STOCHASTIK Teil 4 Logik Teil 1

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STOCHASTIK
Teil 4
Logik Teil 1
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Manuskript
F. Buckel
Juni 2000
Internatsgymnasium Schloß Torgelow
Stochastik 4
Logik 1
1
Ereignisse mit den logischen Prädikaten
und – oder – nicht – weder noch
Mit den vier in der Überschrift genannten Wörtern kann man Aussagen verknüpfen
und so neue Aussagen bilden. Beziehen sich diese Aussagen auf Ereignisse, zu
denen man die Wahrscheinlichkeit berechnen soll, dann entstehen schnell sprachlich
nur schwer verständliche Konstruktionen, die nur mit den Mitteln der Logik bzw.
Mengenlehre auflösbar werden. Das wichtige Hilfsmittel dazu ist das sogenannte
Carnaugh-Diagramm
(gelesen Karnaff-Diagramm) Dieses stellt die Grundmenge als Rechteck dar, die
horizontal und vertikal in Komplementärmengen zerteilt wird.
Beispiel 1:
In einer Schulklasse mit 24 Kindern befinden sich 16 Jungen und 8 Mädchen. Unter
diesen Kindern sind bereits 15 Raucher, 6 davon sind Mädchen.
J
M
(1)
(2)
(3)
(4)
Die erste Zerlegung in Komplementärmengen ist
Mädchen – Jungen ( M – J ), die zweite Raucher –
Nichtraucher. ( R – N ). Damit entstehen vier Felder,
die im Grunde Schnittmengen sind:
(1): rauchende Mädchen, (2) rauchende Jungen,
(3) nicht rauchende Mädchen und (4) nicht
rauchende Jungen.
R
N
1. Schnittmengen
Zu einer Schnittmenge A ∩ B gehören die Elemente, die zu A und zu B gehören
(1) ist die Schnittmenge M ∩ R (ihre Elemente=Kinder sind Mädchen und Raucher)
(2) ist die Schnittmenge J ∩ R (ihre Elemente sind Jungen, die rauchen)
(3) ist die Schnittmenge M ∩ N (ihre Kinder sind nichtrauchende Mädchen)
(4) ist die Schnittmenge J ∩ N (ihre Kinder sind Jungen, die Nichtraucher sind).
Es gibt unterschiedliche Beschreibungen der Elemente einer Schnittmenge. Im
Grunde steckt jedoch grundsätzlich das Wort und in der Beschreibung.
Wir können jetzt in dieses Diagramm die gegebenen Anzahlen eintragen (grün)
Es dann eine leichte Kopfrechnung,
J
M
die fehlenden Anzahlen (blau) zu
(1)
(2)
ermitteln:
R
Wenn 6 Mädchen zu den Rauchern
15
gehören, dann 2 zu den Nichtrauchern, und die restlichen 9
(3)
(4)
N
Raucher müssen Jungs sein, also
9
bleiben 7 männliche Nichtraucher
übrig.
6
9
2
7
8
16
Aufgabe: Zu jeder dieser 8 Zahlen kann man (bezogen auf die Grundmenge aus 24
Kindern) eine Wahrscheinlichkeit berechnen. Führe das durch !
Stochastik 4
P(M) =
P(J) =
8
24
16
24
Logik 1
=
=
ist die Wahrscheinlichkeit dafür, daß ein beliebiges Kind dieser
Klasse ein Mädchen ist.
ist die Wahrscheinlichkeit dafür, daß ein beliebiges Kind dieser
Klasse ein Junge ist.
1
3
2
3
Achtung: Da M und J Komplementärmengen bilden gilt:
1. M und J bilden zusammen die ganze Grundmenge
2. M und J haben keine gemeinsamen Elemente,
d.h. ihre Schnittmenge M ∩ J ist leer.
Daher gilt: Z(M) + Z(J) = Z(G)
(Z=Anzahl der Elemente)
denn 8 + 16 = 24.
Also gilt für die zugehörenden Wahrscheinlichkeiten:
P(M) + P(J) = 1.
