1.1. Ursprung und erste Organisationsformen Geburt der Demokratie 510 v. Chr. In Athen - Aristoteles Staatstheorie überliefert Die Demokratie (griechisch δημοκρατια, von δημοσ, démos“ = Volk und κρατια. kratia = Macht, Herrschaft) ist eine Staatsform, bei der die Staatsgewalt vom Volk ausgeht (Volksherrschaft). In der klassischen Dreiteilung der Regierungsformen (Gewaltenteilung) wird die Demokratie als die Herrschaft aller von der Monarchie (Herrschaft eines einzelnen) und der Oligarchie (Herrschaft weniger) abgegrenzt. Als erste Verwirklichung der Demokratie in der Geschichte wird die Attische Demokratie von 508 / 07 bis 322 v. Chr. angesehen. In dieser Zeit werden allen männlichen Vollbürgern der Stadt Athen Mitbestimmungsrechte in der Regierung gewährt. Beamte werden gewählt, Beschlüsse in der Volksversammlung getroffen. Diese Grundlagen zur demokratischen Staatsform in Athen sind auf eine Verfassungsreform von Solon (594 v. Chr.) zurückzuführen. Kleisthenes führt den Ostrakismos (Scherbengericht = Volksabstimmung) ein und wird damit der Begründer der Athener Demokratie. Doch der griechische Philosoph Platon (427 - 347 v. Chr.), ein Reformer politischen Denkens, setzt den Demokratiebegriff mit „Pöbelherrschaft“ gleich. Doch erst 508/07 v. Chr. wird nach dem Sturz der Tyrannen in Athen die direkte und unmittelbare Demokratie eingeführt. Die Tonscherbe dient im Altertum als Schreitmaterial, auch als „Wahlzettel“ bei Abstimmungen (Scherbengericht) Auch sein Schüler Aristoteles (384 322 v. Chr.) besetzt die Demokratie in seiner „Politie“ negativ, lehnt sie aber nicht strikt ab, er plädiert für eine Demokratie in gemäßigter Form. Demokratie und Volk, Relief auf einer Säule der antiken Agora von Athen. Perikles, athenischer Staatsmann (443 - 429 v. Chr.), führt die athenische Demokratie zu geistiger und politischer Blüte. 334 v. Chr. gründet Aristoteles das Lykaion zu Athen und lehrt dort die scholastische Philosophie. Ideengeschichtlich ist die Demokratie als Staatsform auf ihn zurückzuführen. Nach dem verlorenen Peloponnesischen Krieg zwischen Sparta und Athen endet etwa 323 v. Chr. die klassische Epoche der attischen Demokratie, die wirtschaftlich und soziologisch auf der Sklaverei aufgebaut ist. Frauen, Sklaven und Besitzlose werden von den politischen Rechten ausgeschlossen. Deshalb kann die attische Demokratie letztendlich nicht mit der modernen Entwicklung der Demokratie verglichen werden. 1.1. Ursprung und erste Organisationsformen Die römische Republik - Überlieferung und Anwendung demokratischer Elemente Um 510 v. Chr. wird in Rom die etruskische Fremdherrschaft gestürzt und die Republik eingeführt. Rom ist keine Demokratie, aber ihre Verfassung basiert auf demokratischen Elementen, sie beinhaltet ein Zusammenwirken der drei Institutionen Senat, Magistratur und Volksversammlung, die sich zugleich wechselseitig in der Machtausübung beschränken. Der römische Staatsmann und Philosoph Marcus Tullius Cicero (106 - 43 v´. Chr.) beschreibt die Republik als „Sache des Volkes“. An der Spitze stehen zwei jährlich gewählte Konsuln als Oberbefehlshaber und Leiter des Senats und der Volksversammlungen. 27 v. Chr. ordnet Octavian, später Kaiser Augustus, das Staatswesen neu und begründet die römische Kaiserzeit. Die römischen Kaiser festigen ihren Herrschaftsanspruch für viele Jahrhunderte, das Wort Demokratie schwindet aus dem öffentlichen Bewusstsein. Aber das republikanische Denken und seine Überlieferung helfen in den nachfolgenden Jahrhunderten ein Modell gemäßigter, auf Gewaltenteilung und Gewaltenkontrolle basierende Demokratie zu begründen. Mit dazu bei tragen im 13. Jahrhundert Albertus Magnus und sein Schüler Thomas von Aquin, síe legen Aristoteles Lehren und Werke neu aus und ergänzen sie aus christlicher Sicht. 