OKT | NOV F r ä nkischer T ag | V E R L A G S B E I L A G E | A U S G A B E 0 1 LIEBES PUBLIKUM, Am 17. Oktober folgt dann die erste große Ensembleproduktion mit Friedrich H ­ ebbels monumentalem Werk „Die Nibelungen“. Ein Stoff, mit dem wir unsere Befragung des „Deutschen“ in dieser Spielzeit beginnen wollen: Was ist überhaupt deutsch? Was ist Heimat? Woher kommen wir? Was macht uns aus? Wie definieren wir das Deutsche in Zukunft? Fragen, die sich in unseren global bewegten Zeiten deutlicher stellen denn je. Wir zeigen zur Eröffnung beide Teile von Hebbels Drama zusammen im großen Erlebnisbogen mit mehreren Pausen. Im Laufe der Spielzeit wird es immer wieder die Möglichkeit zu diesem Event geben, Sie können sich die beiden Teile aber auch einzeln anschauen. Eine wichtige Neuerung ist, dass wir unsere Inszenierungen im Repertoirebetrieb zeigen werden, das heißt, erfolgreiche und beliebte Stücke werden im Laufe der Spielzeit (und gegebenenfalls darüber hinaus) immer wieder auf dem Spielplan stehen. Am Sonntag, dem 18. Oktober zeigen wir dann die Uraufführung von Konstantin Küsperts Stück „rechtes denken“, das im Auftrag des ETA Hoffmann Theaters entstanden ist. Auch wenn zurzeit ganz zu Recht viel von deutscher Willkommenskultur die Rede ist und sich viele Menschen in unserem Land durch großherzige Gesten schutzsuchenden Fremden gegenüber verdient machen, gibt es immer noch und ­immer wieder die Kehrseite davon: Mit rechtsextremistischen, fremdenfeindlichen Taten und Denkweisen beschäftigt sich Konstantin Küsperts Stück und das junge Team um die Regisseurin Julia Wissert. Ich hoffe, ich konnte Sie neugierig machen und freue mich auf unsere Begegnungen! Wir freuen uns auf Sie! Herzlich, Ihre Sibylle Broll-Pape Foto: Peer Engelbracht Am Freitag, dem 16. Oktober möchten wir ab 20 Uhr mit Ihnen feiern und I­ hnen das Ensemble in einem eigens für diesen Anlass zusammengestellten Programm vorstellen, mit Szenen und Liedern, Überraschungsgästen aus der Stadt, Tanz und Musik. Foto: Martin Kaufhold endlich ist es soweit! Vom 16. bis zum 18. Oktober ­begehen wir den Neuanfang am ETA Hoffmann Theater mit einem großen Eröffnungswochenende, zu dem wir Sie sehr herzlich einladen. Pina Kühr ein deutsches lied? Sibylle Broll-Pape inszeniert „Die Nibelungen“ von Friedrich Hebbel als Eröffnungspremiere auf der großen Bühne des ETA Hoffmann Theaters. „Im Zorn sind sie schön“, könnte man die auch heute noch ungebrochene Faszination an den Helden und vor allem an den Heldinnen des Nibelungenliedes erklären und wäre damit sogleich mittendrin im großen Kino, das dieser Stoff für das Theater bereithält. Immerwährende Fragen des Menschseins werden darin aufgeworfen: Was und warum ist Liebe, Tod, Gewalt und Krieg, Rache und Freundschaft, Treue und Verrat, Hass, Gier, Mut, Angst? Es sind Geschichten voller Leidenschaft, Spannung und Fieber und Figuren, die aus den Urgründen des Mythos zu uns blicken: Siegfried, der Drachentöter, der durch sein Bad im Drachenblut unverwundbare Herrscher über den sagenumwobenen Schatz der Nibelungen; Hagen, der Gegenspieler, der den Helden Siegfried durch eine List aus nicht eindeutig ergründbaren Mo­ tiven tötet und dem seine Recken die berüchtigte Nibelungentreue bis in den Untergang schwören; die scheinbar un- besiegbare Brunhild mit ihrem uralten, dunklen Wissen, die tief Betrogene; schließlich Kriem­hild, die sich von der liebenden Frau Siegfrieds zur unerbitt­ lichen Rachegöttin wandelt. Sie alle könnten ­ Figuren moderner Fantasy-­ Geschichten Hollywoods sein. Man kann das Nibelungenlied, anders als in