Die Rolle von FASN in Leukämiezellen bei Akuter Promyelozytenleukämie unter ATRATherapie 1. Zusammenfassung Die Akute Promyelozytenleukämie (APL) ist gekennzeichnet durch die Translokation t(15;17), welche zum onkogenen Fusionsprotein PML/RARα führt. Dieses Protein bewirkt eine Differenzierungsblockade der Promyelozyten, wodurch keine Ausreifung mehr stattfindet. Die Differenzierungsblockade wird mit ATRA therapiert, wodurch PML/RARα degradiert wird. Über die genauen Auswirkungen im Zellstoffwechsel bei einer Chemotherapie in APL-Zellen mangelt es jedoch immer noch an umfassenden Studien. Zudem braucht es weitere Therapieansätze, um ATRA-resistente APL-Zellen zu therapieren. Ein neuer Therapieansatz liegt darin, die Rolle des FettsäureStoffwechsels in APL-Zellen während der Differenzierung besser zu verstehen. Es ist bekannt, dass Leukämiezellen für ihr Wachstum auf Fettsäuren angewiesen sind. Ein Schlüsselenzym, welches die Synthese für lange endogene Fettsäuren katalysiert, ist die Fettsäure-Synthase (FASN). FASN wird zudem in Tumorzellen häufig überexprimiert. Das Ziel dieser Forschungsarbeit lag nun darin die Rolle von FASN unter ATRA-induzierter Differenzierung besser zu verstehen. Dazu wurde die Proteinexpression von FASN mittels shRNA inhibiert. Anschliessend wurden die Auswirkungen auf die Zelldifferenzierung in der APL-Zelllinie NB4 evaluiert. Es konnte gezeigt werden, dass eine Teilhemmung des FASN-Proteins die ATRA-induzierte myeloische Differenzierung zusätzlich unterstützt. Man kann also sagen, dass die FASN-Expression in APL-Zellen durch die Beeinflussung der ATRA-induzierten Differenzierung noch eine andere onkogene Funktion ausser der Fettsäuresynthese hat. 2. Einleitung Die Akute Promyelozytenleukämie (APL) Die APL ist eine myelosiche Neoplasie und wird nach der FAB-Klassifikation als M3 bezeichnet. Die APL zeichnet sich durch die typische choromosomale Translokation t(15;17) aus, welche zu einer Fusion des promyelozytischen Gens (PML) auf Chromosom 15 und des Retinoid-Acid-Rezeptor-α-Gens (RARα), auf Chromosom 17 führt. RARα ist ein wichtiger Regulator bei der Differenzierung der Granulozyten. Durch diese Translokation entsteht das Fusionsprotein PML/RARα, welches an den DNA-Abschnitt von RARα bindet. RARα ist verantwortlich für die Ausdifferenzierung von Vorläuferzellen zu Granulozyten. Die Folge dieser Bindung ist eine Blockierung der Differenzierung auf Stufe der Promyelozyten, was zu einer Anhäufung von unreifen Blasten im Knochenmark führt. Die APL zeichnet sich morphologisch durch Blasten mit ausgeprägter Granulation und zahlreichen Auerstäbchen aus. Zu den Komplikationen zählen plötzlichen Blutungen oder eine Disseminierten Intravasalen Gerinnung (DIC). Therapiert wird die APL mit ATRA (all-trans-Retinsäure), wodurch PML/RARα degradiert und somit die Differenzierungsblockade aufgehoben wird. ¹ 4. Methodik / Vorgehen Alle Experimente wurden ausschliesslich an der NB4-Zelllinie (APL-Zellen) durchgeführt, an welchen grundsätzlich das Enzym Fettsäure-Synthase (FASN) gehemmt wurde. Dazu wurden die NB4-Zellen mit einem Lentivirus infiziert, um eine Inhibition von FASN mit spezifischer shRNA zu bewirken. Es wurden 5 Knockdown-Zelllinien und 1 KontrollZelllinie verwendet (Plasmide A-F). Diese Plasmide verursachten an unterschiedlichen Stellen in der DNA eine unterschiedliche Hemmung der FASN-Expression (RNAInterferenz). Gleichzeitig wurden die Zellen mit ATRA behandelt. Die Experimente wurden jeweils nach Tag 1, 2, 3 und 6 angesetzt. Um den Einfluss der FASN-Inhibition auf die myeloische Differenzierung nachzuweisen, wurde der Differenzierungsmarker CD11b mittels FACS bestimmt. 5. Ergebnisse / Resultate Die Abb. 5.1 zeigt die CD11b-Expression der shFASN-Knockdown-Zellen während 6 Tagen in Prozent. Ohne ATRA-Behandlung ist wie erwartet keine CD11b-Expression und somit keine Differenzierung über die ganzen 6 Tage zu sehen. Unter ATRABehandlung zeigt sich an den Tagen 1, 2 und 3 bei den Zelllinien shFASN_B, shFASN_C und shFASN_F eine stärkere CD11b-Expression gegenüber den Kontrollzellen (A). Bei shFASN_D zeigt sich immer eine deutlich verminderte Zelldifferenzierung über die ganzen 6 Tage. Am 6. Tag ist die CD11b-Expression bei allen Zelllinien, ausser bei shFASN_D, ziemlich ausgeglichen. Über die Zelllinie shFASN_E