Wer macht die US-Außenpolitik

Werbung
Wer macht die US-Außenpolitik?
Politische Eliten und der „Council on Foreign Relations“ - eine Verschwörungstheorie?
Als George Washington im Jahr 1796 als erster Präsident der Vereinigten Staaten
zurücktrat, richtete er eine Abschiedserklärung (Farewell Address)1 an sein Volk. Es
wurde sein politisches Testament und von all seinen Nachfolgern als für die
amerikanische Politik selbstverständlich und verbindlich angesehen. Für die USAußenpolitik hieß das: unter keinen Umständen feste Bündnisse, schon gar nicht mit
europäischen Mächten, keine Kriege, es sei denn Amerika wäre unmittelbar bedroht,
Fernhalten von allen europäischen Konflikten. Über ein Jahrhundert haben die USA
diese Politik weitgehend befolgt. Die Monroe-Doktrin, die die südamerikanischen
Länder im Laufe der Zeit immer weiter in die Interessensphäre der USA einbezog und
die diese in der Folge immer öfter zum Gegenstand US-amerikanischer Interventionen
machte, wurde dazu nicht im Widerspruch gesehen.
Von Hans B. von Sothen
So konnten die außenpolitischen Grundsätze George Washingtons unbedingte Gültigkeit
beanspruchen, bis Präsident Woodrow Wilson sein Land in den Ersten Weltkrieg führte.
Angeblich, um die Welt sicher für die Demokratie zu machen (to make the world safe for
democracy). Tatsächlich stellte es sich später, in den 1930er Jahren vor mehreren
parlamentarischen Untersuchungsausschüssen (vor allem dem Nye-Ausschuß) heraus, daß
Banken (insbesondere das eng mit dem englischen Establishment kollaborierende InvestmentBankhaus J. P. Morgan) und Rüstungskonzerne sich soweit auf Seiten Englands engagiert
hatten, daß ein Sieg der Mittelmächte ihren finanziellen Ruin bedeutet hätte. Sie hatten in
skandalöser Weise Wilson in den Krieg getrieben, der gerade noch seinen
Präsidentschaftswahlkampf unter dem Motto „He kept us out of war“ (Er hat uns aus dem
Krieg herausgehalten) gewonnen hatte.2 Freilich wurde dafür niemand je zur Rechenschaft
gezogen.
Merchants of Death
Diese unglaublichen Vorgänge erregten das amerikanische Volk nach dem Ersten Weltkrieg
tief. Nie wieder, so schwor man sich damals, werde man sich wieder von den „Händlern des
Kriegs“ (Merchants of Death)3 in eine militärische Auseinandersetzung hineinziehen lassen.
Man glaubte, aus der Geschichte gelernt zu haben und im Kongreß sahen sich die
„Isolationisten“, die sich mit einigem Recht in der Tradition George Washingtons fühlten, in
der überwältigenden Mehrheit. Schon 1919 war das internationalistische Engagement so
unpopulär gewesen, daß der Kongreß sich weigerte, dem von Wilson entworfenen
internationalen Friedensinstrument, dem Völkerbund, überhaupt beizutreten.
Damals, noch während der Pariser Friedensverhandlungen, die in die unglückselige Verträgen
von Versailles, Saint Germain und Trianon mündeten, fand sich eine kleine Gruppe
amerikanischer und britischer Verhandlungsteilnehmer zusammen, um der ihrer Meinung
nach drohenden Gefahr des Isolationismus, insbesondere der USA, zu begegnen. Sie
gründeten parallel den amerikanischen „Council on Foreign Relations“ (CFR)4 und
britischerseits das Royal Institute of International Affairs (RIIA)5, nach seinem Londoner Sitz
kurz „Chatham House“ genannt. Insbesondere der CFR sollte im Laufe der Zeit einen
entscheidenden Einfluß auf die gesamte Außenpolitik der Vereinigten Staaten finden. Diese
Tatsache hat oft zu den wildesten Theorien Anlaß gegeben.6
Ihr Selbstverständnis zogen die jungen Gründer des CFR zunächst aus der Tatsache, daß sie
„mehr wußten und mehr lernten als die alten Männer, die den Vertrag tatsächlich
unterzeichneten“.7 Tatsächlich war der CFR zunächst ein loser Debattierklub einiger in New
York ansässiger Bankiers und Geschäftsleute, die sich bereits im Juni 1918 erstmals auf
Einladung des ehemaligen Außenministers Theodore Roosevelts, Elihu Root, getroffen
hatten.8 Parallel und im Einvernehmen dazu gründete sich das Royal Institute of International
Affairs (RIIA), das aus dem 1911 gegründeten Round Table des „Chatham House“
hervorging, der von Lord Milner in der Tradition des großen Imperialisten Cecil Rhodes ins
Leben gerufen wurde, um eine neue, liberale Form des Imperialismus zu propagieren. Der
amerikanische CFR stand anfangs unter starkem Einfluß des anglophilen Bankhauses J. P.
