DONAU-UNIVERSITÄT KREMS Wissenschaftstheorie Was ist Wissenschaftstheorie (nicht) und mit welchen Kernfragen befasst sie sich? Hansruedi Tremp, MAS 28.03.2009 Seminararbeit zum Modul Wissenschaftstheorie Dozent: Univ. Prof. Dr. Peter Baumgartner Online-Tutoring: Mag.a Petra Szucsich Wissenschaftstheorie 28. März 2009 Inhaltsverzeichnis Einleitung................................................................................................................................................. 3 Positionierung innerhalb der Philosophie ............................................................................................... 3 Wissenschaftlicher Fortschritt................................................................................................................. 4 Ptolemäische versus kopernikanische Theorie ................................................................................... 4 Beispiel Evolutionstheorie ................................................................................................................... 4 Unterschiede in Natur- sowie Geistes-/Sozialwissenschaften ............................................................ 5 Konklusion ............................................................................................................................................... 6 Literaturverzeichnis ................................................................................................................................. 7 Seite 2 Wissenschaftstheorie 28. März 2009 Einleitung In den vergangenen Wochen haben wir uns an der Donau-Universität intensiv mit Wissenschaftstheorie beschäftigt. In dieser Seminararbeit gehe ich der Frage nach, was Wissenschaftstheorie ist bzw. nicht ist und mit welchen Kernfragen sie sich befasst. Die Aufgabenstellung wurde bewusst offen gehalten, damit Raum für persönliche Vorlieben gegeben ist. Als Literatur bzw. Ausgangsbasis stehen die Erkenntnisse aus der Diskussion des Latour-Textes, die Folien des Präsenztages sowie das Einführungs-Skriptum von Herrn Prof. Baumgartner zur Verfügung. Positionierung innerhalb der Philosophie Die Philosophie versucht die menschliche Existenz zu deuten und zu verstehen. Dabei bedient sie sich primär der menschlichen Logik und verschiedener Teildisziplinen. Die Wissenschaftstheorie kann in diesem Kontext als eine der Teildisziplinen der Philosophie betrachtet werden (Baumgartner, 2009, S. 5). Die nachfolgende „Philosophie“. In: Übersicht ist Wikipedia, Die (Seite freie Enzyklopädie., 2009) entnommen und zeigt die Positionierung innerhalb des „Philosophie-Gebäudes“. Es ist einer der faszinierenden Tatsachen, dass wir Menschen über unsere Existenz, dem woher, wozu und wohin nachdenken und dies auch untereinander kommunizieren können. Die Wissenschaftstheorie ist dabei eng mit der Erkenntnistheorie verbunden. Sie gibt für die Philosophie sozusagen das theoretische Grundgerüst, um das wissenschaftliche Arbeiten in einen allgemein anerkannten und methodisch abgesi- Abbildung 1: Übersicht über die Disziplinen der Philosophie cherten Rahmen zu stellen. Seite 3 Wissenschaftstheorie 28. März 2009 Wissenschaftlicher Fortschritt Eine der Kernfragen der Wissenschaftstheorie dreht sich um die Frage nach dem wissenschaftlichen Fortschritt. Gibt es über die Jahrhunderte des wissenschaftlichen Wirkens eine klar erkennbare Zielrichtung, eine Höherentwicklung? Diese Frage erhält je nach wissenschaftlicher Schule oder nach Kuhn „disziplinäres System“ (Baumgartner, 2009, S. 25) eine unterschiedliche Antwort. Ptolemäische versus kopernikanische Theorie Herr Prof. Baumgartner hat in seinen Ausführungen am letzten Präsenztag am 20. 