt: !Heinz Thevißen
Bauherr: !Wwe. Karl Niehl
Hauptstraße 46
!
Baujahr: !1953
Architekt: !Erwin Arnold Bauunternehmung
Bauherr: !Erwin Arnold Bauunternehmung
Hauptstraße 44
Hauptstraße 42
Hauptstraße 38
Hauptstraße 32-36
Hauptstraße 30
Baujahr: !1950
Architekt: !Wilhelm Kamp,
!
!
!Arch. BDA, Rheydt
Bauherr: !Wwe. Else Stock
Baujahr: !1953
Architekt: !Arnold Wohnungsbau GmbH
Bauherr: !Erben Dr. Klock
Baujahr: !1949
Architekt: !Hans Klinkenberg Ing.
Bauherr: !Heinrich Wintzen (Schuhhaus)
Baujahr: !1954
Architekt: !Heinz Thevißen
Bauherr: !Carl Kalderoni Abt. Einrichtungshaus Kalderoni
Baujahr: !1948
Architekt: !Alfons Leitl
Bauherr: !Hans Wallraf, Rheydt
Abb. 24.2: Südseite Hauptstraße, Ansichten realisierte Planungen (Rekonstruktion nach historischen Fotografien)
19 | STADTBILDANALYSE RHEYDT
Baujahr: !1953 (Aufstockung)
Architekt: !Heinz Thevißen
Bauherr: !Wilhelm Vits, Gastwirt
Hauptstraße 46
!
Baujahr: !1953
Architekt: !Erwin Arnold Bauunternehmung
Bauherr: !Erwin Arnold Bauunternehmung
Hauptstraße 44
Hauptstraße 42
Hauptstraße 38
Hauptstraße 32-36
Hauptstraße 30
Baujahr: !1950
Architekt: !Wilhelm Kamp,
!
!
!Arch. BDA, Rheydt
Bauherr: !Wwe. Else Stock
Baujahr: !1953
Architekt: !Arnold Wohnungsbau GmbH
Bauherr: !Erben Dr. Klock
Baujahr: !1949
Architekt: !Hans Klinkenberg Ing.
Bauherr: !Heinrich Wintzen (Schuhhaus)
Baujahr: !1954
Architekt: !Heinz Thevißen
Bauherr: !Carl Kalderoni Abt. Einrichtungshaus Kalderoni
Baujahr: !1948
Architekt: !Alfons Leitl
Bauherr: !Hans Wallraf, Rheydt
chen Ideen und Konzepte anschaulich präsentierte
Kammbebauung ein, wie sie auch der gültige
(siehe Abb. 17-19, S. 16), zeigen drei Teilbereiche
Fluchtlinienplan (Abb. 20) vorgab.
in und an der Rheydter Innenstadt. Die erwähnte
Die unten stehende Gegenüberstellung der
Kammbebauung an der Südseite Hauptstraße bil-
Leitl‘schen Gesamtplanung für die Südseite
det die zentrale, prägnante Baufigur innerhalb der
Hauptstraße mit den Ansichten der Baueingabe-
Vogelschau zur heutigen nördlichen Innenstadt.
pläne und den realisierten Fassaden (ganz unten)
An ihr lässt sich exemplarisch nachvollziehen, in
verdeutlicht, dass auch die übrigen Bauten der
welchem Umfang die Leitl‘sche Wiederaufbaupla-
Hauptstraße diesem Prinzip folgten: Die städte-
nung in Rheydt umgesetzt wurde.
bauliche Figur der Kammbebauung wurde (weit-
Das erste Wohn- und Geschäftshaus, das nach
gehend) umgesetzt, die Gestaltungsvorschläge
dem Musterbau von Leitl und Bernert an der
Leitls wurden hingegen nur teilweise aufgegriffen.
Hauptstraße errichtet wurde, war das Schuhhaus
Wintzen (Hauptstraße 38, Arch. Paul Klinkenberg).
Entstanden ist so an der Hauptstraße eine
Mit seiner konservativen, putzsichtigen Architek-
architektonisch vielfältige Straßenansicht, die
tur bildete es gestalterisch bereits einen gewissen
durch die prägnante städtebauliche Figur der
Kontrapunkt zum Leitl‘schen Musterbau; zugleich
Kammbebauung zu einem Ganzen zusam-
fügte es sich jedoch in die von Leitl konzipierte
mengebunden wird.
Abb. 22 (oben): Muster-Kopfbau Hauptstraße 30,
Arch. Alfons Leitl, Mitarbeiter Paul Bernert (Quelle:
Stadtarchiv MG, Sign. 10/2/1280)
Zwischenstand 29.08.2012
Harmoniestraße
abwicklung gemäß Baueingabe
Harmoniestraße
Harmoniestraße
abwicklung gemäß Baueingabe
Harmoniestraße
Harmoniestraße
abwicklung gemäß historischem Bildmaterial
Hauptstraße 26
Hauptstraße 22/24
Hauptstraße 20
Hauptstraße 18
Baujahr: !1960
Architekt: !Paul Bernert
Bauherr: !Hans Wallraf, Rheydt
Baujahr: !1950
Architekt: !Jaekel & Neuhausen
Bauherr: !Wilhelm Müllers, Rheydt
Baujahr: !1952
Architekt: !Platt (?)
Bauherr: !Erwin Arnold
!
!
!Bauunternehmung
Baujahr: !1957
Baujahr: !1949
Architekt: !Paul Bernert,
Architekt: !Johann Dassen
!
!
!Brucknerallee 90
!
!
!Bauunternehmung
Bauherr: !Ernst Viand
Bauherr: !Franz Joeres
Hauptstraße 16
Hauptstraße 14
Hauptstraße 12
Hauptstraße 10
Hauptstraße 2
Baujahr: !1952
Architekt: !Rudolf Brosi
Bauherr: !Richard Gauls,
!
!
!Rheydt
Baujahr: !1957 (Vorzeichnungen 1955)
Architekt: !Heinz Thevißen
Bauherr: !CeKa-Verwaltungs-GmbH Gebrüder Heinemann
Harmoniestraße
Baujahr: !1952
Baujahr: !1950
Architekt: !Platt (?)
Architekt: !Rudolf Brosi
Bauherr: !Erwin Arnold Bauunternehmung Bauherr: !Johann Cleven,
!
!
!Rheydt
Hauptstraße 26
Hauptstraße 22/24
Hauptstraße 20
Hauptstraße 18
Baujahr: !1960
Architekt: !Paul Bernert
Bauherr: !Hans Wallraf, Rheydt
Baujahr: !1950
Architekt: !Jaekel & Neuhausen
Bauherr: !Wilhelm Müllers, Rheydt
Baujahr: !1952
Architekt: !Platt (?)
Bauherr: !Erwin Arnold
!
!
!Bauunternehmung
Baujahr: !1957
Baujahr: !1949
Architekt: !Paul Bernert,
Architekt: !Johann Dassen
!
!
!Brucknerallee 90
!
!
!Bauunternehmung
Bauherr: !Ernst Viand
Bauherr: !Franz Joeres
Hauptstraße 16
Hauptstraße 14
Hauptstraße 12
Baujahr: !1952
Baujahr: !1950
Architekt: !Platt (?)
Architekt: !Rudolf Brosi
Bauherr: !Erwin Arnold Bauunternehmung Bauherr: !Johann Cleven,
!
!
!Rheydt
Hauptstraße 10
Hauptstraße 2
Baujahr: !1952
Architekt: !Rudolf Brosi
Bauherr: !Richard Gauls,
!
!
!Rheydt
Baujahr: !1957 (Vorzeichnungen 1955)
Architekt: !Heinz Thevißen
Bauherr: !CeKa-Verwaltungs-GmbH Gebrüder Heinemann
STADTBILDANALYSE RHEYDT | 20
RHEYDT: STADTBAUGESCHICHTE UND STADTBILDANALYSE
Vergleicht man die damaligen Planungen Leitls
Zeit. Auch im Bereich der Marktstraße ist Leitls
mit der späteren Umsetzung, so zeigt sich, dass
städtebauliche Planung umgesetzt, sowohl im
es verschiedene Bereiche gibt, in denen eine ähn-
Bereich des heutigen Sparkassenplatzes als auch
liche Umsetzung erfolgte, während andere Ideen
im Bereich der gestaffelten Verschwenkung des
offenbar verworfen oder schlicht nicht umgesetzt
Marktstraßenverlaufs hin zur Kreuzung mit der
wurden.
Friedrich-Ebert-Straße.
Eine weitgehende stadträumliche Umsetzung
Zu den stadträumlichen Ideen Leitls, die keine
erfolgte im Bereich Limitenstraße einschließlich
Umsetzung erfuhren, gehört der Riegel vor dem
der Kreuzung mit Stresemannstraße und Gracht,
Rathaus. Während wir heute dessen historistische
dem damaligen „Rheydter Ei“ (so benannt wegen
Gestaltung schätzen, hätte Leitl dieses Bauwerk
der großen Verkehrsinsel). Historische Aufnah-
gerne hinter neuer Architektur verborgen.
men (Abb. 25) verdeutlichen die stadträumliche
Auch seine Konzeption für einen Park gegenüber
Konzeption von Platz und Straßenaufweitung, die
dem Bahnhof wurde nicht umgesetzt, hier verläuft
insbesondere an der Ostseite der Limitenstraße
heute der Rheydter Ring. Seine bauliche Idee für
auch durch eine vergleichsweise einheitliche Fas-
die Fassung des Stadtplatzes an der Gracht wurde
sadengestaltung unterstützt ist. Zusammen mit
verändert realisiert – woran Leitl selbst teilhatte,
den Bauten an der Hauptstraße war diese „mo-
sind doch die ersten Wohnhäuser an der Gracht
derne“ Straße ein beliebtes Postkartenmotiv der
(im südöstlichen Teil) noch von ihm entworfen.
Abb. 25: Limitenstraße, 1958 (Quelle: Stadtarchiv
MG, Sign. 10/2/1475)
21 | STADTBILDANALYSE RHEYDT
Vielfalt und Einheit – Rheydt heute
Die Wiederaufbauarchitektur von Rheydt
war der Stolz der Rheydter Bürger, die städtebauliche Gestaltung wurde weit über die
Stadtgrenzen hinaus positiv wahrgenommen.
Heute ist diese Architektur stellenweise in die
Jahre gekommen. Die architektonischen und
stadträumlichen Qualitäten der Nachkriegsarchitektur der 1950er- und 1960er-Jahre
müssen heute teilweise neu entdeckt werden,
teilweise sind sie verschüttet und müssen neu
zutage gefördert werden.
43
28
31
37
35
39
36
21
3a
25
23
23
25
17
21
14
15
24
12
11
20
16
14
86
99
12
P
78
17
20
19
Straße
22
Kindergarten
26
28
30
P
36
43
42
53,55
44
aße
48
57
57
34
65
55
67
57
64-78
71
75
77
76
78
80
82
84
86
88
90
93
95
97
99
10
1
10
3
7,5
P
20d
83-81
P
10
12
11
85
Pestalo
26
24
28
14
36
38
63
111
65
69
70
73
72
74
75
Elberfelder Straße
33
Jugendheim
40
37
15b
11
37
lder
erfe
Elb
13
15
ße
Stra
17
35
46a
46
43
e
12
bis 1944 Altersklasse 4 Weg
(AK 4)!!!!!!!!!!!!!!!!!1919-1933
36
31
38
35
Altersklasse 3 (AK 3)!!!!!!!!!!!!!!!!!1871-1918
115
P
77
76
P
42,44
34
29
Altersklasse 2 (AK 2)!!!!!!!!!!!!!!!!!1835-1870
33
P
61
40
Altersklasse 1 (AK 1)!!!!!!!!!!!!!!!!!!vor 1835
Stadtumbaugebiet
Jugendfreizeitheim
46
17
18
22
25
24
34a
15a
22
21
20
e
zzistraß
17
27
34
59
28
57
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Architektonische Vielfalt und stadträumliche
Einheit – dies sind Charakteristika, die auch
aus den Kartierungen sprechen, die 2012 für
den Bereich der Rheydter Innenstadt angelegt
wurden. Wie umfassend der Wiederaufbau die
Rheydter Innenstadt bis heute prägt, zeigt bereits die oben stehende Kartierung der Baualtersklassen.
Die rot markierten Gebäude bilden die vor 1944
der Wiederaufbauplanung Leitls (Hauptstraße,
errichteten Bauten. Die geringe Anzahl zeigt be-
Marktstraße und Limitenstraße sowie Markt und
reits: Kriegszerstörung und Wiederaufbau haben
Gracht).
nur wenig ältere Architektur bestehen lassen
Der Südabschnitt der Waisenhausstraße und die
(siehe auch Schadensplan von 1947, Abb. 10,
Hugo-Preuß-Straße, die im Stadtraum als eher
S. 12). Es handelt sich vor allem um gründer-
gründerzeitlich geprägt wahrgenommen werden,
zeitliche Bauten, ergänzt um wenige Bauten der
zeigen in der Kartendarstellung dennoch eine grö-
Zwischenkriegszeit. Sie konzentrieren sich auf
ßere Anzahl von Bauten der Wiederaufbauphase.
den südlichen Teil des Stadtumbaugebiets und
Die grün dargestellten Bauten wurden nach 1965
Kartierung Baualter
einzelne „Inseln“ in der übrigen Innenstadt, wobei
errichtet oder sind, wie der große Baukörper des
> ABBILDUNG OBEN
bemerkenswerterweise sogar einzelne Vorkriegs-
ehem. Kaufhofs am Marienplatz, nach 1965 so
Die Kartierung des Baualters erfolgte auf der Ba-
bauten im Bereich der Kammbebauung an der
umfassend umgestaltet worden, dass sie als Bau-
sis der Baualtersklassen nach BKI, wurde für die
Hauptstraße bestehen blieben.
ten dieser Zeit wahrgenommen werden. Hier tre-
oben stehende Kartendarstellung jedoch zu den
Demgegenüber macht die blau dargestellte Wie-
ten die Bauten der späten 1960er-Jahre im Stadt-
drei relevanten Phasen gebündelt: Dies sind die
deraufbauphase heute einen wesentlichen Anteil
raum weniger hervor, als es die Kartendarstellung
vor 1944 errichteten Bauten, die Bauten des Wie-
der Bebauung der Rheydter Innenstadt aus. Durch
nahelegt; vor Ort entsteht eher der Eindruck, dass
deraufbaus (1945 bis 1964) und die nachfolgen-
die bis 1949 geltende Bausperre sind es vor allem
innerhalb der Rheydter Innenstadt neben einzel-
den, ab 1965 errichteten Bauten.
ab 1950 errichtete Gebäude. In Teilbereichen wie
nen Großbauten (wie dem besagten ehem. Kauf-
Die Datierung erfolgte mehrheitlich nach dem Au-
der Hauptstraße, der Friedrich-Ebert-Straße, der
hof-Komplex) nur wenig jüngere Architekturen
genschein im Rahmen einer Begehung, teilweise
Marktstraße, der Limitenstraße/Gartenstraße und
entstanden sind.
wurden auch die zugehörigen Baugenehmigungs-
der Gracht, mit Abstrichen auch in der Mühlen-
unterlagen ausgewertet. Bauten, deren Datierung
straße und dem Nordteil der Waisenhausstraße
nicht gesichert ist bzw. die in die Schnittstelle
entstanden geschlossene Bebauungen dieser
von zwei Baualtersklassen fallen oder die zwei
zwischen 1945 und 1964 spannenden Baupha-
prägende Ausbauphasen zeigen, haben diagonal
se. Die Bauten dieser Baualtersklasse umfassen
geteilte Schraffur erhalten.
somit insbesondere die genannten Kerngebiete
STADTBILDANALYSE RHEYDT | 22
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100
98
96
92
90
82
Schule
33
38
123
Hohlstraße
32
nstraße
Mühle
80
78
72
43
116
125
33
Heinrich-Pesch-Straße
34
63
64
ße
Hohlstra
120
118
130
128
126
124
89
87
85
83
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77
75
61 ,
57
ße
nstra
Mühle
129
119
81a
Fabrik
45
127
IB-K 7
59
ße
ra
st
of
dh
ie
Fr
Kartierung Dachformen
Kartierung Geschossigkeit
Kartierung Fassadenmaterial
> ABBILDUNG LINKE SEITE OBEN
> ABBILDUNG LINKE SEITE UNTEN
> ABBILDUNG OBEN
Bis in das frühe 20. Jahrhundert war das ge-
Durch die Kartierung der Geschossigkeit traten
!!!
Die Kartierung der Fassadenmaterialien
zeigt eine
neigte Dach die vorherrschende Dachform; in
verschiedene Hochpunkte und bauliche Akzen-
große Vielfalt. Während die Gebäude der Baual-
den 1920er-Jahren wurde die Frage „Flachdach
tuierungen hervor, die in Verknüpfung mit der
tersklassen bis 1944 überwiegend putzsichtig
oder Steildach“ zu einem Streitpunkt zwischen
Baualterskartierung unterschiedlichen Stadtbau-
sind (mit unterschiedlich stark ausgeprägtem
modernen und konservativen Architekten. Diese
phasen zugeordnet werden konnten – zum einen
Fassadendekor), steigt die Materialvarianz bei
ideologische Handhabung lässt sich in Rheydt
Solitärbauten der Vorkriegszeit wie die beiden
den Bauten der Nachkriegszeit merklich. Neben
nicht nachweisen. Bei der Dachform zeigt sich
Kirchen und das Rathaus, zum anderen größere
Putz kommen nun auch Betonskelett und Sicht-
lediglich bei der Südseite der Hauptstraße ein
Kaufhausbauten beiderseits der Stresemannstra-
beton, Klinkerriemchen/Fliesen und Ziegel, später
konzeptbedingter Wechsel zwischen Flachdach
ße der Baualtersklassen nach 1965.
auch Glas als Fassadenmaterial vor. Die Materi-
und Sattelfach: Die höheren Kopfbauten haben
Die prägnante Kammbebauung an der Südseite
alvarianz ist durch nachfolgende Fassadenumge-
ein flaches Dach, die dazwischenliegenden Ver-
der Hauptstraße tritt innerhalb einer vergleichs-
staltungen (u. a. im Zuge von Dämmmaßnahmen)
bindungsbauten geneigte Dächer. Ansonsten
weise einheitlichen Umgebungsbebauung an
zusätzlich vermehrt, beispielsweise an der Nord-
zeigte die Kartierung der Dachformen ein eher
der Hauptstraßen-Nordseite und der Marktstra-
seite des Markts (Ecke Hauptstraße/Bruckneral-
uneinheitliches Bild. In Teilbereichen herrschen
ßen-Nordseite hervor. Auch wird eine vergleichs-
lee/Mühlenstraße).
eher Flachdachbauten vor, etwa bei den Eck-
weise einheitlich hohe raumbildende Bebauung
bauten an der Mündung Brucknerallee sowie der
an der Kreuzung Limitenstraße/Gartenstraße
Nord- und Westseite des Markts. Die Bauten an
deutlich. Gegenüber der Marienkirche setzen hö-
der Hauptstraßen-Nordseite und die Ostseite der
here Eckgebäude einen Akzent, wie er dort bereits
Limitenstraße zeigen hingegen geneigte Dächer.
zur Jahrhundertwende bestanden hatte.
Die Bauhöhe an Waisenhausstraße und Hugo-Preuß-Straße ist hingegen insgesamt niedriger. Die Kartierung der Geschossigkeit unterstützt
somit die Befunde der Baualterskartierung insbesondere im Hinblick auf die städtebaulichen
Strukturen der Leitl-Planung.
!
FAZIT
Die Architektur des Wiederaufbaus zeigt charakteristische gestalterische und konstruktive Merkmale, die oftmals unter dem Begriff
Nachkriegsmoderne zusammengefasst werden. Die Architektur des Wiederaufbaus stellt
allerdings keine gestalterische Einheit dar
oder basiert auf einer einheitlichen Konstruktion: Innerhalb der Architektur des Wiederaufbaus (1945-1964) gibt es vielmehr eine merkliche Vielfalt.
STADTBILDANALYSE RHEYDT | 24
2 LEITLINIEN FÜR ERHALTUNG UND GESTALTUNG
LEITLINIEN ZUR ERHALTUNG UND GESTALTUNG
EINFÜHRUNG: PRINZIPIEN DER ARCHITEKTUR DES WIEDERAUFBAUS
Die Architektur des Wiederaufbaus (1945-1964)
Jahren verstärkt auch in Betonbauweise. Stich-
wird mit ihren charakteristischen gestalterischen
wort war die „Industrialisierung des Bauwesens“,
und konstruktiven Merkmalen oftmals unter dem
d. h. die Ablösung der handwerklichen Bauwerks-
Begriff Nachkriegsmoderne zusammengefasst.
erstellung durch eine Vorfertigung in der Fabrik,
Sie stellt allerdings keine gestalterische Einheit
begünstigt durch immer größere Transportkapa-
dar oder basiert auf einer einheitlichen Konstruk-
zitäten, eine fortschreitende Verbilligung der Bau-
tion, sondern zeigt vielmehr eine merkliche ge-
stoffe und eine ebenso fortschreitende Verteue-
stalterisch-konstruktive Vielfalt.
rung der Arbeitskraft.
Konstruktion, Form und Gestaltung wurden ins-
Konstruktion und Material des Industriezeit-
besondere in der ersten Hälfte des 20. Jahr-
alters
hunderts als einander wechselseitig bedingende
Bis weit in das 18. Jahrhundert waren als Kon-
und beeinflussende Faktoren gesehen: Daraus
struktionsweisen im Hochbau zum einen der
resultierte u. a. die Überzeugung, dass ein Stahl-
Massivbau, zum anderen der Fachwerkbau vor-
betonskelettbau (quasi als Fortentwicklung des
herrschend. Der Massivbau war durch tragende
hölzernen Fachwerkbaus) als solcher erkennbar
Mauerwerkswände geprägt, der Fachwerkbau
sein solle, d.h., das tragende Skelett sollte in der
durch ein tragendes (hölzernes) Fachwerkgerüst.
Fassade sichtbar sein. Steht das tragende Skelett
Der Massivbau galt als dauerhafter, aber teurer
hinter der Fassade, so wurde angestrebt, dass die
und aufwendiger, sodass auch Mischformen mit
davor montierte Fassade als nicht tragend wahr-
massiven Umfassungswänden und tragenden
zunehmen ist.
inneren Fachwerkwänden vorkommen. Decken
Aus dem traditionellen Nebeneinander von Mas-
wurden vorrangig als Holzbalkendecken erstellt,
sivbau und Fachwerkbau entwickelten sich so
Dachtragwerke waren ebenfalls aus Holz. Im Lau-
zur Mitte des 20. Jahrhunderts neue Konstruk-
fe des 19. Jahrhunderts kam zuerst Stahl, später
tionsweisen, die sich jedoch in der einen oder
kamen Beton/Stahlbeton als neue Baustoffe hin-
anderen Form weiterhin diesen beiden ursprüng-
zu; zudem wurden die vorhandenen Konstruk-
lichen Konstruktionsweisen zuordnen lassen. Sie
tionsweisen durch neue ergänzt. So wurden für
bildeten das Repertoire des zeitgenössischen
die oft feuchtigkeitsanfällige Kellerdecke neue
Architekten, Baumeisters und Bauunternehmers,
Deckensysteme entwickelt, etwa die sog. Preu-
wobei ihre Verwendung teilweise auch ideolo-
ßische Kappendecke, die aus Stahlträgern mit
gisch vorgeprägt war: Konservative Planer waren
dazwischengemauerten oder -betonierten Gewöl-
eher einer traditionellen Massivbauweise (z. B.
bekappen besteht.
mit verputzten Mauerwerkswänden) zugeneigt,
Viele neue Konstruktionsweisen dienten der Ver-
progressivere Planer bevorzugten Bauweisen wie
billigung und Beschleunigung des Bauens, etwa
den Stahlbetonskelettbau, die stärker in Richtung
Systemblocksteine, die das konventionelle Back-
Vorfertigung wiesen. Damit einher gingen ge-
steinmauerwerk ersetzen sollten. Im beginnen-
stalterische Unterschiede, die sich in den frühen
den 20. Jahrhundert gewann die Vorfertigung im
1950er-Jahren teilweise noch auf die Debatten
Bauwesen größere Bedeutung – zu Beginn des
der Weimarer Zeit zurückführen lassen, wo die
Jahrhunderts in Holzbauweise, ab den 1920er-
Konservative und Moderne miteinander um die
Abb. 28 Systemskizze Massivbau
Abb. 29 Systemskizze Massivbau mit Wandpfeilern
27 | EINFÜHRUNG: PRINZIPIEN DER ARCHITEKTUR DES WIEDERAUFBAUS
Abb. 26 (ganz oben): Massivbau Hauptstr. 38 (Quelle: Stadtarchiv MG, Sign. 10/ 31935)
Abb. 27 (oben): Massivbau Stresemannstr. 83 (Quelle: Stadtarchiv MG, Sign. 10/2/1527)
Abb. 30 Systemskizze Massivbau mit Schotten
„richtige“ Hausgestaltung stritten. Bei diesem
Ein Beispiel für diese Konstruktionsweise des
Streit wurde beispielsweise die Dachform ideolo-
Massivbaus ist das 1949 erbaute Gebäude Haupt-
gisch aufgeladen: Das Steildach galt einigen als
str. 38 (Schuhhaus Wintzen). Aufnahmen aus der
handwerklich-traditionell, das Flachdach hinge-
Rohbauphase zeigen das Außenmauerwerk mit
gen als modern. Diese Debatten wurden teilweise
den traditionellen, gemauerten Segmentbögen
auch über die Baukonstruktion argumentiert; so
der Obergeschossfenster, die die konservative
galt das Flachdach lange als anfälligere Konstruk-
Gestaltung wesentlich mitprägen (Abb. 26). Das
tion, die aber u. a. den ungenutzten Dachraum
Erdgeschoss wurde für ein Ladenlokal großflä-
(und damit ungenutztes Volumen) einspare.
chiger verglast, hier übernehmen zwei nach innen gerückte Stützen die Funktion der tragenden
Abb. 31 (oben): Musterbau Hauptstraße 30 im
frühen Wiederaufbau (Quelle: Stadtarchiv MG, Sign.
10/2/1577)
Konstruktion und Gestaltung der Architektur
Fassade.
des Wiederaufbaus
Ebenfalls dem Massivbau zuzuordnen ist das
Die Konstruktionen und Materialien der Wieder-
Gebäude Stresemannstr. 83/Ecke Limitenstraße.
aufbauarchitektur wurden mehrheitlich nicht in
Fotos der Bauphase zeigen ein konventionell ge-
dieser Zeit entwickelt, sondern in den Jahrzehn-
mauertes Obergeschoss, dort mit scheitrechten
ten zuvor. Dennoch gab es – ungeachtet der oben
Mauerwerksstürzen, während das Erdgeschoss
benannten Vielfalt – eine spezifische Gestaltung,
durch ein Stahlbetonstützenraster in Fassaden-
eine typische Materialwahl und Konstruktionswei-
ebene größere Schaufenster erlaubt (Abb. 27).
sen, die es heute erlauben, die Architekturen des
Auch dieses Gebäude wurde im Anschluss ver-
Wiederaufbaus als solche zu erkennen.
putzt.
Das baukonstruktiv-gestalterische Repertoire des
Den Gegensatz zum Massivbau bildet, als neu-
Wiederaufbaus verdeutlicht eine Zusammenstel-
zeitlicher Fachwerkbau, die (Stahlbeton-)Skelett-
lung, die 1959 in einem zeitgenössischen Stan-
bauweise. Schott stellt in seiner erwähnten
dardwerk zur Baugestaltungslehre abgedruckt
Baugestaltungslehre zwei grundsätzliche Prinzi-
wurde. Einleitend sind dort zunächst die beiden
pien des Skelettbaus vor: zum einen den Stahl-
traditionellen Konstruktionsweisen Fachwerkbau
betonskelettbau mit innen liegendem Tragwerk
und Massivbau beschrieben, dann die Weiterent-
und vorgesetzter Fassade (Abb. 32), zum anderen
wicklung des Massivbaus mit Stahlbetondecken
den Stahlbetonskelettbau mit Stützenraster in der
und flacherem Dach, bei dem die Verringerung
Fassade (Abb. 33).
der Dachlast eine stärkere Durchfensterung der
Als Skelettbau sofort erkennbar ist das bereits
Fassade ermöglicht habe (Abb. 28). Eine Variante
genannte Gebäude Hauptstr. 30 (Haus Wallraf,
der Massivbauweise ist die Ausbildung von tra-
Abb. 21 und 31). Das tragende, in Fassadenebene
genden gemauerten Wandpfeilern (Abb. 29). Zu
liegende Stahlbetonskelett ist wie beim traditio-
den Massivbauweisen gehört zudem die Schot-
nellen Fachwerkbau mit Stützen und Querriegeln
tenbauweise, bei der parallele Massivwände aus-
(Letztere in der Ebene der Geschossdecken) ge-
gebildet werden, während die Fassaden nicht tra-
fügt und teilweise mit Mauerwerk, teilweise mit
gend sein können (Abb. 30) – eine Lösung, die vor
Fenster ausgefacht; die Diagonalschraffur des
allem beim Bau von Reihenhäusern und anderen
ausfachenden Mauerwerks scheint dessen nicht
gereihten Bauten eingesetzt wurde.
tragende Funktion zu unterstreichen. Konstruktion
Abb. 32 Systemskizze Stahlbetonskelettbau mit
Vorhangfassade
Abb. 33: Systemskizze Stahlbetonskelettbau mit
Stützen in Fassadenebene
EINFÜHRUNG: PRINZIPIEN DER ARCHITEKTUR DES WIEDERAUFBAUS | 28
LEITLINIEN ZUR ERHALTUNG UND GESTALTUNG
und Gestaltung sind hier auf eine spezifische, für
ein Stahlbetonskelett, dessen Ausfachungen hin-
die Architektur des Wiederaufbaus durchaus prä-
ter die Stützenvorderkante gerückt sind, um wie
gende Weise verbunden.
beim Gebäude Hauptstr. 30 das tragende Skelett
Die Wahl der Konstruktionsweise konnte ge-
zu betonen. Im Gegensatz zu diesem wurden die
stalterische Gründe haben, wie sie für Leitl un-
Fassaden bei der Zeile Limitenstr. 1-17 jedoch
zweifelhaft eine Rolle spielten: Oft war es im
vollständig verputzt; die Fassadengliederung ist
Wiederaufbau aber schlicht eine Frage der Her-
nicht durch einen Materialwechsel, sondern durch
stellungsökonomie und damit eine Frage, welches
einen zweifarbigen Putzanstrich betont.
System für das jeweilige Bauwerk schneller und/
oder günstiger war. Ein gutes Beispiel hierfür ist
Material und Gestaltung des Wiederaufbaus
das Gebäude Hauptstraße 32-36 (ehem. Kaufhaus
Die Trennung von Tragkonstruktion und Fassa-
Kalderoni). Fotos der Bauphase zeigen ein Stahl-
de bei der Skelettbauweise wird mitunter da-
skeletttragwerk, das nachfolgend ummantelt, mit
mit begründet, man trenne so das dauerhaftere
Mauerwerk ausgefacht und abschließend verputzt
Tragsystem vom weniger langlebigen Ausbau.
wurde (Abb. 34, 35 + 37). Die äußere Gestaltung
Für die baulichen Charakteristika der Wieder-
gibt somit nicht zwangsläufig einen Hinweis auf
aufbauarchitektur war jedoch ein anderer Vorteil
die gewählte Konstruktionsweise, diese ist hier
der Skelettbauweise bedeutsamer: Die nicht tra-
pragmatisch und nicht ideologisch angewandt.
genden Fassaden ermöglichten filigrane Details.
Die Ausführung der Skelettbauweise musste auch
So verdeutlichen die Musterskizzen, die Schott
nicht unbedingt „industrieller“ erfolgen als bei
in seiner Baugestaltungslehre zeigt, verschiede-
der Massivbauweise: Eine Baustellenaufnahme
ne Muster der Skelettbauweise, wie sie auch in
des Kopfbaus Hauptstr. 52/Ecke Markt zeigt die
Rheydt zu finden waren (Abb. 41-42).
durchaus noch handwerkliche Herstellung mit
Eine im damaligen Zeitgeschmack progressivere
örtlich gefertigter Stützenschalung (Abb. 36).
Fassade war die des Gebäudes Stresemannstr.
Gerade bei flächenhaft verputzten Gebäuden
17/19 (ebenfalls ehem. Kaufhaus Kalderoni), bei
tritt die Konstruktionsweise als Merkmal zurück:
der die Fassade in ein schlankes Raster mit Glas-
so bei der Limitenstr. 1-17 (Ostseite), wo sich
bausteinausfachungen aufgelöst ist (Abb. 40). Im
mehrgeschossige Stützen in den Obergeschossen
Erdgeschoss sind auf einem Baustellenfoto einge-
abzeichnen und diese wie Wandvorlagen vertikal
rückte Stützen zu erkennen, auch die darüber lie-
gliedern (Abb. 38). Hier zeigen Fotos der Bauphase
gende Fassade ist augenscheinlich nicht tragend.
29 | EINFÜHRUNG: PRINZIPIEN DER ARCHITEKTUR DES WIEDERAUFBAUS
Abb. 34-35 (oben): Stahlskelettbau Hauptstr. 32-36
in zwei verschiedenen Bauetappen (Quelle: Stadtarchiv MG, Sign. 10/31769 und 10/31935)
Abb. 36 (unten links): Stahlbetonskelettbau – Baustellenaufnahme am Markt (Quelle: Stadtarchiv MG,
Sign. 10/2/1534)
Abb. 37 (unten rechts): Hauptstraße 32-36 nach
Fertigstellung, 1953 (Quelle: Stadtarchiv MG, Sign.
10/2/1282)
Abb. 38 (oben links): Limitenstr. 1-17 mit Fassadenstützen (Quelle: Stadtarchiv MG, Sign. 10/2/1533)
Ein prominenter Rheydter Skelettbau mit präg-
Ebenfalls eine nicht tragende Fassade hatte
Abb. 39 (oben rechts): Kaufhof Stresemannstraße
mit Vorhangfassade (Quelle: Stadtarchiv MG, Sign.
10/2/1995)
nanter Vorhangfassade ist das Gebäude Strese-
das schmale Gebäude Harmoniestr. 5/7 (ehem.
mannstr. 1-7 (ehem. Kaufhof). Die Obergeschoss-
Kaufhaus Kalderoni), auch wenn dort vermutlich
fassaden sind über einem weit vorkragenden
gemauerte Haustrennwände wie die genann-
Vordach ganz in Glasflächen mit dünnen Profilen
ten Schotten wirken und es also im Grunde kein
aufgelöst (Abb. 39). Das damalige Kaufhaus nahm
Skelettbau ist (Abb. 43, S. 31). Beide Fassaden
bereits eine große Parzelle ein, sodass die nicht
zeigen allerdings typische gestalterische Merk-
tragend vorgehängte Fassade zumindest an der
male der progressiven Wiederaufbauarchitektur:
Ecke Friedrich-Ebert-Straße/Marktstraße umlau-
zum einen das gestalterische Experiment, be-
fen konnte und die Wirkung der Fassade deutlich
kannte Baustoffe (hier: Glasbausteine) auf unge-
steigerte.
wohnte Weise einzusetzen und so eine neuartige
Abb. 40: Stahlbetonskelettbau – Baustellenaufnahme am Markt (Quelle: Stadtarchiv MG, Sign.
10/2/1534)
Abb. 41: Beispiele Skelettbau mit Vorhangfassade (teilweise mit in der Fassade sichtbaren Deckenplatten)
Abb. 42: Beispiele Skelettbau mit Stützenraster in der Fassadenebene
EINFÜHRUNG: PRINZIPIEN DER ARCHITEKTUR DES WIEDERAUFBAUS | 30
LEITLINIEN ZUR ERHALTUNG UND GESTALTUNG
Fassadenansicht zu schaffen, und zum anderen
die Brüstungsfelder durch mehrfarbiges Kleinmo-
der Wunsch nach Filigranität.
saik belegt sind (Abb. 46).
Beim Gebäude Harmoniestr. 5/7 ist so eine auch
Abb. 43: Geschäftshaus Harmoniestr. 5/7, um 1955
(Quelle: Stadtarchiv MG, Sign. 10/2/1972)
Abb. 44: Bankgebäude Friedrich-Ebert-Str. 37
heute noch modern wirkende Fassade mit schlan-
Material und Detail des Wiederaufbaus
ken Pfosten, harmonischer Gliederung und auf
Die Architektur des Wiederaufbaus ist in vielerlei
das Fassadenganze perfekt abgestimmten Wer-
Hinsicht eine Fortsetzung der Architekturen, die
beanlagen geschaffen.
die vorherigen Jahrzehnte in Theorie und Praxis
Innerhalb der Architektur des Wiederaufbaus sind
geprägt hatten. Der Verzicht auf Ornamentik in der
neben diesen progressiven Gestaltungen und De-
Fassadengestaltung, der um 1900 in der zeitge-
taillierungen die konventionellen und konservati-
nössischen Kritik am Historismus und dessen or-
ven Fassaden meist in der Mehrzahl – so auch in
namentbeladenen Stuckfassaden seinen Ausgang
Rheydt. Architektur, Konstruktion und Gestaltung
genommen hat, hat bei manchen Putzbauten des
waren in der Zeit des Wiederaufbaus oft auch Aus-
Wiederaufbaus zu kargen, schmucklosen Gestal-
druck einer Haltung oder einer gestalterisch-kon-
tungen geführt, an denen nur wenige Details noch
zeptionellen Prägung aufseiten der Planer. Dies
eine gestalterische Handschrift zeigen – etwa
zeigt sich bereits bei der Wiederaufbauplanung
Fenster und Türen, die innerhalb der einheitlichen
Leitls: Die Wahl der sichtbaren Stahlbetonskelett-
Putzfassade durch schmale Putzstreifen (Fa-
bauweise war auch als Bekenntnis zur Architektur
schen) gerahmt sind.
der Moderne gemeint. Diese Entscheidung hat
damit eine zeitgeschichtliche Dimension, die über
die Konstruktion selbst hinausgeht.
Die Wahl der Gestaltung konnte jedoch auch
durch die Bauaufgabe bzw. den Bauherrn bedingt
sein. So sollte die transparente Fassade des Kaufhauses Stresemannstr. 1-7 (ehem. Kaufhof) als
einladende Geste und Modernitätsversprechen
verstanden werden (Abb. 39). Das vormalige
Bankgebäude an der Friedrich-Ebert-Str. 37/Ecke
Bachstraße sollte demgegenüber durch eine auf-
Abb. 45: Wohn- und Geschäftshaus Fr.-Ebert-Str. 49
Die wenigen Details und Gliederungen (etwa
schmale vorkragende Traufkanten und Vordächer, Fenstereinfassungen und Fensterteilungsproportionen) sowie die sichtbaren Materialoberflächen (etwa Putzoberflächen mit
speziellen Körnungen) sind in der Konsequenz
umso bedeutsamer für die Gesamtwirkung:
Gehen die wenigen prägenden Details verloren, kann die Fassade gänzlich an Charakter
verlieren.
wendige und handwerklich gefügte Natursteinfas-
Was uns heute karg erscheint, wurde zeitgenös-
sade Solidität und konservative Bodenständigkeit
sisch positiv verstanden; die Fassaden sollten
vermitteln (Abb. 44). Natursteinbekleidungen ge-
vorrangig durch ausgewogene Proportionen und
rade in handwerklicher Ausführung waren hoch-
feine Details wirken. Exemplarisch hierfür können
wertige und dauerhafte Fassadenkonstruktionen,
die zeittypischen Profile der Schaufenster stehen,
die auch für eine zeittypische Gestaltung genutzt
die nicht nur eine spezifische Farbigkeit (etwa in
wurden: So zeigt das Gebäude Friedrich-Ebert-Str.