Morgan, damals noch mit Abstand das mächtigste Bankhaus der Welt. Dies führte zunächst
zur Kritik einiger Mitglieder, die einer reinen „association of bankers“ kritisch
gegenüberstanden, zumal die Idee des Völkerbundes und des Internationalismus, das der CFR
besonders vertrat, vom isolationistisch gesonnenen Zeitungsmagnaten William Randolph
Hearst als „in der Hauptsache von internationalen Bankern unterstützt“ ansah.9 So wurden
einige Akademiker, Journalisten, Wall-Street-Rechtsanwälte und Verleger kooptiert und der
CFR in dieser Zusammensetzung offiziell am 29. Juli 1921 gegründet. Dennoch blieb das
Übergewicht der Interessen der Wall Street spürbar. Denn das Haus Morgan, das am Pariser
Konferenztisch prominent vertreten war, gedachte nicht nur den Krieg, sondern auch den
Frieden in seinem Sinne zu organisieren. Der Einfluß dieser Bank auf den Council in seiner
ersten Zeit war nie ein Geheimnis, denn eine Liste der „officers“ und des „board of directors“
des CFR wurde in jeder Ausgabe des CFR-Organs „Foreign Affairs“ abgedruckt10 und diese
war dauernd angefüllt mit Partnern, Associates und Angestellten des Hauses Morgan. Unter
den 20 ersten Direktoren des CFR von 1921/27 finden wir sechs in direkten oder indirekten
Beziehungen zum Bankhaus J. P. Morgan11, drei vom Bankhaus Kuhn, Loeb12 und zur
Stiftung des Stahlmagnaten Carnegie13. Fast die Hälfte der frühen CFR-Direktoren sind also
allein zwei Wall-Street-Bankhäusern zuzuordnen, wobei das Haus Rockefeller sich in der
ersten Zeit nur durch einfache Mitglieder vertreten ließ, wie etwa Harold Pratt, den Direktor
von Standard Oil of New Jersey, dessen Frau dem CFR später sein herrschaftliches New
Yorker Haus an der Park Avenue als Hauptquartier vermachen sollte.14 Dies entsprach der
Politik des Hauses Rockefeller, das in den 1920er und 1930er Jahren in der Öffentlichkeit
ausgesprochen zurückhaltend auftrat, und umgekehrt auch der Tatsache, daß eine offizielle
Verbindung zur Rockefeller-Firma bisweilen sogar als karriereschädigend angesehen wurde,
was sogar den ersten Direktor der Rockefeller-Foundation, Mackenzie King, dazu bewog,
seinen Posten nur zögerlich anzunehmen.15 Das Massaker von Ludlow, wo die Polizei einen
Streik in einer Rockefeller-Firma kurzerhand zusammenschießen ließ und viele Tote zu
beklagen waren, war vielen Amerikanern noch in zu frischer Erinnerung. Personelle
Verbindungen des director’s board des CFR zu Rockefeller waren aus den genannten
Gründen damals noch nicht ersichtlich, wiewohl die Rockefeller-Stiftung bereits als Förderin
auftrat.
Die Politik aller CFR-Mitglieder, so unterschiedlich sie sonst sein mochten, traf sich bereits
unmittelbar nach Ende des Ersten Weltkriegs in der Überzeugung, daß ein amerikanischer
Isolationismus unter allen Umständen abgelehnt werden müsse. Eine für eine außenpolitische
Gesellschaft, zumal in den USA, in der diese Einstellung in der Bevölkerung damals alles
andere als Konsens war, eine bedeutsame Feststellung. Die ersten Mitglieder waren allesamt
Vertreter der Völkerbundsidee, wenn auch sonst nicht notwendigerweise der
zugrundeliegenden politischen Logik Woodrow Wilsons folgend.16 Eine kleine, aber
bezeichnende Episode aus der Gründungszeit des CFR illustriert seinen Konsens: Als 1923
ein für seine isolationistischen Tendenzen bekannter, aber sonst wenig bedeutender Senator
aus Iowa namens Smith Brookhart vor dem CFR reden sollte, liefen fast alle Wall-StreetMitglieder des Council dagegen Sturm. Der Direktor von J. P. Morgan, Leffingwell, weigerte
sich, überhaupt mit diesem zu diskutieren. Paul Warburg, Kuhn, Loeb-Partner, ließ mitteilen,
daß er und seine Freunde wütend darüber seien, daß ein „ungebildeter Demagoge“ wie
Brookhart die „Gastfreundschaft des CFR genießen“ solle.17 Die akademischen Mitglieder des
CFR-Direktoriums, die gewiß keine Sympathien für die politischen Vorstellungen des
Senators hegten, konnten ihre Kollegen von der Wall Street dann doch noch überreden, die
ganze Sache stattfinden zu lassen. Diese Anekdote gibt einen schlaglichtartigen Einblick in
die politische Denkrichtung des Wall-Street-Establishments der damaligen Jahre, auf die
Vehemenz ihrer Einstellung und auf die erstaunliche Gleichgerichtetheit ihrer Vorstellungen.
Einfluß der Rockefeller Foundation
Bereits während der 1920er Jahre waren es neben „Morgan“ und „Kuhn, Loeb“ vor allem die
die Voraussetzungen des Weltfriedens erforschende Carnegie- und die Rockefeller-Stiftung,
die das Bankkonto des CFR immer wieder auffüllten. Der Zufluß der Rockefeller Foundation
an den CFR verdünnte sich jedoch Anfang der 1930er Jahre, verglichen mit deren
Zuwendungen an andere Institutionen.18 Er wurde erst wieder stärker, ja dominant, in den
Jahren des Zweiten Weltkriegs.
Die große Zeit des CFR kam mit dem Zweiten Weltkrieg, als die Nachkriegsordnung der Welt
unter ganz maßgeblicher Beteiligung führender CFR-Mitglieder wie Acheson, Harriman,
Kennan, McCloy und anderen formuliert wurde.19 Insbesondere in seinen zwischen 1940 und
Mitte 1945 erstellten War and Peace Studies, an denen zeitweilig bis zu hundert Mitarbeiter
(unter ihnen auch der junge David Rockefeller) in fünf Arbeitsgruppen beschäftigt waren und
für die die Rockefeller Foundation mehr als 300.000 Dollar zur Verfügung stellte, übte der
CFR einen kaum zu unterschätzenden Einfluß auf die Nachkriegsordnung aus.20 Die
Arbeitsgruppe Wirtschaft und Finanzen hatte Anfang Oktober 1940, also vor Eintritt der USA
in den Krieg, noch an einem Konzept der Teilung der Welt gearbeitet: Falls Großbritannien
von den Deutschen eingenommen würde, würde Churchill vermutlich nach Kanada fliehen.