vergangenen Zeiten geschehen, aber auch als eines der größten Anti­ kriegsepen der Weltliteratur lesen (A. Ostermaier), schließlich erleben wir mit den Nibelungen, wie eine ganze Gesellschaft Schritt für Schritt, über Konkurrenzkämpfe, Staatsräson, Verrat, List, Mord und Rache scheinbar unwider­ ruflich dem Untergang zu marschiert. Hebbel zeigt in seinen „Nibelungen“ eine Gemeinschaft, der immer wieder Weggabelungen zur Verfügung stehen, die immer wieder die Wahl hat, einen Ausweg zu nehmen, und dennoch stets den direkten Weg zum Abgrund geht, hin zu einem martialischen Krieg, an dessen Ende niemand mehr weiß, was einmal die „guten Gründe“ dafür waren. Thomas Mann hat diesen Hang zum ­Abgrund einmal als charakteristisch für „das Deutsche“ in eine Formulierung gefasst, die wie eine Zumutung erscheint: „Das Deutsche ist ein Abgrund, halten wir daran fest.“ Das Nibelungenlied ist vor allem im 19. Jahrhundert zum deutschen National­ epos erkoren worden, um der Sehnsucht nach einem Nationalstaat und einer nationalen Identität Ausdruck zu verleihen. Dabei passte der Mythos wohl vor allem wegen der Motive von Siegfrieds Draufgängertum und Hagens Todesbereitschaft zur Nervosität des Deutschen ­Reiches nach dessen Gründung, sah man doch ringsum unsichere Grenzen und Feinde. Anders als andere Nationalepen weiter auf seite 2 GROSSES ERÖFFNUNGSWOCHENENDE 16. Oktober 2015 ERÖFFNUNGSFEST ab 20:00 Uhr Eintritt frei! 17. Oktober 2015 DIE NIBELUNGEN Eröffnungspremiere Regie Sibylle Broll-Pape 18:00 Uhr (anschließend Premierenfeier) 18. Oktober 2015 RECHTES DENKEN Uraufführung Regie Julia Wissert 20:00 Uhr (anschließend Premierenfeier) E TA HOFFMANN THEATER O K T | N O V 2 0 15 FORTSETZUNG VON seite 1 GRUSSWORT DES THEATERVEREINS BAMBERG sind dabei „Die Nibelungen“ in die Zukunft gedacht, als Versprechen auf erst künftige Größe. LIEBE MITGLIEDER UND THEATERFREUNDE Friedrich Hebbel sah in dem Stoff welthistorische Bedeutung und die Möglichkeit, damit die Hoffnung der europäischen Aufklärung zu formulieren, dass der Fortschritt die Barbarei überwinden und in eine Welt humanistisch-christlicher Vergebung überführen würde. Die germanische Rachewelt soll am Ende vernichtet sein, und dieser Epochenwandel soll für ein neues Reich christlicher Werte stehen, verkörpert durch Dietrich von Bern am Ende des Stücks. Hebbel hat nach den wortlos rauen Helden und Heldinnen des Epos reflektierende Charaktere und ihre Figurenpsychologie für das Theater aufgeschlossen. Und niemand erhofft sich einen gelungenen Einstand mehr als der Theaterverein mit seinen Mitgliedern und wünscht 371-mal ein dreifaches Toi, Toi, Toi. Wir haben das neue Ensemble, auch mit seinen altgedienten Mitgliedern, Anfang Juli willkommen geheißen. Nach einer recht speziellen Stadtführung sind wir auf dem Spezial-Keller zu einer Willkommensbrotzeit eingekehrt, auch wenn wir dort erklären mussten, was Backsteinkäse mit Musik ist. Und wir wurden auch in der Hoffnung bestätigt, dass es im Theater mit frischem Wind und der gewohnten Qualität weitergeht. Und vielleicht ist es auch kein Zufall, dass das Publikum mit der Auftaktproduktion zu der sprichwörtlichen ­„Nibelungen-Treue“ ermuntert wird. Und genauso, wie wir uns auf das neue ­Theater freuen, würden wir das auch über neue Mitglieder tun. Pina Kühr „Der Worte sind genug gewechselt, Laßt mich auch endlich Taten sehn!