Schwarz und Gold) haben, sondern auch sorgsam
49 zwei unterschiedliche Natursteine, mit denen
gefügt und von schlanker Ausführung sind.
in den beiden Obergeschossen eine vertikale,
Andere Merkmale zeigen ebenfalls eine spezifi-
geschossübergreifende Gliederung gestaltet ist,
sche Haltung der Zeit: Die mit Klinkerriemchen
die oberhalb des Erdgeschoss-Ladenlokals in ei-
oder Kleinmosaik bekleideten Fassaden, die wie
nem breiten, waagerechten Natursteinband endet
abwaschbar wirken, werden heute gerne mit der
(Abb. 45). Diese Form der vertikalen Gliederung
Abkehr vom Schutt und Schmutz der kriegszer-
ist, verbunden mit Materialwechseln, ein Merkmal
störten Städte verknüpft (man beachte die ab-
der Wiederaufbauarchitektur, das sich auch beim
waschbaren Flächen in den zeitgenössischen Kü-
Gebäude Wilhelm-Schiffer-Str. 2a/Ecke Haupt-
chen). Die Flächigkeit des Putzbaus ist dort in eine
straße (Textilhaus Beeten) findet. Farblich abge-
spezifische Materialästhetik übersetzt, die unser
setzte Putzglieder binden dort die Fenster zu ver-
Bild der Wiederaufbauarchitektur mitgeprägt hat:
tikalen Gliederungselementen zusammen; dieser
Gerade das Kleinmosaik gilt als Fassadenbeklei-
gestalterische Effekt wird dadurch verstärkt, dass
dung vielen als Zeugnis dieser Zeit.
31 | EINFÜHRUNG: PRINZIPIEN DER ARCHITEKTUR DES WIEDERAUFBAUS
Das Gebäude Wilhelm-Schiffer-Str. 2a/Ecke
auch angenommen wird; die Dämmwirkung von
Hauptstraße (Textilhaus Beeten) mit den Brüs-
Baustoffen und die Prinzipien des Wärmedurch-
tungsfeldern in mehrfarbigem Kleinmosaik wurde
gangs waren bereits bekannt. Die Entscheidung,
bereits erwähnt (Abb 46), andere Fassaden des
die Außenwände der Gebäude auf die seinerzeit
Wiederaufbaus sind ganz mit keramischer Be-
übliche Weise herzustellen, kann somit nicht auf
kleidung versehen. Diese Fassaden bilden wie die
schlichte Unkenntnis zurückgeführt werden.
Glasbaustein-Fassade des Kaufhauses Kalderoni
Sie hatte somit verschiedene Ursachen: Während
an der Stresemannstraße (Abb. 40) ein Spiel mit
heute vielfach die Herstellungsenergie für das
neuen Materialien, zu denen später Kunststoffbe-
Haus (bzw. dessen Konstruktion) erhöht wird,
kleidungen hinzukommen.
etwa durch mehr Dämmung, dickere Wände und/
Neben Putzbauten und Fassaden mit Vorhangfas-
oder dichtere Konstruktionen, um die im Betrieb
sade, sichtbarem Stahlbetonskelett u. Ä. finden
eines Hauses notwendige Energie zu verringern,
sich in Rheydt auch Sichtklinkerfassaden. Auch
war dies in den 1950er-Jahren eher umgekehrt.
diese sind als Gestaltungen der Zeit erkennbar;
Die Dichtigkeit von Fenstern in der Wiederaufbau-
Vorbilder hierfür kamen teilweise aus der Schweiz
zeit war schlechter als die heutiger Fenster, auch
und Skandinavien. Sie gehören oft zu einer eher
aus konstruktiven Gründen (etwa hinsichtlich der
handwerklichen, konservativeren Architektur und
Dichtungen); der so entstandene Luftwechsel ver-
sind mit entsprechenden Details versehen: Neben
hinderte allerdings eine zu starke Raumluftfeuch-
vorkragenden Traufgesimsen in Ortbeton finden
te und damit verbundene Schäden wie Schimmel-
sich schlichte Werksteinrahmungen der Fenster
bildung. Hierauf wird im Abschnitt Energetische
und Türen, Werksteinsohlbänke mit Konsolen oder
Ertüchtigung weiter eingegangen.
durch Werksteinpfosten zu Bändern zusammen-
Auch die Grundrisse und Wohnungszuschnitte
gefasste Fenster. Das Mauerwerk wirkt oft durch
der Wiederaufbauarchitektur sind Zeugnisse ih-
einen flächigen, sauber gesetzten Mauerwerks-
rer Zeit. Mit ihren aus heutiger Sicht verdichteten
verband mit zugehörigem Fugenbild, verbunden
Grundrissen und knappen Flächen je Bewohner
mit laibungsbündigen Rollschichten vor den Fens-
spiegeln sie die Überwindung der Wohnungs-
terstürzen.
not der Nachkriegszeit und das damalige Wohlstandsniveau wider. Hier sind unsere Anforderun-
Konstruktion und Wärmeschutz
gen gestiegen – sowohl in der Wohnungsgröße
Die Fassade bildet nicht nur die sichtbare, ge-
als auch im Ausstattungsstandard. Auch auf diese
staltete Außenansicht eines Gebäudes, sondern
Aspekte wird in den folgenden Kapiteln näher ein-
ist auch Teil der Raumhülle, die innen und außen
gegangen.
trennt. Die bauphysikalischen Anforderungen an
Abb. 46: Wohn- und Geschäftshaus Willhelm-Schiffer-Str. 2 a
die Raumhülle haben sich seit den 1950er-Jahren verändert, insbesondere im Hinblick auf
Dämmwirkung und Luftdichtigkeit. So waren die
Außenwände der Bauten des Wiederaufbaus oft
einschalig, d. h. ohne zusätzliche Dämmung, und
die Fensterprofile in der Regel ohne thermische
Trennung, d. h. ohne Teilung zwischen Innen- und
Außenprofil.
Blickt man in die zeitgenössischen Ausgaben der
seit 1936 erscheinenden Neufert‘schen „Bauentwurfslehre“, bis heute das entsprechende Standardwerk, so zeigt sich dort, dass dies nicht auf
Unkenntnis beruhte. Auch damals wurde bereits
eine Normtemperatur von 20 °C für Wohnräume,
Badezimmer und Küchen angesetzt (allerdings für
Vorräume, Flur und WCs nur 15 °C), wie sie heute
EINFÜHRUNG: PRINZIPIEN DER ARCHITEKTUR DES WIEDERAUFBAUS | 32
LEITLINIEN ZUR ERHALTUNG UND GESTALTUNG
GLIEDERUNG DER LEITLINIEN ZUR ERHALTUNG UND GESTALTUNG IN VIER STADTZONEN 1-4
Die Innenstadt von Rheydt ist, wie die Kartierun-
Hinweise geben, wie die architektonischen und
Der Bereich Hauptstraße (einschließlich der
gen gezeigt haben, in ihrem heutigen Umriss in
stadträumlichen Qualitäten gefördert werden
Kammbebauung Südseite) bildet die Stadtzone 1;
wesentlichen Teilen durch den Wiederaufbau ge-
können. Die verschiedenen Quartiere und die mit
aufgrund der hohen stadträumlichen und stadt-
prägt. Ergebnis des Wiederaufbaus war jedoch
diesen verknüpften Anforderungen und Zielset-
geschichtlichen Bedeutung orientieren sich diese
keine homogene Architektur und Stadtstruktur:
zungen lassen es hierbei sinnvoll erscheinen, die
Leitlinien an einem denkmalgerechten Umgang:
So haben sich in der Südstadt Rheydts auch et-
Innenstadt in vier Bereiche – sog. Stadtzonen – zu
die Gebäude sollen bewahrt und auf denkmalbe-
liche Gründerzeitbauten erhalten. Zudem hat die
unterteilen.
reichsverträgliche Weise gestärkt werden, d.h.,
Rheydter Innenstadt keine funktionale Einheitlich-
Diese vier Stadtzonen sind in der unten stehenden
die im Stadtraum sichtbare Gebäudehülle (Fas-
keit: Teilbereiche sind von dichtem Einzelhandel
Karte räumlich definiert. Für die beiden Stadtzo-
saden und Dächer) ist dem historischen Vorbild
geprägt, andere Teilbereiche haben eine erhöhte
nen 1 und 2, die auf qualitätvolle Weise durch den
entsprechend zu pflegen und instand zu setzen.
Gastronomiedichte. Insgesamt ist die Rheydter In-
Wiederaufbau geprägt sind, wurden die auf den
Bei der Architektur des Wiederaufbaus in der
nenstadt, auch über die beschaulichere Südstadt
folgenden Seiten erläuterten Leitlinien für Erhal-
Stadtzone 2 soll das Stadtbild „Wiederaufbau’“
hinaus, ein Wohnstandort geblieben.
tung und Gestaltung konzipiert. Sie dienen als
durch einen stadtbildverträglichen Umgang mit
Diese strukturelle Untergliederung der Rheydter
Grundlage der Zielsetzungen des Stadtumbauge-
dem Bestand gestärkt werden. Architektur und
Innenstadt bildete auch das Innenstadtkonzept
biets für die Rheydter Innenstadt (gemäß § 171 b
Städtebau des Wiederaufbaus sollen als das Cha-
des Büros Scheuvens + Wachten ab, die Stadt-
BauGB), das vom Rat der Stadt Mönchengladbach
rakteristische und Prägende hervortreten. Für die
räume für die ermittelten Schwerpunkte Handel,
2009 beschlossen wurde. Der Umriss des Stadt-
Hauptstraße und weitere Teile der Innenstadt so-
Gastronomie und Nur-Wohnen auswiesen.
umbaugebiets bildet den räumlichen Gesamtrah-
wie den Bereich der Gracht wird die Einrichtung
Für einen bestandsgerechten Umgang mit den
men der vier Stadtzonen (ohne den Bereich um
eines Denkmalbereichs geprüft, die die Leitlinien
Gebäuden innerhalb der Rheydter Innenstadt
das Pahlkebad sowie einen südlichen Bereich,
verbindlich festschreiben würde. Für Werbeanla-
sollen Leitlinien für Erhaltung und Gestaltung
die außerhalb der Rheydter Innenstadt liegen).
gen sind eigene Leitlinien konzipiert (ab S. 65).
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STADTZONEN – LEITLINIEN FÜR ERHALTUNG UND GESTALTUNG
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33 | GLIEDERUNG DER LEITLINIEN NACH VIER STADTZONEN
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STRAUSS & FISCHER - HISTORISCHE BAUWERKE GBR | RICHARD-WAGNER-STR. 15 | 47799 KREFELD
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ZUSAMMENGEFASSTE VORGABEN UND EMPFEHLUNGEN FÜR DIE VIER STADTZONEN
Stadtzone 1 – Hauptstraße: Die Stadtzone 1 umfasst mit der Hauptstraße die städtebauliche Figur
der Kammbebauung, einen zentralen Baustein der Leitl‘schen Wiederaufbauplanung. Deshalb gelten für die Kammbebauung besondere denkmalgerechte Zielsetzungen. FÜR DIE STADTZONE 1 IST
DIE STÄRKUNG DER HISTORISCHEN BAUFIGUR DAS LEITMOTIV. Die Zielsetzungen innerhalb dieser
Stadtzone zielen darauf ab, die architektonischen und stadträumlichen Qualitäten zu erhalten, zu
stärken und, wo die Qualitäten durch Umbauten gemindert sind, diese wiederherzustellen.
Stadtzone 2 – Wiederaufbau: Die Stadtzone 2 umfasst die Bereiche der Rheydter Innenstadt, die
über die Hauptstraße hinaus durch die Wiederaufbauplanung Leitls entscheidend geprägt sind und
bis heute als Bereiche des Wiederaufbaus wahrgenommen werden. Entsprechend gehören hierzu
der gesamte Verlauf der Limitenstraße, aber auch Bereiche wie der Markt, die Marktstraße und
die Friedrich-Ebert-Straße. LEITMOTIV IST HIER DIE STÄRKUNG DES STADTBILDES. Die Leitlinien
werden im folgenden Abschnitt ausführlich dargestellt.
Diese Leitlinien zielen, wie diejenigen der Stadtzone 1, vor allem auf die Architektur des Wiederaufbaus, d. h. die Bauzeit 1945 bis 1964. Der Zuschnitt der Stadtzone 2 ist entsprechend gewählt; im
Hinblick auf eine rechtliche Handhabbarkeit der Leitlinien stellt diese eine parzellengenaue Unterteilung dar. Da sich innerhalb der Stadtzone 2 (wie auch innerhalb der Stadtzone 1) sowohl jüngere
Gebäude (d. h. nach 1964) als auch ältere Gebäude (d. h. vor 1945) befinden, ist die Anwendbarkeit
der Leitlinien dennoch im Einzelfall zu prüfen.
Stadtzone 3 – Geschäftsbereich: Die Stadtzone 3 umfasst im Wesentlichen den Hauptgeschäftsbereich entlang der Stresemann- und der Dahlener Straße sowie angrenzende Randbereiche der
Wilhelm-Schiffer-Straße. In diesem Bereich präsentieren sich viele Gebäude mit jüngeren Fassadengestaltungen, hier treten die stadtgestalterischen Zielsetzungen hinter die Anforderungen eines
zeitgemäßen Geschäftszentrums zurück. LEITMOTIV IST DIE STÄRKUNG UND VERDICHTUNG DES
EINZELHANDELSSTANDORTS RHEYDT. Neu- und Umbauten sollen daher auch in einer von den Gestaltungsprinzipien der Wiederaufbau-Architektur abweichenden Gestaltung möglich sein, solange
diese Neu- und Umbauten gestalterisch qualitätvoll sind und nicht in einen Kontrast zu benachbarten Gebäuden des Wiederaufbaus treten.
Stadtzone 4 – Südstadt: Die Stadtzone 4 umfasst die Südstadt, die südlich der Stresemannstraße
liegt. Sie besteht zum einen aus dem Bereich um die Waisenhausstraße/Hugo-Preuß-Straße, der
als reines Wohngebiet wahrgenommen wird, und des Bereichs um Odenkirchener Straße/Bahnhofstraße, der als Mischgebiet mit stärkerer gastronomischer Nutzung wahrgenommen wird. Beide
Bereiche charakterisiert eine auch durch die Kartierungen belegte bauliche Mischung aus gründerzeitlichen Bauten und aus Gebäuden des Wiederaufbaus. LEITMOTIV IST HIER DIE STÄRKUNG
DES CHARAKTERISTISCH DURCHMISCHTEN STADTBILDES. Ziel ist daher eine Bewahrung und Instandsetzung der vorhandenen Fassadengliederungen und -farbigkeiten sowohl bei den Bauten des
Wiederaufbaus wie auch der Gründerzeit; diese schließen auch bestandsgerechte Fensterteilungen
und Eingangstüren sowie einen behutsamen Umgang mit Fragen der Modernisierung und Erweiterung ein.
GLIEDERUNG DER LEITLINIEN NACH VIER STADTZONEN | 34
LEITLINIEN ZUR ERHALTUNG UND GESTALTUNG
DIE ZIELSETZUNGEN FÜR DIE ERHALTUNG UND GESTALTUNG DER STADTZONE 1
Die Grundzüge der Kammbebauung sind der
U-förmige Wegeführung sollte, so die damals
an ihrer Südseite den zentralen, stadträumlich
Wechsel zwischen vier- bis fünfgeschossigen
nicht umgesetzten Vorstellungen Leitls, durch ein
herausgehobenen Baustein der Leitl‘schen
Kopfbauten, die quer zur Straße stehen und
verbindendes, gestalterisch einheitliches Vordach
Wiederaufbauplanung.
mit ihren Stirnseiten die alte Straßenbreite der
zu einer „Basarstraße“ werden (im Sinne einer
Diese Kammbebauung wurde von Alfons Leitl
Hauptstraße aufnehmen, und demgegenüber
überdeckten Einkaufsstraße).
städtebaulich und architektonisch als einheit-
zurückgesetzten dreigeschossigen Zwischenbau-
liche Baufigur konzipiert. Diese Konzeption
ten. Während die höheren Kopfbauten Flachdä-
Leitmotiv der Leitlinien der Stadtzone 1
der Kammbebauung wurde in der städtischen
cher bzw. von der Hauptstraße nicht einsehbare,
Das Leitmotiv der Leitlinien der Stadtzone 1 ist
Bauleitplanung festgeschrieben und in dem am
sehr flach geneigte Dächer haben, zeigen die
die Stärkung der historischen Baufigur. Dabei
12.11.1949 erlassenen Ortsstatut definiert, das
Zwischenbauten Satteldächer mit zur Haupt-
soll die städtebauliche Grundidee des Wiederauf-
u. a. Gebäudehöhen festlegt und für Teilbereiche
straße orientierter Traufe. Die Kopfbauten bilden
baus erhalten und dort stärker herausgearbeitet
der Hauptstraße unverändert gültig ist. Während
durch den leichten geschwungenen Verlauf der
werden, wo diese durch spätere Umbauten oder
die städtebauliche Konzeption der Kammbe-
Hauptstraße eine Reihung, wodurch stets meh-
Zubauten geschwächt wurde. Sie soll zudem dort
bauung ab 1948 entsprechend dem Leitl-Plan
rere Kopfbauten hintereinander sichtbar sind,
weitergeführt werden, wo die Baufigur unvoll-
umgesetzt wurde, wurde die architektonische
obwohl der Hauptstraßen-Querschnitt im Zuge
ständig geblieben ist, insbesondere im Bereich
Konzeption Leitls für die Kammbebauung jedoch
des Wiederaufbaus nicht verbreitert wurde. Die
dreigeschossig geplanter, aber nur zweigeschos-
nur in eingeschränktem Umfang realisiert. Durch
Kopfbauten treten daher innerhalb der Kammbe-
sig ausgeführter Zwischenbauten.
die Teilung in einzelne Parzellen und deren sepa-
bauung vorrangig in Erscheinung, während die
Die individuelle Gestaltung der einzelnen Bauten
rate Bebauung wechselt die jeweilige architekto-
Zwischenbauten nur abschnittsweise sichtbar
innerhalb der Kammbebauung soll gewahrt
nische Gestaltung der Fassaden von Bauwerk zu
sind.
bleiben. Wo die ursprüngliche architektonische
Bauwerk, obwohl die gesamte Baufigur bis zum
Durch die Mündung von Harmoniestraße/Har-
Fassadengestaltung des Wiederaufbaus noch
Beginn der 1960er fertiggestellt war und damit in
monieplatz ist die Kammbebauung in zwei
erhalten ist, soll diese auch künftig erhalten und
die Kernphase des Wiederaufbaus fällt. Während
Abschnitte unterteilt. Die stadträumliche Einheit
instand gesetzt werden; wo sie heute durch
die Baufigur in ihrer städtebaulichen Anlage von
der Baufigur wird durch die Fußgängerführung
Um- und Zubauten verändert ist, soll ihre ur-
der Vision zeugt, den Wiederaufbau in einem
entlang der Vorderfassaden betont, die ursprüng-
sprüngliche Gestaltung zurückgewonnen werden.
gestalterischen Duktus durchzuführen, verdeutli-
lich infolge des angrenzenden Verkehrsraums
Orientierung hierfür sollen die zeitgenössischen
chen die Unterschiede der realisierten Architek-
noch stärker wahrnehmbar war und bei beiden
Baupläne und die historischen Aufnahmen bieten,
turen, dass der Wiederaufbau nicht zentralistisch,
Abschnitten identisch ist: Die eckständigen
die sich gerade aus der Hauptstraße zahlreich
sondern wesentlich von einzelnen Privatleuten
Kopfbauten an Anfang und Ende des jeweiligen
erhalten haben und diese als repräsentatives
(und deren Planern) durchgeführt wurde.
Abschnitts haben eine eingerückte Arkade an der
Zentrum des wiederaufgebauten Rheydts
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Die Hauptstraße bildet mit der Kammbebauung
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renden gestalterischen Konstruktionsprinzipien
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38
45
25
25
26
34
41
40
23
45 -
32
rich-E
Marktstr
24
38
43
Fried
Grachtstraße
39
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47
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Am Neumarkt
10
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36
13
23
11
55
Mar
33
Wilhelm-Strauß-Straße
sind innerhalb des Umrisses der Stadtzone 1
11
10
35 | DIE ZIELSETZUNGEN FÜR DIE ERHALTUNG UND GESTALTUNG DER STADTZONE 1
e
23
19
59
e
raß
ktst
14
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21
18
unter welche Vorgaben fällt: Die Kopfbauten
23
21
19
156
Karte verdeutlicht, welches Gebäude jeweils
35
33
31
11
17
Hauptstraße andererseits. Die beigefügte
27
15
15
der Kammbebauung und die Nordseite der
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17
150
148
146
bebauung einerseits, die Zwischenbauten
Markt
20
12
144
Vorgaben für die Kopfbauten der Kamm-
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138
134
130
Ev. Hauptkirche
50
40
126-126a
122
tung und Gestaltung sind untergliedert in
90
38
14
P
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Limitenstraße
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Haup
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Die nachfolgenden Leitlinien für Erhal-
15
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tr.
11
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25
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Mühle
15
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Kindergarten
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Abb. 47 : Der Geltungsbereich der Stadtzone 1 ist hier gelb dargestellt. Die Leitlinien sind in die sogenannten
Kopfbauten (schraffiert) und die Zwischenbauten/Nordseite (nicht schraffiert) unterteilt.
100
98
kale Putz- oder Steinvorlagen vertikal geglieder-
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Kindergarten
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128
regelmäßiger Befensterung und die durch verti-
48
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92
traße
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Mühle
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Kindergarten
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111
Wilhelm - Strater - Straße
Kindertagesstätte
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bert-S
rich-E
75
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57
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29
Fried
eine große Schaufensteranlage abgeteilt. Diese
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124
120
118
tonskelett mit Ausfachungen, die Putzfassade mit
Weg im Erdgeschoss ein kleines Ladenlokal bzw.
79
18
Berufliche
Schulen
25
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29a
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104
favorisierte, in der Fassade sichtbare Stahlbe-
81a
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106
119
wert zu.
59
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119
ße
nstra
Mühle
nebeneinander sichtbar bleiben: das von Leitl
Abschnitts liegenden Kopfbauten ist durch diesen
bildenden Gebäude – ein wichtiger Zeugnis-
21
e
unterschiedlichen, zeitgenössisch parallel existie-
und in direkter Linie durch die Kopfbauten hin-
29
Ladenzeile der angrenzenden Zwischenbauten
durchgeleitet. Bei den innerhalb des jeweiligen
architektonische Gestaltung der die Baufigur
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36
37
31
27
36
33
38
110
121
liche städtebauliche Baufigur und variierende
Fri
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ho
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Gartenstr
aß
39
116
3
daher beiden Grundcharakteristika – einheit-
ße
tra
präsentierten. Hier sollen auch zukünftig die
Stirnseite, von dort wird der Fußgänger vor die
Aus stadthistorischer Perspektive kommt
4
Stadtzone 1 Kopfbauten
FASSADE: KONSTRUKTION UND GLIEDERUNG
1
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Die Kopfbauten wurden nicht einheitlich (im Sinne Leitls), sondern mit individuellen Gestaltungen errichtet. Hierbei lassen sich drei unterschiedlich ausgeprägte Konstruktionsweisen identifizieren: Gebäude
mit sichtbarem, z. T. leicht vorstehendem Stahlbetonskelettraster (etwa die Kopfbauten Hauptstraße 14,
Hauptstraße 30 und Hauptstraße 42), Gebäude mit vertikaler, leicht vorstehender Fassadengliederung
(etwa die Kopfbauten Hauptstraße 26 und Hauptstraße 46) und Gebäude mit Lochfassade (etwa die
Kopfbauten Hauptstraße 2 und Hauptstraße 36). Sie erscheinen in dieser Reihung dennoch bauzeitlich als
„Einheit in der Vielfalt“, da diese drei Konstruktionsweisen aufgrund ihrer gestalterischen Umsetzung alle
der Nachkriegsmoderne zugerechnet werden können.
VORGABE
Die charakteristische bauzeitliche Ausprägung der einzelnen Kopfbauten soll grundsätzlich erhalten werden. Da die Kammbebauung den Kernbereich der Leitl-Bebauung bildet, ist bei Erhaltung der Fassaden
besondere Sorgfalt anzuwenden. Die jeweilige Konstruktionsweise (in der Fassade sichtbares Stahlbetonskelett, vertikale Fassadengliederung oder Lochfassade) soll in Verbindung mit dem bauzeitlichen
Fassadenmaterial, dessen spezifischen Details und Gesamtkonzeption bewahrt werden.
Wo die charakteristische Ausprägung beeinträchtigt ist, etwa durch Umbauten der Erdgeschosszone, soll
der bauzeitliche Zustand als Vorbild des künftigen Erscheinungsbildes dienen, um dieses in angemessenem Umfang zu ergänzen oder wiederherzustellen.
Insgesamt soll die bauzeitliche Proportion der Fassade, d. h. das Längen- und Breitenverhältnis der Einzelelemente zueinander wie auch die Gesamtabmessungen, nicht verändert bzw. auf den ursprünglichen
Zustand zurückgeführt werden; bei den Kopfbauten soll daher eine Außendämmung der Fassaden nicht
erfolgen. Die geschossweise Gliederung der Fassaden soll ebenfalls erhalten werden.
Positives Beispiel Fassade – Konstruktion:
Stahlbetonskelettfassade mit Putzbekleidung, Hauptstraße 14
(negativ: unschön erneuerte Schaufensteranlage im Erdgeschoss)
Positives Beispiel Fassade – Konstruktion:
instand gesetzte Stahlbetonskelettfassade
mit ornamental gestalteten Ausfachungen,
Hauptstraße 30
(negativ: zu umfangreiche Werbeanlage)
LEITLINIEN STADTZONE 1 – KOPFBAUTEN | 36
LEITLINIEN ZUR ERHALTUNG UND GESTALTUNG
1
Stadtzone 1 Kopfbauten
FASSADE: MATERIAL
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Das vorherrschende Fassadenmaterial war – wie sich auch aus historischen Fotografien ablesen
lässt – Putz, wobei auch die sichtbaren Stahlbetonskelette und Vertikalpfeiler offenbar mit Putz
ummantelt waren. Die Kopfbauten Hauptstraße 2 und Hauptstraße 46 zeigten abweichend davon in
den Obergeschossen eine helle Natursteinbekleidung mit ähnlicher Tonigkeit. Bei den Kopfbauten mit
vertikaler Fassadengliederung sind die Brüstungsfelder der Obergeschosse, die zwischen den vertikalen Putzgliedern liegen, durch dunklere Materialien gebildet, die jeweils die Vertikalität der Fassade
betonen: Beim Kopfbau Hauptstraße 14 sind dies bspw. bräunliche Werksteinplatten, beim Kopfbau
Hauptstraße 20 dunkelblaue Glasplatten. Bei den Kopfbauten Hauptstraße 26 und 30 sind die Ausfachungen mit Plattierungen bzw. Ziegelausfachungen hergestellt, die auch ornamental wirken sollen.
VORGABE
Das bauzeitliche Fassadenmaterial soll grundsätzlich erhalten bleiben. Wo das ursprüngliche Fassadenmaterial ersetzt oder verdeckt ist, etwa durch das Umkleiden der gesamten Fassaden (z. B.
Hauptstraße 36), soll der bauzeitliche Zustand als Vorbild des künftigen Erscheinungsbildes dienen,
um dieses in angemessenem Umfang zu ergänzen oder wiederherzustellen. Der Erhalt bauzeitlicher
Fassadenmaterialien (auch solche, die aktuell unter jüngeren Bekleidungen verborgen sind) hat dabei
Vorrang vor einer Rekonstruktion. Es sollen möglichst keine Fassadenmaterialien ergänzt werden, die
nicht zeitgenössisch am jeweiligen Bauwerk verwendet wurden; eine nachträgliche Außendämmung
etwa als Wärmedämmverbundsystem ist daher gestalterisch nicht erwünscht.
Bei ursprünglich putzsichtigen Gebäuden soll bspw. weiterhin der Putz prägendes Fassadenmaterial
bleiben, dessen Farbigkeit und Helligkeit dem bauzeitlichen Vorbild entsprechen und dessen Helligkeitsabstufung übernehmen soll.
Wo zeitgenössisch Naturstein als Fassadenmaterial vorhanden war, ist auch künftig ein entsprechender
Werkstein denkbar (bei den helltonigen Bekleidungen der Fassaden und Pfeiler als Kalkstein, z. B. Muschelkalk/Travertin). Diese Bekleidung sollte in einer soliden handwerklichen Ausführung gemäß den
zeitgenössischen Techniken hergestellt werden, also bspw. ohne sichtbare Klammern und ohne offene
Stoßfugen. Vorbild kann hier u. a. die (unter einem Anstrich erhaltene) bauzeitliche Natursteinbekleidung im Erdgeschoss des Kopfbaus Hauptstraße 20 sein. Vorhandene Natursteinelemente sollen nicht
überstrichen bzw. von Anstrichen befreit werden.
Bei den Kopfbauten mit Ausfachungen innerhalb des tragenden Stahlbetonskeletts (z. B. Hauptstraße
26 und 30) soll die prägnante ornamentale Wirkung erhalten bleiben.
Positives Beispiel Fassade – Material: originale Brüstungsfelder mit
ornamentaler Bekleidung, Hauptstraße 26
37 | LEITLINIEN STADTZONE 1 – KOPFBAUTEN
Negatives Beispiel Fassade – Material: nachträglich mit Naturstein
bekleidete Putzfassade, offene Plattenfugen (anstelle Mörtelfugen) und
vertikaler Versatz an den Stützenbekleidungen, Hauptstraße 30
1
Stadtzone 1 Kopfbauten
FASSADE: FARBIGKEIT
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Die vorherrschende Fassadenfarbigkeit bildete – historischen Fotografien zufolge – heller Putz, auch die
sichtbaren Stahlbetonskelette und Vertikalpfeiler waren offenbar mit Putz ummantelt. Die Kopfbauten
Hauptstraße 2 und Hauptstraße 46 zeigten abweichend davon in den Obergeschossen eine helle Natursteinbekleidung, die sich in der Tonigkeit aber offenbar gut an die Putzbauten anschloss.
Bei den Stahlbetonskelettbauten war das in der Fassade vorstehende Konstruktionsraster hell, die Ausfachungen (geschlossene Felder bzw. Brüstungen) hingegen waren dunkler – zum Teil mit keramischem
Material, zum Teil mit Ziegel –, sodass das Stahlbetonskelett optisch deutlich hervortrat.
Die Kopfbauten, deren Erdgeschoss durch ein knappes Vordach von den Obergeschossen getrennt war
(Kopfbauten Hauptstraße 14, Hauptstraße 20, Hauptstraße 36 und Hauptstraße 42), hatten im Erdgeschoss eine dunklere Tonigkeit, offenbar eine Natursteinbekleidung, die sich vom helleren Obergeschossputz abhob. Bei diesen Kopfbauten, die der Kategorie vertikale Fassadengliederung zuzuordnen sind, sind
zudem die Brüstungsfelder der Obergeschosse, die zwischen den vertikalen Putzgliedern liegen, durch
dunklere Materialien gebildet, die jeweils die Vertikalität der Fassade betonen: Beim Kopfbau Hauptstraße
14 sind dies bspw. bräunliche Werksteinplatten, beim Kopfbau Hauptstraße 20 dunkelblaue Glasplatten.
Ähnlich den Ausfachungen bei den Stahlbetonskelettbauten zeigt sich hier die zeitgenössische Bandbreite von Fassadenmaterialien.
VORGABE
Die Fassadenfarbigkeit soll sich künftig so weit als möglich am bauzeitlichen Zustand orientieren. Bei den
Putzbauten soll weiterhin vorrangig Putz sichtbar sein, dessen Farbigkeit und Helligkeit dem bauzeitlichen
Vorbild entsprechen und dessen Helligkeitsabstufung erhalten bleiben soll. Die helle Tonigkeit soll genutzt
werden, die „Einheit in der Vielfalt“ zu unterstützen; die Farbigkeit der Kammbebauung soll jedoch nicht
vereinheitlicht werden (etwa durch einen verbindlichen Farbfächer). Wo anstelle des sichtbaren Putzes
ein Anstrich erforderlich ist (etwa wegen vorhandener älterer Beschichtungen), sollen die Farbigkeit und
der Glanzwert des Neuanstrichs dem ursprünglichen Zustand möglichst gut entsprechen bzw. sich in die
umgebende Bebauung einfügen.
Zeitgenössische Sonderelemente innerhalb der Fassaden sollen ebenfalls mit originaler Oberfläche erhalten werden. Dazu zählen die ornamentalen Ausfachungen an den Kopfbauten Hauptstraße 26 und 30
ebenso wie die Brüstungsfelder bei den Kopfbauten Hauptstraße 14 und 20 (bräunliche Werksteinplatten
bzw. dunkelblaue Glasplatten). Neue, ursprünglich nicht vorhandene Farbakzente und Flächenfarbigkeiten
sind hingegen unerwünscht. Ziel ist ein am jeweiligen „Original“ orientierter Gesamteindruck.
Positives Beispiel Fassade – Farbigkeit: vertikal gegliederte Fassade
mit heller Putzbekleidung und dunkelblauen Glasplatten-Brüstungen,
Hauptstraße 20 (negativ: Werbeanlagen)
Positives Beispiel Fassade – Farbigkeit: instandgesetzte Stahlbetonskelettfassade mit ornamental gestalteten Ausfachungen aus roten
Tafeln mit hellem Fugenraster, Hauptstraße 30
LEITLINIEN STADTZONE 1 – KOPFBAUTEN | 38
LEITLINIEN ZUR ERHALTUNG UND GESTALTUNG
1
Stadtzone 1 Kopfbauten
FASSADE: BRÜSTUNGEN UND GESIMSE
Positives Beispiel Fassade – Brüstungen
und Gesimse: bauzeitliche WerksteinBrüstungsfelder mit originaler WerksteinKantenabdeckung, Hauptstraße 26
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Bei den Kopfbauten mit sichtbarem, leicht vorstehendem Stahlbetonskelett und den Kopfbauten mit
vertikaler, leicht vorstehender Fassadengliederung entstehen durch die Gliederungen horizontale
Flächen, auf denen Wasser stehen könnte: bei den Kopfbauten mit sichtbarem Stahlbetonskelett auf
jeder Geschossebene, bei den Kopfbauten mit vertikaler Fassadengliederung über dem Erdgeschoss
am Übergang zum knappen Vordach. An diesen Positionen sind Fensterbänke angeordnet, die
leicht vorkragen und so eine Tropfkante bilden; sie sind dunkler gehalten als die hellen Putzglieder
und bestehen offenbar teilweise aus Naturstein, teilweise aus einer dunklen, schmal ausgeführten
Einblechung.
VORGABE
Der Erhalt bauzeitlicher Fassadenmaterialien (auch solche, die aktuell unter jüngeren Bekleidungen
verborgen sind) hat dabei Vorrang vor einer Rekonstruktion – dies gilt auch für die Fassadendetails.
Instandsetzungen von Fassadendetails sollen sich an der bauzeitlichen Gestaltung orientieren, auch
wenn heutigen Normen entsprechende Lösungen erforderlich sind. Für die Abdeckung der vorkragenden
horizontalen Bauglieder (z. B. die Querträger beim Stahlbetonskelett) soll beispielsweise ein dem bauzeitlichen Vorbild entsprechender Werkstein oder eine dem bauzeitlichen Vorbild entsprechende schmale
Einblechung gewählt werden, jeweils in Koordination mit der Gestaltung der Gesamtfassade, jedoch keine
ausladenden Zinkabdeckungen mit Kappleisten o. Ä.
1
Stadtzone 1 Kopfbauten
FASSADE: BALKONE UND ERKER
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Die spezifische stadträumliche Baufigur der Kopfbauten war auf eine eher blockhafte Wirkung ausgerichtet. Eine Aufgliederung der Baukörper durch Balkone und Erker, die vor der Fassadenflucht liegen, war
daher nicht Teil des bauzeitlichen Konzepts. Entsprechend sind ursprünglich weder Erker noch Balkone
errichtet worden, die in der Hauptstraße sichtbar sind; eine Ausnahme ist die Fassade des Kopfbaus
Hauptstraße 26 an der Harmoniestraße, die Balkone integriert.
VORGABE
Am Kopfbau Hauptstraße 36 sind im Zuge einer Instandsetzungsmaßnahme Balkone errichtet worden,
die an den benachbarten Zwischenbau anschließen und verdeutlichen, wie stark die stadträumliche und
architektonische Wirkung durch Balkon- und Erkeranbauten verändert wird. Die Kopfbauten sollen daher
auch künftig ohne Balkone und Erker bleiben, die vor die Fassadenflucht treten. Eine Ausnahme sind die
bauzeitlichen Balkone am Kopfbau Hauptstraße 26 und rückwärtige, vom Straßenraum nicht wahrnehmbare Balkone und Erker.
39 | LEITLINIEN STADTZONE 1 – KOPFBAUTEN
Negatives Beispiel Fassade – Balkone
und Erker: Balkonergänzung an der Nahtstelle zwischen Kopf- und Zwischenbau,
Hauptstraße 32-36
1
Positives Beispiel Arkaden: Arkaden-Durchgang, Hauptstraße 20
1
Stadtzone 1 Kopfbauten
ARKADEN
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Die Kammbebauung hat eine spezifische Arkadenstruktur, die von Alfons Leitl konzipiert und mit dem
damals realisierten Straßenraum der Hauptstraße verknüpft war, der zwischen den Kopfbauten Parkplätze vorgesehen hatte. Diese Arkadenstruktur ist in den beiden durch die Mündung der Harmoniestraße/
Harmonieplatz gebildeten Abschnitten der Kammbebauung identisch: Die eckständigen Kopfbauten
an Anfang und Ende des jeweiligen Abschnitts (Hauptstraße 2, 26, 30 und 52) haben eine eingerückte
Arkade an der Stirnseite der Gebäude, von dort wird der Fußgänger vor die Ladenzeile der angrenzenden
Zwischenbauten und in direkter Linie durch die übrigen Kopfbauten hindurchgeleitet. Bei den innerhalb
des jeweiligen Abschnitts liegenden Kopfbauten (Hauptstraße 14, 20, 36, 42 und 46) ist durch diesen
Weg im Erdgeschoss ein kleineres Ladenlokal bzw. eine große, vierseitig verglaste Schaufensteranlage
abgeteilt.
Die Arkaden haben einen rechtwinkligen Querschnitt, entsprechend der Gebäudestruktur der Kopfbauten.
Im Erdgeschoss der Kopfbauten sind die Stützenstrukturen sowohl bei den Arkaden an der Stirnseite
als auch bei den durchwegenden Arkaden (mit vorgelagerten Schaufenstern bzw. Läden) sichtbar; die
Obergeschosse der Kopfbauten wirken dadurch wie aufgeständert. Die Stützen hatten quadratische Querschnitte, ausgenommen der Kopfbau Hauptstraße 2 mit prägnanten runden, dunkel ummantelten Stützen.
VORGABE
Die spezifische Arkadenstruktur der Kammbebauung und die damit in Beziehung stehende Ausbildung
von Schaufensteranlagen und Ladenlokalen sind bis heute im Grundsatz erhalten und sollen auch künftig
weder baulich geschlossen noch in ihren Querschnitten und Abmessungen verändert werden. Wo die
Arkaden baulich verändert wurden, sollen die bauzeitliche Gestaltung und Struktur zurückgewonnen
werden.
