Titelthema Die ersten wärmenden Sonnentage des Jahres sind eine Wohltat für Körper und Geist – und machen Lust auf bunte Frühlingsküche. Tauschen Sie deftige Eintöpfe, Aufläufe und Co. gegen leichte, kohlenhydratarme Speisen und starten Sie vital in die Osterzeit. Gesunde Rezepte zum Fest apo_m_008-011_09_17.indd 1 20.03.17 10:43 das Blutcholesterin, also die Blutfettwerte, auswirkt.“ Die wahren Übeltäter für zu hohe Cholesterinwerte seien gesättigte Fette, die wir über die Nahrung zu uns nehmen (mehr dazu im Kasten). Den Großteil des Cholesterins stellt der Körper selbst her. Es ist ein wichtiger Bestandteil der Körperzellen und trägt dazu bei, dass der Körper Hormone wie Östrogen, Testosteron und Vitamin D bilden kann. Auch bei der Verdauung spielt es eine Rolle. Nehmen wir über die Nahrung zusätzlich Cholesterin auf, drosselt der Körper die eigene Cholesterinproduktion. Dieser Mechanismus funktioniert nur ganz selten nicht, beispielsweise bei einer Unterfunktion der Schilddrüse, bei Diabetes oder bei schweren Nieren- und Lebererkrankungen. Auch ein Gendefekt kann zu hohen Cholesterinwerten führen. Neben Medikamenten helfen dann Bewegung und eine gesunde, ausgewogene Ernährung, die hohen Werte zu senken. Auf dem Speiseplan sollten viel frisches Gemüse, Obst und ballaststoffreiche Nahrungsmittel stehen. Tierische Produkte wie Wurst und Fleisch sollten Betroffene weitestgehend reduzieren (maximal 600 Gramm pro Woche). Frau Schultz steckt mitten in den Vorberei- Gesättigte Fette lassen Cholesterinspiegel ansteigen tungen für das Osterfrühstück mit der Familie. Wie jedes Jahr soll es bunt gefärbte Eier geben. Sie plant für jedes Familienmitglied nur eines ein – der Gesundheit zuliebe, wie sie sagt. Denn Eier erhöhen doch den Cholesterinspiegel. Zusätzlich gibt es eine große Auswahl an Brötchen, fettarmen Käse, Joghurt und Milch, Aufschnitt, Obst und Marmelade. Frau Schultz greift dabei gerne zu Light-Produkten. Sie möchte einige Kilos abnehmen und versucht daher, sich gesund zu ernähren. Cholesterin ist ein fettähnlicher Stoff. Da Fett – und somit auch Cholesterin – nicht in Wasser löslich sind, muss der Körper es in eiweißhaltige Hüllen, die Lipoproteine, verpacken. Davon gibt es zwei Arten: Die Lipoproteine mit einer niedrigen Dichte, die LDL, und diejenigen mit einer hohen Dichte, die HDL. LDL transportiert das Cholesterin von der Leber in die Organe. Auf dem Weg dorthin kann sich das Cholesterin in den Blutbahnen und Gefäßen ansammeln und diese verstopfen – das Risiko für Arteriosklerose, Herzinfarkt und Schlaganfall steigt. HDL transportieren das Cholesterin hingegen aus den Organen zur Leber zurück, wo es abgebaut wird. Daher gilt diese Form auch als „gutes“ Lipoprotein. „Rund um das Thema gesunde Ernährung ranken sich viele Mythen“, sagt Ernährungsmediziner Dr. med. Matthias Riedl, Facharzt für Innere Medizin, Diabetologe sowie Vorstandsmitglied des Bundesverbands Deutscher Ernährungsmediziner e.V. „Etwa, dass Eier ungesund sind und Fett per se dick macht.“ Viele Light-Produkte seien häufig zudem gar nicht so „light“, wie es uns die Werbung glauben machen will. Dr. Riedl erklärt, was bei einer gesunden Frühlingsküche wirklich auf den Tisch gehört – und was eher nicht. Haben wir also mehr HDL als LDL im Körper, wirkt sich das positiv auf die Gefäßgesundheit aus. Erhöhen können wir den Spiegel dieser guten Lipoproteine, indem wir viele ungesättigte Fettsäuren aus pflanzlichen Ölen wie Oliven-, Raps- und Leinöl sowie aus Nüssen zu uns nehmen. Tierische Fette aus Fleisch und Wurst sowie Schmalz erhöhen hingegen die „bösen“ LDL. Davon sollten wir möglichst wenig zu uns nehmen. Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sollten gesättigte Fettsäuren weniger als zehn Prozent der Gesamtfettaufnahme ausmachen. ● ● ● Der Mythos um das Ei und den Cholesterinspiegel Wie auch für Frau Schultz, gehören für die meisten Menschen bunt gefärbte, hartgekochte Eier einfach zu Ostern dazu – wäre da nur nicht der hohe Cholesteringehalt. „Jahrzehntelang galten Eier deswegen als ungesund“, sagt Riedl. „Heute weiß man, dass sich das Cholesterin in der Nahrung bei gesunden Menschen kaum auf ● ● ● Eier: wertvolle Eiweiß- und Nährstofflieferanten Der hohe Nährstoffgehalt spricht sogar eindeutig für einen regelmäßigen Verzehr von Eiern – gerne auch mehrmals die Woche. „Sie enthalten viel Vitamin A, K und B2 und sind Lieferanten für Folsäure, Kalzium, Phosphor, Eisen und Kalium“, so der Ernährungsexperte. „Zudem sind sie reich an Eiweiß, das aufgrund seiner Zusammensetzung sehr gut vom Körper verwertet werden kann.“ Durch den hohen Eiweißgehalt sind Eier zudem ideale Lebensmittel zum Abnehmen, denn sie lassen den Blutzuckerspiegel minimal ansteigen und sättigen langanhaltend – ganz im Gegensatz zu kohlenhydratreichen Lebensmitteln. 9 apo_m_008-011_09_17.indd 2 20.03.17 10:43 Titelthema Tipp Jetzt im Frühling wachsen auch auf unseren heimischen Äckern wieder allerhand Leckereien wie beispielsweise Spargel und Bärlauch. Der Hamburger Koch Leslie Himmelheber zeigt ab Seite 12, wie Sie aus diesen Zutaten sowie Garnelen und Morcheln eine schmackhafte Vorspeise für Ihr Ostermenü zaubern können. ● ● ● Kohlenhydrate: die wahren Dickmacher Viele Menschen, die abnehmen möchten, essen häufig besonders fettarm. Fett macht ja bekanntlich dick, denken sie. „Das stimmt so pauschal nicht“, sagt Riedl. „Neben der Menge an Fett spielt vor allen Dingen die Aufnahme von Kohlenhydraten eine große Rolle dabei, ob wir zunehmen.“ Besonders zuckerhaltige Lebensmittel und Weißmehlprodukte wie Gebäck, Kuchen und Toast lassen unseren Blutzuckerspiegel schnell ansteigen. Der Körper schüttet dann vermehrt Insulin aus, damit der Zucker aus dem Blut in die Zellen gelangt. Mindestens genauso schnell wie der Blutzuckerspiegel ansteigt, sinkt er auch wieder – und damit kommt auch neuer Hunger. Gleichzeitig hat das Insulin Auswirkung auf die Fettverwertung. Es sorgt dafür, dass der Körper das Fett nicht verbrennt, sondern es in die Körperzellen einlagert und dort speichert. „Das Risiko für Übergewicht steigt und damit auch die Gefahr für Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck und Schlaganfall“, sagt Dr. Riedl. „80 Prozent dieser Krankheiten entstehen durch einen ungesunden Lebensstil, insbesondere durch eine ungünstige Ernährung mit vielen Kohlenhydraten wie sie in unserer Gesellschaft vorherrscht.“ ● ● ● Bringen Sie den Frühling in Ihre Küche Es lohnt sich also, bewusst weniger Weißbrot, Nudeln und vor allem Süßigkeiten zu sich zu nehmen. Passend zum Frühling bieten sich stattdessen nun leichte, kohlenhydratarme Speisen an. Neben Salat, Gemüse, Geflügel und Fisch, Vollkornprodukten sowie Hülsenfrüchten sorgen frische Kräuter und Milchprodukte für Abwechslung auf dem Tisch. „Bei Milch, Joghurt und Käse dürfen es ruhig die Vollfettprodukte sein, denn sie machen länger satt und enthalten zudem mehr Vitamin D, das vielen Menschen gerade gegen Ende des Winters fehlt“, so der Ernährungsexperte. „Zusätzlich liefern diese Lebensmittel viele Vitamine und Mineralstoffe, die uns helfen, vitaler in den Frühlingsbeginn zu starten.