Einführung in komplexe Traumafolgestörungen und traumapädagogische Konzepte Marc Schmid, Zürich, 06. Oktober 2015 Kinder- und Jugendpsychiatrische Klinik Beitrag der Psychotraumatologie Einleitung »Wir behandeln unsere Klienten nicht, um sie von etwas zu heilen, das ihnen in der Vergangenheit angetan worden ist; vielmehr versuchen wir, sie von dem zu heilen, was sie immer noch sich selbst und anderen antun, um mit dem, was ihnen in der Vergangenheit angetan wurde, fertig zu werden.« Philip M. Bromberg (1998), US-Psychologe und Psychoanalytiker 1. Was ist ein Trauma 2. Komplexe Traumafolgestörungen 3. Warum eine Traumapädagogik 4. Einführung im die Traumapädagogik 5. Fazit http://www.rensch-haus.com/images/gesundheit_oekologie.jpg Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 2 Was ist ein Trauma? Traumatisches Lebensereignis Extreme physiologische Erregung Flucht Freeze Fight Traumasymptome Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 3 Bei einer Traumatisierung laufen parallel zwei unterschiedliche physiologische Prozesse ab Übererregungs-Kontinuum Dissoziatives-Kontinuum Fight oder Flight › Alarmzustand Wachsamkeit › Angst / Schrecken › Adrenalin-System wird aktiviert: Erregung › Serotonerges System verändert sich: Impulsivität, Affektivität, Aggressivität Freeze – ohnmächtige / passive Reaktion › Gefühlslosigkeit / Nachgiebigkeit › Dissoziation › Opioid-System wird aktiviert: Euphorie, Betäubung › Veränderung der Sinnes-, Körperwahrnehmung (Ort, Zeit etc.) Physiologisch › Blutdruck (Pulsrate ) › Atmung › Muskeltonus › Schmerzwahrnehmung Physiologisch › Pulsrate Blutdruck › Atmung › Muskeltonus › Schmerzwahrnehmung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 4 Traumaprozess und Selbststeuerung Neokortex, Frontalhirn, präfrontaler Kortex “Chefzentrale” Mittelhirn: Amygdala “Empfangsbereich” Unteres Gehirn, Reptiliengehirn Überlebenscamp Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 5 Welche Erfahrungen mit Regeln bestehen? Was passiert bei einer Regelübertretung? Grosshirn: bewusste intellektuelle Verarbeitung und Einordnung in biographischen Kontext Blockiert Reiz Pädagogische Intervention Reiz / Verhalten wird als potentiell gefährlich betrachtet Reptiliengehirn: Automatismen: Kampf, Flucht, Erstarrung (Freeze) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 6 Biologische Faktoren Genetik, prä- und perinatale Risikofaktoren Soziale Wahrnehmung weniger soziale Kompetenzen PTSD: Hyperarousal, Intrusionen, Vermeidung Störungen der Empathiefähigkeit Mentalisierung Bindungsstörung Störungen der Interaktion Störung der Impulskontrolle Selbstregulation Stresstoleranz Invalidierende, vernachlässigende Umgebung Typ-II-Traumata Selbstwert, Gefühl d. Selbstunwirksamkeit kognitive Schemata Dissoziationsneigung/ Sinneswahrnehmung Schmid (2008) Störung der Emotionsregulation Störungen des Körperselbst Körperwahrnehmung Somatisierung Störung der exekutiven, kognitiven Funktionen | 7 PTSD – Selbstwert - Selbstunwirksamkeit › Intrusionen/Wiedererinnerungen › Alpträume › Höheres Erregungsniveau › Vermeidungsverhalten › Schlafstörungen › Absolute Selbstunwirksamkeitserwartung › Negative Selbstbild › Mangelnde Selbstfürsorge › Unterdrückung eigener Bedürfnisse Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 8 Biologische Faktoren Genetik, prä- und perinatale Risikofaktoren Soziale Wahrnehmung weniger soziale Kompetenzen PTSD: Hyperarousal, Intrusionen, Vermeidung Störungen der Empathiefähigkeit Mentalisierung Bindungsstörung Störungen der Interaktion Störung der Impulskontrolle Selbstregulation Stresstoleranz Invalidierende, vernachlässigende Umgebung Typ-II-Traumata Selbstwert, Gefühl d. Selbstunwirksamkeit kognitive Schemata Dissoziationsneigung/ Sinneswahrnehmung Schmid (2008) Störung der Emotionsregulation Störungen des Körperselbst Körperwahrnehmung Somatisierung Störung der exekutiven, kognitiven Funktionen | 9 Krise: Spannungsreduktion „Emotionsphobie“ Selbstverletzung Parasuizid Weglaufen Aggression Dissoziation Konsum Stimulus Emotion negiert Reaktion inadäquat Spannungsanstieg Das Dilemma ist, dass diese Patienten entweder zu viel oder zu wenig von ihren Gefühlen wahrnehmen! (van der Hart) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 10 Biologische/genetische Disposition zu heftigen Gefühlen Negative Lerngeschichte mit Emotionen Schwierigkeiten im Umgang mit und bei der Wahrnehmung von Emotionen, „Angst“ vor Gefühlen Bei niederem Erregungsniveau viele Verhaltensalternativen Gefühle werden bedrohlich, unangenehm erlebt und/oder nicht wahrgenommen oder unterdrückt In-Albon & Schmid (2012, 2013) Emotion wird als Überforderung erlebt: Gefühl der Leere, Taubheit Selbstverletzung, Aggression, Substanzkonsum, Suizidversuch Fazit: Normale emotionale Reaktionen im Alltag sollten bemerkt und für eine gute Beziehungsgestaltung nutzbar gemacht werden! Verhaltensmöglichkeiten sind scheinbar blockiert Bei höchstem Erregungsniveau Anspannungsniveau wird werden automatisierte unerträglich Lösungsmechanismen eingesetzt Die Signale, die Gefühle für die Verhaltenssteuerung geben, werden nicht bemerkt und Verhalten wird nicht danach ausgerichtet Situation bleibt ungeklärt Gefühle werden stärker unangenehm belastende Anspannungsgefühle Je höher Erregungsniveau desto treten auf weniger Verhaltensalternativen andere Personen reagieren dann oft ebenfalls emotionaler Emotionsregulation „Jeder kann wütend werden, das ist einfach. Aber wütend auf den Richtigen zu sein, im richtigen Mass, zur richtigen Zeit, zum richtigen Zweck und auf die richtige Art, das ist schwer.