Abb. 48: Musterentwurf Leitl für Kammbebauung
Hauptstraße mit hinter der Fassadenflucht liegenden
Balkonen (nicht realisiert) (Quelle: HA Erzbistum
Köln, PK 170)
PRINZIPIEN ARKADEN UND WEGEFÜHRUNG – ZEICHNUNG ALFONS LEITL: – Durchgehende „Basarstraße“ entlang der Geschäfte der Kammbebauung
– Kopfbauten „in der Reihe“ mit Durchwegung im Erdgeschoss
– Eck-Kopfbauten mit Arkaden an der Stirnseite
LEITLINIEN STADTZONE 1 – KOPFBAUTEN | 40
LEITLINIEN ZUR ERHALTUNG UND GESTALTUNG
1
Stadtzone 1 Kopfbauten
LADENEINBAUTEN/LADENLOKALE
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Die charakteristische bauzeitliche Ausbildung der Erdgeschosszone gehört – gerade in Verbindung mit
der Arkadenstruktur – zu den prägenden Elementen der „Einheit in der Vielfalt“. Die Gliederungen der
Ladenlokale waren mit Bezug zu den Obergeschossen, deren Fenstergliederungen und Bekleidungen
konzipiert; Ziel war, trotz der größeren Fensterfläche im Erdgeschoss eine bauliche Einheit von Erdgeschoss und Obergeschossen zu erhalten. Die Schaufenster waren entsprechend auf die Stützenteilungen
abgestimmt und zeigten niedrige Sockel. Die Verglasungen der Schaufenster waren überwiegend aus
ungeteilten Großformaten mit schmalen Metallprofilen, zum Teil mit profillosem Glasstoß an den Ecken.
VORGABE
Die bauzeitlichen Gliederungen der Schaufensteranlagen und Ladenlokale sind bspw. bei den Kopfbauten
Hauptstraße 20, Hauptstraße 26 und Hauptstraße 30 erhalten. Bei anderen Kopfbauten sind diese hingegen spürbar verändert, beim Kopfbau Hauptstraße 46 auch deutlich erweitert. Zu den Charakteristika der
Erdgeschosse gehört nicht nur deren Bezug zu den Fenstergliederungen und Bekleidungen der Obergeschosse, sondern auch die großformatigen Schaufenster mit niedrigen Sockeln und deren Einfügung in
das sichtbare Stützraster.
Die bauzeitlichen Gliederungen der Schaufensteranlagen und Ladenlokale sollen erhalten werden; wo
diese durch Umbau und/oder Erweiterung verändert wurden, soll der ursprüngliche Zustand so weit als
möglich zurückgewonnen werden. Dies gilt insbesondere für jene Schaufensteranlagen, die über den
ursprünglichen Grundriss hinaus erweitert wurden: Hier ist ein Rückbau bei einer künftigen Instandsetzung unbedingt geboten.
Positives Beispiel Ladeneinbauten/Ladenlokale: Ladenlokal/Schaufensteranlage mit Brüstung und
bauzeitlicher Einfassung, Hauptstraße 20
41 | LEITLINIEN STADTZONE 1 – KOPFBAUTEN
Positives Beispiel Vordächer:
schmales bauzeitliches Betonvordach,
Hauptstraße 20
1
Stadtzone 1 Kopfbauten
VORDÄCHER
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Die Erdgeschosse der Kopfbauten hatten bauzeitlich – je nach Fassadengliederung – entweder ein knappes Betonvordach (Hauptstraße 14, 20, 26, 36, 42 und 52) oder kein Vordach (Hauptstraße 2, 30 und 46).
VORGABE
Bei einzelnen Kopfbauten sind zwischenzeitlich Vordächer nachgerüstet oder erweitert worden, bspw.
bei den Kopfbauten Hauptstraße 2 (seitlich) und Hauptstraße 42 (umlaufend); diese dienen auch der
Anbringung von bauzeitlich nicht vorhandenen Werbeanlagen (siehe hierzu: Leitlinien für Werbeanlagen).
Erhalten sind die bauzeitlichen Vordächer etwa bei den Kopfbauten Hauptstraße 14 und Hauptstraße
20. Ziel ist, den bauzeitlichen Umriss der Kopfbauten zu erhalten und von der bauzeitlichen Konzeption
abweichende Vordächer zurückzubauen.
1
Stadtzone 1 Kopfbauten
MARKISEN
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Markisen oder ähnliche temporäre Vordächer waren bauzeitlich bei den Kopfbauten nicht vorhanden, sie
hätten der beabsichtigten Baufigur der Kammbebauung mit ihrem klaren Umriss auch entgegengestanden.
VORGABE
Ziel ist, den bauzeitlichen Umriss der Kopfbauten zu erhalten. Markisen oder ähnliche temporäre Vordächer sollen daher nicht montiert werden und sollen, wo vorhanden, demontiert werden.
Positives Beispiel Hauseingänge:
bauzeitliche Hauseingangstür mit Werksteinlaibung, Hauptstraße 46
1
Stadtzone 1 Kopfbauten
HAUSEINGÄNGE
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Die Hauseingangstüren gehören zu den zeittypischen Elementen der Fassade. Wo ein Ladenlokal
vorhanden ist, sind diese oft an die jeweilige Schaufenster- und Ladentürgestaltung angepasst, etwa mit
großem mattiertem Drahtglasfeld und goldfarben eloxierten Beschlägen. Bauzeitlich kommen vor allem
Metalltüren vor, meist als Rahmentüren mit Glasfüllung, seltener auch Holztüren; die Beschläge sind
ebenfalls oft charakteristische Elemente der Wiederaufbauzeit, etwa als mit Kunststoffschnur umwickelte
Holme oder geschwungene Stoßgriffe.
VORGABE
Bei den Hauseingangstüren sollten, wenn die historische Tür nicht erhalten werden kann oder bereits
ersetzt wurde, die charakteristischen Elemente der zeitgenössischen Türen in Abstimmung mit der
Gesamtfassade als Vorbild für die erneuerte Hauseingangstür dienen. Dies gilt in besonderem Maße für
die Hauseingangstüren, die Teil einer erdgeschossigen Ladenfront sind. Bei einer notwendigen Erneuerung sollte vor diesem Hintergrund Kunststoff als Türmaterial ebenso vermieden werden wie eine von der
Fassadengliederung abweichende, gründerzeitliche oder postmoderne Türgestaltung.
LEITLINIEN STADTZONE 1 – KOPFBAUTEN | 42
LEITLINIEN ZUR ERHALTUNG UND GESTALTUNG
1
Stadtzone 1 Kopfbauten
FENSTER UND FENSTERBÄNKE
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Die Kopfbauten hatten farblich und gestalterisch auf die jeweilige Fassadengestaltung abgestimmte
Fenster. Diese waren, soweit aus den historischen Fotografien erkennbar, mehrheitlich Stahlfenster mit
überwiegend dunkler Tonigkeit (etwa bei den Kopfbauten Hauptstraße 14, Hauptstraße 20, Hauptstraße
30 und Hauptstraße 36). Die Fenster hatten asymmetrische Teilungen (etwa bei den Kopfbauten Hauptstraße 30 und Hauptstraße 42), symmetrische Teilungen mit Oberlichtern (etwa beim Kopfbau Hauptstraße 14) wie auch ungeteilte Fenster (etwa bei den Kopfbauten Hauptstraße 2 und Hauptstraße 36). Die
schlanken Profilierungen der bauzeitlichen Fenster werden heute als zeittypisches Element wahrgenommen. Historische Aufnahmen belegen neben Dreh- und Kippfenstern auch Vertikaldrehfenster (an einer
mittigen Vertikaldrehachse).
Eine Besonderheit unter den Kopfbauten stellt die Stirnseite des Kopfbaus Hauptstraße 46 dar, die zunächst als geschlossene Wandfläche konzipiert war, dann aber mit einer Blindverglasung aus hochrechteckigen, abwechselnd hellblauen und beigefarbenen Scheiben zwischen vertikalen Natursteinfeldern
ausgeführt wurde. Diese Verwendung von Glas als Gestaltungselement korrespondiert mit den Glasbrüstungen beim Kopfbau Hauptstraße 20.
Die Fensterbänke waren in die Rahmung der Fenster eingebunden und kragten – ähnlich den Gesimsabdeckungen – leicht vor. Sie waren in der Regel aus einem dem Fenster entsprechenden Material, meist
ebenfalls Metall.
VORGABE
Historische Fenster sind mit ihren zeittypischen Profilierungen und Gliederungen prägend für die jeweiligen Fassaden und können wichtige Zeugnisse der jeweiligen Bautechnik sein. Gerade die Stahlfenster
der Nachkriegszeit stellen oftmals hochwertige Konstruktionen von hohem Zeugniswert dar. Bei den
Kopfbauten der Kammbebauung sind diese Fenster allerdings vielfach nicht mehr erhalten. Wo die bauzeitlichen Stahlfenster erhalten sind, sollten diese bewahrt und ggf. durch Einbau neuer Dichtungen und
Isolierglasscheiben ertüchtigt werden. Wo jüngere Fenster mit vom bauzeitlichen Fenster abweichender
Profilierung und Teilung eingebaut wurden, sollten bei einem künftigen Austausch wieder eine schlanke
Profilierung und eine Teilung gemäß dem bauzeitlichen Fenster realisiert werden.
Die Fensterbänke zählen zu den Fassadendetails, eine Instandsetzung soll sich daher an der bauzeitlichen Gestaltung orientieren. Es soll daher eine dem bauzeitlichen Vorbild entsprechende Einblechung
gewählt werden, jeweils in Koordination mit der Gestaltung der Gesamtfassade und der vorhandenen
bzw. künftigen Fenster.
Positives Beispiel Fenster: bauzeitliche
Verglasung, Hauptstraße 46
43 | LEITLINIEN STADTZONE 1 – KOPFBAUTEN
Positives Beispiel Fensterbänke: Gesims-Abdeckungen, Hauptstraße 26
Abb. 49: Bauzeitliche Stahl-Vertikaldrehfenster,
Hauptstraße 26 (Stadtarchiv MG, Sign. 10/2/1279)
PRINZIPIEN FENSTER – HISTORISCHES FOTO:
– Filigrane Ausführungsdetails
– Schmale Dachkante
– Schlanke Fensterprofile
– Schmale, wenig vorkragende
Brüstungseinblechungen
Positives Beispiel Dach: Traufabschluss
mit sichtbarer Schalungsstruktur und
schmaler Einblechung, Hauptstraße 46
1
Stadtzone 1 Kopfbauten
DACH UND DACHENTWÄSSERUNG
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Die Kopfbauten waren mit Flachdächern bzw. mit sehr flach geneigten Dächern konzipiert, die zum
Straßenraum nicht in Erscheinung treten. Die gleichförmig umlaufenden Traufen kragten entsprechend
der architektonischen Konzeption des zeitgenössischen Entwurfs unterschiedlich stark vor, waren jedoch
jeweils möglichst schmal gehalten, u. a. durch eine zurückliegende zweite Kante des Dachaufbaus. Das
Gebäude wurde jeweils durch eine sichtbare, nicht vollständig eingeblechte Traufkante ohne vorgehängte
Rinne abgeschlossen.
VORGABE
Die Dächer der Kopfbauten sollen auch künftig als Flachdächer bzw. sehr flach geneigte Dächer ausgebildet sein, damit die Dachflächen zum Straßenraum hin nicht in Erscheinung treten. Die Traufe soll
nicht vollständig eingeblecht bzw. umkleidet werden, sie soll vielmehr in Anlehnung an das bauzeitliche
Original aus hellem Material und möglichst schmal ausgeführt sein, wo notwendig mit einer zweiten,
dunkel gehaltenen und zur hellen Traufkante zurückgesetzten Dachkante. Die Entwässerung der Dächer
ist gemäß historischem Vorbild verdeckt anzuordnen. Die aktuelle Traufhöhe der Kopfbauten soll nicht
erhöht oder abgesenkt werden.
1
Positives Beispiel Dach: Traufabschluss
mit schmaler Einblechung, Hauptstraße 20
Stadtzone 1 Kopfbauten
DACHGAUBEN/DACHFLÄCHENFENSTER
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
1
Die flach geneigten Dächer bzw. Flachdächer der Kopfbauten besaßen keine Gauben, Zwerchhäuser oder
sonstigen zum Straßenraum hin sichtbaren Dachaufbauten.
VORGABE
Der Abschluss der Kopfbauten durch eine horizontale Dachkante ohne weitere, darüber sichtbare Bauteile
ist für den Umriss der gesamten Baufigur der Kammbebauung von besonderer Bedeutung. Die Dächer
der Kopfbauten sollen daher auch künftig von Gauben, Zwerchhäusern oder sonstigen zum Straßenraum
hin sichtbaren Dachaufbauten freigehalten werden. Oberlichter und Dachflächenfenster sind nur möglich,
solange diese zum Straßenraum nicht oder nur geringfügig in Erscheinung treten.
LEITLINIEN STADTZONE 1 – KOPFBAUTEN | 44
LEITLINIEN ZUR ERHALTUNG UND GESTALTUNG
1
Stadtzone 1 Zwischenbauten und Nordseite
FASSADE: KONSTRUKTION UND GLIEDERUNG
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Die Zwischenbauten der Südseite Hauptstraße und die Bauten der Nordseite folgen wie die Kopfbauten
drei unterschiedlich ausgeprägten Konstruktionsweisen: Gebäude mit sichtbarem, leicht vorstehendem
Positives Beispiel Fassade – Konstruktion:
Ziegelsichtmauerwerksfassade mit
rahmenden Gliederungen, Hauptstraße 67
Stahlbetonskelett (etwa die Zwischenbauten beiderseits des Kopfbaus Hauptstraße 42) und Gebäude mit
vertikaler, leicht vorstehender Fassadengliederung (etwa die Zwischenbauten beiderseits des Kopfbaus
Hauptstraße 46), vor allem aber Gebäude mit Lochfassade.
Gebäude mit Lochfassade bilden die Mehrzahl der Zwischenbauten und der Bauten an der Nordseite.
Teilweise zeigen sie schlichte, ungegliederte Putzfassaden mit dezenter Einfassung der Fensteröffnungen (wie die Zwischenbauten Hauptstraße 10 und Hauptstraße 44), teilweise sind auch (damals als
konservativ aufgefasste) rahmende Gliederungen vorhanden (etwa beim Zwischenbau Hauptstraße 38).
Die erhöhte Anzahl eher konventioneller Putzbauten mit Lochfassade gerade im Abschnitt zwischen
Friedrich-Ebert-Straße und Harmoniestraße/Harmonieplatz lässt diese gegenüber den Kopfbauten nicht
nur stadträumlich, sondern auch gestalterisch zurücktreten.
VORGABE
Die charakteristische bauzeitliche Ausprägung der einzelnen Gebäude – Zwischenbauten der Südseite
Hauptstraße und die Bauten der Nordseite – soll grundsätzlich erhalten werden. Die jeweils ablesbare
Konstruktionsweise bzw. Gliederung (in der Fassade sichtbares Stahlbetonskelett, vertikale Fassadengliederung oder Lochfassade) soll in Verbindung mit dem bauzeitlichen Fassadenmaterial, dessen spezifischen Details und Gesamtkonzeption bewahrt werden. Insgesamt soll die bauzeitliche Proportion der Fassade, d. h. das Längen- und Breitenverhältnis der Einzelelemente zueinander wie auch die Fassadenflucht
zu den Nachbargebäuden, nicht verändert werden. Bei den Zwischenbauten der Südseite Hauptstraße und
den Bauten der Nordseite ist daher eine Innendämmung einer Außendämmung der Fassaden vorzuziehen.
Wo die ursprüngliche Ansicht durch nachträgliche Veränderungen beeinträchtigt ist, etwa durch Umbauten
der Erdgeschosszone, soll der bauzeitliche Zustand als Vorbild des künftigen Erscheinungsbildes dienen,
um dieses in angemessenem Umfang zu ergänzen oder wiederherzustellen.
Bei den zweigeschossig gebliebenen Zwischenbauten Hauptstraße 12 und Hauptstraße 22/24 sind Aufstockungen um ein drittes Geschoss denkbar, wenn sich die Fassaden in Material und Gestaltung an den
vorhandenen Obergeschossfassaden orientieren; die Trauf- und Firstlinien der benachbarten Zwischenbauten sind dann aufzunehmen.
Insgesamt soll die bauzeitliche Proportion der Fassade, d. h. das Längen- und Breitenverhältnis der Einzelelemente zueinander wie auch die Gesamtabmessungen, nicht verändert bzw. auf den ursprünglichen
Zustand zurückgeführt werden; bei den Kopfbauten ist daher eine Außendämmung der Fassaden nicht
zulässig. Die geschossweise Gliederung der Fassaden soll ebenfalls erhalten werden.
45 | LEITLINIEN STADTZONE 1 – ZWISCHENBAUTEN UND NORDSEITE
Positives Beispiel Fassade – Konstruktion:
Vertikale Putzgliederung mit Kleinmosaikbrüstungen, Hauptstr. 33
Stadtzone 1 Zwischenbauten und Nordseite
FASSADE: MATERIAL
Positives Beispiel Fassade – Material:
Ziegelsichtmauerwerksfassade mit rahmenden Gliederungen, Hauptstraße 41
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
1
Bei den Zwischenbauten der Südseite Hauptstraße und den Bauten der Nordseite überwiegen Gebäude
mit Putzfassade – oft als eher schlichte, ungegliederte Putzfassaden mit lediglich sparsamer Detaillierung, etwa (damals als konservativ aufgefasste) rahmende Gliederungen wie beim Zwischenbau
Hauptstraße 38. Beim Zwischenbau Hauptstraße 16 sind in den Brüstungsbereichen des 2. Obergeschosses Putzfelder durch eine Fuge umrahmt, die in Fensterbreite ausgeführt offenbar für eine leichte
Vertikalität der Fassade sorgen sollten.
Neben diesen eher konventionellen Putzbauten zeigt sich jedoch auch, in Einzelbauten, die Vielfalt
zeitgenössischer Fassadenmaterialien, wie sie stärker noch in der Stadtzone 2 hervortritt. Natursteinbekleidungen sind vorrangig in Erdgeschossbereichen zur Aufwertung der Läden zu finden, etwa beim
Gebäude Hauptstraße 22/24, dessen Obergeschoss zudem mit einem zeittypischen, vergleichsweise
dezenten Kleinmosaik bekleidet ist. Auch die Bekleidung mit Klinkerriemchen bzw. keramischen
Materialien ist realisiert worden, etwa bei den benachbarten Häusern Hauptstraße 39 + 41. Ein Beispiel
für eine Ziegelfassade, dort mit Rollschichten und kräftiger Fensterrahmung, ist bspw. das Gebäude
Negatives Beispiel Fassade – Material:
Neuverkleidung einer Stahlbetonskelettfassade mit spiegelnden Materialien,
Hauptstraße 18
Hauptstraße 67.
VORGABE
Das bauzeitliche Fassadenmaterial soll grundsätzlich erhalten bleiben. Wo das ursprüngliche Fassadenmaterial ersetzt oder verdeckt ist, etwa durch die Verkleidung der Fassade oder eine entsprechende
Umgestaltung, soll der bauzeitliche Zustand als Vorbild des künftigen Erscheinungsbildes dienen, um
dieses in angemessenem Umfang zu ergänzen oder wiederherzustellen – etwa beim Zwischenbau
Hauptstraße 18 mit dunkelblauen spiegelnden Paneelen in horizontaler Anordnung an einer vormaligen
Stahlbetonskelettfassade, der so in unpassender Weise hervortritt.
Bei ursprünglich putzsichtigen Gebäuden soll bspw. weiterhin der Putz prägendes Fassadenmaterial
bleiben, dessen Farbigkeit und Helligkeit dem bauzeitlichen Vorbild entsprechen und dessen Helligkeitsabstufung übernehmen soll.
Wo zeitgenössisch Naturstein, Ziegel oder keramische Beläge als Fassadenmaterial vorhanden waren,
sind auch künftig entsprechende Materialien denkbar. Diese Bekleidungen sollten in einer soliden
handwerklichen Ausführung gemäß den zeitgenössischen Techniken hergestellt werden. Der Erhalt
bauzeitlicher Fassadenmaterialien (auch solche, die aktuell unter jüngeren Bekleidungen verborgen
sind) hat dabei Vorrang vor einer Rekonstruktion. Es sollen möglichst keine Fassadenmaterialien
ergänzt werden, die nicht zeitgenössisch am jeweiligen Bauwerk verwendet wurden.
Positives Beispiel Fassade – Material:
Putzfassade mit bauzeitlicher Kleinmosaikbekleidung, Hauptstraße 22/24
Nach 1965 errichtete oder nach 1965 durchgreifend umgestaltete Bauten sollen, sofern eine Instandsetzung durchgeführt werden soll, bei den Fassaden in einer an den Charakteristika der umgebenden
Bebauung orientierten Gestaltung erneuert werden.
LEITLINIEN STADTZONE 1 – ZWISCHENBAUTEN UND NORDSEITE | 46
LEITLINIEN ZUR ERHALTUNG UND GESTALTUNG
1
Stadtzone 1 Zwischenbauten und Nordseite
FASSADE: FARBIGKEIT
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
PRINZIPIEN FASSADENFARBIGKEIT – HISTORISCHES FOTO:
– Gedämpfte Tonigkeit der Fassaden
– Vorrangig Beige-Braun-Farbspektrum
– Durchgehende Fassadenflucht
Die vorherrschende Fassadenfarbigkeit bildete – historischen Fotografien zufolge – heller Putz, der gerade an der Nordseite Hauptstraße zum Teil durch dunkle Fenstergewände akzentuiert war. Bei dunkleren
Putzen (im Spektrum der Erdfarben, d. h. im Beige-Braun-Farbspektrum) konnten die akzentuierenden
Fensterwände und Fensterfaschen auch heller bzw. weiß sein. Gliederungen durch unterschiedliche
(Putz-)Farbigkeiten wurden insbesondere an der Nordseite der Hauptstraße realisiert. Historische Farbaufnahmen der 1970er-Jahre belegen für die Hauptstraße eine gewisse „Einheit in der Vielfalt“ innerhalb
des genannten Farbspektrums. Farbliche Akzente setzten keramische Bekleidungen, etwa die Brüstungsfelder aus Kleinmosaik beim Textilhaus Beeten (Hauptstraße 33, s. Abb. S. 45).
VORGABE
Die Fassadenfarbigkeit soll sich künftig so weit als möglich am bauzeitlichen Zustand orientieren. Bei den
Putzbauten soll weiterhin vorrangig Putz sichtbar sein, dessen Farbigkeit und Helligkeit dem bauzeitlichen
Vorbild entsprechen und dessen Helligkeitsabstufung erhalten bleiben soll. Im Zweifel soll eine helle
Tonigkeit (gebrochenes Weiß bis Beige) genutzt werden, die „Einheit in der Vielfalt“ zu unterstützen. Die
Farbigkeit der Zwischenbauten wie der Nordseitenbebauung soll nicht vereinheitlicht werden (etwa durch
einen verbindlichen Farbfächer), aber sich in Farbigkeit und Glanzwert des Neuanstrichs möglichst gut in
die umgebende Bebauung einfügen.
Neue, ursprünglich nicht vorhandene Farbakzente und Flächenfarbigkeiten sind hingegen unerwünscht.
Ziel ist ein Gesamteindruck der „Einheit in der Vielfalt“, bei der die Kopfbauten der Kammbebauung
hervortreten, während die übrigen Hauptstraßenbebauung als rahmende Architektur zurücktritt.
1
Stadtzone 1 Zwischenbauten und Nordseite
FASSADE: BRÜSTUNGEN UND GESIMSE
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Bei den Lochfassaden sind die Fenstereinfassungen wesentliche Gestaltungselemente: Teilweise sind sie
als gestufte Faschen, teilweise als schmale, schlichte Werksteinfassungen gestaltet. Bei den Zwischenbauten mit sichtbarem, leicht vorstehendem Stahlbetonskelett und den Zwischenbauten mit vertikaler,
leicht vorstehender Fassadengliederung entstehen durch die Gliederungen horizontale Flächen, auf denen
Wasser stehen könnte: bei den Zwischenbauten mit sichtbarem Stahlbetonskelett auf jeder Geschossebene, bei den Zwischenbauten mit vertikaler Fassadengliederung über dem Erdgeschoss am Übergang zum
knappen Vordach. An diesen Positionen sind (wie bei den Kopfbauten) Abdeckungen angeordnet, die leicht
vorkragen und so eine Tropfkante bilden; sie sind dunkler gehalten als die hellen Putzglieder und bestehen offenbar teilweise aus Naturstein, teilweise aus einer dunklen, schmal ausgeführten Einblechung.
VORGABE
Der Erhalt bauzeitlicher Fassadenmaterialien (auch solche, die aktuell unter jüngeren Bekleidungen verborgen sind) hat Vorrang vor einer Rekonstruktion – dies gilt auch für die Details der Fassaden. Es sollen
möglichst keine Fassadenmaterialien ergänzt werden, die nicht zeitgenössisch am jeweiligen Bauwerk
verwendet wurden. Für die Abdeckung der vorkragenden horizontalen Bauglieder (z. B. die Querträger
beim Stahlbetonskelett) sollen ein dem bauzeitlichen Vorbild entsprechender Werkstein oder eine dem
bauzeitlichen Vorbild entsprechende dunkle Einblechung gewählt werden, jeweils in Abstimmung mit der
Gesamtfassade.
47 | LEITLINIEN STADTZONE 1 – ZWISCHENBAUTEN UND NORDSEITE
Abb. 50: Hauptstraße in den 1970er-Jahren (Quelle:
Stadtarchiv MG, Sign. 10/50281)
Positives Beispiel Fassade – Brüstungen
und Gesimse: Spaltklinkerfassade mit
bauzeitlicher Fensterrahmung,
Hauptstraße 39
1
Stadtzone 1 Zwischenbauten und Nordseite
FASSADE: BALKONE UND ERKER
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Balkone waren bei den Zwischenbauten wie auch an der Nordseite Hauptstraße zur Straße hin ursprünglich kaum vorhanden. Eine Ausnahme bilden Ziergitter und kleine Zierbalkone, etwa vor den bodentiefen
Fenstern des 2. Obergeschosses beim eher traditionalistischen Zwischenbau Hauptstraße 38; sie bilden
allerdings keine Balkone im funktionalen Sinne, sondern stellen spezifische, auf die Architektur bezogene
Gliederungselemente dar.
VORGABE
Wo balkonähnliche Ziergitter als Bestandteil der ursprünglichen Fassadengliederung errichtet wurden,
sollen diese erhalten und ggf. instand gesetzt werden. Neue, zum Straßenraum orientierte oder von
diesem aus wahrnehmbare Balkone oder Erker sollen hingegen nicht errichtet werden.
Positives Beispiel Fassade – Balkone und
Erker: bauzeitliche Ziergitter, Hauptstraße 47
1
Positives Beispiel Fassade – Balkone
und Erker: bauzeitlicher Zierbalkon,
Hauptstraße 38
LEITLINIEN STADTZONE 1 – ZWISCHENBAUTEN UND NORDSEITE | 48
LEITLINIEN ZUR ERHALTUNG UND GESTALTUNG
1
Stadtzone 1 Zwischenbauten und Nordseite
LADENEINBAUTEN/LADENLOKALE
Positives Beispiel Ladeneinbauten/
Ladenlokale: bauzeitliches Ladenlokal
mit Brüstungen und zeitgenössischen
Schaufensterprofilen, Hauptstraße 22
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Die Gliederungen der Ladenlokale waren mehrheitlich mit Bezug zu den Obergeschossen und deren
Achsgliederungen konzipiert, sodass trotz der größeren Fensterfläche im Erdgeschoss eine bauliche Einheit von Erdgeschoss und Obergeschossen gewahrt war. Die Schaufenster zeigten vorwiegend niedrige
Sockel, die Verglasungen waren überwiegend aus ungeteilten Großformaten mit schmalen Metallprofilen.
Die Zugänge zu den Wohnungen waren zumeist als zurückliegende Eingänge in die Ladenarchitektur
integriert.
VORGABE
Die gestalterische Qualität der Hauptstraße wurde auch durch eine bauliche Einheit von Erdgeschoss
und Obergeschossen erzielt. Die bauzeitlichen Gliederungen der Ladenlokale sind allerdings nur noch
vereinzelt erhalten, bspw. beim Zwischenbau Hauptstraße 22 (mit Werksteinbekleidung, Sockel unter den
Schaufenstern und zeittypischen, goldfarben eloxierten Schaufensterprofilen). Für die künftige Gestaltung
von Ladenlokalen sollten zwei Grundprinzipien beachtet werden: Zum einen sollte die Gliederung des
Erdgeschosses in einen gestalterischen Bezug zu der Gliederung der Obergeschosse gesetzt werden,
zum anderen sollten spezifische Gliederungsdetails des Wiederaufbaus aufgegriffen werden. Dazu zählen
die Sockel bei den Schaufenstern (anstelle bodentiefer Schaufenster), die Wahrung der Fassadenflucht
der darüberliegenden Obergeschossfassade bei der Positionierung der Schaufensterebene, eine an der
Geometrie des Gebäudes orientierte Schaufenstergestaltung (keine mehrfach geknickten Schaufensteranlagen o. Ä.) und hochwertige Tür- und Fensteranlagen (schlanke, gleichmäßig umlaufende Profile statt
kräftiger, unregelmäßig breit umlaufender Kunststoffprofile).
Positives Beispiel Ladeneinbauten/
Ladenlokale: bauzeitliches Ladenlokal mit
Brüstungen und zeitgenössischen Schaufenstern, Hauptstraße 47
Negatives Beispiel Vordächer: dominante
Überdachung vor den Zwischenbauten,
Hauptstraße 38
49 | LEITLINIEN STADTZONE 1 – ZWISCHENBAUTEN UND NORDSEITE
Negatives Beispiel Vordäch: dominante
Überdachung vor den Zwischenbauten,
Hauptstraße 44
Stadtzone 1 Zwischenbauten und Nordseite
VORDÄCHER
1
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Die Erdgeschosse der Zwischenbauten und die Gebäude an der Nordseite Hauptstraße hatten – je nach
Fassadengliederung – oftmals ein knappes Betonvordach.
VORGABE
Um den Fußgängerweg durch die Arkaden der Kopfbauten zusätzlich attraktiver zu gestalten, hatte Alfons
Leitl in mehreren Zeichnungen vorgeschlagen, vor den Zwischenbauten ein verbindendes, gestalterisch
einheitliches Vordach zu erstellen, um den Weg entlang der Kammbebauung zu einer „Basarstraße“ (im
Sinne einer überdeckten Einkaufsstraße) werden zu lassen. Da die Wegeführung durch die Kopfbauten
seit der Einrichtung der Fußgängerzone mittlerweile nicht mehr der zwingende Weg der Kunden ist, ist an
verschiedenen Abschnitten der Zwischenbauten anstelle dessen eine vorgestellte Laubengangarchitektur
realisiert worden. Diese ist gestalterisch allerdings kaum auf die Wiederaufbau-Architektur der Kammbebauung abgestimmt und wirkt eher als vorgestellter Fremdkörper.
Sofern eine umfassendere Vordachlösung als Witterungsschutz aktuelle Kundenerwartungen bedienen
soll, so können vor den Zwischenbauten auch größer dimensionierte Vordächer als die bauzeitlichen
realisiert werden. Diese sollen die Tiefe der die Kopfbauten querenden Arkadengänge nicht überschreiten, sollen stützenfrei vorkragen und sollen nur schwach geneigt sein; vorteilhafterweise sollten sie
sich gestalterisch an den Vordächern orientieren, die Alfons Leitl für die geplanten Kammbebauungen
der Rheydter Innenstadt konzipiert hat. Sie sollten mindestens je Abschnitt (zwischen zwei Kopfbauten)
einheitlich gestaltet und durchgehend ausgeführt sein.
An der Nordseite Hauptstraße sollen Vordächer über die bauzeitlich vorhandenen Vordächer hinaus nicht
montiert, die vorhandenen Vordächer weder umgestaltet noch in der Tiefe verändert werden. Eine für die
gesamte Nordseite der Hauptstraße konzipierte Überdachung ist nur dann denkbar, sofern diese gebäudeunabhängig konzipiert und gestalterisch verträglich ist. Eine derartige Lösung soll im Vorfeld mit
den zuständigen Behörden abgestimmt werden und sollte dann für die gesamte Nordseite der Hauptstraße einheitlich sein.
PRINZIPIEN VORDÄCHER – ZEICHNUNGEN
ALFONS LEITL:
– Schlanke, flache Kragplatten mit schmaler
Ansichtskante
– Minimierte Tragkonstruktion, nicht sichtbar
oder unterseitig
PRINZIPIEN VORDÄCHER – ZEICHNUNGEN
ALFONS LEITL:
– Einheitliche Vordachgestaltung für den
jeweiligen Straßenzug
Abb. 51 (links): Vordächer: Entwurf Leitl für Vordächer (hier: nicht realisierte Kammbebauung Marktstraße) (Quelle: HA Erzbistum Köln, PK 170)
Abb. 52 (rechts): Vordächer: Entwurf Leitl für Vordächer (hier: Kammbebauung Hauptstraße) (Quelle:
HA Erzbistum Köln, PK 170)
LEITLINIEN STADTZONE 1 – ZWISCHENBAUTEN UND NORDSEITE | 50
LEITLINIEN ZUR ERHALTUNG UND GESTALTUNG
1
Stadtzone 1 Zwischenbauten und Nordseite
MARKISEN
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
PRINZIPIEN MARKISEN – HISTORISCHES
FOTO:
– Einfarbige Markisen
– Reihung entlang der Straße: vergleichbar
tiefe Ausladung und Neigung
Markisen oder ähnliche temporäre Vordächer waren bei den Zwischenbauten bauzeitlich offenbar nicht
vorhanden. An der Nordseite der Hauptstraße hingegen waren Markisen bauzeitlich vorhanden und dann
in der Regel unterhalb dieser Betonvordächer montiert. Zeitgenössische Aufnahmen zeigen diese bspw.
im westlichen Hauptstraßenabschnitt als Reihe monochromer Markisen mit ähnlicher Ausladung.
VORGABE
Bei den Zwischenbauten der Kammbebauung sollen keine Markisen montiert werden. Markisen können
hingegen bei Bauten an der Nordseite der Hauptstraße unterhalb des Betonvordachs montiert werden,
sofern ein solches bauzeitlich vorhanden war; ansonsten ist zu prüfen, ob für die jeweilige Fassadengliederung eine Markise gestalterisch zuträglich ist. Die Markisen sollen von gedeckter Farbigkeit sein,
Ausladung und Neigung sollten sofern vorhanden auf benachbarte Markisen abgestimmt sein. Die Breite
der Markise soll zudem auf die Fassadengliederung abgestimmt sein, insbesondere dann, wenn mehrere
Markisen vorhanden oder vorgesehen sind; diese sollen jeweils in gleicher Farbigkeit sein. Gestalterisches Ziel ist eine ruhige, gestalterisch einheitliche Anordnung von Markisen, wo diese im Kontext der
Abb. 53: Zeitgenössische Markisen an der Nordseite Hauptstraße (Quelle: Stadtarchiv MG, Sign.
10/2/1453)
jeweiligen architektonischen Gestaltung nicht störend sind. Werbeaufdrucke sollen auf Markisen lediglich
auf der Vorderkante aufgebracht werden.
Im geöffneten Zustand soll bei den Markisen eine lichte Durchgangshöhe von mind. 2,20 m eingehalten
werden. Als maximale Ausladung sollen 2 m nicht überschritten werden, wobei zum Fahrbahnrand bzw.
Positives Beispiel Hauseingänge: bauzeitlicher Eingangsbereich, Hauptstraße 26
zur Fahrgasse (Fußgängerzone) ein Abstand von mind. 60 cm eingehalten werden soll. Notwendige
Rettungswege dürfen nicht eingeschränkt werden.
1
Stadtzone 1 Zwischenbauten und Nordseite
HAUSEINGÄNGE
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Die Hauseingangstüren gehören zu den zeittypischen Elementen der Fassade. Wo ein Ladenlokal
vorhanden ist, sind diese oft an die jeweilige Schaufenster- und Ladentürgestaltung angepasst, etwa mit
großem mattiertem Drahtglasfeld und goldfarben eloxierten Beschlägen. Bauzeitlich kommen vor allem
Metalltüren vor, meist als Rahmentüren mit Glasfüllung, seltener auch Holztüren; die Beschläge sind
ebenfalls oft charakteristische Elemente der Wiederaufbauzeit, etwa als mit Kunststoffschnur umwickelte
Holme oder geschwungene Stoßgriffe.
VORGABE
Bei den Hauseingangstüren sollten, wenn die historische Tür nicht erhalten werden kann oder bereits
ersetzt wurde, die charakteristischen Elemente der zeitgenössischen Türen in Abstimmung mit der
Gesamtfassade als Vorbild für die erneuerte Hauseingangstür dienen. Dies gilt in besonderem Maße für
die Hauseingangstüren, die Teil einer erdgeschossigen Ladenfront sind. Bei einer notwendigen Erneuerung sollte vor diesem Hintergrund Kunststoff als Türmaterial ebenso vermieden werden wie eine von der
Fassadengliederung abweichende, gründerzeitliche oder postmoderne Türgestaltung.
51 | LEITLINIEN STADTZONE 1 – ZWISCHENBAUTEN UND NORDSEITE
Positives Beispiel Hauseingänge: bauzeitlicher Eingangsbereich, Hauptstraße 65
Negatives Beispiel Fenster: geänderte
Fassadenwirkung durch abweichende
Fensterteilung, Hauptstraße 50-52
Stadtzone 1 Zwischenbauten und Nordseite
FENSTER
1
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Die Fenster waren bauzeitlich auf die jeweilige Fassadengestaltung abgestimmt. So waren bei den
Zwischenbauten, die als seitliche Erweiterung benachbarter Kopfbauten anschlossen und deren jeweilige
Gestaltung fortführten, wie dort auch Stahlfenster mit überwiegend dunkler Tonigkeit vorhanden. Realisiert wurden sowohl asymmetrische Teilungen als auch symmetrische Teilungen mit Oberlichtern und
ungeteilte Fenster. Historische Aufnahmen belegen neben Dreh- und Kippfenstern auch Vertikaldrehfenster (an einer mittigen Vertikaldrehachse).
Neben diesen besonders prägnanten Stahlfenstern kamen gerade bei den Putzbauten mit Lochfassade
auch Holzfenster vor, oft aus zwei oder drei gleich breiten Flügeln mit stehenden Scheibenformaten.
Sprossenfenster sind, als traditionalistischer Sonderfall, lediglich beim Zwischenbau Hauptstraße 38
überliefert (dort teilweise erhalten).
VORGABE
Historische Fenster sind mit ihren zeittypischen Profilierungen und Gliederungen prägend für die jeweiligen Fassaden und können wichtige Zeugnisse der jeweiligen Bautechnik sein. Gerade die Stahlfenster
der Nachkriegszeit stellen oftmals hochwertige Konstruktionen von hohem Zeugniswert dar. Bei den
Zwischenbauten der Kammbebauung sind die bauzeitlichen Fenster allerdings vielfach nicht mehr
erhalten; vielfach wurden die neuen Fenster mit abweichender Teilung eingebaut. So hatten die Fenster
beim Zwischenbau Hauptstraße 10 bauzeitlich eine einheitliche Flügelbreite (schmalere Fenster mit
zwei Flügeln, breitere Fenster mit drei Flügeln); heute sind beide Fensterformate zweiflügelig, was der
Proportion der ansonsten schlichten Fassade abträglich ist. Beim Zwischenbau Hauptstraße 22/24 sind
die Fenster einflügelig statt ursprünglich zweiflügelig, auch dort ist die Gliederung der Fassade dadurch
Abb. 54: Bauzeitliche Fensterteilung und -materialien, Hauptstraße 50-52 (Quelle: Stadtarchiv MG,
Sign. 10/56753)
PRINZIPIEN FENSTER – HISTORISCHES FOTO:
– Fensterteilungen mit unterschiedlichen
Scheibenformaten (symmetrisch und asymmetrisch)
ungünstig verändert.
