Wahrscheinlichkeitsrechnung Teil 1 - Mathe-CD

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Wahrscheinlichkeitsrechnung
Teil 1
Einführung in die Grundbegriffe
Sekundarstufe 1
Datei Nr. 31101
Stand 1. September 2009
Friedrich W. Buckel
INTERNETBIBLIOTHEK FÜR SCHULMATHEMATIK
www.mathe-cd.de
Inhalt
§ 1 Zufallsexperimente, Ereignisse und Wahrscheinlichkeiten
1.1
1
Zufallsexperimente, Ergebnisse und Ereignisse
1
Elementarereignis, sicheres und unmögliches Ereignis
3
Wie viele Ereignisse kann es geben?
7
1.2
Laplace-Experimente und ihre Wahrscheinlichkeit
9
1.3
Laplace-Experimente 2. Art
1.4
Experimente, bei denen die Elementarereignisse experimentell
bestimmt werden.
Fortsetzung in der Datei 31102
20
22
31101 Stochastik Einführung
Teil 1
1
§ 1 Zufallsexperimente, Ereignisse und Wahrscheinlichkeiten
1.1 Zufallsexperimente, Ergebnisse und Ereignisse
Will man Vorhersagen über das Eintreten bestimmter Ereignisse (z. B. beim Würfeln) machen, dann
muss auch sicher stehen, dass das Ergebnis nur durch den Zufall beeinflusst wird. Manipulationen
(wie gezinkte Würfel) müssen ausgeschlossen sein. Thema dieses Heftes wird es sein, Vorhersagen
über das Eintreten bestimmter Ergebnisse zu machen, die bei einem nur durch den Zufall gesteuerten
Experiment, also einem Zufallsexperiment, eintreten können.
Wir müssen die Fachsprache dazu beherrschen. Dies sind die wichtigsten Fachbegriffe:
Zufallsexperimente sind beispielsweise
a)
b)
1.
Würfeln,
2.
das Werfen einer Münze,
3.
das Drehen eines Glücksrades,
4.
das Ziehen einer Spielkarte,
5.
das Entnehmen einer Kugel aus einem Topf.
Führt man die in a) genannten Experimente mehrfach nacheinander aus, dann
spricht man von mehrstufigen Zufallsexperimenten. Dabei muss man bisweilen
auf folgendes achten:
1.
Man kann einen Würfel dreimal nacheinander werfen oder aber mit drei Würfeln
zugleich werfen.
2.
Man kann eine gezogene Spielkarte vor dem nächsten Zug wieder zurücklegen,
so dass sie beim nächsten Zug wieder zur Verfügung steht.
3.
c)
Analoges gilt für das Entnehmen einer Lottokugel aus einem Lostopf.
Als Zufallsexperimente gelten auch Spiele, wenn man voraussetzt, dass der nächste
Spielzug wirklich vom Zufall bestimmt ist und nicht wie beim Schach durch Überlegung
geplant wird.
Beim Ziehen einer Kugel aus einem Topf (man nennt sie in der Wahrscheinlichkeitsrechnung oft Urne) oder einer Spielkarte usw. muss „blind“ gezogen werden, d.h. man
darf weder durch Sehen noch durch Tasten erkennen, welches Objekt man zieht, sonst
liegt kein Zufallsexperiment mehr vor.
Umfragen (unter Personen) und Auswählen von Personen aus einer Gruppe usw. sind
nur dann Zufallsexperimente, wenn diese auch wieder „blind“ geschehen.
Es gibt unzählige Arten von Zufallsexperimenten, die man sie nicht alle aufzählen kann.
Diese Liste umfasst nur häufig vorkommende Zufallsexperimente. Im Laufe des Unterrichts
werden weitere als Beispiele gestreift.
31101 Stochastik Einführung
Teil 1
2
An einem Zufallsexperiment interessiert uns stets ein Merkmal.
Beim Würfeln sind es die oben gezeigten Zahlen (auch „Augen“ genannt),
beim Ziehen einer Spielkarte kann es der Spielkartenwert sein oder die Farbe der Karte,
beim Auswählen von Personen kann man gar viele Dinge erfragen usw.
