118. Jahrgang Nr. 31.626 Sonnabend, 4. August 2007 Kirchner bei den Azteken Kritik gegenüber den USA und Lob den Mexikanern Buenos Aires (AT/tam) – „Diese Mauer ist eine Schande“, sagte Präsident Néstor Kirchner letzten Dienstag vor mexikanischen Parlamentariern. „Sie ist nicht nur eine Frechheit gegenüber Mexiko, es ist eine Beleidigung aller Lateinamerikaner.“ Das argentinische Staatsoberhaupt kritisierte mit diesen Worten den US-Plan zum Bau des rund 1150 Kilometer langen Grenzzauns zwischen den USA und Mexiko, der die illegale Einwanderung eindämmen soll. Einen Tag davor, am Montag, trafen sich Kirchner und die Präsidentschaftskandidatin Cristina Fernández de Kirchner, die ihn auf der dreitägigen Reise ins aztekische Land begleitete, mit dem mexikanischen Präsidenten Felipe Calderón im historischen Nationalpalast in Mexiko Stadt. Dort unterschrieben die beiden Staatsherren das Abkommen der strategischen Vereinigung (AEE). Darin werden verschiedene bilaterale Vereinbarungen festgehalten unter anderem in den Bereichen Wirtschaft, Technik und Politik. So sollen Kommissionen gebildet werden aus Mitgliedern beider Calderón (links) und Kirchner im historischen Nationalpalast in Mexico City. Länder, die verschiedene Projekte ausarbeiten, um die Beziehungen zu festigen. Es wird etwa vorgesehen, die Bankgeschäfte untereinander zu vereinfachen. Der linksgerichtete Kirchner und Calderón der rechtsgerichteten Partei PAN (Nationale Aktion) sparten nicht mit gegenseitigem Lob. Das Einvernehmen schien überaus gut zu sein, obwohl Kirchner in 2006 bei den mexikanischen Präsidentschaftswahlen den linken Kandidaten Andrés López Obrador unterstützt hatte. „In Mexiko haben Tausende Argentinier eine Heimat gefunden, die vor der Militärdiktatur flüchten mussten“, sagte Kirchner dankend. Vom AEE versprechen sich beide Staaten insbesondere im wirtschaftlichen Bereich größere Gewinne. Allerdings hat bereits ein anderes Abkommen den Handel zwischen Mexiko und Argen- tinien in den letzten zwei Jahren um 40 Prozent angehoben. Am Mittwoch kam es bei einem Treffen mit verschiedenen mexikanischen Unternehmen zu einigen Investitionszusagen von rund zwei Milliarden US-Dollar. Zahlreiche Firmen haben die Absicht, neu in den argentinischen Markt einzusteigen. Andere wollen ausbauen. Dabei handelt es sich unter anderem um Hersteller von Autoteilen oder Parfümerie und Unternehmen im Hotelwesen oder im Bereich Kommunikation. Kirchner äußerte gegenüber Calderón den Wunsch, das Mexiko als Mitgliedstaat im südamerikanischen Handelsblock Mercosur eintritt. Ein Bitte, die sicherlich nicht einfach und schnell zu erfüllen ist, da Mexiko mit den USA in der nordamerikanischen Freihandelszone NAFTA eingebunden ist. Jetzt bereits sprachen sich aber die beiden Länder in Sachen UNO Unterstützung zu. Sie werden sich vice versa die Stimme geben, wenn es um die Wahl der nichtpermanenten Mitglieder im Sicherheitsrat geht. Mexiko will für die Jahre 2009 und 2010 kandidieren, Argentinien für 2013 und 2014. Präsident werden will ... Castells und Ripoll; Macri aber definitiv nicht Buenos Aires (AT/tam) – „Ich werde für das Amt des Präsidenten nicht kandidieren“, dies teilte Mauricio Macri in einem Schreiben mit. Der Chef der Bewegung Republikanischer Vorschlag (PRO) hat auf Druck und Wunsch seiner Anhänger diesen Entscheid diese Woche publik gemacht. Er habe das bereits nach den Stadtwahlen gesagt, fügte er lakonisch bei. Macri ist mit einem hervorragenden Resultat von 61 Prozent der Stimmen im Juni zum Stadtregierungschef von Buenos Aires gewählt worden. Anfang Dezember wird er das Amt antreten. Einige Politiker bedauern Macris Entscheid, da sie ihn als den ernsthaftesten Konkurrenten des Präsidenten Néstor Kirchner ergo Cristinas einschätzten. Unterdessen sind aber andere Kandidaturen für das Amt des Präsidenten verkündet worden. Raúl Castells, der bärtige Piquetero (Straßensperrer) und Chef der Unabhängigen Bewegung der Rentner und Arbeitslosen (MIJD) wird bei den Wahlen im Oktober antreten. „Ich will eine Art Fortsetzung von Evo Morales und Hugo Chávez in Argentinien sein“, sagte der Mann, der sich für soziale Gerechtigkeit einsetzt. Mit Vilma Ripoll stellt die Linke eine erste Kandidatin auf. Es ist eine Art „Vorkandidatur“, wie die Neue Linke Sozialistische Bewegung der Arbeiter (MST-nueva Izqierda) mitteilt. Denn ihr Wunsch sei, dass die linken Parteien gemeinsam einen Kandidaten aufstellen, um gestärkt anzutreten. „Diese Kandidatur ist gleichzeitig ein Aufruf“, sagte Ripoll bei der nationalen Parteisitzung. Es ginge darum, eine „neue Linke“ zu bil- den, um gegen die derzeitige Regierung anzukämpfen, dabei kritisierte sie Néstor und Cristina Kirchner heftig. Was nun fehlt, ist die Kandidatur des peronistischen DissidentenBlocks. Diesen Samstag wollen diese Regierungsgegner, welchen unter anderem die früheren Präsidenten Carlos Saúl Menem, Ramón Puerta und Adolfo Rodríguez Sáa angehören, den Kandidaten bestimmen. Erst, wenn dieser bekannt ist, kann abgeschätzt werden, was von den kommenden Präsidentschaftswahlen zu erwarten ist. Bisher – wie mehrere Umfragen zeigen – würde Cristina Kirchner mit mindestens 45 Prozent im ersten Wahlgang gewinnen. Sonnabend, 4. August 2007 ARGENTINISCHES TAGEBLATT 2 Cobos begleitet Cristina Vize für die Präsidentschaftswahlen bestimmt Buenos Aires (AT/tam) – Julio Cobos wird als Vize Cristina Fernández de Kirchner in den Präsidentschaftswahlen im Oktober begleiten. Der Ingenieur und Gouverneur der westlichen Provinz Mendoza verkündete dies am Samstag der vergangenen Woche in einem offiziellen Akt in Vicente López, Provinz Buenos Aires. „Julio Cobos, noch mehr Kraft für den Wechsel“, versprachen die Worte auf einem Plakat neben der großen Leinwand, die Bilder von Cobos zeigte. Ein Slogan, passend zu jenem von Cristina Kirchner: „Der Wechsel beginnt erst.“ Verschiedene Details dieser Veranstaltung erinnerten an jene vor mehr als zwei Wochen, als die First Lady in der Stadt La Plata ihren Wahlkampf eröffnete – vermutlich eine abgestimmte Sache. Vor rund 5000 Personen, darunter Bürgermeister und Gouverneure aus dem ganzen Land, lobte Cobos die Regierung von Präsident Néstor Kirchner. Der 52Jährige hat von Anfang an – so- Julio Cobos aus Mendoza (Mitte) zwischen anderen Radikale-K-Gouverneuren. zusagen ein Pionier - beim Aufbau der Front zur Bürgerlichen Vereinbarung (Frente para la Concertación Cívica Plural) mitgewirkt, die am Samstag ebenfalls bestätigt wurde. Dabei handelt es sich um eine Splittergruppe der Radikalen Bürgerunion (UCR), eine Mitterechtspartei. Die Radikalen K (K wie Kirchner), wie die Medien die Mitglieder der Split- tergruppe nennen, wollen in den kommenden Präsidentschaftswahlen Kirchners linksgerichtete Regierung unterstützen. Das argentinische Staatsoberhaupt dankt dies mit dem Posten des Vize-Präsidenten. Verräter!, nennt sie der andere Flügel der UCR, der in den Wahlen dem ehemaligen Wirtschaftsminister Roberto Lavagna folgen wird. Die Radikalen K würden Ja sagen, so die Verärgerten, zu einer autoritären und intoleranten Regierung. „Wir haben niemanden verraten“, sagte denn auch Cobos in seiner Rede. „Wir wollen einfach die alten Parteistrukturen brechen, unsere Grundprinzipien haben sich aber nicht verändert.“ Weiter betonte Cobos, dass er nach wie vor – wie er bereits vor einem Jahr gesagt habe – mindestens zu 70 Prozent mit der Regierung Kirchners einverstanden sei. Sicher, es gebe einige Dinge, die in näherer Zukunft anzupakken seien. Er selber sehe sich im Amt des Vizepräsidenten vorwiegend als Berater und Vermittler, sagt der frühere Minister für Umwelt und Öffentliche Bauten in Mendoza. Der erste gemeinsame Wahlkampf-Auftritt von Cristina Kirchner und Julio Cobos wird Mitte August im Stadion Luna Park in der Stadt Buenos Aires über die Bühne gehen. Vizepräsidenten Im derzeitigen Gerangel um die Kandidaturen für die allgemeinen Wah-len vom 28. Oktober konzentriert sich die Aufmerksamkeit auf die Kandidaten für exekutive Ämter, insbesondere den Präsident der Republik, ebenfalls die Gouverneure der Provinzen und die Bürgermeister der Gemeinden. Indessen stehen ihnen auch Stellvertreter zur Seite, für die die Wähler ihre Stimmen abgeben. Neben jedem Präsidentschaftskandidaten figuriert der Anwärter auf die Vizepräsidentschaft auf dem Wahlzettel. Vizepräsidenten sind laut argentinischer Verfassung Stellvertreter. Sie übernehmen das Amt vorübergehend bei Auslandsreisen oder Krankheit des Staatschefs und ständig, wenn der Präsident stirbt, demissioniert oder abgesetzt wird. In der argentinischen Geschichte ist das mehrmals eingetreten. Die Vizepräsidenten haben in den meisten Fällen andere politische Akzente als ihre Formelpartner gesetzt. So war es 1890 der Fall bei Carlos Pellegrini, der auf die Demission von Juárez Celman folgte, ferner 1895 José Evaristo Uriburu nach Luis Sáenz Peña, 1904 José Figueroa Alcorta nach Manuel Quintana, 1916 Victorino de la Plaza nach Roque Sáenz Peña, 1940 Ramón Castillo nach Roberto M. Ortiz und zuletzt 1973 Maria Estela Martínez de Perón nach Juan Domingo Perón. Normalerweise amtieren Vizepräsidenten als Vorsitzende des Senats mit doppeltem Stimmrecht bei Stimmenpatt, ansonsten sie sich um die Verwaltung des Senats kümmern und protokollarische Aufgaben übernehmen. Ob sie in politischen Entscheidungen auch Gewicht haben, hängt vom jeweiligen Präsidenten ab, der seinem Vizepräsidenten auch besondere Aufgaben übertragen kann. Vielfach entzweien sich beide Formelpartner meist zu Lasten des Vizepräsidenten, der politisch abgeschoben wird. So geschah es zuletzt mit dem derzeitigen Vizepräsidenten Daniel Scioli, der erst vor einigen Monaten aus dem politischen Exil herausgeholt wurde, als ihn Präsident Kirchner zu seinem Kandidaten für das Gouverneursamt der einflussreichen Provinz Buenos Aires kürte. Diese überraschende Ernennung brachte politische Früchte für Kirchner, wie die Umfragen zeigen, die Scioli durchweg als Wahlsieger vorweg nehmen, womit auch die Präsidentenwahl auf den gemeinsamen Stimm- zetteln präjudiziert werden würde. Für die kommenden Wahlen wurden zwei prominente Politiker der radikalen UCR zu Vizepräsidenten justizialistischer Kandidaten angemeldet. Zuerst kündigte Roberto Lavagna, der sich als Parteijustizialist ausgibt, allerdings bar jeder Prominenz in der Partei, den radikalen Senator für Jujuy und Parteivorsitzenden der UCR, Gerardo Morales, als seinen Formelpartner an. Vergangenen Sonntag kürten die dissidenten Radikalen K erwartungsgemäss den Gouverneur von Mendoza, Julio César Cleto Cobos als den Formelpartner der Präsidentengattin