“ Aristoteles Von: http://www.oel-bild.de/bilder/13604M.jpg Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 12 Biologische Faktoren Genetik, prä- und perinatale Risikofaktoren Soziale Wahrnehmung weniger soziale Kompetenzen PTSD: Hyperarousal, Intrusionen, Vermeidung Störungen der Empathiefähigkeit Mentalisierung Bindungsstörung Störungen der Interaktion Störung der Impulskontrolle Selbstregulation Stresstoleranz Invalidierende, vernachlässigende Umgebung Typ-II-Traumata Selbstwert, Gefühl d. Selbstunwirksamkeit kognitive Schemata Dissoziationsneigung/ Sinneswahrnehmung Schmid (2008) Störung der Emotionsregulation Störungen des Körperselbst Körperwahrnehmung Somatisierung Störung der exekutiven, kognitiven Funktionen | 13 Pollak et al. 2003, …… Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 14 Pollak et al. 2003, …… Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 15 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 16 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 17 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 18 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 19 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 20 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 21 Halt! Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 22 Ärger / Wut Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 23 Bindungsentwicklung Entstehung einer positiven Gegenseitigkeit Gegenseitigkeit Erleichterung der Selbstregulation Kompensatorische Unterstützung Bestärkung intuitiver Kompetenzen Papoušek (2001) »Organisiere meine Gefühle« Wie Kinder lernen, mit ihren Emotionen umzugehen » Anfangs werden die Gefühle von der primären Bezugsperson organisiert. » Dann werden die Gefühle mit Hilfe der Bezugsperson organisiert. » Und schliesslich kann das Kind seine Gefühle selbst organisieren. (Cooper, Hoffman & Powell, 2001) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 25 Bedeutung von Bindung Bindung als Schutzfaktor Schutz vor Traumatisierung Besserer Zugang zum Helfersystem- höhere Erfolgsaussichten für Pädagogik und Psychotherapie Bessere Unterstützung nach Traumatisierung Bindung Gute Bindung der Kinder an Pädagogen nährt das Helfersystem Bessere Peerbeziehungen und Integration auf eine Wohngruppe Fördert Resilienzfaktoren Mentalisierungsfähigkeit Soziale Fertigkeiten Emotionsregulation Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 26 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 27 Zyklus maladaptives Sozial-/Bindungsverhalten Inneres Modell früher Bezugspersonen Binder & Strupp (1991) Erwartungen an Andere Eigenes Verhalten Selbstbild / Introjekt Verhalten der Anderen | 28 Teufelskreis im Team: Narzissmusfalle Lohmer (2002) Mitarbeiter zieht sich zurück oder reagiert über. Auftreten der Symptomatik, Entwertung des Mitarbeiters Mitarbeiter fühlt sich unwohl, überfordert, emotional stark involviert. Jugendliche/r «testet» Beziehung aus. Reinszenierung von Abbrüchen, Beziehungserfahrungen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 «Narzissmusfalle» Jugendlicher macht «besonderes» Beziehungsangebot Jugendlicher fordert Beziehung immer stärker und intensiver ein. Hält diese intensive Beziehungen kaum aus. | 29 Mittlerer Abstand in der Beziehungsgestaltung „Der Verstand kann uns sagen, was wir unterlassen sollen. Aber das Herz kann uns sagen, was wir tun müssen.“ Joseph Joubert Emotionales Engagement Reflektierende/ professionelle Distanz Dammann (2006), Schmid (2007) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 30 Traumapädagogische Beziehungsgestaltung Schwierige Balancen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 31 Biologische Faktoren Genetik, prä- und perinatale Risikofaktoren Soziale Wahrnehmung weniger soziale Kompetenzen PTSD: Hyperarousal, Intrusionen, Vermeidung Störungen der Empathiefähigkeit Mentalisierung Bindungsstörung Störungen der Interaktion Störung der Impulskontrolle Selbstregulation Stresstoleranz Invalidierende, vernachlässigende Umgebung Typ-II-Traumata Selbstwert, Gefühl d. Selbstunwirksamkeit kognitive Schemata Dissoziationsneigung/ Sinneswahrnehmung Schmid (2008) Störung der Emotionsregulation Störungen des Körperselbst Körperwahrnehmung Somatisierung Störung der exekutiven, kognitiven Funktionen | 32 Dissoziative Prozesse http://www.silberpapier.de/images/dis.gif https://www.sozialversicherung.at/mediaDB/MMDB64312_40879.JPG Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 33 Was ist Dissoziation? Verlust der Raum und Zeitgefühls, Orientierung Intrusionen, Bilder, Keine Erinnerung Fragmentierte Informationsverarbeitung „Null-Reaktion“ auf Umwelt Reize dringen nicht durch Bewegungslosigkeit/ keine Gestik Keine Energie spürbar Unklare Gegenübertragung Kein Depersonalisationserleben Grounding Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 1000 Yards Starren, Kein Blickkontakt leerer Blick Lernen ist in dissoziiertem Zustand nicht möglich Keine Mimik, starrer oft ausdrucksloser Gesichtsausdruckausdruck Schmerzwahrnehmung Ist deutlich reduziert. Verlust des Körpergefühls Innere Leere, Emotionale Taubheit Lediglich automatisierte Handlungsmuster kein geplantes Verhalten | 34 Dissoziation und Trauma › 10% der Traumatisierten entwickeln sofort eine chronische Dissoziationsneigung (Overkamp 2002). › 50% bei sequentieller Traumatisierung (Murie et al. 2001). › Dissoziierende Erwachsene sprechen von stärkeren/häufigeren Kindheitstraumata (Nash et al. 2009) › Extreme, emotional negativ aufgeladene Familienatmosphäre scheint das Ausmass der Dissoziationsneigung wesentlich zu beeinflussen (Sanders & Giolas 1991, DiTomasso & Routh 1993). Cartoon Renate Alf: http://www.zimannheim.de/psm_links.html › Zusammenhang wird auch von anderen Faktoren moderiert (Merckelbach & Muris 2001). Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 35 Pädagogische Probleme durch Dissoziation › Starke Leistungsschwankungen – nicht lernen können. › Räumliche, zeitliche Desorientierung - Konfabulieren vs. Lügen. › Schnelle Wechsel fallen schwer - Desorientierung. › Können soziale Rolle unter Druck nicht ausfüllen Retraumatisierungen - können Gruppendynamiken nicht unterbinden. › Dissoziation führt fast zwangsläufig zu Nichtpartizipation bei wichtigen Gesprächen (Familien-, Hilfeplan). › Wut wird in der Gegenübertragung nicht „gespürt“ – überraschende Aggression - Heftigkeit und Körperkraft sind kaum vorherzusehen. › Teufelskreis von stärkerer Intervention und Dissoziation. › ………… Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 36 Eskalation oder Aufgabe Pädagogische Fachkraft interveniert Pädagogische Fachkraft fühlt sich selbstunwirksam Kind dissoziiert zeigt keine Reaktion Teufelskreis der dissoziativen „Nichtreaktion“ Kind dissoziiert noch mehr und zeigt „null“ Reaktion Pädagoge ärgert sich richtig, interveniert intensiver Pädagogische Fachkraft „ärgert“ sich, interveniert erneut Kind dissoziiert stärker, zeigt weiterhin keine Reaktion Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 37 Biologische Faktoren Genetik, prä- und perinatale Risikofaktoren Soziale Wahrnehmung weniger soziale Kompetenzen PTSD: Hyperarousal, Intrusionen, Vermeidung Störungen der Empathiefähigkeit Mentalisierung Bindungsstörung Störungen der Interaktion Störung der Impulskontrolle Selbstregulation Stresstoleranz Invalidierende, vernachlässigende Umgebung Typ-II-Traumata Selbstwert, Gefühl d. Selbstunwirksamkeit kognitive Schemata Dissoziationsneigung/ Sinneswahrnehmung Schmid (2008) Störung der Emotionsregulation Störungen des Körperselbst Körperwahrnehmung Somatisierung Störung der exekutiven, kognitiven Funktionen | 38 Körperwahrnehmung und Trauma › Traumatische Erfahrungen werden über körperliche MikroPraktiken im Körper gespeichert. › Im Trauma „eingefrorene Energie“ verbleibt im Körper. › Körperwahrnehmung als Auslöser für posttraumatisches Erleben. › Schlechtere Körperwahrnehmung und Koordination. › Eigenes Körperbild, weniger Körperpflege › Kaum Gefühl für Körpergrenzen › Auffälliges Sexualverhalten (völlige Vermeidung, Promiskuität, Schmerzen, Gefühle von Ekel) › Trauma als Risikofaktor für viele somatische Erkrankungen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 39 Körperliche Beschwerden bei traumatisierten und nicht traumatisierten weiblichen Kriegsveteraninnen 40 N = 1935 35 30 25 20 15 Keine PTSD 10 PTSD 5 0 Fi i lg a y m o br e Re m ar d iz S) B (I Un ib le r te m ch s s n ze r e a m h t As Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 Dobie et al. 2004 | 40 Biologische Faktoren Genetik, prä- und perinatale Risikofaktoren Soziale Wahrnehmung weniger soziale Kompetenzen PTSD: Hyperarousal, Intrusionen, Vermeidung Störungen der Empathiefähigkeit Mentalisierung Bindungsstörung Störungen der Interaktion Störung der Impulskontrolle Selbstregulation Stresstoleranz Invalidierende, vernachlässigende Umgebung Typ-II-Traumata Selbstwert, Gefühl d. Selbstunwirksamkeit kognitive Schemata Dissoziationsneigung/ Sinneswahrnehmung Schmid (2008). Störung der Emotionsregulation Störungen des Körperselbst Körperwahrnehmung Somatisierung Störung der exekutiven, kognitiven Funktionen | 41 Arbeitsverhalten – kognitive Funktionen › Schwäche in den exekutiven Funktionen sehr ähnlich zum ADHS (Differentialdiagnose ist nicht einfach). › Konzentrationsprobleme › Schwierigkeiten, komplexe Dinge zu gliedern › Probleme, planvoll an Aufgaben heranzugehen › Schwächen im Arbeitsgedächtnis › Impulsivität › Die Folgen von schwerer überdauernder Vernachlässigung sind teilweise irreversibel, da weniger Synapsen gebildet werden – geringerer IQ (gute Untersuchungen an rumänischen Waisenkindern). › Wer im „Hier und Jetzt“ mit dem Überleben beschäftigt ist, tut sich schwer, etwas für die Zukunft zu planen. › Zum Lernen braucht man einen sicheren Ort! Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 42 Einführung in die Traumapädagogik „Man ist dort zu Hause, wo man verstanden wird.“ Indianisches Sprichwort Warum eine Traumapädagogik › Ebene der Klienten › Ebene der Mitarbeiter › Ebene der Begründung altbekannter pädagogischer Konzepte › Kooperation JH und KJPP Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 43 Traumata ›80% berichten traumatische Erlebnisse im ETI › 49% geben 3 oder mehr traumatische Erlebnisse an 80% Kein traumatisches Erlebnis Mindestens ein traumatisches Erlebnis 20% N=420 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 44 Wo liegen die Grenzen Wieso gibt es so viele Abbrüche? Ein Fünftel der stationären Jugendhilfemaßnahme enden im Abbruch! Oft Bereits im ersten Jahr! (Bundesamt für Statistik 2010, Schmid et al. 2014) 5% der der fremdplatzierten Jugendlichen durchläuft mehr als 4 Stationen! Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 45 Was leisten sozialpädagogische Fachkräfte? Studie zu Grenzverletzungen – Stichprobenbeschreibung › 319 Personen › 39% männlich › 61% weiblich › Alter: 23 bis 65 Jahre (MW: 38.6, SD 10.0) › 77% in fester Partnerschaft, 23% alleinstehend › 36% mit eigenen Kindern http://www.usatipps.de/bundesstaaten/suedstaaten/florida/themenparks/ | 46 Was leisten sozialpädagogische Fachkräfte? Häufigkeit von grenzverletzendem Verhalten gegenüber den BetreuerInnen 79% Beschimpfungen, Beleidigungen Verbale Bedrohung 53% 24% Tätlicher Angriff Gezieltes Fertigmachen Sachbeschädigung Bedrohung mit Waffe Anspucken Verbale Bedrohung einer nahestehenden Person Entblössung von Kind/Jugendl. vor Person Andere sexuelle Angebote Sexuelle Belästigung Bedrohung eines Nahestehenden mit Waffe 0% 15% 10% 9% 9% 6% 6% 3% 2% 2% 20% 40% Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 60% 80% 100% | 47 Was leisten sozialpädagogische Fachkräfte? Anzahl Grenzverletzungen pro Person Anzahl pro Person 25% 21,9% 20% 16,2% 14,8% 15% 10% 22% mind. 5 unterschiedliche Erlebnisse 16,2% 9,1% 6,4% 6,1% 5% 3,4% 2,4% 2,4% 1,0% 0,3% 0% 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 91% mind. 1 Erlebnis Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 48 Martin Kühn, 2009 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 49 Eigentlich ein altbekanntes physikalisches Prinzip Reihenschaltung RGes = R1 + R2 Bei einer Reihenschaltung von Widerständen / psychosozialen Hilfen wird der Widerstand größer Parallelschaltung RGes = 1/R1 + 1/R2 Bei einer Parallelschaltung von Widerständen / psychosozialen Hilfen wird der Widerstand kleiner als die einzelnen Widerstände (vgl. RosenRunge, 2009) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 50 Traumapädagogik: Korrigierende Beziehungserfahrung Traumapädagogische Haltung Traumatisierendes Umfeld Traumapädagogisches Milieu › Unberechenbarkeit › Transparenz/Berechenbarkeit › Einsamkeit › Beziehungsangebote/Anwaltschaft › Nicht gesehen/gehört werden › Beachtet werden/wichtig sein › Geringschätzung › Wertschätzung (Besonderheit) › Kritik und Entmutigung › Lob und Ermutigung › Bedürfnisse missachtet › Bedürfnisorientierung › Ausgeliefert sein – andere › Mitbestimmen können – bestimmen absolut über mich Partizipation › Leid › Freude Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 51 Grundidee zur Analyse von Problemverhalten Vom Du zum Wir – Überspitzt das klassische Modell Erziehungsmassnahmen zur Veränderung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 52 Grundidee zur Analyse von Problemverhalten Vom Du zum Wir – Überspitzt das klassische Modell Kind muss sich verändern Erziehungsmassnahmen zur Veränderung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 53 Grundidee zur Analyse von Problemverhalten Vom Du zum Wir Interaktion pädagogische Begegnung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 54 Grundidee zur Analyse von Problemverhalten Vom Du zum Wir Die Beziehungsfähigkeit des Kindes soll sich verbessern? Wie können wir gemeinsam unsere Ziele erreichen und die Entwicklungsaufgaben des Kindes erfüllen? Interaktion pädagogische Begegnung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 55 Neue Beziehungserfahrungen führen zu Veränderung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 56 Verstärkung von Anspannung in Interaktionen Anspannung Kind Anspannung Bezugsperson Anspannung steckt an und schränkt Handlungsmöglichkeiten ein! Die Haifischmusik wird lauter in der Interaktion in der Beziehung. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 59 Mitarbeiter als Teil des pädagogischen Konzeptes › Traumatisierte Kinder lösen bei professionellen Helfern intensivste Gefühle aus – Phänomen der sekundären Traumatisierung. › Letztlich ist für die Frage, ob ein Kind nach einer Eskalation auf einer Wohngruppe verbleiben und gehalten werden kann, nicht das Problemverhalten sondern die Tragfähigkeit des Teams ist entscheidend. › Nur „stabile, sichere Mitarbeiter“ können in Krisensituationen stabilisieren und deeskalieren. › Mitarbeiter benötigen in Krisensituationen ähnliche innerpsychische Fertigkeiten (natürlich auf viel höherem Niveau), wie die Kinder (Emotionsregulation, Selbstwirksamkeit, Resilienzfaktoren). › Sowohl die Heranwachsenden als auch die Mitarbeiter brauchen letztlich einen sicheren Ort, an dem sie sich selbstwirksam erleben. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 62 Die Trias des „sicheren Ortes“ Sichere Kinder, sichere Mitarbeiter, sichere Strukturen Mitarbeiter Kinder und Jugendliche Struktur Sicherer Ort Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 63 Haltung Sicherer Ort Sicherer Ort = Äussere Sicherheit Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 + Innere Sicherheit | 64 Institution Fallreflektion Leitung „Versorger„ „Fachdienst“ Fallreflektion „Gruppenpädagogen“ Kind Externe Hilfen: Kinder- und jugendpsychiatrische Liaison, Supervision Haltungselemente Ebene des Kindes Ebene der Mitarbeiter Unbedingte Wertschätzung Wertschätzung der Überlebensleistung und der Wertschätzung der Arbeitsleistung und Besonderheit des Kindes. Persönlichkeit. Hinter jedem Problemverhalten und Widerstand Hinter Fehlverhalten oder Widerstand eines des Kindes steckt ein "guter Grund". Die Mitarbeiters steckt "ein guter Grund". Die zugrundeliegenden Bedürfnisse müssen beachtet zugrundeliegenden Bedürfnisse müssen und "versorgt" werden, um ein Gefühl von beachtet und "versorgt" werden. "Guter Grund" Sicherheit wieder zu erlangen. Individualisierung Jedes Kind benötigt eine andere Förderung und es Es kann unterschiedliche Erwartungen an darf nicht über- und unterfordert werden. Auf die Mitarbeiter geben. Jeder Mitarbeiter braucht Bedürfnisse der Kinder wird individuell eine andere Form der Unterstützung. eingegangen. Achtsamkeit Partizipation Achtsamkeit auf Spannungszustände, Anzeichen Achtsamkeit auf Symptome von Burn-Out, von Über- und Unterforderung. Unzufriedenheit, Über- und Unterforderung. Wichtige Entscheidungen und Regelungen werden Wichtige Entscheidungen und Regelungen gemeinsam ausgehandelt. Das Kind darf, wo werden gemeinsam ausgehandelt. Mitarbeiter immer möglich, (mit)entscheiden. können, wo immer möglich, Ziel ist das Erleben von Selbstwirksamkeit. (mit)entscheiden. Ziel ist das Erleben von Selbstwirksamkeit. Transparenz Institutionelle Abläufe und Absprachen und deren Entscheidungen auf Leitungsebene und deren Hintergründe, Sinn und Motivation werden Hintergründe, Sinn und Motivation werden transparent gemacht. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 dem Team gegenüber transparent gemacht. | 66 Traumapädagogische Krisenanalyse „Verstehen kann man das Leben nur rückwärts, leben muss man es aber vorwärts.“ http://de.wikipedia.org/wiki/Datei :Kierkegaard.jpg Sören Kierkegaard Drei Ebenen der Unterstützung: ›Administrative Ebene (eher Fachdienst) › Abläufe › Fachliche Weisungen › Rechtliche Rahmenbedingungen ›Edukative Ebene › Vermittlung von Wissen, Techniken › Fallverstehen - Bedürfnisse › Interaktionsanalyse ›Supportive Ebene › Emotionale Unterstützung/Entlastung › Verständnis Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 67 Traumapädagogische Konzepte Selbstwirksamkeit der Mitarbeiter stärken Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 68 Heilung von Beziehungen durch eine »In-Zeit« (Cassidy, Cooper, Hoffman & Powell, 2001) Ich bin aufgebracht und mein Kind ist aufgebracht. oder Ich bin ruhig (genug) und mein Kind ist aufgebracht. oder Ich bin ruhig (genug) und mein Kind ist ruhig (genug). Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 69 Umgang mit schwierigen Interaktionen „Um weiter zu springen, muss man manchmal einen Schritt zurücktreten.“ Französisches Sprichwort Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 70 Sachliche Verhaltensanalyse Wie ein Film des Geschehens Schwierige Situation: › Kontext/Intention › Auslöser/Trigger › Wahrnehmung/Körpererleben › Interpretation/Kognition › Emotion/negierte Emotion › Verhalten/Alternativen blockiert? › Reaktion mit Trauma assoziiert? › Reaktion der Umwelt: Positive und „Sehen ist anders als erzählt negative Verstärker. bekommen“ › Wie oft erfolgen diese Reaktionen der Afrikanische Sprichwort Umwelt? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 71 Analyse der auslösenden Situation › Was machte den Ort für die einen oder beide Interagierenden u. U. unsicher? › Welche Auslöser sind bei diesem Jugendlichen bereits bekannt? › Welche besondere Charakteristika weist die auslösende Situation auf? › In der eigentlichen Interaktion? › In der Umgebung? › Welche innerpsychischen Trigger wurden aktiviert? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 72 Traumapädagogische Thesen Wider der Alternativlosigkeit › Traumatische Erlebnisse sind Erfahrungen der Ausweglosigkeit und des Ausgeliefertseins, die mit Gefühlen der Ohnmacht und Hoffnungslosigkeit einhergehen. Diese Gefühle der Alternativlosigkeit können sich leicht auch auf das Helfersystem übertragen – deshalb ist es wichtig, stets noch einen Plan „B“ zu haben und sich nie unnötig in seiner Handlungsfreiheit einzuschränken. Biete traumatisierten Klienten immer Wahlmöglichkeiten an, wenn Du etwas Unangenehmes von ihnen verlangst. „Handle stets so, dass sich die Zahl deiner Wahlmöglichkeiten grösser wird“. Heinz von Förster Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 73 Prinzipien der Interaktionsanalyse Beziehungsbedürfnisse › Welche ungestillten Bindungsbedürfnisse gingen der kritischen Situation voraus? › Welche ungestillten Autonomiebedürfnisse gingen der kritischen Situation voraus? › Wie kann das Beziehungsbedürfnis von ____ im Alltag versorgt werden? http://www.aceshowbiz.com/still/00000835/yours_mine_ours01.html Ideen für Beziehungsbedürfnisse: 1.) 2.) 3.) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 74 Die Suche nach dem „guten Grund“ Verstärkerbedingungen und Beziehungserfahrungen › Welchen Nutzen / welchen Sinn kann das Verhalten von _______________ gehabt haben? › 1) › 2) › 3) › 4) › Welchen davon halte ich für am vorrangigsten? _____________________ http://www.google.de/imgres?imgurl=http://www.langenstroeer-elektro.de/p ictures/gutergrund_aus.gif&imgrefurl=http://www.langenstroeer-elektro.de/&usg= __AHTjXWeh77j6MgH1joqilnz7M=&h=60&w=108&sz=4&hl=de&start=60&zoom=0&tbnid=u4zulSvq45qcaM:&tbnh=47 &tbnw=85&ei=hSzZTYfGFoLatAb1raDuAg&prev=/search%3Fq%3DGuter%2Bgrund%26um%3D1%26hl%3Dde%26sa%3 DN%26rlz%3D1T4SKPB_deDE372DE373%26biw%3D1107%26bih%3D784%26tbm% 3Disch0%2C1764&um=1&itbs=1&biw=1107&bih=784&iact=rc&dur=78&sqi=2&page=4&ndsp=20&ved=1t:429,r:2,s:60&tx =59&ty=20 › Wie könnte dieser Sinn/ Nutzen sonst, noch versorgt werden? Idee 1) Idee 2) Idee 3) Idee 4) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 75 Die Suche nachdem gutem Grund Verstehen des «guten Grundes» für jedes Verhalten „Wer ein Warum fürs Leben hat, erträgt fast jedes Wie.“ Friedrich Nietzsche › Welche Hindernisse für die Anwendung von Verhaltensalternativen lassen sich identifizieren? 1.) 2.) 3.) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 76 Ressourcen- und Lösungsorientierung › Ohne Ressourcenorientierung wird es hart. › Fortschritte „feiern“. › Was hat früher geholfen? › Ressourcen des Kindes/MA für Lösungen nutzen? › Überlebensleistung wertschätzen. › Konkretes Bild einer Lösung visualisieren. › Konkrete Lösung erarbeiten. › Kleine schmutzige Lösungen sind auch nicht schlecht! http://www.kaboodle.com/reviews/peanuts-celebratethe-little-things-prints-by-charles-schulz-atallposters.com Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 77 Lerntheoretische Orientierung › Jedes Verhalten wurde gelernt und kann auch wieder „verlernt“ (bzw. alternatives Verhalten) werden? › In traumatisierenden Situationen gelernte Überlebensstrategien werden wegen ihrer hohen Funktionalität und Relevanz besonders schwer wieder „verlernt“? › Was müsste das Kind noch lernen, um künftig in solchen Situationen alternativ handeln zu können? 