Ziel ist daher: Wo die bauzeitlichen Fenster erhalten sind, sollten diese bewahrt und ggf. durch Einbau
neuer Dichtungen und Isolierglasscheiben bzw. durch den Umbau zu Kastenfenstern ertüchtigt werden.
Wo jüngere Fenster mit vom bauzeitlichen Fenster abweichender Profilierung und Teilung eingebaut
wurden, sollten bei einem künftigen Austausch wieder eine schlanke Profilierung und eine Teilung gemäß
dem bauzeitlichen Fenster realisiert werden.
Stadtzone 1 Zwischenbauten und Nordseite
FENSTERBÄNKE
1
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Bei den Stahlfenstern waren die Fensterbänke oftmals in die Rahmung der Fenster eingebunden und
aus einem dem Fenster entsprechenden Material, meist ebenfalls Metall. Bei Holzfenstern herrschten
offenbar Werksteinbänke vor, die in die Einfassungen der Fensteröffnungen eingebunden waren (siehe
Abschnitt Fassade).
VORGABE
Bauzeitliche Fensterbänke sollten möglichst erhalten werden. Wo dies nicht möglich ist oder die Fensterbänke nicht bestandsgerecht erneuert wurden, sollen dem historischen Vorbild entsprechende Fensterbänke eingebaut werden.
LEITLINIEN STADTZONE 1 – ZWISCHENBAUTEN UND NORDSEITE | 52
LEITLINIEN ZUR ERHALTUNG UND GESTALTUNG
1
Stadtzone 1 Zwischenbauten und Nordseite
DACH UND DACHENTWÄSSERUNG
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Die Zwischenbauten wie auch die Bauten an der Nordseite der Hauptstraße waren mit traufständigen
Satteldächern konzipiert. Die Satteldächer bei den Zwischenbauten haben eine flachere Neigung, ihr
Firstpunkt liegt jeweils unter der Traufkante der Kopfbauten, damit diese als quer zur Hauptstraße
stehende Bauten stadträumlich wirksam werden. Die Bauten an der Nordseite der Hauptstraße haben
gegenüber den Zwischenbauten eine steilere Dachneigung.
Die Trauflinie ist, wo die geplante Geschosszahl errichtet wurde, bei den Zwischenbauten wie auch
bei den Bauten an der Nordseite der Hauptstraße durchgehend. Zeitgenössische Aufnahmen zeigen
die Dächer mit einer dunklen Ziegeleindeckung und vorgehängter Rinne an einer zumeist geringfügig
vorkragenden Traufe. Die Fallrohre sind in der Regel in der Fassade verborgen oder in eine Eintiefung an
der Haustrennwand eingefügt.
VORGABE
Die Dächer sollen auch künftig als traufständige Satteldächer in Erscheinung treten, wobei die Trauflinie
einheitlich sein soll (gemäß Ortssatzung Rheydt 1949 für die Zwischenbauten: drei Geschosse, Traufhöhe
9,80 m). Die Firstlinie soll möglichst durchgehend sein und darf bei den Zwischenbauten nicht höher als
die Traufhöhe der viergeschossigen Kopfbauten (von 12,70 m gemäß Ortssatzung Rheydt 1949) hinaufgeführt werden, sofern der bauzeitliche Dachstuhl nicht bereits höher war.
Die Traufkanten sollen aus hellem Material und möglichst schmal ausgeführt werden, wo notwendig mit
einer zweiten, dunkel gehaltenen und zur hellen Traufkante zurückgesetzten Dachkante. Die Entwässerung der Dächer ist gemäß historischem Vorbild verdeckt anzuordnen. Die aktuelle Traufhöhe der
Gebäude soll nicht erhöht oder abgesenkt werden.
Positives Beispiel Dach und Dachentwässerung: knappes Traufgesims und
eingetieftes Fallrohr, Hauptstraße 41-43
53 | LEITLINIEN STADTZONE 1 – ZWISCHENBAUTEN UND NORDSEITE
Stadtzone 1 Zwischenbauten und Nordseite
DACHGAUBEN/DACHFLÄCHENFENSTER
1
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Die flacheren Satteldächer der Zwischenbauten besaßen keine Gauben, Zwerchhäuser oder sonstigen
Dachaufbauten; in älteren Luftbildern sind stellenweise kleine Dachflächenfenster zu erkennen, die
offenbar vom Straßenraum kaum wahrzunehmen waren.
Die steileren Satteldächer an der Nordseite der Hauptstraße hingegen besaßen bauzeitliche Gauben, die
vor allem zur Straßenseite als gleichmäßig gereihte Einzelgauben aufgesetzt waren.
VORGABE
Die Dächer der Zwischenbauten sollen zur Hauptstraße hin auch künftig von Gauben, Zwerchhäusern
oder sonstigen Dachaufbauten freigehalten werden, da die geneigte Dachfläche ohne Aufbauten für den
Umriss der gesamten Baufigur der Kammbebauung wichtig ist. Auch die Satteldächer jener Zwischenbauten, die im Zuge einer künftigen Aufstockung die bauzeitlich vorgesehene Geschossigkeit erreichen,
sollen zur Hauptstraße keine Gauben, Zwerchhäuser oder sonstigen Dachaufbauten erhalten. Dachflächenfenster sind trotz eingeschränkter Wahrnehmbarkeit von der Hauptstraße auf sparrenbreite Fenster
in möglichst geringer Zahl zu beschränken.
Bei den steileren Dächern an der Nordseite Hauptstraße sind Gauben erlaubnisfähig, wobei diese zur
Straßenseite hin als Einzelgauben (nicht als breite Gaubenanlagen) aufgesetzt werden sollen. Die
Positionierung dieser vom Straßenraum aus wahrnehmbaren Gauben soll sich an der Gliederung der
darunterliegenden Fassade und deren Fensterraster orientieren, die Fenstergrößen sollen die gesetzlichen
Mindestabmessungen für Fluchtfenster nicht überschreiten (lichtes Maß Breite x Höhe= 0,90 x 1,20 m,
Gaubenabmessungen entsprechend). Der Einbau von Gauben ist zur Straßenseite dem Einbau von Dachflächenfenstern vorzuziehen.
PRINZIPIEN DACHGAUBEN – HISTORISCHES FOTO:
– Regelmäßige Anordnung von Einzelgauben auf straßenseitigen Dachflächen
Abb. 55: Bauzeitliche Dachlandschaft mit Einzelgauben an der Nordseite Hauptstraße (Quelle: Stadtarchiv MG, Sign. 10/13613)
LEITLINIEN STADTZONE 1 – ZWISCHENBAUTEN UND NORDSEITE | 54
LEITLINIEN ZUR ERHALTUNG UND GESTALTUNG
DIE ZIELSETZUNGEN FÜR DIE ERHALTUNG UND GESTALTUNG DER STADTZONE 2
In der Stadtzone 2 (Karte siehe S. 33) bilden
Gestaltung niedergelegten architektonischen
die Bauten der Wiederaufbauzeit, d. h. die
Prinzipien orientieren (siehe auch vorhergehende
Bauten der Altersklassen 5.2. und 6 (1945-64)
Abschnitte).
den prägenden Baubestand. Bauten anderer
Neben den Vorgaben der jeweils gültigen Bebau-
Baualtersklassen sind vorhanden, allerdings in
ungspläne sind, sofern es sich bei dem fragli-
deutlich geringerem Umfang. Die nachfolgenden
chen Gebäude um ein eingetragenes Denkmal
Leitlinien für Erhaltung und Gestaltung zielen ins-
handelt, es Teil eines Denkmalbereichs ist oder in
besondere auf die Bauten der Wiederaufbauzeit.
der Umgebung eines Denkmals bzw. Denkmalbe-
Für die Bauten anderer Baualtersklassen sind
reichs steht, die Belange des Denkmalschutzes
diese Leitlinien sinnentsprechend anzuwenden,
gemäß dem Gesetz zum Schutz und zur Pflege
d. h. im Hinblick auf ein die Architektur und den
der Denkmäler im Lande Nordrhein-Westfalen
Städtebau der Wiederaufbauzeit repräsentieren-
(Denkmalschutzgesetz – DSchG) zu beachten.
des Stadtbild. Bauten der Altersklassen vor 1945
Die Leitlinien sind nach Bauteilen (Dach, Fassa-
sollen daher in ihrem äußeren Erscheinungsbild
de, Werbung etc.) untergliedert.
bewahrt werden. Bauten der Altersklassen
nach 1964 sollen sich daher in ihrem äußeren
Erscheinungsbild so weit möglich an den in
den nachfolgenden Leitlinien für Erhaltung und
55 | LEITLINIEN STADTZONE 2
Abb. 56: Luftbild Innenstadt Rheydt von Osten,
1959 (Quelle: Stadtarchiv MG, Sign. 10/13668)
Stadtzone 2
FASSADE: KONSTRUKTION UND GLIEDERUNG
2
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Die Bauten des Wiederaufbaus zeigen in Rheydt verschiedene gestalterisch-konstruktive Grundmuster,
die sich in der Gliederung der Fassaden ablesen lassen. Diese Grundmuster sind zum Ersten ein in der
Fassadengliederung sichtbares Konstruktionsraster, das in seinen horizontalen Elementen die Geschosstrennungen, in seinen vertikalen Elementen eine Achsgliederung der Fassade zeigt. Zum Zweiten sind
dies durch vertikale, geschossübergreifende Wandvorlagen regelmäßig gegliederte Fassaden, zum Dritten
Lochfassaden mit regelmäßiger, oft einheitlicher Fenstergliederung.
Weitere zeitgenössische Fassadenkonstruktionen waren in Rheydt als Sonderfälle zu finden: Vorhangfassaden (Structural Glazing) etwa beim Kaufhaus Kaufhof auf der großen Parzelle Marktstraße/Friedrich-Ebert-Straße/Stresemannstraße und eine Fassade mit Glasbausteinen beim Kaufhaus Kalderoni an
der Stresemannstraße (beide heute verändert).
VORGABE
Die erhaltenen bauzeitlichen Fassaden sollen bei den Bauten des Wiederaufbaus soweit möglich bewahrt
und instand gesetzt werden; historische Fotografien und die zeitgenössischen Baueingabepläne können
zu spezifischen Gliederungen und Details Auskunft geben. Wo die bauzeitlichen Fassaden durch Umbauten bereits stark verändert sind, sollte angestrebt werden, diese im Falle einer neuerlichen Veränderung/
Instandsetzung den Grundmustern und Detailprinzipien der Wiederaufbau-Architektur entsprechend zu
erneuern. Die Architekturen des Wiederaufbaus sollen dabei nicht imitiert, sondern ihre Prinzipien aufgriffen und zeitgenössisch interpretiert werden.
Positives Beispiel Fassade – Konstruktion:
bauzeitliche Werksteinfassade mit Gesimsgliederung, Friedrich-Ebert-Straße 21
Positives Beispiel Fassade – Konstruktion:
bauzeitliche Putzfassade mit eingetieften
Gliederungen, Friedrich-Ebert-Straße 29
Positives Beispiel Fassade – Konstruktion:
bauzeitliche Stahlbetonskelettfassade mit
Kleinmosaik-Ausfachungen, Limitenstr. 35
LEITLINIEN STADTZONE 2 | 56
LEITLINIEN ZUR ERHALTUNG UND GESTALTUNG
2
Stadtzone 2
FASSADE: MATERIAL
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Die Fassadenmaterialien sind bei den Bauten des Wiederaufbaus wie die Fassadengliederungen nicht
einheitlich, werden in Verbindung mit dem gestalterisch-konstruktiven Grundmuster aber durchaus als
zeitgenössisch empfunden. Als vorherrschendes Fassadenmaterial wird Putz wahrgenommen. Bei den
Lochfassaden, die ohne größeren Bauschmuck sind, tritt oftmals die Einfassung der Fenster durch Putzfaschen, Rahmungen und/oder Werksteinfensterbänke gestalterisch hervor.
Insbesondere im Bereich der Friedrich-Ebert-Straße wurden auch etliche Gebäude mit Werksteinbekleidung versehen, wobei diese Werksteinfassaden in der Regel handwerklich gefügt und die Fugen vermörtelt sind. Eine Reihe von Bauten zeigen zeitgenössische Spaltklinker- und Fliesenbekleidungen, meist in
einem ziegelähnlichen Format und einer entsprechenden Anbringung (Mauerwerksverband). Bauten mit
Sichtmauerwerk finden sich insbesondere im Bereich Marktstraße, dort zumeist als regelmäßiger Verband
mit Rollschicht-Fensterstürzen (teilweise als Lochfassaden, teilweise mit vertikaler Fassadengliederung).
VORGABE
Die erhaltenen bauzeitlichen Fassadenmaterialien sollen bei den Bauten des Wiederaufbaus soweit möglich bewahrt und instand gesetzt werden. Dabei sind Aspekte wie die Filigranität der Konstruktion und der
Details, zeittypische Materialien und deren konstruktive Fügung zu beachten und sollen sich, wenn eine
Erneuerung der Fassadenmaterialien notwendig ist, an den Materialien des Wiederaufbaus orientieren.
VORGABE NACHTRÄGLICHE FASSADENDÄMMUNG
Eine Außendämmung ist möglich, wenn die Charakteristika der jeweiligen Fassade dadurch nicht signifikant verändert oder verdeckt werden; dies ist im Einzelfall abzuwägen. Zu den Charakteristika, die durch
eine Außendämmung nicht verändert werden sollen, zählen beispielsweise sichtbare Stahlbetonskelettkonstruktionen, insbesondere bei vorstehenden Gliederungselementen (sowohl betonsichtig als auch
putzsichtig), aber auch reine Putzornamente sowie ziegelsichtige Fassaden mit sauberem Fugenbild und
hochwertiger Klinkeroberfläche. Bei Werksteinfassaden soll auf eine Außendämmung generell verzichtet
werden. Ist eine energetische Sanierung des Gebäudes geboten, aber eine Außendämmung aufgrund der
vorgenannten Einschränkungen nicht möglich, so sollte stattdessen die Möglichkeit einer Innendämmung
geprüft werden.
Bei nachträglichen Dämmungen sollte grundsätzlich auf die Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit des
Dämmmaterials, die Belange des Brandschutzes und die Möglichkeiten einer späteren Entsorgung
geachtet werden. Zur energetischen Ertüchtigung werden Hinweise im nachfolgenden Kapitel 5 gegeben,
die eine Fachberatung jedoch nicht ersetzen können.
Positives Beispiel Fassade – Material: bauzeitliche Sichtmauerwerksfassade mit Fensterrahmung und
Rollschichtsturz sowie angrenzendem Rauputzfeld, Harmoniestr. 11
57 | LEITLINIEN STADTZONE 2
Positives Beispiel Fassade – Material:
bauzeitliche Werksteinfassade mit
handwerklicher Durchgestaltung, Friedrich-Ebert-Straße 37
2
Stadtzone 2
FASSADE: FARBIGKEIT
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Als vorherrschendes Fassadenmaterial wird Putz wahrgenommen, der zeitgenössischen Fotografien
zufolge in einem hellen, weiß bis grauen Farbspektrum sowie in Sand- und Brauntönen gehalten sein
konnte. In vergleichbarer Tonigkeit sind auch die Gebäude mit Werksteinbekleidung, insbesondere im
Bereich der Friedrich-Ebert-Straße, wobei diese Werksteinfassaden in der Regel handwerklich gefügt und
die Fugen vermörtelt sind. Eine Reihe von Bauten zeigen zeitgenössische Spaltklinker- und Fliesenbekleidungen, meist in einem ziegelähnlichen Format und einer entsprechenden Anbringung (Mauerwerksverband); hier sind zumeist helle, mitunter auch pastellige Farbtöne vertreten. Die vorhandenen Bauten
mit Sichtmauerwerk bilden zu den vorgenannten Fassadenmaterialien einen gewissen Kontrast, sie sind
Abb. 57: Kolorierte Baueingabezeichnung Harmoniestraße 10, 1954 (Quelle: Hausakte)
insbesondere im Bereich der Kreuzung Marktstraße/Harmoniestraße entstanden (teilweise als Lochfassaden, teilweise mit vertikaler Fassadengliederung).
VORGABE
Die Fassadenfarbigkeit soll sich am bauzeitlichen Zustand orientieren. Bei den Putzbauten soll weiterhin
vorrangig Putz sichtbar sein, dessen Farbigkeit und Helligkeit sich am bauzeitlichen Vorbild orientieren
und dessen Helligkeitsabstufung aufgreifen soll. Im Zweifel soll bei diesen Putzbauten eine helle Tonigkeit
(gebrochenes Weiß bis Beige) genutzt werden, die „Einheit in der Vielfalt“ zu unterstützen. Werkstein- und
Sichtmauerwerksfassaden sollen nicht überstrichen, sondern die Materialfarbigkeit sichtbar gelassen
werden; eine mögliche Reinigung soll behutsam, fachgerecht und unter Schutz der Steinoberfläche
erfolgen, um spätere Schäden zu vermeiden.
Zeitgenössische neue, ursprünglich nicht vorhandene Farbakzente und Flächenfarbigkeiten sind nicht
erwünscht. Ziel ist ein Gesamteindruck, der die „Einheit in der Vielfalt“ transportiert.
Positives Beispiel Fassade – Farbigkeit: bauzeitliche Werksteinfassade mit
unterschiedlichen Texturen/Farbigkeiten,
Friedrich-Ebert-Straße 49
Positives Beispiel Fassade – Farbigkeit:
bauzeitliche Putzfassade mit keramischer Bekleidung, Odenkirchener Str. 23
(unschön: Werbeanlage)
LEITLINIEN STADTZONE 2 | 58
LEITLINIEN ZUR ERHALTUNG UND GESTALTUNG
2
Stadtzone 2
FASSADE: BALKONE UND ERKER
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Balkone wurden in der Nachkriegszeit aufgrund des steigenden Verkehrsaufkommens bevorzugt an der
lärmgeschützten rückwärtigen Hoffassade vorgesehen. Gleichwohl sind zeitgenössisch auch an Straßenfassaden Balkone vorgesehen worden, meist als Kragbalkone mit schlankem Rand; sie sind dann in der
Regel Bestandteil einer entsprechenden Architekturgliederung und zeigen zumeist Metallgeländer mit
schlanken Stäben. Häufiger im Stadtbild vorhanden sind Brüstungsgeländer, vor allem bei den Terrassen
vor den Staffelgeschossen (u. a. bei Bauten an der Ostseite Limitenstraße); auch diese Brüstungsgeländer
sind in der Regel aus Metallgeländern mit schlanken Stäben. Im Bereich der Balkon- und Brüstungsgeländer wurden bereits zeitgenössische Sichtschutzplanen nachgerüstet, zumeist als monochrome
Stoffbespannungen.
VORGABE
Die zeitgenössischen Balkone und Dachterrassen vor den Staffelgeschossen sowie deren Geländer in
der zeittypisch schlanken Profilierung sollen erhalten werden. Neue Balkone und Dachterrassen sollen
hingegen nicht ergänzt werden.
Ein Sichtschutz kann bei Balkonen und (Dach-)Terrassen wie bei Brüstungsgeländern vorgesehen
werden, wenn dieser nicht höher als der Handlauf des Geländers und von monochromer, zurückhaltender
Farbigkeit sowie nicht glänzend ist.
Positives Beispiel Fassade – Balkone
und Erker: bauzeitliche Balkone, Stresemannstr. 39
59 | LEITLINIEN STADTZONE 2
Positives Beispiel Fassade – Balkone und
Erker: bauzeitliches Brüstungsgeländer an
Dachterrasse, Friedrich-Ebert-Straße 29
2
Stadtzone 2
LADENEINBAUTEN/LADENLOKALE
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Die Gliederungen der Ladenlokale – sofern ein solches vorhanden war – waren bei den Bauten des
Wiederaufbaus mehrheitlich mit Bezug zu den Obergeschossen und deren Achsgliederungen konzipiert,
sodass trotz der größeren Fensterfläche im Erdgeschoss eine bauliche Einheit von Erdgeschoss und
Obergeschossen gewahrt war. Die Schaufenster zeigten in der Regel niedrige Sockel, die Verglasungen
waren überwiegend aus ungeteilten Großformaten mit schmalen Metallprofilen, zum Teil mit profillosem
Glasstoss an den Ecken. Die Zugänge zu den Wohnungen waren zumeist als zurückliegende Eingänge in
die Ladenarchitektur integriert.
VORGABE
Die gestalterische Qualität wurde bei den Wohn- und Geschäftshäusern des Wiederaufbaus überwiegend
durch eine bauliche Einheit von Erdgeschoss und Obergeschossen erzielt und sollte, wo diese noch
vorhanden ist, bewahrt und instand gesetzt werden. Die bauzeitlichen Gliederungen der Ladenlokale sind
allerdings nicht bei jedem Gebäude erhalten. Wo die neue Gliederung ohne den grundsätzlich erforderlichen gestalterischen Bezug zu den darüberliegenden Geschossen ist, sollen bei der Erneuerung von
Ladenlokalen zwei Grundprinzipien beachtet werden: Zum einen sollte die Gliederung des Erdgeschosses
(wieder) in einen gestalterischen Bezug zu der Gliederung der Obergeschosse gesetzt werden; zum
anderen sollten spezifische Gliederungsdetails des Wiederaufbaus aufgegriffen werden. Dazu zählen
die Sockel bei den Schaufenstern (anstelle bodentiefer Schaufenster), die Wahrung der Fassadenflucht
der darüberliegenden Obergeschossfassade bei der Positionierung der Schaufensterebene, eine an der
Geometrie des Gebäudes orientierte Schaufenstergestaltung (keine mehrfach geknickten Schaufensteranlagen o. Ä.) und hochwertige Tür- und Fensteranlagen (schlanke, gleichmäßig umlaufende Profile statt
kräftiger, unregelmäßig breit umlaufender Kunststoffprofile).
Positives Beispiel Ladeneinbauten/Ladenlokale: bauzeitliches Ladenlokal mit Brüstung und bauzeitlicher Fensterrahmung,
Mühlenstr. 20/Ecke Wilhelm-Sträter-Straße
Positives Beispiel Ladeneinbauten/Ladenlokale: bauzeitliches Ladenlokal mit Brüstung und
bauzeitlicher Fensterrahmung sowie zeitgenössischer Werbeanlage, Stresemannstr. 75
LEITLINIEN STADTZONE 2 | 60
LEITLINIEN ZUR ERHALTUNG UND GESTALTUNG
2
Stadtzone 2
VORDÄCHER UND MARKISEN
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
PRINZIPIEN MARKISEN – HISTORISCHES
FOTO:
– Einfarbige Markisen
– Reihung entlang der Straße: vergleichbar
tiefe Ausladung und Neigung
Die Erdgeschosse bei den Bauten des Wiederaufbaus hatten beim Vorhandensein von Ladenlokalen – je
nach Fassadengliederung – oft ein knappes Betonvordach. Dieses war dann Bestandteil der Fassadengliederung, hatte jedoch nur bedingte Funktionen des Witterungsschutzes.
Markisen oder ähnliche temporäre Vordächer waren bauzeitlich vorhanden und waren dann in der
Regel unterhalb dieser Betonvordächer montiert. Zeitgenössische Aufnahmen zeigen diese bspw. an der
Stresemannstraße als Reihe monochromer Markisen mit identischer Ausladung, die ein ruhiges, auf die
Architektur abgestimmtes Bild ergaben. Selten waren auch im 1. Obergeschoss Markisen vorhanden,
zum Beispiel für eine gastronomische Nutzung.
VORGABE
Vordächer sollen über die bauzeitlich vorhandenen Vordächer hinaus nicht montiert, die vorhandenen
Vordächer weder umgestaltet noch in der Tiefe verändert werden. Ein zusätzlicher Witterungsschutz
als tiefes Vordach oder gebäudeunabhängige Überdachung soll somit in der Stadtzone 2 nicht errichtet
werden. Markisen können bei Bauten des Wiederaufbaus unterhalb des Betonvordachs montiert werden,
sofern ein solches vorhanden war; ansonsten ist zu prüfen, ob für die jeweilige Fassadengliederung eine
Markise gestalterisch zuträglich ist. Die Markisen sollen von gedeckter Farbigkeit sein, Ausladung und
Abb. 58: Historische Markisen und Vordächer an der
Stresemannstraße/Ecke Limitenstraße zum Ende
der 1950er Jahre (Quelle: Stadtarchiv MG, Sign.
10/2/1372)
Positives Beispiel Vordächer: erhaltenes
bauzeitliches Vordach, Mühlenstraße 18
Neigung sollten sofern vorhanden auf benachbarte Markisen abgestimmt sein. Die Breite der Markise
soll zudem auf die Fassadengliederung abgestimmt sein, insbesondere dann, wenn mehrere Markisen
vorhanden sind; diese sollen jeweils in gleicher Farbigkeit sein. Gestalterisches Ziel ist eine ruhige,
gestalterisch einheitliche Anordnung von Markisen, wo diese im Kontext der jeweiligen architektonischen
Gestaltung nicht störend sind. Werbeaufdrucke sind auf Markisen nicht gestattet.
Im geöffneten Zustand ist bei den Markisen eine lichte Durchgangshöhe von mind. 2,20 m einzuhalten.
Als maximale Ausladung soll 2 m nicht überschritten werden, wobei zum Fahrbahnrand bzw. zur Fahrgasse (Fußgängerzone) ein Abstand von mind. 60 cm eingehalten werden soll. Diese Abmessungen gelten
ausdrücklich auch für Markisen bei Betrieben des Gaststättengewerbes. Notwendige Rettungswege
dürfen grundsätzlich nicht eingeschränkt werden.
2
Stadtzone 2
HAUSEINGÄNGE
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Die Hauseingangstüren gehören zu den zeittypischen Elementen der Fassade. Wo ein Ladenlokal
vorhanden ist, sind diese oft an die jeweilige Schaufenster- und Ladentürgestaltung angepasst, etwa mit
großem mattiertem Drahtglasfeld und goldfarben eloxierten Beschlägen. Bauzeitlich kommen vor allem
Metalltüren vor, meist als Rahmentüren mit Glasfüllung, seltener auch Holztüren; die Beschläge sind
ebenfalls oft charakteristische Elemente der Wiederaufbauzeit, etwa als mit Kunststoffschnur umwickelte
Holme oder geschwungene Stoßgriffe.
VORGABE
Bei den Hauseingangstüren sollten, wenn die historische Tür nicht erhalten werden kann oder bereits
ersetzt wurde, die charakteristischen Elemente der zeitgenössischen Türen als Vorbild für die erneuerte
Hauseingangstür dienen. Dies gilt in besonderem Maße für die Hauseingangstüren in einer erdgeschossigen Ladenfront. Bei einer Erneuerung sollte daher Kunststoff als Material vermieden werden, ebenso eine
von der Fassadengliederung abweichende, gründerzeitliche oder postmoderne Türgestaltung.
61 | LEITLINIEN STADTZONE 2
Positives Beispiel Hauseingänge: bauzeitlicher Eingangsbereich, Limitenstraße 44
Positives Beispiel Fenster: bauzeitliche
Fenster, ertüchtigt als Kastenfenster,
Stresemannstr. 39
2
Stadtzone 2
FENSTER
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Die Bauten des Wiederaufbaus hatten zumeist auf die jeweilige Fassadengestaltung abgestimmte Fenster. Neben hellen/weißen Rahmen wurden auch dunkle Rahmen realisiert. Soweit erkennbar waren die
Fenster vorwiegend aus Holz, in gestalterisch hervorgehobenen Bauten (insbesondere mit gewerblicher
Nutzung) wurden auch Stahlfenster eingebaut. Historische Aufnahmen belegen dort neben Dreh- und
Kippfenstern auch Vertikaldrehfenster (an einer mittigen Vertikaldrehachse).
Die Teilungen der zeitgenössischen Fensterflächen waren auf die Gesamtgestaltung der jeweiligen
Fassade bezogen, zeigten aber zwischen den jeweiligen Bauten einen zeittypischen Variantenreichtum:
vertikale Teilungen in einzelne Flügel, sowohl mit gleichförmiger Teilung wie auch mit breiterem Glasfeld
in der Mitte, kreuzförmige und asymmetrische Teilungen sowie ungeteilte Fenster (bei geringerer Fenstergröße). Verbindendes Merkmal dieser Fenster sind die auch gegenüber den gründerzeitlichen Holzfenstern schlanken Rahmen und Fensterprofile.
Positives Beispiel Fensterbänke: bauzeitliche Sohlbänke mit Konsolen, Marktstraße 19
VORGABE
Historische Fenster sind mit ihren zeittypischen Profilierungen und Gliederungen prägend für die jeweiligen Fassaden und können wichtige Zeugnisse der jeweiligen Bautechnik sein. Gerade die Stahlfenster
der Nachkriegszeit stellen oftmals hochwertige Konstruktionen von hohem Zeugniswert dar.
Wo ein Erhalt historischer Fenster nicht möglich ist oder diese bereits ersetzt wurden, ist für den Einbau
neuer Fenster für die gestalterische Qualität der Fassade, auch bei Bauten des Wiederaufbaus, eine auf
das Fassadenganze abgestimmte Profilierung wichtig: Neue Fenster sollten nicht nur eine dem bauzeitlichen Original entsprechende Teilung erhalten, sondern auch über vergleichbar schlanke Rahmenprofile
verfügen. Für die Zeit des Wiederaufbaus eher untypische Fensterteilungen wie kleinformatige Sprossenteilungen sollten vermieden werden, sofern diese am Gebäude nicht historisch belegt sind.
Wo jüngere Fenster mit vom bauzeitlichen Fenster abweichender Profilierung und Teilung eingebaut
wurden, sollten bei einem künftigen Austausch wieder eine schlanke Profilierung und eine Teilung gemäß
dem bauzeitlichen Fenster realisiert werden.
Positives Beispiel Fensterbänke: bauzeitliche Werksteinrahmung mit dunkler
Metallfensterbank, Marktstraße 31
Stadtzone 2
FENSTERBÄNKE
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
2
Die Fensterbänke zeigen die damals üblichen Materialien, die bei Holzfenstern u. a. Außenfensterbänke
aus Stein und Beton umfassten. Bei Stahlfenstern waren die Fensterbänke zumeist in die Rahmung der
Fenster eingebunden und oft ebenfalls aus Metall.
VORGABE
Bauzeitliche Fensterbänke sollten möglichst erhalten werden. Wo dies nicht möglich ist oder die Fensterbänke nicht bestandsgerecht erneuert wurden, sollen dem historischen Vorbild entsprechende Fensterbänke eingebaut werden.
LEITLINIEN STADTZONE 2 | 62
LEITLINIEN ZUR ERHALTUNG UND GESTALTUNG
2
Stadtzone 2
DACH UND DACHENTWÄSSERUNG
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Die Bauten des Wiederaufbaus (1945-64) hatten in Rheydt keine einheitliche Dachform. Realisiert wurden
zum einen traufständige Gebäude mit Satteldach, zum anderen Gebäude mit Flachdach bzw. mit flach
geneigtem, von der Straße nicht sichtbarem Dach.
Die Traufen kragen sowohl bei den Satteldächern als auch bei den Flachdächern entsprechend der jeweiligen architektonischen Konzeption unterschiedlich weit vor. Insbesondere bei den Bauten mit Flachdächern waren diese Traufkanten eher schmal gehalten; wo bei diesen Bauten Staffelgeschosse vorhanden
waren, kragten die Dächer als waagerechte Dächer mit schmalem Rand aus. Die helle Betonrandkante
war häufig mit einer schmalen, etwas dunkleren oberseitigen Blechkante kombiniert, die zusammen als
Doppellinie wahrzunehmen waren.
Die Bauten mit Satteldächern hatten sichtbare Rinnen und Fallrohre, während die Bauten mit Flachdach
bzw. flach geneigtem, von der Straße nicht sichtbarem Dach überwiegend eine von der Straße nicht
sichtbare Entwässerung hatten.
VORGABE
Die vorhandenen Dächer sollen in der jeweiligen Dachform (Satteldach, Flachdach etc.) erhalten bleiben.
Dächer von Neubauten bzw. neue Dächer sollen sich in Form und sichtbarer Dacheindeckung an den
vorhandenen Dächern der Umgebungsbebauung orientieren. Die Traufen sollen, insbesondere bei Bauten
mit Flachdach bzw. flach geneigtem, von der Straße nicht sichtbarem Dach, nicht vollständig eingeblecht
werden und möglichst schmale Ansichtskanten bewahren. Die Entwässerung soll bei Bauten mit Flachdach bzw. flach geneigtem, von der Straße nicht sichtbarem Dach verdeckt angeordnet werden.
Positives Beispiel Dach und Dachentwässerung: bauzeitliches Traufgesims mit
vorgehängter Rinne, Harmoniestr. 11
63 | LEITLINIEN STADTZONE 2
Stadtzone 2
DACHGAUBEN/DACHFLÄCHENFENSTER
2
URSPRÜNGLICHER ZUSTAND
Bauten mit Flachdach bzw. flach geneigtem, von der Straße nicht sichtbarem Dach hatten aufgrund ihrer
baulichen Charakteristika keine mit Gauben oder sonstigen Dachaufbauten vergleichbaren Elemente.
Traufständige Bauten mit Satteldach hatten hingegen zur Straße teilweise auf die Satteldachfläche
aufgesetzte Gauben, zumeist Einzelgauben als gerade Schleppgaube. Diese waren in der Regel auf die
Gliederung der darunterliegenden Fassade abgestimmt und hatten einen wahrnehmbaren Abstand zur
Traufe. Zusammenhängende, breite Gaubenanlagen sind zeitgenössischen Luftbildern zufolge vor allem
zu den Innenhofseiten realisiert worden.
Wo ein Staffelgeschoss mit einem Satteldach versehen war, waren keine Gauben o. Ä. vorhanden. Dachflächenfenster kamen bauzeitlich vor allem als sparrenbreite Metallfenster mit Ausstellmöglichkeit vor.
VORGABE
Bauten mit Flachdach bzw. flach geneigtem, von der Straße nicht sichtbarem Dach sollen aufgrund ihrer
baulichen Charakteristika auch künftig keine mit Gauben oder sonstigen Dachaufbauten vergleichbaren,
vom Straßenraum aus sichtbaren Elemente erhalten.
Bei traufständigen Bauten des Wiederaufbaus (1945-64) mit Satteldach sollen die vorhandenen Gauben
in Form und Dimension bewahrt werden. Wo ein Dachgeschossausbau eine zusätzliche Belichtung des
Dachgeschosses erfordert, ist die Ergänzung von Gauben bei Bauten mit Satteldach dem Einbau von
Dachflächenfenstern vorzuziehen, ausgenommen dann, wenn das Gebäude ein Staffelgeschoss hat. Sind
neue Gauben zulässig, können diese als aufgesetzte Einzelgauben in der Form gerader Schleppgauben
ergänzt werden, wobei diese in gestalterischer Abstimmung mit der darunterliegenden Fassade angeordnet werden sollen. Breite Gaubenanlagen sollen, sofern sie vom Straßenraum aus sichtbar sind, nicht
errichtet werden. Ausnahmen sind – etwa hinsichtlich der Ergänzung von Zwerchhäusern – möglich,
wenn diese gestalterisch von hoher Qualität und im Kontext der Umgebungsbebauung nicht als störend
wahrzunehmen sind. Nachträgliche Dacheinschnitte sind an den rückwärtigen, vom Straßenraum nicht
Abb. 59: Bauzeitliche Dachlandschaft mit Einzelgauben an der Stresemannstraße (Quelle: Stadtarchiv
MG, Sign. 10/13652)
einsehbaren Dachflächen möglich.
Die Vorgaben bei Bauten mit Satteldach sind auf Gebäude jüngerer Altersklassen (ab Baujahr 1965) entsprechend anzuwenden. Bei Gebäuden älterer Altersklassen, v. a. Gründerzeitbauten (1871-1918), sollte
PRINZIPIEN DACHGAUBEN – HISTORISCHES
FOTO:
– Regelmäßige Anordnung von Einzelgauben
auf straßenseitigen Dachflächen
die Neuerrichtung von bauzeitlich nicht vorhandenen Gauben, Zwerchhäusern o. Ä. vermieden werden.
Positives Beispiel Dachgauben/Dachflächenfenster: regelmäßig angeordnete Einzelgauben an der
straßenseitigen Dachfläche, Friedrich-Ebert-Straße 42
LEITLINIEN STADTZONE 2 | 64
3 LEITLINIEN FÜR WERBEANLAGEN
LEITLINIEN FÜR WERBEANLAGEN
TYPISCHE WERBEANLAGEN DER ARCHITEKTUR DES WIEDERAUFBAUS UND ZIELSETZUNG FÜR WERBEANLAGEN
Die Zeit des Wiederaufbaus ist nicht nur durch
jardin-Werbung am Eckhaus an der gegenüber-
spezifische Formen der architektonischen Gestal-
liegenden Seite der Gracht). Daneben gibt es,
tung, sondern auch durch eine spezifische Form
insbesondere im Bereich der Kammbebauung,
der Außenwerbung geprägt. Diese unterscheidet
bei bestimmten Formen der Architekturgliederung
sich auch in Rheydt von jener, die etwa um 1900
auch eine Einfügung von Außenwerbung etwa im
üblich war – nicht nur durch neue technische
oberen Bereich der Schaufensteranlagen.
Dies bedeutet auch: Eine auf die Architektur
Möglichkeiten beleuchteter Werbung, sondern
Die damalige Außenwerbung erscheint uns heute
abgestimmte Außenwerbung sollte bestimmte
auch durch eine Form der Zurückhaltung hinsicht-
nicht nur (im Vergleich zu den heutigen Werbean-
Flächen nutzen (können), die sich je nach Gliede-
lich Größe und Umfang der Werbung. Betrachtet
lagen) als zurückhaltend und auf die Architektur
rung der Fassade unterscheiden konnten. Diese
man zeitgenössische Fotografien der Rheydter
abgestimmt, sondern wird auch als Außenwer-
Unterschiede bestehen, betrachtet man die histo-
Hauptstraße im Hinblick auf die damalige Wer-
bung der Zeit identifiziert.
rischen Aufnahmen aus der Zeit des Wiederauf-
bung, so werden verschiedene Prinzipien deutlich,
Ein wichtiger Grundsatz zeitgenössischer Au-
baus, sowohl zu älteren Bauwerken (insbeson-
die in Abstimmung auf die jeweilige Architektur
ßenwerbung, wie er in der 1952 veröffentlichten
dere Gründerzeitbauten) als auch innerhalb der
umgesetzt wurden und die vorhandenen Gliede-
„Musterverordnung über Außenwerbung“ für
Wiederaufbauarchitektur selbst.
rungen respektierten.
Mittel- und Kleinstädte niedergelegt ist, laute-
So lassen sich, wie bei den Leitlinien für Erhaltung
te: „Werbeeinrichtungen müssen nach Größe,
und Gestaltung definiert, in der Architekturgliede-
Farbe, Form, Werkstoff und Anbringungsart klar
rung drei Grundmuster erkennen, die vor allem in
gestaltet, werkgerecht durchgebildet sein und
der Stadtzone 1 (Kammbebauung), aber auch in
sich der Architektur des Bauwerks sowie dem
den Stadtzonen 2 und 3 umfangreich vertreten
Landschafts-, Orts- und Straßenbild anpassen.“
sind:
Als typische Werbeanlagen der 1950er Jahre
gelten insbesondere beleuchtete Schriftzüge
(z. B. Neon) mit verketteten Buchstaben und
mit einer Schriftart aus der Gruppe der
Schreibschriften.