Cristina Kirchner an, die bisher nur von ihrem Gatten als Kandidatin aufgestellt wurde, ebenso wie Cobos nur von seinen dissidenten Parteikommilitonen gekürt wurde. Die formelle Verkündung der Formel durch eine oder mehrere Parteien steht noch aus. Im Fall Lavagna/Morales beruht die Formel auf der Entscheidung des Parteivorstandes der UCR, die vom Parteimacher und Expräsidenten Raúl Alfonsín empfohlen worden war. Die dissidenten Radikalen K machen nicht mit, ebensowenig andere treue Parteiradikale, die auf Margarita Stolbitzer hören. Sie stellt sich als Kandidatin für das Gouverneursamt in der Provinz Buenos Aires gegen den offiziellen Kandidaten Ricardo Alfonsín, Sohn des Expräsidenten. Deutlicher kann sich die Spaltung der Partei in drei Gruppen nicht darstellen. Cobos ist ein tüchtiger Gouverneur seiner Provinz, gelernter Ingenieur mit Erfahrung in Exekutivämtern, die seine Formelpartnerin Cristina Kirchner entbehrt. Er wäre somit in der Lage, jederzeit die Nachfolge anzutreten, was man anderen Kandidaten nicht unbedingt zutrauen kann. Als Sprecher der fünf radikalen K-Gouverneure und mehrerer -Bürgermeister konnte Cobos seine Kandidatur anstandslos durchsetzen, als er auf einer Parteiversammlung im Vorort Vicente López gekürt wurde und damit die Spaltung der Partei vorerst besiegelte. Die Entscheidungen der Parteiführung, die Dissidenten auszustossen, wurden von der Wahljustiz nicht akzeptiert, die offenbar auf die Regierung hört. Dissidenten bleiben Parteiradikale, obwohl sie sich bei anderen Parteien als Kandidaten melden. Paradox, aber echt argentinisch, weil kompliziert und undurchsichtig. ARGENTINISCHES TAGEBLATT Sonnabend, 4. August 2007 3 WOCHENÜBERSICHT Operation mit Handy-Licht beendet Der Schreck war groß, als der für solche Fälle vorgesehene Generator in der Poliklinik Juan Domingo Perón in der Stadt Villa Mercedes der Provinz San Luis nicht ansprang. Die Ärzte waren dabei, den Blindarm eines 29-jährigen Mannes zu operieren, als ein Stromausfall das ganze Spital für etwa eine Stunde in Dunkelheit versetzte. Die Familienangehörigen sammelten darauf von den Leuten im Wartesaal Handys ein, brachten sie in den Operationssaal und spendeten mit den Handybildschirmen Licht. Die Operation konnte ohne schweren Komplikationen beendet werden. Der Bruder des Blindarm-Patienten berichtete allerdings später, die Narkose des Operierten habe bereits nachgelassen. Deutsche Abgeordnete besuchen Buenos Aires Mitglieder des Ausschusses für Arbeit und Soziales im Deutschen Bundestag besuchen diese Woche die Hauptstadt Buenos Aires. Die Delegation besteht unter anderem aus Ralf Brauksiepe und Stefan Müller, beide von der Christlich Demokratischen Union (CDU/ CSU), Klaus Brandner der Sozialdemokratischen Partei Deutsch- lands (SPD) und Jörg Rohde der Freien Demokratischen Partei (FDP). Die Politiker werden sich mit dem argentinischen Arbeitsminister Carlos Tomada, Parlamentariern sowie Unternehmern treffen und über die soziale Sicherheit, Arbeitsbedingungen und den Kampf gegen die Armut in Argentinien sprechen. Vater der Autobahn 25 de Mayo gestorben Osvaldo Andrés Cacciatore ist im Alter von 85 Jahren eines natürlichen Todes gestorben. Der frühere Brigadier war beinahe während der ganzen Zeit der Militärdiktatur – von 1976 bis 1982 – Bürgermeister der Stadt Buenos Aires. Unter der Regierung von Cacciatore wurden die ersten Autobahnen in der Metropole - die 25 de Mayo - und die Perito Moreno gebaut, beide 1980 eingeweiht. Der ehemalige Militär war sehr umstritten. So siedelte er für seine kostspieligen Bauprojekte, die zum Teil nicht zu Ende geführt wurden, zig Menschen um. Er wollte ohnehin die Armensiedlungen in der Hauptstadt ausmerzen. Weiter wird ihm vorgehalten, dass sich während seiner Amtszeit immerhin fünf Geheimgefängnisse der Militärdiktatur (1976-83) in der Metropole befanden. Randglossen Auf Staatsbesuch in Mexiko vereinbarte Präsident Kirchner mit seinem Kollegen Calderón eine pompös genannte strategische Allianz, deren Inhalt die argentinische Presse verschwieg. Sie war dabei richtig beraten, denn die Allianz stellte sich als nichtssagend heraus. Die gemeinsamen Strategien beider Regierungen betreffen Fragen, die auch bilateral, wenn gewüscht, abgeklärt werden können, ohne sie in eine angebliche strategische Allianz zu kleiden. Eine Empfehlung Kirchners, dass Mexiko als Vollmitglied in die Zollunion des Mercosur aufgenommen werden sollte, wurde umgehend von einem Sprecher der brasilianischen Regierung zunichte gemacht, müsste doch Mexiko hierfür aus der Freihandelszone NAFTA mit USA und Kanada aussteigen. Sie hat Mexiko Wohlstand und Wachstum beschert, was Mercosur mitnichten nachvollziehen kann. Ohne eine Formalisierung wie die angebliche strategische Allianz, haben sich Kirchner und Calderón verständigt, dass sie sich gegenseitig und nacheinander als ständige Vertreter der Lateinamerika-Gruppe im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen unterstützen werden. Brasilien bemüht sich derweil vergebens um einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat in Vertretung der gleichen Ländergruppe, ebenso wie Deutschland, Japan, Indien und Ägypten. Die Vereinbarung Kirchners und Calderóns bedarf keines Staatsvertrages und wird solange funktionieren, wie es beide Regierungen wollen. Sie haben damit Brasilien eine klare Absage erteilt. All das ist reine Schaumschlägerei, weil die Reform der UNOStatuten keine Mehrheit geniesst, so dass alles bleibt, wie es war. Nur Argentinien und Mexiko werden sich gegenseitig unterstützen. Ohne Statuten-Reform. Vor Botnia-Einweihung weiteres Treffen In wenigen Wochen wird die Zellstofffabrik Botnia in Fray Bentos am Ufer des Flusses Uruguay in Betrieb gehen – was die Verhandlungen zwischen Argentinien und Uruguay nicht vereinfacht. Bereits zum dritten Mal trafen sich diese Woche Vertreter der beiden Länder, um im Papierfabrik-Streit voranzukommen, dieses Mal in New York. Die Gesprächsrunden bringen allerdings kaum Lösungen. Argentinien insistiert weiterhin darauf, dass Botnia den Standort wechselt. Uruguay sagt Nein. Noch vor Ende des Monats wollen sich die Parteien erneut treffen. Am Dienstag haben Umweltschützer und Bewohner der Stadt Gualeguaychú, die gegenüber Fray Bentos liegt, vor der finnischen Botschaft in Buenos Aires protestiert. Weltweit mehr Argentinier im Knast Im November des letzten Jahres saßen weltweit rund 1250 Argentinier in Gefängnissen außerhalb ihrer Heimat, zurzeit sind es 1600. Innerhalb von acht Monaten ist die Zahl um 30 Prozent angestiegen. Am meisten argentinische Häftlinge zählt Spanien mit 650. Darauf folgen Uruguay mit 270 und die USA mit 190 Insassen. Dies ist aus Unterlagen des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten von Argentinien zu entnehmen. Der größte Teil der Festgenommenen ist in Drogengeschäfte verwickelt. Dies betrifft besonders jene, die in Spanien eingebuchtet sind. Schule brannte auf der Antarktis Die einzige öffentliche argentinische Schule auf der Antarktis ist Samstag vor einer Woche durch einen Brand völlig zerstört worden. Das Feuer entfachte aufgrund einer kaputten Heizung, die nicht mehr abgeschaltet werden konnte. Die erst zehnjährige Primar- und Sekundarschule auf der Basisstation Esperanza zählt 16 Schüler. Da gerade Winterferien waren, kam niemand zu Schaden. Das Material für das neue Gebäude kann aufgrund der Eisdecken erst im kommenden Sommer nach Esperanza, Provinz Feuerland, verschifft werden. Bis dahin werden die Kinder in den Räumlichkeiten der Militärbasis unterrichtet. Argentinier stürzt in den Tod Was diesen jungen Touristen dazu bewogen hat, ist noch unklar: Ein 26-jähriger Argentinier kletterte in der Stadt La Paz in Bolivien nackt die Fassade der Kirche San Francisco hoch. Auf dem Platz vor der heiligen Stätte hatten sich viele Menschen zu einem volkstümlichen Fest zusammengefunden. Etliche Leute versuchten den Argentinier zur Vernunft zu bringen. Kurz bevor er oben auf einer Art Galerie angelangte, wo ihn jemand am Arm packen und hochziehen wollte, fiel der junge Mann aus einer Höhe von rund 40 Meter in die Tiefe und starb. (AT/tam) Wer alleine fährt, zahlt mehr Buenos Aires (AT/tam) – Die Blechmasse, die auf der Autobahn täglich zur Morgenstunde in die Metropole hineinrollt und sich nur mühsam vorwärts bewegt, soll endlich reduziert werden. Das hat die Stadtregierung von Buenos Aires entschieden und sich dafür eine erste mögliche Maßnahme ausgedacht: Alle Lenker, die alleine im Fahrzeug in die Hauptstadt fahren, sollen doppelt soviel zahlen wie jene, die jemanden mitführen. Soll heißen: Wer alleine fährt, zahlt beispielsweise auf der Autopiste „25 de Mayo“ vier Pesos Gebühr pro Teilstrecke. Ab zwei Personen kostet es nach wie vor zwei Pesos und ist das Fahrzeug voll besetzt, ab vier Personen, kann der Lenker das Gebührenhäuschen passieren, ohne zu bezahlen. Die Regierung wollte dieses neue Zahlsystem bereits im Mai umsetzen. Allerdings verlangte das städtische Überwachungsamt erst eine öffentlich Anhörung. So diskutierten letzten Dienstag Politiker, Stadtbewohner und Experten über das neue mögliche Verfahren. Dabei gab es viele Dagegen und eher wenige Dafür. Ricardo Lasca vom Nationalen Komitee zur Verteidigung des Verkehrsteilnehmers sagte: „Es ist ein ungerechtes und diskriminierendes System.