69 Vermögensübertragung zugesprochen werden. Dagegen spricht die ursprüngliche Widmung des Fondes. seine subsidiarische Haftung für das vollständige Eingehen aller Judensteuern und die ununterbrochene Übung. Jetzt, wo ein Zeitraum von 32 Jahren seit dem letzten aus dem Concretum der Judenschaft zum jüdischen Landesmassafonde eingeflossenen Beitrage verstrichen ist und nur wenige Juden in Mähren existieren, welche an jener Beitragsleistung teilgenommen haben, trägt der jüdische Landesmassafond gegenüber der lebenden und zukünftigen Judengeneration die Eigenschaft eines Stiftungsvermögens, welches denjenigen, die in sich alle stiftungsmäßigen Eigenschaften vereinigen, wohl ein Anrecht, aber keinen Anspruch auf das Totalvermögen der Stiftung gewährt." Eine Minorität von drei Stimmen war der Ansicht, daß der Fond nur in die Verwaltung der mähr. Landesvertretung übertragen werden könne, da dieser nach § 18, I I I , der mähr. Landesordnung vom 26. Feber 1861 auch die gesamte Judenschaft des Landes betreffenden Angelegenheiten zugewiesen sind. Hiezu wäre zu bemerken, daß der mähr. Landesausschuß mit Zuschrift vom 23. Juni 1861, Zahl 2675, von der Statthalterei die Übergabe der Fondsverwaltung an den Landtag, bezw. an den Landesausschuß verlangte, weil der Landesmassafond weder nach seiner Entstehung noch als ein dem Staate angehöriger Fond angesehen werden kann. Eine vereinzelte Stimme des Ratsgremiums, Statthaltereirat W e i d l i c h , erklärte offen: „Mit Rücksieht auf die ursprüngliche Gründung und die weitere Entwicklung des jüdischen Landesmassafondes halte ich diesen, aus den Mitteln der mähr. Judenschaft aufgebrachten und zu Gunsten derselben für besondere Zwecke gewidmeten Fond für ein durch diese Widmung beschränktes Korporationsvermögen der mähr. Judenschaft. Deshalb erachte ich, daß gegenwärtig, wo man in Huldigung des konstitutionellen Prinzipes und der Autonomie damit umgeht, alles fremde Vermögen aus der Administration des Staates auszuscheiden, die Verwaltung des jüdischen Landesmassafondes der mährischen Judenschaft, in dessen Interesse er besteht, zu überlassen. Durch welche Organe der Judenschaft und in welcher Weise die Verwaltung und Kontrolle zu geschehen hätte, würde den Gegenstand neuer weiterer Verhandlung bilden." Um die gleiche Zeit setzen schon die Bemühungen der mähr. Judenschaft ein, um die Verwaltung des Fondes in ihre Hände zu bekommen. Jonas K o h n aus Proßnitz und Sigmund B l a u , Bürgermeister in Nikolsburg, sind es, welche „von der Überzeugung geleitet, daß der Fond Eigentum der mähr. Judenschaft ist und daß die Staatsverwaltung einerseits mit den durch die Reichsverfassung sanktionierten Grundsätzen der Autonomie unvereinbar, andererseits den materiellen Interessen des Fondes, u. zw. hauptsächlieh den Kultus- und Unterrichtszwecken der mähr. Judengemeinden direkt abträgig ist" — für den 27. April 1862 eine Versammlung sämtlicher mähr. Kultusgemeinden nach Brünn einberufen. 