Man hat daher bei Komplementärmengen stets die einfachere Berechnungsmöglichkeit über die Wahrscheinlichkeit des Gegenereignisses:
P(J) = 1 – P(M).
(Das Gegenereignis zu „x ist ein Junge“ lautet „´x ist kein Junge“ bzw. „x ist
ein Mädchen“.)
P(R) =
=
ist die Wahrscheinlichkeit dafür, daß ein beliebiges Kind dieser
Klasse ein Raucher ist.
5
P(N) = 1 − P(R) = 1 − 8 = 38
15
24
5
8
P(M ∩ R) =
6
24
=
1
4
P(M ∩ N) =
2
24
=
1
12
ist die Wahrscheinlichkeit dafür, daß ein beliebiges Kind dieser
Klasse ein Mädchen ist, das ab und zu raucht.
ist die Wahrscheinlichkeit dafür, daß ein beliebiges Kind dieser
Klasse ein Mädchen ist, das Nichtraucher ist
Achtung: Falsch wäre hier die Rechnung P(M ∩ N) = 1 − P(M ∩ R) = 1 − 41 = 34 , denn
die Mengen M ∩ N und M ∩ R sind keine Komplementärmengen, da sie
zusammen nicht die ganze Klasse ergeben, sondern „nur“ die Teilmenge der
Mädchen.
Ja, und dann bleiben noch die Wahrscheinlichkeiten
P(J ∩ R) = 249 = 83
ist die Wahrscheinlichkeit dafür, daß ein beliebiges Kind dieser
Klasse ein Junge ist, der ab und zu raucht.
7
P(J ∩ N) = 24
ist die Wahrscheinlichkeit dafür, daß ein beliebiges Kind dieser
Klasse ein Junge ist, der Nichtraucher ist.
Übrigens ist die Summe der Wahrscheinlichkeiten der vier Schnittmengen wieder 1,
denn sie bilden zusammen wieder die Grundmenge und haben paarweise leere
Schnittmengen.
2
Stochastik 4
Logik 1
3
2. Vereinigungsmengen
Zu einer Vereinigungsmenge A ∪ B gehören genau die Elemente, die zu A
oder zu B gehören.
Jetzt kommt das Wort oder ins Spiel. Dieses bereitet in der deutschen Sprache
immer wieder Probleme, weil es zweierlei Bedeutungen hat.
Dem lateinischen „vel“ entspricht das Oder, das drei Fälle umfaßt. An unserem
Beispiel sieht das so aus: Wir suchen ein Kind, das raucht oder ein Mädchen ist.
Dieses Kind gehört den Felder (1) oder (2) an, weil dort Raucher sind, und es gehört
den Feldern (1) und (3) an, weil dies die Felder der Mädchen sind.
J
M
(1)
(2)
(3)
(4)
R
N
Also gehören zur Menge M ∪ R folgende 3 Fälle:
(3): Mädchen, die nicht rauchen,
(2): Raucher, die keine Mädchen sind
(1): Kinder die Mächen und Raucher sind.
Weil eben der 3. Fall M ∩ R dazugehört, spricht
man hier vom einschließenden Oder.
Man erkennt die Bedeutung dieses einschließenden Oder auch am Beispiel der
Bedarfshaltestelle für einen Bus. Der Fahrer hat für eine Bedarfshaltestelle folgende
Fahranweisung:
„Halte, wenn jemand einsteigen oder aussteigen will“
Und er wird in drei Fällen anhalten:
1.
Im Bus sitzt eine Person, die aussteigen will, die Haltestelle ist aber leer.
2.
An der Haltestelle steht jemand, der mitfahren möchte, im Bus möchte aber
niemand aussteigen.
3.
Ein Fahrgast will aussteigen, ein anderer wartet darauf, einsteigen zu können.
Nun aber kennt die deutsche Sprache noch das ausschließende Oder, es ist die
Kurzform des „entweder – oder“ und entspricht dem lateinischen „aut“.