konnten keine Aussagen gemacht werden, da diese Zellen die Inhibition von FASN nicht überlebt haben. Aufgrund von zu wenigen Daten konnte keine statistische Signifikanz berechnet werden. Abb. 5.1 CD11b-Expression der shFASN-Knockdown-Zellen über 6 Tage, CTRL und ATRA 6. Diskussion / Outlook Die Fettsäure-Synthase (FASN) FASN ist ein Enzym, welches hauptsächlich im Zytoplasma von Zellen vorkommt, in welchen die Lipogenese stattfindet. Dort katalysiert FASN die Synthese von Fettsäuren bei ungenügender Zufuhr und dient ausserdem der Energiespeicherung. Da die Fettsäuren jedoch unter normalen Bedingungen aus der Nahrung gewonnen werden, sind adulte Zellen kaum von FASN abhängig. In Tumorzellen wird FASN aber häufig überexprimiert, da dort die Regulation der Lipogenese anders zu funktionieren scheint. In vorangehenden Studien konnte gezeigt werden, dass eine Inhibition von FASN in Tumorzellen zu einem vermehrten Zelltod führte. Dieser Zusammenhang ist jedoch noch nicht genau erforscht. FASN ist also einerseits für die Synthese der Fettsäuren zuständig (Abb. 2.1), scheint aber durch seine Überexpression in Tumorzellen noch eine andere onkogene Funktion auszuüben. Da der Fettsäurestoffwechsel in Leukämiezellen bislang kaum beschrieben wurde, bestand das Ziel dieser Forschungsarbeit darin, die Rolle von FASN in APL-Zellen besser zu verstehen. ² Abb. 2.1 zeigt die Aufgaben von FASN in der Lipogenese 3. Ziele / Fragestellung Zielsetzung Das Ziel dieser Diplomarbeit lag in der Erforschung des Lipidstoffwechsels von APLZellen unter ATRA-Therapie, fokussiert auf das Enzym Fettsäure-Synthase (FASN). Es galt herauszufinden, welche Rolle FASN bei der Zelldifferenzierung in APL-Zellen spielt. Fragestellung Ist eine Veränderung bezüglich der Differenzierung in FASN-inhibierten APL-Zellen unter ATRA-Therapie festzustellen? Beantwortung der Fragestellung Bei der Betrachtung der Abb. 5.1 zeigen sich bezüglich des Differenzierungsmarkers CD11b klare Unterschiede bei allen shFASN-Zelllinien im Vergleich zu den Kontrollzellen. Die Inhibition von FASN scheint tatsächlich einen Einfluss auf die myeloische Differenzierung unter ATRA-Therapie zu haben. Dabei scheint es jedoch auf die Stärke der Inhibition anzukommen. Eine zu starke Hemmung von FASN bewirkt ebenfalls eine Hemmung der Differenzierung (shFASN_D), da FASN anscheinend auch eine wichtige Funktion in der myeloische Differenzierung zu haben scheint. Eine eher schwache Hemmung, die vermutlich der Zelllinie shFASN_F entspricht, zeigt weniger klare Veränderungen. Die Zelllinien shFASN_B und shFASN_C, welche eine mittelmässige FASN-Hemmung verursachen, bewirken interessanterweise eine Verstärkung der Differenzierung. Schlussfolgernd kann man sagen, dass auf jeden Fall ein gewisses Level an FASN in den APL-Zellen vorhanden sein muss und man FASN auf keinen Fall komplett ausschalten darf, denn sonst wird die ATRA-induzierte Differenzierung gestört. Eine Teilhemmung von FASN verspricht somit den grössten Erfolg, um die Therapie bei Akuter Promyelozytenleukämie zu verbessern. Die Kernaussage dieser Diplomarbeit lautet also: etwas weniger FASN ist gut, zu wenig FASN ist schlecht. Outlook Um die Resultate zu überprüfen, wird es nötig sein die Inhibition von FASN in weiteren AML-Zellen durchzuführen. Zudem ist für die Entwicklung von sicheren und effizienten Therapien, basiert auf FASN-Inhibitoren, generell ein besseres Verständnis des Fettsäure-Stoffwechsels in normalen und in myeloischen Leukämiezellen nötig. Bezogen auf diese Arbeit müssen noch mehr Daten gesammelt werden, um eine statistische Signifikanz berechnen zu können. Quellenverzeichnis 1. Link, H. [Stand 16.03.2016] Akute Promyelozytenleukämie (APL; M3Leukämie) http://www.onkodin.de/e2/e51675/e53188/e54107/ 2. Mullen, G. und Yet, L. (2015) Progress in the development of fatty acid synthase inhibitors as anticancer targets I Bioorganic & Medicinal Chemistry Letters 25 Abbildungen Abb. 2.1: Jones, S. und Infante J. (2015) Molecular Pathways: Fatty Acid Synthase I Clinical Cancer Research 21, S. 5435, Nashville, Tennessee, Sarah Cannon Research Institute Abb. 5.1: Rentsch, V. (2016) CD11b Expression der shFASN-Knockdown-Zellen über 6 Tage, CTRL und ATRA. Bern, eigene Abbildung Vreni Rentsch BMA 13-16 Experimentelle Pathologie, Universität Bern 16.09.2016