Von dort aus würde man sich in einem „Kondominium“ sowohl um das britische als auch das
französische Kolonialreich kümmern. Bis zum Ende des Krieges müßten aber umgehend die
Märkte der Kolonien für den amerikanischen Handel geöffnet werden. Die USA würden
weiterhin Weltmacht bleiben. Ihr sollten im Falle der Niederlage Großbritanniens das Empire
und die Reste der französischen Kolonien als Einflußgebiet zufallen. Sie sollte versuchen die
„militärische und wirtschaftliche Vormacht in der nicht-deutschen Welt“ zu erhalten.21 Auch
eine wirtschaftliche Blockade Japans war in den CFR-Plänen zunächst nicht vorgesehen. Als
schon vor Pearl Harbor klar wurde, daß das politische Establishment in Washington um
Präsident Roosevelt ganz andere Pläne hatte und man sich so um jeden politischen Einfluß
gebracht hätte, schwenkte der CFR auf eine Politik um, die auf eine vollständige
Niederwerfung Deutschlands hinauslief.
Nicht die Teilung der Welt, sondern amerikanische Hegemonie war schließlich das Ziel der
CFR-Nachkriegsplanung. Denn nicht ein Gleichgewicht der Kräfte versprach in Zukunft die
Stabilität, die die Wirtschaft benötigte, das konnte nur eine hegemoniale Weltordnung leisten.
Dies fand seine Entsprechung in den wirtschaftlichen Vorstellungen vieler führender Männer
aus dem amerikanischen Wirtschafts- und Finanzbereich, daß ein Zustand ständigen
Wettbewerbs und Konkurrenz alle Beteiligten schwäche. „Wettbewerb ist Sünde“, hatte
bereits der alte Rockefeller gesagt. Und auch der Haß des alten John Pierpont Morgan
gegenüber dem Wettbewerb war legendär.22 Schon 1939, in der ersten Planungsphase der War
and Peace Studies hatte CFR-Mitglied Isaiah Bowman (er wird später der geistige Vater der
Institution des UN-Sicherheitsrats werden) angemerkt: „Die Regierung der Vereinigten
Staaten ist an jeder Lösung irgendwo auf der Welt interessiert, die den amerikanischen
Handel betrifft. Im weitesten Sinne ist der Handel die Mutter aller Kriege. Handelsrivalitäten
von anderer Seite führen unvermeidlich zu Schwierigkeiten auf der Seite der amerikanischen
Händler.“23 Die Welt solle, so schon in den CFR-Memoranden der frühen 1940er Jahre, „als
ein interdependentes System von miteinander Handel treibenden Nationen gesehen“24 werden.
Das Wort Interdependenz sollte schließlich zu den Schlüsselworten der seit 1954
abgehaltenen Bilderberg-Konferenzen25 und der von dem „Bilderberger“ David Rockefeller
gegründeten „Trilateralen Kommission“26 seit den 1970er Jahren werden. Es würde zu weit
führen, die Bedeutung des Netzwerkes der Bilderberg-Konferenzen für die atlantische
Außenpolitik der Länder Westeuropas und Kanadas zu umreißen; ihre Bedeutung mag man
daran ermessen, daß sie als eine der frühesten Ausgangspunkte dessen zurückgeführt werden
kann, was man als Diskussion um Themen der Globalisierung im gegenwärtigen Sinn kennt.
So war es einer der Grauen Eminenzen der US-Außenpolitik, George W. Ball (Bilderberger
seit der Gründung 1954 bis 1993, kurz vor seinem Tod), der 1968 auf deren Konferenz im
kanadischen Mont Tremblant eines der ersten Grundsatzreferate über die internationale
Ausgestaltung der Globalisierung gehalten hat.
Der CFR sichert die außenpolitische Kontinuität
Das Ziel, das sich der CFR bei seiner Gründung 1919 gesetzt hatte, war das der Führung
(guidance) der öffentlichen Meinung in den USA bzw. deren „Stimulierung“, wie es der
Außenminister Theodore Roosevelts und spätere (einzige) CFR-Ehrenvorsitzende Elihu
Root27 1922 nannte. In den 1970er Jahren hatte man diese Meinungsführerschaft in einer
derart umfassenden Weise erreicht, daß man dazu übergehen konnte, das Ziel etwas
euphemistischer zu fassen: man sprach nur noch von dem Zweck, die Öffentlichkeit zu
„informieren“.28 Doch nicht die Information ist der Zweck dieser Organisation, sondern die
Formierung einer politischen, insbesondere einer außenpolitisch gebildeten Elite innerhalb der
USA. Dies erscheint in einem Land, in dem einerseits die Bevölkerung bis in die Eliten hinein
ungewöhnlich wenig über auswärtige Probleme weiß und das sich andererseits anschickt, die
Welt zu beherrschen, besonders notwendig.
Der eigentliche Zweck des CFR ist daher eben so unspektakulär wie wirkungsvoll: Er
formuliert parteiübergreifend für die Regierung der Vereinigten Staaten eine kontinuierlich
gültige Außenpolitik, stellt innerhalb dieser Elite einen Konsens darüber her, integriert
nachwachsende Politiker und Publizisten in diesen Konsens und liefert aus seinen eigenen
Reihe diese Elite der jeweiligen Administration. Zusätzlich sortiert sie dissidente
Persönlichkeiten stillschweigend aus der von ihr geformten potentiellen Entscheidungselite
aus und isoliert sie notfalls öffentlich. Der CFR hat öffentlich stets sehr klargestellt: Die
Isolationisten hatten nicht nur politisch unrecht, sie waren auch moralisch keine anständigen
Menschen. Der öffentliche Diskurs nahm seit Anfang der 1950er Jahren Formen an, daß
schließlich nicht einmal mehr ein Hund von einem Isolationisten ein Stück Brot angenommen
hätte. In dieser permanenten politischen Ausgrenzung sah der CFR eine seiner vornehmsten
Aufgaben.
Die Personalpolitik des CFR ist dabei so umfassend, daß kaum eine für die internationale
Politik der USA relevante Person nicht wenigstens einfaches Mitglied dieser Organisation ist.
