Die Römer in Mähren

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GESCHICHTE
Die Römer in Mähren
Der Einflussbereich der Römer reichte in der Kaiserzeit nicht nur bis zur Donau, sondern bis ins heutige Mähren.
Bei der Schlacht im Teutoburger Wald
wurde der römische Traum von einer
Gesamt-Provinz „Germania“ zu Grabe
getragen. Die Grenzen des unmittelbaren Einflussbereichs wurden mit Rhein
und Donau festgeschrieben. War es aber
wirklich so, dass die Römer außer bei
„Strafexpeditionen“ niemals über den
Limes hinauskamen?
Die offi zielle Wissenschaft des 19.
Jahrhunderts vertrat noch diese Meinung, die weit ins 20. Jahrhundert
beibehalten wurde. Und so ließ der Niederösterreicher und Altertumsforscher
Prof. Mitscha-Märheim mit seiner Meinung aufhorchen, dass beispielsweise
auf dem Oberleiserberg ein römisches
Kastell gestanden hätte. Er wurde von
seinen Kollegen belächelt, die nachzuweisen versuchten, dass die ausgegrabenen Steinbauten (die Fundamente
sind heute noch sichtbar) neben dem
heutigen Aussichtsturm einem Stammesfürsten zugehörig waren. Die vielen
Bodenfunde römischer Provenienz –
Münzen, Fibeln, Waffen, Pferdegeschirrteile, Lampen usw. – wurden mit Handelsbeziehungen mit dem Römischen
Reich erklärt. Erst später wurde MitschaMärheim teilweise rehabilitiert: Der
Oberleiserberg beherbergte zwar kein
römisches Kastell, dennoch waren hier
römische Legionäre mit ihren Offi zieren, offensichtlich als „Militärberater“,
stationiert.
BODENFUNDE BEI BRÜNN. Das 21. Jahrhundert brachte bezüglich römischer
Aktivitäten und ständiger Bauten jenseits des Limes mehr Klarheit: Dass im
Zuge der Markomannenkriege unter
Kaiser Mark Aurel Feldlager im feindlichen Germanien errichtet wurden, war
kein Geheimnis, eines davon fand man
bei Ausgrabungen in der Nähe des heutigen Ortes Stillfried. Hier dürfte sich auch
das sogenannte „Regenwunder“ ereignet
haben, das die römischen Legionäre bei
sengender Hitze durch heftigste Gewitter
vor dem Untergang durch ihre Feinde
bewahrt hatte. Auf der Säule des Mark
Aurel in Rom ist dieses Ereignis bildlich
und plastisch dargestellt. Auf dem Pfaffenberg bei Deutsch-Altenburg, auf dem
man die „Akropolis“ von Carnuntum
errichtet hatte, baute man auch für das
Regenwunder einen eigenen Tempel, der
leider durch Abbau des Berges zerstört
wurde und für immer verschwunden ist.
Der Feldzug des Jahres 172 n. Chr.
dürfte aber für das Römische Reich nicht
nur eine Befriedung seiner Grenzen gebracht haben, sondern auch eine Präsenz
in Germanien, vornehmlich im Gebiete
der Markomannen und Quaden in einer
Form, von der man bis ins 20. Jahrhundert keine Ahnung hatte. So registrierte
man beispielsweise in Olmütz (Olomouc)
östlich von Brünn nicht nur zahlreiche
römische Bodenfunde ziviler und militärischer Natur, sondern ergrub auch Reste
von Steinbauten und zahlreicher Fundamente fester baulicher Elemente. Die
Olmützer hatten während ihrer Zeit in
der Habsburgermonarchie stets auf eine
römische Vergangenheit gepocht und
einen Julius-Cäsar-Brunnen errichtet.
Schon vor Jahren wurde der Beweis erbracht, dass sie recht gehabt hatten. Man
änderte daher auch das Stadtwappen
und ergänzte die Buchstaben SPQO (in
Anlehnung an das antike Rom: Senatus
Populusque Olomucium).