Die Außenwerbung sollte sich, so könnte man
diese Grundsätze zusammenfassen, der Architektur und der Fassadengliederung gestalterisch ein- und unterordnen.
Dies sei, so die Musterverordnung, nicht erfüllt
- Gebäude mit sichtbarem Stahlbetonskelett;
Historische Fotos zeigen auch Schriftzüge aus
bei regelloser Anbringung, Häufung und aufdring-
- Gebäude mit vertikaler Fassadengliederung;
Einzelbuchstaben, die bei den Schriftzügen be-
licher Wirkung sowie dann, wenn Giebelflächen,
- Gebäude mit Lochfassade.
kannter Unternehmen und Marken in deren
tragende Bauteile oder architektonische Gliede-
Weitere prägnante Gliederungen in den Stadtzo-
Corporate-Design gehalten waren (etwa bei der
rungen in störender Weise bedeckt, verdeckt oder
nen 2 und 3, die spezifische Flächen und Formen
Philipps-Werbung am Atlantis-Haus und der Du-
überschnitten werden.
für die Außenwerbung vorgeben, sind:
67 | TYPISCHE WERBEANLAGEN DER ARCHITEKTUR DES WIEDERAUFBAUS
- die Bauten der Gründerzeit mit ihren oftmals
erkennbar, in die Schaufenster integriert. Andere
in wahrnehmbarer Distanz zur dahinterliegenden
stark mit Stuckdekor versehenen Fassaden, etwa
Beispiele integrierten Leuchtwerbung in die obe-
Fassade standen (siehe u. a. Abb. 23). Eine Kom-
die Häuser Marktstraße 13 und Marktstraße 32;
ren Felder der Schaufenster.
bination beider Flächen – geschlossene vertikale
- die vermehrt ab Mitte der 1960er-Jahre errich-
Gebäude mit vertikaler Fassadengliederung nutz-
Wandflächen und Vordächer – zeigt eine Nacht-
teten Gebäude mit horizontaler Bänderung der
ten ebenfalls geschlossene Wandbereiche, die
aufnahme des Atlantis-Hauses am zentralen
Fassade (durch Brüstungs- und Fensterbänder),
dann oftmals gebäudehohe Fassadenabschnitte
Verkehrsknotenpunkt Gracht/Limitenstraße/Stre-
etwa die Häuser Marktstraße 27 und Mühlenstra-
umfassten. Dazu zählen die geschlossenen Fas-
semannstraße (siehe Abb. 24, S. 53); aufgrund
ße 2-4.
sadenflächen, die die Kopfbauten Hauptstraße
dieses herausgehobenen Standorts und der Fern-
Daraus ergaben sich zeitgenössisch verschiedene
20 und 26 an den Längsseiten hinter der Stirn-
wirkung sind dort zusätzlich Leuchtschriften an
Flächen für die Außenwerbung. Bei den Gebäu-
fassade zeigen. Hier finden sich zeitgenössisch
den Vorderkanten der Flachdächer montiert.
den mit sichtbarem Stahlbetonskelett war die
Signets, vertikal angeordnete Schriftzüge aus
Vorrangig bildete die zeitgenössische Außenwer-
Werbung so in die Fassadengliederung integriert,
Einzelbuchstaben und Schriftzüge mit horizonta-
bung der Wiederaufbauphase den Namen des
dass das Gitterwerk des Stahlbetonskeletts sicht-
ler Beschriftung (mit max. zwei Zeilen); mitunter
Ladengeschäfts (meist des Inhabers) ab, teilweise
bar blieb und beispielsweise keine Trennung von
sind Signets und Schrift kombiniert. Bei Putz-
kombiniert mit einem Signet. Mitunter war auch
Erdgeschoss-Ladenzone und Obergeschossen
bauten ohne gliedernde Fassadenstruktur, etwa
die Branche des jeweiligen Ladengeschäfts er-
durch umlaufende Leuchtkästen erfolgte. Das
dem Wintzen-Haus (Hauptstraße 38), wurden die
gänzt.
von Alfons Leitl entworfene Geschäftshaus Haupt-
Schriftzüge in den Fassadenflächen zwischen den
An herausgehobenen Platzsituationen, Kreuzun-
straße 30 beispielsweise ist durch das sichtbare
erdgeschossigen Schaufenstern und den Fens-
gen und Einkaufsstraßen war, wie historische
Stahlbetonskelett und Ausfachung mit rauten-
tern des 1. Obergeschosses angebracht.
Aufnahmen zeigen, bereits in der ersten Hälfte
förmig verlegten roten Keramiktafeln geprägt.
Bei den Gebäuden mit vertikaler Fassadenglie-
des 20. Jahrhunderts nicht nur die übliche Wer-
Als Außenwerbung für das Ladenlokal fungierte
derung trennen, sofern es sich um Wohn- und
bung in der Erdgeschosszone bzw. im Brüstungs-
lediglich ein Signet mit den Initialen des Bau-
Geschäftshäuser handelt, zumeist knappe, hori-
bereich des 1. Obergeschosses montiert, sondern
herrn, das im (obersten) 3. Obergeschoss an der
zontale Betonvordächer Erd- und Obergeschosse
darüber hinaus auch Außenwerbung in den Brüs-
Harmonieplatzfassade in das geschlossene erste
voneinander. Die Schriftzüge und Signets der La-
tungsbereichen der darüberliegenden Geschosse
Feld hinter der Stirnfassade eingefügt war; wei-
denlokale wurden dann in der Regel auf die Vor-
sowie Werbeschriften im Dachbereich vorhanden.
tere Außenwerbung war, vor allem bei Dunkelheit
derkante dieser Vordächer montiert, die dadurch
An diese Bereiche intensiverer Außenwerbung
Abb. 60 (Linke Seite, links oben): erhaltene zeittypische Außenwerbung der Wiederaufbauzeit,
Hauptstr. 47
Abb. 61 (Linke Seite, links unten): erhaltene
zeittypische Außenwerbung der Wiederaufbauzeit,
Bahnhofstr. 14
Abb. 62 (Linke Seite, rechts oben): zeitgenössische
Werbeanlagen in der Brüstungszone oberhalb des
Ladenlokals (Zwischenbau) und an geschlossenem
Wandbereich (Kopfbau) 1953, Hauptstraße 38 und
Hauptstraße 36 (Quelle: Stadtarchiv MG, Sign.
10/2/1282)
Abb. 63 (Linke Seite, rechts unten): zeitgenössische
Werbeanlagen am Atlantis-Haus (Nachtansicht)
1960, Limitenstr. 55 (Quelle: Stadtarchiv MG, Sign.
19/2/1408)
Abb. 64 (rechts): zeitgenössische Werbeanlagen
auf Vordächern 1960, Hauptstraße/Nordseite Markt
(Quelle: Sign. 10/2/1369)
TYPISCHE WERBEANLAGEN DER ARCHITEKTUR DES WIEDERAUFBAUS | 68
LEITLINIEN FÜR WERBEANLAGEN
knüpfte man, wenngleich in abgemilderter Form,
Möglichkeiten, mit dem Wiederaufbau auch diese
im Rheydt der 1950er-Jahre an. Intensivere Au-
Probleme zu lösen, haben daher in der Außen-
ßenwerbung sollen weiterhin an stadträumlich
werbung der 1950er-Jahre auch in Rheydt ihren
herausgehobenen Positionen wie dem Mari-
Niederschlag gefunden.
enplatz oder der Kreuzung Stresemannstraße/
Mit der flächendeckenden Verbreitung der Licht-
Limitenstraße/Gracht, aber auch der Strese-
werbung, ermöglicht auch durch die Ablösung
mannstraße als breiterer, von Verkehr stärker fre-
der (kosten- und wartungsintensiven) Leuchtwer-
quentierter Einkaufsstraße möglich sein – sowohl
bung mittels Glühbirnen durch die (preiswertere)
als geschossweise gestapelte Werbeschriftzüge
Leuchtwerbung mit Neonröhren, besaßen in den
als auch als Werbung oberhalb der Traufe. An
1950er-Jahren nicht mehr nur Großstädte, son-
solchen herausgehobenen stadträumlichen Po-
dern auch die Zentren von Klein- und Mittelstäd-
sitionen waren (gekoppelt mit einer intensiveren
ten eine durch Licht gebildete Nachtarchitektur,
Belegung der Fassaden mit Außenwerbung) auch
die vielfach in zeitgenössischen Ansichtskarten
Markenwerbungen vorhanden, etwa beim o. g.
überliefert ist.
Atlantis-Haus.
Die Möglichkeiten der Außenwerbung sind ab den
Die geringe Intensität der Außenwerbung in den
1960er-Jahren durch den Kunststoff-Leuchtkas-
1950er-Jahren, wie sie u. a. in historischen Auf-
ten nochmals erweitert und preiswerter gemacht
nahmen der Hauptstraße sichtbar wird, hat ihre
worden. Zugleich haben sich, wie sich auch in
Ursache nicht zuletzt in den seit der Jahrhundert-
Rheydt feststellen lässt, mit der Verbreitung des
wende bestehenden Diskussionen um angemes-
Kunststoff-Leuchtkastens die Dichte der Außen-
sene Formen und Intensitäten der Außenwerbung.
werbung und der Umfang der Fassadenbelegung
Auch in Rheydt waren, wie historische Aufnahmen
(wieder) deutlich erhöht. So wurde mit Leuchtkäs-
zeigen, in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
ten nicht nur Außenwerbung realisiert, die oft die
stark durch Außenwerbung „zugesetzte“ Fas-
gesamte Fassadenbreite umfasst, sondern neue
saden vorhanden, die zeitgenössisch vor allem
Foliendrucktechniken ermöglichen es auch, sämt-
durch bürgerliche Kreise kritisiert wurden. Die
liche grafischen Darstellungen als Außenwerbung
69 | TYPISCHE WERBEANLAGEN DER ARCHITEKTUR DES WIEDERAUFBAUS
umzusetzen und die optische Vielfalt deutlich zu
ristische Ziele dar. Auffällig ist bei den jeweiligen
erhöhen. Die weiter oben zitierten Prinzipien der
Werbesatzungen, deren Erfolg in den Stadtbildern
Außenwerbung, wie sie die Musterverordnung
angenehm wahrzunehmen ist, dass der Umfang
über Außenwerbung von 1952 auf der Basis der
der Außenwerbung wieder verringert wird, Ele-
damaligen Erfahrungen und Vorstellungen formu-
mente wie rechtwinklige Kunststoff-Leuchtkästen
lierte und wie sie auch heute noch sinnvoll sind,
weitgehend verbannt sind und vorrangig Schrift-
sind dadurch missachtet. Zusammen mit zusätz-
züge aus Einzelbuchstaben (zum Teil verkettet)
lichen Elementen wie Ausleger-Leuchtkästen,
als Ladenbezeichnung dienen. Zugleich sind die
Großtafelwerbung (z. T. als Wechselwerbung) und
dort gewählten Formen der Außenwerbung un-
Großbannerwerbung ist so in einzelnen Straßen-
verkennbar unserer heutigen Zeit zugehörig, sie
zügen eine Dichte an Außenwerbung erreicht, in
wirken qualitätvoll und ermöglichen zugleich,
der die einzelne Außenwerbung kaum noch wahr-
dass die einzelne Werbeanlage wieder wahrge-
genommen wird und in ein farbiges „Hintergrund-
nommen wird.
rauschen Außenwerbung“ eingeht.
Die grundlegende Problematik, Stadtbild und Außenwerbung in eine sinnvolle Balance zu bringen,
hat eine Vielzahl von Kommunen in den vergangenen Jahren dazu gebracht, mit Werbesatzungen
die bekannten Prinzipien angemessener Werbung
neu durchzusetzen. Hierzu zählen bundesdeutsche Städte wie Heidelberg und Trier, aber auch
Kommunen im benachbarten Ausland wie das
niederländische Maastricht und das dänische
Esbjerg. Diese Innenstädte sind durch eine historische Bebauung geprägt, vorrangig aus der
Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, und stellen tou-
Die Prinzipien für eine zeitgemäße Außenwerbung, wie sie in den genannten Kommunen
umgesetzt werden, sollen auch für Rheydt
Anwendung finden, kombiniert mit den spezifischen Charakteristika der Außenwerbung der
1950er-Jahre (insbesondere bei der Kammbebauung). Ziel ist eine an die Architektur und
ihre Gliederungen angepasste und stadtbildverträgliche Werbung, die gleichwohl nicht
die Außenwerbung der 1950er-Jahre imitiert,
sondern deren Prinzipien aufgreift und fortschreibt.
Abb. 65 (Linke Seite): Kreuzung Limitenstraße/
Gracht, Eckhaus Limitenstr. 45/47 mit zeitgenössischen Werbeanlagen aus (verketteten) Einzelbuchstaben 1964 (Quelle: Stadtarchiv MG, Sign.
10/50794)
Abb. 66 (rechts): Kreuzung Limitenstraße/Gracht,
Eckhaus Limitenstr. 45/47 mit intensivierten Werbeanlagen, u. a. geänderte Vordach-Werbeanlage 1976
(Quelle: Stadtarchiv MG, Sign. 10/52026)
TYPISCHE WERBEANLAGEN DER ARCHITEKTUR DES WIEDERAUFBAUS | 70
LEITLINIEN FÜR WERBEANLAGEN
GLIEDERUNG DER LEITLINIEN FÜR WERBEANLAGEN IN VIER WERBEZONEN A-D
Der räumliche Geltungsbereich der Leitlinien für
historischen Vorbild orientierte Vorgaben enthält,
Werbeanlagen umfasst den Innenstadtbereich
und zum anderen die Zone C, die jene stadträum-
innerhalb des Geltungsbereichs des Stadtumbau-
lich prägnanten oder herausgehobenen Gebäude
gebietes Rheydt. In der nebenstehenden parzel-
umfasst, an denen eine über die Vorgaben der
len- und gebäudegenauen Karte sind vier Zonen
Zone A hinausgehende Belegung von Fassaden-
definiert, für die jeweils unterschiedliche Leitlini-
und Dachflächen möglich sein soll.
en für Werbeanlagen gelten.
Die Zone D umfasst jene Bereiche des Stadtum-
Die Zone A umfasst die Gebäude innerhalb des
baugebiets Rheydt, die auch in den erdgeschos-
Stadtumbaugebiets, die als Teil des Geschäfts-
sigen Bereichen stark von Wohnnutzungen (bzw.
zentrums Innenstadt Rheydt gelten und durch
wohnverträglichen Nutzungen wie Arztpraxen)
entsprechende Funktionen für Einzelhandel, Ge-
geprägt sind und bei denen gegenüber den Vor-
werbe und/oder Verwaltung geprägt sind.
gaben der Zone A nochmals zurückhaltender mit
Aus dieser Zone A sind zwei Teilbereiche ausge-
Werbeanlagen vorgegangen werden soll.
gliedert, die zusätzliche Vorgaben erfordern, die
auf den Leitlinien für Werbeanlagen der Zone A
Die Leitlinien für Werbeanlagen gliedern sich vor
aufbauen, jedoch darüber hinausgehen bzw. diese
diesem Hintergrund in mehrere Abschnitte. Die
an signifikanten Punkten einschränken.
mit „Allgemein“ überschriebenen Leitsätze gelten
Diese beiden Teilbereiche sind zum einen die
für alle Zonen A-D. Darauf aufbauend sind Leit-
Zone B, die die Südseite Hauptstraße (Kamm-
linien für Werbeanlagen zu den einzelnen Zonen
bebauung) umfasst und strengere, stärker am
formuliert, die diese zonenspezifisch ergänzen.
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STADTZONEN – LEITLINIEN FÜR WERBEANLAGEN
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71 | WERBEZONE A
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STRAUSS & FISCHER - HISTORISCHE BAUWERKE GBR | RICHARD-WAGNER-STR. 15 | 47799 KREFELD
26
Leitlinien für Werbeanlagen
ALLGEMEIN
Grundsätzlich gilt: Um die Leitlinien für Werbeanlagen umzusetzen, sollte für das Errichten, Anbringen und
Ändern von Werbeanlagen eine Werbeanlagensatzung erlassen werden, die die zulässigen und unzulässigen
Formen von Werbeanlagen und andere, Werbeanlagen betreffende Punkte verbindlich regelt.
Genehmigungspflichtig sollten nach dieser Maßgabe auch Werbeanlagen sein, die nur gelegentlich oder
kurzfristig angebracht bzw. aufgestellt werden. Von diesen Regelungen ausgenommen werden sollten Werbeanlagen an zugelassenen öffentlichen Anschlagflächen, wechselnde Programmwerbung für Lichtspielhäuser und Theater sowie vergleichbare Unternehmen, wenn die Werbeflächen selbst genehmigt sind.
Als Werbeanlagen gelten im Folgenden alle ortsfesten Einrichtungen auf privaten Grundstücken, die der
Ankündigung oder Anpreisung oder als Hinweis auf Gewerbe, Beruf oder auf Veranstaltungen dienen und
vom öffentlichen Straßenraum aus sichtbar sind. Dazu gehören insbesondere Schilder, Fahnen, Spanntransparente, Beschriftungen, Bemalungen, Lichtwerbungen, Schaukästen, für Anschläge und/oder Lichtwerbung
bestimmte Säulen, Tafeln und Flächen sowie Anhänger, die offensichtlich der Werbung dienen.
Werbeanlagen an Baudenkmälern bzw. in deren unmittelbarer Umgebung unterliegen zusätzlich dem Gesetz
zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im Lande Nordrhein-Westfalen (Denkmalschutzgesetz – DSchG)
und bedürfen zusätzlich einer Erlaubnis gemäß § 9 DSchG, die bei der Unteren Denkmalbehörde zu beantragen ist.
MASZE AUSLEGER
Schnitt
Farbgebung von Werbeanlagen:
Unzulässig soll bei Werbeanlagen die Verwendung von grellen Farbtönen, Leucht-, Reflex- und Signalfarben, bspw. der Sonderfarbreihen RAL F 7 (Reflexfarben) und RAL F 81 (Farben im Straßenverkehr ) sein.
Die Farbgebung der Werbeanlagen soll sich sowohl in das Erscheinungsbild des Gebäudes, auf das sie
montiert sind, als auch in das Erscheinungsbild der sie umgebenden Bauten einfügen.
Beleuchtung von Werbeanlagen:
Leuchtwerbungen sollen als durchscheinende Schriften oder Symbole nur dann zulässig sein, wenn sie
aus Einzelbuchstaben oder Einzelsymbolen gefertigt sind. Einzelbuchstaben und Einzelsymbole können
Oberkante
Ausleger
max. Unterkante
Fensterbank
hinterleuchtet werden. Gebogene Leuchtröhren, sog. Neonröhren, sind bei Bauten der Wiederaufbauzeit
besonders erwünscht.
Flächige Werbetafeln, Kunststoff-Leuchtkästen oder Werbeanlagen mit Leuchtstofflampen sollen nicht
zulässig sein.
Abstand OK Gehweg bis UK
Ausleger: mind. 2,5 m
Fläche
max.:
0,5 qm
Die Beleuchtung von Werbeanlagen durch am Gebäude angebrachte Strahler (Auslegerleuchten), die mit
1. OG
der Werbeanlage selbst nicht verbunden sind, soll ebenso nicht zulässig sein.
Werbeanlagen – Ausleger:
Ausladung
max.:
75 cm
Werbeanlagen sollen als Ausleger bis zu einer Ausladung von 75 cm zulässig sein. Die Fläche der Ausleger soll 0,5 qm nicht überschreiten. Je Ladenlokal soll ein Ausleger zulässig sein, der Abstand zwischen
zwei Auslegern soll 4 m nicht unterschreiten (bezogen auf die Außenkanten der Ausleger). Die Ausleger
sollen mit einem Abstand von 30 cm zur seitlichen Grundstücksgrenze zulässig sein, sollen die Oberkante
der Bezugsgrundfläche, d. h. die Unterkante der Fenster des 1. Obergeschosses nicht überschreiten und
von ihrer Unterkante einen lichten Abstand zum Gehwegniveau von mind. 2,50 m einhalten. Eine Montage
an Wandpfeilern soll in deren Mittelachse erfolgen.
OK
Gehsteig
EG
WERBEZONE A | 72
LEITLINIEN FÜR WERBEANLAGEN
Leitlinien für Werbeanlagen
ALLGEMEIN
Großflächenwerbung:
Großflächenwerbung soll grundsätzlich unzulässig sein. Abweichend davon können Werbeanlagen, auch
Großflächenwerbung, an Baugerüsten zugelassen werden, sofern diese dazu beitragen, in Verbindung
mit einer Schutzplane die vorübergehende optische Beeinträchtigung des Straßen- und Stadtbildes durch
die Einrüstung zu verringern. Sie sollen nur für die Dauer der für die Bauarbeiten notwendigen Rüstzeiten angebracht werden. Sofern mehr als eine Werbefläche an einer zusammenhängenden Gerüstfläche angebracht werden soll, soll die Summe der beabsichtigten Werbeflächen einem übergreifenden
Gestaltungskonzept folgen. Werbung an Baugerüsten kann zudem zugelassen werden, wenn es sich um
Eigenwerbung der am Bauwerk tätigen Unternehmen oder um Werbung für das betreffende Bauvorhaben handelt. Letztere soll in einer angemessenen Abmessung für den Zeitraum zulässig sein, in dem
das Unternehmen an der jeweiligen Baustelle tätig ist, und soll auf die Bereiche der dritten und vierten
Gerüstlage beschränkt sein (Erdgeschossniveau = erste Gerüstlage). Eigenwerbung von am Bauwerk
tätigen Unternehmern und/oder für das betreffende Bauvorhaben soll nicht mit weiteren Werbeanlagen
an derselben zusammenhängenden Gerüstfläche kombiniert werden können.
Fassadentransparente:
Transparente, die Hinweise auf Sonderveranstaltungen, Feste etc. geben, sollen ausnahmsweise für die
Dauer von bis zu 4 Wochen auf Fassadenflächen zugelassen werden können. Diese sollen eine im Bezug
zur jeweiligen Fassade angemessene, im Einzelfall abzustimmende Abmessung haben und sollen nicht
an Auslegern montiert sein.
Hinweisschilder
Hinweisschilder (Namensschilder) sollen im Erdgeschoss eines Gebäudes montiert werden. Sie sollen je
Nutznießer eine Größe von 0,25 qm und je Gebäude eine Fläche von 1 qm nicht überschreiten, sie sollen
ebenfalls nur an der Stätte der Leistung zulässig sein. Abweichungen hinsichtlich Größe und Gesamtzahl
können gestattet werden, wenn eine besonders große Anzahl von Hinweisschildern erforderlich sind (z. B.
bei Passagen und Ärztehäusern). Mehrere Hinweisschilder an einem Gebäude sollen in Gruppen zusammengefasst und in Material, Farbe und Größe einheitlich gestaltet werden.
Positives Beispiel Werbeanlage: Einzelbuchstaben mit Bezug zur Fassadengliederung, DK-Esbjerg
73 | WERBEZONE A
Negatives Beispiel Werbeanlage:
Leuchtkasten mit überdeckter Fassadengliederung und überdimensionale
Werbetafeln, Dahlener Straße 7
Positives Beispiel Werbeanlage: Einzelbuchstaben mit Bezug zur Schaufenstergliederung, DK-Esbjerg
Leitlinien für Werbeanlagen
WERBEZONE A
A
Die Leitlinien für Werbeanlagen der Werbezone A sollen eine Hebung der architektonischen und stadt-
räumlichen Qualitäten durch gestalterische Vorgaben erreichen. Aufgrund des hohen Anteils an Bauten
der Wiederaufbauzeit innerhalb der Werbezone A orientieren sich diese Leitlinien an den Gestaltungsprinzipien, wie sie in der Zeit des Wiederaufbaus (1945-64) auch in Rheydt umgesetzt wurden. Ziel ist dabei
für die Werbezone A nicht die flächendeckende Rekonstruktion von Werbeanlagen der Wiederaufbauzeit
(auch wenn dies durchaus gewünscht ist), sondern die Umsetzung qualitätsfördernder Gestaltungsvorgaben zur weiteren Attraktivierung des Rheydter Stadtbildes. Die folgenden Leitlinien für Werbeanlagen der
Werbezone A übertragen die Gestaltungsprinzipien der Wiederaufbauzeit daher auf heute gebräuchliche
Werbeanlagen.
Zulässigkeit von Werbeanlagen:
Werbeanlagen sollen nur an der Stätte der Leistung zulässig sein. Bei Werbeanlagen an geschlossenen,
geschossübergreifenden Wandflächen sollen Ausnahmen gelten (siehe unter Zulässige Fassadenbereiche
für Werbeanlage, Punkt 2).
Die Werbeanlage soll in einem gestalterischen Bezug sowohl zur Gesamtfassade als auch zur Fassadengliederung des Ladenlokals stehen.
Formen von Werbeanlagen:
Werbeanlagen sollen nur aus baukörperlich getrennten Einzelbuchstaben oder zusammenhängenden
Schriftzügen bestehen, außerdem kann durch Symbole und Warenzeichen auf das Gewerbe oder Marken
hingewiesen werden.
Die Buchstaben, Schriftzüge und Symbole können auf durchsichtigen Glasträgerplatten montiert werden,
die max. 10 cm vor der Fassadenflucht liegen dürfen.
Nicht zulässig sollen insbesondere Leuchtkästen, Laufschriften, Fahnen, Fahnentransparente, Spannbänder mit Werbung und Werbeanlagen mit wechselndem oder sich bewegendem Licht sein. Ausnahmen für
temporäre künstlerische Installationen sollen möglich sein.
Negatives Beispiel Werbeanlage:
Leuchtkasten mit überdimensioniertem
Vordach, Harmoniestraße 8
Positives Beispiel Werbeanlage: Werbeanlage aus Einzelbuchstaben und
Werbeausleger, abgestimmt auf Fassadengliederung, DK-Esbjerg
Negatives Beispiel Werbeanlage: umlaufende Werbeanlagen aus Leuchtkästen mit negativer Wirkung auf die
Fassadengliederung, Bahnhofstraße 1
WERBEZONE A | 74
LEITLINIEN FÜR WERBEANLAGEN
A
Leitlinien für Werbeanlagen
WERBEZONE A
Zulässige Fassadenbereiche für Werbeanlagen:
Werbeanlagen sollen in Größe, Farbe, Proportion, Gliederung, Lichtwirkung und Plastizität auf die Gestaltung der Fassade abgestimmt sein und sich den Fassadenflächen unterordnen, auf denen sie befestigt
oder in die sie integriert sind.
Hierbei soll berücksichtigt werden, wo bei den Gebäuden der jeweiligen Altersklassen Flächen für Außenwerbung regelmäßig vorhanden und genutzt wurden. Die Werbeanlagen sollen die Elemente der Fassadengliederung nicht überdecken oder deren architektonische Gliederung beeinträchtigen. Dazu gehört bei
Gründerzeitbauten (1871-1918), dass gliedernde Bauteile wie Gesimse, Pilaster und Rahmungen, Fenster
und Türen, Stuckdekor und historische Inschriften nicht überdeckt werden. Dazu gehört bei Bauten des
Wiederaufbaus (1945-64), dass die das Bauwerk gliedernden Bauteile, z. B. sichtbares Stahlbetonskelett,
Putz- und Wandvorlagen, Gesimse und Rahmungen nicht überdeckt werden. Werbeanlagen sollen nicht
an Erkern, Balkonen oder Loggien montiert sein.
Werbeanlagen sollen an folgenden Bereichen der Fassade montiert werden:
1. Brüstungsbereiche des 1. Obergeschosses,
2. geschlossene geschossübergreifende Wandbereiche in den Obergeschossen (soweit vorhanden),
3. Schaufensteranlagen.
Die genauen Angaben sind im Folgenden aufgeführt.
Unzulässig soll insbesondere die Montage von Werbeanlagen in Brüstungsbereichen oberhalb des 1.
Obergeschosses, an Traufen und Flachdachkanten sein.
1. Werbeanlagen an Brüstungsbereichen des 1. Obergeschosses
1.1 bei vorhandenen Betonvordächern:
Etliche Bauten der Wiederaufbauzeit verfügen als Bestandteil der Fassadengliederung über ein Betonvordach. Hier soll je Ladenlokal eine Werbeanlage möglich sein, die an der Vorderkante des Betondachs
montiert ist, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: Das Vordach ist bauzeitlich und ragt mindestens
20 cm vor die darüberliegende Fassade, das Vordach vollzieht eine (architektonisch gewollte) Trennung
zwischen Erdgeschoss-Ladenlokal und Obergeschossen.
Diese Werbeanlagen an bauzeitlichen Vordächern sollen grundsätzlich mit horizontaler Schrift versehen
werden, der Schriftzug soll parallel zur dahinterliegenden Fassade liegen.
Positiv bewertete Werbeanlagen: Werbeanlagen auf Traufe und im Brüstungsbereich des 1. Obergeschosses
75 | WERBEZONE A
Negativ bewertete Werbeanlagen:
Werbeanlagen an geschlossenem Wandbereich (Treppenhaus) und Megaposter
Positives Beispiel Werbeanlage:
zeitgenössische Werbeanlage an
geschlossenem Wandbereich mit Bezug
zur Fassadengliederung und sichtbarer
Putztextur, Hauptstraße 33
Negatives Beispiel Werbeanlage: Werbeanlage ohne Bezug zur Fassadengliederung, Mühlenstraße 100
A
Leitlinien für Werbeanlagen
WERBEZONE A
1.2 ohne vorhandene Betonvordächer:
Bei Bauten der Wiederaufbauzeit ohne ein mind. 20 cm vorkragendes bauzeitliches Betonvordach und bei
Bauten jüngerer Altersklassen (d. h. ab Baujahr 1965) soll je Ladenlokal eine Werbeanlage möglich sein,
die an der Fassadenfläche zwischen der erdgeschossigen Schaufensteranlage und den Fenstern des 1.
Obergeschosses, somit im Brüstungsbereich des 1. Obergeschosses, montiert sein soll.
1.3 bei vorhandenem Stuckdekor:
Bei Bauten der Zeit des deutschen Kaiserreichs (1871-1918, sog. Gründerzeitbauten), aber auch bei
Bauten anderer Baujahre ist eine umfangreiche plastische Durchgestaltung der Fassade durch Putz,
Stuck und Naturstein vorhanden. Bei einer derart durchgestalteten Fassade sollen Werbeanlagen nur in
den Bereichen zwischen den erdgeschossigen Schaufenstern und den Fenstern des 1. Obergeschosses
montiert werden, die hierfür bauzeitlich vorgesehen und daher ohne Bauzier sind.
2. Werbeanlagen an geschlossenen, geschossübergreifenden Wandflächen:
Bei etlichen Bauten der Wiederaufbauzeit sind vertikal über mehrere Geschosse reichende geschlossene
Wandbereiche oberhalb des Erdgeschosses vorhanden (z. B. an Kreuzungen und Straßeneinmündungen).
Wo diese ohne architektonisch-konstruktive Unterteilung (etwa durch Gesimse oder Querträger) sind, soll
Außenwerbung an diesen geschlossenen Wandbereichen zulässig sein – insbesondere dann, wenn hier
bereits bauzeitlich Werbeanlagen vorhanden waren.
Zulässig sollen an diesen Wandbereichen Schriftzüge aus Einzelbuchstaben in vertikaler oder horizontaler
Anordnung gemäß historischem Vorbild sein. Die Schriftgröße und die beanspruchte Fassadenfläche
sollen eine dem historischen Vorbild entsprechende Ausdehnung haben und in einem angemessenen
Verhältnis zur Gesamtfläche des geschlossenen Wandbereichs stehen. Grundsätzlich soll die Fassadenfläche unter und zwischen der Werbeanlage sichtbar sein. Der Schriftzug der Werbeanlage soll nicht als
Ausleger montiert werden. Die Schriftzüge können ergänzt oder ersetzt werden durch ein Signet in einer
den historischen Vorbildern entsprechenden Größe.
Sofern am selben Gebäude mehrere Werbeanlagen zulässig sind, so sollen diese so vorgesehen werden,
dass sie eine angemessene Distanz zueinander einhalten und als separate Werbeanlagen wahrzunehmen
sind.
Abweichend von der sonst gültigen Vorgabe, dass die Werbeanlage nur an der Stätte der Leistung
Negatives Beispiel Werbeanlage:
Leuchtkasten ohne Bezug zur Architekturgliederung, Bahnhofstraße 13
Positives Beispiel Werbeanlage: in die Schaufensteranlage integrierte Werbeanlage, DK-Esbjerg
WERBEZONE A | 76
LEITLINIEN FÜR WERBEANLAGEN
A
Leitlinien für Werbeanlagen
WERBEZONE A
möglich sein soll, kann für eine derartige geschlossene Wandfläche eine Werbeanlage als Sonderanlage
genehmigt werden, die im Corporate Design eines Unternehmens oder einer Marke wirbt, sofern die Prinzipien der grafischen Werbeanlagen der 1950er-Jahre konzeptionell und gestalterisch zugrunde liegen
(Vorbild: zeitgenössische Philips-Werbung am Atlantis-Haus, siehe S. 67).
3. Schaufensteranlagen
3.1 Werbeanlagen in Schaufensteranlagen
Beleuchtete oder selbstleuchtende Werbeanlagen, die in oder hinter Schaufensterverglasungen montiert sind, sollen nur dann zulässig sein, wenn an der Fassade des zugehörigen Gebäudes keine weitere
Werbeanlage vorhanden ist. Eine solche Werbeanlage ist vor allem bei Gründerzeitbauten erwünscht,
wenn die Fassade keine oder nur stark eingeschränkte Möglichkeiten bietet, eine gestalterisch verträgliche Werbeanlage gemäß den geltenden Prinzipien zu montieren. Wo eine Werbeanlage in oder hinter
Schaufensterverglasungen montiert ist, sollen weitere Werbeanlagen nicht zulässig sein.
Werbeanlagen in oder hinter Schaufensterverglasungen sollen im oberen Bereich der Schaufensteranlage montiert werden und dürfen maximal 20 % der Schaufensterfläche einnehmen (bezogen auf den
rechtwinkligen Umriss der Werbeanlage). Diese Werbeanlagen sollen eine Höhe von 50 cm (bezogen auf
die Schrifthöhe) nicht überschreiten.
3.2 Werbeanlagen auf Schaufensteranlagen
Wo eine Werbeanlage in oder hinter Schaufensterverglasungen vorhanden ist, sollen die Schaufenster nicht beklebt, überdeckt oder übermalt werden. Bei allen übrigen Fällen soll gestattet werden, bis
zu 20 % der einzelnen Schaufensterfläche durch Schriftzüge und/oder einzelne Logos zu bekleben.
Schriftzüge sollen ausgeschnitten sein, d.h., das Schaufensterglas soll zwischen den Buchstaben sichtbar
bleiben.
Ausnahmen für eine großflächige Beklebung oder Überdeckung der Schaufenster können für Sonderverkaufsveranstaltungen, Instandsetzungsarbeiten etc. zeitlich befristet gestattet werden.
77 | WERBEZONE A
ABCDE
A
bei
zweiteiliger
Werbung
Abstand
ABCDE
B
Abstand:
mind.
30 cm
Ansicht
Bezugsgrundfläche: Fassadenbreite
Strecke A+B = C = max. 50 % der
Bezugsgrundfläche Fassadenbreite
Höhe max. 50 cm bzw.
70% der Bezugsgrundfläche: Höhe
Abstand:
mind.
30 cm
BEZUGSMASZE
Bezugsgrundfläche für Buchstabenhöhe: Abstand Oberkante Schaufenster bis Unterkante Fensterbank 1.OG
Ansicht
Bezugsgrundfläche: Fassadenbreite
Strecke A+B = C = max. 50 % der
Bezugsgrundfläche Fassadenbreite
Höhe max. 50 cm bzw.
70% der Bezugsgrundfläche: Höhe
Bezugsgrundfläche für Buchstabenhöhe: Abstand Oberkante Schaufenster bis Unterkante Fensterbank 1.OG
BEZUGSMASZE
Abstand:
mind.
30 cm
ABCDEFGHIJKL
C
Abstand:
mind.
30 cm
BUCHSTABENGRÖSSE
Höhe: max. 50cm
Tiefe:
max.
15cm
Schnitt
XY
Ansicht
Leitlinien für Werbeanlagen
WERBEZONE A
A
Größe von Werbeanlagen:
Grundsätzlich gilt: Die Werbeanlage soll nicht die gesamte Fassadenbreite beanspruchen, sondern soll
lediglich 50 % der Gebäudebreite einnehmen; mehrere Werbeanlagen werden ggf. addiert. Die Werbeanlage soll außerdem zu beiden seitlichen Gebäudekanten einen Abstand von mind. 30 cm halten. Ist eine
Straßenfassade mit zulässiger Werbeanlage schmaler als 4 m, kann abweichend auch eine Werbeanlage
mit bis zu 75 % der Bezugsgrundflächenbreite gestattet werden.
Die Höhe der Buchstaben soll maximal 50 cm betragen. Die Höhe der Buchstaben soll außerdem nicht
mehr als 70 % der Höhe der Bezugsgrundfläche betragen; ist die Bezugsgrundfläche niedriger als 70 cm,
soll die Buchstabenhöhe entsprechend kleiner gewählt werden. Als Buchstabentiefe sollen max. 15 cm
zulässig sein.
Als Abmessung der Werbeanlage gilt die jeweils längste Abmessung in vertikaler und horizontaler Richtung.
Die zulässige Größe einer Werbeanlage richtet sich nach der Bezugsgrundfläche. Bei Bauten der Wiederaufbauzeit (1945 bis 1964) und jünger ist diese Bezugsgrundfläche bei einer Montage im Brüstungsbereich des 1. Obergeschosses: in horizontaler Richtung: Die Fläche zwischen der Oberkante des Betonvordachs bzw. der Oberkante des erdgeschossigen Schaufensters und der Unterkante der Fensteröffnungen
des 1. Obergeschosses; in vertikaler Richtung: Die Fläche zwischen den seitlichen Fassadenbegrenzungen/Haustrennwänden. Bei Bauten der Gründerzeit (1871-1918) ist diese Bezugsgrundfläche die
für Werbeanlagen zeitgenössisch vorgesehene Fassadenfläche, etwa die Aussparungen innerhalb eines
Stuckdekors.
Positives Beispiel Werbeanlage: Werbeanlagen
mit Einzelbuchstaben in einer auf die Gesamtfassade abgestimmten Größe und Positionierung – harmonische Gesamtgestaltung unter
selbstverständlich wirkender Integration von
Werbeanlagen, DK-Esbjerg
Negatives Beispiel Werbeanlage: Trennung
von Erdgeschoss und Obergeschoss durch
umlaufende Werbeanlage aus großflächigen
Leuchtkästen („Bauchbinde“) – Werbeanlagen
als Störfaktor in der architektonischen und
stadträumlichen Wirkung eines Gebäudes,
Limitenstraße 56-58
WERBEZONE B | 78
LEITLINIEN FÜR WERBEANLAGEN
B
Leitlinien für Werbeanlagen
WERBEZONE B
Die Werbezone B umfasst jenes als Kammbebauung bezeichnete Ensemble, das an der Südseite
der Hauptstraße in besonderem Maße von der städtebaulichen Konzeption Alfons Leitls und dessen
architektonischer Umsetzung zeugt (siehe Karten unten). Die Leitlinien für Werbeanlagen der Werbezone
B sollen eine Bewahrung bzw. Rückgewinnung der bauzeitlichen Gestaltungsqualitäten unterstützen.