1) 2) › Wie kann ich ______ in diesem Lernprozess unterstützen? (Konkrete Handlungsansätze mit dem Kind / Jugendlichen) www.nordwestreisemagazin.de/torfundsiedlungsmuseum/Schulbank.jpg& imgrefurl=http://www.nordwestreisemagazin.de/torf-undsiedlungsmuseum/schule 1) 2) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 78 Prinzipien der Interaktionsanalyse Steigerung der Selbstwirksamkeit und Selbstfürsorge › Wie gewappnet fühle ich mich aktuell für die nächste Situation mit XY? › Was brauche ich, um mich in der Situation sicher zu fühlen? Welche unangenehmen Gefühle entstehen gegebenenfalls? › Welche Idee hab ich, wie ich dieses Gefühl versorgen kann/was kann ich tun, damit dieses unangenehme Gefühl weniger wird? 1.) 2.) http://starkeschule.ukrlp.de/image/image_gallery?uuid=6875d aee-15ff-4bdc-826adab927429512&groupId=10161&t=1288955258124 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 79 Klienten und Mitarbeiter brauchen «Sicheren Ort» «Sichere Orte» schaffen und gestalten «Sichere Orte» verteidigen und rekonstruieren „Eines ist sicher, dass nichts sicher ist. Selbst das nicht.“ Joachim Ringelnatz Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 80 Arbeit mit Emotionen: Ausgangsniveau Anspannung Individueller Ausflippbereich t Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 81 Emotionale Verwundbarkeit reduzieren › Berechenbare Abläufe – Dienstpläne – Visualisierungen › Ritualisierte Alltagsabläufe – Ruhephasen im Alltag › Rückzugsräume – beruhigende Umwelt – Farben/Pflanzen › Ausreichend Schlaf und Bewegung › Gesunde Ernährung – Ausreichend trinken (Dehydration verstärkt Dissoziation) › Keine Drogen (THC) › Behandlung von körperlichen Erkrankungen › Soziale Alltagsprobleme ansprechen und abschliessen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 82 Sichere Strukturen Die Räume und Einrichtung › Heile und heilsame Umgebung – alles wird sofort ersetzt. › Räume (Dienstzimmer) zum Wohl- und Geborgenfühlen. › Abschliessbare Einzelzimmer (Knaufe). › Individualisierung bei der Einrichtung, Spiegel in den Zimmern. › Einrichtung und Farben, die beruhigen (Pflanzen, Aquarien, Bilder). › Übersichtlichkeit der Räume und des Geländes (Architektur, Beleuchtung). › Räume, in denen man nicht nur allein oder in der Gruppe sein kann/muss – Raumteiler/ Kuschelecken/Erker. › Räume, Türen und Gänge, in denen man sich aus dem Weg gehen kann. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 83 Sichere Strukturen Die Räume und Einrichtung › Übersichtlich, wer auf der Gruppe ist und auf die Gruppe kommt-keine Fremden in der Wohngruppe. › Sanitärbereich auch zum Wohlfühlen – Sicherheitsstiftend zum Wohlfühlen? › Räume, die die Sinneswahrnehmung unterstützen › Küche und Esszimmer - gemeinsames Kochen sollte Spass machen › Garten schneller Zugang zu -Sport-, Schwimm- und Spielanlagen › Rascher Zugang zur Natur – Möglichkeiten zum tiergestützten Arbeiten › Hochwertige stabile Möbel – die möglichst auch von/mit den Jugendlichen repariert werden können – Accessoires, die leicht und kostengünstig ersetzt werden können. › ………………………….. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 84 Institutioneller Schutz vor Grenzverletzungen Grenzen achten, unterstützt durch die Pädagogik › Diagnostik der persönlichen Grenzen (Körperumrissbilder, etc.) › Gruppenkonzepte, in denen Grenzen und Erwartungen an Andere thematisiert werden können (z.B. Ampelrunde, Übungen). › Selbstbehauptungstraining, Selbstverteidigung etc. › Umgang mit Emotionen von Scham und Schuld… › Funktionierende Beschwerdesysteme › Reflexion, welche Menschen/Beziehungen/ Situationen tun mir gut… Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 85 Diagnostik Konzept der Selbstbemächtigung › Gute sozialpädagogische und kinder- und jugendpsychiatrisch/psychotherapeutische Eingangsdiagnostik. › Transparenter Umgang mit diagnostischen Ergebnissen – Symptome werden ausführlich erklärt und hergeleitet. › Erarbeitung eines Narrativs und einer Coverstory über den guten Grund der Fremdplatzierung. › Psychoedukation über Auswirkungen von Stress und emotionale Invalidierung auf das heutige Erleben von Interaktionen haben. › Transparente Erklärung, warum bestimmte Interventionen und Regeln in Therapie und Pädagogik gesetzt werden. › Konzeptionelle Förderung der Identität und Individualität. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 86 Sichere Strukturen Rituale – berechenbare Strukturen › Absprachen über gemeinsame Rituale im Alltag (gemeinsames Essen, Gruppenabende, Geburtstage, Jahrestage etc.). › Abläufe von Gruppensitzungen etc. › Willkommens- und Abschiedsrituale (für Kinder und Mitarbeiter – eine Wohngruppe besteht aus zwei Gruppen!) › Lebensbuch – Fotoalbum über die Zeit in der Institution › Absprachen über Regeln Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 87 Traumapädagogische Förderung Spezifische Förderung unterentwickelter Fertigkeiten › Traumatisierte Klienten konnten in ihren Herkunftssystemen bestimmte wichtige Fertigkeiten nicht erlernen, diese müssen mit ihnen im Rahmen der Traumapädagogik spezifisch gefördert werden. › Sinnes- und Körperwahrnehmung › Emotionsregulation › Resilienzfaktoren › Selbstwirksamkeit › Stresstoleranz › Bindung und Mentalisierung › Soziale Kompetenz › Resilienz Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 88 Gruppenregeln und Selbstwirksamkeit/ Selbstunwirksamkeit › Mit traumatisierten Kindern eskalieren viele Situationen, bei denen die Einhaltung von Regeln eingefordert wird. › Starre Gruppenregeln überfordern besonders belastete Kinder häufig. › Je rigider die Anwendung von Regeln desto unsicherer sind in der Regel die Fachkräfte. › Regeln werde daher individuell ausgehandelt und begründet (Selbstwirksamkeit; Regeln sichern gute Beziehungen). › Regeln sollen personifiziert und internalisiert werden (familienähnliche Struktur). http://www.phpresource.de/forum/attachments/outorder/2455d1181334360-na-toll-na-toll.jpg › Regeln sind dazu da, Ausnahmen zu begründen! Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 89 Umgang mit Regeln Deeskalation hat immer Vorfahrt › Für welche Regel lohnt sich das Risiko einer pädagogischen Eskalation? Was sind die Folgen? (Lohnt sich eine Eskalation bis 1 Uhr nachts wegen Licht aus um 22 Uhr?) › Suche den richtigen Moment, um eine Regelverletzung zu besprechen. Achte auf eine wertschätzende Haltung und Argumente, warum Dir diese Regel wichtig ist. › Das Einfordern einer Regel macht nur in Situationen Sinn, in denen das Kind diese auch aufnehmen, annehmen und verstehen kann. Echtes Verstehen ist unter Angst und Anspannung nicht möglich. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 90 Deeskalation hat Vorrang Ruhe bewahren „Wenn du im Recht bist, kannst du dir leisten, die Ruhe zu bewahren; Und wenn du im Unrecht bist, kannst du dir nicht leisten, sie zu verlieren.“ Mahatma Gandhi Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 91 Individualisierung Gleiche Ausgangslage für alle? Im Sinne einer gerechten Auslese lautet die Prüfungsaufgabe für alle gleich: „Klettern Sie auf einen Baum!“ Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 92 Sprache in Sozialpädagogik und Psychotherapie Einführung › Sprache ist das wichtigste Werkzeug in der Pädagogik und Psychotherapie. › Meistens sind die psychosozialen Helfer ihren Klienten/Patienten sprachlich und bezüglich ihrer Bildung überlegen und müssen ihre Sprache entsprechend anpassen. › Gerade im Bereich der psychosozialen Arbeit mit Kindern ist es wichtig, eine dem Entwicklungsstand des Kindes entsprechende Sprache zu wählen. › Über Sprache werden in der Therapie viele, dem Selbstwert der Beteiligten unzuträgliche Aussagen (sich selbst, den Anderen) transportiert; diese Sprache sollte im Rahmen des therapeutischen Prozesses verändert werden. › Sprache hat eine inhaltliche Ebene (Sachebene, Selbstkundgabe) und einen Beziehungsaspekt/Beziehungsseite/Appellseite (vgl. Schulz von Thun, 1998). Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 93 Sprache und Beziehung in kritischen Situationen Manchmal kommt es doch sehr auf das richtige Wort an „Der Unterschied zwischen dem richtigen Wort und dem beinahe richtigen Wort ist derselbe Unterschied wie der zwischen einem Blitz und einem Glühwürmchen.“ Mark Twain Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 94 Sprache in psychosozialen Beziehungen Vier-Ohren Prinzip von Schulz von Thun (I) Selbstoffenbarungsohr Was sagt der Sprecher über sich aus? Sachohr Was ist der Sachverhalt? / Beziehungsohr Was hält der andere von mir? Wie redet er mit mir? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 Appellohr Was soll ich tun, denken, fühlen? | 95 Sprache in psychosozialen Beziehungen Vier-Ohren Prinzip von Schulz von Thun (II) Selbstoffenbarungsohr Was sagt der Sprecher über sich aus? Wird im Alltag oft vernachlässigt – Sicherer Ort? Sachohr Was ist der Sachverhalt? Gleiche Definition? / Beziehungsohr Was hält der andere von mir? Wie redet er mit mir? Zwiegespräche / Begründung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 Appellohr Was soll ich tun, denken, fühlen? Wunsch, Erwartung, Befehl? | 96 Sprache in psychosozialen Beziehungen Beispiel Selbstoffenbarungsohr „Ich bin völlig erledigt und koche jetzt auch noch, ich brauche Entlastung.“ „Schatz, der Mülleimer in der Küche ist schon wieder voll.“ Beziehungsohr „Ich wünsche mir mehr Unterstützung von Dir.“ Sachohr Der Mülleimer ist so voll das nichts mehr drin Platz hat. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 Appellohr „Schwing deinen A. in die Küche und trag den Mülleimer runter.“ | 97 Unsere Kommunikation – stets eine Herausforderung Unachtsamkeit führt oft zu Missverständnissen › Wir hören stets mit vier Ohren! › Sprechen aber bewusst oft nur zu einem oder zwei Ohren. › Eine Ansprache an das „Appellohr“ alleine führt oft - eigentlich fast immer - zu Widerstand und Reaktanz. › Es macht Sinn, Wünsche und Erwartungen auch mit Selbstaussagen und Beziehungsaussagen zu untermauern. › Bei Menschen mit belasteten Bindungserfahrungen ist es sehr wichtig, immer auch das Beziehungsohr bewusst zu adressieren „Wir-Sprache“. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 98 Fazit Wer diesen Kindern und Jugendlichen eine professionelle, reflektierte und emotional engagierte Bindungsperson sein möchte, braucht ausreichende persönliche, emotionale, soziale, institutionelle Unterstützung. Die Träger benötigen ausreichende gesellschaftliche Anerkennung, Ausstattung und personelle Ressourcen, um die dafür notwendigen Strukturen verlässlich in ihre Konzepte und Prozesse zu integrieren! Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 99 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Menschen beeinflussen "Ein Beispiel zu geben ist nicht die wichtigste Art, wie man andere Menschen beeinflusst. Es ist die Einzige.“ Albert Schweitzer Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 100 Kontakt, Folien und Literatur Folien unter: www.EQUALS.ch Dr. Marc Schmid Leitender Psychologe Kinder- und Jugendpsychiatrische Klinik Schanzenstrasse 13, CH-4056 Basel +41 61 265 89 74 [email protected], www.upkbs.ch, www.equals.ch, www.ipkj.ch Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 101 Heilung von Beziehungen durch eine »In-Zeit« (Cassidy, Cooper, Hoffman & Powell, 2001) Ich bin aufgebracht und mein Kind ist aufgebracht. Wenn nötig, beginne ich mit einer »Auszeit« (für mich, mein Kind oder für uns beide), indem ich… erkenne, dass ich grösser, stärker, weiser und gütig bin. mich darauf besinne, dass mein Kind mich braucht, ganz gleich, wie ich mich fühle. mir vergegenwärtige, dass eine »Auszeit« als erster Schritt, aber nicht als Bestrafung nützlich sein kann. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 102 Heilung von Beziehungen durch eine »In-Zeit« (Cassidy, Cooper, Hoffman & Powell, 2001) Ich bin ruhig (genug) und mein Kind ist aufgebracht. Ich… • übernehme die Führung, damit mein Kind nicht zu sehr die Kontrolle verliert. • bemühe mich um einen ruhigen Ton (fest, beruhigend, Güte ausstrahlend). • helfe meinem Kind, seine Gefühle in Worte zu fassen (»Das scheint dir ziemlich schwer zu fallen« oder »Bist du wütend/traurig/verängstigt?«). • spreche über meine Gefühle angesichts dessen, was gerade passiert ist (»Als du das getan hast, fühlte ich…«). • bleibe bei meinem Kind, bis es sich genügend beruhigt hat. Wir… • können gemeinsam eine sichere »Heilungsroutine« entwickeln. • wechseln an einen neutralen Ort, unseren »In-Zeit«-Ort, wo wir zusammensitzen und unsere Gefühle sich zu verändern beginnen. • können (einige Minuten lang) etwas anderes tun oder aus dem Fenster schauen oder gemeinsam eine Arbeit |erledigen. | 103 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch 06. Oktober 2015 Heilung von Beziehungen durch eine »In-Zeit« (Cassidy, Cooper, Hoffman & Powell, 2001) Ich bin ruhig (genug) und mein Kind ist ruhig (genug). Ich… • nutze folgende Möglichkeiten, um unsere Heilung zu fördern und zukünftige Heilungen zu erleichtern: • helfe meinem Kind, die Bedürfnisse und Gefühle, mit denen es kämpft, in Worte zu fassen, indem ich ihm zuhöre und mit ihm rede (fasse dich kurz und freundlich!). • helfe meinem Kind, die Verantwortung für seinen Anteil am Geschehen zu übernehmen, und ich fühle mich in der Lage, die Verantwortung für meinen Anteil zu übernehmen (Beschuldigungen sollen generell bleiben!). Wir… • sprechen über neue Möglichkeiten, in Zukunft mit dem Problem umzugehen (selbst bei sehr kleinen Kindern entsteht durch das Reden über neue Möglichkeiten ein Muster und ein Gefühl, auf die man in den folgenden Jahren zurückkommen kann). | 104 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 Einleitung: Was braucht‘s Beziehungen in der Medizin und psychosozialen Berufen „Man kann ohne Liebe Holz hacken, Ziegel formen, Eisen schmieden. Aber man kann nicht ohne Liebe mit Menschen umgehen.“ Leo Tolstoi Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 105 Der Kern psychosozialen Handelns und von Heilung Das Konzept „der Gabe“ Die Gabe ist einerseits das Zwischenmenschliche und Liebevolle, Selbstlose, das unsere Gesellschaft zusammenhält. Andererseits aber auch die Achtung der Autonomie des Patienten, seiner Selbstheilungskräfte und Anerkennung dessen Leids. Maio (2013) Geissen (2013) Hénaff (2009) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 106 Definition der Gabe Was zeichnet eine Gabe aus? › Die Gabe ist eine freiwillige, absichtslose Handlung. › Es wird nicht gegeben, um etwas zu erreichen – sie ist Ausdruck des Wohlwollens und kein Tausch. › Die Gabe ist unverfügbar – ein Geschenk – sie kann nicht eingefordert und bestellt werden. › Sie ist unbestimmt, kein pflichtgemässes Handeln, und kann daher kaum mit einem System von Prozessen und Abläufen erfasst werden – sie entzieht sich jeder Regelanwendung. › Eine Gabe ist immer, das Überfliessende, Grosszügige, das Mehr als erwartet werden kann. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 107 Definition der Gabe Was zeichnet eine Gabe aus? › Eine Gabe ist Ausdruck einer Anerkennung und einer Wertschätzung und stiftet eine Beziehung. › Eine Gabe geschieht mit einem Gefühl der Genugtuung und der Wertschätzung des Menschen und seiner Würde in seinem Leid. › Eine Gabe ist frei von Machtausübung, Selbsterhöhung und Hierarchie, selbst wenn jemand gibt und der andere empfängt, sind alle Beteiligten gleichwürdig. › Die Qualität der menschlichen Gabe spiegelt sich nicht in dem wieder „Was“ sondern „Wie“ und welcher „Art und Weise“ etwas gegeben wird. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 108 Traumapädagogische Matrix (Lang et al., 2009) Ebenen des sicheren Ortes Ansatzpunkte › Verbesserung der Fertigkeiten der Emotionsregulation Kinder Institution Struktur Mitarbeiter › Verbesserung der Sinnes- und Körperwahrnehmung – Reduktion der Dissoziationsneigung › Selbstfürsorge › Aufbau von positivem Selbstbild, Selbstwirksamkeit und sozialen Fertigkeiten (inkl. Verbesserung der Stresstoleranz) › Erarbeitung von dynamischen Resilienzfaktoren Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 109 Definition der Gabe Was zeichnet eine Gabe nach Maio aus? › Geschenkte Zeit › Geschenkte Aufmerksamkeit › Geschenkte Hingabe – emotionales Engagement › Geschenkte Begegnung › Geschenktes Wohlwollen › Geschenkte Ermutigung › Geschenkte Wertschätzung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 110 Die Gabe in unserer Zeit Menschliche Begegnung und ökonomischer Druck › Diskreditierung der Gabe in unserer Zeit: Unökonomisch Unprofessionell Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 | 111 Definition von Gabe Balance zwischen Gabe und professioneller Leistung «Mehr als bloss seinen Job machen» «Sind es nicht gerade die Momente der echten Begegnung und des besonderen emotionalen Engagements, die nachhaltig wirken?» Professionelle Hilfe Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 06. Oktober 2015 Persönliche Gabe | 112