1516 schildert Thomas Morus, englischer Lordkanzler, in seinem Werk „Utopia“, einer kritischen, von sozialen Gedanken getragenen Schrift, seine Visionen über einen Idealstaat auf Erden nach dem Vorbild der „Politea“ Platons. Die germanische Volksversammlung stellt eine Form der direkten Demokratie dar, wie sie in bäuerlichen Republiken des Mittelalters in Erscheinung tritt und noch heute in den Landgemeinden der Schweizer Kantone Uri, Schwyz und Unterwalden besteht. Ebenso ist Dithmarschen, ein Landstrich im Westen von Holstein, im Mittelalter eine Bauernrepublik mit weitgehender Eigenständigkeit und völliger Autonomie im Innern. Um 1570 geben sich in den USA die Irokesen eine freiheitliche Verfassung, die später Pate bei der amerikanischen Verfassung steht und auch Einfluss auf das europäische Denken der Aufklärung hat. Rechts der evangelische Bischof Freiherr von Zinzendorf bei einem Besuch der Irokesen 1620 wandern aus England 4 puritanische Familien, die Pilgerväter, nach Nordamerika aus, die sich für volle staatliche und kirchliche Unabhängigkeit einsetzen (Volkssouveränität). 1.2 Entwicklung und Verbreitung des demokratischen Gedankenguts „Magna Charta“ - Erneuerung der Kirche - Humanismus - Aufstand der Bauern 1524/25 Wichtig für die Entwicklung der Demokratie in England ist die „Magna Charta“ von 1215, die König Johann ohne Land abgenötigt wird; sie schränkt die königliche Allmacht ein. Die Kernartikel gehen 1689 in die „Bill of Rights“ ein, ... … die von Wilhelm III. von Oranien bei seiner Thronbesteigung anerkannt werden. Sie stärken die Rechte des Parlaments und tragen zur Entwicklung der Monarchie in England bei. Martin Luthers Thesenanschlag 1517 und die folgende Reformation erweist sich auch als Zündstoff für eine politische Freiheitsbewegung. In Genf entsteht der Calvinismus, der ebenfalls einen großen Einfluss auf die wirtschaftliche, politische und soziale Entwicklung ausübt.. Konrad Celtis, Erasmus von Rotterdam und Philipp Melanchton gewinnen als Vertreter des Humanismus großen Einfluss auf die Protestbewegungen und Reformation. Zwingli, mit Calvon Begründer der reformierten Kirche, setzt sich für Reformen in der Schweiz ein. Demokratisches Gedankengut setzt sich auch in den Köpfen der Bauern und Bürger fest, sie fordern von ihren Landesherren mehr dörfliche Selbstbestimmung, Aufhebung der Leibeigenschaft und eine freie Wahl des Pfarrers. 1524/25 kommt es dann zum großen deutschen Bauernkrieg, der jedoch von den Fürsten gewaltsam niedergeschlagen wird. Thomas Müntzer ist der geistliche Führer der aufständischen Bauern, deren Kampf er in Thüringen organisiert und verliert. Sein Endziel „Die Gewalt soll gegeben werden dem gemeinen Volk!“ wird nicht erreicht. Jakob Fugger, 1514 in den Reichsgrafenstand erhob en, finanziert 1525 die Landsknechtsheere, die den Aufstand der Bauern in Tirol und im Schwäbischen niederzwingen. 1.2 Entwicklung und Verbreitung des demokratischen Gedankenguts Der Buchdruck verbreitet und beschleunigt demokratische Entwicklungen Der Buchdruck ermöglicht die Herstellung vielfältiger Druckwerke, in denen Humanisten ihre Gesellschaftskritik äußern, die Kirche angreifen und Missstände geißeln. Flugblätter und Zeitungen flattern von Hand zu Hand, befriedigen das große Informationsbedürfnis und bilden gleichzeitig im Volk den Nährboden für demokratisches Gedankengut. Auslandsbrief mit Massenfrankatur in die Schweiz, Postgebühr ab 1. 7. 1954 bis 20 g = 40 Pf. Johannes Gutenberg sei Dank: er erfindet um 1440 den Buchdruck mit beweglichen Lettern aus Blei. Durch dieses Verfahren kann schneller, billiger und in größeren Mengen gedruckt werden als je zuvor. Vor allem Zeitungen gehören bald zum Alltag, deren Inhalt lebhaft diskutiert wird und wesentlich zur Meinungsbildung beitragen. Aus den Druckerpressen strömen auch Meinungen, die den herrschenden Mächten nicht genehm sind, die zensiert und verboten werden. Deshalb betätigen sich die Landesfürsten selbst als Herausgeber von Intelligenzblättern, Mitteilungsund Anzeigenblättern. Die Zustellung an die Abonnenten erfolgt durch die Post, die auch die Gebühren einzieht.. 