Beispiel: Ein Schüler kann den Schulweg per Rad oder Bus zurücklegen. Bei seiner
Antwort auf die Frage, wie er zu Schule kommt, „Ich fahre mit dem Rad oder mit dem
Bus“ , wird niemand so interpretieren, daß er gleichzeitig mit Rad und Bus fährt. Hier
liegt das ausschließende Oder vor, das man eindeutiger so formuliert:
„Ich fahre entweder mit dem Bus oder mit dem Rad zur Schule“.
Auf unser Beispiel angewandt: Die Aufgabe „Mit welcher Wahrscheinlichkeit ist ein
beliebiges Kind entweder Mädchen oder Raucher“ bezieht sich nun wirklich nur auf
die Felder (2) und (3), denn entweder – oder schließt die Schnittmenge aus.
Es gibt auch ein mengentheoretisches Zeichen für die zugehörende Menge, es ist
das große griechische Delta : M ∆ R und man nennt diese Menge die
symmetrische Differenz. Dieser Name wird später erklärt.
Aufgabe: Berechne nun diese Wahrscheinlichkeiten:
P(M ∪ R), P(M ∪ N), P(J ∪ R), P(J ∪ N), P(J ∪ M),: P(R ∪ N) .
Stochastik 4
4
Logik 1
Lösung:
P(M ∪ R) = 9 +242+ 6 = 17
;
24
2+7+9
18
P(J ∪ N) = 24 = 24 ;
P(M ∪ N) = 7 +242+ 6 = 15
P(J ∪ R) = 6 +249 +7 =
24
+16
24
P(M ∪ J) = 824
= 24
= 1; P(R ∪ N) = 1
22
24
,
Jetzt gibt es einige Zusammenhänge, die wir entdecken müssen.
Beginnen wir mit der Art, wie die erste dieser vier dieser Wahrscheinlichkeiten
offenbar berechnet worden ist.
Die Menge M ∪ R besteht aus den drei Feldern (1), (2) und (3). Also umfaßt diese
Menge Z(M ∪ R) = 9+2+6 = 17 der 24 Kinder.
Auf diese Zahl kommen wir auch so:
Z(M ∪ R) = Z(M) + Z(R) − Z(M ∩ R) = 8 + 15 − 6 = 17
Wir addieren die Anzahlen von M und R (dann haben wir aber die Schnittmenge (1)
doppelt gerechnet, weil sie einmal über M und einmal über R erfaßt worden sind) und
subtrahieren die Anzahl der Kinder in der Schnittmenge einmal wieder heraus.
Für die Wahrscheinlichkeit sieht dieser Weg so aus:
Z(M) + Z(R) − Z(M ∩ R) Z(M) Z(R) Z(M ∩ R)
=
+
+
= P(M) + P(R) − P(M ∩ R)
P(M ∪ R) =
Z(G)
Z(G) Z(G)
Z(G)
J
M
(1)
R
N
(2)
P(M ∩ R) =
6
24
(3)
P(J ∩ R) =
9
24
P(R) =
15
24
P(N) =
9
24
(4)
P(M ∩ N) =
P(M) =
2
24
8
24
P(J ∩ N) =
P(J) =
7
24
16
24
Demnach ist:
P(M ∪ R) = P(M) + P(R) − P(M ∩ R) = 248 + 15
− 246 = 17
24
24
8
9
15
2
P(M ∪ N) = P(M) + P(N) − P(M ∩ N) = 24 + 24 − 24 = 24
22
P(J ∪ R) = P(J) + P(R) − P(J ∩ R) = 16
+ 15
− 249 = 24
24
24
P(J ∪ N) = P(J) + P(N) − P(J ∩ N) = 16
+ 249 − 247 = 18
24
24
Ganz allgemein gilt:
P(A ∪ B) = P(A) + P(B) − P(A ∩ B)
Nur wenn P(A ∩ B) = 0 , weil A ∩ B = {
P(A ∪ B) = P(A) + P(B)
}
(1)
ist, gilt
(2)
Stochastik 4
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Logik 1
Beispiele für den Spezialfall (2) sind die schon erwähnten Zusammenhänge
24
P(M ∪ J) = P(M) + P(J) = 168 + 16
= 24
= 1;
24
P(R ∪ N) = P(R) + P(N) = 15
+ 249 = 1
24
und
Den nächsten wichtigen Zusammenhang stelle ich zuerst einmal optisch dar:
R
N
M
J
M∪R
M∪R
M∪R
J∩N
Aus dieser Grafik wird klar, daß zu jeder solchen Vereinigungsmenge eine
Ergänzungsmenge gehört, die aus einer Schnittmenge gehört. Hier haben wir
folgende Beziehung entdeckt:
[M ∪ R]
∪ [ J ∩ N] = G
(3)
Für die Wahrscheinlichkeiten bedeutet dies.