“ Auch all denjenigen, die unter Frühjahrsmüdigkeit leiden, kommt eine kohlenhydratarme Ernährung zugute. Denn unser Körper verdaut Gemüse, ebenso wie Vollkornprodukte und eiweißhaltige Lebensmittel, langsamer, wodurch der Blutzuckerspiegel nicht so stark ansteigt. Während ein schneller Blutzuckeranstieg müde und schlapp macht, wirkt sich ein langsamer Anstieg eher positiv auf unser Wohlbefinden aus. 10 apo_m_008-011_09_17.indd 3 20.03.17 10:43 ● ● ● Abnehmen durch Intervallfasten „Wer darüber hinaus zum Start in den Frühling noch ein paar Kilos abnehmen möchte, kann dies mit Intervallfasten schaffen“, so Riedl. „Dabei machen wir längere Pausen zwischen den Mahlzeiten – idealerweise 16 bis 18 Stunden – oder fasten an einzelnen Tagen.“ Auf diese Weise muss der Körper die Fettreserven angreifen, um an Energie zu kommen. Wem das Weglassen von Mahlzeiten nicht auf Anhieb gelingt, der kann alternativ auch damit beginnen, keine oder sehr wenige Kohlenhydrate zu essen. Dann können Sie auch guten Gewissens den Schokohasen zu Ostern genießen. ● ● ● Light-Produkte: (k)eine Alternative? Viele Menschen, die sich gesund ernähren und abnehmen möchten, greifen zu sogenannten Light-Produkten. Hersteller bewerben sie zum Beispiel mit einem geringen Fettanteil. „Das klingt erst einmal verlockend, doch häufig handelt es sich dabei schlichtweg um Etikettenschwindel“, erläutert Dr. Riedl. „Wie wir mittlerweile wissen, werden wir nicht dünner, wenn wir alleine auf Fett verzichten.“ Schuld Der Code auf dem Ei sind vielmehr die Kohlenhydrate. Und genau diese setzen viele Hersteller den fettreduzierten LebensSeit 2004 muss jedes in Europa mitteln in Form von Zucker zu. Denn ebenso wie verkaufte Ei vom Produzenten mit einem Fett ist Zucker ein Geschmacksträger. Er sorgt Code versehen werden. Dieser lautet dafür, dass das Produkt trotz seines geringen beispielweise 0-DE-3103214. Die erste Zahl steht Fettanteils gut schmeckt. für die Haltungsform. Bei ökologisch erzeugten Eiern steht dort eine 0, bei Freilandhaltung eine 1 und bei Eiern aus Bodenhaltung eine 2. Dann folgt das Herkunftsland (DE für Deutschland) und die Nummer des Betriebes, aus dem die Eier stammen. Doch hat es überhaupt Vorteile, wenn wir die teureren Bio-Eier kaufen? „Eindeutig ja“, sagt Riedl. „Zum einen schmecken sie meist intensiver nach Ei. Zum andern erhalten die Hühner kein gentechnisch verändertes Futter und keines, das mit chemisch-synthetischen Pestiziden behandelt wurde. Auch aus Gründen des Umweltschutzes und der Tierhaltung sind Bio-Eier zu bevorzugen.“ „Wenn ein Produkt ‚light’ ist, weil der Zuckergehalt reduziert ist, könnte es theoretisch beim Abnehmen helfen“, sagt Riedl. „Allerdings setzen viele Hersteller dann Süßungsmittel ein, die den Appetit anregen.“ Wer zudem häufig solche Lebensmittel isst, gewöhnt sich an den süßlichen Geschmack. Dadurch bevorzugen wir dann auch eher andere stark gesüßte Lebensmittel, wodurch wir wieder mehr Zucker zu uns nehmen. Menschen, die abnehmen möchten, sollten also lieber die Finger von Light-Produkten lassen und eher ganz bewusst Kohlenhydrate meiden. Kea Antes Fotos, Illustrationen: Fotolia.com Unser Experte Dr. med. Matthias Riedl, Facharzt für Innere Medizin, Diabetologe und Ernährungsmediziner sowie Vorstandsmitglied des Bundesverbands Deutscher Ernährungsmediziner e.V. Buchtipp „Abnehmen nach dem 20:80-Prinzip“, erschienen im Gräfe und Unzer Verlag, 192 Seiten, 19,99 €. Dr. Riedl beschreibt hier ein Diätkonzept mit optimierter Eiweißmenge, das individuelle Abnehmstrategien für die fünf gängigsten Esstypen bietet. 11 apo_m_008-011_09_17.indd 4 20.03.17 10:43