1.3 Festigung des Demokratie-Gedankens durch die „Aufklärung“ Aufklärung im künstlerischen und politischen Bereich Seit dem 17. Jahrhundert verbreiten sich, von Westeuropa ausgehend, die Ideen der Aufklärung über ganz Europa. Unter Aufklärung versteht man, wie Immanuel Kant es 1784 formulierte, den „Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“. Hugo Kollataj ist der bedeutendste Vertreter der Aufklärung in Polen. Kurzzeitig Exil in Dresden. Moses Mendelssohn sieht im Judentum die Vernunftreligion der Aufklärung. Hegel beeinflusst das gesamte Geistesleben. Seine Schüler üben dialektische Kritik an allem Althergebrachten. Im politischen Bereich ist der Einfluss der Aufklärung im „aufgeklärten Absolutismus“ Friedrichs II. von Preußen spürbar, er veranlasst tief greifende Reformen, wie z. B. das Allgemeine Landrecht von 1793. Auch Gotthold Ephraim Lessing ist ein herausragender Aufklärer, Friedrich II., musisch begabt und ausgezeichneter Querflötist, regiert als „erster Diener seines Staates“ im Sinne der Aufklärung, stets in regem Gedankenaustausch mit dem französischen Aufklärer Voltaire. Joseph II von Österreich, der „Menschenfreund auf dem Kaiserthron“, reformiert das Gesetz– u. Schulwesen in „Nathan der Weise“ setzt er sich für religiöse Toleranz ein. 1.3 Festigung des Demokratie-Gedankens durch die „Aufklärung“ Aufklärung in der Philosophie und Literatur Der französische Denker René Descartes begründet den Rationalismus und bildet die Grundlage für das rationalistische und aufklärerische Denken. Jan-Jaques Rousseau vertritt die Idee der Volkssouveränität und der Gleichheit aller Bürger. Montesquieu entwickelt die Theorie der Gewaltenteilung von Exekutive, Gesetzgebung und Justiz in einer konstitutionellen Monarchie. Eine Vorstufe der Aufklärung ist die rationalistische Philosophie von Gottfried W. Leibniz. Auch Voltaire hält am Ideal des aufgeklärten Monarchen fest, in die politische Reife des Volkes hat er wenig Vertrauen. Ihren Höhepunkt erreicht die deutsche Aufklärung in der Literatur mit Christoph Martin Wieland und Friedrich Gottlieb Klopstock. In der Philosophie führt Immanuel Kant die Fragen der Aufklärung zu ihrer Vollendung. Er leitet eine tiefgreifende Erneuerung des westlichen Denkens ein. Aus seiner Feder stammt die Schrift „Was ist Aufklärung?“. 1.4. Weiterentwicklung in Deutschland in der „Sturm– und Drang“-Epoche Anhänger des „Sturm und Drang“ (1765 - 1790) gegen Tradition und Autorität Die Zivilisationskritik in den Schriften von Rousseau wird aufgegriffen und dramatisch umgesetzt. Die bevorzugte literarische Form des Sturm und Drang ist das von Shakespeare beeinflusste Drama, wie z. B. seine Tragödie „König Lear“. Johann Gottfried Herder und der junge Johann Wolfgang von Goethe treffen sich 1770 in Strassburg. Dieses Treffen wird als Geburtsstunde der Bewegung betrachtet. Deutlich vom Geist dieser Zeit geprägt ist u. a. das von Goethe nach dem Leben der gleichnamigen Person benannte Drama „Götz von Berlichingen“, der sich den politischen Zwängen widersetzte und sein „Faust“. Friedrich von Schiller setzt mit seinen Dramen, die alle Themen, von der politischen Revolte bis zur Freiheit der Leidenschaften, noch einmal bühnenwirksam umsetzen, einen letzten Höhepunkt und bringt die Epoche zum Abschluss. Alles Laue und Elegante ist den Stürmern verhasst, daher erwächst eine Erzfeindschaft zu dem Vertreter des Rokoko Christoph Martin Wieland. Hölderlins Freiheitsstreben und tragisches Lebensgefühl lassen die Haltung des Sturm und Drang wieder anklingen, doch ... ... der Sturm und Drang ist wie ein heftiges Gewitter. Es geht rasch vorüber, denn die Stürmer schließen bald ihren Frieden mit den Fürsten und vertrauen darauf, dass aufgeklärte Herrscher den Weg zu geistiger Befreiung und sozialer Reform öffnen. Trotzdem hat diese Bewegung der Demokratie neue Impulse gegeben.