Jedes Merkmal kann in verschiedenen Ausprägungen auftreten. Die Menge aller möglichen
Ausprägungen bilden die Ergebnismenge oder den Ergebnisraum. Man bezeichnet diesen sehr
oft mit S und bezeichnet diese Menge S auch als Grundmenge der Ergebnisse. Man liest dafür
auch das Wort Stichprobenraum.
a)
Das Zufallsexperiment „Würfeln“ hat bei einem normalen Würfel die Ergebnismenge
S = {1;2;3;4;5,6} . In dieser Schreibweise liegt bewusst ein Fehler: Man trennt die
einzelnen Ergebnisse durch Semikola. Zwischen 5 und 6 steht aber hier ein Komma.
Schüler sind da oft weniger genau und akzeptieren dieses Komma auch als
Trennungszeichen zwischen den Ergebnissen. Bei „Zahl“ besteht jedoch die
Verwechslungsgefahr mit Dezimalzahlen. Hier ist es zwar klar, dass es beim Würfeln
nicht das Ergebnis 5,6 geben kann, weil die Dezimalzahl „Fünf-Komma-Sechs“ auf
keinem Würfel aufgedruckt steht. Also denken wir uns einen Würfel so beschriftet
wie dieses Netz es zeigt, dann hat das
5,6
Experiment „einmal würfeln“ die Ergebnismenge
S = {1; 34 ; −2; −3,5;5,6}
Die auf zwei Feldern stehende 1
1
3
4
1
−3,5
wird nur einmal in S aufgezählt (es sei
denn, man hätte eine rote 1 und eine
blaue 1 aufgedruckt, dann wären dies
−2
unterscheidbare Ergebnisse.
Und das Ergebnis 5,6 ist jetzt eine einzige Zahl und auch wegen der Unterscheidung
zwischen Kommata und Semikolon klar als solche erkennbar.
Übrigens eignen sich solche selbst erstellten Würfel gut zum Rechentraining mit
rationalen Zahlen. Das Zufallsexperiment „Summe der Augenzahlen bei zweimaligem
Würfeln“ wiederholt dann etwas die Rechenfähigkeiten. Hier sind der Fantasie „böser“
Lehrer keine Grenzen gesetzt.
b)
Die Ergebnismenge beim Werfen einer Münze kann so aussehen: S = {B ; Z}
oder Zahl), oder S = {W ; Z} (Wappen oder Zahl).
c)
Das Drehen des abgebildeten Glücksrades
führt zur Ergebnismenge S = {1; 2 ; 3} .
usw.
2
1
3
(Bild
31101 Stochastik Einführung
Teil 1
3
Man muss auch zwischen Ergebnis und Ereignis unterscheiden:
a)
Beim Würfeln kann ein Spiel so aussehen: Wer eine gerade Zahl wirft, bekommt 10 Punkte
oder darf um 10 vorrücken usw. Hier wird man also belohnt, wenn das Ereignis „gerade Zahl“
eintritt. Dieses besteht aus den Ergebnissen 2, 4 oder 6. Daher sind Ereignisse mathematisch
gesehen auch wieder Mengen. Man schreibt das Ereignis A: „Es wird eine gerade Zahl
gewürfelt“ auch als A = {2 ; 4 ; 6} und identifiziert sozusagen Ereignisse mit Mengen.
Hier weitere Beispiele zu Ereignissen, die beim Würfeln vorkommen können:
B:
„Es wir eine Zahl gewürfelt, die größer als 3 ist“:
B = {4 ;5 ; 6}
C:
„Es wird die Zahl 5 oder 6 gewürfelt“:
C = {5 ; 6}
D:
„Es wird nicht die 2 gewürfelt“:
D = {1; 3 ; 4 ;5 ; 6}
E:
„Man würfelt weder die 1 noch die 3 noch die 5“:
E = {2 ;4 ; 6} .
