forum 19. November 2014 · Nr. 47 Seite 14 Auditorium Die Debatten um Tierwohl, Kennzeichnungspflichten, Regionalität und Fachkräftemangel bewegen derzeit die Fleischbranche. | Fotos: Thomas Fedra Fleischkennzeichnung Hartmut König (VZ Hessen), Hubert Kelliger (Westfleisch) und Thomas Schröder (Tierschutzbund) diskutieren mit Dirk Lenders (LZ) und Renate Kühlcke (afz). Tarifpartner Stephan Schmidt (H. Kemper) und Michael Andritzky (Verband der Ernährungswirtschaft) Ausbildungsprofis Andreas Beie (Metzgerei Böbel) und Julia Wehr Partner Christian Holzmeier (Edeka) und Stefan Müller (Müller Fleisch) Tierschützer Thomas Schröder (Tierschutzbund) und Michael Boddenberg (Gilde Stiftung) Fleischhändler KarlHeinz Krämer (Block Foods) und Hans Löblein (HLV Hans Löblein Vertrieb) Keine Frage der Größe Deutscher Fleisch Kongress 2014 – Regionalität und Transparenz als Wa ■ Frankfurt Vorausdenker Willi Pompe (BMEL) und Josef Tillmann (Tönnies Lebensmittel) Expertentreffen Mehr als 300 Teilnehmer besuchten das von der dfv-Tochter „The Conference Group“ gemeinsam mit afz, FleischWirtschaft und Lebensmittelzeitung veranstaltete Branchenforum. Kommunikationsmittelpunkt Auf der begleitenden FleischExpo informierten namhafte Unternehmen über ihre Dienstleistungen. Wachstum ist keine Frage der Größe, ebenso wenig wie die Anforderungen an die Kennzeichung von Allergenen und der Fleischherkunft oder die Thematik Tierwohl. Der bunte Themenkanon des 9. Deutschen Fleisch Kongresses spiegelte die aktuellen Diskussionen in Handwerk und Industrie wider. Warum der Handel Mut für neue Konzepte benötigt, erklärte der Unternehmensberater Achim Fringes. Er schickte voraus, dass die Mehrzahl der Kaufentscheidungen am Point of Sale und damit gefühlsmäßig getroffen werden – einer der Gründe, warum der Internethandel kaum noch Zuwachsraten verzeichnet. Seine Empfehlung lautet daher: Die Sinne der Kunden ansprechen, indem Werbung, Waren und Geschäftsräume emotionalisiert werden. Handel ist, so Fringes weiter, nicht nur das Bereitstellen bestimmter Produkte. Er ermöglicht auch die Begegnung mit Menschen. „Sprechen Sie die Sprache des Kunden, denn an einen freundlichen Verkäufer erinnert er sich länger als an den Preis des Produkts.“ Eine bleibende und komplexe Herausforderung für die Fleischwirtschaft nannte Prof. Dr. Matthias Horst die Lebensmittel-Informationsverordnung. Er wünscht sich eine gemeinsame Umsetzung mit der Überwachung und einen Nutzen für die Verbraucher. Der- zeit sei die am 13. Dezember in Kraft tretende Allergen-Kennzeichnung dringlich. Für lose Ware fehlen in Deutschland nach wie vor die Durchführungsbestimmungen. Horst: „Österreich hat vorgelegt, im Prinzip braucht man nur abzuschreiben.“ Der Experte geht davon aus, dass bei fehlerhafter Kennzeichnung vorerst keine Bußgelder verhängt werden. Anzeige Bei Heißer Theke und AußerHaus-Konzepten empfiehlt Stefan Neumair von FoodKonzept, die Kunden als flexibler Dienstleister zu verführen und zu jeder Tageszeit etwas Besonderes zu bieten. Gleichzeitig warnte er davor, die Heißtheke lediglich als „Mitläufer“ zu verwalten. Neumair: „Sie ist eine Chance mit Herausforderungen und Konsequenzen.