Über Wehrmachtstradition und die “Rote Kapelle”

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Arvid Harnack und Harro Schulze-Boysen haben sich unter Beweis stellen. Der im November 1942 angefertigte
nicht als Agenten des sowjetischen Nachrichtendienstes Bericht vermittelt das Bild einer breit angelegten sowjetibegriffen.6 Die Übergabe von kriegswichtigen Informatio- schen Verschwörung.
nen stellte gewissermaßen einen Vertrauensvorschuß für
Dieser tendenziöse und fehlerhafte Abschlußbericht
ein künftiges gleichberechtigtes Miteinander Deutsch- und auch die Aussagen der überlebenden Gestapobeamten
lands und der Sowjetunion dar.
und Mitarbeiter des Reichskriegsgerichtes nach 1945 bilAus dem bisher Bekannten schält sich heraus, daß deten die Grundlage für die Verzeichnungen und eine damit
einige der 1942 Verhafteten in unterschiedlichem Maße erneut einhergehende Verunglimpfung im Westen. Es gibt
Kontakte zu Vertretern des militärischen Nachrichtendien- aber auch ein kommunistisches Zerrbild von der großen
stes7 und des Auslandsnachrichtendienstes des NKWD Widerstandsgruppierung. Dazu gehört die Lüge, daß die
der Sowjetunion hatten. Sie waren, wie auch Alexander “Rote Kapelle” die Weisungen der Moskauer KP-Führung
Rado in der Schweiz, Leopold Trepper in Paris, Richard ausführte und daß sie als “Kundschafter” und InterSorge in Tokio und viele andere, aktive Mitstreiter in der nationalisten für die Sowjetunion tätig waren.
weltweiten Antihitlerkoalition. Ihre Tragik bestand darin,
Es ist richtig, daß diese Art Legenden und Mythen
daß die mit dem Kampf gegen den Faschismus verbunde- überwunden werden müssen. Darin stimme ich sogar mit
nen Hoffnungen und Erwartungen nach 1945 nicht erfüllt Herrn Ballon überein. Natürlich muß auch weiterhin der
worden sind. Die Sowjetunion als Hauptkraft des Kampfes Umgang mit dem Antifaschismus in der DDR kritisch
gegen die Hitler-Diktatur verwehrte den Völkern in ihrem hinterfragt und die Auseinandersetzung mit seiner politiEinflußbereich Freiheit und Demokratie. Die aus der Per- schen Instrumentalisierung geführt werden. Da ist noch
spektive der Nachkriegsentwicklung vorgenommene Ein- viel Schutt abzutragen. Darunter ist viel Neues zu entdekordnung als “Agenten einer totalitären Macht” und Vor- ken. Es geht weder um die Bewahrung alter noch um die
bereiter einer “Diktatur des Proletariats” sowjetischer Schaffung neuer Heldenbilder, sondern um die AnnäheMachart geht aber völlig am Selbstverständnis der Betei- rung an die Frauen und Männer der “Roten Kapelle” mit
ligten und an den realen Gegebenheiten vorbei.
ihren sehr unterschiedlichen Biographien, in ihrem ganzen
Die Einordnung der “Roten Kapelle” in das Spionage- Menschentum, in Größe und Irrtum, jenseits überholter
milieu nahm wider besseres Wissen bereits die Gestapo ideologischer Ausgrenzung oder Einvernahme.
vor. Im August 1942 gelang es der deutschen Funkabwehr,
ein Telegramm aus Moskau nach Brüssel vom Herbst 1941 Dr. Hans Coppi ist mit einer Reihe von Veröffentlichungen zur
mit den Namen von Schulze-Boysen und Kuckhoff zu Geschichte des deutschen Widerstands gegen den Nationalsozientschlüsseln. Die Gestapo ordnete im Herbst 1942 die alismus hervorgetreten; er kam Ende 1942 im Berliner Frauenüber 120 verhafteten Personen dem Verfolgungskomplex gefängnis zur Welt. Seine Eltern Hans und Hilde Coppi waren
Mitte September 1942 von der Gestapo verhaftet und später
“Rote Kapelle” zu, der sich zunächst auf die in Westeuropa vom Reichskriegsgericht zum Tode verurteilt worden; er wuchs
arbeitenden Funkstellen des sowjetischen militärischen bei seinen Großeltern auf, studierte und arbeitete in Berlin, war
Nachrichtendienstes bezogen hatte. Aus den unterschied- seit 1988 wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Forschungsgruplichen Berliner Widerstandskreisen um Arvid Harnack und pe zur Geschichte der Widerstandsorganisation Schulze-BoyHarro Schulze-Boysen mit ihren breitgefächerten Wider- sen/Harnack am Zentralinstitut für Geschichte der Akademie der
standsaktivitäten entstand unter dieser Optik der Verfol- Wissenschaften der DDR, seit 1992 arbeitet er an der Gedenkstätte Deutscher Widerstand im Rahmen des Wissenschaftlerger das Bild eines feindlichen Agentennetzes mit internaintegrationsprogramms.