Eine kleine Sensation folgte: Im Gebiet
von Pasohlávky (Weißstätten) fanden
Archäologen der Brünner Universität
eindeutige römische Baureste. Weitere
Grabungen bestätigten die ersten archäologischen Vermutungen: Im Gebiet von
Pasohlávky und Hradiská, hoch über der
seinerzeitigen Thaya, befand sich ein
römisches Kastell, angelegt wie alle
Militärlager mit Doppeltor, rechteckiger
Bauweise, Prätorium mit Sitz des Lagerkommandanten und einer Besonderheit,
einem Lagerspital für hunderte Patienten, sowie Verwaltungsgebäude, einem
Gästehaus und einer Badeanstalt.
DAS KASTELL VON MUŠOV. Im Gebiet von
Hradiská und Mušov wurde dank der
Erkundungen des deutschen Archäologen Anton Gnirs, die er im Auftrag
von ČSR-Präsident T. G. Masaryk in den
Jahren 1926–1928 durchführte, an den
Ufern der Thaya (heute bedeckt ein rie-
FRO NTIE RS O F THE RO MAN E MPIRE CU LTU RE 2000 PRO JE CT (2005-2008)
VON PETER SOUKUP
Der Limes: Potenzial zum Weltkulturerbe. Der Obergermanisch-Rätische Limes ist seit 2005
anerkannt, die UNESCO-gerechte Aufbereitung des bayrisch-österreichischen Abschnitts ist
noch im Projektstadium.
siger Stausee das Thayatal) unter den
Pollauer Bergen (Pálava) schon damals
mehr als ein gewöhnliches „Feldlager“
der römischen Armee vermutet. Das Gebiet dürfte der Sitz eines germanischen
Fürsten gewesen sein, denn in Muschau
(Musov) hatte man schon im 19. Jahrhundert einen beachtlichen Schatz germanischer Kunst aufgefunden (die
schönsten Stücke wurden in den 80er
Jahren des vorigen Jahrhunderts in
Traismauer anlässlich einer Sonderausstellung gezeigt).
Die methodische Ergrabung des bis
heute namenlos gebliebenen Kastells
brachte zahlreiche militärische Metallfunde zutage, viele Münzen aus der Zeit
Deutschland
Präsenz der Römer
diesseits und
jenseits der Donau
im heutigen
Niederösterreich
bzw. in Mähren
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der Kaiser Mark Aurel, Hadrian, Nerva
u. a. Ein besonders wertvoller Fund stellt
ein Aureus (Goldmünze) der Kaisergattin
Faustina dar. Ferner terra sigillata, das
teure Tafelgeschirr aus Rom, Öllampen,
viele Schmuckstücke (die Legionäre
dürften nicht unbeweibt gewesen sein).
Beweise für eine eigene „Zivilstadt“, wie
sie beispielsweise in Vindobona bestand,
wurden nicht gefunden. Es wurden bis
jetzt auch keine Schiffsreste festgestellt,
obwohl die Thaya im 2. Jahrhundert
nach Christus mit Sicherheit schiffbar
war und das Lager nicht ohne Grund
praktisch am Fluss erbaut wurde.
Viele Fundstücke, eine Dokumentation
sowie ein Lagernachbau im Kleinformat
Ernstbrunn, Oberleiserberg
Werkstätten für röm. Militär?
Vindobona
Ovilavis
fi nden sich in einem Museumsraum im
Bereich des „ATC Autokemp Merkur“ in
Pasohlávky am Nordende des ThayaStausees an der Autostrecke nach Brünn.
Im Regionalmuseum in Mikulov
(Nikolsburg) wurde im Jahr 2007 eine
Ausstellung „Römer und Germanen im
Raum unter den Pollauer Bergen“
(„Římané a Germáni v kraji pod Pálavou“) eröffnet. Für dieses Projekt erhielt
das Museum den Preis „Gloria musaealis“. In der Zukunft plant man auf
dem ehe maligen römischen Areal einen
archäologischen Erlebnispark nach Carnuntiner Muster, mit teilweiser Wiederaufrichtung römischer Baureste in die
dritte Dimension.
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Musov-Burgstall
Wallanlagen
Plank am Kamp
Marschlager
Fels am Wagram
Marschlager
Lauriacum
Römische Grenze z. Zt. Marc Antons
Römische Städte
Legionärslager
Kollnbrunn
Marschlager
Bernhardsthal
Marschlager
Stillfried
Marschlager
Engelhartstetten
Marschlager
Stopfenreuth
Brückenkopfkastell
Slowakei
Ungern
Aelium Cetium
Carnuntum
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