“ Er halte es für besser, dass man lediglich jene belohnt, die mit einem voll besetzten Auto unterwegs sind. ARGENTINISCHES TAGEBLATT Sonnabend, 4. August 2007 4 AUSFLÜGE UND REISEN Herbergen nicht nur für die Jugend Herbergen kommen auch bei uns immer mehr in Mode. Weil das Niveau des Massentourismus sich nach unten verlagert, sind preiswerte Unterkünfte zunehmend gefragt. Wobei es nicht nur neue und spartanisch eingerichtete Albergues gibt: sogar altehrwürdige Häuser wie etwa das Gran Hotel Uspallata ist seit jüngstem in eine preiswerte Unterkunft umgewandelt worden, indem in den existierenden Zimmern Mehrfachbetten installiert wurden. Als großes Hotel hatte dieses Logis keine Zukunftsaussichten mehr, denn bei den guten Belagstraßen ist Mendoza heute nur anderthalb Fahrstunden entfernt, und auch Chile liegt einen Steinwurf weit. Grand Hotels außerhalb der Metropolen scheinen ausgedient zu haben. Außer dem Wechsel in Uspallata haben wir bei einer jüngst absolvierten Reise durch die argentinische Vorandenregion noch zahlreiche andere, teils neue Herbergen entdeckt, die nun dem Budget-Reisenden zur Verfügung stehen. So etwa in Barreal (San Juan) bei „El Alemán“, geführt von Perla, Vicky und Berni, oder auch in Guandacol (La Rioja) im Hostal San Bernardo, eine alte Goldmühle, wo das deutsche Ehepaar Die neu eingerichtete Herberge an der Drahtseilbahn in Chilecito. Schroeder neben Unterkunft gleichfalls mit deutscher Hausmannskost aufwartet (http:// www.arpyn.com.ar/hoteles.asp). Im winzigen Flecken Huaco hat kürzlich das Ecohostel aufgemacht (www.ecohostel.com.ar), praktischerweise nicht weit von den Schwefelthermen Agua Hedionda gelegen, die man aufsuchen kann. Und sogar in Pastos Chicos, ein verlassenes Dorf aus Adobehäusern in der Puna von Salta, rund 4000 Meter hoch (www.pastoschicos.com.ar), findet man eine anheimelnde Bleibe in geheiztem Ambiente, wenn außen die Temperaturen unter Null sinken. Echt etwas für Abenteuertourismus pur. In der Suchmaschine Google kann man im Intermet unzählige dieser Herbergen (http:// www.hostels.org.ar/, nicht immer für Jugendliche) aufspüren, bevor man auf Ferien oder große Fahrt geht. So auch das von Schweizern und Holländern geführte, ruhig und schattig gelegene Hostel El Rincón in Villa General Belgrano ( h t t p : / / w w w. h o s t e l s . o rg . a r / hostel.asp?hostel_id=27), das neuerdings sogar ein schönes, großes Schwimmbecken besitzt. Die interessanteste Unterkunft von allen indes ist das soeben er- öffnete Albergue am Cablecarril von Chilecito (La Rioja). Hier wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts von der deutschen Firma Bleichert (Leipzig) eine 35 Kilometer lange Drahtseilbahn vom Bahnhof Chilecito zu den 4600 Meter hoch gelegenen Gold-und Silberminen La Mexicana am Famatina gebaut. Nach wenigen Jahren wurde der Betrieb eingestellt, doch die Anlagen sind noch einwandfrei erhalten. Nun hat die Fremdenverkehrsbehörde an der Station 2 zwei der alten Gebäude hergerichtet, um Trampern und Campern in einem einmaligen Milieu zwischen Schienen, Kabeln, Loren, Dampfkesseln und Schornsteinen die Möglichkeit zur Übernachtung zu geben (Info: http://www.larioja.gov.ar/municip i o s / m u - c h i / Tu r i s m o 2 0 0 6 / turismochi.htm). Marlú Auftakt zur Apertura Abgang vieler wichtiger Spieler nach Europe macht den Trainern Sorge Buenos Aires (AT/jvm) - Endlich ist es wieder soweit. Freitagabend brachte das Spiel zwischen Colón und Vélez den langersehnten Auftakt zur diesjährigen Apertura. An insgesamt 19 Spieltagen zwischen diesem Wochenende und dem 19. Dezember werden die zwanzig Teams wieder um die Halbmeisterschaft kämpfen. Neben den altgewohnten Teams kikken in der diesjährigen Saison die Neuzugänge Olimpo (Bahía Blanca) und San Martin (San Juan) sowie Tigre und Huracán, die sich in den Qualifikationsspielen gegen Nueva Chicago und Godoy Cruz (Mendoza) durchsetzen konnten, mit. Abgesehen von den beiden ehemaligen Erstliga-Mannschaften fehlen auch Quilmes und Belgrano (Cordoba). Spannung ist mit Sicherheit wieder garantiert beim Super-Clasico zwischen Boca Juniors und River Plate, der diese Kaum haltbar: Juan Román Riquelme. Saison am 13.Spieltag im Monumental-Stadion, dem heimischen Rasen Rivers, stattfinden wird. Es gibt also allen Grund, sich darüber zu freuen, dass die langweiligen Sonntage der letzten Wochen endlich wieder der Vergangenheit angehören. Nichtsdestotrotz blicken viele Trainer den kommenden Wochen mit Sorge entgegen. Durch das Transferfenster der letzten Wochen trafen jede Menge großzügiger Angebote für einige von Argentiniens besten Spielern ein, und letztendlich startet die Saison mit 52 ehemaligen Erstliga-Kickern weniger. Titelverteidiger San Lorenzo tritt dieses Wochenende ohne seine Spitzenspieler Ezequiel Lavezzi und Cristian Ledesma an und auch Rivers Trainer Daniel Passarella grübelt, wie er mit dem Team endlich mal wieder einen Titel holen kann. Sowohl sein Torhüter ARGENTINISCHES TAGEBLATT Sonnabend, 4. August 2007 Juan Pablo Carrizo wie auch sein Torjäger Ernesto Farías sind abgewandert. Vélez muss nicht nur auf Gastón Sessa und Lucas Castromán verzichten, sondern auch auf Spitzenspieler Mauro Zárate, der mit 22 Millionen Dollar, der teuerste Spieler der Liga ist und ab sofort in Qatar seine Bälle kicken wird. Auch der FC Bayern setzt auf Argentinier und legte für den ehemaligen Estudi- antes-Spieler José Sosa stolze 13.6 Millionen hin. Bei Boca sind Daniel Díaz und Clemente Rodríguez schon weg, während um Juan Román Riquelme noch gefeilscht wird. Ob der Villareal-Spieler, der mit Boca die Copa Libertadores geholt hat, noch 6 Monate bleiben darf, ist momentan die große Frage für Trainer Miguel Russo und ganz Boca. Die Trainer sind es zwar gewohnt, dass nach jeder Sai- Panamerikanische Spiele Laue Bilanz für Argentinien Letzten Sonntag sind die Panamerikanischen Spiele in Rio de Janeiro mit viel Festlichkeiten zu Ende gegangen. Die Argentinier sind im Großen und Ganzen allerdings nicht so zufrieden. Obwohl letztes Wochenende die beiden Tenniscracks Eduardo Schwank und Horacio Zeballos im Doppel noch Gold holten, schaffte es die Nation im Medaillenspiegel mit elf Goldmedallien nur auf Platz 7. Sieht so aus, als muss für Peking 2008 noch geübt werden. (dpa/AT) Auf die miese Tour Von Julia von Mylius Nach drei Wochen ist letzten Sonntag die 94. Tour de France zu Ende gegangen. Diesmal war es der Spanier Alberto Contador, der als erster auf der Pariser Champs Elysée die Zielgerade überfuhr. Ein bisschen hat man das Gefühl, dass sowieso kaum noch einer übrig war oder ist überrascht, dass die Tour überhaupt zu Ende gefahren worden ist. Bei all den Skandalen interessierten Ergebnisse zum Schluss sowieso nicht mehr. An Negativschlagzeilen fehlte es jedenfalls nicht, und zu Recht darf jeder Sportfan sich von der ganzen Veranstaltung für dumm verkauft fühlen. Wo früher bewundernd angefeuert wurde, wurde diesmal gefeuert: Sinkewitz, Rasmussen, Winokurow. Ein gutes Ergebnis war kein Grund zur Freude, sondern für die nächste Doping-Kontrolle. Aber im ganzen betrachtet, war diese Skandaltour vielleicht doch nicht so schlecht. Schließlich stellt Doping im Radsport nicht erst seit gestern ein Problem dar. Man hat sich endlich entschieden, das Thema öffentlich anzupacken, klar Tisch zu machen und vorher undenkbare Dinge sind passiert: Ganze Teams wurden ausgeschlossen, der Träger des gelben Trikots von seinem eigenen Sponsor zurückgepfiffen und einige “saubere” Fahrer verzögerten den Start, protestierten gegen Doping anstatt wie üblich gegen Doping-Kontrollen. Der Radsport macht sich sowieso auf zur nächsten Etappe aber wenn diese Tour genutzt wird, um endlich mal aufzuräumen und auch ein paar Köpfe rollen zu lassen, dann kommt vielleicht auch wieder der Tag, an dem ein Sprintsieg mit Sekt anstatt Blutproben begangen wird. Nach der Vorstellung haben Veranstalter, Sponsoren und Fahrer fast keine andere Wahl - denn so eine Tour läßt sich nächstes Jahr nämlich sowieso keiner mehr bieten. ARGENTINISCHE WIRTSCHAFT Der frei benannte Dollarkurs betrug Freitag nachmittags $ 3,17. Die Rofex Terminkurse betrugen zum 31.8. $ 3,162, 1.10. $ 3,181, 31.10. $ 3,197, 30.11. $ 3,213, 2.1. $ 3,229 und 31.1. $ 3,245. *** Der Mervalindex stieg in der Berichtswoche zum Donnerstag um 1,5% auf 2.186,64, der Burcapindex um 1,8% auf 7.783,64 und der Börsenindex um 1,7% auf 116.455,90. *** Der durchschnittliche Rindfleischpreis (kg Lebendgewicht in Liniers) stieg in der Berichtswoche um 2,5% auf $ 2,609. *** Die Gold-, Devisen- und Anlagenreserven der ZB betrugen am 20.7.07 U$S 44,18 Mrd., der Banknotenumlauf $ 64,38 Mrd. Eine Woche zuvor waren es U$S 43,89 Mrd. bzw. $ 65,44 Mrd., einen Monat zuvor U$S 42,47 Mrd. bzw. $ 60,94 Mrd. und ein Jahr zuvor U$S 26,18 Mrd. bzw. $ 50,28 Mrd. *** Der Deckungskoeffizient der Devisenreserven in Pesos zum Tages- son die Glanzspieler des argentinischen Fußballes sich aufmachen um bei den großen, und vor allem großzügigen Clubs in Europa mitzumischen, aber anders als im Vergleich zu den Vorjahren fallen die Neuzugänge wesentlich spärlicher aus als sonst. Zwar ist Rolando Schiavi nach seiner Zeit bei Gremio wieder zu Newell’s in die erste Liga zurückgekehrt, aber vergleichbaren Er- 5 satz für all die verlorenen Superstars gibt es keinen. Wer allerdings den argentinischen Fußball kennt, weiß, dass sich unter dem argentinischen Nachwuchs bestimmt ein paar zukünftige Sternchen befinden, die uns in den kommenden Wochen überraschen werden. An der wichtigsten Komponente, der Leidenschaft, wird es bestimmt nicht fehlen. 140 Jahre Deutsches Hospital Buenos Aires (AT/sny) - Was gut ist, bleibt erhalten. Vor nunmehr 140 Jahren hat die deutsche Gemeinde in Buenos Aires auf eine Cholera-Epidemie, die damals in der Stadt wütete, mit der Errichtung eines Krankenhauses reagiert. Seitdem hat sich das Hospital Alemán zu einer der führenden gemeinnützigen Institutionen entwickelt, das trotz des Konkurrenzdrucks stets erfolgreich an der Verbesserung seiner medizinischen, technischen und personellen Leistungen arbeitet. 38 Fachkräfte sind in den letzten Jahren in verschiedenen medizinischen Bereichen im Ausland ausgebildet worden. Das technische Equipment wird beständig dem modernsten Stand der Technik angepasst. Allein für dieses Jahr lässt sich die Anschaffung eines neuen Multisclice-Computertomographen erwähnen, der eine schnellere und bessere Auflösung von Aufnahmen gewährleistet, sowie eines Lasersystems, das bei der Bekämpfung von Prostatakrebs besonders wirksam ist. Auch ein neuer Gebäudekomplex für die Onkologie ist schon im Bau. Das langjährige Bestehen des Deutschen Hospitals ist Grund zu feiern. Deshalb wird für den 9., 10. und 11. August der Kongress “Una Visión Crítica de la Terapéutica Médica” im Sheraton Hotel organisiert. (www.hospitalaleman.com.ar) kurs, bezogen auf die monetäre Basis, betrug am 20.7.07 155,5%. *** Die Zahl der Einheitssteuerzahler stieg 2006 um 19,4% auf 1,87 Mio. Die Einnahmen aus dieser Steuer werden auf $ 1,5 Mrd. veranschlagt, sollte jedoch bei effektiver Kontrolle wesentlich höher sein. Diese Kontrolle ist einfach, wird jedoch nicht vollzogen. Sie sollte an Privatfirmen abgetreten werden. Bei dieser Steuer wird die Gewinnsteuer und die MwSt. durch einen festen Betrag ersetzt, der pro Monat gezahlt wird. Diese Beträge sind der Inflation nicht angepasst worden, ebensowenig die Stufen, die bei dieser Steuer vorgesehen sind. *** Der Wirtschaftler Pablo Curat, ehemaliger Berater von ZB-Präsident A. Prat Gay, wies in der Zeitung „Ambito Financiero“ darauf hin, dass die ZB gegenwärtig der Hauptschuldner der Banken ist, wobei die Zinsen, die die ZB für die Mindestreserven, für ZB-Wechsel (Lebac und Nobac) und Swapgeschäfte zahlt, gleich 100% der Gewinne der Banken sind. Das bedeu- tet, dass die Banken im Durchschnitt bei ihren Geschäften mit der