Juristisches Briefing (Zusammenfassung) Dezember 2011 Vorschlag zur GFP-Reform: Briefing 7 Priorisierung der Umweltsäule Vorschlag zur GFP-Reform: Briefing 7: Priorisierung der Umweltsäule ClientEarth Dez. 2011 1. Sachverhalt 1. Nachhaltige Entwicklung besteht aus 3 Säulen – ökologisch, wirtschaftlich und sozial. Die EU hat nach Artikel 3 des Vertrags über die Europäische Union sowie auch nach der aktuellen GFP-Verordnung1 eine rechtliche Verpflichtung, auf nachhaltige Entwicklung hinzuarbeiten. 2. Die Rechtsprinzipien der Integration, nachhaltigen Entwicklung und Vorsorge versetzen die EU und Mitgliedstaaten jedoch in die Lage, und drücken sogar eine Verpflichtung aus, die Umweltsäule gegenüber den wirtschaftlichen und sozialen Säulen zu priorisieren. Dies wird durch die Rechtsprechung bezüglich der Gemeinsamen Agrarpolitik (und in anderen Zusammenhängen) bestätigt. 2 Die GFP fällt im EU-Vertrag unter denselben Titel wie die Agrarpolitik und unterliegt auch denselben Rechtsgrundsätzen. Der neue Vorschlag zur GFPReform3 kann und sollte daher die ökologische Nachhaltigkeit zum obersten und zentralen Thema machen. 3. Zudem sind die sozialen und wirtschaftlichen Säulen von der Umweltsäule abhängig; umgekehrt trifft dies jedoch nicht zu: Ohne den Erhalt der Fischbestände gibt es keinen Fischereisektor (d.h. weder Arbeitsplätze noch soziale Vorteile). Die Kommission erkennt die folgende Grundposition an: „Die ökologische Nachhaltigkeit ist daher eine Grundvoraussetzung für die wirtschaftliche und soziale Zukunft der europäischen Fischerei.“4 4. Es scheint, dass der Umweltpfeiler durch die GFP bereits priorisiert wird, zumindest theoretisch. In Wirklichkeit jedoch bevorzugt die aktuelle GFP die wirtschaftlichen Säule gegenüber der Umweltsäule.5 Während die allgemeinen Ziele des neuen Vorschlags zur GFPReform eine starke Betonung des Umweltschutzes enthalten,6 sind die spezifischen Ziele – als praktische Umsetzung der allgemeinen Ziele – fast ausschließlich sozialer und wirtschaftlicher Natur.7 5. Der Vorschlag zur GFP-Reform unternimmt daher in der Praxis keine Priorisierung der Umweltsäule. 1 Artikel 2(1), Verordnung (EG) Nr. 2371/2002 des Rates über die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der Fischereiressourcen im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik. 2 Rechtssache C-428/07, R (Mark Horvath) gegen das Ministerium für Umwelt, Ernährung und ländliche Angelegenheiten; Rechtssache C-440/05, Kommission gegen Rat; Rechtssache T-392/02, Solvay Pharmaceuticals BV gegen Rat der Europäischen Union; Rechtssache T-158/03, Industrias Quimicas Del Valles gegen Kommission; Rechtssache C-320/03, Kommission gegen Österreich; Rechtssache T-74/10 Artegodan gegen Kommission – behandelt in Absätzen 18-25 und 28-32, ClientEarth GFP Technische Briefings: Briefing 7: Priorisierung der Umweltsäule, August 2011 unter http://www.clientearth.org/reports/legislative-briefing-prioritising-environmental-objective-cfp.pdf 3 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Gemeinsamen Fischereipolitik COM(2011) 425 endg. (der ‚Vorschlag zur GFP-Reform‘) 4 Grünbuch, Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik, COM(2009)163 endg., S. 9. 5 Eurostat, nachhaltige Entwicklung in der Europäischen Union, Monitoringbericht (2009) der EU-Nachhaltigkeitsstrategie, S. 89, siehe unter http://epp.eurostat.ec.europa.eu/cache/ITY_OFFPUB/KS-78-09-865/EN/KS-78-09-865-EN.PDF; siehe auch Abschnitt 2, ClientEarth GFP Technische Briefings: Briefing 7: Priorisierung der Umweltsäule, August 2011 unter http://www.clientearth.org/reports/legislative-briefing-prioritising-environmental-objective-cfp.pdf 6 Artikel 2, Vorschlag zur GFP-Reform. 