P(M ∪ R) + P(J ∩ N) = 1
also können wir daraus folgern:
P(M ∪ R) = 1 − P(J ∩ N)
(4)
Das ist nun eine weitere Möglichkeit, wie man die Wahrscheinlichkeit eines
Ereignisses berechnen kann, das zu einer Vereinigungsmenge gehört:
Wenn uns zunächst benannt ist, daß es unter 24 Kindern 7 nicht rauchende Jungs
gibt, dann können wir in einer Zeile berechnen, wie groß die Wahrscheinlichkeit dafür
ist, daß ein beliebiges dieser Kinder Mädchen ist oder raucht:
P(M ∪ R) = 1 − P(J ∩ N) = 1 − 247 = 2424−7 = 17
24
Wir wollen diese Beziehungen (3) und (4) an einem allgemeinen CarnaughDiagramm studieren:
A
A
B
B
Aufgabe: Notiere alle vier Vereinigungsmengen, die man aus A, A , B und B bilden
kann und stelle einen Zusammenhang zu einer komplementären Schnittmenge her.
Wie lautet die Berechnungsformel für die zugehörende Wahrscheinlichkeit ?
Stochastik 4
Logik 1
1:
[ A ∪ B] ∪  A ∩ B = G
also
P(A ∪ B) = 1 − P(A ∩ B)
2.
 A ∪ B ∪  A ∩ B = G

 

 A ∪ B ∪  A ∩ B = G

 

 A ∪ B  ∪ [ A ∩ B] = G


also
P(A ∪ B) = 1 − P(A ∩ B)
also
P(A ∪ B) = 1 − P(A ∩ B)
also
P(A ∪ B) = 1 − P(A ∩ B)
3.
4.
6
Nun sehen diese Formeln zugegebenermaßen schrecklich aus und niemand kann
sie sich merken. Jedoch die erste davon sollte man sich vom Prinzip her einprägen:
[ A ∪ B] ∪  A ∩ B  = G
Inhaltlich bedeutet dies:
Die Vereinigungsmenge zweier Teilmengen hat als Komplementärmenge
die Schnittmenge der einzelnen Komplementärmengen.
Und die Abbildung macht das noch klarer: Die Vereinigungsmenge besteht aus zwei
sich überlappenden Rechtecken, zusammen drei Felder. Da fehlt dann gerade noch
eines zur Grundmenge, und das ist die Komplementärmenge.
Und alles folgt dem immer wieder angewandten Prinzip:
Ist die Berechnung der Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses zu kompliziert, versuche
es über die Wahrscheinlichkeit des Gegenereignisses, das durch die
Komplementärmenge dargestellt wird.
Beispiel 2:
Der Jahrgang der Kursstufe 1 am Internatsgymnasium Schloss Torgelow umfaßt 34
Schülerinnen und Schüler. Ein Schüler berichtet, daß insgesamt 18 Schüler die
beiden Leistungskurse Englisch besuchen, 15 die beiden LKs Mathe, und daß er
noch wisse, daß es nur vier Schüler gäbe, die weder einen LK Englisch noch einen
LK Mathematik besuchen.
a)
Wieviele Schüler besuchen den LK Mathematik und wie viele besuchen
sowohl LK Mathe wie LK Englisch ?
b)
Mit welcher Wahrscheinlichkeit besucht ein Schüler dieses Jahrgangs
einen LK Mathe aber keinen LK Englisch, sowohl LK Englisch wie auch LK
Mathe, einen LK Englisch aber keinen LK Mathe ?