Hier muss man erkennen, dass die Ereignisse A und E gleich sind! Wir halten fest: Ereignisse
können durch ganz verschiedene Texte oder Eigenschaften beschrieben werden. Wenn ihre
Ergebnismengen übereinstimmen, sind sie mathematisch gesehen dasselbe Ereignis!
F:
„Die gewürfelte Zahl ist 2“:
F = {2}
G:
„Es wird die 5 gewürfelt“:
G = {5}
Ereignisse, die nur ein Ergebnis besitzen, nennt man Elementarereignisse.
Es gibt bei diesem Zufallsexperiment „Würfeln“ genau 6 Elementarereignisse.
H:
„Es wird die Zahl 7 gewürfelt“:
H={
}
Weil dies bei einem üblichen Würfel dies nicht möglich ist, besitzt H kein Ergebnis.
Man schreibt dann die leere Menge als Ereignismenge auf. Ereignisse, zu denen es kein
Ergebnis gibt, nennt man das unmögliche Ereignis. Es gibt übrigens nur ein unmögliches
Ereignis: H’: „Es wird die Zahl 8 gewürfelt“ ist nämlich dieselbe leere Menge.
I:
„Es wird eine Zahl kleiner als 9 gewürfelt“.
Dies ist das sichere Ereignis, denn es tritt bei jedem Wurf ein. Seine Ergebnismenge
ist die Grundmenge I = S = {1; 2 ; 3 ; 4 ; 5 ; 6}
Es gibt sehr viel mehr Ereignisse, aber doch nicht beliebig viele. Man kann im Unterricht
die Kinder einmal alle denkbaren Ergebnismengen, also Ereignisse aufschreiben lassen.
Dabei muss man beachten, dass die Reihenfolge der Ergebnisse in einer Menge unwichtig ist.
Also stellen
{2 ; 3 ; 5} = {2 ; 5 ; 3} = {3 ; 2 ; 5} = {3 ; 5 ; 2} = {5 ; 2 ; 3} = {5 ; 3 ; 2}
dieselbe Menge dar, die man übrigens verbal so beschreiben kann: „Es wird eine Primzahl
gewürfelt“. (Eine Primzahl besitzt genau 2 Teiler, die 1 und sich selbst. Daher ist 1 keine
Primzahl). Wir werden später zeigen, dass es beim Würfeln 64 mögliche Ereignisse gibt.
31101 Stochastik Einführung
b)
Teil 1
4
Das Zufallsexperiment „Werfen einer Münze“ besitzt die Ergebnismenge S = {W ; Z} .
Wir wollen jetzt einmal alle möglichen Ereignisse finden, die es dazu gibt.
Dazu müssen wir uns gemerkt haben:
Jedes Ereignis ist eine Menge, deren Elemente aus der Ergebnismenge S stammen,
die also Element von S sind. Man sagt daher:
Jede Teilmenge der Menge S ist ein Ereignis.
Auf der Suche nach allen möglichen Ereignissen, die beim Werfen einer Münze eintreten
können, müssen wir also sämtliche Teilmengen von S bestimmen.
1. Schritt:
Es gibt 2 Teilmengen mit nur einem Element (Elementarereignisse):
A = {W } und B = {Z} .
2. Schritt:
Das Ereignis C = {
}
besitzt kein Element aus S. Eine Beispiel für eine
verbale Beschreibung ist „Man wirft die Zahl 7“. Da es (zumindest in Deutschland)
keine Münze mit dem Wert 7 € gibt, liegt hier das unmögliche Ereignis vor.
3. Schritt:
Das Ereignis „Man wirft Zahl oder Wappen“ wird durch die Grundmenge
dargestellt. Diese gilt auch als Teilmenge, sozusagen von sich selbst.
Es hat sich bewährt, dass man jede Menge auch als Teilmenge von sich selbst
bezeichnet, oft sagt man dann auch „unechte Teilmenge“ dazu.
Ergebnis:
Die Grundmenge S = {W ; Z} besitzt 4 Teilmengen:
2 mit je einem Element, dazu die leere Menge und die Grundmenge selbst.