tionaler Verknüpfung. Oppositionsverhalten wurde somit
als von außen gesteuert
erklärt, obwohl die meisten 6 General Bentivegni, Leiter der deutschen Gegenspionage “Abwehr III”, erklärte in sowjetischer
Kriegsgefangenschaft, daß Schulze-Boysen bei den Vernehmungen entschieden zurückgewiesen habe,
der Verhafteten von den
sich mit der Sammlung militärischer Nachrichten für den sowjetischen Geheimdienst beschäftigt zu
gelegentlichen Verbinhaben. Siehe Verhörprotokoll Bentivegni v. 28. 5. 1945, in: Archiv des Ministeriums für Sicherheit der
dungen Harnacks und
russischen Föderation Moskau, Nr. N 21136.
Schulze-Boysens zur Sow- 7 Dazu gehört vor allem Ilse Stöbe, die keinen Kontakt zu Harnack und Schulze-Boysen hatte. Aber auch
jetunion nichts wußten.
die Fallschirmspringer Erna Eifler und Wilhelm Fellendorf, die bei Else Imme, Emil Hübner und Klara
Die Gestapo konnte der
Schabbel um Übernachtung baten. Hierzu fehlen bisher jegliche Angaben aus Moskauer Archiven.
NS-Führung einen bedeu- 8 Die Originalfassung konnte von Jürgen Danyel 1991 im National Archive Washington eingesehen
werden. Eine Ablichtung befindet sich in den Begleitmappen der ständigen Ausstellung in der
tenden Fall vorführen und
Gedenkstätte Deutscher Widerstand Berlin.
damit auch die unersetzliche Wichtigkeit ihres Tuns 9 Siehe auch Hans Coppi: “Abschied und Neubeginn. Schwierigkeiten mit dem Antifaschismus in der
DDR”; in: “Studien für Zeitfragen” 1990, Heft 3.
Admiral a. D. Max Bastian (1956)
Über Wehrmachtstradition und die
“Rote Kapelle”
Ich darf mit vollem Recht sagen, dass der Geist, in dem
ich mein Amt zu führen dauernd bemüht geblieben bin, d.
h. der Geist alter bester Wehrmachtstradition ohne jede
Rücksicht auf irgendwelche persönliche Anerkennung
oder Missbilligung durch höhere Instanzen Gemeingut der
Behörde gewesen und geblieben ist. Bei dieser allgemei-
Zur Roten Kapelle
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nen fest fundierten Mentalität habe ich die unbeirrbare
Überzeugung gehabt und auch haben dürfen, dass kein
Richter jemals ein Urteil gefällt hätte, das er nicht vor
seinem Gewissen hätte verantworten können. Wenn hier
schon einmal von einer politischen Einstellung der
Wehrmachtsrechtswahrer und der Richter des Reichs-
Der Präsident
Admiral Bastian war als Präsident des Reichskriegsgerichts
zuständig für die Bestätigung der Urteile seines Gerichtshofes. Immer wieder hielt er die Richter dazu an, durch
"rasche und strenge, aber auch gerechte Anwendung der
Kriegsgesetze" die Schlagkraft der Wehrmacht zu
gewährleisten. Nach 1945 rechtfertigte Bastian dies mit
den Zeitumständen und Kriegsnotwendigkeiten. Max
Bastian wurde 1883 in Spandau geboren. Nach dem Abitur
trat er 1902 als Seekadett in die Marine ein. Vom
Kapitänleutnant im Ersten Weltkrieg brachte er es bis 1934
zum 2. Admiral der Ostseestation. Von 1935 bis 1938 war
er Chef des Allgemeinen Marineamtes im Oberkommando
der Kriegsmarine. Nach einer Zeit als Präsident des
Reichsfürsorge- und Versorgungsgerichts der Wehrmacht
war Bastian seit September 1939 Präsi-dent des
Reichskriegsgerichts. Bei seiner Verabschie-dung aus
Altersgründen im Oktober 1944 wurde ihm durch
Generalfeldmarschall Keitel das Ritterkreuz des Kriegsverdienstkreuzes mit Schwertern verliehen. Nach dem Krieg
wurde Bastian von der französischen Besatzungs-macht
auf der Festung Rastatt gefangengehalten. Er stellte sich in
den fünfziger Jahren in den Dienst von Soldatenverbänden.