Er umgibt führende Mitglieder der Administration, soweit er sie nicht selbst stellt, mit seinen
Beratern bis hinauf zum Präsidenten. Daß seit Nixon von Henry A. Kissinger bis zu
Condoleezza Rice beispielsweise alle Sicherheitsberater der US-Präsidenten Mitglieder, meist
sogar Officers des CFR gewesen sind, versteht sich dabei fast von selbst. Die Tatsache, daß
der CFR vor allem auch die Kontinuität einer internationalistischen und interventionistischen
Außenpolitik garantiert, ist besonders deshalb wichtig, weil es aus der Sicht des CFR nie
wieder von einem Regierungswechsel in den USA abhängen darf, daß sich möglicherweise
auch die internationalistische Außenpolitik ändert.
Konsens kontinuierliche Intervention
Der antiisolationistische Konsens, den der CFR von seiner Gründung an so vehement
vertreten hat, darf heute nicht nur in den USA, sondern auch bei deren Verbündeten als
vollkommen unbestritten gelten. Die Isolationisten, noch bis Franklin Roosevelt eine starke
innenpolitische Macht, sind heute auf den Status einer Sekte zurückgedrängt. Aus dem
negativ formulierten antiisolationistischen Konsens ist inzwischen ein Konsens der
kontinuierlichen Intervention geworden. Er ist langsam zur unbestrittenen Doktrin der
amerikanischen Außenpolitik geworden. Und dies dürfte nicht zuletzt eines der wichtigsten
Ergebnisse der jahrzehntelangen unermüdlichen Arbeit des CFR sein. Verschiedenste
außenpolitische Netzwerke, in Deutschland gehören beispielsweise die Deutsche Gesellschaft
für Auswärtige Politik (DGAP) und die „Atlantik-Brücke“ dazu, vervollständigen die
Einwirkungsmöglichkeiten des CFR auf die außenpolitischen Eliten eines jeden wichtigen,
westlich orientierten Landes.
Bilderberger
Die Netzwerke, die die CFR-Eliten der Vereinigten Staaten im Ausland geknüpft haben, sind
vielfältig. Zu dem inzwischen wohl bekanntesten gehören zweifellos die bereits genannten
Bilderberg-Konferenzen. Natürlich sind die Bilderberg-Konferenzen keine „Weltregierung“,
wie immer wieder behauptet wird. So funktionieren Netzwerke nicht. Sie sind eine von vielen
Schnittstellen der westlichen Elite, von denen es international viele gibt. Freilich eine sehr
einflußreiche. Jede dieser Schnittstellen hat sich andere Aufgaben gestellt und ist demzufolge
auch im einzelnen anders zusammengesetzt. Manche bilden sich nur auf nationalem Gebiet,
manche international, manche nur zwischen zwei Ländern (das hat insbesondere zwischen
den USA und Großbritannien Tradition). Sehr oft haben sie die Aufgabe, verschiedene
Entscheidungseliten in westlichen Ländern im politischen Vorfeld zu koordinieren, im
Vorfeld einen möglichst hohen Konsens dieser Eliten über die zentralen Themen herzustellen.
Daß solche Konsensbildungen nicht immer mit einem demokratisch kontrollierten Prozeß
parallel laufen müssen, versteht sich von selbst.
Das CFR hat primär außenpolitische Themenstellungen; seine Mitglieder sind ausschließlich
US-Bürger, deren Machtstellung äußerst unterschiedlich sein kann, deren Mitgliedschaft
jedoch in der Regel Voraussetzung ist, um von den entscheidenden Stellen überhaupt um eine
Meinung gebeten zu werden. Die Bilderberger haben im Gegensatz zum CFR keine
Mitgliedschaft. Sie sind in ihrer Mitgliedschaft auf Nordamerika und Westeuropa (von
Anfang an mit einem gewichtigen Beitrag der Türkei) beschränkt (erst in den letzten Jahren
finden wir mit der Ostausdehnung von NATO und EU auch vereinzelt ostmitteleuropäische
Teilnehmer). Daß die personelle Überschneidungsquote der Mitgliedschaft beim CFR bei den
US-amerikanischen Teilnehmern der Bilderberg-Konferenzen außerordentlich hoch ist,
versteht sich bei den stark außenpolitischen Themen dieser Konferenzen von selbst. Ihre
Themen waren von Anfang an Außenpolitik, Wirtschaft und NATO-Politik. Zweck der
Konferenzen war von Anfang an die maßgebliche Einflußnahme der außenpolitischen US-
Eliten auf die Entscheidungsfindung der westeuropäischen Eliten. Das hängt eng mit der
Geschichte der Bilderberg-Konferenzen zusammen.
Ihre Konferenzen finden traditionell unter vollkommenem Ausschluß der Presse statt. Was
nicht bedeutet, daß sie nicht anwesend ist. Im Gegenteil, wichtige Entscheidungsträger
innerhalb der westlichen Presse sind stets geladen. So gehören seit den 1970er Jahren stets
Redaktionsmitglieder der deutschen Wochenzeitung „Die Zeit“ dazu, was mit der damaligen
zentralen Stellung der Gräfin Dönhoff in der außenpolitischen Elite (Deutsche Gesellschaft
für auswärtige Politik und Atlantik Brücke) zusammenhängt, aber auch Vertreter
beispielsweise des „Standard“ und anderer Zeitungen waren später zu finden. Nur berichten
sollen sie nicht, denn schließlich sind sie selbst als Multiplikatoren einer Idee vorgesehen. Der
Ausschluß der Öffentlichkeit hat, glaubt man den Bilderbergern selbst, zunächst den Sinn, daß
viele der anwesenden Politiker, Wirtschaftsleute, Gewerkschafter und Journalisten auch
einmal frei von der Leber weg diskutieren wollen, ohne gleich befürchten zu müssen, zitiert
zu werden. Das erscheint zunächst ganz begreiflich. Doch der Hintergrund ist natürlich auch
ein anderer. Denn hier läuft die faktische Konsensbildung eben oft genug am Wählerwillen
vorbei. Und seit Jean Monnet (der, im Gegensatz zu manchen seiner Mitarbeiter wie etwa
Max Kohnstamm, selbst kein Bilderberger war) haben sowohl die Bilderberger als auch die
europäische Elite eine ganz eigene Auffassung von demokratischer Konsensbildung. Ein Teil
davon war und ist die Intransparenz. „Schritt für Schritt“, so Monnet, müsse eine Verzahnung
von Entscheidungen und Institutionen geschaffen werden, aus der es kein Zurück mehr gebe.