Privatwirtschaft nichts verdienen, was bedenklich erscheint. *** Die Kammer der Schuhindustrie gab bekannt, dass die Produktion von 37 Mio. Paaren 2003 um 140% auf 89 Mio. in diesem Jahr gestiegen ist. Insgesamt werde der Konsum 2007 bei 108 Mio. Paaren liegen, durchschnittlich drei pro Einwohner. Im 1. Halbjahr 2007 nahm der Schuhimport um 16% zu. Bei Lederschuhen befriedigt China schon 23% der Nachfrage. Sportschuhe, die aus Brasilien eingeführt wurden, kommen jetzt wegen der Aufwertung des Real in geringeren Mengen. Diese Industrie rechnet für 2007 mit Investitionen von etwa u$s 100 Mio. *** Der Rindfleischkonsum ist gemäss Angaben der Kammer der Industrie und des Handels von Rindfleisch (Ciccra) im 1. Halbjahr 07 um 7,9% auf 1,3 Mio. t gestiegen, der höchste Wert der letzten 12 Jahre. Im Juni 07 lag der Konsum pro Kopf mit 65,5 kg um 7% über Juni 06. Sonnabend, 4. August 2007 Der gestiegene Konsum wurde mit einer um 98.745 t höheren Fleischproduktion befriedigt, wobei der Export unverändert blieb. Ciccra warnte über den Abbau des Kuhbestandes, der schon drei Quartale andauert. *** Der Verband der Kfz-Agenturen ACARA gab bekannt, dass im Juli 48.000 neue Kfz eingetragen worden sind, 25% mehr als im gleichen Vorjahresmonat, davon etwa 20.000 in der Bundeshaupstadt und Umgebung. *** Der Strompreis für die Grossindustrie lag laut Cammesa (dem Staatsunternehmen, das den Grossistenmarkt für Strom betreibt) um 29% über dem Durchschnitt von 06. Von $ 92,15 je KWh ging der Preis auf $ 118,89 über. Dem reine Tarif müssen noch $ 5,47 für den Elektrizitätsfonds, $ 3,60 für die Finanzierung der zwei neuen Kraftwerke und der Aufschlag hinzugefügt werden, der für den Konsum gezahlt wird, der den von 05 übersteigt. Im Juni mussten die Unternehmen für diesen zusätzlichen Strom $ 350,2 je MW bezahlten, fast doppelt so viel wie der Grundtarif. Die Industrie beklagt sich, dass ausser der Stromverteuerung ab Mai Stromsperren eingeführt wurden, die sich direkt auf die Produktion ausgewirkt haben. *** Im Juni trafen in Ezeiza 157.481 ausländische Touristen ein, 24,1% mehr als im gleichen Vorjahresmonat, gab das Tourismussekretariat bekannt. 45.432 Touristen kamen aus Brasilien, 21.284 aus den USA, 17.674 aus Chile, 9.542 aus Perú und 8.541 aus Spanien. *** Die Regierung der Stadt Buenos Aires hat dem Stadtparlament eine Gesetzesvorlage vorgelegt, durch die die Ausgaben für öffentliche Bauten dieses Jahr um $ 388 Mio. verringert und die Einnahmen um $ 200 Mio. zusätzlich erhöht werden. Letzteres beruht auf einem Moratorium für Steuerschulden bis zum 31.12.06, die sich vornehmlich auf die städtischen Steuern auf den Bruttoumsatz und auf Immobilien beziehen. Die Stadtregierung rechnet, dass von den geschuldenten $ 1 Mrd. vor Ende des Jahres 20% gezahlt werden. Ausserdem werden Ausgabenposten verlegt, da die laufenden Ausgaben dieses Jahr um $ 583 Mio. höher als im Budget vorgesehen ausfallen werden. *** Im Juli sind die Notierungen argentinischer Wertpapiere stark zurückgegangen. Von den Bonds, die aus der Umschuldung hervorgegangen sind, sank der Discount in u$s, mit Gerichtsbarkeit in New York, um 13,27%, der Par Bond in u$s (NY) um 12%, der Coupon, der an das BIP gebunden ist, um 11,15% und der Par- Eröffnung am Tag der Deutschen Einheit: www.allesdeutsch.com.ar ...für alle, die es deutsch mögen. ARGENTINISCHES TAGEBLATT Bonds in Pesos um 10,42%. Nur der Cuasipar-Bond, mit CER-Wertberichtigung sank nur um 1,73%, weil der grösste Teil dieser Titel im Besitz der Rentenkassen (AFJP) ist, die nicht verkaufen. Der Merval-Aktienindex ging um 0,5% zurück, aber mit grossen Unterschieden: während Telecom um 9,84% sank, stiegen Tenaris um 4,2%, Petrobras Brasil um 12%, Molinos Rio de la Plata um 32% (wegen Gerüchten über eine Übernahme der Firma). Von den Energieunternehmen stiegen die Aktien von Central Puerto um 19%, von Gas BAN um 8,9% und von Edenor um 8,9%. Positiv war die Entwicklung bei Gold und, in Dollar berechnet, beim Euro, ferner auch bei Fristdepositen. *** Die Preise für landwirtschaftlichen Boden in der Pampa-Gegend sind in diesem Jahr etwa 10% gestiegen und liegen um etwa 25% über denen vor 12 Monaten. Ein Hektar in der guten Maisgegend (Pergamino, Colón, Rojas) wird zu u$s 8.700 bis u$s 9.000 gehandelt, mit Ausnahmefällen von über u$s 10.000. Land für Weizenanbau in Tres Arroyos, Lobería und Necochea wurde zu u$s 3.400 bis u$s 3.500 gehandelt, und Land für Viehmästung in General Villegas zu u$s 4.000. In schlechteren Gegenden, besonders denen, die eventuell überschwemmt werden, liegen die Preise unter u$s 1.000. Vor wenigen Jahren lagen all diese Preise unter der Hälfte der gegenwärtigen Werte. *** Der Unterstaatssekretär für öffentliche Einnahmen der Provinz Buenos Aires, Santiago Montoya, schätzte, dass in der Provinz zwischen 15.000 und 20.000 „Swimming-Pools“ nicht angegeben worden seien. Allein in 9 geschlossenen Vierteln in San Isidro seien 330 ermittelt worden. *** Der Präsident des Verbandes der Zuckerindustrie („Centro Azucarero Argentino“), Jorge Zorreguieta, erklärte, die Zuckerproduktion werde dieses Jahr wegen extremer Kälte und Strommangel mit 2,1 Mio. t um 7% unter dem Vorjahr liegen. Die Industrie besteht aus 23 Fabriken, und die mit Zuckerrohr bebaute Fläche beträgt 265.000 ha. Insgesamt beschäftigt die Zuckerwirtschaft direkt 40.000 Personen. *** Am Mittaoch hat das Arbeitsministerium die obligatorische Schlichtung in der Fischerei in Santa Cruz verfügt, durch die während 15 Tagen nicht gestreikt werden darf. Die Gewerkschaft hat daraufhin den seit einem Monat bestehenden Streik aufgehoben, der von Gewaltmassnahmen begleitet wurde, wie die Zertrümmerung von Büros von Fischereifirmen. *** Bei der Generalversammlung von Aguas Argentinas S.A, die die Konzession für die Wasserversorgung im Raum von Buenos Aires und Umgebung hatte, die ihr von der Kirchner-Regierung entzogen wur- 6 Hohe Zunahme der Steuereinnahmen im Juli Die gesamten Steuereinnahmen des Nationalstaates, einschliesslich Zöllen, Sozialabgaben und Gebühren, lagen im Juni mit $ 17,47 Mrd. um 37,7% über dem gleichen Vorjahresmonat und um 3,1% unter Juni. Es handelt sich um die grösste interanuelle Zunahme seit Dezember 2005. Auch wenn man die wirkliche Inflationsrate auf 15% veranschlagt, ergibt sich eine reale Zunahme von 22%, die vorwiegend auf die gute Konjunktur zurückzuführen ist. Der Erlös der MwSt. lag mit $ 5,62 Mrd. um 48,7% über dem Vorjahr. Dabei war der Betrag der vom Zollamt einbehalteten MwSt. um 51,5% höher, was eine starke Zunahme der Importe zum Ausdruck bringt. Der Erlös der MwSt. steigt über dem des BIP, weil bei guter Konjunktur der Anteil von Gütern am Gesamtkonsum, die die Steuer nicht oder nur wenig hinterziehen, stark zunimmt. Das bezieht sich auf Kfz, Haushaltsausrüstungen, Computer und Unterhaltungselektronik. AFIP-Direktor A. Abad wies darauf hin, dass der mit Kredit- oder Scheckkarten bezahlte Verkauf in einem Jahr zum Juli 2007 um 43% gestiegen sei, wobei es dabei keine Hinterziehung gibt. Die Einnahmen aus der Gewinnsteuer lagen mit $ 3,39 Mrd. um 29,4% über dem Vorjahr. Auch hier hat die überproportionale Zunahme eine Erklärung: einmal steigen die Unternehmensgewinne allgemein überporportional, dann hat die Landwirtschaft mehr verdient, und schliesslich wirkt sich die kalte Erhöhung der Besteuerung aus, die durch das Ausbleiben der Wertberichtigung von Bilanzen und die nominell unverändete Progression bei physischen Personen entsteht. Die Exportzölle ergaben $ 1,64 Mrd., 31,9% mehr als im Vorjahr, was durch die hohen Exporte von Mais und Sojabohnen, zu hohen Preisen, herbeigeführt wurde. Die Importzölle ergaben $ 602,7 Mio., um 42,7% mehr als im Vorjahr. Der Import wächst stärker als der Export, wobei auch viel mehr aus China importiert wird, wobei diese Importe im Gegensatz zu denen aus Brasilien, die Zölle zahlen. Die Steuer auf Giro- und Sparkontenbewegungen ergab $ 1,23 Mrd., um 25,2% mehr als im Vorjahr. Die Zunahme übersteigt die des BIP zu laufenden Werten, was sich mit der Ausweitung der Zahlungen über Kredit- und Scheckkarten zusammenreimt, bei denen 3 Punkte, bzw. 5 Punkte der MwSt. zurückerstattet werden. Diese Rückzahlungen machten im Juli laut Abad jährlich etwa $ 1 Mrd. aus, ganz 07 voraussichtlich sogar $ 1,3 Mrd. Die Unternehmensbeiträge zu den Pensionskassen lagen mit $ 2,64 Mrd. um 34,7% über dem Vorjahr, und die persönlichen Beiträge zum staatlichen Rentensystem lagen mit $ 1,52 Mrd. um 30,6% höher. Hier wirken sich Lohn- und Gehaltserhöhungen, gestiegene legale Beschäftigung und auch die Raten des Moratoriums aus, das für die neuen Pensionäre gilt, die die Altersgrenze überschritten haben, jedoch keine oder nur einen Teil der Beiträge geleistet haben. Diese Einnahmen der ANSeS werden mit einem Teil der Beträge gezahlt, die das Amt an die neuen Pensionäre zahlt, so dass es sich im Wesen nicht um echte Einnahmen handelt. In 7 Monaten liegen die AFIP-Einnahmen mit $ 109,50 Mrd. um $ 11,6 Mrd. über dem Plansoll und um 32% über dem Vorjahr. de, wurde für 06 ein Verlust von $ 83,4 Mio. ausgewiesen, nach einem von $ 737,9 Mio. im Jahr 05, was das Unternehmen zwang, einen Vergleich vor Gericht zu beantragen. Die Mehrheitsaktionäre, die französische Suez und die spanische Aguas der Barcelona, haben beim ICSID (dem Schiedsgericht der Weltbank) eine Entschädigung von u$s 1,7 Mrd. gefordert. Bei der Generalversammlung wurde die Verantwortung des argentinischen Staates für die Aufhebung der Konzession betont, wobei jedoch die Minderheitsaktionäre, die Banco Galicia und die Belegschaft, damit nicht einverstanden waren, da sie Repressalien der Regierung befürchten. *** Der Verband der Kfz-Agenturen teilt mit, dass der Verkauf neuer Einheiten im Juli mit 49.595 Kfz um 36,6% über dem gleichen Vorjahresmonat lag, wobei die Zunahme in 7 Monaten 07 22,6% betrug. Es handelt sich um einen neuen Rekord, der über Juli 1998 mit 44.497 Einheiten lag. Für ganz 07 rechnet der Verband mit über 520.000 verkauften Kfz, mehr als der bisherige Rekord, der 1994 mit 508.000 Einheiten erreicht wurde. *** Die Möbelfabrik Ricchezze hat eine Investition von $ 12 Mio. in ihrer Fabrik in Cañada de Gomez, Provinz Santa Fé, angekündigt, um die Produktionskapazität zu verdoppeln, bei Erhöhung der Belegschaft von 130 Personen um bis zu 50%. *** Sonnabend, 4. August 2007 Präsident Kirchner erklärte in Méxiko, dass die erhöhte Entlassungsentschädigung (150% statt des normalen Betrages) nicht mehr gilt. Ein Sprecher des Arbeitsministeriums erklärte, die Zusatzentschädigung werde automatisch aufgehoben, wenn die Arbeitslosigkeit unter 10% liegt. Das Arbeitsminister hat jedoch den Fall nicht geklärt; Minister Tomada hatte versprochen, dies per Dekret zu klären, sein Versprechen jedoch nicht erfüllt. *** Durch Dekret 1035 des Regierungschefs der Stadt Buenos Aires, Jorge Telerman (städtisches Amtsblatt vom 1.8.07), wurde die Anwendung des städtischen Gesetzes, das eine Kontrolle der Wirkung auf die Umwelt und der Verfügbarkeit über öffentliche Dienste bei neuen Bauvorhaben verfügt, auf Juli 08 vertagt. 