Entsprechend sollen Werbeanlagen wieder stärker Prinzipien aufgreifen und umsetzen, wie sie zur Zeit
des Wiederaufbaus in der Hauptstraße realisiert worden sind.
In der Zone B gelten dem Grundsatz nach die Leitlinien für Werbeanlagen der Zone A, sofern diese nicht
durch die nachfolgenden, ergänzenden oder abweichenden Vorgaben aufgehoben sind. Diese ergänzenden oder abweichenden Vorgaben begründen sich aus den spezifischen Zielsetzungen zur Erhaltung des
Wiederaufbau-Ensembles Kammbebauung.
Die Vorgaben sind nach Kopfbauten einerseits und Zwischenbauten andererseits unterschieden. Bei den
Kopfbauten sind Gruppen gebildet, die jeweils vergleichbare architektonische Merkmale aufweisen; Gruppe 1 sind die Kopfbauten Hauptstraße 14, 20, 26, 36 und 52; Gruppe 2 sind die Hauptstraße 30 und 40;
Gruppe 3 sind die Kopfbauten Hauptstraße 2 und 46.
Zulässigkeit von Werbeanlagen
Werbeanlagen sollen nur an der Stätte der Leistung zulässig sein.
Formen von Werbeanlagen
Grundsätzlich soll sich die Schrift- und Lichtgestaltung der Werbeanlagen an den eingangs als typisch
benannten Werbeanlagen der 1950er-Jahre orientieren.
43
28
31
37
45
Für Werbeanlagen an den Kopfbauten soll eine Gestaltung aus beleuchteten Schriftzügen mit verkette35
39
ten Buchstaben und mit einer Schriftart aus der Gruppe der Schreibschriften vorgegeben werden. Die
27
raße
3a
25
23
allee
24
11
19
21
12
20
17
18
90
16
88
14
1
86
99
12
97
100
98
96
92
90
33
82
80
e
nstraß
Mühle
93
78
76
36
35
23
19
13
20
Kindergarten
39
25
40
23
34
45 - 47
32
33
37
11
36
bert-S
Marktstraße
26
34
41
iestraße
rich-E
25
Abb. 68: Der Geltungsbereich der Werbezone B ist
im Kartenausschnitt dunkelblau dargestellt – Gesamtübersicht siehe S. 71
Grachtstraße
38
24
38
43
Mar
13
27
22
40
45
Fried
Harmon
42
47
79 | WERBEZONE B
30
12
35
44
14
aße
ktstr
Rathaus
31
29
46
49
11
11
10
36
20
31
48
51
15
ße
stra
kt
Mar
Am Neumarkt
10
53
17
23
Kindergarten
40
21
27
11
55
12
21
18
23
59
27
14
10
33
31
17
Kindergarten
24
15
44
22
20
48
15
18
13
Markt
38
26
16
11
Ev. Hauptkirche
46
32
30
140
138
134
130
19
13
44
42
126-126a
122
90
52
Limitenstraße
11
e
116
114
110
tstraß
Haup
50
40
99
17
7-9
34
67
65
81
97
15
25
23
p
Hau
49
ße
tstra
55
53
63
61
75
95
27
17
ße
rs
35
33
51
59
57
69
73
93
135
131 133
11
e
gass
47
45
41
39
37
tr.
lstra
Pau
65
r-S
ate
r-S
2a
tr
W-S
traße
34
30 32
62
20
18
12
10
36-38
79
52
50
48
44 46
91
85
127-129
125
121
aße
Kampstr
e
nstraß
Mühle
66
54
40 42
83
50
91
29
58
56
31
117-119
115
64
27
oete
72
70
130
128
89
87
85
83
81
79
78
10
95
82-84
63
47
19
126
124
120
118
17
21
15
14
19
17
Wilhelm - Strater - Straße
Kindertagesstätte
16
19
26
23
92
77
75
61 ,
129
119
81a
Ziel ist: Die Kopfbauten sollen auch durch zeittypische Werbeanlagen wieder stärker als Bauten der
57
16
kner
21
Bruc
28
25
B59
59
18
23
29
96
ebenfalls an als typisch wahrgenommenen Werbesignets der 1950er-Jahre orientieren.
Gartenst
25
32
29a
100
Die Kombination mit werbenden, ggf. beleuchteten Signets ist erwünscht und gestattet, wenn diese sich
22
29
34
35
31
104
wenn diese nachweislich bereits in den 1950er-Jahren verfügbar war.
Wiederaufbauzeit hervortreten.
26
31
36
Schriftart, die nicht aus der Gruppe der Schreibschriften stammt, kann abweichend gestattet werden,
21
36
33
38
37
beleuchteten Schriftzüge sollen durch gebogene Neonröhren (keine Leuchstoffröhren!) gebildet sein. Eine
ße
tra
ofs
dh
ie
Fr
25
Negatives Beispiel Werbeanlage:
Werbeanlagen als umlaufender
Leuchtkastenreihe („Bauchbinde“), als
mehrgeschossiger Ausleger und als
Signet-Leuchtkasten, Hauptstraße 40
B
Leitlinien für Werbeanlagen
WERBEZONE B
Zulässige Fassadenbereiche für Werbeanlagen und deren Größe
Hauptstraße 14, 20, 26, 36 und 52:
Diese Kopfbauten haben an den Längsseiten der Obergeschosse geschlossene Wandbereiche ohne
architektonisch-konstruktive Querteilung.
Zulässig sollen an diesen geschlossenen Wandbereichen Schriftzüge aus Einzelbuchstaben in vertikaler
oder horizontaler Anordnung gemäß historischem Vorbild sein. Die Schriftgröße und die beanspruchte
Fassadenbezugsfläche soll dem historischen Vorbild entsprechende Abmessungen nicht überschreiten.
Die Schriftzüge können ergänzt oder ersetzt werden durch ein Signet in einer dem historischen Vorbild
entsprechenden Dimension. Grundsätzlich soll die Fassadenfläche unter und zwischen der Werbeanlage
sichtbar sein. Der vertikale Schriftzug der Werbeanlage soll nicht als Ausleger montiert werden.
Im Einzelfall soll auch eine Sonderanlage genehmigungsfähig sein, die im Sinne der zeitgenössischen
grafischen Werbeanlagen konzipiert ist (Vorbild: Werbeanlage Polydor des Geschäfts Radio Doehlert am
Kopfbau Hauptstraße 14).
Werbeanlagen auf den Vordächern sollen bei diesen Kopfbauten nicht gestattet sein, es sei denn, die
Werbeanlagen an den geschlossenen Wandbereichen sind als horizontaler Schriftzug im Bereich des
obersten Geschosses montiert und werden durch einen identischen Schriftzug auf dem Vordach wiederholt. Zusammen mit oder anstelle einer Werbeanlage (Schriftzug und/oder Signet) an den geschlossenen
Wandbereichen der Ost- und Westfassaden sollen auch Werbeanlagen zulässig sein, die gemäß den
Prinzipien der Werbezone A in den erdgeschossigen Schaufensteranlagen montiert sind.
Weitere oder abweichende Werbeanlagen sollen an diesen Kopfbauten nicht zulässig sein.
Hauptstraße 30 und 40:
Diese Kopfbauten haben an den Längsseiten der Obergeschosse geschlossene Wandbereiche, die durch
eine architektonisch-konstruktive Querteilung (Querträger Stahlbetonskelett) untergliedert sind.
Zulässig sollen an diesen geschlossenen Wandbereichen Schriftzüge aus Einzelbuchstaben in horizonAbb. 69: Werbeanlage am Kopfbau Hauptstraße 14,
Radio Döhlert 1959 (Quelle: Stadtarchiv MG, Sign.
10/2/1398)
PRINZIPIEN WERBEANLAGEN KOPFBAUTEN
GRUPPE 1 – HISTORISCHES FOTO:
– Werbeanlage aus vertikal angeordneten
Einzelbuchstaben, kombiniert mit Signet
taler Anordnung sein. Die Werbeanlage soll die gliedernden Elemente der Fassade nicht überdecken. Die
Schriftgröße und die beanspruchte Fassadenbezugsfläche sollen dem historischen Vorbild entsprechende
Abmessungen nicht überschreiten. Die Schriftzüge können ergänzt oder ersetzt werden durch ein Signet
in einer dem historischen Vorbild entsprechenden Dimension. Grundsätzlich soll die Fassadenfläche der
Gefachfelder (Material Ziegel/Keramik) weiterhin in ausreichendem Umfang sichtbar sein.
Der Schriftzug der Werbeanlage soll nicht als Ausleger montiert werden.
Zusammen mit oder anstelle einer Werbeanlage (Schriftzug und/oder Signet) an den geschlossenen
Wandbereichen der Ost- und Westfassaden sollen Werbeanlagen zulässig sein, die gemäß den Prinzipien
der Werbezone A in den erdgeschossigen Schaufensteranlagen montiert sind.
Werbeanlagen auf den Vordächern sollen bei diesen Kopfbauten nicht gestattet sein.
Weitere oder von den obigen Vorgaben abweichende Werbeanlagen sollen an diesen Kopfbauten ebenfalls nicht zulässig sein.
Hauptstraße 2 und 46:
Diese Kopfbauten haben an den Längsseiten der Obergeschosse keine geschlossenen Wandbereiche.
Bei diesen Kopfbauten sollen nur Werbeanlagen zulässig sein, die gemäß den Prinzipien der Werbezone A
in den erdgeschossigen Schaufensteranlagen montiert sind.
Werbeanlagen an den Brüstungen des 1. Obergeschosses sollen bei diesen Kopfbauten nicht gestattet
sein. Weitere oder von der obigen Vorgabe abweichende Werbeanlagen sollen an diesen Kopfbauten
ebenfalls nicht zulässig sein.
WERBEZONE B | 80
LEITLINIEN FÜR WERBEANLAGEN
C
Leitlinien für Werbeanlagen
WERBEZONE C
Positives Beispiel Werbeanlage: Werbeanlage aus Einzelbuchstaben, montiert
auf Brüstungsbereich 1. OG, Stresemannstraße 42
Die Werbezone C umfasst den Kernbereich des Einzelhandels in Rheydt. Diese Bereiche waren bereits in
der Wiederaufbauzeit durch eine intensivere Belegung mit Werbeanlagen geprägt (Beispiel: Atlantis-Haus
an der Kreuzung Limitenstraße/Stresemannstraße/Gracht). Die zusätzlich als erlaubnisfähig ausgewiesene Werbeanlagen sollen dieser historisch gewordenen Situation Rechnung tragen.
Die in der Karte rot dargestellten Gebäude gestatten Werbeanlagen in den Brüstungsbereichen der Obergeschosse sowie eine Werbeanlage auf der Vorderkante des Flachdachs. Die in der Karte (siehe S. 71) rot
mit Schrägschraffur dargestellten Gebäude gestatten Werbeanlagen nur in den Brüstungsbereichen der
Obergeschosse.
Zulässigkeit von Werbeanlagen:
Werbeanlagen sollen nur an der Stätte der Leistung zulässig sein. Dachwerbeanlagen sollen auch als
Markenwerbung zulässig sein.
Die Werbeanlage soll in einem gestalterischen Bezug sowohl zur Gesamtfassade als auch zur Fassadengliederung des Ladenlokals stehen.
Formen von Werbeanlagen:
Es sollen die entsprechenden Vorgaben der Werbezone A gelten.
Zulässige Fassadenbereiche für Werbeanlagen:
Wie in der Werbezone A sollen Werbeanlagen an folgenden Bereichen der Fassade montiert werden:
Brüstungsbereiche des 1. Obergeschosses, Schaufensteranlagen, geschlossene geschossübergreifende
Wandbereiche in den Obergeschossen (soweit vorhanden). Genaue Vorgaben siehe Werbezone A.
Darüber hinaus sollen folgende Anbringungsorte zulässig sein:
- In der Karte rot dargestellte Gebäude: Werbeanlagen in den Brüstungsbereichen der 2. und 3. Obergeschosse und Werbeanlagen an der Traufkante vorhandener Flachdächer (maximal eine Werbeanlage
je Fassade). Bei den Werbeanlagen an Traufkanten sollen die in Rheydt in den 1950er-Jahren ehemals
vorhandenen Dachwerbeanlagen als Vorbild dienen. Diese Dachwerbeanlagen sind auch als Markenwerbung zulässig.
- In der Karte rot mit Schrägschraffur dargestellte Gebäude: Werbeanlagen in den Brüstungsbereichen der
2. und 3. Obergeschosse, sofern diese Geschosse gewerblich genutzt werden.
Größe von Werbeanlagen
Es sollen die entsprechenden Vorgaben der Werbezone A gelten.
81 | WERBEZONE C
Negatives Beispiel Werbeanlage:
Werbeanlage aus Einzelbuchstaben,
jedoch montiert an überdimensioniertes
Vordach, Hauptstraße 44
D
Leitlinien für Werbeanlagen
WERBEZONE D
Die Bereiche, die im Übersichtsplan auf S. 71 als Werbezone D kartiert sind, dienen vorrangig dem Wohnen und wohngebietsverträglichen Gewerbenutzungen, etwa Arztpraxen und Büros freier Berufe.
Werbeanlagen sollen in diesem Teil der Rheydter Innenstadt auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt werden.
Zulässigkeit von Werbeanlagen:
Werbeanlagen sollen nur an der Stätte der Leistung zulässig sein.
Sie sollen hier nur an Bauten zulässig sein, in denen ein für Wohngebiete zulässiges Gewerbe, insbesondere Gaststätten oder Läden für die Nahversorgung, mit einem zum Straßenraum wahrnehmbaren
erdgeschossigen Ladenlokal vorhanden ist.
Für Praxen und Büros freier Berufe sollen lediglich Hinweisschilder (Namensschilder) zulässig sein.
Formen von Werbeanlagen:
Es sollen die entsprechenden Vorgaben der Werbezone A gelten.
Zulässige Fassadenbereiche für Werbeanlagen:
Werbeanlagen sollen an diesen Gebäuden im Bereich der Brüstungen des 1. Obergeschosses zulässig
sein, es gelten die zugehörigen Vorgaben der Leitlinien für Werbeanlagen zur Zone A.
Weitere oder darüber hinausgehende Werbeanlagen sollen nicht erlaubnisfähig sein.
Größe von Werbeanlagen
Es sollen die entsprechenden Vorgaben der Werbezone A gelten.
Positives Beispiel Werbeanlage: Werbeanlage aus Einzelbuchstaben und
Werbeausleger, abgestimmt auf Fassadengliederung, DK-Esbjerg
Negatives Beispiel Werbeanlage:
Werbeanlagen aus Leuchtkästen,
Friedrich-Ebert-Straße
WERBEZONE D | 82
LEITLINIEN FÜR WERBEANLAGEN - RHEYDTER BEISPIELE
BEISPIEL 1: VORHER
BEISPIEL 1: NACHHER
BEISPIEL 1 – Dahlener Straße 7 + 9
VORHER: Die Werbeanlagen oberhalb der Schaufenster bestehen aus Leuchtkästen und überdecken
die Architekturgliederung (Dahlener Straße 7) bzw.
nehmen die gesamte Hausbreite ein (Dahlener Straße 9). Zusätzliche Werbetafeln verdecken im Erdgeschoss Fenster und Stützen (Dahlener Straße 7).
Die Auslegerwerbung ist an der gemeinsamen
Haustrennwand platziert.
NACHHER: Die Werbeanlagen sind als Schriftzüge
aus Einzelbuchstaben gebildet und so oberhalb der
Schaufenster platziert, dass keine Architekturgliederungen (hier: Gesims) überdeckt werden. Die Werbetafeln mit dem Speisenangebot sind hinter der
Schaufensterscheibe platziert (Dahlener Str. 7). Die
Auslegerwerbung ist auf die Architekturgliederung
bezogen, hier: auf die Mittelachse des darunterstehenden Pfeilers, und befindet sich nicht an den
Haustrennwänden. Die Werbeanlagen sind in Zahl
und Dimension auf ein verträgliches Maß reduziert.
Hinweis: Zur besseren Lesbarkeit der Abbildung ist
die Laterne in der Nachher-Visualisierung herausretuschiert worden.
BEISPIEL 2 – Bahnhofstraße 13
VORHER: Die Gliederung des Erdgeschosses
weicht deutlich von der Gliederung der Obergeschosse ab, das nachträgliche Vordach verstärkt
diese Trennung. Hinter der Schaufensteranlage ist
die urspüngliche Teilung anhand der Stützen noch
ablesbar. Die Werbeanlage auf dem Vordach ist
eine breite Leuchtkastenanlage, zusätzlich ist das
Schaufenster stark mit Werbeschrift belegt.
NACHHER: Die Werbeanlage ist oberhalb der
Schaufensteranlage platziert und besteht aus
Einzelbuchstaben, hier in einer hinterleuchteten
Variante. Zusätzlich ist ein Ausleger montiert, bezogen auf die Mittelachse der darunter befindlichen
Wandfläche.
Um eine gestalterisch verträgliche Werbeanlage zu
ermöglichen, wurde die Gestaltung des Erdgeschosses verändert. Vordach und Natursteinbekleidung wurden entfernt, die Schaufensteranlage
wieder stärker in Richtung der (asymmetrischen)
bauzeitlichen Gliederung gestaltet. Die neue
Werbeanlage bewirkt hier zusammen mit der
Neugestaltung des Erdgeschosses eine Aufwertung
des ursprünglich repräsentativen, hochwertigen
Gründerzeitgebäudes.
BEISPIEL 2: VORHER
BEISPIEL 2: NACHHER
BEISPIEL 3 – Harmoniestraße 8
VORHER: In der Brüstungszone zwischen den
erdgeschossigen Schaufensteranlagen und den
Fenstern des 1. Obergeschosses teilen eine breite
Werbeanlagen-Kastenkonstruktion und ein weit
vorkragendes Glasvordach die Fassade. Die
Natursteinbekleidung des Erdgeschosses verstärkt
diesen Effekt. Teilweise sind die Fenster vollständig
mit Bannerwerbung verschlossen.
NACHHER: Die Einheit der historischen Fassade
mit ihrer zeittypischen keramischen Bekleidung wird
wiederhergestellt. Die breite Werbeanlagen-Kastenkonstruktion und das weit vorkragende Glasvordach entfallen hierfür. Die Werbeanlagen sind aus
Einzelbuchstaben gesetzt, hier exemplarisch auf
Glastafeln mit Hinterleuchtung (zur Verringerung der
notwendigen Befestigungspunkte).
BEISPIEL 3: VORHER
83 | WERBEANLAGEN
BEISPIEL 3: NACHHER
BEISPIEL 4: NACHHER
BEISPIEL 4: VORHER
BEISPIEL 4 – Limitenstraße 45/47
VORHER: dominante Werbeanlage an Vordächern,
Brüstungen und in Schaufenstern.
NACHHER: Reduzierung der Werbeanlagen in Zahl
und Dimension auf ein verträgliches Maß, hier im
Bereich der Werbezone C mit Werbung an der Dachkante und an der geschlossenen Fassadenfläche.
Neue Werbeanlagen als Schriftzüge mit Einzelbuchstaben bzw. als Firmensignet. Verringerung
der Werbung in den Schaufenstern. Insgesamt eine
gestalterische Rückgewinnung eines architektonisch
prägnanten Gebäudes an stadträumlich wichtiger
Stelle.
BEISPIEL 5 – Hauptstraße 30
VORHER: dominante, mehrgeschossige Auslegerwerbung an einem stadtbaugeschichtlich besonders
bedeutenden Gebäude (Musterbau Leitl für die
Kammbebauung an der Südseite Hauptstraße)
NACHHER: Werbeanlage als Signet an historisch
belegter Position (geschlossenes Gefach im 3.
Obergeschoss), ergänzt durch Werbeanlagen in den
Schaufenstern.
BEISPIEL 6 – Stresemannstraße 28/30
VORHER: starke Belegung der Fassade durch
Leuchtkästen, durch Werbefahnen und Ausleger.
NACHHER: Werbeanlagen als voneinander deutlich
abgerückte Schriftzüge mit Einzelbuchstaben,
zudem Reduzierung der Werbeanlagen in Zahl und
Dimension auf ein verträgliches Maß.
BEISPIEL 6: VORHER
BEISPIEL 5: NACHHER
BEISPIEL 5: VORHER
BEISPIEL 6: NACHHER
WERBEANLAGEN | 84
4 EMPFEHLUNGEN ZUR MODERNISIERUNG
EMPFEHLUNGEN ZUR MODERNISIERUNG
ENERGETISCHE ERTÜCHTIGUNG: GRUNDLAGEN UND PRINZIPIEN
Der Klimaschutz gehört zu den erklärten Zielen
gilt es – wie auch bei den Gründerzeitgebäuden –
der Stadt Mönchengladbach. Ihm soll die „ener-
zu beachten, dass eine energetische Ertüchtigung
getische Sanierung“ bzw. die „energetische
der gestalteten Straßenfassade nicht zu einer op-
Ertüchtigung“ dienen, die durch die Energieein-
tischen Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes
sparverordnungen und die damit verbundene Dis-
führen soll.
kussion über die Energieeinsparung im Gebäude-
Zur Gesamtbetrachtung gehört die Definition der
bestand ein viel diskutiertes Thema ist. Mit diesen
künftigen Nutzungsrandbedingungen – d. h., wie
Begriffen wird im Wesentlichen die Verbesserung
werden die Räume künftig genutzt und welche
bzw. Modernisierung der Gebäudehülle hinsicht-
Temperierung ist beabsichtigt. Zur Gesamtbe-
lich ihrer Wärmeübertragung bezeichnet, mit dem
trachtung gehören ebenfalls Überlegungen zur
Ziel, den Energieverbrauch für die Beheizung und
bisherigen und künftigen Wärmeversorgung. Ein
mögliche Lüftungswärmeverluste zu verringern.
besser gedämmtes Haus benötigt nur eine kleinere Heizanlage und ermöglicht Niedertempera-
Solide Bestandsaufnahme
turheizsysteme wie z. B. Fußboden- oder Wand-
Eine energetische Ertüchtigung erfordert zu Be-
heizungssysteme.
ginn stets eine Analyse der baulichen Gegeben-
Bei der Konzeption der energetischen Er-
heiten, d. h. die Aufnahme der vorhandenen Kons-
tüchtigung sollte daher die Dimensionierung der
truktionen und Eigenschaften von Außenwänden,
haustechnischen Anlage unter Berücksichtigung
Fenstern und Außentüren, Dach und oberer Ge-
der künftig vorhandenen Gebäudehülle und deren
schossdecke sowie Kellerdecke bzw. Bodenplat-
thermischen
te. Hierzu gehören Kenntnisse sowohl über die
erfolgen; nur durch eine nicht zu groß
vorhandenen Wandaufbauten und Materialien als
dimensionierte Heizanlage kann das Energie-
auch die vom Umbau betroffenen Anschlussde-
einsparpotenzial gut ausgeschöpft werden.
tails. Für eine erfolgreiche energetische Ertüch-
Die Bestandsaufnahme zur Vorbereitung einer
tigung ist weniger das Maß zusätzlicher Dämm-
energetischen Ertüchtigung sollte auch genutzt
stoffstärken entscheidend, sondern vor allem ein
werden, um eine klassische ingenieurtechnische
Gesamtkonzept, das die Gebäudehülle als Ganzes
Begutachtung des Gebäudes durchführen zu
verbessert. Die ausschließliche Betrachtung ein-
lassen. Hierbei soll eventueller weitergehender
zelner Bauteile kann zu Bauschäden führen, z. B.
Instandsetzungs- und Reparaturbedarf ermittelt
wenn eine zusätzliche Dämmung der Fassade
werden: Eine energetische Ertüchtigung kann nur
ohne Überlegungen zu Fenstern und Fensterlai-
erfolgreich sein, wenn keine anderweitigen bau-
bungen und ohne Überlegungen zu Fragen der
lich-konstruktiven Probleme bestehen.
Eigenschaften
(Dämmwerten)
Raumlüftung erfolgt.
Planung und Ausführung einer energetischen
Ertüchtigung erfordern eine fachkundige Beratung und Begleitung.
Wer als Hauseigentümer nicht selbst vom Fach
ist, sollte hier eine externe Beratung (etwa einen zertifizierten Energieberater) hinzuziehen:
nur so ist der dauerhafte Erfolg der energetischen Ertüchtigung gewährleistet.
Zielsetzungen der energetischen Ertüchtigung
Mit der energetischen Ertüchtigung von Gebäuden werden allgemein vier Ziele verbunden:
Ziel 1: Verminderung des Heizenergieverbrauchs
Die Bauten der Wiederaufbauzeit wurden den
früher anerkannten Regeln der Technik entsprechend konstruiert und gebaut. Seither haben sich
die Anforderungen gewandelt: So werden heute
mehr Räume beheizt und die Ansprüche der Nut-
Die Frage, ob eine energetische Ertüchtigung
zer an Wohnkomfort sind gestiegen. Die Vermin-
sinnvoll ist, sollte dabei vor dem Hintergrund einer
derung des Heizenergieverbrauchs zielt daher
Kosten-Nutzen-Betrachtung ermittelt werden. Das
auf Umweltfreundlichkeit und sinkende Energie-
bedeutet beispielsweise: Bei einem Haus in der
kosten, aber auch auf eine bessere Temperierung
Zeile sollte der bauliche und finanzielle Aufwand
und veränderte Lüftung der Gebäude.
für die Dämmung der Rück- und/oder Vorderseite
Ziel 2: Werterhalt
mit den tatsächlichen Einsparungen verglichen
Die Anpassung an neue Standards, wie etwa eine
werden. Bei den Architekturen des Wiederaufbaus
energetische Ertüchtigung, soll auch den Wert ei-
87 | ENERGETISCHE ERTÜCHTIGUNG: GRUNDLAGEN UND PRINZIPIEN
Abb. 71 (oben): Exemplarische Außenwandkonstruktionen der Wiederaufbauzeit, Schottenbauweise mit
tragenden Querwänden (Quelle: Schmitt, Hochbaukonstruktion, 1962)
Abb. 72 (unten): Exemplarische Außenwandkonstruktionen der Wiederaufbauzeit, Stahlbetonskelettbau mit Ausfachungen (Quelle: Schmitt, Hochbaukonstruktion, 1962)
ner Immobilie dauerhaft erhalten. Im Zuge einer
Für alle anderen Sanierungen ist der Gesamt-
energetischen Ertüchtigung werden nicht nur die
nachweis bzw. bei Einzelmaßnahmen an der
Kosten für Heizenergie gesenkt, sondern damit ist
Gebäudehülle der Bauteilnachweis zu führen. Bei
in der Regel auch eine Instandhaltung und War-
Gesamtnachweisen für Sanierungsvorhaben dür-
tung verbunden, die die notwendigen Reparatur-
fen die Grenzwerte für den Primärenergiebedarf
intervalle eines Gebäudes wieder verlängert.
(QP) und den Wärmeverlust über die Gebäudehül-
Ziel 3: Steigerung der Nutzungsqualität
le die Anforderungen für das Referenzgebäude bis
Eine energetische Ertüchtigung erhöht in der Re-
zu 40 % überschreiten.
gel die Nutzungsqualität eines Gebäudes. So wird
Grundsätzlich ist für die Einhaltung der EnEV-An-
durch eine Dämmung der Außenwände (unabhän-
forderungen der Hauseigentümer verantwortlich.
gig von der genauen Position der Dämmschicht)
Die Komplexität der Nachweisverfahren und der
eine Erhöhung der raumseitigen Wandtemperatu-
resultierenden Planung wird es jedoch auch hier
ren erreicht und die Behaglichkeit gesteigert.
notwendig machen, sich fachkundige Beratung
Ziel 4: Vermeidung von Bauschäden
und Begleitung zu sichern, sofern der Hauseigen-
Die energetische Ertüchtigung kann bei fachge-
tümer und Bauherr nicht selbst vom Fach ist.
rechter Planung und Ausführung zur Vermeidung
Wer (im Sinne der EnEV) im Auftrag des Eigen-
von Bauschäden beitragen. So verringern gut
tümers bei der Errichtung oder Änderung von
gedämmte Bauteile die Gefahr von Schimmelbil-
Gebäuden tätig wird, ist für die Einhaltung der
dung auf inneren Oberflächen von Außenwänden.
EnEV-Anforderungen im Rahmen seines Wirkungskreises ebenfalls verantwortlich. Ausfüh-
Energieeinsparverordnung
rungsbetriebe haben dem Bauherren dazu direkt
Bei der Sanierung von Wohn- und Nichtwohnge-
nach Abschluss der Arbeiten eine sog. Unterneh-
bäuden ist der Nachweis gemäß Energieeinspar-
mererklärung auszustellen, mit der bescheinigt
verordnung (EnEV) 2009 erforderlich, wenn die
wird, dass die ausgeführten Leistungen den An-
Veränderung der Gebäudehülle mehr als 10 % der
forderungen der EnEV entsprechen. Diese Be-
gesamten jeweiligen Bauteilfläche des Gebäudes
scheinigung muss der Hauseigentümer mindes-
beträgt. Abweichungen von den Vorgaben der
tens 5 Jahre aufbewahren und der zuständigen
EnEV sind (auf Antrag) bei Baudenkmalen oder
Behörde auf Verlangen vorlegen.
sonstiger besonders erhaltenswerter Bausubs-
Über die o. g. Abweichungen bei Denkmalen und
tanz möglich, wenn die Erfüllung der Anforde-
erhaltenswerter Bausubstanz hinaus ist eine Be-
rungen die Substanz oder das Erscheinungsbild
freiung von den EnEV-Anforderungen möglich,
beeinträchtigen oder andere Maßnahmen zu ei-
wenn die Erfüllung dieser Anforderungen zu ei-
nem unverhältnismäßig hohen Aufwand führen
nem unangemessenen Aufwand oder zu einer
würden.
unbilligen Härte führen würde. Als unbillige Härte
Abb. 73: Exemplarisches Bespiel für den Verlust
der gestalterischen Vielfalt einer gründerzeitlichen
Fassade und somit des Stadtbildes im Zuge einer
energetischen Sanierung mit Außendämmung. Die
unsanierte Haushälfte zeigt den ursprünglichen Bauzier an der Fassade, der bei der sanierten Haushälfte zugunsten der außen liegenden Wärmedämmung
vollständig aufgegeben wurde.
ENERGETISCHE ERTÜCHTIGUNG: GRUNDLAGEN UND PRINZIPIEN | 88
EMPFEHLUNGEN ZUR MODERNISIERUNG
versteht der Gesetzgeber bei Bestandsgebäuden,
eine sinnvolle Berücksichtigung der Fenster ener-
wenn die erforderlichen finanziellen Aufwendun-
getisch ertüchtigt werden; hier ist vielmehr wich-
gen nicht innerhalb einer angemessenen Frist
tig, die einzelnen Teilelemente aufeinander abzu-
durch die eintretenden Einsparungen erwirtschaf-
stimmen. So kann es im Einzelfall sinnvoller sein,
tet werden können. Für einen solchen Antrag kann
fassadenweise zu sanieren, anstatt beispielswei-
die eingangs genannte Kosten-Nutzen-Betrach-
se zuerst die Wandflächen und erst später die
tung herangezogen werden, wenn diese ergeben
Fenster energetisch zu ertüchtigen. Anderenfalls
hat, dass die erforderliche Wirtschaftlichkeit (auch
bestünde die Gefahr, dass in Zwischenlösungen
vor dem Hintergrund örtlicher Mietspiegel) bei der
investiert wird, die dann kostenintensiv zurückge-
den EnEV-Anforderungen entsprechenden ener-
baut werden müssen.
getischen Ertüchtigung nicht gegeben ist.
Hierbei sollte bedacht werden, dass es im Ge-
Dies muss nicht zwangsläufig den Verzicht auf
bäudebestand einfacher und weniger einfach
jede Form der energetischen Ertüchtigung bedeu-
zu realisierende Ertüchtigungsmaßnahmen gibt.
ten: Eine Abweichung von den Vorgaben der EnEV
So kann die oberseitige Dämmung der obersten
kann im Umkehrschluss auch heißen, dass man
Geschossdecke zumeist relativ unabhängig von
geringere, auf die Möglichkeiten und Einschrän-
der Bewohnung der darunter befindlichen Räume
kungen des jeweiligen Bestandsgebäudes und an
erfolgen, sofern ein ungenutzter Dachraum vor-
die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ange-
handen ist. Auch unterseitige Dämmmaßnahmen
passte Maßnahmen für die energetische Ertüchti-
an der Kellerdecke, mit einer zusätzlichen Begleit-
gung vorsehen kann. Auch diese Abwägung sollte
dämmung der aufgehenden Innenwände, sind oft
mit fachlicher Beratung vorgenommen werden.
in einer eigenen Baumaßnahme umsetzbar.
In der Diskussion um die Energieeinsparung bei
Sanierungskonzept – Umfang der energeti-
Gebäuden werden heute Begriffe wie Niedrig-
schen Ertüchtigung
energiehaus, Passivhaus, Nullenergiehaus oder
An die Bestandsaufnahme sollten vor dem Hin-
Plusenergiehaus verwendet, deren Bezeichnun-
tergrund der Energieeinsparverordnung, deren
gen die aufzuwendenden Heizenergien bereits im
Anforderungen
Befreiungsmöglichkeiten
Namen tragen. Vielen Hauseigentümern sind auch
die Überlegungen zu Konzept und Umfang einer
und
die mit dem Jahresheizenergiebedarf verknüpften
Sanierung und einer damit evtl. verbundenen
Begriffe aus der Förderung der Kreditanstalt für
energetischen Ertüchtigung anschließen. Es be-
Wiederaufbau (KfW) geläufig, etwa das KfW-Effi-
darf hierzu eines Gesamtkonzepts und eines
zienzhaus 70 und das KfW-Effizienzhaus 55. Die
Fahrplans, insbesondere dann, wenn nicht alle
damit verbundenen hohen energetischen Stan-
beabsichtigten Maßnahmen direkt durchgeführt
dards sind jedoch nur bei Neubauten ohne Wei-
werden können. So kann die Fassade nicht ohne
teres erreichbar.
89 | ENERGETISCHE ERTÜCHTIGUNG: GRUNDLAGEN UND PRINZIPIEN
5
4
2
6
3
HEIZUNG
1
Abb. 74: Mittlere Energieverluste bei unsanierten
Nachkriegsbauten in Prozent
(Datengrundlage: Institut für Wohnen und Umwelt
IWU)
7 = sonstige Energieverluste 6 %
6 = keine Kellerdämmung 6 %
5 = keine Dachdämmung 6 %
4 = Fensterlüftung 17 %
3 = einfache Isolierverglasung 17 %
2 = ungedämmte Außenwand 19 %
1 = veraltete Heizkessel 29 %
Bei der energetischen Ertüchtigung von Bestands-
port in einer Baukonstruktion und die entspre-
gebäuden sind hingegen Abstriche unumgänglich,
chenden Eigenschaften der dort eingesetzten
die – siehe Bestandsaufnahme – die spezifischen
Materialien. Eine dieser Kenngrößen ist die Wär-
Voraussetzungen des jeweiligen Gebäudes be-
meleitfähigkeit, die in W/(mK) angegeben wird.
rücksichtigen. In diesem Zusammenhang ist auch
Die Angabe „035“ für eine Dämmstoff-Wärmeleit-
die Frage einer ausreichenden Lüftung zu beach-
fähigkeit bedeutet in diesem Zusammenhang eine
ten: Durch die steigende Luftdichtigkeit der heuti-
Wärmeleitfähigkeit von 0,035 W/(mK). Zum Ver-
gen Bauelemente und Konstruktionen ist ein hin-
gleich: Beton hat eine Wärmeleitfähigkeit von 2,1
reichender Luftaustausch, der früher u. a. durch
W/(mK) und ist damit deutlich schlechter.
die Fugen der Fenster erfolgte, nicht mehr in je-
Aus Materialstärke eines Baustoffs geteilt durch
dem Fall gegeben. Hier sind ergänzende Maßnah-
die jeweilige Wärmeleitfähigkeit resultiert der
men vorzusehen und/oder erhöhte Anforderungen
Wärmeleitwiderstand R, der in m2K/W gemessen
an das Nutzerverhalten notwendig.
wird. Addiert man beispielsweise die einzelnen
Wärmeleitwiderstände der Bauteilschichten ei-
Bauphysikalische Grundlagen
ner Außenwand (Putz, Ziegel, Dämmung etc.),
Die Funktion der Gebäudehülle besteht u. a. darin,
erhält man den Wärmedurchgangswiderstand
in gewissem Umfang die äußeren Witterungsbe-
der gesamten Außenwand, der auch bei den Be-
dingungen abzupuffern. Dazu bildet das Bauwerk
trachtungen der Energieeinsparverordnung von
ein komplexes thermisches Funktionsgefüge aus,
Bedeutung ist.
in dem Teilfunktionen des Wärme- und Feuchte-
Je niedriger der Wert für den Wärmedurchgangs-
durchgangs und der Wärmespeicherung eine
widerstand ist, desto geringer ist auch der Wär-
wichtige Rolle spielen. Je nach Tages- und Jah-
mestrom nach außen, wenn dort geringere Tem-
reszeit, nach Wetter- und Witterungslage verlau-
peraturen als innen herrschen.
fen diese Prozesse unterschiedlich. Die Modelle
Die Gebäudehülle dient nicht nur dem Wärme-
für den Wärmetransport, die in der Bauphysik
schutz, sondern auch der Feuchteregulierung.
verwendet werden, versuchen diese Prozesse ab-
Neben der Wärme wird bei einem entsprechen-
zubilden und berechenbar zu machen – sowohl
den Gefälle, d. h. einem entsprechenden Feuchte-
mathematisch berechenbar als auch berechenbar
unterschied zwischen innen und außen, in der
im Sinne der Bauschadensfreiheit.
Regel auch Wasserdampf durch die Außenwand
Diese Berechnungen sind für den Laien oft schwer
geleitet. Hier kommen verschiedene Faktoren
nachvollziehbar. Dennoch gibt es bei den bauphy-
zusammen: So kann die Luft bekanntlich mehr
sikalischen Grundlagen einige Kenngrößen, an
Feuchte speichern, je wärmer sie ist – was im
denen sich auch der Laie orientieren kann.
Umkehrschluss bedeutet, dass sie Feuchte etwa
Mehrere Kenngrößen betreffen den Wärmetrans-
als Kondensat abgibt, wenn sie sich (etwa an kal-
AUSWAHL ANSPRECHPARTNER FÜR DIE ENERGETISCHE ERTÜCHTIGUNG VON BESTANDSBAUTEN:
Energieberatung der Verbraucherzentralen: Die unabhängigen Energieberater der Verbraucherzentrale
helfen bei allen Fragen zum Energieverbrauch. Für einkommensschwache Haushalte mit entsprechendem Nachweis sind die Beratungsangebote kostenfrei.
Information unter www.verbraucherzentrale-energieberatung.de
Förderung der Energieberatung durch den Bund: Der Bund fördert Energiesparberatungen in Wohngebäuden vor Ort. Ansprechpartner ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).
Information unter www.bmwi.de
Energieberater für Baudenkmale: Sachverständige für das KfW-Programm „Energieeffizient Sanieren“
für Baudenkmale und für sonstige besonders erhaltenswerte Bausubstanz gemäß § 24 EnEV“ unterstützen bei der energetischen Sanierung von Baudenkmalen und sonstiger besonders erhaltenswerter
Bausubstanz.
