Erfahrungen mit der Peronosporabekämpfung in Südtirol Referent: Hansjörg HAFNER Südtiroler Beratungsring für Obst- und Weinbau Veranstalter: VEW-Mosel Leinenhof Schweich, 03.02.2017 Geschichte • 1879 wurde die Krankheit erstmals in Südtirol beobachtet. • 1883 und 1884 kam es erstmals in Südtirol zu stärkerem Befall. • Am 1. Mai 1886 organisierte die landw. Hauptgenossenschaft Bozen für alle Bauernvertreter ein Treffen. Bei diesem stellte Mach eine Strategie zur Bekämpfung des Peronosporapilzes mit Kupferkalkbrühe vor. Reifung der Wintersporen • Temperatur und Feuchte der Wintermonate beeinflusst die Wintersporenreifung (Oosporen). • Jährlich reift nur ein Teil der vorhandenen Oosporen. • Vorjahresbefall hat keinen Einfluss auf das Folgejahr. • Bei durchfeuchtetem Boden sind in Südtirol bereits ab Ende April ein Teil der Wintersporen reif. • LAGENRISIKO ! „Teufelseier spielen Lotto“ Georg Hill in obstbau weinbau 2009 • • • • Bis zu 10 Jahre überlebensfähig. 1 Mio. Oosporen/m2 10.000 bis 20.000 keimfähige Oosporen/m2 1% keimen = 500.000 Schwärmer/m2 Keimung der Oospore Wasser innerhalb von 12 Stunden 30 - 60 Minuten Ausstoß der Zoosporen • > 10 °C • > 90 % LF • 10-15 Stunden Oospore am Boden Primärinfektion • Vorhandene Blätter mit Spaltöffnungen (ab Dreiblatt-Stadium) oder Gescheine. • Niederschläge durch deren Regentropfen die Sporen auf die Blätter, Gescheine oder Trauben gespritzt werden. • Blattnassdauer von mindestens 5 Stunden. • Durchschnittstemperatur während der Blattnassdauer von > 10°C. Primärinfektion (Bodeninfektion) Betrachtungszeitraum 26 Jahre April Mai Juni 27 28 29 30 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 1 1 1 2 1 1 1 1 2 3 2 2 1 1 3 2 1 2 1 1 1 4 1 Was ist 2012 passiert? • Eine außergewöhnlich starke Primärinfektion vom 30. April + 1. Mai führte vor allem im Süden des Südtrioler Unterlandes zu massivem Blatt- und Gescheinsbefall. • Obwohl es in den 2 Tagen mit insgesamt 8 bis 10 mm nur wenig geregnet hatte, kam es zu einer „Massenkeimung“ der Wintersporen (=Oosporen). Verlauf der Primärinfektion 35 2012 Wetterstation Salurn mm °C 30 °C bzw. mm 25 Primärinfektion 20 15 10 5 0 123 mm (57 mm) Situation am 30. April und 1. Mai 2012 Salurn 2012 REGEN TEMP 120 LH R.F. 30 °C 36 h Blattnässe 25 100 20 80 15 60 10 40 5 29.4. 30.4. 1.5. 0 2.5. 20 0 0 .0 23 0 .0 19 0 .0 15 0 .0 11 0 .0 07 0 .0 03 0 .0 23 0 .0 19 0 .0 15 0 .0 11 0 .0 07 0 .0 03 0 .0 23 0 .0 19 0 .0 15 0 .0 11 0 .0 07 0 .0 03 0 .0 23 0 .0 19 0 .0 15 0 .0 11 00 7. Salurn-Testdatei-2012 Uhrzeit % Befallshäufigkeit bei Gescheinen durch Primärinfektion vom 1. Mai 2012 bis 10% bis 30% feuchte Tallagen bis 45% bis 15% 11 Wie war der Befall in behandelten Anlagen? • Nur Anlagen, welche am 30. April oder am 1. Mai morgens behandelt wurden, blieben bis auf einzelne Ölflecken befallsfrei. 12 Gescheinsbefall in Abhängigkeit vom Behandlungstermin in den kritischen Zonen (Primärinfektion 1. Mai 2012) 70 60 BH% Max BH% Min Primärinfektion %BH 50 40 44 30 20 30 10 0 4 22 4 2 1 Datum der Behandlung 1 0 15 Gescheins- und Blattbefall in Abhängigkeit vom Erziehungssystem (Beispiel Chardonnay; Primärinfektion 1. Mai 2012) 160 140 5 Min. Doppel-Pergel Spalier 138 120 100 84 80 60 40 20 % BH 20,5 24,7 0 befallene Gescheine Ölflecken Risikoanalyse für Primärinfektion Überetsch 9.5.2016 Schlussfolgerungen aus 2012 • 2012 trat in Südtirol die bisher mit