Lösung: Wir füllen ein Carnaugh-Diagramm aus.
Das Feld (4) enthält E ∩ M , und das
E
E
sind die Schüler, die weder LK E noch
(1)
(2)
LK M belegt haben. Ihre KomplemenM
tärmenge ist – wie oben besprochen –
die Vereinigungsmenge E ∪ M . Sie
enthält somit die restlichen 34 – 4 = 30
(3)
(4)
Schüler. 18 davon besuchen einen LK
M
E, also 12 keinen LK E, also
Z(E ∩ M )=12 (Feld 2).
3
15
18
12 15
4
16 34
Stochastik 4
7
Logik 1
Folglich besuchen 15 – 12 = 3 die Leistungskurse E und M. Und damit weiß man
dann auch noch, daß 18 – 3 = 15 Schüler zwar einen LK Englisch besuchen, sich
aber nicht für einen LK Mathe angemeldet haben. Ebenso folgt, daß 16 Schülerinnen
nichts von einem LK Englisch halten!
Es ist jetzt leicht, die gesuchten Wahrscheinlichkeiten zu berechnen:
P(M ∩ E) =
12
34
, P(M ∩ E) =
3
34
, P(E ∩ M) =
15
34
.
Schwer verständliche sprachlich-logische Formulierungen:
Mit den Verknüpfungen und, oder und der Verneinung lassen sich Ereignisse oder
Aussagen formulieren, die man fast nicht mehr verstehen kann. Beginnen wir mit
einer einfacheren Frage:
(a)
M
M
Mit welcher Wahrscheinlichkeit besucht ein Schüler der Klasse keinen
Leistungskurs Englisch und keinen Leistungskurs Mathematik ? Hier kann
man noch klar kommen, wenn man erkennt, daß dies eigentlich die
Formulierung „weder LK E noch LK M“ ist. Dieses und beschreibt eine
Schnittmenge so daß die Mengenschreibweise für dieses Ereignis M ∩ E ist,
es handelt sich klar um das Feld mit der Nummer (4). Da (4) aber auch die
Komplementärmenge zu den
E
E
Feldern (1) und (2) und (3) ist, also
zu E ∪ M , kann man schreiben:
(1)
(2)
12 15
3
(3)
15
18
(4)
4
16 34
M∩E = M∪E
Die rechts stehende Menge ist nun
immer noch das Feld (4), die
Beschreibung wird aber ziemlich
abenteuerlich. Wir müssen die
Vereinigung verneinen, etwa so:
Welche Schüler haben nicht die Leistungskurse E oder M ?
(b)
Richtig fies ist die Frage: Mit welcher Wahrscheinlichkeit besucht ein Schüler
nicht den LK E oder nicht den LK Mathe. Wenn man raten soll, welche Felder
zu dem gefragten Ereignis gehören, macht man schnell Fehler, weil eine
Verneinung zusammen mit einer Oder-Verknüpfung kaum mehr überschaubar
ist. Die Lösung wird kinderleicht, wenn man mengentheoretisch vorgeht. Die
Oder-Verknüpfung gehört zur
E
E
Vereinigungsmenge. Wer wird
vereinigt: Die Menge der Schüler, die
nicht in den Englisch-LeistungsM
kursen sitzen, also die Menge E
und die Menge der Schüler, die nicht
im Mathe-LK sitzen: M .
M
Unsere Ereignismenge ist also
E ∪ M , also die schraffierte Menge.
Stochastik 4
Logik 1
8
Entnimmt man die Zahlen dem mittleren Diagramm von Seite 7, dann erhält
31
man P(E ∪ M) = 34
Diese rot schraffierte Menge erhält man aber auch als Komplementärmenge
zum blauen Feld (1). Dieses repräsentiert die Schnittmenge M ∩ E . Ihre
Komplementärmenge ist M ∩ E , und dann sind wir wieder bei der rot
schraffierten „Drei-Felder-Menge“. Zunächst die Formulierung, die zu M ∩ E
gehört: Das sind die Schüler, die nicht zugleich die Leistungskurse Englisch
und Mathe belegt haben.