200 Bauten mit insgesamt 5.000 qm, die schon beantragt wurden, dürften somit jetzt genehmigt werden. Weitere 1.500, mit einer geringeren Gesamtfläche, befinden sich schon in Bau. Der Bezirk Caballito steht mit 158.831 qm an erster Stelle, gefolgt von Palermo mit 137.813 qm, Belgrano mit 125.617 qm und Villa Urquiza mit 112.962 qm. *** Die Zeitung „El Cronista“ meldet, mit Berufung auf interne INDEC-Quellen, dass die Berechnung des Indices der Konsumentenpreise im Juli, ohne die Zahlen zu frisieren, eine Zunahme von 1,6% ergeben habe. *** Am Freitag zahlte das Schatzamt eine Amortisationsquote der Titel Boden 2012 in Höhe von u$s 2,53 Mrd. Dabei wurden Mittel eingesetzt, die das Wirtschaftsministerium bei der ZB in Dollar angesammelt hatte. PERSONALNACHRICHTEN Todesfälle Hermann Thost, am 6.7. Erich Kunath, am 28.7. Paul Weinberg Osvaldo Armindo Meyer Geburtstage im Altersheim „Los Pinos“ Grinner Jaime, 96, am 7.8. Ramirez Maria Ester, 89, am 8.8 Lange Julia geb. Druskus, 89, am 10.8. Lang Fernando, 74, am 10.8. Kirchhoff Ilse, 85, am 14.8. Ölsner Herta Elisa, 98, am 14.8. Alvarez Irma, 93 am 20.8. Slonitz Renata, 96, am 20.8. Plesky Astrid, 93, am 21.8. Quispes Maria, 89, am 21.8. Gomez Maria Perpetua, 94, am 22.8. Meniga Catalina, 75, am 24.8, Zerbe Elsa, 92, am 31.8. Todesfälle Klempau Enriqueta, 86, am 29.6. Mausbach Maria, 79, am 28.7. ARGENTINISCHES TAGEBLATT *** Hugo Chávez, Präsident von Venezuela, wird voraussichtlich am Montag in Buenos Aires eintreffen, und bei dieser Gelegenheit den Kauf von argentinischen Staatspapieren in Höhe von u$s 1 Mrd. bekanntgeben. Zunächst soll eine Ausgabe von u$s 500 Mio. in Boden und in einigen Wochen eine weitere von ebenfalls u$s 500 Mio. gezeichnet werden. Es wurde noch nicht geklärt, ob es sich um einen direkten Kauf von Staatspapieren handelt, oder ob diese zusammen mit Staatstiteln von Venezuela den sogenannten „Bonds des Südens“ bilden werden. *** Die Sojabohne wurde an der Börse von Rosario am Donnerstag zu $ 648/650 je t gehandelt, dem höchsten Preis seit im Dezember 03 $ 654 erreicht wurden. In Chicago wurden Sojabohnen zu steigenden Preisen gehandelt, nachdem befürchtet wird, dass die hohen Temperaturen die Sojapflanzungen im mittleren Westen der USA schädigen. *** Die Weltbank hat der Provinz Chubut einen Kredit von u$s 7 Mio. für die Errichtung von 1.500 Stromanlagen mit Windantrieb gewährt. Die Provinzregierung hat seit zwei Jahren ein Programm in Gang gesetzt, um Windanlagen in Landbetrieben einzurichten. *** Der Verband der Weinindustrie „Corporación Vitivinícola Argentina“ teilt mit, dass México sich bei den Gesprächen, die im Rahmen des Kirchner-Besuches geführt worden sind, bereit erklärt habe, die Zollsätze für argentinischen Wein, für Trauben und für Rosinen zu senken. Gegenwärtig beträgt der Satz für Weine 16% (und Argentinien fordert 6%), und für Weintrauben 45%. *** Gemäss INDEC-Zahlen lag die Stromerzeugung im ganzen Land im Juni um 1,13% über Juni 06 und um 5,1% unter Mai 07. Die Stiftung Fundelec hat berechnet, dass im Juni die Stromnachfrage um 7,3% höher als im Vorjahr war, was der Grund für Stromsperren war. Im 1. Halbjahr 07 lag die landesweite Stromerzeugung um 2,2% über dem Vorjahr. *** Die italienische Baufirma Impregilo hat beim ICSID, dem Schiedsgericht der Weltbank, eine Klage in Höhe von u$s 100 Mio. gegen Argentinien eingebracht, wegen Verletzung des bilateralen Investitionsabkommens mit Italien. Impregilo besass 43% der Konzessionärin des Wasserdienstes AGBA (Aguas del Gran Buenos Aires), deren Vertrag Anfang 06 vom Gouverneur Solá gekündigt wurde, mit dem Argument, dass der Dienst mangelhaft sei. AGBA wies darauf hin, dass die Pesifizierung des Vertrages, mit Einfrierung der Tarife, eine Neuaushandlung des ganzen Vertrages notwendig mache. *** Die Firma Angel Estrada hat den 7 Die Einkommenssteurreform Am Freitag der Vorwoche kündigte die Regierung eine Senkung der Besteuerung von Löhnen und Gehältern an, die auch für Pensionen und Hinterbliebenenrenten gilt, die für die unteren Stufen höher und für die höheren niedriger ist, und ab einem Gehalt von $ 17.000 pro Monat aufhört. In Argentinien wird diese Steuer seit 1973 Gewinnsteuer benannt, obwohl es widersinig ist, Arbeitseinkommen als Gewinn einzustufen, und diese Steuer international als Einkommenssteuer bezeichnet wird. Vor 1973 hiess sie „Steuer auf den Erlös“, auf spanisch, „impuesto a los réditos“; das Wort war vom italienischen „reddito“ übernommen worden, nachdem in den 30er Jahren, als die Steuer geschaffen wurde, der Begriff des Einkommens, der vom englischen Wort „income“ übernommen wurde, noch nicht verwendet wurde. Die Reform, die durch Dekret 1026/07 dem Kongress zugeleitet wurde, etwa 600.000 Arbeitnehmer von der Steuer vollständig befreit, für andere eine Verringerung der zu zahlenden Steuer um 9% bis 12% bedeutet, und das Schatzamt um die $ 1,5 Mrd. im Jahr kosten wird, bezieht sich auf folgende Aspekte: z Für ledige Arbeitnehmer wird der gesamte steuerfreie Betrag von $ 2.769 monatlich ($ 36.000 jährlich) auf $ 3.346 (bzw. $ 43.500) erhöht. Für verheiratete mit zwei minderjährigen Kindern wird der steuerfreie Betrag von $ 3.692 ($ 47.700 jährlich) auf $ 4.577 (bzw. $ 59.500) angehoben. z Für Löhne und Gehälter unter brutto $ 7.000 pro Monat wird die Erhöhung abgeschafft, die im Jahr 2000 (Regierung De la Rua, Wirtschaftsminister Machinea) eingeführt wurde. Bei höheren Löhnen und Gehältern, bis zu $ 221.000 pro Jahr, bleiben die Abzüge unverändert. z Für selbstständig Tätige bleibt das steuerfreie Minimum unverändert bei $ 1.250 monatlich und $ 15.000 jährlich. Auch bei Einheitssteuerzahlern gibt es keine Änderung. z Die Familienabzüge werden um 33% erhöht: für die Eehefrau von $ 6.000 auf $ 8.000 und für jedes Kind von $ 3.000 auf $ 4.000 pro Jahr. z Die Sonderabzüge werden von $ 28.500 auf $ 36.000 erhöht. Dies ist im steuerfreien Betrag inbegriffen, wobei das steuerfreie Minimum nicht erhöht wurde, nachdem es 2006 schon um 20% angehoben worden war. z Die neuen Steuersätze gelten ab 1.1.07, so dass bei denjenigen, bei denen die Steuer gemäss den bisherigen Sätzen einbehalten wurde, die entsprechenden Beträge (angeblich im September) rückerstattet werden. Verkauf ihrer Abteilung „Editorial Estrada“ an die deutsche Macmillan Publishers abgeschlossen, der vor zwei Monaten angekündigt worden war. *** Im Dezember 05 betrug die Staatsschuld in Form von Pesos mit CER-Wertberichtigung (die faktisch der Zunahme des Indices der Konsumentenpreise entspricht) umgerechnet u$s 53,61 Mrd. Die Differenz zwischen der CER-Zunahme und der Abwertung hat diese Schuld inzwischen um u$s 7 Mrd. erhöht. Jeder Punkt der CER-Zunahme erhöht die Schuld um $ 1,9 Mrd., und in Dollar um u$s 600 Mio. minus die prozentuale Abwertung in der gleichen Periode. Würde die Abwertungsrate gleich der Zunahme des Indices der Konsumentenpreise sein (was bisher nicht der Fall war), so würde der CER in Dollar keine Wirkung haben. Es war offensichtlich ein grosser Fehler des damaligen Wirtschaftsministers Lavagna, die Staatsschuld so stark auf Pesos mit CER-Indexierung zu verlegen, zu einem Zeitpunkt, da der reale Wechselkurs anormal hoch war und voraussichtlich zurückgehen musste. Die Fälschung des Indices der Konsumentenpreise hat eine noch grössere Zunahme der Staatschuld verhindert, solange dies nicht berichtigt wird, direkt oder auf Anordnung der Justiz. *** Das Zollamt hat den Mindestwert, auf den der Zollsatz berechnet wird (bisher Referenzpreis und jetzt Kriteriumpreis benannt) bei Handtaschen erhöht, kleine Taschen aus Kunststoff können zu u$s 0,20 je Einheit eingeführt werden, grössere, aus Textilfasern und/oder Leder zu u$s 5,40. Bisher wurden Preise von u$s 0,10, bzw. u$s 1,35 angegeben. Die Massnahme betrifft besonders Importe aus China. 06 wurden über 12 Mio. Handtaschen importiert, 90% davon aus China und 8% aus Indien. Im ersten Halbjahr betrugen die Importe schon 50% dieser Menge, bei steigender Tendenz, so dass für ganz 07 mit 16 Mio. Einheiten gerechnet wurde. *** Die ZB hat auf die Krise der Vorwoche sofort reagiert. Einmal wurden die Banken autorisiert, ihre Mindestreserven als Durchschnitt des Bimesters Juli-August zu berechnen, Sonnabend, 4. August 2007 womit viele Banken von der Last befreit wurden, Mittel auf dem Markt aufzunehmen. Zum zweiten bot die ZB Callgeld zu 13,5% jährlich an, die Hälfte des Satzes vom Freitag der Vorwoche; danach bot die Banco Nación diese Mittel zu 14% an; Schliesslich kaufte die ZB Lebac-Wechsel für $ 115 Mio. vorzeitig und hob gleichzietig die für Dienstag vorgesehene Ausschreibung auf. *** Die Beanspruchung öffentlicher Dienste lag im Juni gemäss der monatlichen INDEC-Statistik um 29,4% über Juni 06, um 5,1% über Mai und im 1. Halbjahr um 16% über dem Vorjahr, was auf die Mobiltelefonie zurückzuführen ist, bei der die Gespräche im Juni um 28,4% höher als im Vorjahr lagen, und um 7,2% gegenüber Mai und im 1. Halbjahr um 27,7% über dem Vorjahr, wobei die Zahl der verwendeten Telefone im Juni um 41,8% über dem Vorjahr lag. Beim festen Telefondienst lag die Zahl der städtischen Gespräche im Juni um 9% über dem Vorjahr, und die Gespräche zwischen Städten waren um 13,6% höher. Der Stromkonsum lag im Juni um 0,9% über dem Vorjahr, und im 1. Halbjahr um 3,5% über dem Vorjahr, der von Wasser um 10,4%, bzw. 4,4% höher. Hingegen lag die Gaslieferung um 1,9%, bzw. 0,9% niedriger als im Vorjahr. Der städtische Eisenbahnverkehr nahm im Juni im interanuellen Vergleich um 1,9% ab, der Verkehr zwischen Städten nahm um 31,1% ab, und der der U-Bahn um 0,3%. Die Omnibusse transportierten hingegen 3,5% mehr Passagiere und die Flugzeuge um 21,6% mehr. *** Der Industrieverband „Unión Industrial Argentina“ warnt vor den zunehmenden Importen aus China. Während die bilaterale Handelsbilanz bis zu diesem Jahr positiv für Argentinien war, war sie in den ersten 4 Monaten 2007 um u$s 210 Mio. negativ, bei Exporten von u$s 1,04 Mrd. (plus 10%) und Importen von u$s 1,25 Mrd. (plus 54%). Bei dieser Tendenz werde China bald Brasilien als Hauptlieferant verdrängen, wobei in Brasilien China schon Argentinien als Lieferant übertroffen hat. *** Die Regierung der Stadt Buenos Aires hat 6 Firmen der Textilbranche vor Gericht verklagt, weil sie angeblich Bekleidungsstücke und Sportschuhe in Werkstätten herstellen lassen, die keine Genehmigung haben und Schwarzarbeiter und Ausländer ohne Dokumente beschäftigen. Es handelt sich um die Unternehmen Textil Delos, Unisol (Marke Puma), Distrinando (Le Coq Sportif und Arena), Royal Denim, Alpargatas Calzados (Topper) und Fila Argentina. 