Abstand stärkste Primärinfektion auf. • Auch mit wenig Blattmasse und geringen Niederschlagsmengen sind sehr starke Primärinfektionen möglich. • Vermutlich war die lange Blattnassdauer in Kombination mit einem sehr hohen Sporenangebot für den starken Befall ausschlaggebend. • Simulationsmodelle bieten bei der Einschätzung des Infektionspotentials von Primärinfektionen kaum eine Hilfe. Schlussfolgerungen aus 2012 • Das Mikroklima der einzelnen Lagen spielt eine entscheidende Rolle. • Es gibt grundsätzlich bestimmte Lagen mit erhöhtem Risiko (Risikozonen). • Bei der Einschätzung der Stärke einer möglichen Primärinfektion werden in Zukunft die Verteilung und Menge der Niederschläge im April stärker mitberücksichtigt. Abwehrstrategie Primärinfektion Wettervorhersage vorbeugend Primärinfektion vorbeugend Witterungsverlauf Inkubationszeit Behandlung vor der Primärinfektion nur in Risikozonen: - wenn 3 Blätter entfaltet sind - bei milder Witterung - wo lange Blattnassperioden zu erwarten sind Abwehrstrategie Vegetationsstadium Kellereiprogramm Rebschutzwarndienst • 1991 - 1995 Warndienst zur gezielten, kurativen Bekämpfung mit Cymoxanil (Curzate®-Mittel) • Seit Mitte der 90er Jahre wird eine vorbeugende Bekämpfungsstrategie empfohlen • „Kurative Behandlungen“ nur in Ausnahmefällen. 21 Rebschutzwarndienst heute gibt eine Einschätzung der aktuellen Situation unter Berücksichtigung: Witterungsverlauf Entwicklungsstadium & Lage einsetzbaren Wirkstoffe Wettervorhersage Abwehrstrategie Sekundärinfektion kurativ auf nassem Blatt vorbeugend Sekundärinfektion Inkubationszeit • Klassisches Kontaktmittel auf nasses Blatt. Die Stopp-Wirkung an den Blättern ist besser als an den Gescheinen/Trauben • Tiefenwirksame Mittel in Kombination mit Phosphonaten können Blattbefall bis zu 36 Stunden nach der Infektion vermindern. Die Stoppwirkung bei Gescheinen und Trauben ist schwach. Abwehrstrategie Sekundärinfektion Klass. Kontaktmittel: Kupfer (50 g Rk/hl) Mancozeb oder Metiram (200 g/hl) Folpet (150 g/hl) Einteilung der Wirkstoffe nach ihrem Eindringvermögen Gruppen Wirkstoffe Kupfer, Dithiocarbamate klassisch Eindringvermögen Verteilung keine Aufnahme, nur nein Oberfläche Folpet, Dithianon Kontakt- oder Belagsfungizide modern Tiefenwirksame Fungizide Zoxamid, Ametoctradin, Cyazofamid, Amisulbrom, Fluopicolid in Wachsschicht nein Persistenz Wirkungsart mittel, 30 bis 50 mm mittel, v.a. protektiv auf Trauben besser, 50 mm hoch protektiv Fosetyl-alum., sehr hoch Phosphonate (K, Na) vollsystemisch sehr hoch protektiv, kurativ Metalaxyl-M sehr hoch teilsystemisch (akropetal bis hoch Blüte) protektiv, kurativ Dimethomorph mittel lokalsystemisch hoch protektiv, kurativ Vorbeugende Dauerwirkung der Peronosporamittel in Tagen auf Blättern Mittel Phosphonat + Kontaktmittel Mancozeb, Polyram, Folpet, Enervin Top, Prevint Top, Enervin SC + klass. Kontaktm., Zoxium + klass. Kontaktm. Kupfer Phosphonat + Kontaktmittel Mancozeb, Polyram, Folpet, Enervin Top, Prevint Top, Enervin SC + klass. Kontaktm., Zoxium + klass. Kontaktm. Kupfer Wöchentlicher Zuwachs in Anzahl Blätter Befallsdruck 0 bis 2 10 2,1 bis 3,0 > 3,0 9 8 7 6 5 6 8 5 7 4 6 5 4 3 4 3 2 gering bis mittel hoch Hansjörg HAFNER [email protected] +39 335 72 53 413 Südtiroler Beratungsring für Obst- und Weinbau Andreas-Hofer-Straße 9/1 I – 39011 Lana (BZ) Tel. 0473 553 455 Fax 0473 553 420 [email protected]