“ Siegmar Walter Heinrich Kemmer PORTRAITS Das BAMBERGER ENSEMBLE In dieser Reihe stellen wir Ihnen unsere Schauspielerinnen und Schauspieler vor. Für das 20. Jahrhundert hat Heiner Müller die „Nibelungen“ als den ge­ schichtlichen Komplex bezeichnet, durch den das Deutsche sprach und vielleicht immer noch spricht. Woher die Todes­ faszination, fragt er und antwortet: „… wenn die Leute irgendwann bereit waren, für etwas zu sterben, ganz bewußt, dann ist das eine Kraftquelle, die man unbedingt anzapfen muss, wenn man nicht mehr weiß, wie man das Leben ­organisieren soll.“ Leben wir heute in einer Gesellschaft, die nicht mehr weiß, wie man das Leben organisieren soll? Sind die Jahrzehnte der Ironie an ihr Ende gekommen? Gibt es Sehnsucht nach Tragik? Wofür kämpfen und mit wem? Nach 1989 ist das Ende der Geschichte ausgerufen worden und somit das Ende der Tragik. Wenn die kapitalis­ tische Welt alternativlos geworden sei, hieß es, seien die Schlachten ja geschlagen und ­keine nibelungischen Drachen mehr zu bekämpfen. Sind die Drachen heute doch noch da? Wo ist der Krieg? Kommt er mit den Waffen, die wir aus Deutschland auf die Reise schicken, zu uns zurück? Aus Syrien, Afghanistan, dem Irak? Kehrt der Drache zurück? Remsi Al Khalisi Die Nibelungen Teil 1 Siegfried, Teil 2 Kriemhilds Rache Eröffnungspremiere | Teil 1 & 2 an einem Abend am 17. Oktober 2015 um 18:00 Uhr | Große Bühne Premiere | Teil 1 Siegfried am 23. Oktober 2015 um 20:00 Uhr | Große Bühne Premiere | Teil 2 Kriemhilds Rache am 24. Oktober um 19:30 Uhr | Große Bühne Mit Katharina Brenner, Benedikt Flörsch, Bertram Maxim Gärtner, Iris Hochberger, Pina Kühr, Ronja Losert, Eckhart Neuberg, Katharina Rehn, Pascal Riedel, Volker Ringe, Alexander Tröger, Florian Walter Regie: Sibylle Broll-Pape Bühne und Kostüme: Rainer Sinell Video: Peer Engelbracht, Stephan Komitsch (impulskontrolle) Dramaturgie: Remsi Al Khalisi Vorstellungen im Oktober/November: 28.10.15 (Teil 1 mit Einführung), 31.10.15 (Teil 1), 1.11.15 (Teil 1 & 2), 5.11.15 (Teil 1 mit Einführung), 6.11.15 (Teil 1), 14.11.15 (Teil 2 mit Einführung), 15.11.15 (Teil 1 mit Einführung), weitere Termine folgen. Pascal Riedel Was bedeutet das Theater für Dich? Wenn mich jemand fragt, wie ich ans Theater gekommen bin, sag ich immer, weil ich es musste. Es fällt mir schwer zu beschreiben, was das Theater für mich bedeutet. Es ist ein eigener Kosmos, den man eigentlich gar nicht beschreiben kann. Ich merke nur, dass mir sofort ­etwas fehlt, wenn ich kein Theater mache. Du spielst in den Nibelungen den Sieg­ fried. Er erlangt innerhalb eines Tages alles, was es bräuchte, um Brunhild, eine der faszinierendsten Frauen, und ihr ganzes Reich zu erobern. Warum entscheidet er sich für Kriemhild? Siegfried ist ein Glückskind, dem alles zufliegt. Es ist für ihn gar nicht von Bedeutung, dass er zum Beispiel reich wird. Er hat alles, damit er um Brunhild werben könnte, und sagt doch kurz davor: „denn Brunhild rührte, wie sie droben stand, in aller ihrer Schönheit nicht mein Herz, und wer da fühlt, daß er nicht werben kann, der grüßt auch nicht.“ Diese Dinge, die ihn anscheinend ausmachen, bedeuten ihm nichts, im Vergleich zu ­einem Kuss von Kriemhild. Welches Verhältnis hast Du zu Deinen Rollen? Ich lasse meine Rollen sehr nah an mich heran und habe bisher immer festgestellt, dass sie sehr viel mit mir zu tun haben. Und selbst die Rollen, bei denen es aussieht, als wären sie mir selbst am fernsten, sind mir am Ende doch am ähnlichsten. Diese Schnittstellen, die Foto: Martin Kaufhold gen der Aufklärung und auch Hebbels Fortschrittsglauben. Friedrich Hebbel „Die Pfosten sind, die Bretter aufgeschlagen, Und jedermann erwartet sich ein Fest.