Seine Sorge galt dem Bild der Wehrmachtjustiz in der
bundesdeutschen Öffentlichkeit. Im März 1958 starb er und
wurde in Wilhelmshaven mit militärischen Ehren der
Bundesmarine beigesetzt.
kriegsgerichts überhaupt gesprochen werden soll, so darf
ich ohne Vorbehalt sagen, dass durchweg eine starkkritische, ja, wohl nicht gerade selten skeptisch-ablehnende Geistesrichtung den “modernen” Auffassungen und
den von ihnen getragenen allgemeinen Regierungsmassnahmen gegenüber durchfühlbar war, und dass wohl
nur die Erziehung im alten soldatischen Sinne und die
Rücksicht auf die Notzeit des Krieges eine gewisse Zurückhaltung in der Meinungsäusserung auferlegte. [...]
Wir alle - und das gilt in vollem Umfange auch für mich
selbst - standen naturgemäss unter dem Eindruck des
äußerst ernsten Charakters des Krieges, besonders nach
Beginn des Russlandfeldzuges, wir wussten, dass es um
Sein oder Nichtsein der Freiheit unseres Volkes ging, wir
waren auch auf unserem Sektor der Strafrechtspflege mit
heissem Herzen und ernster Sorge bemüht, den Schutz
unseres Volkes und die Bewahrung unserer Wehrmacht
vor jedem Schaden so wirksam wie nur möglich zu gestalten, wir standen daher unter dem zwingenden Eindruck der
harten Notwendigkeit einer streng zu handhabenden
Strafrechtspflege. In so weit übten also die Zeitumstände
einen gewissen Zwang aus und drängten Rücksichten
reinmenschlicher Art aus höheren vaterländischen Gesichtspunkten zurück, die man im Frieden nur zu gern
genommen gewusst hätte, zumal auch gelegentlich immer
wieder von Seiten der Staatsführung die Wahrung des
Staatswohls als entscheidende Aufgabe für die Rechtssprechung hingestellt wurde, aber, und das ist das Entscheidende: die persönliche innere Unabhängigkeit in
der Urteilsfindung und fällung blieb gewahrt, und kein
Richter hätte sich jemals einem Gewissenszwang unterworfen, daran ist kein Zweifel möglich, und jeder von
ihnen wäre lieber in eine noch so schmerzlich empfundene Verbannung gegangen, als dass er sich in Gegensatz
zu Eid, Gewissen und ethischen Grundsätzen gesetzt
hätte. [...]
Es war die sogenannte “Rote Kapelle”, die seinerzeit
grosses Aufsehen erregte und zuweilen noch heute in
der Presse mutatis mutandis weitergeistert. Ich halte es
für meine Pflicht, sie deshalb noch zu streifen, weil in der
Admiral Max Bastian (hier um 1944) war von September
1939 bis November 1944 Präsident des Reichskriegsgerichts, durch das auch die Mitglieder der Roten Kapelle
verurteilt wurden
Nachkriegszeit mehrfach der Versuch gemacht wurde,
diesem Unternehmen den verbrecherischen Charakter
zu nehmen, und zwar in der Hauptsache deshalb, weil
illustre Namen darin auftauchen. Man wollte die “Rote
Kapelle” so ungefähr mit den Männern des 20. Juli 1944
gleichschalten.