06 hat die Stadtregierung aus dem gleichen Grund schon Klagen gegen Kowsef (Kosiuko), Cheeky und Gilmer (Soho) eingereicht. *** Der Gouverneur von Córdoba, José Manuel de la Sota, hat die Min- ARGENTINISCHES TAGEBLATT destpensionen für das provinzielle Rentensystem (das sich nur auf Provinzbeamten bezieht) auf $ 800 angehoben und ausserdem bestimmt, dass die 31.000 Rentner 82% des Gehaltes als Pension erhalten, das den entsprechenden Beamten gezahlt wird. Der Koeffizient von 82% war 1995 per Dekret abgeschafft worden, wurde dann vom Obersten Gerichtshof der Provinz wieder eingeführt. *** 20 Unternehmen haben schon bestätigt, dass sie eigene Fabriken im neuen Industriepark in Perez, Provinz Santa Fé, errichten werden. *** Die Supermarktkette „La Anónima“, die in Patagonien tätig ist, kündigte die Eröffnung von 7 Filialen in diesem Jahr an: in Rincón de los Sauces (Neuquén), Ushuaia (Feuerland), Trevelin (Chubut), Bariloche (Rio Negro), Puerto Madryn und Rada Tilli (Chubut). Ebenfalls soll die Filiale in Rio Grande (Feuerland) erneuert werden. *** Die Wirtschaftszeitung BAE, die seit ihrer Übernahme durch Sergio Spolsky extrem regierungsfreundlich ist, berichtet, dass in der Regierung an einem Steuerprojekt gearbeitet wird, das sich auf die Abschaffung der Steuerfreiheit für finanzielle Aktiven und Kapitalgewinne (Differenz, die beim Verkauf von Aktien u.a. Wertpapieren erzielt wird) bezieht. Dabei wird mit einem Jahreserlös von $ 2,5 bis $ 3,5 Mio. gerechnet. *** YPF, Petrobras und Esso bestätigten, dass sie Preise für Brennstoffe auf die Werte zurückgeführt haben, die sie am 30. Juni mit Staatsekretär Moreno vereinbart haben. *** Der Medienkonzern Clarín, der die gleichnamige Zeitung und auch La Razón herausgibt, den Fernsehkanal 13, den Rundfunksender Radio Mitre, das Kabelfernsehunternehmen Multicanal betreibt und insgesamt um die 80 Unternehmen umfasst, beabsichtigt die Börsenkotierung in Buenos Aires und London. *** Durch Gesetz 26.270 (Amtsblatt vom 27.07.07) wurde ein System zur Förderung der Biotechnologie geschaffen. Den Unternehmen, deren Projekte genehmigt worden sind, werden folgende steuerliche Vorteile gewährt: 1. Beschleunigte Abschreibung; 2. Vorzeitige Rückgabe der MwSt. auf Kapitalgüter; 3. Umwandlung von 50% der Sozialbeiträge in Fiskalbonds, die für Steuerzahlung eingesetzt werden können: 4. Die Kapitalgüter sind von der Steuer auf den Mindestgewinn ausgeschlossen; 5. 50% der Ausgaben, die in Dienstleistungen für Forschung und Entwicklung des öffentlichen Systems für Wissenschaft, Technologie und Erneuerung bestehen, werden auch in Fiskalbonds umgetauscht. *** Die Firma Louis Dreyfus Com- 8 Die Öffnung der argentinischen Wirtschaft Das Wirtschaftsministerium hat in einer jüngsten Studie darauf aufmerksam gemacht, dass der Öffnungskoeffizient der argentinischen Wirtschaft (Exporte plus Importe, bezogen auf das Bruttoinlandprodukt) von durchschmittlich 21% zwischen 1993 und 2002 auf 43% in den letzten vier Quartalen gestiegen ist. Im 1. Quartal 2007 betrug der Koeffizient sogar 44%. Diese Ermittlung wurde als Antwort auf die Kritik gedacht, dass Argentinien sich ab 2002 von der Welt isoliert habe. Die Exporte stellten während der Konvertibilität um die 10% des BIP dar, während sie jetzt zwischen 24% und 26% des BIP liegen. Dies ist vornehmlich darauf zurückzuführen, dass das Exportvolumen viel mehr als das BIP stieg, was hauptsächlich auf stark gestiegene Preise der Exportcommodities zurückzuführen ist, in geringerem Ausmass aber auch auf höhere exportierte Mengen. Aber ausserdem wirkt sich der Umstand aus, dass das BIP in Dollar ausgedrückt, unter dem der letzten Jahre der Konvertibilität liegt, obwohl es in konstanten Werten gemessen jetzt höher ist. Das ist eine Folge des real hohen Wechselkurses, also der Unterbewertung des Pesos. Bei den Importen war die Zunahme geringer, von 11% in den 90er Jahren auf 17% in den letzten 4 Jahren. Die Importe liegen in Dollar unter dem Stand der letzten Jahre der Konvertibilität, sind jedoch im Verhältnis zum BIP, ausgedrückt in Dollarwerten, höher. In diesem Fall gab es auch Preissteigerungen, vor allem bei Rohstoffen und in geringerem Umfang bei Halbfabrikaten, aber wenig oder gar nicht bei Konsumgütern. In bestimmten Fällen, wie Computer und Mobiltelefonen, sind die Preise sogar gefallen. Die Austauschverhältnisse („terms of trade“ auf englisch) haben sich für Argentinien stark gebessert. Die Theorie der langfristigen Tendenz der Verschlechterung der Austauschverhältnisse der Rohstoffländer, die Raul Prebisch als Generalsekretär der Wirtschaftskommission der UNO in Lateinamerika (auf spanisch als CEPAL bekannt, mit Sitz in Santiago de Chile) 1949 vortrug, stösst jetzt auf eine Wirklichkeit, bei der genau das Gegenteil der Fall ist. Wobei sie schon vorher falsch war, da qualitative Änderungen nicht berücksichtigt wurden, und ausserdem der Wert von Maschinen auf ihr Gewicht bezogen wurde, wobei die Maschinen immer leichter und produktiver wurden. Bezogen auf die Leistung, sind Maschinen in den meisten Fällen in den letzten Jahrzehnten viel billiger geworden. Am meisten ist dies bei persönlichen Computern der Fall, die gegenwärtig keine 10% des Preises aufweisen, den sie in den 80er Jahren hatten (als diese Computer erfunden wurden), wobei der Preis, bezogen auf die Leistung, unter 5% des damaligen liegt. Länder wie Argentinien, dessen Export zu etwa 90% aus Commodities besteht, haben somit doppelt profitiert, nämlich einmal durch die Hausse bei ihren Exportprodukten, und dann durch den realen Preisrückgang wichtiger Importprodukte. Auch das hat zum Wachstum der argentinischen Wirtschaft beigetragen, besonders in den letzten Jahren. modities hat ein Projekt bekanntgegeben, das in der Errichtung einer neuen Anlage zur Verschiffung von Getreide und Ölsaat im Hafen von Bahía Blanca besteht, mit einer Anfangsinvestition von u$s 40 Mio. *** Das Unternehmen Copetro, das Erdölkohle für verschiedene industrielle Zwecke (u.a. die Aluminiumndustrie) in Ensenada, bei La Plata, erzeugt, hat $ 24 Mio. investiert, um Umweltverschmutzung zu vermeiden. Initiativen in diesem Sinn werden immer häufiger. *** Der INDEC-Index der Bautätigkeit lag im Juni um 6,1% über Juni 06 und um 1,4% über Mai 07. Im 1. Halbjahr beträgt die Zunahme gegenüber dem Vorjahr nur 4%, wogegen das 1. Halbjahr 06 um 21,4% über dem Vorjahr gelegen war. Die Bautätigkeit wächst zwar immer noch, aber langsamer. *** Zwischen den Regierungen von Argentinien und Kanada wurde in Buenos Aires ein Abkommen abgeschlossen, um Verhandlungen für die Lieferung durch Kanada einer Kernkraftanlage von 740 MW einzuleiten, die von der staatlichen Nucleoelétrica Argentina S.A. mit kanadischer Technologie errichtet werden soll. Die Anlagen sollen jenen beiden gleichen, die Kanada in China errichtet hat. Die kanadische Technologie „Candu 6“ wurde schon beim Kernkraftwerk „Embalse“, in Córdoba, verwendet. *** Die geplanten Erweiterungen der grossen Ferngasleitungen, die diesen 1.500 km zusätzlicher paralleler Röhren hinzufügen sollten, um die Transportkapazität von gegenwärtig rund 120 Mio. cbm Gas pro Tag um 24 Mio. cbm zu erhöhen, stehen wegen des Skandals über Überpreise (Skanska und Infiniti) still, wobei sich Röhren für 50 km schon auf Sonnabend, 4. August 2007 Lager im Hafen San Julián, Provinz Santa Cruz, und Brasilien befinden. Planungsminister J. de Vido hatte im Juni 05 versprochen, dass diese Erweiterungen im Winter 07 eingesetzt würden. Der Minister bezog sich dabei auf den Investitionsplan, der am 11.5.04 angekündigt worden war, der gemäss seinen Äusserungen strikt durchgeführt werde. Jetzt geht es darum, dass diese zusätzliche Transportkapazität für Gas im Winter 08 bereitgestellt wird, was auch nicht sicher ist. Letzten Sonntag erklärte Planungsminister Julio de Vido, die Erweiterung der Gasleitungen werde in 15 Tagen in Angriff genommen und u$s 2 Mrd. kosten, also um u$s 400 Mio. weniger als der ursprüngliche Kostenvoranschlag. *** Energiesekretär Daniel Cameron wies bei einer Zusmmenkunft mit den Leitern des Verbandes der Erzeuger von elektrischem Strom (Ageera, Asociación de Generadores de Energía Electrica) darauf hin, dass auf dem Energiegebiet zwischen 1990 und 2000 insgesamt u$s 78 Mrd. investiert worden seien, die sich folgendermassen aufteilen: Erdöl und Gas: u$s 41,5 Mrd.; Raffinerien und Tankstellen: u$s 8,5 Mrd.; Petrochemie: u$s 2 Mrd.; Elektrizität: u$s 16,8 Mrd.; Gastransport: u$s 1,7 Mrd.; Gasverteilung: u$s 7,5 Mrd. Cameron ARGENTINISCHES TAGEBLATT wies auf 5 negative Effekte dieser Erweiterungen hin: 1. Verlust von 30% der Arbeitsplätze bei den bestehenden Kraftwerken u.a. Anlagen; 2. Übertragung der Entscheidungsgewalt des Staates an Privatunternehmen; 3. Hohe Schwankungen beim Preis der Brennstoffe; 4. Das Kapital der Energieunternehmen ging mehrheitlich in ausländischen Besitz über; 5. Hohe Konzentration der Unternehmen. *** Die nationale Agentur zur Förderung von Investitionen, geleitet von Beatriz Nofal, wies darauf hin, dass der Wert der direkten Auslandsinvestitonen jetzt höher als in den 90er Jahren ist, wenn man die (sehr hohen) Investitionen auschliesst, die mit den Privatisierungen verbunden waren. 06 betrugen diese direkten Investitonen u$s 5,49 Mrd., gegen durchschnittlich u$s 5 Mrd. in der Periode 1990-2000. *** Der Quartalsbericht des Schatzamtes zeigt, dass im 1. Quartal 2007 insgesamt $ 11,49 Mrd. an die 23 Provinzen und die Bundeshaupstadt überwiesen worden sind, 28,5% mehr als in der gleichen Vorjahresperiode. Die automatischen Überweisungen (Beteiligung an nationalen Steuern, Tabakfonds, Erziehungsfinanzierung und Fonds für die Umgebung der Stadt Buenos Aires) stiegen um 31,1%. Die direkten Beiträge an Provinzen (genannt ATN, Aportes del Tesoro Nacional, die mit 1% der Fiskaleinahmen des Nationalstaates gespeist werden, die der Beteiligung der Provinzen unterliegen) betrugen im 1. Quartal $ 38,9 Mio., um $ 19,3 Mio. mehr als im Vorjahr. *** Die Nachfrage nach Stromanlagen von 500 bis 1.500 KVA hat dieses Jahr um über 50% gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Im 1. Halbjahr wurden laut INDEC 32.711 Generatoren für u$s 44 Mio. importiert, fast doppelt so viele, wie im ganzen Jahr 04 eingeführt wurden. Die lokalen Fabrikanten sind bei voller Kapazitätsauslastung tätig. Die Lagerbestände wurden voll aufgebraucht, und die Lieferfristen gehen von 90 bis 180 Tage. *** Die Consulting-Firma Abeceb, geleitet von Dante Sica, gab bekannt, dass die Ankündigung neuer Investitionsprojekte im 1. Halbjahr 07 mit u$s 7,99 Mrd. um 26,8% unter der gleichen Vorjahresperiode lag. Von den Investitionsvorhaben entfallen u$s 1,98 Mrd. auf die Provinz Buenos Aires, u$s 1,23 Mrd. auf Santa Cruz, u$s 1,14 Mrd. auf die Stadt Buenos Aires. 