Dann bekämen die Institutionen, „wenn sie erst einmal bestehen, ihr Eigenleben, das den
Willen der Menschen überschreitet“.29 Eine Formulierung, die man sich auf der Zunge
zergehen lassen muß. Oder, wie es der Bilderberger und vormalige EU-Kommissar Jean
Claude Juncker etwas salopper formuliert: „Wir beschließen etwas, stellen es in den Raum
und warten dann einige Zeit ab, ob was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und
keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann
machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“30 Die Dinge, die auf
diese Weise „beschlossen“ werden, haben in der Regel vorher einen oder mehrere
Konsensdurchläufe in Konferenzen wie den Bilderbergern – ohne Öffentlichkeit – erlebt.
Diese Intransparenz bei der Konsensfindung bis zur Entscheidung hat also einen Sinn. Daß –
wie bereits erwähnt – Themen, bei denen ein öffentlicher Konsens der Völker nicht zu
erwarten ist, unter Ausschluß der Öffentlichkeit diskutiert werden müssen, kann nicht
verwundern. Themen wie die konkrete rechtliche Ausgestaltung einer zu schaffenden
Globalisierung, wie sie bei den Bilderbergern Ende der 1960er Jahre erstmals besprochen
wurden, desgleichen später der rechtliche Abbau nationaler Souveränität auf allen Gebieten,
der vom US-Establishment stark erwünschte Eintritt der Türkei in die EU usw. erfordern
geradezu Konferenzen wie die der Bilderberger. Und wenn der Bankier Julius Meinl V. sagt:
„Ich glaube, daß die europäischen Politiker in Wahrheit längst den Beitritt der Türkei
beschlossen haben, nur können sie es den Bevölkerungen noch nicht verkaufen“31, dann meint
er genau diese transatlantische Mischform zwischen Konsensfindung und Beschlüssen im
Vorfeld der demokratischen Entscheidungen, für die die Bilderberger exemplarisch stehen.
Trilaterale Kommission
Ein weiterer Ableger der Bilderberg-Konferenz ist David Rockefellers „Trilaterale
Kommission“. Auch sie zeigt, daß immer weitere Verzweigung nicht notwendigerweise in
Zersplitterung münden muß, sondern sich in eine immer weitere Netzwerkbildung
auswachsen kann. Die bereits erwähnte Trilaterale Kommission (TK) wurde 1973 durch
David Rockefeller gegründet, der weiterhin maßgebliches Mitglied der Bilderberger blieb. Er
setzte den Bilderberger Zbigniew Brzezinski zur Leitung seiner Neugründung ein, der sich
nunmehr ganz dieser Aufgabe zuwenden wird und aus dem engeren Bilderberg-Netzwerk
ausschied. Maßgebliches Ziel war die Einbindung der japanischen Eliten in ein internationales
Netzwerk; etwas, was die NATO-zentrierte Bilderberg-Konferenz nicht leisten konnte oder
wollte. Brzezinski war der Sicherheitsberater von Präsident Jimmy Carter, Zbigniew
Brzezinski, der seinen Freund Samuel Huntington zum Mitglied des National Security
Council ernannte. Zusammen mit Huntington war Brzezinski jung an prominenter Stelle des
Council on Foreign Relations gelandet. Während Huntington die Konkurrenzzeitschrift
„Foreign Policy“ kümmerte, brachte Brzezinski inzwischen als Herausgeber das in den
vergangenen Jahrzehnten leicht angestaubte CFR-Organ „Foreign Affairs“ wieder auf
Vordermann und wurde 1972–1977 gar Direktor des CFR und Gründer und Direktor der
Trilateralen Kommission Rockefellers, die sich ebenfalls beide vehement für die One-WorldIdeologie einsetzten. Brzezinski betätigte sich in dieser Eigenschaft auch als Kundschafter für
politische Talente: „Eigentlich hat er [Brzezinski] [den späteren Präsidenten und
Friedensnobelpreisträger Jimmy] Carter entdeckt – vor Jahren, als er 1973 die inzwischen zu
Weltruf gelangte Trilateral Commission ins Leben rief, die sich seitdem dem Studium der von
den Industrienationen Amerikas, Europas und Japans gemeinsam zu lösenden Fragen
verschrieben hat“, berichtete seinerzeit der Chefredakteur der „Zeit“, Theo Sommer,
langjähriger Chefredakteur der Wochenzeitung „Die Zeit“ und ebenfalls langjähriges Mitglied
der Trilateralen32 und Teilnehmer der Bilderberg-Konferenzen (Carter bezeichnete sich gar
als Brzezinskis „gelehrigen Schüler“).33 Und an gleicher Stelle berichtet Sommer
Erstaunliches: [Der vormalige Außenminister Henry] Kissinger wurde von Nelson
Rockefeller34 gefördert, dem Politiker, Brzezinski von David Rockefeller, dem Bankier (mit
dem zusammen er die Trilateral Commission35 aus der Taufe hob).“
Den bereits 1960 von Nelson Rockefeller geforderten Aufbau einer Weltstaatselite nahm 1973
sein Bruder David mit seinem privaten, allerdings dem CFR zugeordneten Projekt der
Trilateralen Kommission in Angriff. Dies konnte der CFR, dessen Aufgabe die Elitebildung
innerhalb der USA ist, nicht leisten. Die „Global Governance“, wie sie die TK vertritt und wie
sie im Anschluß in viele Dokumente der Vereinten Nationen eingegangen ist, ist keine Idee
der Linken. Sie ist auch keine Erfindung der Europäer. Sie ist entstanden als Antwort auf die
„Krise der Regierbarkeit“ der westlichen Demokratien, wie sie unter anderen Samuel
Huntington bereits 1975 in einer Schrift der „Trilateralen Kommission“ feststellen zu können
glaubte.36 Hier haben wir es also weder mit genuin linken Gedankengängen zu tun noch mit
neokonservativen, sondern die Idee entstammt einem der einflußreichsten und radikalsten
neoliberalen amerikanischen Think tanks. Und diese Karriere eines Begriffs ist in der Tat
bemerkenswert. Zeigt es doch, wie dieser Begriff, der die Demokratie global
wirtschaftskompatibel machen sollte und soll, von der westlichen Linken nicht nur fast
kritiklos übernommen, sondern geradezu in sie hineinimplantiert wurde. Governability, also
die „Regierbarkeit“, steht im Zentrum der ursprünglichen Überlegungen der Global
Governance. Mit allen Defekten, die das notwenigerweise für die demokratische
Mitbestimmung der Völker bedeutet.