“ Die demografische Entwicklung spiele den Fleischern in die Karten: Junge Leute wollten nicht mehr kochen, obwohl sie es könnten – forum 19. November 2014 · Nr. 47 Seite 15 rofis Andreas Beier (Fleischerei Dürr & Beier), Claus Böbel bel) und Julia Wehrmann (Edeka Wehrmann) Regionalspezialisten Peter Klingmann (Regionalfenster), Astrid Schmitz (GS Schmitz), Markus Scholz (Edeka Kemper-Märkte), Fritz Aupperle (Rewe Aupperle) Markenmacher Michael Gleich (Zur-Mühlen-Gruppe), Thorsten Schäfer (Bedford), Michael Caudera (FoodLicence Partner) und Stephan Holst (Bell Deutschland) Special Guest Clemens Tönnies (Unternehmensgruppe Tönnies) Branchentreff Die Kongressbesucher aus Handwerk, Industrie und Handel waren konzentriert und diskussionsfreudig zugleich. ße Frauenpower Angela Schillings-Schmitz (GS 1), Petra Cornelius (Cornelius) und Barbara Kramer (Kramer) arenz als Wachstumstreiber identifiziert und bei den Senioren sei es umgekehrt. Als profitabel bezeichnete der Referent auch die Außer-HausVerpflegung, für die professionelle Verpackungslösungen eine wichtige Rolle spielten. „Gelungene Verpackungen weisen gegenüber der großen Handzettelflut ein höheres Marketingpotenzial auf“, merkte Neumair an. Die beliebte Frage „Darf’s ein bisschen mehr sein?“ nutzte Unternehmensberater Matthias Riemann als Einstieg für sein Wachstumsplädoyer. Die deutsche Ernährungsindustrie sei zwar robust in der Krise, jedoch zeige sie wenig Dynamik in guten Zeiten. Jeder Betrieb müsse eine vom Markt losgelöste Unternehmensentwicklung verfolgen und Wachstumstreiber finden. Für die Fleischwirtschaft sieht der Strategieberater bei den Themen Genuss, Gesundheit und Convenience noch Entwicklungspotenzial. Daneben warb Riemann für eine weniger auf Preis und Leistung orientierte Wachstumsstrategie. Es gelte vielmehr eine höhere Wertschöpfungstiefe zu erreichen und neue Absatzmärkte zu bedienen. Durch Differenzierung der erzeugten Produkte könne eine Preisführerschaft nachhaltig geschlagen werden. Dabei betonte er, dass Wachstum keine Frage der Unternehmensgröße sei. Als den neuen Wachstumstreiber bei Fleisch und Wurst bezeichnete Dr. Sophie Glusac den Trend Filialisten Klaus Werner (Werner’s Metzgerei) und Karl-Heinz Esser (Wurstspezialitäten Esser) der Regionalität. Die Managerin der A.T. Kearney GmbH stellte Ergebnisse einer Umfrage vor, nach denen wesentliche Ernährungstrends von regionalen Lebensmitteln abgedeckt werden. So wird aus Sicht der Verbraucher Regionalität mit Qualität assoziiert. Auch ethische Ansprüche spielten hier hinein. Im Vergleich zu Obst und Gemüse sei die Definition bei Fleisch und Wurst wesentlich komplexer, stellte Glusac fest. Anbau, Ernte und Verarbeitung bei Obst stünden bei Fleischwaren Aufzucht, Schlachtung, Zerlegung und Verarbeitung gegenüber. 53 Prozent der Befragten empfinden den Umkreis von 100 Kilometern als regional, 29 Prozent sehen Deutschland als einen solchen Ausgangsmarkt. Nach Aussage der Meinungsforscherin werden regionale Erzeugnisse vermehrt nachgefragt und erobern zunehmend das Ladenregal, auch bei Fleisch und Wurst. 41 Prozent wünschten sich ein größeres Angebot in diesem Segment. Bei der Frage nach den Kaufentscheidungen von regionalen Lebensmitteln stand der Geschmack an vorderster Stelle, gefolgt von Qualität und Herkunft. Der Preis dagegen folgt erst an vierter Position. Sowohl bei Fleisch als auch bei Wurst wird für regionale Erzeugnisse laut Studie ein Preisaufschlag von etwa zehn Prozent akzeptiert. red · afz 47/2014 D www.afz.de/bilder Wurstkenner Hans-Ewald Reinert (Reinert) und Heiner Zajonc (Böklunder Plumrose) Fleischexperten Norbert Rhode (Hessengut), Carsten Koch (Eidmann), Ulrich Steinemann (Steinemann) und Bernd Stange (Vion Food Group) Netzwerken Das abendliche Get-together bietet reichlich Gelegenheit zum regen Austausch mit Kollegen, Referenten und Ausstellern.