Hier nochmals die beiden Formulierungen nebeneinander:
Ein Schüler besucht nicht den LK E Ein Schüler hat nicht zugleich die LKs
oder nicht den LK Mathe.
Englisch und Mathe belegt
In der Mengenschreibweise:
E ∩M = E ∪M
Die Umwandlung von Verknüpfungen von Komplementärmengen regeln
die beiden de-Morganschen Regeln:
A ∪B = A ∩B
A ∩B = A ∪B
Das Komplement einer Vereinigungsmenge ist somit die Schnittmenge
der Einzelkomplemente, und die Komplementärmenge einer Schnitt
menge ist gleich der Vereinigungsmenge der Einzelkomplimente.
Ein nettes Beispiel dazu ist folgende Geschichte:
Josephine und Theobald lieben sich. Er fragt, welche Blumen denn ihr Herz erfreuen
würde. Mit einem coolen Augenaufschlag sagt sie: Ich mag keine roten Blumen oder
keine Rosen. Nun grübelt Theobald, ob er ihr wohl rote Rosen bringen darf!
Die Lösung mengentheoretisch: Es sei B die Menge der roten Blumen und R die
Menge der Rosen. Dann sind in B keine
R
R
roten Blumen und in R keine Rosen. Die
Verknüpfung durch oder läßt eine
B
Vereinigungsmenge entstehen: B ∪ R . Im
Carnaugh-Diagramm ist diese Vereinigungsmenge rot schraffiert. Alle Blumen daraus
erfeuen Josy*s Herz. Nicht aber die roten
B
Rosen, denn die gehören zur Schnittmenge
B ∩ R , die blau eingefärbt ist.
Die 2. De-Morgansche Regel hätte auch geholfen: B ∪ R = B ∩ R zeigt, daß gerade
die Schnittmenge nicht erwünscht ist, also die roten Rosen.
Stochastik 4
Logik 1
9
Beispiel 3:
„Mit welcher Wahrscheinlichkeit ist eine Zahl durch 20 und durch 5 teilbar?“
Die Grundmenge sei G = { 1; 2 ; 3 ; ... 100 }
Hier genügt ein gewöhnliches Mengendiagramm,
auch Carnaugh-Diagramm genannt:
Und es liegt eine Besonderheit vor: Es sei Z die
Menge der durch 20 teilbaren Zahlen und F die
Menge aller Fünferzahlen. Dann ist Z eine
Teilmenge von F. Die Mengenschreibweise dazu
ist
Z⊂F
Z
F
Unser Beispiel bezieht sich nun auf die Schnittmenge Z ∩ F . Da Z eine Teilmenge
von F ist, liegen alle gemeinsamen Elemente von Z und F natürlich in Z, d.h. es gilt:
Wenn Z ⊂ F dann Z ∩ F = Z
Also ist P(Z ∩ F) = P(Z) =
5
100
.
Ausblick auf bedingte Wahrscheinlichkeiten
Die Frage in Beispiel 3 wird jetzt so verändert:
„Mit welcher Wahrscheinlichkeit ist eine durch 20 teilbare Zahl auch durch 5 teilbar ?“
Jetzt wird vorausgesetzt, daß man eine mit Sicherheit durch 20 teilbare Zahl nimmt
und will nun wissen, ob sie auch durch 5 teilbar ist. Die klarere Formulierung lautet
vielleicht:
Mit welcher Wahrscheinlichkeit ist eine Zahl durch 5 teilbar, wenn sie durch 20 teilbar
ist ? Die Wahrscheinlichkeit dafür ist eins, denn es ist sicher, daß jeder durch 20
teilbare Zahl auch durch 5 teilbar ist!
Wir lernen aus diesem Beispiel, daß die Gefahr groß ist, durch sprachliche Irritation
auf einen falschen Lösungsweg zu gelangen!