Das gilt natürlich auch für jedes andere Zufallsexperiment, dessen Grundmenge nur aus zwei
Elementen besteht. Denken wir uns einen Stapel mit 10 Karten, von denen 3 rot und 7 schwarz
sind, dann gehört zum Zufallsexperiment „Ziehen einer Karte“ die Grundmenge S = {r ; s} .
Und genau wie oben gibt es dazu 4 Teilmengen, also kann man genau vier mögliche Ereignisse
erwarten. Und immer gehören das unmögliche Ereignis
c)
{}
und das sichere Ereignis S dazu.
Das Drehen des abgebildeten Glücksrades
führt zur Ergebnismenge S = {1; 2 ; 3} .
Aufgabe:
2
1
3
Schreibe alle 8 Teilmengen auf, die es zu dieser Grundmenge gibt.
Versuche auch, zu jeder dieser Mengen (= zu jedem Ereignis) eine verbale Beschreibung zu
finden. Denke daran, dass man jedes Ereignis auf beliebig viele Arten beschreiben kann. Hier
sind also der Fantasie wenig Grenzen gesetzt.
Die Antwort steht auf der nächsten Seite.
31101 Stochastik Einführung
Teil 1
5
Lösung
1. Schritt:
Wenn das Rad an einer Zahl stehen bleibt, dann ist ein Elementarereignis eingetreten.
Davon gibt es diese drei:
2. Schritt:
3. Schritt:
A: „Es erscheint die Zahl 1“:
A = {1} ,
B: „Es erscheint eine Gerade Zahl“:
B = {2} ,
C: „Man erhält weder 1 noch 2“:
C = {3} .
Es gibt Ereignisse (= Teilmengen), die genau zwei Ergebnisse besitzen:
D: „Es erscheint eine Zahl, die kleiner als 3 ist.“
D = {1; 2} ,
E: „Es erscheint eine Zahl größer als 1“:
E = {2 ; 3} .
F: „Wir erhalten eine ungerade Zahl“:
F = {1; 3} .
Das unmögliche Ereignis:
U={
}.
Man könnte es z. B. so beschreiben: „Man erhält die Zahl 5“.
4, Schritt:
Das sichere Ereignis:
S = {1; 2 ; 3}
Eine mögliche Beschreibung ist etwa: „Man erhält eine Zahl kleiner als 4“.
Aufgabe:
Wir untersuchen weitere Ereignisse zu diesem Experiment. Da es keine anderen als die oben
genannten acht gibt, kann man sie diesen zuordnen: A, B, C, D, E, F, U oder S. Führe das aus:
E1:
Man erhält eine Zahl, die Teiler von 8 ist.
E2:
Man erhält eine Zahl, die kleiner als 10 ist.
E3:
Man erhält eine Primzahl.
E4:
Man erhält eine Zahl, die ungleich 1 ist.
E5:
Man erhält keine Primzahl.
E6:
Man erhält die Lösung der Gleichung 2 ⋅ x + 3 = 13 .
E7:
Man erhält eine gerade Zahl.
E8:
Man erhält eine Zahl, die folgende Eigenschaft hat:
„Addiert man zu ihrem Quadrat die 6, dann erhält man ihren fünffachen Wert“.
E9:
Man erhält eine Zahl, die blau ist.
E10:
Man erhält eine Zahl, deren Farbe rot oder schwarz ist.
Die Lösungen stehen auf der nächsten Seite:
31101 Stochastik Einführung
Teil 1
6
Lösung
E1 = D = {1; 2}
Man erhält eine Zahl, die Teiler von 8 ist.
E2 = S = {1; 2 ; 3} Man erhält eine Zahl, die kleiner als 10 ist.
E3 = E = {2 ; 3}
Man erhält eine Primzahl.
E4 = E = {2 ; 3}
Man erhält eine Zahl, die ungleich 1 ist.
E5 = A = {1}
Man erhält keine Primzahl.
E6 = U = {
Man erhält die Lösung der Gleichung 2 ⋅ x + 3 = 13 .
}
Die Lösung ist 5, und die gehört nicht zur Grundmenge S.