Bleibt zu bemerken, daß es noch eine Menge anderer „Spin-offs“ von CFR und Bilderbergern
gibt. Wenig bekannt ist, daß auch der Club of Rome, der Mutter aller politischer
Umweltorganisationen, der 1968 von Aurelio Peccei gegründet wurde, dazu zählt; nur daß er
eben mit einer vordergründig anderen Thematik aufwartet, aber vor allem die Globalisierung
thematisiert und dazu die Problemszenarien selbst schafft, die angeblich allein durch globale
Lösungsansätze bewältigt werden können. Peccei, den wir 1963 als Teilnehmer den
Bilderberg-Konferenzen in Cannes und 1964 bei der von Rockefeller ausgerichteten in
Williamsburg, Virginia, finden, scheidet nach der Gründung des Club of Rome offiziell aus
dem Bilderberger-Zusammenhang aus.
Die im Laufe der Jahrzehnte entstandenen amerikanischen und europäischen transnationalen
Eliten37 setzen historisch und auf den ersten Blick soziologisch wieder dort an, wo sie am
Vorabend des Ersten Weltkrieges aufgehört zu haben schienen, bevor sie sich unter den
schrecklichen Schlägen dieser „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ wieder für viele
Jahrzehnte auf nationalen Gleisen eher getrennt entwickelt hatten. Walther Rathenaus
berühmtes Wort von 1909: „Dreihundert Männer, von denen jeder jeden kennt, leiten die
wirtschaftlichen Geschicke des Kontinents“,38 war schon damals durchaus wörtlich zu
nehmen und bezog die amerikanische Elite mit ein, die damals freilich noch nicht die
weltbeherrschende Elite war, die sie heute ist.
Anmerkungen
Aus Platzgründen konnte der umfangreiche Anmerkungsapparat dieses Beitrags hier nicht
wiedergegeben werden. Interessierte Leser finden ihn auf unserer Internetseite www.neueordnung.at, Abonnenten ohne Internetzugang senden wir den kompletten Beitrag mit
Anmerkungsteil als kostenloses Service jederzeit auch postalisch zu.
1 J. D. Richardson (Hrsg.), Compilation of Messages and Papers of the Presidents, Bd. 1,
Washington D. C.: 1907, S. 213, http://usinfo.state.gov/usa/infousa/facts/democrac/49.htm.
2 Vgl. dazu: John Edward Wiltz, In Search of Peace: The Senate Munitions Inquiry, 1934–36,
Baton Rouge: Louisiana UP, 1963 sowie Matthew Ware Coulter, The Senate Munitions
Inquiry of the 1930s: Beyond Merchants of Death, Westport, CT, 1997, der frühere
Ergebnisse relativiert.
3 Der Begriff entstammt dem kritischen Werk von Helmut C. Englebrecht/Frank C.
Hanighen, Merchants of Death (New York 1934); weitere zeitgenössische kritische Literatur:
George Seldes, Iron, Blood and Profits: An Exposure of the World-Wide Munitions Racket,
New York: Harper & Br., 1934..
4 Zum CFR vgl.: Whitney H. Shepardson, Early History of the Council on Foreign Relations,
Stamford, Conn.: [n. p.], 1960 (Shepardson war 1921 einer der Gründungsdirektoren des
CFR); Bernard C. Cohen, The Influence of Non-Governmental Groups on Foreign Policy
Making, Boston 1959; Richard J. Barnet, Roots of War: Men and Institutions Behind U.S.
Foreign Policy, New York: Athenaeum, 1972; kritisch: Laurence H. Shoup, and William
Minter, Imperial Brain Trust: The Council on Foreign Relations and U.S. Foreign Policy,
New York: Monthly Review Press, 1977; eine bisweilen kritische und lesenswerte Analyse
bei Robert D. Schulzinger, The Wise Men of Foreign Affairs: The History of the Council on
Foreign Relations, New York: Columbia University Press, 1984; CFR-freundlicher: Michael
Wala, Winning the Peace. Amerikanische Außenpolitik und der Council on Foreign
Relations, 1945–1950, Stuttgart 1990; Carlo Maria Santoro, Diffidence and Ambition: The
Intellectual Sources of U.S. Foreign Policy, Boulder CO: Westview Press, 1992; William P.
Bundy, The Council on Foreign Relations and Foreign Affairs: Notes for a History, New
York: Council on Foreign Relations, 1994; Inderjeet Parmar, The Issue of State Power: The
Council on Foreign Relations as a Case Study. In: The Journal of American Studies 29/1995.