15 grosse Projekte machen 53,3% der Gesamtinvestitionen aus. Unter den wichtigsten Projekten entfallen 3 auf elektrische Energie: Sadesa will u$s 150 Mio. in die Erweiterung des Kraftwerkes „Central Puerto“ und u$s 500 Mio. in ein Wassekraftwerk im Nordwesten des Landes investieren, und Albanesi u$s 100 Mio. in die Erweiterung der Kapazität des Kraftwerkes Modesto Maranzana, in Rio Cuarto (Córdoba). Auf dem Gebiet der Bauprojekte hat die britische Movewithus eine Reihe von Immobilienprojekten für u$s 600 Mio. angekündigt, und Fortune International will in Nordelta, im Bezirk Tigre, u$s 60,7 Mio. investieren. Auf dem Gebiet der Industrie hat die US-Firma Franklin Mining ein Projekt für die Erzeugung von synthetischem Dieseltreibstoff auf Gasbasis für u$s 470 Mio. angekündigt. Auf dem Erdölsektor hat Pan American Energy Investitionen in Höhe von u$s 800 Mio. angekündigt. Was den Handel betrifft, so hat die chilenische Einzelhandelskette Sodimac eine Investition von $ 300 Mio. für die Errichtung von 6 Lokalen angekündigt, die mit denen von Easy (Cencosud) konkurrieren sollen. 9 *** Am letzten Montag hat das Staatsunternehmen Enarsa S.A. die Ausschreibung für die Kompressoren und Turbinen für die neue Gasfernleitung von Bolivien bis Campana für den 3.9.07 angekündigt. Der Kostenvoranschlag liegt bei $ 247,94 Mio., gleich u$s 78 Mio. *** Die Nationale Kommission zur Verteidigung der Konkurrenz hat von der Dresdner Bank und der Versicherungsgesellschaft Allianz eine Erklärung für ihre Verkäufe von argentinischen Staatstiteln in Pesos mit CER-Wertberichtigung gefordert. Das Amt vermutet eine Kartellabsprache, die den Kurs dieser Papiere um 10% drückte. *** Für 07 wird von offiziellen Stellen eine Verdoppelung der Produktion von Heidelbeeren (arándanos) mit 14.000 t erwartet. 06 wurden 6.355 t für fast u$s 48,7 Mio. exportiert, wobei 4.380 t für u$s 31,38 Mio. nach den USA geliefert wurden, wo die Blaubeerensauce dem Truthahn beigefügt wird, und dieses Gericht eine Art Nationalspeise darstellt. Von der lokalen Produktion wird 94% exportiert, 3% für die Erzeugung von Marmelade u.a. Produkten verwendet und nur 3% direkt konsumiert. *** Grosshandelsunternehmen, die dem Verband CADAM angehören, wurden von der Lastwagengewerkschaft, geleitet von Hugo Moyano, mit Anwendung von Gewaltmassnahmen unter Druck gesetzt, damit sie mit einem grossen Teil ihrer Belegschaften von der Gewerkschaft der Handelsangestellten (geleitet von Armando Cavalieri) auf die der Lastwagenarbeiter übergehen. In der Praxis handelt es sich dabei um eine verkappte Lohnerhöhung. Mehrere Verteilungszentren wurden in der Vorwoche von Gewerkschaftlern behindert, tätig zu sein. Andere hatten vorher schon verfügt, dass das Personal, das die Ware in Empfang nimmt, auf die Gewerkschaft der Lastwagenfahrer übertragen wird. Dabei wird die Zahl disputiert: für die Unternehmen sind es 100 Arbeitnehmer, für die Gewerkschaft 300. Hugo Moyano, der auch die Gewerkschaftszentrale CGT leitet, wird immer mächtiger, wobei die Unternehmer meistens nachgeben, weil sie keine Rückendeckung vom Arbeitsministerium erhalten, das das illegale Vorgehen von Moyano passiv duldet. Die 10 grössten Banken der Welt Marktkapitalisierung in Mrd. Dollar Citigroup (1) ................................................................ 261,4 Bank of America ......................................................... 219,8 HSBC .......................................................................... 217,0 Barclays.ABN Amro (2) ............................................... 189,6 IBBC ............................................................................ 178,8 China Construction Bank ............................................ 172,2 J.P.Morgan Chase ...................................................... 169,2 UBS ............................................................................. 127,8 Royal Bank of Scotland .............................................. 121,7 Bank of China ............................................................. 121,5 (1) Citibank und verbundene Finanzgesellschaften; (2) Fusion steht noch bevor Quelle: Thomson Financial Datastream Sonnabend, 4. August 2007 ARGENTINISCHES TAGEBLATT 10 WIRTSCHAFTSÜBERSICHT Die Inflationbekämpfung als zentrales Thema Frau Cristina Elisabet Fernandez Wilhelm de Kirchner hat den Nagel auf den Kopf getroffen, als sie in Madrid Argentinien punkto Inflation mit einem geheilten Alhoholiker verglich, der sich nicht einmal ein Gläschen Wein leisten kann, und totale Abstinenz üben muss, um die Gefahr eines Rückfalls in den Alkoholismus abzuwenden. Argentinien hatte bis zur erfolgreichen Stabilisierung, die unter Menem 1991 eingesetzt hat, 45 Jahre mit Inflation hinter sich (mit durchschnittlich bis 1975 um 25% Preiszunahme jährlich), und ab Mitte 1975 während 15 Jahren mit dreistelligen Raten, und mit zwei Hiperinflationswellen in einem Jahr am Schluss. Kein anderes Land hat eine so lange und so beharrliche Inflation durchgemacht, wobei stets von Stabilisierungspolitik die Rede war, und bestimmt gute Absichten in diesem Sinn bestanden. Dies hinterlässt tiefe Spuren in der Gesellschaft. Robert Lucas erhielt 1996 den Nobelpreis der Wirtschaftswissenschaft für seine Theorie der “rationalen Erwartungen”, die im Wesen besagt, dass die Reaktion einer Gesellschaft auf bestimmte Tatsachen durch ihre Erfahrung geprägt wird. Die argentinische Gesellschaft hat eine grosse Furcht, dass es jederzeit wieder zu einem Inflationssprung kommt, und überreagiert deshalb auf Signale, die in anderen Ländern überhaupt keine Wirkung hätten. Und das führt dann zu einer Kettenreaktion, mit zunehmenden Inflationsraten. Wenn es einmal so weit ist, ist die Inflationsbekämpfung kompliziert, und ohne eine spürbare Rezession kaum möglich. Man muss unter diesen Umständen die Inflation in ihren Anfängen bekämpfen, d.h. jetzt, da die Inflation zunehmende Raten aufweist und sich mit Fälschung des Preisindices nicht unter den Teppich fegen lässt. Die kleine Finanzkrise der Vorwoche hat erneut gezeigt, wie sensibel die lokale Finanzwelt reagiert. Wirtschaftsminister Miguel Peirano meint, die Inflation sei nicht so schlimm. Er befürchtet, dass eine Politik der Inflationseindämmung das hohe Wachstum der Wirtschaft beeinträchtigt, und zieht es vor, dass die Wirtschaft weiter mit asiatischen Raten wächst, auch bei zunehmender Inflation, wie sie jetzt immer deutlicher in Erscheinung tritt. Dass dies gelegentlich ein böses Ende hat, kümmert ihn vorläufig offenbar kaum. Präsident Kirchner hat sich in ähnlichem Sinn geäussert; auf alle Fälle will er eine rezessive Entwicklung vor den Wahlen vermeiden, auch wenn er dabei eine höhere Inflation in Kauf nehmen muss. Nach mir die Sintflut! Auch wenn seine Gemahlin dabei ertrinkt? Peirano geht jedoch noch weiter: er meint, die Lohnerhöhungen haben keine inflationäre Wirkung, was bedeutet, dass sie von den Unternehmen dank höherer Produktivität und zum Teil auch mit Opfer eines Teils ihrer Gewinne neutralisiert werden können und sollen. Er ist der Meinung, die Löhne müssen über die Produktivität hinaus steigen, und trennt die Lohnentwicklung von der Problematik der Konkurrenzfähigkeit. Diese soll eben erhalten werden, indem pari passu mit der Zunahme der internen Preise abgewertet wird, was dann die Inflation weiter anheizt. Jeder Prozentsatz der Abwertung hat eine Wirkung von 0,3% auf den Preisindex. Man hat den Eindruck, dass der Minister mit einer kontrollierten Inflation (von bis zu 20% jährlich?) wirtschaften will, und dabei die selbstbeschleunigende Inflationsmechanik unterschätzt. Der Minister geht weiter als der Präsident, der am Anfang ähnlich dachte, aber nachher doch eine Begrenzung der Lohnerhöhungen empfahl, aber nur halbherzig durchsetzte. Beim Präsidenten sind politisch gefärbte Äusserungen verständlich; aber ein Wirtschaftsminister sollte von der Politik Abstand nehmen und sich hüten, inflationäre Erwartungen zu schüren. Die Gewerkschafter können sich jetzt auf Peiranos Äusserungen stützen, um erhöhten Druck auszuüben. Zwei Konzepte der Stabilisierungspolitik Grundsätzlich stehen sich zwei Konzepte der Inflationsbekämpfung gegenüber. Die orthodoxe Empfehlung besteht im Wesen in einer straffen Geldpolitik, Gleichgewicht beim Staatshaushalt, einer offenen Wirtschaft und der Förderung der Konkurrenz, wobei auch eine Rezession in Kauf genommen wird, mit erhöhter Arbeitslosigkeit, wenn die Inflation von der Kostenseite kommt. Dieser Auffassung wird von dieser Regierung nicht geteilt, doch auch nicht ganz bei Seite gelassen: die Öffnung der Wirtschaft, die in den 90er Jahren erreicht wurde, wurde beibehalten und sogar erhöht, der Fiskalüberschuss wurde zum Dogma gemacht, und die ZB hält sich bei ihrer Geldexpansion (gemessen als M2, also Banknoten in Händen des Publikums plus Sichtund Spardepositen) an die Regel, die Entwicklung des BIP zu laufenden Werten zu begleiten, aber nicht vollständig, so dass die monetäre Politik eine passive Wirkung hat. Allein, grundsätzlich vertritt die Kirchner-Regierung das Konzept der Einkommenspolitik als Kern der Inflationsbekämpfung. Dabei muss es positiv bewertet werden, dass der Präsident der Inflation als solcher Bedeutung beimisst, und sei es nur aus politischen Gründen. Der Kernpunkt der Einkommenspolitik besteht in der Lohnpolitik. Wenn es gelingt, bei wirtschaftlichem Aufschwung und sinkender Arbeitslosigkeit, mit Vollbeschäftigung bei qualifizierten Arbeitskräften, die Lohnentwicklung einzudämmen, dann steigen Kosten und schliesslich Preise nur wenig, eventuell gar nicht. Die Einkommenspolitik ist auch mit der Einkommensverteilung verbunden. Eine Eindämmung der allgemeinen Lohnerhöhungen ist politisch und auch vom sozialen Standpunkt nur möglich, wenn gleichzeitig Preiserhöhungen, die andere Ursachen haben, ebenfalls beschränkt werden. In diesem Sinn werden die internen Preise der landwirtschaftlichen