E7 = B = {2}
Man erhält eine gerade Zahl.
E8 = E = {2 ; 3}
Man erhält eine Zahl, die folgende Eigenschaft hat: „Addiert man zu ihrem
Quadrat die 6, dann erhält man ihren fünffachen Wert“.
Am schnellsten geht es, wenn man die Probe für alle drei Zahlen der
Grundmenge durchführt:
E9 = B = {2}
x = 1:
12 + 6 = 7 und 5 ⋅ 1 = 5
x = 2:
2 + 6 = 10 und 2 ⋅ 5 = 10 stimmt!
x = 3:
32 + 6 = 15 und 3 ⋅ 5 = 15 stimmt.
stimmt nicht.
2
Man erhält eine Zahl, die blau ist.
Hat man eine Schwarz-weiß-Kopie der Aufgabe, dann ist E9 = U = {
E10 = F = {1; 3}
}.
Man erhält eine Zahl, deren Farbe rot oder schwarz ist.
Hat man eine Schwarz-weiß-Kopie der Aufgabe, dann ist E9 = S = {1; 2 ; 3} ,
denn sind alle Zahlen schwarz.
d)
Das Drehen des abgebildeten Glücksrades
führt zur Ergebnismenge S = {1; 2 ; 3 ; 4} .
Die Aufzählung aller Teilmengen gestaltet sich hier etwas
1 2
4 3
aufwendiger.
Wie immer gehören die leere Menge
{}
für das unmögliche Ereignis und die Grundmenge
S = {1; 2 ; 3 ; 4} für das sichere Ereignis dazu. Dann die vier Elementarereignisse (die je nur 1
Ergebnis zulassen):
{1} ; {2} ; {3} ; {4} .
Nun folgen die Teilmengen, die genau 2 Ergebnisse (Elemente von S) enthalten und schließlich
diejenigen mit 3 Ergebnissen.
Schreibe sie bitte selbst auf!
31101 Stochastik Einführung
Teil 1
7
{1; 2} , {1; 3} , {1 ; 4} ,
{2 ; 3} , {2; 4}
{3; 4}
Teilmengen mit 2 Elementen:
(Erklärung: In der 1. Reihe stehen die drei Teilmengen, die mit 1 beginnen,
darunter diejenigen, die mit 2 beginnen, und schließlich gibt es noch ein Paar, das mit 3
{2 ; 1} , {3 ; 1} , {3 ; 2} ,{4 ;1} , {4 ; 2} und {4 ; 3} sind identisch
mit {1; 2} , {1; 3} , {2 ; 3} , {1; 4} , {2 ; 4} und {3 ; 4} , weil die Reihenfolge der Aufzählung
beginnt. Die Paare
in einer Menge keine Rolle spielt!
{1; 2 ; 3} ; {1; 2 ; 4} ; {1; 3 ; 4} ; {2 ; 3 ; 4}
Teilmengen mit 3 Elementen:
Diese sind wieder leichter zu finden: Wenn drei von vier Elemente vorhanden sein sollen,
dann fehlt immer eines, also zuerst die 4, dann die 3, dann 2 und am Ende die Zahl 1.
Wir addieren zusammen:
Leere Menge, Grundmenge, 4 Elementarereignisse, 6 Ereignisse
mit 2 Ergebnissen und 4 mit 3 Ergebnissen.
Das sind zusammen 16 mögliche Ereignisse.
Hier eine Zusammenstellung der bisherigen Ergebnisse:
Anzahl der Elemente
S = (Beispiel)
Anzahl der Teilmengen (Ereignisse)
2
{W; Z}
4
3
{1;2;3}
8
4
{1;2;3,4}
16
Man kann folgendes feststellen:
Mit zunehmender Anzahl von Ergebnissen (d. h. Elementen in S)
verdoppelt sich die Zahl der Ereignisse.
Wenn man aus einem Stapel mit 5 Spielkarten {1; 2 ; 3 ; 4 ; 5} eine Karte zieht,
Vermutung:
dann gibt es 32 mögliche Ereignisse.