Vom CFR selbst gibt es einen kurzen Abriß seiner eigenen Geschichte bei: Peter Grose,
Continuing the Inquiry: The Council on Foreign Relations From 1921 To 1996, New York:
Council on Foreign Relations, 1996. Dort auch die offizielle Liste aller Direktoren, Officers
und Präsidenten des CFR (ebd., S. 69 ff.). Die Werke von Schulzinger und Wala werden von
Grose (S. 74) als „fair“ bezeichnet – auf das Buch von Shoup scheint das offenbar weniger
zuzutreffen.
5 Zur Geschichte des RIIA vgl.: Andrea Bosco/Cornelia Navari (Hrsg), Chatham House and
British Foreign Policy 1919–1945, London: Lothian Foundation Press, 1994; Inderjeet
Parmar, Special Interests, the State and the Anglo-American Alliance, 1939–1945, London:
Frank Cass, 1995 sowie ders., Think Tanks and Power in Foreign Policy, a.?a.?O. (2004).
Untersuchungen über die Nachkriegszeit des RIIA fehlen weitgehend. Zu der internen
Geschichte des RIIA und deren Ideen des Empire wird immer wieder Carroll Quigleys Werk
Tragedy and Hope: A History of the World in Our Time, New York: Macmillan 1966, zitiert.
Zu Recht wird von Kritikern beanstandet, daß das dort über das hier interessierende
erschienene Kapitel zwar äußerst aufschlußreiche Details über die Interna der
angloamerikanischen außenpolitischen Elite enthalte, jedoch über keinerlei Fußnotenapparat
verfüge. Dies ist zwar richtig, jedoch hat Quigley diesem Manko in einem leider sehr viel
weniger bekannten und zitierten Werk abgeholfen: Carroll Quigley, The Anglo-American
Establishment: From Rhodes To Cliveden, New York: Books in Focus, 1981. Der Titel ist
insoweit irreführend, als die Geschichte des CFR dort nur gestreift wird. Quigley war
Professor an der School of Foreign Service an der Georgetown University und einer der
wichtigsten akademischen Mentoren des späteren Präsidenten Clinton. Man kann seine Werke
also wohl kaum, wie es bisweilen geschieht, dem Spektrum der verschwörungstheoretischen
Literatur zuordnen. Vielmehr, und das erwähnt Quigley, hat er manche Fußnoten aus Gründen
des Quellenschutzes nicht spezifizieren können. Dies ist bei der Verwendung von Quellen der
Oral History ein durchaus nicht unübliches Procedere. Kritisch zu Quigleys Arbeitsweise:
Norman Rose, The Cliveden Set: Portrait of an Exclusive Fraternity, London: Jonathan Cape,
2000, S. 211 f., 243. Lord Brand, eines der führenden RIIA-Mitglieder, bezeichnete Quigleys
Anmerkungen zur geistigen Genese des RIIA und des Round Table aus einer geheimen
Gesellschaft um Cecil Rhodes als „absolute moonshine“, als dummes Zeug. Angesichts der
Einsicht Quigleys in die Quellen ist das möglicherweise eine Schutzbehauptung.
6 Frühe, eher verschwörungstheoretische Literatur über den CFR (die freilich trotzdem oft
interessante Details bringt) stammt von der John Birch Society: Phoebe Courtney/Kent
Courtney, America’s Unelected Rulers: The Council on Foreign Relations, New Orleans:
Conservative Society of America, 1962; dies., The CFR, New Orleans: Free Men Speak,
1968; sodann eine Arbeit von einem Ex-FBI-Mann: Dan Smoot, The Invisible Government,
Dallas: Dan Smoot Report, 1962; die heute bekanntesten Arbeiten sind: Gary Allen, None
Dare Call It Conspiracy, Rossmoor, CA: Concord Press 1972; deutsch: Die Insider. Wohltäter
oder Diktatoren? und ders., Die Rockefeller-Papiere. Schritte zur „Neuen Weltordnung“,
Wiesbaden 1976 (NA: 1998). Die Werke Allens vermischen leider oft Wahres mit
Halbwahrem und Unbelegtem. Die Literatur entspricht, wie bei solchen Veröffentlichungen
üblich, nicht wissenschaftlichem Standard. Vieles scheint abgeschrieben zu sein, ohne geistig
durchdrungen worden zu sein. Die einseitige Projektion der amerikanischen Außenpolitik
etwa allein auf die Familie Rockefeller ist absurd und verschleiert den Blick auf größere
Zusammenhänge und Strukturen. (Die entsprechende Literatur ging zwischenzeitlich so weit,
auch hinter den Büchern von Allen wiederum eine Verschwörung zu suchen: vgl. Holger
Stein, Gezielte „Insider“-Informationen?“ In: Nation und Europa, 26. Jg., H. 4, April 1976, S.
41 f.; Stein legt die Fährte zu „Uralttrotzkisten“, die ihre Liebe zum Konservatismus entdeckt
hätten und bezieht sich dabei offenbar auf William S. Schlamm in der Bundesrepublik und die
Neokonservativen in den USA). Ähnliches wie für Allen gilt, wenn auch bei anderer
Schwerpunktsetzung, auch für das Werk von James Perloff, der wiederum für die John Birch
Society spricht: „The Shadows of Power: The Council on Foreign Relations and the American
Decline”, Appleton, WI: Western Islands Publishers, 1988.
7 Schulzinger, Wise Men, S. 4.
8 Wala, Winning the Peace, S. 24.
9 Wala, Winning the Peace, S. 26 f.
10 Eine vollständige Liste aller Direktoren, Officers und Präsidenten in der offiziellen CFRGeschichte: Peter Grose, Continuing the Inquiry. The Council on Foreign Relations From
1921 to 1996, New York: Council on Foreign Relations Press, 1996, S. 69-72.
11 Paul D. Cravath, John W. Davis, Edwin F. Gay, Frank L. Polk, Russell Leffingwell
(Morgan-Partner), Owen D. Young (Chef von General Electric).