“ Aber mit so einer Spannung hat Bamberg dieses Ereignis seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr erwartet! Und mit einem großen Fest soll es ja auch losgehen. Endlich lernen wir das neue Theater unter Leitung von Sibylle Broll-Pape kennen und viele heiß diskutierte Fragen werden dort beantwortet, wo es einzig möglich ist: auf der Bühne. Foto: Peer Engelbracht „Die Nibelungen“ sind immer wieder ideologisch missbraucht worden und je nach dem, welche Argumentation gerade gebraucht wurde, wurde Siegfried oder gerade der Gegenspieler Hagen Bezugsfigur. Um Logik hat man sich ­ ­dabei vor allem bei den Nazis nicht geschert: die Dolchstoßlegende, mit der die empfundene Schmach der Nieder­ lage im 1.Weltkrieg versinnbildlicht wurde, stellt sich ganz auf die Seite des hinterrücks ermordeten Siegfried, während die monströse Durchhalterede Görings im Moment des Kessels von Stalingrad gerade den Mörder Hagen und seine Mannen zu Vorbildern apostrophiert. Das Motiv der Todessehnsucht hat immer wieder Fragen nach dem „deutschen ­Wesen“ aufgeworfen, psychologisch wurde die Lust am Untergang als trotzig-­ aggressives Akzeptieren der Todesgewissheit gedeutet: wenn ich schon, wie alle Menschen, sterben muss, nehme ich das selbst in die Hand. Siegmund Freud hat unter dem Eindruck der Schlachten im Ersten Weltkrieg den Krieg als den Normalzustand des Menschen beschrieben, der Frieden sei immer das Ergebnis unermüdlicher zivilisatorischer Anstrengungen und der Rückfall in die Barbarei jederzeit zu erwarten. Damit widerspricht er den humanistischen Hoffnun- die Rollen mit meiner eigenen Biographie haben, suche ich. Gleichzeitig distanziere ich mich von ihnen, damit ich immer noch Pascal bleibe. Gerade als junger Schauspieler wech­ selt man häufig den Wohnort. Wie lernst Du Deine neuen Städte kennen, und wie lernen Deine neuen Städte Dich kennen? Als erstes lerne ich die Städte über die Reaktionen von Freunden kennen, denen ich sage, was meine nächste Station sein wird. Die Aussage zu Bamberg war meistens: Ach schön, war ich auch schon mal. Dann steige ich irgendwann das erste Mal aus dem Zug und spreche die Leute an, um nach dem Weg zu fragen. Bei diesem ersten Spaziergang durch die Stadt, stelle ich mir vor, wie es wäre, wenn ich dort einkaufen gehe und hier wohnen werde und am Fluss entlangschlendere. Ich setze mich auf eine Bank, rauche eine Zigarette und denke mir: Hallo Bamberg, da bin ich. E TA HOFFMANN THEATER O K T | N O V 2 0 15 rechtes denken „Du, Mutti, wie funktioniert Gesellschaft?“ – „Eine gute Frage, mein Junge!“, heißt es im neuen Stück von Konstantin Küspert. In dem Auftragswerk, das das ETA Hoffmann Theater am 18. Oktober 2015 in einer Inszenierung von Julia Wissert zur Uraufführung bringen wird, untersucht der 1982 in Regensburg geborene Dramatiker, wie Gemeinschaften entstehen und warum die Sehnsucht danach oft mit gruppenbezogener Ausgrenzung zusammenhängt. Nicht erst seit der sogenannten Flüchtlings­ krise offenbaren „besorgte Bürger“ lautstark ihre Angst vor einer „Überfremdung“. Aber ist diese Angst berechtigt? Und wann wird daraus fremdenfeindliches Denken? Was ist in Ihren Augen rechtes Den­ ken? KK: Das Denken, dass die Menschen, die irgendwie zu mir gehören – die meine Werte, meine Bildung, meine Religion, meinen Wohlstand, meine Hautfarbe, meine Sprache, meine Herkunft oder meinen Musikgeschmack teilen –, in jedem Fall bevorzugt behandelt werden müssen und vor den anderen geschützt werden müssen. Diesen anderen begegnet man im rechten Denken mit Misstrauen, mit latenter Abneigung, mit ­Vorurteilen. Ist es schwierig, moralisch verantwort­ lich zu handeln? KK: Ich glaube, es sind einige wenige Prinzipien, an