Hierzu ist zu sagen, dass eine solche Gleichstellung
unter keinen Umständen erfolgen kann. Die “Rote Kapelle” war eine, um es auf eine kurze Formel zu bringen,
ausgesprochene kommunistische Verschwörung, die
zwar auch die nationalsozialistische Regierung beseitigen wollte, aber nicht aus vaterländischen Motiven
heraus, sondern um in Deutschland eine Kommunistenherrschaft aufzurichten. Sie bediente sich dazu der Spionage im klassischen Sinne und des Landesverrats ohne
jede Rücksicht auf Verluste der eigenen Wehrmacht und
arbeitete dabei mit schmutzigen Mitteln (Bestechung
pp.). Die Gefahr und eine sich deutlich abzeichnende
Aussicht einer deutschen vernichtenden Niederlage stand
den Teilnehmern der “Roten Kapelle” damals noch nicht
zur Seite wie etwa 2 Jahre später den Männern des 20. Juli.
Ich erinnere mich noch ganz deutlich, dass während der
Verhandlungen gegen die “Rote Kapelle” - es mochte der
Monat September 1942 gewesen sein - wir auch im Osten
auf der Höhe des Kriegserfolges standen und zu der
genannten Zeit unter anderen die Nachricht einlief, dass
die Stadt Elista in der Kalmückensteppe von unseren
Truppen erreicht war. Die Absicht, das Vaterland vor dem
Untergang zu bewahren, spielte hier also hier überhaupt
garkeine Rolle. Versuche, die darauf hinauslaufen, den
Zur Roten Kapelle
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Teilnehmern der “Roten Kapelle” etwa eine ehrbare Absicht zuzubilligen und ihnen das Dekorum zu erhalten,
müssen also als völlig untauglich auf das Entschiedenste
abgelehnt werden. Auch für die Angehörigen der Verurteilten und die Verurteilten selbst, soweit sie mit einer
Freiheitsstrafe davon gekommen sind, ist Schweigen die
einzig-richtige Massnahme.
(Auszug aus: “Eid, Gewissen und ethische Grundsätze”,
Lebenserinnerungen 1. 9. 1939 - 20. 10. 1945; Bundesarchiv
/ Militärarchiv - N 192/1; wiedergegeben in: Norbert Haase:
“Das Reichskriegsgericht und der Widerstand gegen die
nationalsozialistische Herrschaft”, herausgegeben von der
Gedenkstätte Deutscher Widerstand mit Unterstützung der
Senatsverwaltung für Justiz, Berlin 1993; diesem Buch entnahmen wir auch das Foto von Max Bastian und den Text “Der
Präsident”.)
Peter Klepper
Skandalchronik im Namen Coppis
Ob Hans Coppi in erster Linie ein “Kundschafter” des
sowjetischen Geheimdienstes, ein “Funker an der unsichtbaren Front” war, wie ihn das “Neue Deutschland” noch
1986 nannte, oder primär ein Widerstandskämpfer gegen
die Nazis, wie Christoph Kopke im Heft 8 von “Horch und
Guck” behauptete, oder beides war - ist wohl heute nicht
mehr mit letzter Sicherheit zu klären. Was allerdings in den
letzten Monaten zweifelsfrei zutage getreten ist, sind die
undemokratischen, zum Teil stalinistischen Methoden
derjenigen im Schulamt Lichtenberg, die sich vehement für
die Wiedereinführung des Coppi-Namens für die Schule
eingesetzt haben:
17. Februar 1993: Um die engagierte Diskussion am
6. Gymnasium Lichtenberg über den zukünftigen
Schulnamen (vorgeschlagen waren: Coppi-Gymnasium,
Havemann-Gymnasium, Gymnasium Karlshorst, RömerGymnasium) abzuwürgen, bringt die Fraktion des
Volksbildungsstadtrats Jürgen Bergmann (SPD) den
Antrag in die BVV ein: “Die Bezirksverordnetenversammlung wolle beschließen: Die Schulkonferenz
des 6. Gymnasiums wird ersucht, als Namen für das
Gymnasium ‘Hans und Hilde Coppi’ zu wählen. Begründung: Der Streit zur Namensgebung sollte schnellstmöglich beendet werden.” Der Antrag scheitert am Widerstand von Bündnis 90, CDU und sogar PDS.
19. Februar 1993: Stadtrat Bergmann wird in der
“Berliner Morgenpost” mit den Worten zitiert: “Herr
Klepper mischt sich in Schulangelegenheiten, die ihn nichts
angehen. Ich hätte Lust, ihn wegzuschicken. Er soll seinen
Unterricht geben, sonst nichts.” Am gleichen Tag erscheint seine Schulrätin Marion Weigelt zusammen mit
dem Schulleiter unangemeldet in meinem Unterricht.