Dies bedeutet verallgemeinert:
Hat ein Zufallsexperiment insgesamt n Elementarereignisse,
dann gibt es dazu z = 2n Ereignisse.
In einer Tabelle sieht das so aus:
n
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
z
2
4
8
16
32
64
128
256
516
1024
2048
4096
AUFGABE:
Notiere alle 32 Teilmengen von S = {1; 2 ; 3 ; 4 ; 5} .
31101 Stochastik Einführung
Teil 1
8
Lösung
Unmögliches Ereignis:
{ }
Elementarereignisse:
{1} , {2} , {3} , {4}
Ereignisse mit 2 Elementen:
{1; 2} , {1 ; 3} , {1; 4} , {1; 5} ,
{2 ; 3} , {2 ; 4} , {2 ; 5} ,
{3 ; 4} , {3 ; 5} und
{4 ; 5}
Ereignisse mit 3 Elementen:
{1; 2 ; 3} , {1 ; 2 ; 4} , {1; 2 ; 5} ,
{1; 3 ; 4} , {1; 3 ; 5} ,
{1; 4 ; 5} ,
{2 ; 3 ; 4} , {2 ; 3 ; 5} ,
{2 ; 4 ; 5}
{3 ; 4 ; 5}
Ereignisse mit 4 Elementen:
{1; 2 ; 3 ; 4 ; 5 } ; {1; 2 ; 3 ; 4 ; 5} ; {1 ; 2 ; 3 ; 4 ; 5} ;
{1; 2 ; 3 ; 4 ; 5} ; { 1 ; 2 ; 3 ; 4 ; 5}
und
{5}
mit 1 und 2
mit 1 und 3
mit 1 und 4
mit 2 und 3
mit 2 und 4
mit 2 und 4
Hier fehlt jeweils eines der 5 Elemente.
S = {1 ; 2 ; 3 ; 4 ; 5} .
Das sichere Ereignis:
Das sind zusammen 32 Ereignisse (Teilmengen von S).
Ergänzung:
Für Interessierte sei verraten, wieso sich die Anzahl der Teilmengen verdoppelt, wenn man ein
Element mehr dazu nimmt:
Man nehme das Beispiel (d) her, dort hat S = {1 ; 2 ; 3 ; 4} schon 16 Ereignisse.
Diese sind alle ohne die Zahl 5.
Nehmen wir überall noch die 5 dazu, kommen nochmals 16 Teilmengen dazu, und man hat
genau die 32 Mengen von oben!
31101 Stochastik Einführung
Teil 1
9
1.2 Laplace-Experimente und ihre Wahrscheinlichkeit
1.
Lesetext zur Einführung
Unser Ziel ist es, die Chancen für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses bei der Durchführung
eines Zufallsexperiments zahlenmäßig zu erfassen. Dies ist quasi ein Blick in die Zukunft: Was
können wir erwarten?
Wie man den Blick in die Vergangenheit schafft, das wurde in 14101 besprochen. Wenn man das in
Frage kommende Experiment ganz oft durchführt, kann man die Ergebnisse statistisch erfassen und
auswerten. Die Auswertung kann ganz einfach dadurch geschehen, dass man die relative Häufigkeit
der einzelnen Ergebnisse oder Ereignisse berechnet. Wenn man hier möglichst aussagekräftige
Werte bekommen will, muss man das Experiment möglichst oft durchführen.
Beispiel 1: Man wirft eine Münze mit den Oberflächen Wappen und Zahl. Das Zufallsexperiment
„Werfen einer Münze“ hat somit die Ergebnismenge S = {W ; Z} . Wenn man nur 10-mal wirft,
kann es sein, dass man 3-mal Wappen und 7-mal Zahl bekommt oder 6-mal Wappen und 4-mal Zahl.
Wenn die Münze gleichmäßig gearbeitet (man sagt „ideal“) ist, dann wird aber folgendes eintreten: Je
öfter man wirft, desto mehr nähern sich die relativen Häufigkeiten beider Ergebnisse dem Wert 0,5.