die man sich halten sollte, und die sind auch noch subjektiv und nicht objektivierbar. Es hilft alles nichts, wir brauchen individuell einen moralischen Kompass, einen Strukturgeber, den wir konsultieren können im Zweifel. Die Philosophen bieten sowas seit Jahrtausenden an, die Religion auch, ich plädiere stark dafür, sich individuell zu bilden – eben die großen Moralphilo­ sophen zu lesen, die wichtigsten geist­ lichen Schriften – und sich dann ein ­eigenes Register moralischer Regeln zusammenzustellen. Als Handreichung, als Vorschlag, vielleicht das kleine Sätzlein: Sei kein Arschloch. „Flüchtlingskrise“, „Überfremdung“, „Islamphobie“. In Deutschland wer­ den einerseits Asylbewerberheime an­ gezündet und andererseits übt man sich in der Willkommenskultur. In ­jedem Fall ist Ihr Stück hochaktuell. ­Haben Sie beim Schreiben einen be­ sonderen Druck verspürt? KK: Nein. Druck nicht. Ich versuche natür­lich, auch deshalb Themen anzugreifen, weil sie sich gerade in der öffentlichen Wahrnehmung befinden. Ich glaube, wir haben am Theater einen Auftrag, ähnlich wie andere, mit öffent­ lichem Geld finanzierte Einrichtungen auch, eine gewisse Aktualität abzu­ bilden und bestimmte Fragen auf eine bestimmte Art und Weise zu stellen. Nehmen Sie in Deutschland, aber auch außerhalb Deutschlands, einen Rechts­ ruck wahr? Woher kommt das Ihrer Meinung nach? KK: Einen wirklichen Rechtsruck weiß ich nicht, aber es gibt meines Erachtens eine zunehmend größere Akzeptanz rechten Denkens. Vieles ist (wieder?) salonfähig, was früher undenkbar gewesen wäre. Populistische Parteien werden an Regierungen beteiligt und bekommen Mandate und Ämter. Ich denke, das liegt an einer diffusen, subjektiv erlebten Krise. An einer individuellen Abstiegsangst, einem Bedrohungsgefühl; dieses Gefühl wird dann ausagiert, zu Ungunsten derjenigen, die vermeintlich oder tatsächlich noch schwächer sind als man selbst und die vermeintlich bevorzugt werden. Das sind in der Regel Regisseurin Julia Wissert studierte Theater- und Medienproduktion in London an der University of Surrey sowie Regie am Mozarteum in Salzburg. Seitdem inszenierte sie am Staatstheater Oldenburg, am Jungen Theater Göttingen, am Hessischen Staatstheater Wiesbaden sowie am Schlosstheater Celle. Mit der Uraufführung von „rechtes denken“ inszeniert sie nun zum ersten Mal in Bamberg. „In der gegenwärtigen poli­tischen Situation ist es für mich wichtig, sich mit der Idee von Nation, nationale Identität und Grenze aus­ Foto: Reinhard Werner Herr Küspert, dem Thema „rechtes denken“ kann man sich auf vielfältige Weise nähern. In Ihrem neuen Stück gibt es drei große Kapitel, die ineinan­ der verschachtelt sind: Einerseits ha­ ben wir eine Familiensequenz, in der wir sehen, wie Peter sich immer weiter radikalisiert. In einem weiteren Teil überdenkt ein junger Mann sein ­Engagement bei der Burschenschaft, nachdem er sich in eine Burschen­ schaftsgegnerin verliebt hat. Der Hauptteil nimmt jedoch eine philoso­ phische Ebene ein, die stark an die Staatstheorie von Thomas Hobbes an­ gelehnt ist. Warum ist der philosophi­ sche Unterbau in Ihrem Stück für Sie so bedeutsam? Konstantin Küspert: Diese Form der Staatstheorie kann meines Erachtens sehr gut erklären, warum es eine bestimmte Form der Dynamik gibt, wo sie herkommt und was daraus entstehen kann. Was die Mechanismen sind, die dem zugrunde liegen, was wir jeden Tag erleben, wie sich Gruppen und Gemeinschaften konstituieren. eben die Ausländer, die Flüchtlinge, oder wie man sie nennt. Diejenigen, zu denen man ein starkes Differenzerlebnis hat, die man