Produkte und des Erdöls durch Exportsteuern und Exportverbote gesenkt. Theoretisch sollten dabei auch Preisschwankungen auf dem Weltmarkt bei ihrer internen Auswirkung gemildert werden, was in der Praxis jedoch nur zum Teil gelingt. Die argentinische Wirtschaft hat die Eigenart, dass die Produkte, die den grössten Teil des Exportes ausmachen, nämlich Getreide und Ölsaaten und deren Produkte, und auch Rindfleisch, eine hohe Wägung beim Warenkorb haben, der dem Index der Konsumentenpreise zu Grunde liegt. Die Preise von importierten Gütern und solchen, die auch exportiert werden, hängen auch vom Wechselkurs ab. Deshalb erfordert die Einkommenspolitk auch eine Kontrolle desselben, die starke Schwankungen oder plötzliche Abwertungen auschliesst. Dazu bedarf es hoher Devisenreserven, über die die ZB jetzt verfügt. Dabei besteht jedoch die Versuchung, die Abwertungsrate unter der internen Inflationsrate zu halten. Stabilisierung und Erhaltung eines hohen realen Wechselkurses geraten zunehmend in Konflikt. Diese Regierung gestaltet die Einkommenspolitik auch mit Preisabkommen für Lebensmittel u.a. Güter des Massenkonsums, die in der Praxis auf Höchstpreise hinauslaufen. Unmittelbar wirkt sich dies stabilisierend aus; aber mittel- und langfristig lässt sich diese Politik nicht durchhalten, einmal weil sie in der Praxis kaum kontrolliert werden kann, und dann, weil sie den marktbedingten Preisschwankungen nicht Rechnung tragen kann. Schliesslich geht diese Politik auch über den Staatshaushalt, indem sensible Preise, wie für Strom, Gas und städtischen Personentransport, subventioniert und auf diese Weise niedrig und stabil gehalten werden. Auch werden bei bestimmten landwirtschaftlichen Produkten Subventionen verteilt, um die entsprechenden Nahrungsmittelpreise zu drücken. Diese Einkommenspolitik ist bei ihrer konkreten Verwaltung sehr kompliziert, besonders in einem Land wie Argentinien, mit einer schwachen Bürokratie. Wo Subventionen verteilt werden, die ohnehin mehr oder weniger willkürlich sind, ergeben sich Korruptionsmöglichkeiten, und es wäre naiv, anzunehmen, dass sie nicht genutzt werden. Der Grundgedanke, auf dem dieser Einkommenspolitik fusst, besteht darin, dass eine erfolgreiche Bekämpfung der Inflation von der Kostenseite her keine restriktive Geldpolitik erfordert, so dass eine Rezession vermieden werden kann. Die historische Erfahrung Die genannten Aspekte der Sonnabend, 4. August 2007 Einkommenspolitik, und auch andere, wie Deregulierungen und Konkurrenzförderung, können jedoch nur dann erfolgreich sein, wenn die Lohnentwicklung unter Kontrolle steht, was im konkreten argentinischen Fall einen direkten Eingriff der Regierung in die Arbeitsabkommen erfordert, sei es über ein Regierungsdiktat oder über eine Rückendeckung der Unternehmer, damit sie höhere Löhne u.a. zusätzliche Arbeitskosten mit rationelleren Arbeitsmethoden und organisatorischen Reformen ausgleichen und auch Streiks durchstehen können. Das ist politisch nicht einfach. Perón hat 1952 die Löhne für zwei Jahre eingefroren, als die Inflation, die er selber nach einem halben Jahrhundert Stabilität eingeleitet hatte, gefährlich zunahm, und dabei auch erreicht, dass die Preise nicht weiter stiegen. Er konnte es tun, weil die Wirtschaft 1952 eine tiefe Rezession erlebte und die Ernte wegen starker Dürre halbiert wurde, so dass nicht genügend Weizen für den Binnenkonsum vorhanden war. Man hätte sich damals Weizen bei den USA borgen können; aber Perón entschied, dass dem Weizenmehl Hirsemehl beigemischt werde, so dass es dann für den Konsum ausreichte. Dieses minderwertige Graubrot sollte einer durch hervorragendes Weissbrot verwöhnten Bevölkerung die Krise veranschaulichen, so dass die Lohneinfrierung als Teil derselben hingenommen wurde. 1954, als die Krise vorüber war, hatte Politik dann wieder Vorrang, und die LohnPreisspirale setzte von neuem ein. 1967 versuchte es der damalige Wirtschaftsminister Adalbert Krieger Vasena (unter General Juan Carlos Onganía als de factoPräsident) erneut mit Lohneinfrierung und Preisabkommen mit Grossunternehmen, und war dabei erfolgreich, obwohl die Einfrierung der Löhne überall durchlöchert wurde. Aber die Inflation ging 1968 stark zurück, bei gleichzeitigem starkem Wachstum der Wirtschaft. Diese Politik wurde dann Ende Mai 1969 durch den als “Cordobazo” bekannten revolutionären Aufstand in Córdoba, bei dem die ersten Montonero-Terroristen mitwirkten, zunichte gemacht, so dass die Inflation wie- ARGENTINISCHES TAGEBLATT der kräftig anstieg. 1973 nahm die peronistische Regierung unter Präsident Héctor Cámpora, mit José Gelbard als Wirtschaftsmnister, das Problem mit einen sogenanten “sozialen Pakt” in Angriff, bei dem Löhne und auch Preise eingefroren wurden. Das war unmittelbar erfolgreich, mit Nullinflation im Juni jenes Jahres und niedrigen Preiszunahmen danach, bei gleichzeitig hohem Wachstum. Doch das Schema platzte, als Perón starb und seine Frau Isabel als Präsidentin antrat, die bei weitem nicht die Macht ihres Gatten hatte. Die Gewerkschaften setzten damals brutale Lohnerhöhungen durch, und die Inflationsrate stieg im zweiten Halbjahr 1975 auf eine dreistellige Zahl. Im März 1976 verzeichnete der Index der Konsumentenpreise eine Zunahme von über 50%, und im April noch einmal so viel. Als die Streikräfte am 24. März 1976 die Regierung übernahmen, wurde dieser verrückten Entwicklung ein Ende gesetzt, indem Spitzengewerkschaftler, wie Lorenzo Miguel (Leiter der Gewerkschaft der Metallarbeiter), verhaftet wurden, und andere ins Ausland flüchteten. Im Mai stiegen die Preise nur noch um 3%. Der erste hyperinflationäre Anlauf in Argentinien bedurfte einer Diktatur, um nicht in eine totale Hyperinflation mit allgemeinem Chaos zu münden, das für die Terroristen (Montoneros und ERP), die damals sehr aktiv waren, ein gefundenes Fressen gewesen wäre. Wie wurde unter Menem die Inflation beherrscht, ohne Rezession, sondern mit starkem Wachstum, von über 9% in jedem der ersten zwei Jahre und weniger danach? Einmal durch die Konvertibilität, also den festen Wechselkurs, mit klaren politischen Signalen, dass dies ernst gemeint war; dann durch die Öffnung der Wirtschaft, die die interne Konkurrenz verschärfte; dann auch durch die Wirkung der allgemeinen Privatisierung und Deregulierung; und schliesslich durch eine höhere Arbeitslosigkeit und eine notorische Schwächung der Gewerkschaftsmacht, bei einer stabilitätskonformen Lohnpolitik. In diesem Fall hat auch das tiefe Trauma der zwei vorangehenden Hyperinflationswellen eine Rolle gespielt, die Politikern und Gewerkschaftlern eine grosse Furcht eingeflösst hatten, dass die Streitkräfte wieder die Regierung übernehmen, so dass sie die harte Politik Menems als einzig mögliche Alternative hinnehmen mussten. Hoffen wir, dass nicht wieder eine Hyperinflaltion notwendig ist, um den Weg zur Stabilität zu finden. Gewiss, die Umstände haben sich geändert, und jenes Schema von Menem und Cavallo lässt sich nicht wiederholen, umso mehr, als es auch besonderer Persönlichkeiten bedarf, wie die beiden genannten, um jene echte Revolution zu vollziehen, die enorm viel Mut erforderte. Dennoch war es ein Fehler der Kirchner-Regierung, stets zu behaupten, man müsse genau das Gegenteil von Menem tun; den dazu gehört dann auch die Stärkung der Gewerkschaften, die mit Stabilisierung unvereinbar ist. Das Gegenteil von Stabilität ist eben Inflation. Eine Chance für Argentinien Hat die argentinische Gesellschaft, und vor allem, das politische Establishment, aus der Geschichte gelernt? Man hat den Eindruck, dass doch etwas bei dieser traumatischen Inflationserfahrung hängen geblieben ist, dass diese aber nur halb verstanden wurde. Frau Cristina hat den Gedanken des Sozialabkommens wieder aufgenommen, und hofft auf diese Weise, wird sie zur Präsidentin gewählt, die Inflation beherrschen zu können, ohne dass eine tiefe Rezession das Problem löst, die entweder durch eine restriktive Geldpolitik oder durch ein Überwuchern der Inflation herbeigeführt wird. Sie muss sich indessen der Tatsache bewusst sein, dass ein Sozialabkommen, bei dem die Eindämmung der Lohnerhöhungen an erster Stelle steht (auch wenn dies politisch vertuscht wird), eine harte Haltung voraussetzt, ohne demagogische Konzessionen. Der Erfolg einer Einkommenspolitik ist indessen jetzt einfacher als bei vorangehenden Gelegenheiten, einmal, weil die Staatsfinanzen einigermassen in Ordnung sind, und es mit etwas Härte auch bleiben können, was 1973 nicht der Fall war; dann weil die ZB 11 hohe Reserven hat, mit denen der Wechselkurs bequem stützen kann, sollte aus irgend einem Grund eine hysterische Nachfrage nach Devisen einsetzen, wie es 2001 der Fall war; dann auch weil die Gewerkschaften schwächer sind als vor einigen Jahrzehnten, u.a. weil es relativ viel mehr Fachkräfte und qualifizierte Arbeitskräfte gibt als früher, und diese gegen die Einkommensangleichung nach unten eingestellt sind, die die Gewerkschaftler vertreten; und schliesslich, weil die Wirtschaft unverhältnismässig offener als früher ist, was die lokalen Unternehmer zu mehr Härte zwingt, da sie nicht, wie zur Zeit der geschlossenen Wirtschaft, Lohnerhöhungen leicht auf Preise abwälzen können. Hinzu kommt noch, dass die Supermärkte, die sich ab Ende der 80er Jahre immer stärker ausdehnten, eine stabilisierende Wirkung haben, da sie Preiserhöhungen bei ihren Lieferanten nicht passiv hinnehmen, wie es bei den traditionellen Kolonialwarenläden der Fall war, sondern hart und erfolgreich dagegen opponieren, so dass die Lieferanten es sich zwei Mal überlegen müssen, wenn sie Lohnerhöhungen gewähren, die sie auf die Preise abwälzen müssen. Auch hat die technologische Revolution unserer Zeit eine stabilisierende Wirkung, da sie kostensenkend und produktivitätserhöhend wirkt. Schliesslich sei noch bemerkt, dass die Welt sich in vielen Beziehungen verändert und allgemein globalisiert hat, und Inflation zu einer seltenen Ausnahme geworden ist. Ein Land wie Argentinien, das zwar als Schwellenland eingestuft wird, jedoch in seiner gesellschaftlichen und wirtschaftichen Struktur nicht sehr weit entfernt von den hochentwikkelten Staaten ist, sollte nicht zu den Ausnahmen gehören. Frau Cristina hat sich als Hegelianerin definiert; war Menem die These und ist Kirchner die Antithese, so müsste sie jetzt als eventuelle Präsidentin ab 10. Dezember die Synthese suchen. Das ist keine Kontinuität, sondern etwas grundsätzlich anderes, was ihr im Sinne von Friedrich Hegel von der Geschichte, also den konkreten Umständen, aufgezwungen wird. Hat sie Hegel so wie wir verstanden?