Das passt zur Vorstellung der gleichen Chancen beider Seiten. Es wird aber sicher bei 100 000
Würfen nur sehr selten auf genau 50 000-mal W und 50 000-mal Z hinauslaufen, aber wir können
dann vielleicht so um 49 000-mal W und 51 000-mal Z bekommen, was den relativen Häufigkeiten
hWappen =
49 000
100 000
= 0,49 bzw. hZahl = 0,51 entspricht. Die Mathematiker formulieren es so: Mit
zunehmendem Umfang der Stichprobe bzw. mit zunehmender Anzahl der Würfe stabilisieren sich die
relativen Häufigkeiten. Wenn beide Seiten der Münze die gleichen Wahrscheinlichkeiten haben, dann
ist dies die „ideale“ relative Häufigkeit genau 0,5, und dies nennt man dann die Wahrscheinlichkeit
dieser beiden Ergebnisse.
Beispiel 2: Beim Werfen eines Würfels können wir 6 Ergebnisse erwarten. Ist der Würfel ideal, dann
ist jede Zahl gleichberechtigt. Dann werden sich die relativen Häufigkeiten nach häufigem Würfeln bei
1
6
stabilisieren, denn die Summe aller relativen Häufigkeiten ist 1, und alle sind im Idealfall gleich
groß. Also sagt man: Jedes Ergebnis tritt mit der Wahrscheinlichkeit
1
6
auf. Das ist dann die
Vorhersage der zu erwartenden relativen Häufigkeit bei häufigem Würfeln.
Beispiel 3: Das Glücksrad heißt ideal, wenn alle drei Sektoren
gleich (kongruent) sind, also dieselben Innenwinkel besitzen
(und das Rad sonst auch gleichmäßig gearbeitet ist).
Dann hat jede Zahl dieselbe Wahrscheinlichkeit. Würde man sehr oft
2
1
3
spielen, dann würden sich die relativen Häufigkeiten h(1), h(2) und h(3) deren Summe ja 1 ist - wegen der gleichen Chancen bei
1
3
einpendeln.
Man ordnet daher jedem der Elementarereignisse {1} , {2}, {3} die Wahrscheinlichkeit
1
3
zu!
31101 Stochastik Einführung
2.
Teil 1
10
Merke
Ein Experiment, bei dem alle Ergebnisse (Ausgänge) die gleichen
Wahrscheinlichkeiten besitzen, nennt man ein Laplace-Experiment.
Alle möglichen Elementarereignisse haben dann die gleiche
Wahrscheinlichkeit.
Besitzt die Ergebnismenge n Ergebnisse, dann ist die Wahrscheinlichkeit
von jedem Elementarereignis n1 .
Dies ist die vorhergesagte relative Häufigkeit, der man sich nähern würde,
wenn man das Experiment sehr oft durchführen würde.
3.
Formulierungen
Beispiel 1: Werfen einer Münze
Dieses Zufallsexperiment hat die Ergebnismenge S = {W ; Z} .
Man kann nun sagen:
Das Ergebnis W (Wappen) tritt mit der Wahrscheinlichkeit p W =
Das Ereignis
{W }
(
)
besitzt die Wahrscheinlichkeit P {W } =
1
2
1
2
auf,
oder:
.
Entsprechend gilt:
Das Ergebnis Z (Zahl) tritt mit der Wahrscheinlichkeit p Z =
Das Ereignis
{Z}
( )
besitzt die Wahrscheinlichkeit P {Z} =
1
2
1
2
auf,
oder:
.
Erklärung der Schreibweise:
Die Schreibweise pW verwendet man für die Wahrscheinlichkeit eines Ergebnisses oder
Merkmals. Für die Wahrscheinlichkeit von Ereignissen verwendet man in der Regel
das große P mit zwei Klammern, zwischen die man das Ereignis schreibt, also P( ).
Wenn A das Ereignis A = {1; 3} ist, dann bezeichnet man mit P(A) seine Wahrscheinlichkeit.
