Spektroskopie in der Organischen Chemie Demobeispiel 3: Spektrum von n-C3H7-NH2 2 NH2 CH2 1 H3C CH2 3 (a) (d) (c) (b) 1 H-NMR-Spektroskopie Spektroskopie in der Organischen Chemie Signalzuordnung und Interpretation Beschreibung der vorhandenen Signale: (a) Triplett bei δ = 2.59, Integral entspricht 2H (b) Sextett bei δ = 1.338, Integral entspricht 2H (c) Singulett (verbreitert) bei δ = 0.99, Integral entspricht 2H (d) Triplett bei δ = 0.83, Integral entspricht 3H Es ist offensichtlich, dass Signal (d) der Methylgruppe (3) entspricht. Die Multiplizität zeigt, dass die Methylprotonen zwei Nachbar-Protonen, die an der Methylengruppe (2), haben (Triplett: m = 3 Æ n = 2). Signal (a) mit der mit Abstand größten chemischen Verschiebung sollte wegen der Elektrononegativität des Stickstoffatoms zu den Protonen der Methylengruppe (1) gehören. Auch dieses Signal ist ein Triplett; es gibt also auch hier zwei Nachbar-1H-Kerne (2). 1 H-NMR-Spektroskopie Spektroskopie in der Organischen Chemie Das Signal (b) (Methylengruppe 2) hat eine Mulitplizität von 6 (Sextett), hat also die erwarteten 5 Nachbarn. 2 NH2 CH2 1 H3C CH2 (2) 3 3J(1,2) 3J(2,3) Allerdings wird man nur dann ein Sextett erwarten, wenn beide Kopplungskonstanten, 3J(1,2) und 3 J(2,3) gleich sind (was hier der Fall ist). Wenn aber 3J(1,2) ≠ 3J(2,3), was häufig vorkommen kann, sollte das Signal ein dreifaches Quartett bzw. ein vierfaches Triplett sein, insgesamt also 12 Linien aufweisen. Bei 3J(1,2) = 3J(2,3) entartet dieses 12-Liniensignal jedoch zu dem beobachteten Sextett (siehe Abbildung links). 1 H-NMR-Spektroskopie Spektroskopie in der Organischen Chemie Bleibt die Frage, warum das Signal (c), das den beiden Protonen der Aminogruppe zuzuordnen ist, ein Singulett ist, obwohl es zwei erreichbare Kopplungspartner in der Methylgruppe (1) besitzt. Die Antwort liegt in der Tatsache, dass die Protonen einer Aminogruppe (ebenso wie in einer Hydroxygruppe) sehr schnell intermolekular austauschen. Das heißt, dass die Verweildauer eines Protons am N so kurz ist, dass ein Kopplungspartner den Spinzustand dieses NH-Protons nur eindeutig erkennen und nur den Durchschnittswert reflektiert. Das bedeutet, dass eine Kopplungsaufspaltung nicht erkennbar ist. Allerdings äußert sich der schnelle Austausch häufig in einer Verbreiterung des NH- (bzw. OH-) Signals. Intermolekularer Austausch kann durch ein stark komplexierendes Lösungsmittel, wie z. B. Dimethylsulfoxid-d6, so weit verlangsamt werden, dass alle zu erwartenden Kopplungsaufspaltungen sichtbar werden. 1 H-NMR-Spektroskopie Spektroskopie in der Organischen Chemie Signale von NH- und OH-Protonen können auch daran erkannt werden, dass sie während eines NMR-Experiments gegen Deuterium ausgetauscht werden können. NMR-Röhrchen (a) (b) D2O D2O + HDO Ausschütteln R-NH2 + CDCl3 R-ND2 + CDCl3 Bereich der Messspule Man misst zunächst (a) alle Signale einschliesslich die der NH- (OH-) Protonen. Danach schüttelt man das Probenröhrchen aus, damit diese Protonen durch Deuteriumatome aus D2O ausgetauscht werden. Nach dem Absetzen der beiden Flüssigkeitsphasen misst man erneut und findet praktisch keine NH- (OH-) Signale mehr. 1 H-NMR-Spektroskopie