eben als anders wahrnimmt. Sie behandeln ein politisches Thema. Ist Theater immer politisch? KK: Es sollte es zumindest sein! Als mit öffentlichen Mitteln finanzierter Amüsier- und Bildungsbetrieb hat das Theater auch immer eine gesellschaftsbildende Funktion, und also eine genuin politische. Das ist meines Erachtens die höchste Aufgabe jeder öffentlichen Einrichtung: politische Bildung. Hier, bei uns, sogar: politische Bildung die Spaß macht, mit Musik, Gesang, Tanz und Häppchen in der Pause. Hat es Sie besonders gereizt, ein Stück für Bamberg zu schreiben? KK: Ich bin halber Franke, also ist mein Hauptbezug zu der Region ein biografischer. Darüber hinaus hatte ich bislang noch nicht das Vergnügen… Schade! Denn Bamberg erlebe ich als sehr schöne, kulturell und ästhetisch reiche Stadt, mit offenen, freundlichen und interessierten Bewohnern. Sie haben zunächst Geisteswissen­ schaften studiert, anschließend Sze­ nisches Schreiben, und haben unter anderem als Schauspieldramaturg ge­ arbeitet. Woher kommt Ihr Interesse für das Theater und warum schreiben Sie für das Theater? KK: Theater ist als Kunstform einzigartig. Als einzige Form der Kunst kann sie im Idealfall eine Situation erschaffen, die Zuschauer und Akteure gleichermaßen umfängt, sie unausweichlich macht. Das kann keine andere künstlerische Disziplin. Das Interview führte Olivier Garofalo. Premiere: 18. Oktober 2015 uraufführung Mit: Anna Döing, Marie Nest, Stefan Hartmann, Daniel Seniuk Regie: Julia Wissert Bühne und Kostüme: För Künkel Dramaturgie: Olivier Garofalo einanderzusetzen“, so die Regisseurin, die 2012 für ihre Bearbeitung von Ibsens „Nora“ beim Körber Studio Junge Regie mit dem Publikumspreis ausgezeichnet wurde und 2014 für „Der Junge in der Tür“ mit dem Kurt-Hübner-Regiepreis 2014 der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste. PORTRAITS Das BAMBERGER ENSEMBLE VOLKER RINGE Was bedeutet das Theater für Dich? Ich glaube im weitesten Sinne an eine Form der Theaterfamilie. Theater gibt einem die Möglichkeit, Träume zu rea­ lisieren und damit alle Beteiligten, Schauspieler genauso wie das Publikum, anzuheben, über das Alltägliche hinauszugehen. Das Theater kann aber auch ein Ort der Zuflucht und sogar der Besinnung sein. Das komplexe Miteinander kann und sollte außerdem ein Prüfstand des zwischenmenschlichen Umgangs sein, denn wie sollen wir gesellschaftliche Themen glaubhaft auf der Bühne verhandeln, wenn hinter den Kulissen völlig andere Gesetze gelten? Du wirst in den „Nibelungen“ den ­Hagen spielen. Ist Hagen zur Liebe ­fähig? Ich persönlich glaube sehr wohl, dass er sich verlieben kann, und es auch tut: in niemand geringeres als Kriemhild selbst. Ich glaube, dass seine tief verwurzelte Königstreue es ihm verbietet, sich von seiner Position durch Gefühle ablenken zu lassen. Immerhin kennt er Kriemhild, seit sie ein kleines Kind ist, und ebenso lange diente er dem König. Ihm würde es wie ein Verrat erscheinen, seinen Gefühlen nachzugeben. Ein Verrat, den er nie begehen würde. Wie hast Du Dich auf deine Rolle vor­ bereitet? Indem ich mir ein wichtiges Thema für die Figur herausgesucht habe. Dabei nehme ich am liebsten ein Thema, das so nicht direkt im Text steht, sondern mir vor allem dabei hilft, mir mein eigenes Bild von der Figur zu machen und daraus die Motivation und Gestaltung für das Spiel zu ziehen. In diesem Falle war es eben die Liebe zu Kriemhild. Hast Du ein Premierenritual? Ich höre einen Song auf voller Lautstärke. Früher war es „The American“ von Simple Minds. Mit der Zeit wurde er allerdings von dem Song „The Eton Rifles“ von The Jam abgelöst. Für Dich hat sich dieses Mal nicht der Wohnort, sondern das Theaterhaus in sich geändert. Wenn es kein Umzug war, womit würdest Du es am ehesten vergleichen? Es ist so, als hätte man neue Mitbewohner in der WG. Die Ensemble-Interviews führte Christopher Heyder. Wir möchten Ihnen begegnen ... Konstantin Küspert rechtes denken Julia Wissert Foto: Martin Kaufhold INTERVIEW mit Konstantin Küspert Vorstellungen im Oktober und November: 20.10.15*, 22.10.15*, 25.10.15, 27.10.15*, 29.10.15, 4.11.15*, 8.11.15, 11.11.15*, 13.11.15*, jeweils um 20:00 Uhr im Studio, weitere Termine folgen. *Einführung um 19.30 Uhr … in der TREFF-BAR – Entdecken Sie den neugestalteten TREFF bei unseren ­Premierenfeiern und vor und nach jeder Vorstellung! Die TREFF-BAR öffnet am 16. Oktober 2015! … beim sonntäglichen ETA Frühschoppen mit Frühstück im TREFF, um mit Ihnen, den Schauspielern und Regieteams ins Gespräch zu kommen. Zum Beispiel am 15.11.2015 11:30 Uhr zu den NIBELUNGEN und VIEL GUT ESSEN und am 29.11.2015 11:30 Uhr zu RECHTES DENKEN und KRÄHWINKEL. … bei unseren regelmäßigen EINFÜHRUNGEN in die Inszenierungen, jeweils eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn im Gewölbe. Die Einführungstermine finden Sie in unserem Monatsleporello oder unter www.theater.bamberg.de. E TA HOFFMANN THEATER O K T | N O V 2 0 15 Friedrich Hebbel 06. 20:00 Uhr DIE NIBELUNGEN 1 FR. OKTOBER 07. 19:30 Uhr 4. FRÄNKISCHER HUMORGIPFEL GroSSe Bühne Friedrich Hebbel 17. 18:00 Uhr DIE NIBELUNGEN 1&2 SA. GroSSe Bühne SO. 08. 20:00 Uhr Eintritt frei eRÖFFNUNGSPREMIERE SO. 18. RECHTES DENKEN URAUFFÜHRUNG STUDIO Einführung: 19.30 Uhr (Gewölbe) 21. 18:00 Uhr IBEROAMERIKA TREFF DO. 22. 20:00 Uhr Abo S 1 und freier Verkauf STUDIO Einführung: 19.30 Uhr (Gewölbe) Friedrich Hebbel 23. 20:00 Uhr DIE NIBELUNGEN 1 FR. GroSSe Bühne SIEGFRIED Friedrich Hebbel 24. 19:30 Uhr DIE NIBELUNGEN 2 SA. GroSSe Bühne KRIEMHILDS RACHE SO. 25. 20:00 Uhr STUDIO Konstantin Küspert 27. 20:00 Uhr RECHTES DENKEN DI. STUDIO Einführung: 19.30 Uhr (Gewölbe) Abo S 2 und freier Verkauf PREMIERE Abo P und freier Verkauf PREMIERE Abo P und freier Verkauf 28. 20:00 Uhr DIE NIBELUNGEN 1 Abo S 3 und freier Verkauf VHS 1.1 und freier Verkauf Friedrich Hebbel MI. GroSSe Bühne SIEGFRIED | Einführung: 19.30 Uhr (Gewölbe) DO. 29. 20:00 Uhr STUDIO Abo E und freier Verkauf Konstantin Küspert RECHTES DENKEN VHS 1.2 und freier Verkauf 30. 20:00 Uhr DEAD OR ALIVE POETRY SLAM FR. ZU GAST Friedrich Hebbel 31. 19:30 Uhr DIE NIBELUNGEN 1 GroSSe Bühne SIEGFRIED 16:00 Uhr STUDIO GEWÖLBE FR. Abo C und freier Verkauf Friedrich Hebbel DIE NIBELUNGEN 1&2 STUDIO SO. 15. 11:30 Uhr TREFF SO. 15. 03. 20:00 Uhr BAMBERG LIEST 2015 DI. 19:30 Uhr Konstantin Küspert 04. 20:00 Uhr RECHTES DENKEN MI. GEWÖLBE STUDIO DO. 05. 20:00 Uhr Einführung: 19.30 Uhr (Gewölbe) DIE NIBELUNGEN 1 GroSSe Bühne SIEGFRIED | Einführung: 19.30 Uhr (Gewölbe) Abo D und freier Verkauf ETA FRÜHSCHOPPEN zu Die Nibelungen und Viel gut essen Eintritt frei Friedrich Hebbel DIE NIBELUNGEN 1 VHS 4 und freier Verkauf LESUNG ETA SALON Philipp Löhle nach Gerdt von Bassewitz PREMIERE Philipp Löhle nach Gerdt von Bassewitz 21. 15:00 Uhr PETERCHENS MONDFAHRT SA. GroSSe Bühne SO. 22. Philipp Löhle nach Gerdt von Bassewitz PETERCHENS MONDFAHRT Buchempfehlungen von Andrea Bartl 25. 20:00 Uhr LESELUST MI. TREFF LESUNG in Zusammenarbeit mit Buch- und Medienhaus Hübscher ETA SALON Sibylle Berg 27. 