45 Gemeinden entsandten ihre Vertreter. Nach dem in der Statthalterei erliegenden Protokolle über diese Versammlung wurden folgende drei Beschlüsse gefaßt: a) Wahl eines aus 7 Mitgliedern und 4 Ersatzmännern bestehenden Komitees, b) das Komitee wird ermächtigt, die geeigneten Schritte zu tun, um das Dispositionsrecht über das Erträgnis des jüdischen Landesmassafondes für Kultus- und Unterrichtszwecke der mähr. Judenschaft zu erwirken, c) für die Vertretung des Gegenstandes in b) gelte zur Legitimation bei den Behörden die Vorweisung dieses Protokolles kraft der Unterschriften sämtlicher anwesenden Delegierten. Am 18. Mai 1862 überreicht das Komitee, an dessen Spitze Ignaz W o h 1 m u t und Friedrich K a r p 1 u s standen, eine Eingabe an die Statthalterei, in der sie verlangen, daß die Erträgnisse des Landesmassafondes ausschließlich und nur für Kultus- und Unterrichtszwecke der mähr. Judenschaft verwendet und dieser das Dispositionsrecht über dieselben zuerkannt werde. Wohl fühlen die gehorsamst Unterzeichneten, heißt es in dieser Eingabe, daß es angemessen wäre, die Art anzugeben, wie dieses Dispositionsrecht ausgeübt werden soll, resp. wie die Kultus- und Unterrichtsanstalten dadurch in entsprechender Weise gefördert, die Fondsinteressen speziell verwendet und der Einfluß der Judenschaft auf die Gebarung und Verwaltung dieses Fondes zur Geltung gelangen soll, allein das gehorsamst unterzeichnete Komitee hält sich nicht ermächtigt, im Namen seiner Komittenten dahin zielende spezielle Vorschläge zu unterbreiten. Schließlieh wird der Statthalterei vorgeschlagen, eine Zusammentretung von nur aus freier Wahl sämtlicher Kultusgemeinden Mährens hervorgehenden Vertretern anzuordnen, damit diese oder ein von diesen Delegierten zu wählendes Komitee die geeigneten Vorschlage ausarbeiten. Am 16. Juni 1862 überweist der Statthalter diese Eingabe dem Ratsgremium samt der im Jahre 1861 im Zi'rkulationswege erfolgten — an das Staatsministerium jedoch nicht abgegangenen — Abstimmung mit der Einladung, ein neuerliches Gutachten zu verfassen und hiebei auch das Gesuch des Komitees einer gründlichen Erwägung zu unterziehen. Am 3. Oktober 1862 faßt das Ratsgremium denselben Beschluß wie im Jahre 1861. Auf das Gesuch des Komitees wird nicht eingegangen, da dasselbe nicht als wahrer Ausdruck der mähr. Judenschaft betrachtet und berücksichtigt werden kann. Als Antwort auf das vorerwähnte Gutachten ergeht vom Staatsministerium der Erlaß vom 16. März 1863, Zahl 21.553, der die Statthalterei beauftragt, behufs Gewinnung einer festen Basis für die weitere Verhandlung die Kultusvorstände sämtlicher 54 Israelitengemeinden vorerst über deren bezüglichen Wünsche einzuvernehmen und sodann auf dieser Grundlage mit Beobachtung der gutächtlichen Äußerungen der Verwaltungsorgane die Schlußanträge über die künftige Gebarung mit dem mährisch-jüdischen Landesmassafonde sowie über allfällige Modifikationen in dem Modus seiner bisherigen Verwaltung vorzulegen. Bereits am 23. April 1863 ergeht von der Statthalterei an alle Kultusgemeinden die Aufforderung, ihre Anträge und Wünsche bezüglich der künftigen Gebarung mit dem mährisch-jüdischen Landesmassafonde bekanntzugeben und hiebei insbesondere zu erwägen, a) ob es im Interesse der mährischen Judenschaft liege, daß die Landesmassafondseinkünfte nebst der Gewährung von Darlehen und Unterstützungen auch noch für andere und für welche verwendet werden sollen, b) ob es wünschenswert sei, daß durch ein aus der mährischen Judenschaft aufzustellendes Beratungsorgan der Statthalterei eine größere Verlaßlichkeit in der Beurteilung der aus dem Landesmassafonde angesprochenen Darlehen und Unterstützungen geboten werde und es müßten bejahenden Falles die notwendigen Eigenschaften einer solchen Repräsentanz und die Zahl ihrer Mitglieder, der Wahlmodus u. dgl. genau bezeichnet werden. Wiewohl die Äußerungen ehetunlichst zu erstatten waren, dauerte es dennoch bis zum Jahre 1868, ehe die Statthalterei Landeamaseafond 8