2. 2009 (Baumgartner, Folienhandout Wissenschaftstheorie, 2008, S. 10-12) anhand des Beispiels des Überganges vom ptolemäischen zum kopernikanischen Weltbild eine einprägsame Illustration von Fortschritt aufgezeigt. Wissenschaft möchte in seinen Bemühungen eine Erklärung der für Phänomene geben, welche für die Menschen zu diesem Zeitpunkt noch nicht direkt fassbar sind. In diesem Falle ist die effektive Realität in der Zwischenzeit mittels entsprechenden Instrumenten eindeutig beobachtbar geworden. Die Beobachtung mittels der Raumsonden Voyager 1 und 2 konnten diese Theorie eindeutig erhärten und sogar Nahaufnahmen der Planeten liefern. Es gibt also für einen Teil der beobachtbaren naturwissenschaftlichen Forschungsgegenstände klare und belegte Fortschritte. Ob nun diese Fortschritte (wie z.B. die Beherrschung der Nuklearkraft, Stammzellenforschung etc.) auch ethisch und moralisch ein Fortschritt zum besseren darstellen, dies beantwortet schlussendlich die Wissenschaftstheorie nicht. Die Frankfurter Schule versucht hier einen Ansatz über eine normative Vorstellung, was erfolgreich ist in der „Hinführung zur denkbaren herrschaftsfreien und gerechten Gesellschaft“ (Baumgartner, Einführung in die Wissenschaftstheorie, 2009, S. 39). Das diese normative Vorstellung aber mit den Vorstellungen anderer Menschengruppen divergieren kann, liegt auf der Hand. Die Diskussion, ob es eine herrschaftsfreie und gerechte Gesellschaft überhaupt geben kann, müsste dann geführt werden. Dabei spielt dann auch das Menschenbild eine entscheidende Rolle. Diese Frage versucht dann die Politologie zu geben. Beispiel Evolutionstheorie Herr Prof. Baumgartner hat unter dem fragenden Titel «Wissenschaft als „Glaubenssystem“» (Baumgartner, Folienhandout Wissenschaftstheorie, 2008, S. 6-8) sehr schön dargelegt, dass die beobachtbaren Faktenlage unterschiedliche Theorien zur Erklärung und damit Komplettierung des Bildes möglich sind. Vor 200 Jahren kam Darwin auf die Welt und aus diesem Grunde gibt es entsprechende Beiträge für und auch gegen die von ihm massgeblich initiierte Evolutionstheorie. Eine Mehr- Seite 4 Wissenschaftstheorie 28. März 2009 heit der heutigen Wissenschaftler betrachtet diese Theorie als klaren Fortschritt. Jeglicher Versuch, eine Diskussion über Intelligent Design kontra Evolution in Gange zu bringen wird von der Elite vehement bekämpft wie dies z.B. aus der entsprechende Diskussion und Resolution 1580 im EUParlament ersichtlich ist (Parlimentary Assembly of the Council of Europe, 2007). Es ist natürlich ein Verlust, dass im Mittelalter grad der Vatikan viele wissenschaftliche Fortschritte verhindert hat, was viele Menschen dazu geführt hat, die Bibel und deren Inhalt als unwissenschaftlich abzutun. Die Evolutionstheorie enthält viele ungelöste „Rätsel“ wie z.B. den immer noch vermissten „Missing Link“. Obschon viele Hypothesen, welche aus der Evolutionstheorie hervorgegangen sind, falsifiziert wurden (siehe z.B. das umfangreiche Material von www.answersingenesis.org) , wird das Theoriegebäude mit aller Kraft aufrecht erhalten. Es braucht somit wie Kuhn das darlegt (Baumgartner, Einführung in die Wissenschaftstheorie, 2009, S. 27) eine längere krisenhafte Periode, um die Evolutionstheorie zu Fall zu bringen. Die Aufgabe der Wissenschaftstheorie muss es deshalb sein, dass gerade die Grundlage geschaffen wird, damit solche „eingefleischten“ Theorien ohne Repressalien mit wissenschaftlichen Methoden „angegriffen“ werden dürfen, damit Fortschritt ermöglicht wird. Unterschiede in Natur- sowie Geistes-/Sozialwissenschaften Aufgrund der Popperschen Kritik am Historizismus lässt sich die Schwierigkeit