Man kann aber auch statt A die Mengenschreibweise verwenden, dann aber kommen eben die
(
)
Mengenklammern noch dazu: P {1; 3} ist dann die Wahrscheinlichkeit P(A).
Die richtige Verwendung der Klammern ist sehr wichtig.
Falsch und damit sogar sinnlos wäre beispielsweise die Schreibweise P (1; 3 ) , denn
zwischen den runden Klammern steht jetzt keine Menge und daher auch kein Ereignis!
(
)
Falsch ist auch P {A} , wenn man damit die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses A bezeichnen
(
)
will. P {A} bedeutet nämlich die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses {A} , also des Eintretens
des Ergebnisses A (etwa ein As in einem Stapel Spielkarten), nicht des Ereignisses A.
31101 Stochastik Einführung
Teil 1
11
Schüler haben da lange Verständnisprobleme, weil die mathematische Fachsprache sehr genau ist.
Man darf die Begriffe Ergebnis und Ereignis nicht verwechseln.
Beispiel 2: Würfeln
Wenn beim Würfeln die Zahl 5 als Ergebnis auftritt, dann ist das Ereignis {5} eingetreten.
Bei einem idealen Würfel (also einem Würfel, bei dem also alle 6 Ergebnisse mit der gleichen
Wahrscheinlichkeit eintreten, man nennt einen solchen Würfel auch Laplace-Würfel oder kurz
1
6
L-Würfel), sind die Wahrscheinlichkeiten für alle Ergebnisse
p1 = p2 = p3 = p 4 = p5 = p6 =
1
6
. Das kann man so schreiben:
.
Natürlich sind dann auch die Wahrscheinlichkeiten für die 6 Elementarereignisse
{1}
bis {6}
1
6
.
Das ist genau dasselbe, nur man muss es jetzt, weil man von Ereignissen spricht, mit der
( )
( )
( )
( )
( )
( )
Mengenschreibweise notieren: P {1} = P {2} = P {3} = P {4} = P {5} = P {6} =
4.
1
6
.
Wahrscheinlichkeiten von Ereignissen mit mehr als einem Ergebnis.
Lesetext: Bleiben wir beim Beispiel „Würfeln“.
Welche Wahrscheinlichkeit besitzt das Ereignis A: „Man würfelt eine gerade Zahl“?
Wir können A als Menge A = {2 ; 4 ;6} schreiben und zeigen damit, welche Ergebnisse
möglich sind, damit wir sagen können, das Ereignis A ist eingetreten.
Jeder stellt sofort fest: Das ist genau die Hälfte aller Möglichkeiten, also wird die
Wahrscheinlichkeit
1
2
sein. (D. h. wenn man sehr oft würfelt, wird die relative Häufigkeit
für das Eintreten des Ereignisses A etwa 0,5 sein.)
Die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses B = {1; 6} ist P (B ) =
1
3
, denn hier liegen zwei
„günstige“ Ergebnisse vor. Wenn eines von diesen vorkommt, dann ist das Ereignis B
eingetreten. Das sind 2 von 6 Möglichkeiten, also ein Drittel aller Ergebnisse.
Das Ereignis C = {3 ; 4 ;5 ; 6} (eine Zahl größer als 2 würfeln) hat vier günstige von
insgesamt 6 möglichen Ergebnissen ein. Damit können wir in 4 von 6 Fällen mit C rechnen.
Die Wahrscheinlichkeit von C ist daher P ( C ) =
4
6
=
2
3
.
MERKE:
Umfasst die Ergebnismenge eines Zufallsexperiments genau n Elemente und bezieht sich
ein Ereignis E auf insgesamt g Elemente, dann berechnet man die Wahrscheinlichkeit für
g
das Eintreten des Ereignisses E durch die Formel P (E ) =
.
m
P (E) =
Anzahl der für E günstigen Ergebnisse
Anzahl der möglichen Ergebnisse
also
P (E) =
g
m
31101 Stochastik Einführung
5.
Teil 1
12
Musterbeispiele und Aufgaben
Beispiel 1
Das Glücksrad.
1 2
4 3
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