02.11.15 13:19:48 [Teilseite '45aw30' - SEDENEAM0029 | AZV | Ärzte Woche | Ärzte Woche | Spezial] von kloboucnik (Color Bogen) (95% Zoom) Schmerz 30 Schmerzen mit dem Skalpell ausschalten Für Nervenkompressionssyndrome an der Hand gilt die chirurgische Therapie als Goldstandard. Von Sonja Streit Nerveneinengungssyndrome an den Händen zählen zu den gefürchtetsten, betreffen sie doch unsere wichtigsten Werkzeuge. Mithilfe denervativer Mikrochirurgie lassen sich derartige Probleme relativ schonend lösen. Das Um und Auf ist aber eine frühzeitige Diagnostik. Zu einer chronischen oder akuten Druckschädigung eines peripheren Nervs an der Hand kann es posttraumatisch aufgrund einer Vernarbung und/oder anatomisch bedingt kommen. Körpereigene Engstellen sind häufig prädestiniert für Nerveneinengungen. Nicht immer lässt sich die Ursache medizinisch erklären, für die Betroffenen sind sämtliche Nervenkompressionssyndrome allerdings gleichermaßen unerträglich. bei der Perkussion eines geschädigten Nervs in dessen Versorgungsgebiet auftreten. Betroffene verspüren elektrisierende Missempfindungen distal der Einengung, was als klares Zeichen gewertet werden kann. Bildgebende Verfahren können nur in bestimmten Fällen weiterhelfen. Dazu zählen Röntgen, MRT und CT sowie hochauflösender Ultraschall, der immer häufiger in der Diagnostik von Nervenkompressionssyndromen Anwendung findet. Kommt es zu einer Einengung des Nervus medianus im Bereich des Handgelenks, spricht man vom Karpaltunnelsyndrom (CTS), das man als äußerst bekannt und ziemlich verbreitet bezeichnen kann. Die Beschwerden rauben Betroffenen den Schlaf und äußern sich in starken Schmerzen sowie Ameisenlaufen, das sich von der Schulter bis in die Hand erstreckt. Tagsüber können Tätigkeiten wie Telefonieren oder Autofahren Schmerzen auslösen. fi Eindeutige Symptome Nachdem es sich bei Nerven um Erregungsleiter handelt, reagieren sie naturgemäß extrem auf minimalste Irritationen. Ist ein Nerv komprimiert, hat das eine Störung seiner Funktion zur Folge, was in Gefühlsstörungen, Schmerzen, Muskelschwäche und durchaus auch Lähmungen münden kann. Sind nicht myelinisierte Fasern irritiert, äußert sich das durch Parästhesien und Schmerzen, während Hypästhesien für einen partiellen Funktionsausfall sprechen. Dies zieht nicht selten das Absterben von Nervenfasern nach sich und macht im fortgeschrittenen Stadium Feinarbeiten unmöglich. Muskelschwäche und Kraftverlust lassen darauf schließen, dass das Krankheitsbild lange besteht und die Kompression sehr ausgeprägt ist. Sind sympathische Nervenfasern involviert, neigen Patienten zu verstärktem Schwitzen sowie Empfindlichkeit gegenüber Kälte und im weiteren Verlauf zu einer Verminderung der Hautfeuchtigkeit. Alltägliche Arbeiten werden zunehmend zum Problem, nicht zuletzt auch deshalb, da die Nachtruhe vieler Patienten aufgrund von Missempfindungen und Schmerzen erheblich gestört wird. Abb. 1: Wartenberg-Syndrom mit eingeengtem Nerv: Darstellung des Nervus radialis vor der Neurolyse. © Veith Moser • rasche Schmerzlinderung • rascher Rückgang der Schwellung Fachkurzinformation siehe Seite 32 Schwierige Diagnose Wenngleich die Symptome relativ eindeutig erscheinen, kann sich die Diagnose durchaus schwierig gestalten. Fachärzte für Neurologie sind in dieser Phase unbedingt einzubeziehen, da die elektrophysiologische Abklärung mittels Nervenleitgeschwindigkeit (NLG) zum Standard gehört. Fällt die Nervenleitgeschwindigkeitsmessung normal aus, was bei manchen Patienten vorkommen kann, stehen weitere Maßnahmen zur Verfügung. Die klinische Diagnostik ist ebenso wichtig wie eine exakte Anamnese. Das Hoffmann-Tinel-Zeichen (HT) kann am verlässlichsten Aufschluss darüber geben, ob ein Nervenkompressionssyndrom vorliegt. Es handelt sich dabei um Parästhesien, die 05. November 2015 Dr. Veith Moser, Oberarzt für Plastische und Rekonstruktive, Hand- und Nervenchirurgie im Unfallkrankenhaus Lorenz Böhler; 1. Wiener Nervenschmerzzentrum, Wien © Veith Moser