Information unter www.energieberater-denkmal.de oder www.energie-effizienz-experten.de
Start-Beratung vom Architekten: Die nordrhein-westfälischen Architektinnen und Architekten bieten in
Kooperation mit der Energieagentur NRW eine kostengünstige Erstberatung an.
Information unter www.aknw.de/Bauherren
ENERGETISCHE ERTÜCHTIGUNG: GRUNDLAGEN UND PRINZIPIEN | 90
EMPFEHLUNGEN ZUR MODERNISIERUNG
ten Oberflächen) abkühlt. Wie die Luft speichern
tausches bewirkt. Dieser aus energetischer Sicht
auch andere Bauteile Feuchte – je nach ihren
gewünschte Effekt kann zur Folge haben, dass
spezifischen Baustoffeigenschaften. Die meisten
insbesondere die winterlichen Raumluftfeuchten
Baustoffe enthalten kleine Poren, in denen sich
ansteigen. Diese erhöhten Raumluftfeuchten kön-
neben der Luft immer auch Wasserdampf befin-
nen bei dem Durchgang des Wasserdampfs durch
det. Die Bauteilfeuchte ist Schwankungen ausge-
die Außenwand kondensieren: entweder bereits
setzt: Oftmals sind die Porenwände mit flüssigem
an der Innenwand oder aber innerhalb der Au-
Wasser belegt, manchmal sind die Poren auch
ßenwand, wo es bei entsprechenden Kondensat-
vollständig mit flüssigem Wasser gefüllt. Eine ab-
mengen zu einer Durchfeuchtung der Außenwand
solut trockene Baukonstruktion gibt es vor diesem
kommen kann.
Hintergrund nicht. In der Berechnungspraxis wird
Im energieeffizienten Bauen soll daher durch
daher auch die Wärmeleitfähigkeit stets bei der
eine geforderte luftdichte Ausführung das Ein-
„baupraktischen“ Feuchte eingesetzt.
dringen von warmer und feuchter Raumluft in
Das Feuchtegleichgewicht wird u. a. durch das
die Konstruktion wirksam unterbunden werden.
Anbringen einer Wärmedämmung, die Ober-
Dazu werden innenraumseitig Dampfbremsen
flächenbekleidung der Konstruktion (Putz, Ver-
oder Dampfsperren mit unterschiedlichen sd-Wer-
schalungen) und andere Veränderungen der
ten verwendet. Dieser Kennwert bezeichnet die
Raumluftfeuchte (etwa durch eine veränderte
dampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke und
Wohnungslüftung infolge des Einbaus neuer
bildet den Widerstand ab, den ein Bauteil der
Fenster) beeinflusst. Diese Veränderungen gilt
Wasserdampfdiffusion entgegensetzt. Je grö-
es auch bei einer energetischen Ertüchtigung
ßer der sd-Wert ist, umso weniger Wasserdampf
zu bewerten und entsprechende Vorkehrungen
dringt durch das jeweilige Bauteil hindurch. Die
zu treffen, dass die Veränderungen des Feuch-
Kenngröße ist ein Vergleichswert bezogen auf
tegleichgewichts nicht zu Feuchteschäden füh-
eine Luftschichtdicke mit dem gleichen Diffusi-
ren. In diesem Zusammenhang sind auch weitere,
onswiderstand und wird daher in der Einheit Me-
die Feuchte beeinflussende Faktoren zu beachten,
ter angegeben.
etwa der Salzgehalt der Wand, das Vorhandensein
Bei der energetischen Ertüchtigung muss auch
von aufsteigender Feuchte aufgrund fehlender
bei den Gebäuden der Wiederaufbauzeit die Frage
Sperrmaßnahmen und die Schlagregendichtigkeit
der Luftdichtigkeit bzw. die Frage, wie luftdicht
der Außenwand. Hier gilt erneut der Rat, fachliche
das Gebäude künftig sein soll, auf der Basis der
Beratung hinzuziehen, wenn eigene umfassende
Bestandsaufnahme geklärt werden. Die eingangs
Kenntnisse nicht vorhanden sind.
erwähnte Kosten-Nutzung-Betrachtung wie auch
die baulich-konstruktiven Möglichkeiten des Be-
Luftdichtigkeit
standsgebäudes sollten hierbei beachtet werden.
Die Gebäude der Wiederaufbauzeit wurden nicht
Generell gilt: Aufenthaltsräume brauchen einen
luftdicht errichtet. Dies war aufgrund der bau-
ausreichenden Luftwechsel. Der in den Aufent-
konstruktiv-technischen Möglichkeiten nicht im
haltsräumen freigesetzte Wasserdampf muss wie
heutigen Maße möglich; die zeitgenössischen
erwähnt abgeführt, aber auch Gerüche müssen
Bauteile (vor allem Fenster und Türen) haben Fu-
durch Frischluft hinreichend beseitigt werden.
gen und Spalten, über die Luft ein- und ausströmt.
Zudem kann es weitere Verbraucher geben, die
Nachteil dieser Konstruktionen sind vor allem die
Zuluft benötigen, etwa einen raumluftabhängigen
hohen Lüftungswärmeverluste, die bei stärkerem
Kamin oder eine Dunstabzugshaube.
Wind auch die Behaglichkeit in Fensternähe ein-
Während es im Neubau hierfür technische Lösun-
schränken können. Ein Vorteil dieses erhöhten
gen, etwa Abluftanlagen gibt, stellt sich bei der
Luftaustauschs ist der Feuchtetransport, sodass
energetischen Ertüchtigung im Gebäudebestand
die Raumluft etwa im Winter relativ trocken und
die Frage der technischen Realisierbarkeit, der
die Schimmelbildungsgefahr eher gering ist.
Kosten und des baulichen Aufwands.
Die Erfahrung zeigt, dass bereits eine moderate
Abdichtung der Gebäudehülle, etwa durch dichtere Fenster, eine deutliche Minderung des Luftaus91 | ENERGETISCHE ERTÜCHTIGUNG: GRUNDLAGEN UND PRINZIPIEN
ENERGETISCHE ERTÜCHTIGUNG: AUSSENWAND
Die energetische Ertüchtigung von Außenwänden
Mauerwerk) zu beachten und unabhängige fach-
erfolgt vorrangig, aber nicht ausschließlich durch
kundige Beratung einzuholen.
eine nachträgliche Dämmung. Bei der Auswahl
Grundsätzlich müssen bei der Planung und Aus-
des geeigneten Dämmsystems und der Erstel-
führung von nachträglichen Wärmedämmmaß-
lung des zugehörigen Dämmkonzepts sind ver-
nahmen die Anschlussdetails mit großer Sorgfalt
schiedene Randbedingungen zu beachten. Dazu
konzipiert und ausgeführt werden. Hierbei ist den
gehören die im Rahmen der Bestandsaufnahme
Wärmebrücken besondere Beachtung zu schen-
ermittelte Konstruktion der Außenwand, aber
ken, wobei es geometrische Wärmebrücken (etwa
auch baurechtliche Fragen wie Grenzabstände
bei den Außenecken von Erkern) gibt, die quasi
und Nachbarrecht sowie Fragen des Brand- und
konstruktionsbedingt sind.
Schallschutzes. Vor allem aber sind die bauphy-
Prinzipiell gibt es für die nachträgliche Wärme-
sikalischen Rahmenbedingungen zu beachten,
dämmung von Außenwänden drei verschiedene
die für die jeweilige zu dämmende Außenwand
Dämmkonzepte: die Außendämmung, bei der sich
zutreffen.
die Dämmschicht auf der Außenseite der Gebäu-
Wesentlich ist hier der bereits genannte Feuchte-
dehülle befindet, die Kerndämmung, bei der die
schutz, insbesondere der Schutz gegen aufstei-
Dämmung zwischen der Innen- oder Außenwand-
gende Feuchte im Mauerwerk. Durchfeuchtete
schale eines zweischaligen Mauerwerks liegt, und
Wände besitzen u. a. schlechtere Wärmedämm-
die Innendämmung, bei der sich die Dämmschicht
eigenschaften. Allerdings gilt es bei feuchtem
auf der Innenraumseite befindet.
Mauerwerk, die entsprechenden Ursachen durch
Die beiden gebräuchlichen Dämmweisen bei der
einen Fachmann ermitteln zu lassen. Innerhalb
Gebäudemodernisierung sind die Außendäm-
des möglichen Ursachenspektrums sollte u. a. die
mung und die Innendämmung. Der entscheidende
mögliche Salzbelastung der Wände (etwa durch
Unterschied im Hinblick auf historische Gebäude
Taumittelsalze oder andere Salzquellen wie Nutz-
besteht darin, dass bei einer Außendämmung das
viehhaltung) beachtet werden, da Salze hygrosko-
äußere Erscheinungsbild zum Teil erheblich ver-
pisch wirken, d. h. Wasser binden. Zudem können
ändert wird.
Salze, wenn sie im Mauerwerk trocknen, ihr Vo-
Gestalterische und baulich-konstruktive Details
lumen bei der Kristallisation deutlich vergrößern;
der Fassade müssen vielfach verändert werden,
der resultierende Kristallisationsdruck kann zum
etwa die Art des Dachüberstands oder die außen
Salztreiben führen und, weil diese Prozesse im-
liegenden Fensterbänke. Aufgrund der Zielset-
mer wieder erfolgen können, nach und nach das
zung, das historische Stadtbild des Wiederauf-
Mauerwerk zerstören. Anhand einer Mauerwerks-
baus in Rheydt zu stärken und wieder erlebbar zu
probe kann ein Fachlabor bei entsprechenden
machen, wird die Innendämmung in der Regel der
Verdachtsfällen die Salzbelastung bestimmen.
Vorzug zu geben sein.
Maßnahmen zur Horizontal- und Vertikalabdich-
AUSSENDÄMMUNG
KERNDÄMMUNG
INNENDÄMMUNG
tung wurden bereits in der Wiederaufbauzeit
durchgeführt. So legte man als Horizontalsperre
Bitumendachpappen o. Ä. ein. Diese Horizontalsperren sind in der Regel heute noch funktionsfähig. Wo keine wirksame Horizontalsperre vorhanden ist, besteht eine sichere und gut kontrollierbare Methode darin, in einer tief liegenden
Lagerfuge des Mauerwerks abschnittsweise mit
einer Mauersäge einen Spalt einzusägen, in den
eine Folie eingelegt wird, die ggf. mit der Absichtung der Bodenplatte verklebt werden kann.
Darüber hinaus gibt es auch chemische Horizontalsperren, deren Wirksamkeit jedoch teilweise
umstritten ist. Hier gilt es, die entsprechenden
Hinweise der Hersteller (etwa bei salzbelastetem
ENERGETISCHE ERTÜCHTIGUNG: AUSSENWAND | 92
EMPFEHLUNGEN ZUR MODERNISIERUNG
ENERGETISCHE ERTÜCHTIGUNG: AUSSENWAND AUSSENDÄMMUNG
Bei der Außendämmung wird vorrangig zwischen
Bei der Architektur des Wiederaufbaus werden
dem Wärmedämmverbundsystem (WDVS) und
bei der Wahl einer Außendämmung vor allem
der hinterlüfteten Vorhangfassade unterschieden.
WDVS in Betracht kommen. Hierbei sollten Fra-
Beim WDVS werden Dämmstoffplatten direkt auf
gen des Brandschutzes besonders beachtet wer-
den Außenputz der Bestandswand aufgeklebt
den: Einzelne WDVS sind in der Vergangenheit
und je nach System zusätzlich verdübelt. Auf die
aufgrund ihres Brandverhaltens in die Diskussion
Dämmstoffplatten wird eine Schicht aus Armie-
geraten. Zudem werden WDVS u. a. aufgrund der
rungsmörtel und Armierungsgewebe aufgebracht
Inhaltsstoffe in den Oberputzen kritisch disku-
und mit einem Oberputz versehen. Bei hinterlüf-
tiert, etwa der enthaltenen Giftstoffe, die eine Be-
teten Vorhangfassaden werden die Dämmplatten
siedlung durch Algen hemmen sollen: WDVS-Au-
hingegen mit einer vorab montierten Unterkons-
ßenwandoberflächen unterschreiten häufiger
truktion auf den Außenputz der Bestandswand
den Taupunkt, daher besteht besonders auf der
aufgebracht. Darüber wird ein Witterungsschutz
Nordseite verstärkt die Gefahr für Algenwachs-
angebracht, der in traditioneller Bauweise aus
tum. Deshalb werden in Putzen und Anstrichen
Brettschalungen, Schiefer oder Schindeln beste-
Biozide eingesetzt, die durch Auswaschung ins
hen kann; zwischen Witterungsschutz und Däm-
Grundwasser gelangen können.
AUSSENDÄMMUNG
mung bleibt eine Belüftungsebene („HinterlüfAbb. 75: Prinzip Außendämmung mit WDVS
tung“), die der Abführung von Feuchtigkeit dient.
ALS NACHTEILE DER AUSSENDÄMMUNG GELTEN:
ALS VORTEILE DER AUSSENDÄMMUNG GELTEN:
Die Wand erhält einen zusätzlichen Witterungsschutz.
Die Außenwand kann als Wärmespeicher
der Innenraumbeheizung dienen.
Im Zuge der Außendämmung erfolgt auch
eine Sanierung der Außenfassade, d. h., unansehnliche Fassaden können gestalterisch
aufgewertet werden.
Bei fachgerechter Planung können bestehende Wärmebrücken durch einbindende
Wände und Decken, durch Fensteranschlüsse etc. vermindert werden.
Die vorhandene Raumfläche wird durch
eine Außendämmung nicht verringert.
Die Außendämmung ist vergleichsweise
kostenaufwendig und nicht in jedem Fall
wirtschaftlich. Neben der Außendämmung
selbst ist u. U. eine Gerüststellung erforderlich, die Arbeiten sind witterungsabhängig.
Zudem können baulich-konstruktive Veränderungen am Gebäude notwendig sein, etwa
Änderungen am Dachüberstand und an den
Sohlbänken.
Die lichte Fensteröffnung verringert sich geringfügig.
Bei denkmalgeschützten Fassaden ist eine
Außendämmung speziell bei Sichtfassaden
in der Regel nicht zugelassen.
Bei Häusern in der Zeile oder in der Blockrandbebauung ist sowohl die Bauflucht als
auch die Fassadenvorderkante der Nachbargebäude planerisch einzubeziehen, hier sind
ggf. baurechtliche und/oder nachbarrechtliche Abstimmungen erforderlich.
In den Außenwänden vorhandene wasserführende Rohrleitungen werden zusätzlich
vor Frosteinwirkung geschützt.
Bei Grenzbebauungen bzw. genau eingehaltener Abstandsfläche sowie bei eng stehenden Gebäuden ist eine Außendämmung
baurechtlich teilweise nicht möglich.
Das Gebäude kann während der Maßnahme ohne wesentliche Beeinträchtigung bewohnt werden.
Die ökologische Belastung durch Biozide wird unter Umweltaspekten kritisch
gesehen.
93 | ENERGETISCHE ERTÜCHTIGUNG: AUSSENWAND AUSSENDÄMMUNG
Abb. 76: Beispiel für nachträgliche Außendämmumg
mit WDVS, hier mit Mineralwolledämmung an der
aufgehenden Wand und mit extrudiertem Polystyrol-Hartschaum im Sockelbereich
ENERGETISCHE ERTÜCHTIGUNG: AUSSENWAND KERNDÄMMUNG
Eine
(Hohl-
Bestandsuntersuchungen (wie z. B. mittels En-
raumdämmung) eignet sich ausschließlich für
nachträgliche
Kerndämmung
doskop oder Wärmebildkamera), eine Planung
zweischaliges Mauerwerk. Hierbei wird der vor-
zur Vermeidung von Wärmebrücken (wie z. B. an
handene Hohlraum zwischen der Vormauerschale
Laibungen und Rolllädenkästen) sowie eine Bera-
und der rückwärtigen tragenden Hintermauer-
tung zur Wahl des Dämmstoffes durch eine Fach-
schale nachträglich mit einem einblasbaren, hy-
firma oder einen Fachplaner erforderlich.
drophoben Kerndämmmaterial komplett verfüllt
Bei der Architektur des Wiederaufbaus finden sich
oder bereits vorhandene Kerndämmung nachver-
nur vereinzelt zweischalige Wandaufbauten, wie
dichtet. Dies erfolgt über punktuelle Bohrungen
z. B. Vorhangfassaden, die sich für eine nachträg-
durch die Vormauerschale, über die unter Einsatz
liche Kerndämmung eignen. Geeignete baukons-
von Maschinentechnik das Dämmmaterial einge-
truktive Voraussetzungen sind häufiger bei den
blasen wird (s. Systemskizze Abb. 78).
Bauten ab den 1970ern zu finden.
KERNDÄMMUNG
Es wird prinzipiell zwischen rieselfähigem Material (Granulate) und nicht rieselfähigem Material
(Dämmschäume) unterschieden. Die Wahl des geeigneten Dämmmaterials hängt stark von der vorhandenen baulichen Situation und dem gesteckAbb. 77: Prinzip Kerndämmung
ten Sanierungsziel ab. Hier sind entsprechende
ALS VORTEILE DER KERNDÄMMUNG GELTEN:
Bei einer Kerndämmung bleibt das äußere
Erscheinungsbild gewahrt (bedeutend vor
allem bei historischen und denkmalgeschützten Gebäuden).
ALS NACHTEILE DER KERNDÄMMUNG GELTEN:
Nachbarschaftsrechtliche und baurechtliche
Abstimmungen können in der Regel entfallen (ausgenommen evtl. denkmalrechtliche
Abstimmungen bei Denkmalen und Denkmalbereichen).
Die Kerndämmung eignet sich nur für zweischalige Konstruktionen.
Die Kerndämmung gilt als kostengünstige
energetische Ertüchtigung.
Die Kerndämmung benötigt lediglich eine
kurze Ausführungszeit.
Bei einer geringen Breite des Hohlraums
(1,5 bis 4 cm) müssen kostenintensivere
Hochleistungsdämmstoffe eingesetzt werden, um spürbare Dämmeffekte zu erzielen.
Die vorhandene Raumfläche wird durch
eine Kerndämmung nicht verringert.
Die Kerndämmung bedingt eine Detailplanung zur Vermeidung von Wärmebrücken.
Das Gebäude kann während der Maßnahme ohne wesentliche Beeinträchtigung bewohnt werden.
Bei einer Durchnässung der Kerndämmung
(z. B. infolge Rohrbruch) kann diese nur
schwer getrocknet werden.
Der Wirkungsgrad der nachträglichen Dämmung ist durch die vorhandenen Konstruktion (z. B. Hohlraumbreite) begrenzt.
Abb. 78: Schematische Darstellung der nachträglichen Verfüllung eines Hohlraumes mit Kerndämmung (Bild Knauf)
ENERGETISCHE ERTÜCHTIGUNG: AUSSENWAND KERNDÄMMUNG | 94
EMPFEHLUNGEN ZUR MODERNISIERUNG
ENERGETISCHE ERTÜCHTIGUNG: AUSSENWAND INNENDÄMMUNG
Der Einsatz von Innendämmsystemen bedarf ei-
Als dampfdiffusionsoffen werden hingegen Kon-
ner entsprechenden Konzeption und präzisen Pla-
struktionen bezeichnet, die den Feuchtetransport
nung, insbesondere im Hinblick auf einbindende
nur wenig hemmen. Das Austrocknungspotenzial
Bauteile wie Deckenbalken, Fensteranschlüsse,
der Wand nach innen wie nach außen soll auf
Wand-Dachanschlüsse oder Zwischenwände;
diese Weise so wenig wie möglich eingeschränkt
hier sind beispielsweise nicht nur Laibungs-
werden, die Feuchtespeicherfähigkeit der einge-
dämmstreifen an den Fensteröffnungen, sondern
setzten Dämmstoffe kann zudem zur Feuchtregu-
auch Flankendämmstreifen an Decken und Zwi-
lierung des Raumklimas beitragen.
schenwänden erforderlich.
Sowohl bei dampfdiffusionsdichten wie dampfdif-
Die Innendämmsysteme sind auch im Hinblick
fusionsoffenen Innendämmungen sollte sicherge-
auf den Taupunkt in der Wand zu planen. Bei
stellt werden, dass die Fassade bei Schlagregen
plattenförmigen Innendämmungen ist daher u. a.
nicht durchfeuchtet wird, da der verringerte Wär-
eine vollflächige Verklebung der Dämmstoffe un-
mestrom durch die Fassade deren Abtrocknung
erlässlich, da mögliche Hohlstellen eine Abtrock-
(gerade an Nordseiten) verlangsamt. Auch hier ist
nung von in der Wand anfallendem Tauwasser
den entsprechenden Details besondere Sorgfalt
hemmen. Die Innendämmsysteme sind (wie auch
zu widmen.
die Außendämmungen) jeweils Systemlösungen,
Wasserabweisende
deren Bestandteile (Unterputz, Kleber, Dämmplat-
(sog. Hydrophobierungen) haben sich in diesem
ten, Oberputz etc.) nicht ohne Weiteres gegen an-
Kontext gerade bei Mauerwerk vielfach nicht
dere, evtl. preisgünstigere Produkte ausgetauscht
dauerhaft bewährt, da der wasserabweisende
werden können.
Film auch das Abtrocknen der Fassade nach Au-
Bei der Innendämmung wird unterschieden zwi-
ßen hindert und zudem über Mikrorisse Wasser
schen dampfdiffusionsdichten und dampfdiffusi-
eindringen kann, das mitunter ebenfalls zurück-
onsoffenen Konstruktionen.
gehalten wird.
Als diffusionsdicht bezeichnet werden Konstruk-
Ein Hinweis: Dämmtapeten sind als Innendämm-
tionen mit einer dampfsperrenden Dämmung
maßnahme in der Regel ungeeignet. Sie haben
oder einer Dämmung in Verbindung mit einer
aufgrund der geringen Materialstärke nur eine
dampfsperrenden bzw. dampfbremsenden Folie.
geringe Dämmwirkung und sind im Vergleich
Bei dieser Form von Innendämmsystemen wird
entsprechend unwirtschaftlich. Die Stöße und
die Feuchtezufuhr in die Außenwand gehemmt
Anschlüsse sind zudem schimmelgefährdet, vor
bzw. gestoppt. Bei dampfdiffusionsdichten In-
allem bei bestehenden Feuchteproblemen.
Fassadenimprägnierungen
nendämmungen ist zudem zu beachten, dass die
Feuchteregulierung durch andere Wege erfolgen
muss, etwa durch ein entsprechendes Lüftungsverhalten.
Abb. 80: Beispiel für nachträgliche Innendämmumg
mit Leichtlehmbauplatten
Abb. 81: Beispiel für nachträgliche Innendämmung
mit mineralischem Wärmedämmstoff aus Calciumsilikat-Hydraten
95 | ENERGETISCHE ERTÜCHTIGUNG: AUSSENWAND INNENDÄMMUNG
INNENDÄMMUNG
Abb. 79: Prinzip Innendämmung
ALS VORTEILE DER INNENDÄMMUNG GELTEN:
Bei einer Innendämmung bleibt das äußere
Erscheinungsbild gewahrt (bedeutend vor
allem bei historischen und denkmalgeschützten Gebäuden).
Nachbarschaftsrechtliche und baurechtliche
Abstimmungen können in der Regel entfallen
(ausgenommen evtl. denkmalrechtliche Abstimmungen bei Denkmalen und Denkmalbereichen).
Die Innendämmung ist vergleichsweise kostengünstig; Kosten für Fassadengerüste und
Veränderungen von baulich-konstruktiven
Details der Fassade sind selten erforderlich.
Die Ausführung ist zudem witterungsunabhängig.
Die nachträgliche Dämmmaßnahme kann
raum- und wohnungsweise erfolgen, selbst
die Nachdämmung einzelner Wandabschnitte
wie Heizkörpernischen und Fensterlaibungen
ist (nach entsprechender fachlicher Beurteilung) vielfach machbar.
Mit einer Innendämmung lässt sich in der
Regel eine schnellere Aufheizung des Raumes realisieren, da das hinter der Innendämmung liegende Mauerwerk mit seinem
Speichervermögen nicht einbezogen ist. Dies
ist insbesondere für selten genutzte Räume
vorteilhaft.
ALS NACHTEILE DER INNENDÄMMUNG GELTEN:
Eine Innendämmung ist im Gegensatz zu einer Außendämmung anspruchsvoller in der
Konstruktion und Ausführung; vor allem die
Anschlussdetails bedürfen sorgfältiger Planung.
Das nutzbare Raumvolumen verringert sich
geringfügig.
Eine Innendämmung kann, je nach baukonstruktiven und bauphysikalischen Gegebenheiten, in der Regel nicht den Wirkungsgrad
einer Außendämmung erreichen, die Minderung der erforderlichen Heizenergie fällt daher geringer aus.
Wasserführende Rohrleitungen, die in oder
unmittelbar auf der Außenwand vorhanden
sind, müssen in den warmen Bereich, also
vor die Dämmung, verlegt werden.
Die thermische Abkopplung der Außenhülle
vom Innenraumklima bewirkt eine größere
thermische Belastung der Wand, da sich diese bei einer Innendämmung im kalten, ungedämmten Bereich befindet.
Diffusionsoffene
kapillaraktive
Innendämmsysteme haben zudem den Vorteil, dass
die Außenwand weiterhin gut abtrocknen
kann (vor allem bei bereits vorgeschädigten
Bauteilen) und weiterhin als Feuchtespeicher
der Innenraumluft fungieren kann.
Innendämmsysteme sind vielfach mit Wandheizungssystemen kombinierbar, die zusätzliche Behaglichkeit schaffen können.
Abb. 82: Systemskizze einer Wandflächenheizung
Abb. 83: Beispiel für eine Wandflächenheizung in
einer Innenputzschale
ENERGETISCHE ERTÜCHTIGUNG: AUSSENWAND INNENDÄMMUNG | 96
EMPFEHLUNGEN ZUR MODERNISIERUNG
ENERGETISCHE ERTÜCHTIGUNG: KELLER UND ERDBERÜHRTE FLÄCHEN
Die Wärmeverluste über einen wenig gedämmten
geeignetem Dämmmaterial ausgestopft werden.
Keller sind in der Regel geringer als über eine
Der Brandschutz ist ebenfalls zu beachten, ins-
wenig gedämmte Fassade. Im Rahmen eines
besondere bei Fluchtwegen; als Dämmmaterial
umfassenden, das Gesamtgebäude umfassenden
empfehlen sich bei brandgefährdeten Kellerräu-
Konzepts kann aber auch die energetische Er-
men beispielsweise Mineralwolle bzw. minerali-
tüchtigung des Kellers sinnvoll sein. Hierbei sollte
sche Dämmplatten.
im Vorfeld geklärt werden, ob der Keller aktuelle
In dichter bebauten, innerstädtischen Bereichen
Probleme (etwa mit aufsteigender oder eindrin-
sind nachträgliche Außenabdichtungen und Au-
gender Feuchte) hat und welche Anforderungen
ßendämmungen von Kellern meist mit einem er-
künftig an den Keller gestellt werden sollen.
höhten Aufwand verbunden, etwa wenn die Stra-
Bei unbeheizten Kellerräumen kann es sinnvoll
ßenfassaden an öffentliche Wegeflächen grenzen.
sein, die Kellerdecke zur Vermeidung von Wärme-
Auch hier gilt es, eine entsprechende Kosten-Nut-
verlusten und Fußkälte im Erdgeschoss nachträg-
zen-Betrachtung durchzuführen. Die nachträgli-
lich zu dämmen. Eine oberseitige Dämmung der
che Dämmung und Abdichtung ist eine aus dem
Kellerdecke wird nur bei einer Erdgeschosssanie-
Gesamtkonzept zu entwickelnde Maßnahme, die
rung und bei ausreichenden Raumhöhen möglich
bei Feuchteproblemen einer umfassenden Ursa-
sein und ist mit einem entsprechenden Gesamt-
chenforschung bedarf und daher ebenfalls mit
aufwand verbunden.
fachlicher Beratung konzipiert werden muss.
Auch bei einer unterseitigen Kellerdeckendämmung ist die Raumhöhe zu beachten, die Beschaffenheit des Deckenuntergrundes muss eine
Dämmungsmontage oder einen Dämmputz ermöglichen. Sind Rohrleitungen oder Leitungsbündel direkt unter der Decke befestigt, so ist auf eine
durchgängige Dämmstärke zu achten; können
die Leitungen nicht verlegt werden, sollten diese
verkleidet (Verkofferung) und die Hohlräume mit
Abb. 84: Nachträgliche Abdichtung und Dämmung
einer Kelleraußenwand
Abb. 85: Unterseitige Dämmung einer Preussischen
Kappendecke
97 | ENERGETISCHE ERTÜCHTIGUNG: FENSTER UND TÜREN
ENERGETISCHE ERTÜCHTIGUNG: DACH UND OBERSTE GESCHOSSDECKE
Die energetische Ertüchtigung von Flachdächern
dert wird. Insbesondere bei einer Kombination
und geneigten Dächern ist wie die Montage ei-
mit einer nachträglichen Fassadendämmung ist
ner Innen- oder Außendämmung in Planung und
auch der Anschluss zwischen Dachdämmung und
Durchführung in der Regel eine Aufgabe für den
Fassadendämmung zu planen und sorgfältig aus-
Fachbetrieb.
zuführen.
Bei einem Flachdach kann eine energetische Er-
Bei einer Aufsparrendämmung ist zu beachten,
tüchtigung im Rahmen einer Sanierung der Dach-
dass sich die baurechtlichen Abstandsflächen des
haut sinnvoll sein. Hierbei sind die Anschlusshö-
Gebäudes durch eine Erhöhung von First, Traufe
hen an die umlaufende Attika und die Führung der
und Ortgang ebenfalls erhöhen können.
Dachentwässerung zu beachten.
Eine Dämmung der obersten Geschossdecke
Bei einem geneigten Dach kann die energetische
kann alternativ sinnvoll sein, wenn der Dachraum
Ertüchtigung sowohl in der Ebene der Dachfläche
nicht zu Wohnzwecken genutzt wird. Wie bei der
als auch in der Ebene der obersten Geschossde-
nachträglichen Dämmung der Dachebene kom-
cke erfolgen.
men Aufdecken-, Zwischendecken- und Unterde-
Bei einer nachträglichen Dämmung in der Ebe-
ckendämmungen vor, auch deren Kombinationen.
ne der Dachfläche ist dies zwischen den Spar-
Bei den Bauten des Wiederaufbaus, die in der
ren, unter den Sparren oder über den Sparren
Regel bereits Stahlbetondecken haben, kommen
möglich; Kombinationen dieser Dämmweisen
hierfür vor allem Aufdeckendämmungen infrage,
sind ebenfalls machbar. Wichtig ist hier wie bei
die eine gewisse Druckfestigkeit haben sollten,
der energetischen Ertüchtigung der Außenwän-
damit der Dachraum zu Inspektionszwecken be-
de eine tragfähige konstruktive Grundlage, d. h.
gangen werden kann. Unterdeckendämmungen
ein funktionsfähiger Dachstuhl, der die zusätz-
verringern die Raumhöhen und werden daher bei
lichen Lasten der Dämmung tragen kann bzw.
den eher geringeren Raumhöhen der Wiederauf-
entsprechend verstärkt wird. Wichtig ist eben-
bauzeit nicht vorteilhaft sein.
falls ein bauphysikalisch einwandfreier Aufbau
mit Dampfbremse und Unterspannbahn, bei der
u. a. eine Durchfeuchtung der Dämmung verhin-
Abb. 86: Nachträgliche Aufdämmung einer Geschossdecke zu einem unbeheizten Dachraum
Abb. 87: Nachträgliche Dämmung eines Dachstuhls
mit zwei orthogonal zueinander versetzten Dämmebenen und Luftdichtigkeitsebene
Abb. 88: Beispiel einer Aufsparrendämmung
ENERGETISCHE ERTÜCHTIGUNG: FENSTER UND TÜREN | 98
EMPFEHLUNGEN ZUR MODERNISIERUNG
ENERGETISCHE ERTÜCHTIGUNG: FENSTER UND TÜREN
Die energetische Ertüchtigung einer Gebäude-
Eine weitere grundsätzliche Möglichkeit ist die
hülle sollte stets auch die planerische Berück-
Montage einer zweiten, innenseitigen Fenster-
sichtigung der vorhandenen Fenster und Türen
ebene als Kastenfenster. Die neue Fensterebene
beinhalten. Ältere Fenster können zum Teil er-
wird dann als moderne Zweischeibenverglasung
hebliche Wärmeverluste verursachen und zeigen
realisiert; der entstehende Zwischenraum stellt
bauartbedingte Undichtigkeiten. Neue Fenster
einen gewissen Puffer dar, wobei darauf geachtet
gelten im Vergleich als energetisch günstiger, sie
werden muss, dass eventueller Tauwasseranfall
sind oft praktischer und pflegeleichter. Innerhalb
verdunsten kann. Ebenfalls möglich ist die Ergän-
des bauphysikalischen Gefüges der Außenwand
zung durch eine raumseitige Zweischeibenvergla-
ist die Erhöhung der Dichtigkeit jedoch sorgfältig
sung als Verbundfenster.
abzuwägen und zu planen, damit es nicht zu Bau-
Ist der Einbau neuer Fenster geboten, weil eine Er-
schäden kommt.
tüchtigung der historischen Fenster nicht möglich
Historische Fenster zeigen, wie heutige Fenster,
ist oder diese nicht erhalten sind, so sollte neben
qualitative Unterschiede; auch in der Wiederauf-
der Beachtung der bauphysikalischen Rahmenbe-
bauphase wurden zum Teil hochwertige und dau-
dingungen auch eine angemessene, auf die his-
erhafte Fenster und Türen eingebaut. Historische
torische Fensterteilung und Fassadengliederung
Fenster und Türen mit ihren Teilungen, Oberflä-
abgestimmte Gestaltung angestrebt werden. Dies
chen und Details prägen zudem erheblich das
trägt nicht zuletzt zum Wert des Gebäudes bei, der
äußere Erscheinungsbild eines Gebäudes.
sich bei Bestandsgebäuden auch an einer anspre-
Bei der energetischen Ertüchtigung einer Gebäu-
chenden und qualitätvollen Gestaltung bemisst.
dehülle sollte daher bei einem historischen Ge-
Eine sorgfältige und fachgerechte Ausführung
bäude mit historischen Fenstern nicht grundsätz-
sollte generell angestrebt werden.
lich der Austausch der Fenster im Vordergrund
stehen. Oft ist es ebenso möglich, die historischen
Fenster zu erhalten und zu ertüchtigen.
So kann es möglich und ausreichend sein, Mängel an der Verglasung und/oder Undichtigkeiten
zu beseitigen und die Fenstereigenschaften durch
eine neue, hochwertigere Verglasung zu verbessern. Diese Möglichkeit besteht insbesondere bei
Fenstern, die bereits eine Zweischeibenverglasung haben.
Abb. 89: Ertüchtigung eines Bestandsfensters durch
ein zweites, dahintergesetztes Fenster (sogenanntes
Kastenfenster)
99 | ENERGETISCHE ERTÜCHTIGUNG: KELLER UND ERDBERÜHRTE BAUTEILE
Abb. 90: Negatives
Beispiel: Gründerzeitfassade mit nicht auf die
Fassade abgestimmter
Fensterteilung (Besser:
Teilung des unteren
Öffnungsflügels in zwei
Öffnungsflügel)
Abb. 91: Positives
Beispiel: Gründerzeitfassade mit auf die
Fassade abgestimmter
Fensterteilung, mit
zweiflügeligem Öffnungsflügel, Kämpfer
und unterteiltem Oberlicht sowie Anpassung
an gekrümmten Sturz
Abb. 92: Negatives
Beispiel: Gebäude der
Wiederaufbauzeit mit
Sprossenteilung im
Scheibenzwischenraum
(Besser: Sprossenausbildung mit Wiener
Sprossen, d. h. nicht
glasteilenden Sprossen
mit Steg im Scheibenzwischenraum)
Abb. 93: Positives
Beispiel: Fensterteilung in Abstimmung
mit Fassadengliederung und mit der
Bauzeit entsprechenden Fenstergliederungen (Fensterbänder)
Abb. 94: Negatives
Beispiel: Gebäude
der Wiederaufbauzeit mit nicht auf die
Fassade abgestimmter
Fensterteilung (Besser:
Teilung des unteren
Öffnungsflügels in zwei
Öffnungsflügel)
Abb. 95: Positives
Beispiel: Gebäude der
Wiederaufbauzeit mit
zeittypischer Fenstergliederung
ENERGETISCHE ERTÜCHTIGUNG: KELLER UND ERDBERÜHRTE BAUTEILE | 100
EMPFEHLUNGEN ZUR MODERNISIERUNG
MODERNE WOHNUNGEN IM BESTAND – PLANUNGSANSÄTZE UND MUSTERBEISPIELE
Der Wohnungsbau der Wiederaufbauzeit war bis
Trennte man beispielsweise in der Zeit des Wie-
minderung sollen, vereinfacht gesagt, Barrieren
weit in die 1950er-Jahre durch die Wohnungsnot
deraufbaus häufig den Essplatz von der Küche
innerhalb von Gebäuden (und damit auch die
nach den umfangreichen Kriegszerstörungen und
und machte Letztere zu einer reinen Kochküche,
Barrieren für ein selbstständiges Wohnen trotz
knappe Ressourcen im Bauwesen geprägt. Viele
so geht der Trend heute wieder dahin, die Küche
Einschränkungen) mindern. Die Barrierefreiheit
Wohnungen sind daher durch eine Minimierung
stärker in das Wohnen einzubeziehen – entweder
wird durch die DIN 18040 geregelt, wobei diese
der Gesamtfläche wie auch der Raumgrößen ge-
als Wohnküche mit integriertem Essplatz oder als
im Gegensatz zu den älteren Regelwerken stärker
prägt. Diese optimierten Grundrisse basierten auf
offene Küche. Gleiches gilt für die Bäder: War man
mit Schutzzielen arbeitet: Hintergrund ist, dass die
Überlegungen, welche Wohn- und Nutzflächen
in den 1950er-Jahren vielfach froh über ein eige-
Vielfalt der möglichen Einschränkungen groß ist
erforderlich sind, um „gut“ zu wohnen: Überle-
nes Bad innerhalb der Wohnung, wenn es auch
und auch die Lösungen stärker auf die jeweiligen
gungen, wie sie seit dem späten 19. Jahrhundert
beengt und ohne eigenes Fenster war, sind heute
Einschränkungen abgestimmt werden sollen. In-
vor dem Hintergrund beengter und hygienisch
größere und möglichst natürlich belichtete Bäder
nerhalb der DIN 18040 wird zwischen barriere-
unzureichender Wohnverhältnisse insbesondere
gefragt.
freien Wohnungen und barrierefreien Wohnungen
in den damaligen Altstädten unternommen wur-
Gestiegene Nutzungsanforderungen an Woh-
für Rollstuhlfahrer unterschieden.
den. Sie führten bereits in der ersten Hälfte des
nungs- und Raumgrößen führen dazu, dass bei
Viele Vorgaben der Barrierefreiheit betreffen Be-
20. Jahrhunderts zu als mustergültig erachteten
konventionellen Wohnungen der Wiederaufbauzeit
wegungsflächen und Durchgangsbreiten, da die
Siedlungen, etwa die der Firma Krupp um die
oft die damalige Bewohnerzahl heute nicht mehr
Hilfsmittel eines körperlich eingeschränkten Men-
Jahrhundertwende oder die Frankfurter Siedlun-
erreicht wird, aber auch die einzelnen Räume als
schen mehr Raum einnehmen als bei einem Men-
gen des Neuen Bauens in der Weimarer Zeit. Die
klein empfunden werden. Als Grundflächen ein-
schen ohne Rollstuhl oder Rollator. So empfiehlt
optimierten Grundrisse waren dabei vor allem für
zelner Räume galten in den 1950er-Jahren bei-
die DIN 18040 für Wohnungstüren eine lichte
die breite Bevölkerung gedacht.
spielsweise 6 bis 9 qm für eine Koch-/Arbeitskü-
Breite von mindestens 80 cm, bei Wohnungen für
che, 11,5 bis 15 qm für ein Elternschlafzimmer
Rollstuhlfahrer von mindestens 90 cm. Bei Bädern
Raumgröße und Wohnkomfort
ohne separates Kinderbett, 13,5 bis 20 qm für
sieht die DIN 18040 vor, dass vor jedem Sanitär-
Die Wohnungen aus der Zeit des Wiederaufbaus
ein Wohnzimmer und 6,5 bis 14 qm für ein Ein-
objekt (WC-Becken, Waschtisch, Dusche etc.) eine
stellten trotz dieser Entwicklungen der Vor- und
bettzimmer mit Einbauschrank als ausreichend
Bewegungsfläche von 1,20 x 1,20 m freizuhalten
Zwischenkriegszeit nicht nur für Flüchtlinge und
(Quelle: K. L. Spengemann, Grundrißatlas, Gü-
sei; in Wohnungen für Rollstuhlfahrer beträgt die-
Ausgebombte, sondern auch für das Gros der
tersloh 1955, S. 13). Aus den jeweiligen, deutlich
se 1,50 x 1,50 m. Zu diesen Bewegungsflächen,
neuen Bewohner einen bis dahin nicht gekann-
voneinander abweichenden Grundflächen ergibt
die sich überschneiden dürfen, kommen u. U.
ten „modernen“ Standard an Komfort und Hygi-
sich häufig auch eine stärkere Zuordnung der
seitliche Bewegungsflächen, Seitenabstände oder
ene bereit. Dies gilt insbesondere für die dama-
Nutzungen zu einzelnen Räumen; die Wohnungen
zusätzliche Anforderungen, etwa die niveauglei-
lige Badausstattung und die Heizung. Viele ältere
werden dadurch tendenziell als weniger flexibel
che, schwellenlose Ausbildung der Dusche.