20:00 Uhr VIEL GUT ESSEN FR. unsere ticket-highlights Wahl-Abo 4 + 4 – Stellen Sie sich Ihr Theaterjahr selber zusammen! Mit unserem Wahlabo bestimmen Sie, welche Vorstellungen Sie an welchem Tag besuchen. Das Wahl-Abo 4 + 4 umfasst 8 Besuche, davon 4 auf der Großen Bühne und 4 im Studio. Es ist übertragbar oder für mehrere Personen gleichzeitig nutzbar. Und für unsere Jungen Zuschauer gibt es das Wahlabo bereits ab 60€! Last-Minute-Ticket – ins Theater für Kleingeld! Studierende und Schüler haben die Möglichkeit 20 Minuten vor Vorstellungsbeginn Restkarten auf allen Plätzen zu ergattern – und das Ganze für nur 7€! theaterkasse ETA Hoffmann Theater E.T.A.-Hoffmann-Platz 1 96047 Bamberg GroSSe Bühne Eintritt frei PREMIERE Abonnements, Reservierung und Vorverkauf Theaterkasse Öffnungszeiten Di-Sa 10.00 - 13.00 Uhr Mi 16.00 - 18.00 Uhr Telefon: 0951 87 30 30 E-Mail: [email protected] Weitere Vorverkaufsstellen bvd Kartenservice, Tel: 0951 980 82 20 Bamberg Tourismus & Kongress Service, Tel: 0951 297 62 00, bei allen Geschäftsstellen des Fränkischen Tages und online bei www.eventim.de Impressum Verantwortlich für den Inhalt: Remsi Al Khalisi, Olivier Garofalo, Christopher Heyder, Laura Kemp, Judith Zeitner Gestaltung: Designbüro Schönfelder Druck: Druckzentrum Oberfranken Das ETA Hoffmann Theater wird gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst und den Bezirk Oberfranken. Die nächste Ausgabe der Zugabe! erscheint am 07.11.2015! STUDIO Philipp Löhle nach Gerdt von Bassewitz 28. 15:00 Uhr PETERCHENS MONDFAHRT SA. SO. 29. 15:00 Uhr Friedrich Hebbel Abo C und 20. 11:00 Uhr PETERCHENS MONDFAHRT FR. GroSSe Bühne Abo E 1 und freier Verkauf Abo B 1 und freier Verkauf Einführung: 19.30 Uhr (Gewölbe) Navid Kermani 18. 20:00 Uhr VERGESST DEUTSCHLAND! TREFF GroSSe Bühne Auftaktveranstaltung Konstantin Küspert MI. 11:30 Uhr ZU GAST Das Ensemble Ernst von Leben improvisiert GroSSe Bühne SIEGFRIED | Einführung: 19.00 Uhr (Gewölbe) SO. 29. PREISVERLEIHUNG ZIVILCOURAGE 2015 FREI NACH SPIELPLAN GroSSe Bühne KRIEMHILDS RACHE | Einführg.: 19.00 Uhr (Gewölbe) freier Verkauf MO. 02. HANDELN STATT WEGSCHAUEN ZU GAST Friedrich Hebbel 14. 19:30 Uhr DIE NIBELUNGEN 2 GroSSe Bühne TREFF Abo E 2 und freier Verkauf Einführung: 19.30 Uhr (Gewölbe) SA. GroSSe Bühne SIEGFRIED | KRIEMHILDS RACHE 17:00 Uhr ETA SALON 13. RECHTES DENKEN 20:00 Uhr GroSSe Bühne NOVEMBER SO. 01. LESUNG Konstantin Küspert 11. 20:00 Uhr RECHTES DENKEN 15:00 Uhr GroSSe Bühne SA. Gespräch zu rechtes denken mit Konstantin Küspert, PD Dr. Julia Schöll, Prof. Dr. Marc Helbling, Olivier Garofalo MI. 20:00 Uhr Eintritt frei Konstantin Küspert RECHTES DENKEN ETA EXTRA 10. NIE GELUNGEN LIED DO. 12. Konstantin Küspert RECHTES DENKEN RECHTES DENKEN Goller / Gomringer GEWÖLBE CAFÉ INTERNATIONAL MI. DI. Konstantin Küspert 20:00 Uhr STUDIO Konstantin Küspert 20. 20:00 Uhr RECHTES DENKEN MO. 09. TREFF 20:00 Uhr DI. STUDIO 20:00 Uhr GroSSe Bühne SIEGFRIED | KRIEMHILDS RACHE Konstantin Küspert ZU GAST SA. 16. 20:00 Uhr GROSSES ERÖFFNUNGSFEST FR. Abo B und freier Verkauf GroSSe Bühne SIEGFRIED SO. 29. 17:00 Uhr GroSSe Bühne SO. 29. 20:00 Uhr STUDIO ETA FRÜHSCHOPPEN zu rechtes denken und Krähwinkel wir verlosen 2 karten! Diskutieren Sie mit uns: Eintritt frei WAS HEISST ES FÜR SIE, DEUTSCH ZU SEIN? Philipp Löhle nach Gerdt von Bassewitz PETERCHENS MONDFAHRT Schreiben Sie uns! Unter allen Ein­ sendungen verlosen wir 2 Karten für die NIBELUNGEN am 23.10.2015 um 20.00 Uhr. Philipp Löhle nach Gerdt von Bassewitz Einsendeschluss ist der 10.10. 2015. PETERCHENS MONDFAHRT Geschlossene Vorstellung; MGO Sibylle Berg VIEL GUT ESSEN Ihre Antworten richten Sie an: [email protected] VHS 2.1 und freier Verkauf Wir freuen uns auf Ihre Antworten!