Charakteristisch ist außerdem ein Taubheitsgefühl in den Fingerspitzen, Betroffene werden zunehmend ungeschickter und sind mit Schwäche konfrontiert. Der Hoffmann-TinelTest ist positiv, wobei das HT-Zeichen proximal oder über dem Karpalkanal auftritt. Der Phalen-Test verstärkt die Symptome mitunter. Chirurgisch kann das Syndrom sowohl endoskopisch als auch offen behoben werden, wobei die offene Variante die komplikationslosere darstellt. Im Rahmen des Eingriffs wird das zu enge beugeseitige Band durchtrennt, um den Druck vom darunter liegenden Nerv zu nehmen. In der Folge sind Betroffene meist beschwerdefrei. Das Wartenberg-Syndrom (siehe Abb. 1) tritt zwar am Unterarm auf, gehört aber dennoch zu den Nervenkompressionssyndromen der Hand. Es handelt sich dabei um eine Kompression des Ramus superficialis des Abb. 2: Wartenberg-Syndrom – Dekompression durch Entfernung von irritierendem Gewebe. © Veith Moser Nervus radialis und ist auch unter dem Namen Cheiralgia paraesthetica bekannt. Der Hautnervenast tritt circa sechs bis zehn Zentimeter proximal des Handgelenks radiodorsal am Unterarm durch die Faszie in das Subkutangewebe. An der Durchtrittsstelle kommt es zu einer Einengung, die mit Schmerzen und Missempfindungen in Daumen, Zeigeund Mittelfinger sowie am Handrücken einhergeht und ein positives Hoffmann-Tinel-Zeichen im Nerveneinengungsgebiet aufweist. Operative Dekompression Nicht selten berichten Betroffene außerdem von Schmerzen am streckseitigen Unterarm, die in den Ellbogen, die Hand und/oder die Finger ausstrahlen. Eine konservative Behandlung kann mittels Kortikoidinjektionen versucht werden, was aber nur selten zu einer Verbesserung führt. Eine operative Dekompression ist angezeigt, um die Beschwerden schnellstmöglich zu lindern. Der Nerv wird aufgesucht und von irritierendem Gewebe befreit (siehe Abb. 2), was in den meisten Fällen unmittelbar nach dem Eingriff zu Beschwerdefreiheit führt. Einengung des Nervus ulnaris Beim Loge-de-Guyon-Syndrom handelt es sich um eine Einengung des Nervus ulnaris am beugeseitigen Handgelenk (siehe Abb. 3). Ulnar des Karpalkanals liegt die körperlich bedingte Engstelle Logede-Guyon, durch die der Nervus ulnaris gemeinsam mit der gleichnamigen Arterie und einigen Venen Richtung Handfläche gelangt, wo er sich in einen oberflächlichen sensiblen (Ramus superficialis) sowie 02.11.15 13:19:30 [Teilseite '45aw31' - SEDENEAM0029 | AZV | Ärzte Woche | Ärzte Woche | Spezial] von kloboucnik (Color Bogen) (95% Zoom) Schmerz 31 Den Schleimbeutel am Ellbogen konservativ beruhigen Druckverband und NSAR genügen bei Bursitis olecrani. Welches Verfahren sich am besten für die konservative Therapie einer nicht septischen Schleimbeutelentzündung am Ellbogen eignet, haben koreanische Forscher untersucht. Abb. 3: Loge-de-Guyon: Darstellung des eingeengten Nervus ulnaris im Loge-de-Guyon-Bereich. © Veith Moser Um sich eine Bursitis am Olecranon einzufangen, bedarf es oft nicht viel. Manchmal genügt es schon, beim Lesen den Ellbogen häufig aufzustützen – ein sogenannter Studentenellbogen kann die Folge sein. Neben der chirurgischen Sanierung, etwa der laparoskopischen Bursektomie, existieren einige konservative Behandlungsmethoden. Welche davon am ehesten vor den nicht seltenen Rückfällen schützt, haben Orthopäden um Joon Yub Kim vom Seonam University College in Goyang, Korea, untersucht Hierfür teilten die Forscher 90 Patienten in drei Gruppen ein. Die Gruppe 1 erhielt für eine Woche einen Kompressionsverband sowie ein zweimal täglich einzunehmendes nicht steroidales Antirheumatikum (NSAR) verordnet. Bei Probanden der Gruppe 2 wurde das Gelenk punktiert und die Flüssigkeit abgezogen, anschließend ging es weiter wie in Gruppe 1. In Gruppe 3 gab es nach der Aspiration noch eine Kortikoidinjektion, danach wurde ebenfalls verfahren wie in Gruppe 1. Unterschiedliche Heilungsdauer Die Patienten aller Gruppen wurden vier Wochen nachbeobachtet und dabei wöchentlich nachuntersucht. Bei Rezidiven wiederholten die Orthopäden die ursprüngliche Therapie. Statistisch signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen Methoden waren nach vier Wochen nicht festzustellen. 