12. März 1993: Im Auftrag des Schulamts erhalte ich
vom Schulleiter die Aufgabe, über das Wochenende umfangreiche Abschluß-Einschätzungen aller meiner 180 Schülerinnen und Schüler anzufertigen, was ich jedoch verweigere, worauf der Abgabetermin auf den 19. 3. 1993 verschoben wird.
19. März 1993: Obwohl sich 120 meiner Schülerinnen
und Schüler in einer Unterschriftenaktion für mein Verbleiben aussprechen (“Ich bin gegen eine vorzeitige Entlassung Peter Kleppers aus unserer Schule”), werde ich zum
Schulamt bestellt und dort vom Stadtrat Bergmann und der
Schulrätin Weigelt in Anwesenheit eines Rechtsamtsvertreters mit der Begründung entlassen, ich hätte mit
meinem Havemann-Vorschlag für “zu viel Unruhe” in der
Schule gesorgt, der “Betriebsfrieden” sei zu sehr gestört
worden.
2. April 1993: Der Nachträgliche Kommentar von
Schulsenator Klemann (zitiert in der “Deutschen Lehrerzeitung”): “Ich bedaure es sehr, wenn Differenzen nicht so
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ausgetragen werden können, daß ein gemeinsames Weiterarbeiten möglich ist... Derartige bedauerliche Fälle wie
die von Herrn Klepper wird es in dieser Form nicht mehr
geben.”
23. Juni 1993: Mit dem Ende des Schuljahres kündigen
am 6. Gymnasium Lichtenberg mein Nachfolger und der
andere Kollege aus dem Westen. In seinem Kündigungsschreiben an die Schulrätin steht: “Dem Psychoterror, der
an dieser Schule herrscht, bin ich nicht gewachsen. Ich
verlasse diese Schule und diesen Bezirk... Die Arbeitslosigkeit erscheint mir dabei als das bei weitem kleinere
Übel.”
7. Juli 1993: Landesschulrat Pokall beantwortet im
Auftrag des Senators eine nahezu ein Vierteljahr zuvor
gestellte Anfrage nach der Vor-Wende-Tätigkeit der
Schulrätin mit den Worten: “Die Tätigkeit von Frau
Schulrätin Weigelt von 1982 bis 1987 im Pionierpalast ist
hier bekannt und wurde bei der Auswahlentscheidung
berücksichtigt.”
5. August 1993: Mit Beginn des neuen Schuljahres
wird eine Didaktik-Dozentin der Humboldt-Universität, die
lange Jahre Geschichtslehrer ausgebildet hat und nun über
die Erneuerung der HUB gestolpert ist, als Nachfolgerin
meines Nachfolgers am 6. Gymnasium Lichtenberg eingestellt.
17. und 20. September 1993: Nachdem die Weiterbeschäftigung eines ehemaligen IM des MfS zu einer
Protesterklärung von 16 Lehrerinnen und Lehrern des 6.
Gymnasiums an das Schulamt geführt hat, begründet
der Stadtrat bei zwei Besuchen in der Schule seine
Haltung gegenüber stasibelasteten Lehrern, sie nach
Möglichkeit nicht zu entlassen. Diese Möglichkeit besteht offensichtlich nicht mehr im Fall des Schulleiters
und seines Stellvertreters im Nachbargymnasium, die
zwar nach der Wende vom Stadtrat Bergmann eingestellt worden sind, aber 3 Jahre nach der Herstellung der
Einheit über die Gauck-Akten stolpern.
20. Oktober 1993: Die 2. Oberschule Pankow erhält
den Namen “Robert-Havemann-Oberschule”. Während
der Vorschlag Havemann in Lichtenberg noch auf große
Widerstände stieß (“Verräter”), hat Pankow auf dem Höhepunkt des “Namensstreits” im Februar 1993 bereits das
Interesse an Havemann bei der zuständigen Senatsstelle
angemeldet.
Nach dem jahrzehntelangen Mißbrauch der “Roten
Kapelle” und des Widerstands zum Zwecke der Systemstabilisierung des SED-Regimes sind die Schulamts-Machenschaften im Namen Coppis als erneuter Mißbrauch
derer zu werten, die sich ihr altes Denken über die Wende
bewahrt haben und über einen nach wie vor starken Einfluß
verfügen.
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