7 Artikel 3, Vorschlag zur GFP-Reform. www.clientearth.org 2 Vorschlag zur GFP-Reform: Briefing 7: Priorisierung der Umweltsäule ClientEarth Dez. 2011 2. Empfehlungen von ClientEarth 6. Um eine Priorisierung der Umweltsäule in der Praxis sicherzustellen, muss Artikel 3 durch spezifische Umweltziele ergänzt werden, darunter: a. die Erfordernis zur Erreichung eines guten Umweltstatus mit Bezug auf Fischereifragen, gemäß Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie; b. die Einhaltung anderer EU-Umweltgesetzgebung; c.die Einführung einer Fischereipolitik auf der Basis von Fangmengen, nicht Anlandemengen; d. die schrittweise Umsetzung eines ökosystembasierten Ansatzes durch eine stufenweise erhöhte Berücksichtigung des Ökosystems bei der Festsetzung von Fangmöglichkeiten; e. die Schließung bestimmter Bereiche als Schutzgebiete und zur Erhaltung von Fischbeständen; f. die zunehmende Anwendung strategischer und sonstiger Umweltverträglichkeit sowie geeigneter Bewertungsverfahren; Prüfungen zu g. die Anwendung des Vorsorgeprinzips bei der Festsetzung von Fangmöglichkeiten sowie bei der Entwicklung von technischen und Naturschutzmaßnahmen. 7. Eine Alternative wäre die Behandlung aller spezifischen Ziele als allgemeine Ziele möglich, jedoch mit ausdrücklicher Priorisierung von Umweltbelangen. www.clientearth.org 3 ClientEarth ist eine gemeinnützige Umweltrechtsorganisation mit Vertretungen in London, Brüssel und Warschau. Wir sind Rechtsanwälte und Aktivisten an der Schnittstelle von Gesetz, Wissenschaft und Politik. Aufbauend auf der Gesetzgebung entwickeln wir rechtliche Strategien und Instrumente zur Lösung wesentlicher Umweltprobleme. Als im öffentlichen Interesse tätige Rechtsexperten unterstützen wir die Arbeit unserer Partnerorganisationen. Unsere Tätigkeit umfasst die Bereiche Klimawechsel und Energiewende, Meeresschutz, Artenvielfalt und Wälder sowie Umweltgerechtigkeit. ClientEarth wird finanziert durch die großzügige Unterstützung gemeinnütziger Stiftungen und engagierter Einzelpersonen und wird operativ unterstützt durch das Life+ Programm der Europäischen Kommission. Dieses Briefing bildet Teil einer Serie zusammengefasster GFP-Briefings zu den Themenbereichen Regulierung und Regionalisierung, übertragbare Fischereibefugnisse, Legalität obligatorischer übertragbarer Fischereibefugnisse, Beendigung der Überfischung, ökosystembasierte Fischereibewirtschaftung, Transparenz und Compliance, Priorisierung der Umweltsäule, Integration und Abschaffung von Rückwürfen. Detaillierte technische Briefings zu diesen und anderen Themen liegen vor oder sind in Kürze verfügbar. Zu allen diesen Themenbereichen besuchen Sie bitte www.clientearth.org/biodiversity/biodiversitypublications/common-fisheries-policy-reform-proposal-briefings-1569 Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Sandy Luk Senior lawyer, Biodiversity Programme t 020 7749 5977 e [email protected] ClientEarth Geschäftsstellen: Brüssel 4ème Etage 36 Avenue de Tervueren Bruxelles 1040 Belgien London 274 Richmond Road London E8 3QW GB Warschau Aleje Ujazdowskie 39/4 00-540 Warszawa Polen ClientEarth is a company limited by guarantee, registered in England and Wales, company number 02863827, registered charity number 1053988, registered office 2-6 Cannon Street, London EC4M 6YH, with a registered branch in Belgium, N° d’entreprise 0894.251.512, and with a registered foundation in Poland, Fundacja ClientEarth Poland, KRS 0000364218, NIP 701025 4208