83 Prozent der Bursitiden in Gruppe 1, 65 Prozent der entzündeten Schleimbeutel in Gruppe 2 und 85 Prozent jener in Gruppe 3 waren nach vier Wochen verschwunden. Allerdings war die Studie nur ausgelegt, Differenzen von mindestens 30 Prozent zwischen den einzelnen Vorgehensweisen als signifikant zu erfassen. Ein Vorteil für Aspiration plus Steroidinjektion ergab sich insofern, als die Heilung dadurch am schnellsten erfolgte. Im Mittel dauerte es hier 2,3 Wochen, bis die Bursitis abgeheilt war. In den beiden anderen Gruppen zog sich der Heilungsprozess hingegen über drei Wochen hin (3,2 Wochen bei Kompression plus NSAR, 3,1 bei Aspiration). Allerdings ist die Punktion des Schleimbeutels am Ellbogen prinzipiell komplikationsträchtig – auch wenn in der koreanischen Studie keine Zwischenfälle auftraten – und der Griff zur Spritze vergrößert die Erfolgsaussichten offenbar nicht wesentlich. Kim et al. plädieren deshalb dafür, bei konservativer Therapie der Bursitis olecrani allein auf Verband und NSAR zu setzen – sofern künftige Studien nicht doch noch klare Vorteile für ein anderes Verfahren zutage fördern. springermedizin.de Originalpublikation: Kim JY et al. Clin Orthop 2015; online 13. Oktober; DOI: 10.1007/s11999-015-4579-0 Abb. 4: Loge-de-Guyon-Syndrom: Darstellung des mittels Neurolyse freigelegten Nervus ulnaris. © Veith Moser Ein eingeengter Nerv lässt sich in den seltensten Fällen durch konservative Maßnahmen behandeln. Deshalb stellt die operative Nervenschmerztherapie oftmals die einzige Lösung dar. drucken. Deshalb stellt die operative Nervenschmerzbehandlung oftmals die einzige Lösung dar. Mittels Lokalanästhetikum (Testblockade) lässt sich häufig feststellen, ob ein Eingriff einen entsprechenden Benefit für einen Patienten bereithalten würde. Dieses wird in den Nerv injiziert und simuliert so die Operation. Ist der Betroffene nach der Injektion schmerzfrei, wird ihm eine chirurgische Nervenfreilegung sicher helfen. Das Um und Auf ist eine frühzeitige Diagnostik, wobei das Alter des Patienten ebenfalls eine Rolle spielt. wieder mobil mit ... Seractil ® einen tiefen motorischen Ast (Ramus profundus) teilt. Meist wird der Ramus profundus eingeengt, was mit Handbinnenmuskulaturschwäche einhergeht und zu Kraftverlust führt. Da die Arteria ulnaris von Ganglien, Thrombosen oder Aneurysmen betroffen sein kann, wird im Rahmen einer Operation sowohl eine Nervenfreilegung als auch die Entfernung der zugrunde liegenden Ursache vorgenommen (siehe Abb. 4). Wichtig ist nach einem solchen Eingriff, die Hand nicht ruhigzustellen, sondern mit einer frühfunktionellen Nachbehandlung zu beginnen. Eine Verklebung oder Vernarbung des Nervs wird dadurch verhindert, da er seine Gleitfähigkeit behält. Darüber hinaus gilt, dass derartige Eingriffe in die Hände eines auf periphere Nervenchirurgie spezialisierten Chirurgen gehören. Zur Diagnosestellung ist außerdem ein interdisziplinärer Ansatz unumgänglich. GPB.SER 140204 Nicht ruhigstellen Chirurgie hat klare Vorteile Wie erwähnt, stehen zur Behandlung von Nervenkompressionssyndromen der Hand zahlreiche konservative Möglichkeiten zur Verfügung. Zu diesen zählen die Hand- und Physiotherapie, Schienenbehandlungen und Kortikosteroid-Injektionen, was die Beschwerden kurzfristig lindern kann. Ein eingeengter Nerv lässt sich allerdings in den seltensten Fällen von derartigen Maßnahmen beein- Mag. Sonja Streit ist Medizinjournalistin in Wien. Co-Autoren: Dr. Arthur Schultz ist als Oberarzt im Unfallkrankenhaus Lorenz Böhler (Unfallchirurgie und Sporttraumatologie) sowie im 1. Wiener Nervenschmerz Zentrum tätig. Mag. Dr. Pia Hollosi ist als Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie am 1. Wiener Nervenschmerz Zentrum tätig. ® Seractil forte die Kraft gegen Schmerz und Entzündung Fachkurzinformation siehe Seite 32 05. November 2015