Wohnungen hatten seinerzeit noch Einzelbrandö-
wahrgenommen, etwa im Vergleich zu Gründer-
Für die nicht durch eine DIN abgedeckten barrie-
fen statt Zentralheizung, einen Badezuber im Kel-
zeitwohnungen mit weniger großen Unterschie-
remindernden Änderungen können beispielsweise
ler und das WC außerhalb der eigenen Wohnung
den in den Raumgrößen.
die Vorgaben der Kreditanstalt für Wiederaufbau
(auf „halber Treppe“), das mitunter mit anderen
(KfW) für den altersgerechten Umbau herangezo-
Mietern zusammen genutzt werden musste. Die
Barrierefreiheit – Barriereminderung
gen werden. Die im zugehörigen Merkblatt formu-
neuen Wohnungen waren auch bautechnisch ein
Zu dem Wandel in den allgemeinen Nutzungsan-
lierten Anforderungen können auch bausteinwei-
Komfortgewinn: Stahlbetondecken dämpften den
forderungen tritt ein weiterer Wandel, der Men-
se umgesetzt werden; im Vergleich zu den oben
Schall und knarzten nicht, geringere Raumhöhen
schen mit körperlichen Einschränkungen und
zitierten Anforderungen wird etwa gefordert, dass
waren nicht nur bautechnisch effizient, sondern
deren Wohnumfeld betrifft. Barrierefreiheit und
Innentüren mindestens 80 cm lichte Breite haben
führten auch zu einer besseren Heizbarkeit der
Barriereminderung stehen für die steigende Be-
und die Bewegungsflächen vor Sanitärgegenstän-
Räume, und die ersten Zweischeibenverglasun-
deutung funktionsfähigen Wohnraums für Men-
den 0,90 x 1,20 m betragen sollen.
gen bekamen im Winter keine Eisblumen mehr.
schen mit Einschränkungen. Ziel von Barrierefrei-
Für die Planung einer barrierefreien oder barri-
Die Komfortansprüche haben sich seither auch in
heit und Barriereminderung ist, dass in einer (im
erearmen Wohnung sollte daher ein Fachmann
der Mitte der Gesellschaft deutlich gewandelt und
Mittel) älter werdenden Gesellschaft die eigene
herangezogen werden, der die Zielsetzungen der
erhöht. Dies betrifft zum einen die Quadratmeter
Wohnung auch bei körperlichen Einschränkungen
DIN 18040 oder alternativer Regelwerke, aber
je Bewohner, die im statistischen Mittel seit dem
weiter nutzbar sein soll; auch für Jüngere, die
auch die etwaigen konkreten Anforderungen ei-
Zweiten Weltkrieg kontinuierlich steigen, zum
körperliche Einschränkungen haben, sollen mehr
nes künftigen Nutzers umsetzt. Hier sind bei Um-
anderen aber auch die Funktionen innerhalb der
entsprechende Wohnungen vorhanden sein.
bauten und Modernisierungen mitunter bauliche
Wohnung.
Maßnahmen zur Barrierefreiheit oder Barriere-
und finanzielle Grenzen gesetzt, etwa bei der
101 | MODERNE WOHNUNGEN IM BESTAND – PLANUNGSANSÄTZE UND MUSTERBEISPIELE
Frage der Nachrüstung eines Fahrstuhls. Wie bei
einfließen. Dies bietet sich gerade bei innerstäd-
der energetischen Ertüchtigung muss die Frage
tischen Wohnlagen an, die auch für ältere Men-
eines auf Barrierefreiheit zielenden Umbaus vor
schen die Vorteile kurzer Wege, belebter Straßen
dem Hintergrund der baulich-konstruktiven Mög-
und gewohnter Umgebung haben. Hier gilt es,
lichkeiten und der vorhandenen Wohnungs- und
auf die Möglichkeiten der jeweiligen Wohnungen
Gebäudegrundrisse betrachtet werden.
abgestimmte Lösungen zu entwickeln, die großzügigere Raumzuschnitte, moderne Bad- und Kü-
Wohnungsmodernisierung – Prinzipien
chenlösungen mit größeren Bewegungsflächen,
Die Architektur des Wiederaufbaus ist vielfach
Durchgangsbreiten und schwellenloser Detaillie-
durch eine konstruktive Trennung von Tragsystem
rung (insbesondere in Bad und WC) verbinden.
und Ausbau geprägt. Dies bedeutet, dass anders
Oft können beispielsweise offene Küchen sowohl
als im gründerzeitlichen Wohnhaus viele innere
modernen Wohnbedürfnissen dienen als auch
Wände nicht tragend sind und mit einem ver-
barrierearm sein.
gleichsweise geringen Aufwand verändert werden können. Welche Wände tragend und welche
Wohnungsmodernisierung – Musterbeispiele
Wände nicht tragend sind, sollte im Zweifel ein
Die Musterbeispiele für die grundrissliche Mo-
Bauingenieur/Statiker klären: Zudem sollte vor
dernisierung von Nachkriegswohnungen wurde
Beginn einer Umbaumaßnahme bei der zuständi-
zum einen anhand von zeitgenössischen Muster-
gen Bauordnung der Stadt Mönchengladbach ge-
grundrissen, zum anderen anhand von in Rheydt
klärt werden, ob Art und Umfang der Maßnahme
anzutreffenden Wohnungsgrundrissen erarbeitet.
eine Baugenehmigung erfordern.
Die Modellbeispiele 1 bis 3 beruhen auf Muster-
Auch für die Änderungen an Grundrissen sollte ein
grundrissen, die dem 1955 von K. L. Spengemann
Planer herangezogen werden. Bei der Planung,
publizierten Grundrissatlas entstammen.
auch der umfassenden Umbauplanung, einer
Das Modellbeispiel 1 zeigt eine kleine 2-Zim-
meist nur der Fachmann überblicken und voraus-
mer-Wohnung für seinerzeit zwei Personen mit
schauend berücksichtigen kann. Die beigefügten
39,50 qm. Küche und WC liegen am knappen Ein-
Mustergrundrisse sollen vor diesem Hintergrund
gangsflur, Bad und Schlafraum werden über den
exemplarische Lösungsvorschläge sein, die zei-
Wohnraum erschlossen. Die exemplarische barri-
Modellbeispiel 1: Umnutzung einer nicht barrierefreien Wohnung zu einer barrierefrei nutzbaren
Wohnung für eine Person (Barrierefreies Wohnen,
angelehnt an die DIN 18040, Teil 2)
gen, welches Potenzial auch konventionelle Woh-
errefreie Neuplanung tauscht die Funktionen Bad
nungen der Wiederaufbauzeit bieten.
und Küche: Die größere vormalige Küche wird zu
Bei einer Anpassung von Wohnungen an einen
einem barrierefreien Bad, das kleinere vormalige
Abb. 96 (links): bauzeitlicher Mustergrundriss einer
2-Zimmer-Wohnung (Quelle: Spengemann Grundrissatlas 1959)
zeitgemäßen Wohnkomfort können nicht nur
Bad wird zu einer barrierefreien, zum Wohnraum
zeitgemäße Raumzuschnitte hergestellt werden,
offenen Kochnische. Der Flur wird aufgeweitet.
sondern auch Aspekte der Barriereminderung
Wohnraum und Schlafraum bleiben unverändert,
mind.
0,80m
SCHLAFEN
mind.
0,80m
mind.
1,20m
mind.
0,80m
FLUR
WOHNEN
AB
mind.
0,80m
BAD
HAUSFLUR
KÜCHE
mind.
0,90m
mind. 1,20m
Maßnahmen zur Sicherstellung der Bewegungsflächen und schwellenlosen Übergänge
- Bewegungsfläche 1,20 x 1,20 m, s. rote Schraffur
- Bewegungsfläche 1,50 x 1,50 m, s. orangefarbene
Schraffur
- Modifizierung der Wohnungseingangstür, um vor
der Wohnungstür eine Bewegungsfläche von 1,50 x
1,50 m zu realisieren
- Lichte Türbreite im Wohngebäude, hier Wohnungseingangstür mind. 90 cm
- Lichte Türbreite im Wohnbereich mind. 80 cm
- ebenengleicher Austritt in die Wohnung und auf
den Freisitz
BALKON
schwellenlos
mind.
0,90m
Abb. 97 (rechts): Modernisierungsvorschlag mit
Maßnahmen zur räumlichen Neuorganisation:
- Zusammenlegung von vormaligen WC und Flur für
den Ausbau eines barrierefreien Eingangsbereiches
und die Integration von Abstellschränken
- Ausbau der vormaligen Küche zu einem barrierefreien Bad mit ebenengleicher Dusche
- Integration einer barrierefreien Küche im vormaligen Bad und Öffnen der neuen Küche zum Wohnraum durch neuen breiten Durchgang
mind.
1,20m
Wohnung gibt es viele Aspekte zu beachten, die
MODERNE WOHNUNGEN IM BESTAND – PLANUNGSANSÄTZE UND MUSTERBEISPIELE | 102
EMPFEHLUNGEN ZUR MODERNISIERUNG
sind jedoch nur noch für eine Singlewohnung
Raum wird zum Wohnzimmer, das ehemalige Bad
möbliert. Durch Maßnahmen zur Barriereminde-
wird zur Küche und zum Wohnraum geöffnet. Das
rung sind auch hier etliche Anforderungen der
neue, größere Bad wird im Bereich der vormali-
Barrierefreiheit hinsichtlich der Durchgangsbrei-
gen Küche eingerichtet. Der Flur wird aufgeweitet
ten und Bewegungsflächen erfüllt.
und erhält anstelle von WC und Abstellraum einen
Abstellschrank. Auch hier sind zugleich etliche
Das Modellbeispiel 2 zeigt eine 3-Zimmer-Woh-
Anforderungen der Barrierefreiheit hinsichtlich
nung für vier Personen und einer Wohnfläche
der Durchgangsbreiten und Bewegungsflächen
von 64,40 qm. Die Wohnung ist um einen innen
erfüllt, etwa im barrierefreien Bad.
liegenden Flur organisiert, Wohnraum und Schlaf-
Die drei Modellbeispiele umfassen bewusst Klein-
räume sind relativ gleichwertig in der Größe, Bad
wohnungen, da die Problematik einer Anpassung
und Küche sind nach heutigem Verständnis klein,
an zeitgemäße Wohnbedürfnisse dort oft beson-
ein Abstellraum ist nicht vorhanden. Die exemp-
ders deutlich wird. Die angewandten Prinzipien
larische barrierefreie Neuplanung sieht nun vor,
einer grundrisslichen Neuorganisation können auf
den Wohnraum und das benachbarte Schlafzim-
größere Wohnungen übertragen werden, wobei
mer zu einem großen Wohn-Ess-Bereich zu ver-
aus Kostengründen die Lage der vorhandenen In-
binden. Die Küche wird zum Essbereich geöffnet
stallation (v. a. Steigleitungen für Frisch- und Ab-
und kann in diesen erweitert werden; das Bad
wasser sowie Gas) planerisch berücksichtigt und
wird im Bereich des vormaligen separaten WCs
möglichst beibehalten werden sollte.
Modellbeispiel 2: Umnutzung einer nicht barrierefreien Wohnung zu einer barrierefrei nutzbaren
Wohnung für zwei Personen (Barrierefreies Wohnen,
angelehnt an die DIN 18040, Teil 2)
Abb. 98 (links): Bauzeitlicher Mustergrundriss einer
3-Zimmer-Wohnung (Quelle: Spengemann Grundrissatlas 1959)
Abb. 99 (rechts): Modernisierungsvorschlag mit
Maßnahmen zur räumlichen Neuorganisation:
- Umbau des vormaligen WCs und der vormaligen
Küche zu einem neuen barrierefreien Bad mit ebenengleicher Dusche und einer neuen barrierefreien
Küche, die sich zum Wohn-Ess-Bereich öffnet
- Zusammenlegen von vormaligen Wohnzimmer und
vormaligen Schlafzimmer zu einem gemeinsamen
Wohn-Ess-Bereich
- Aufgabe des vormaligen Bades zugunsten einer
barrierefreien Ankleide und eines Abstellraums
Maßnahmen zur Sicherstellung der Bewegungsflächen und schwellenlosen Übergänge:
- Bewegungsfläche 1,20 x 1,20 m, s. rote Schraffur
- Ausbildung der Ankleide, um Schrankstellflächen
im Schlafzimmer zu reduzieren, um die erforderlichen Bewegungsflächen zu gewährleisten
- Lichte Türbreite im Wohngebäude, hier Wohnungseingangstür mind. 90 cm
- Lichte Türbreite im Wohnbereich mind. 80 cm
Anmerkung Abweichungen:
- Die für Hausflure empfohlende Breite von 1,50 m
vor „Türen mit gegenüberliegender Wand“ wäre in
diesem Fallbeispiel nicht zu realisieren.
neu organisiert. Das vorherige Bad erweitert das
verbleibende Schlafzimmer als Schrankzimmer,
Die Zusammenlegung von Kleinwohnungen an
der kleine Nebenflur wird zum Abstellraum. Diese
einem örtlichen Beispiel wird im Modellbeispiel 4
großzügigere, nunmehr für zwei Bewohner kon-
anhand des Gebäudes Hauptstraße 46 dargestellt
zipierte Wohnung erfüllt zugleich etliche Anforde-
(s. S. 105). Das viergeschossige Gebäude gehört
rungen der Barrierefreiheit hinsichtlich der Durch-
zu den sog. Kopfbauten der Kammbebauung an
gangsbreiten und Bewegungsflächen.
der Südseite der Hauptstraße und verfügt über ein
Ladenlokal im Erdgeschoss sowie Wohnungen in
Das Modellbeispiel 3 zeigt eine 2-Zimmer-Woh-
den drei Obergeschossen. Die Wohnungen sind
nung für zwei Personen mit 45,60 m . Auch hier
über ein innen liegendes, großzügiges Treppen-
sind Wohn- und Schlafraum ähnlich groß, das Bad
haus erschlossen, diese sind lt. Baueingabepläne
ist über die Küche zu erreichen. Die exemplari-
1- bis 2-Zimmer-Wohnungen und haben in den
sche barrierefreie Neuplanung wandelt die Woh-
beiden Hauptgeschossen (1. und 2. OG) Woh-
nung zur Singlewohnung um; der etwas größere
nungsgrößen zwischen ca. 38 qm und ca. 59 qm
mind.
0,90m
mind.
0,90m
mind.
1,20m
WOHNEN
SCHLAFEN
AB
mind.
0,90m
HAUSFLUR
FLUR
mind.
0,80m
BAD
103 | MODERNE WOHNUNGEN IM BESTAND – PLANUNGSANSÄTZE UND MUSTERBEISPIELE
mind.
0,80m
mind.
1,20m
mind.
0,80m
ebengleiche
Dusche
1,20mx1,20m
mind.
0,80m
2
ESSEN
KÜCHE
mögl.
Erweiterung
Küchenzeile
(insgesamt ca. 347 qm) bei sieben Wohnungen
je Etage. Die Bäder sind lediglich zwischen ca.
3,5 qm und 5 qm klein. Die kleinste Wohneinheit
ist zudem nur zur nördlich gelegenen Hauptstraße
orientiert und damit nicht ausreichend belichtet.
In der exemplarischen Neuplanung sind die Wohnungsflächen zu drei 3-Zimmer-Wohnungen zusammengelegt, wobei die tragenden Stützen und
Wände erhalten bleiben. Jede Wohnung hat einen
großzügigen, nach Süden orientierten Wohnbereich mit Balkon oder Wintergarten, ein natürlich
belichtetes Bad und eine zum Wohn-Ess-Bereich
geöffnete Küche. Eine Wohnung ist behinderModellbeispiel 3: Umnutzung einer nicht barrierefreien Wohnung zu einer barrierefrei nutzbaren
Wohnung für eine Person (Barrierefreies Wohnen,
angelehnt an die DIN 18040, Teil 2)
tengerecht konzipiert, dort sind entsprechend
Abb. 100 (links): bauzeitlicher Mustergrundriss einer
3-Zimmer-Wohnung (Quelle: Spengemann Grundrissatlas 1959)
Aufzug, der im Erdgeschoss einen Nebenraum
Abb. 101 (rechts): Modernisierungsvorschlag mit
Maßnahmen zur räumlichen Neuorganisation:
- Tausch von Wohn- und Schlafzimmer
- Umbau der vormaligen Küche zu einem neuen
barrierefreien Bad mit ebenengleicher Dusche
- Einbau einer barrierefreien Küche, die sich zum
Wohnraum öffnet in das vormalige Bad,
- Aufgabe des vormaligen WCs und Abstellraums
zugunsten eines tiefen Abstellschrankes und eines
breiteren Flurs
Maßnahmen zur Sicherstellung der Bewegungsflächen und schwellenlosen Übergänge:
- Bewegungsfläche 1,20 x 1,20 m, s. rote Schraffur
- Bewegungsfläche 1,50 x 1,50 m, s. orangefarbene
Schraffur
- Lichte Türbreite im Wohngebäude, hier Wohnungseingangstür mind. 90 cm
- Lichte Türbreite im Wohnbereich mind. 80 cm
die Gangbreite des zentralen Treppenhauses wird
der gültigen DIN ein barrierefreies und ein nicht
barrierefreies Bad vorhanden. Ein nachgerüsteter
des Ladenlokals nutzt, erschließt die Geschosse;
am Aufzug auf die erforderliche Breite erweitert.
Das Modellbeispiel 5 soll anhand des Gebäudes
Limitenstraße 39 beispielhaft veranschaulichen,
dass durch kleine Veränderungen in den nicht tragenden Strukturen (Abbruch oder Versetzen von
nicht tragenden Wänden, Zusammenlegung von
Wohnungen oder einzelnen Räumen, Tausch von
Funtionen) auch in den auf Minimierung ausgelegten Wohnungsgrundrissen des Wiederaufbaus
Potenzial für zeitgemäßes, komfortables Wohnen
zu finden ist (s. S. 105).
mind.
1,20m
KÜCHE
BAD
WOHNEN
AB
mind.
0,80m
FLUR
mind.
0,80m
mind.
0,80m
SCHLAFEN
mind.
0,90m
HAUSFLUR
MODERNE WOHNUNGEN IM BESTAND – PLANUNGSANSÄTZE UND MUSTERBEISPIELE | 104
EMPFEHLUNGEN ZUR MODERNISIERUNG
WINTERGARTEN
WOHNEN
ESSEN
KÜCHE
SCHLAFEN
AB
AB
SCHLAFEN
BAD
BALKON
BALKON
SCHLAFEN
mind.
0,80m
WC
WOHNEN/
ESSEN
mind.
0,80m
WOHNEN/
ESSEN
KÜCHE
KÜCHE
Fahrstuhl
Behindertengerecht
1,40m x 1,10m
SCHLAFEN
WC
BAD
mind.
1,20m
AB
FLUR
mind.
0,80m
FLUR
mind.
0,80m
FLUR
mind.
1,20m
mind.
0,90m
BAD
(BARRIEREFREI)
SCHLAFEN
BAD
FLUR
mind.
0,80m
SCHLAFEN
SCHLAFEN
mind.
0,80m
SCHLAFEN
SCHLAFEN
BALKON
SCHLAFEN
ZIMMER
BALKON
BAD
BAD
WHG 1
FLUR
ZIMMER
WHG 2
FLUR
HAUSFLUR
KÜCHE
WOHNEN
AB
AB
KÜCHE
105 | MODERNE WOHNUNGEN IM BESTAND – PLANUNGSANSÄTZE UND MUSTERBEISPIELE
WOHNEN
Modellbeispiel 4 (oben): Beispiel Hauptstraße 46:
Grundriss 1. Obergeschoss gemäß Baueingabeplan
(Quelle: Hausakte)
Abb. 102 (oben links): Beispiel Hauptstraße 46:
sieben unterschiedlich große Wohnungen, darunter
eine reine Nordwohnung mit Flächen zwischen ca.
38 qm und ca. 59 qm
Abb. 103 (oben rechts): Modernisierungsvorschlag
mit Maßnahmen zur räumlichen Neuorganisation:
- Einbau eines Aufzugs (im Erdgeschoss in Nebenraum des Ladenlokals), alternativ auch im Luftraum
des Treppenraums möglich
- Zusammenlegung der bisherigen Wohnungsflächen zu drei größeren Wohneinheiten mit je 3
Schlafzimmern, Wohn-Ess-Bereich mit offener
Küche, Bad und separatem WC
– Exemplarische Planung einer behindertengerechten Wohnung mit einem barrierefreien und einem
nicht barrierefreien Bad gemäß DIN 18040, Bewegungsflächen s. Schraffur
– Rückwärtige Ergänzung von Balkonen bzw. Einfügung eines Wintergartens
- Neue Wohnungsgrößen ca. 110 m2 (rückwärtige
Wohnung) bzw. ca. 120 m2 (vordere Wohnungen)
Modellbeispiel 5 (unten): Beispiel Limitenstraße
39: Grundriss 1. Obergeschoss gemäß Baueingabeplan (Quelle: Hausakte)
Abb. 104 (links): Beispiel Limitenstraße 39: 3 Wohnungen je Geschoss mit einer Wohnfläche von ca.
50 bis 90 qm
Abb. 105 (rechts): Modernisierungsvorschlag mit
Maßnahmen zur räumlichen Neuorganisation:
– Realisierung von zwei statt drei Wohnungen je Geschoss mit einer Wohnfläche von jeweils ca. 100 qm
– Zusammenlegung des Wohn- und Essbereiches zu
einem großen Wohnbereich
– räumliche Zuordnung der Küche zum Wohnbereich
– Einbau eines großzügigen Bades in vormalige
Küche
- Vergrößerung des Schlafzimmers durch Zusammenlegung mit vormaligem Bad und einem Teil des
Flurs
- Optische Öffnung und indirekte Belichtung des
Flurs zum Wohnbereich durch doppelflügeligen,
verglasten Durchgang
- Verbreiterung des vorhandenen Balkons zum
Innenhof
MODERNE WOHNUNGEN IM BESTAND – PLANUNGSANSÄTZE UND MUSTERBEISPIELE | 106
FÖRDERMÖGLICHKEITEN
ÜBERSICHT DER WESENTLICHEN FÖRDERMÖGLICHKEITEN:
INTERNETPORTAL ZUR SUCHE NACH GEEIGNETEN FÖRDERPROGRAMMEN:
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie: www.foerderdatenbank.de
Förderprodukte für Bestandsimmobilien KfW
Förderbereich: Wohnungsmodernisierung
Förderart: zinsgünstige Kredite und Zuschüsse
Förderberechtigte: Unternehmen; Kommune; öffentl. Einrichtung; Privatperson; Verband/Vereinigung
Ansprechpartner: KfW Bankengruppe
Ziel und Gegenstand: Die KfW fördert die Modernisierungen von Bestandsbauten mit zinsgünstigen Krediten und Zuschüssen. Schwerpunkte der Förderung sind u. a.:
– altersgerechtes Umbauen
– energieeffizientes Sanieren und energetische Ertüchtigung von Baudenkmalen und Bauten mit besonders erhaltenswerter Bausubstanz: Weil die energetische Sanierung von Baudenkmalen und besonders
erhaltenswerter Bausubstanz nicht immer vollständig mit Denkmalschutzauflagen vereinbar ist, bietet die
KfW für solche Gebäude erleichterte Fördervoraussetzungen.
– baubegleitende Beratung
Förderung von investiven Maßnahmen im Bestand (RL BestandsInvest)
Förderbereich: Wohnungsmodernisierung
Förderart: Darlehen
Förderberechtigte:
Unternehmen; Privatperson; Verband/Vereinigung
Ansprechpartner:
zuständiges Amt für Wohnungswesen; NRW.BANK
Ziel und Gegenstand: Das Land Nordrhein-Westfalen gewährt Darlehen zur Verbesserung von Wohnangeboten insbesondere für ältere und pflegebedürftige Menschen. Schwerpunkte der Förderung sind:
– bauliche Maßnahmen zur Reduzierung von Barrieren im Wohnungsbestand
– bauliche Anpassung und Modernisierung von bestehenden Altenwohn- und Pflegeheimen,
– wohnungswirtschaftliche Maßnahmen des Stadtumbaus bei hochverdichteten Sozialwohnungsbeständen der 1960er- und 1970er-Jahre in Verbindung mit integrierten Bewirtschaftungskonzepten
– denkmalgerechte Erneuerung von selbst genutztem Wohnraum in Werks- und Genossenschaftssiedlungen und in historischen Stadt- und Ortskernen sowie in Stadterneuerungsgebieten
– bauliche Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz im Wohnungsbestand und in bestehenden
vollstationären Dauerpflegeeinrichtungen.
Förderprogramm NRW.BANK Gebäudesanierung
Förderbereich: Energieeffizienz, erneuerbare Energien; Wohnungsmodernisierung
Förderart: Darlehen
Förderberechtigte:Privatperson
Ansprechpartner:NRW.BANK
Ziel und Gegenstand: Die NRW.BANK fördert Investitionsvorhaben zur Steigerung der Energieeffizienz, zur
Verbesserung des Umweltschutzes sowie des barrierefreien Umbaus an selbst genutztem Wohneigentum.
Schwerpunkte der Förderung sind:
– Verbesserung der Energieeffizienz und Erneuerung von Heizungsanlagen oder deren Komponenten sowie
unmittelbar dadurch notwendige Maßnahmen
– Modernisierung und Instandsetzung, Behebung baulicher Mängel
– Barrierereduzierung
107 | FÖRDERMÖGLICHKEITEN
KURZE ÜBERSICHT ZU STEUERLICHEN ABSCHREIBUNGSMÖGLICHKEITEN BEI DENKMALEN UND GEBÄUDEN IN EINEM DENKMALBEREICH:
AUSFÜHRLICHE INFORMATIONEN:
Broschüre „Steuertipps für Denkmaleigentümer“, zuletzt erschienen 2009
Herausgegeben vom Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes NRW,
in Zusammenarbeit mit dem Finanzministerium des Landes NRW
Abrufbar im Internet:
http://www.mbwsv.nrw.de/stadtentwicklung/_pdf_container/Brosch_SteuertippDenkmal_09.pdf
Erhöhte Abschreibungsmöglichkeiten (sog. Denkmal-AfA)
Bei Gebäuden und Gebäudeteilen, die als Baudenkmal un­ter Schutz gestellt sind, können für nachträgliche
Anschaf­fungs- oder Herstellungskosten anstelle der üblichen linea­ren Abschreibung erhöhte Absetzungen
in Anspruch ge­nommen werden. Die erhöhten Absetzungen betragen im Jahr der Fertigstel­lung und den
folgenden sieben Jahren jeweils 9 % und in den darauf folgenden vier Jahren jeweils 7 % der begüns­tigten
Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Bei entsprechenden Maßnahmen an einem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Baudenkmal können – unter den näheren steuerrechtlichen und denkmalfachlichen Voraussetzungen des § 7 i Einkommensteuergesetz (EStG) – im Jahr des Abschlusses der Baumaßnahme und
in den neun folgenden Jahren jeweils bis zu 9 % wie Sonderausgaben abgezogen werden. Aufgrund der
Komplexität dieser steuerrechtlichen Thematik ist es ratsam, sich hierzu im Vorfeld durch einen Fachmann
(etwa einen Steuerberater) beraten zu lassen, der auch die persönlichen Rahmenbedingungen ausreichend
berücksichtigen kann.
Voraussetzung ist: Das betreffende Gebäude oder der Gebäudeteil muss ein geschütztes Baudenkmal im
Sinne des Denkmalschutzgesetzes NRW (DSchG) sein. Dies ist dann gegeben, wenn das Gebäude oder
der Gebäudeteil nach § 3 DSchG in die Denkmalliste eingetragen ist oder gemäß § 4 DSchG als vorläufig
eingetragen gilt.
Begünstigt sind grundsätzlich nur Anschaffungs- und Herstellungskosten, die dem Baudenkmal zuzurechnen sind. Die Anschaffungskosten für den Erwerb der Altbausubstanz können nicht erhöht abgeschrieben
werden.
Die erhöhten Absetzungen kommen auch bei Gebäuden in Betracht, die zwar selbst kein Baudenkmal sind,
aber in­nerhalb eines Denkmalbereichs liegen, wie er für einen Teil der Rheydter Innenstadt beabsichtigt ist.
Begünstigt sind in diesem Fall nur die Herstellungskosten der Teile des Gebäudes, die nach Art und Umfang
zur Erhaltung des schützenswerten äußeren Erschei­nungsbildes des Denkmalbereichs erforderlich sind –
beispielsweise die Fassade. Näheres ergibt sich u. a. aus der Satzung des Denkmalbereichs und sollte im
Zuge einer Beratung durch die Untere Denkmalbehörde erfragt werden.
Die Bescheinigung für erhöhte Abschreibungsmöglichkeiten gemäß § 40 DSchG kann nur erteilt werden,
wenn die Baumaßnahmen in Abstimmung mit der Stadt Mönchengladbach vorgenom­men worden sind.
Der Bauherr muss also vor Beginn der Baumaßnahmen diese im Einzelnen mit der zuständigen Unteren
Denkmalbehörde abstimmen. Diese wird hierzu den Landschaftsverband – LVR-Amt für Denkmalpflege im
Rheinland – hinzuziehen.
Im Rah­men der fachlichen Abstimmung ist Klarheit darüber herbeizuführen, welche Baumaßnahmen oder
Gewerke für eine erhöhte Abschreibung bescheinigt werden können. Bauliche Maßnahmen zur Anpassung
eines Baudenkmals an einen zeitgemäßen Nutzungsstandard sind begünstigt, beispielsweise die Aufwendungen für eine zeitgemäße Haustechnik, die Heizungsanlage, die Toilette, das Badezimmer usw., nicht
jedoch Aufwendungen für Einbaumö­bel, Beleuchtungskörper oder Einrichtungsgegenstände.
Nur tatsächlich angefallene Aufwendungen sind beschei­nigungsfähig. Dazu gehört nicht der Wertansatz für
die eigene Arbeitsleistung der Denkmaleigentümer oder für unentgeltlich Beschäftigte, weil ersparte Kosten steuerrechtlich nicht berücksichtigt werden können. Für die Bescheinigung sind Originalrechnungen
vorzulegen, die prüffähig zusammengestellt sein müssen.
Genauere Auskünfte erteilt die Untere Denkmalbehörde der Stadt Mönchengladbach.
FÖRDERMÖGLICHKEITEN | 108
FUSSNOTEN KAPITEL 1
1 Landschaftsverband Rheinland, Amt für
rheinische Landeskunde Bonn (Hg.): Rheinischer
Städteatlas Rheydt (= Lieferung IX Nr. 52). Köln
1989, Textbeilage (folgende Angaben nach dieser
Quelle, sofern nicht anders angegeben).
2 Hausaktenkammer Mönchengladbach, Hausakte Waisenhausstraße 40, Notiz 1951.
3 Landschaftsverband Rheinland, Amt für
rheinische Landeskunde Bonn (Hg.): Rheinischer
Städteatlas Rheydt (= Lieferung IX Nr. 52). Köln
1989, Textbeilage
4 Wolfgang Löhr (Hg.): Loca Desiderata. Mönchengladbacher Stadtgeschichte. Band 3.1. Köln
2003, S. 304-311.
BILD- UND QUELLENNACHWEIS
„Reichswerke AG für Waffen- und Maschinenbau
Hermann Göring“, und den sog. Schiffahrtsblock,
d.h. die „Reichswerke AG für Binnenschiffahrt
Hermann Göring“. Siehe: Walter Naasner: Neue
Machtzentren in der deutschen Kriegswirtschaft
1942-1945. Die Wirtschaftsorganisation der SS,
das Amt des Generalbevollmächtigten für den
Arbeitseinsatz und das Reichsministerium für
Bewaffnung und Munition / Reichsministerium
für Rüstung und Kriegsproduktion im nationalsozialistischen Herrschaftssystem. (= Schriften des
Bundesarchivs 45). Boppard 1994, FN 226.
13 Stadtarchiv Mönchengladbach, Sign. Akte
25b/5, Bericht über die Tätigkeit des Hauptausschusses.
Historische Aufnahmen sind, soweit möglich,
in den Bildunterschriften mit Einzelsignatur
nachgewiesen.
Die zugehörigen Archivsignaturen bezeichnen
folgende Archive:
– HA Erzbistum Köln: Historisches Archiv des
Erzbistums Köln (AEK)
– Stadtarchiv MG: Stadtarchiv Mönchengladbach
Quellennachweis für nicht in den Bildunterschriften nachgewiesene Abbildungen:
– Abb. 73: Max von Trott zu Solz, Eisenach
5 Werner Durth, Niels Gutschow: Träume in Trümmern. Planungen zum Wiederaufbau zerstörter
Städte im Westen Deutschlands. Erster Band
Konzepte. Braunschweig/Wiesbaden 1988, S. 66.
14 Alfons Leitl: Aus der Planung der Stadt
Rheydt, In: Baukunst und Werkform 1952, Heft
12, S. 18-23, hier S. 20 (darin enthalten: Ippendorf: Die Durchführung der Rheydter Stadtplanung S. 21-22).
– Abb. 76: INTHERMO GmbH
6 Verwaltungsbericht Rheydt 1945-47, zit. nach
Johannes Busmann: Die revidierte Moderne.
Der Architekt Alfons Leitl 1909-1975. Wuppertal
1995, S. 71.
15 Helmut Weihsmann: Bauen unterm Hakenkreuz. Architektur des Untergangs. Wien 1998,
S. 798.
– Abb. 81: Multipor
16 Johannes Busmann: Die revidierte Moderne.
Der Architekt Alfons Leitl 1909-1975. Wuppertal
1995, S. 168.
– Abb. 84: puren gmbh
7 Wolfgang Löhr (Hg.): Loca Desiderata. Mönchengladbacher Stadtgeschichte. Band 3.1. Köln
2003, S. 341.
8 Stadtarchiv Mönchengladbach, Sign. Akte
25b/5, Bericht über die Tätigkeit des Hauptausschusses.
9 Werner Durth, Niels Gutschow: Träume in
Trümmern. Planungen zum Wiederaufbau
zerstörter Städte im Westen Deutschlands. Erster
Band Konzepte. Braunschweig/Wiesbaden 1988,
S. 55-93. – Im Stadtarchiv Mönchengladbach
hat sich ein Text über den „Zeitlichen Ablauf der
Stadtplanungsarbeiten“ erhalten, in dem der
am 1.9.1945 eingesetzte Rheydter Stadtbaurat
Kurt Pieper eine Chronologie der stadtplanerischen Aktivitäten zwischen 1940 und 1945 gibt,
siehe: Stadtarchiv Mönchengladbach, Sign. Akte
25c/3989, Band 1.
10 Winter war seinerzeit im Bauamt der
Reichsjugendführung tätig (1944 im Range eines
Oberstammführers der Hitlerjugend, entspricht
dem Rang eines Oberstleutnants) und mitverantwortlich für die planerischen Vorgaben u. a.
für HJ-Heime, von denen er selbst mehrere
errichtete. Siehe: Reichsjugendführung der NSDAP (Hg.), Friedrich G. Winter (Bearb.): Jugendwohnheime in ihrer baulichen Gestaltung. o. O.
[1944]. Zur Planung Winters siehe: Stadtarchiv
Mönchengladbach, Sign. Akte 25c/3989, Band 1:
Ausstellungsbroschüre „Ausstellung Düsseldorfer
Architekten“, Kunsthalle Düsseldorf 9. Mai bis
10. Juni 1948. Winter zeigte neben diversen
Bauprojekten offenbar elf Pläne zu Rheydt, die im
Katalog mit „455-465 Vorentwurf zum Aufbauplan von Gladbach-Rheydt 1945“ aufgeführt
sind.
11 Folgende Angaben nach: Johannes Busmann:
Die revidierte Moderne. Der Architekt Alfons Leitl
1909-1975. Wuppertal 1995, v. a. S. 11-17.
12 Die „Reichswerke AG Hermann Göring“ war
unterteilt in den sog. Montanblock, d.h. die
„Reichswerke AG für Berg- und Hüttenbetriebe
Hermann Göring“, den sog. Waffenblock, d.h. die
17 Stadtarchiv Mönchengladbach, Sign. Akte
25b/5, Protokoll der nichtöffentlichen Ratssitzung
vom 30.12.1947. Zitat Basarstraße S. 31.
18 Städtisches Museum Rheydt: 3 Zi. KB.
Gladbacher Familien und Gladbacher Häuser.
12.2.-10.6.2012. Siehe hierzu auch der Katalog
zur Ausstellung mit dem Beitrag von Christian
Wolfsberger: Der Bauleitplan von 1948 für
Rheydt, S. 30-33.
19 Gudrun Escher: Wesel, eine Stadt des Wiederaufbaus, In: Eva Dietrich u.a. (Hg.): Zukunft
braucht Herkunft. Beiträge zur städtebaulichen
Denmalpflege. Essen 2011, S. 86-97.
– Abb. 78: Knauf Insulation GmbH
– Abb. 80: CLAYTEC
– Abb. 83: Thomas Eidam
– Abb. 85: Hessisches Ministerium für Umwelt,
Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
– Abb. 86: Franz Baumann KG, Rosenheim
– Abb. 87: DEUTSCHE ROCKWOOL
– Abb. 88: Bauer Digital KG
– Abb. 89: Franz Pfluegel (www.immonet.at)
Alle übrigen Abbildungen: Strauß & Fischer Historische Bauwerke, GBR
Stadt Mönchengladbach
Der Oberbürgermeister
Dezernat für Planen und Bauen
Fachbereich Stadtentwicklung und Planung
41050 Mönchengladbach
Gefördert durch:
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