erahnen, der Frage betreffs des Fortschrittes in diesen unterschiedlichen Wissenschaftsgebieten nachzugehen. Die marxistische Geschichtsphilosophie geht von einem evolutiven dialektischen Fortschrittsmodell aus, welches für die Zukunft in einem utopischen (Baumgartner, Einführung in die Wissenschaftstheorie, 2009, S. 15, 21) Zustand hinführt. Die Grundproblematik liegt in der schlussendlich unwissenschaftlichen Prämisse einer aufgezwungenen Metaphysik, nämlich die „Emanzipation von allen himmlischen und irdischen Göttern“ (Marx, 1841, S. 262). Der praktische Kommunismus führte (siehe Russland) und führt (siehe China, Kuba und Nordkorea) dies konsequent weiter mit den entsprechenden Unterdrückung und Verfolgung von Religion bzw. Religionsausübenden. Wissenschaftliches Arbeiten und entsprechende Aussagen müssen sich an den Grenzen orientieren. Unsere Erkenntnis wird hauptsächlich durch folgende Faktoren eingegrenzt: Die Beschränkung unserer Sinne bzw. deren instrumentellen Erweiterung Die Beschränkung durch die Zeit (wir können uns nicht in die Vergangenheit bzw. Zukunft bewegen und wieder in die Gegenwart zurückkommen). Seite 5 Wissenschaftstheorie 28. März 2009 Die Beschränkung unseres Raumes (wir können uns z.B. nicht in andere Dimensionen (wie z.B. Jenseits) bzw. gewisse Distanzen bewegen und wieder zurückkommen). Auch in der menschlichen Psyche stossen wir an Grenzen. Das menschliche Verhalten sowohl individuell als auch kollektiv lässt sich nicht in ein wissenschaftliches Schema pressen und dann voraussagen. Für Popper gibt es in diesem Zusammenhang eben kein historisches Entwicklungsgesetzt (Baumgartner, Einführung in die Wissenschaftstheorie, 2009, S. 20). Die Definition des Fortschritts ist in den Sozialwissenschaften äusserst schwierig zu definieren. Massstäbe für Fortschrittsmesser richten sich immer auch an ethischen Grundsätzen, welche wiederum von metaphysischen Überzeugungen abhängen. Als kontroverses Beispiel wäre die Abtreibung zu nennen. Durch den technischen Fortschritt ist heute eine Abtreibung für alle Bevölkerungsgruppen in der westlichen Welt zugänglich. Ist nun diese Wahlfreiheit und das Töten von ungeborenem Leben aus soziologischer Sicht ein Fortschritt oder ein Rückschritt? Konklusion In dieser Seminararbeit habe ich mich auf zwei Aspekte konzentriert. In der Definition, was Wissenschaftstheorie ist, ging es mir darum, diese im Kontext der Philosophie zu beleuchten. Der zweite Aspekt betrifft die Frage nach dem Fortschritt der Wissenschaft. Diese Frage lässt sich nicht eindeutig beantworten. Die Ansichten innerhalb der Wissenschaftstheoretiker divergiert entsprechend. Die Vermehrung von Wissen und die technische Machbarkeit stellen einen objektiv messbaren Fortschritt dar. Ob nun die Nutzung des technisch Machbaren auch ein Fortschritt für die Menschheit darstellt, muss schlussendlich über die Beantwortung der ethischen Frage gelöst werden. Seite 6 Wissenschaftstheorie 28. März 2009 Literaturverzeichnis Baumgartner, P. (2009). Einführung in die Wissenschaftstheorie. internes Manuskript. Baumgartner, P. (Juli 2008). Folienhandout Wissenschaftstheorie. "Schnellsiedekurs" für DUKLehrgänge , 20. Krems a. D. Marx, K. (1841). Differenz der demokritischen und epikureischen Naturphilosophie. MEW. Parlimentary Assembly of the Council of Europe. (Oktober 2007). Abgerufen am 27. März 2009 von http://assembly.coe.int/ASP/NewsManager/EMB_NewsManagerView.asp?ID=3259 Seite „Philosophie“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. (22.. März 2009). Abgerufen am 26.. März 2009 von http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Philosophie&oldid=58184337 Seite 7