Bedingte Wahrscheinlichkeiten werden in einer anderen Datei behandelt.
Sie dazu: „Bedingte Wahrscheinlichkeiten“ und „Unabhängige Ereignisse“
Die Berechnung der „Und-Ereignisse“ bei unabhängigen Ereignissen wird dort
behandelt.
Stochastik 4
10
Logik 1
Aufgabe 1
In einer Los-Urne befinden sich gleich viele rote wie blaue Lose. Ein Viertel davon
sind Gewinne. Es ist bekannt, daß 80 blaue Lose Nieten sind und 30 rote sind
Gewinne.
a)
Wie viele Lose enthält die Urne, wie viele davon sind blau und wie viele
sind rot? Wie viele blaue Gewinnlose gibt es und wie viele rote Nieten ?
b)
Mit welcher Wahrscheinlichkeit entnimmt man aus der vollen Urne beim
blinden Ziehen eines Loses (A) ein blaues Gewinnlos, (B) weder einen
Gewinn noch ein blaues Los, (C) entweder eine Niete oder ein rotes
Los, (D) ein rotes Los oder einen Gewinn, (E) kein blaues Gewinnlos.
Lösung:
B
G
R
30
N
3
x
4
80
x
2
1
x
4
x
2
x
Das Carnaugh-Diagramm zeigt die in der
Aufgabe vorgegebene Situation. Nun geht es
darum, die beiden noch leeren Felder zu füllen
und x zu berechnen.
a) Das Feld oben links stellt die Schnittmenge
B ∩ G dar. Sein Inhalt y berechnet sich
einerseits aus y = 2x − 80 , andererseits aus
y = 41 x − 30 . Da beide Terme dieselbe Zahl
bedeuten, gilt 2x − 80 = 41 x − 30
d.h. 41 x = 50 bzw. x = 200
In der Urne befanden sich also 200 Lose, davon waren 100 blau, 100 rot, 50
Gewinne und 150 Nieten. Blaue Gewinnlose gab es y = 100 – 80 = 20 und die
Zahl der roten Nieten war 100 – 30 = 70.
G
B
R
20
30
80
70
100
100
N
b) Die Wahrscheinlichkeit für ein blaues
20
Gewinnlos ist P(A) = 200
= 101
50
... für „weder einen Gewinn noch ein
70
= 207
blaues Los“: P(B) = G ∩ B = 200
150
...für „entweder eine Niete noch ein rotes
+ 30
11
Los“: P(C) = P(N ∆ R) = 80200
= 20
200
für „ein rotes Los oder einen Gewinn“
50 − 20
P(D) = P(R ∪ G) = 100 +200
= 13
20
und für „kein blaues Gewinnlos“: P(B ∩ G) = 1 − P(B ∩ G) = 1 −
20
200
=
18
20
Stochastik 4
Logik 1
11
Aufgabe 2
In einer Schulklasse wurde eine Statistik erfaßt. Man stellte fest, daß 60% der
Schüler Mädchen sind, ein Drittel davon hatte als 2. Fremdsprache Latein. 30% der
Schüler waren Jungs mit Französisch als 2. Fremdsprache.
Berechne die relativen Häufigkeiten der folgenden Merkmale:
A:
x lernt Latein
B:
x lernt Französisch und ist männlich
C:
x ist weiblich und lernt Französisch
D:
x ist männlich oder lernt Latein
E:
x ist entweder ein Mädchen oder x lernt Latein.
Anleitung: Fülle zunächst ein Carnaugh-Diagramm aus.
M
L
F
1
3
⋅ 0,6
= 0,2
J
0,1
0,4
0,3
0, 6
0, 4
Lösung:
Im Carnaugh-Diagramm sind die gegebenen Zahlen
0,3 grün unterlegt. Daraus kann man Schritt für Schritt
die restlichen ableiten. Daraus ergeben sich
folgende relativen Häufigkeiten:
0,7 h(A) = 0,3, h(B) = 0,3, h(C) = 0,4,
h(D) = 0,4+0,7-0,3=0,8, h(E) = 0,4 + 0,1 = 0,5.
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