12 Otto H. Kahn, Paul M. Warburg, Norman H. Davis.
13 Stephen B. Duggan als Chef des Carnegie Endowment.
14 Grose, Council, S. 28.
15 Ron Chernow, Titan: The Life of John D. Rockefeller, New York: Random House, 1998,
S. 581 ff.
16 Grose, Council, S. 7 f.
17 Schulzinger, Wise Men, S. 18 f.; Grose, Council, S. 15.
18 Schulzinger, Wise Men, S. 31 f.
19 Walter Isaacson/Evan Thomas, The Wise Men: Six Friends and the World They Made –
Acheson, Bohlen, Harriman, Kennan, Lovett, McCloy, New York: Simon and Schuster, 1986;
Wala, Winning the Peace, a. a. O.
20 Dazu: Council on Foreign Relations, ed., The War and Peace Studies of the Council on
Foreign Relations, New York 1946; Harley Notter, ed., Postwar Policy Preparations, 1939–
1945, Washington D.C. 1949; Shoup/Minter, Imperial Brain Trust, S. 117–187; Schulzinger,
Wise Men, S. 59–112; Wala, Winning the Peace, S. 48–66.
21 Wala, Winning the Peace, S. 57 f.
22 Ron Chernow, The House of Morgan: An American Banking Dynasty and the Rise of
Modern Finance, New York: Simon and Schuster, 1990, S.111.
23 Wala, Winning the Peace, S. 58, Anm. 60.
24 Wala, Winning the Peace, S.58.
25 Über den Gründer der Bilderberg-Konferenzen, Joseph Retinger vgl.: J. Retinger, Memoirs
of an Eminence Grise, Sussex University Press, 1972; über die Bilderberg-Konferenzen liefert
einen seriösen ersten Überblick: Gill, American Hegemony, S. 129 ff.; ausführlich und
kritisch: Peter Thompson, Bilderberg and the West, in: Sklar, Trilateralism, S. 157–189;
brauchbar: Robert Eringer, The Global Manipulators, Bristol, Pentacle, 1980; weitere
Literatur: Heinz Scholl, Bilderberg, Euskirchen 1976; Pierre de Villemarest, Facts and
Chronicles Denied to the Public, Bd. 2, London: Aquilion, 2004; Daniel Estuin, La verdadera
historia del Club Bilderberg, Barcelona 2005; A. von Rétyi, Bilderberger, Rottenburg 2006;
neuerdings: Gerard Aalders, De Bilderberg Conferenties: Organisatie en werkwijze van een
geheim trans-atlantisch netwerk, Amsterdam 2007.
26 Zur Trilateralen Kommission Rockefellers vgl.: Holly Sklar (Hrsg.), Trilateralism: The
Trilateral Commission and Elite Planning for World Management, Boston: Shankman, 1980;
Stephen Gill, American Hegemony and the Trilateral Commission, Cambridge: Cambridge
University Press, 1990.
27 Über Root vgl. Philip Jessup, Elihu Root, New York: Dodd Mead, 1938.
28 Grose, Council, S. 55.
29 Jean Monnet, Erinnerungen eines Europäers, München 1978, S. 594.
30 Der Spiegel Nr. 52/1999, S. 136.
31 Format (Wien) Nr. 27 vom 7. Juli 2006, S. 37.
32 Theo Sommer, Neues Team im Weißen Haus. Zbigniew Brzezinski, der Chefdenker des
nächsten Präsidenten, in: Die Zeit vom 7. 1. 1977.
33 Victor Zorza, A Man to Out-Kissinger Kissinger. In: International Herald Tribune vom 22.
1. 1977.
34 Eine frühe Kritik von Rechts zur Rolle der Rockefellers in der internationalen Politik ist:
Emanuel Josephson, Rockefeller Internationalist: The Man Who Misrules the World, New
York: Chedney Press, 1952. Wenig aussagekräftig: William Rodgers, Rockefeller’s Follies:
An Unauthorized View of Nelson A. Rockefeller, New York: Stein and Day, 1966. Die große
kritische Studie kommt von dem New Yorker Soziologen Ferdinand Lundberg, The
Rockefeller Syndrome, New York: Lyle Stuart, 1975 (deutsch: Die Mächtigen und die
Supermächtigen, München 1976); Joseph E. Persico, The Imperial Rockefeller: A Biography
of Nelson A. Rockefeller, New York: Simon and Schuster, 1982; neuerdings: Cary Reich, The
Life of Nelson A. Rockefeller: Worlds to Conquer, 1908–1958, New York: Doubleday, 1996..
35 Dazu: Holly Sklar, ed., Trilateralism: The Trilateral Commission and Elite Planning for
World Management, Boston: Shankman, 1980; Stephen Gill, American Hegemony and the
Trilateral Commission, Cambridge: Cambridge University Press, 1990.
36 Michael J. Crozier, Samuel Huntington, Joji Watanuki, The Crisis of Democracy: Report
on the Governability of Democracies to the Trilateral Commission (= Triangle Paper 8), New
York: New York University Press, 1975. Vgl. dazu auch die Ausführungen von Holly Sklar,
Trilateralism, S. 35 ff.
37 Der linke niederländische Soziologe Kees van der Pijl (The Making of an Atlantic Ruling
Class, London: Verso, 1984) nennt das Phänomen „herrschende atlantische Klasse“.
Inzwischen wird in der Literatur eher von „transnationaler Klasse“ gesprochen (vgl. ders.,
Transnational Classes and International Relations, London: Routledge, 1998 sowie Leslie
Sklair, The Transnational Capitalist Class, Oxford: Blackwell, 2001). Eine kritische
historische Untersuchung, insbesondere über die entsprechende europäisch-atlantische
politische Elite und deren Netzwerke, fehlt leider bis heute.
38 Walther Rathenau in einem Aufsatz in der liberalen „Neuen Freien Presse“ (Wien) vom
25. 12. 1909; abgedruckt in: Walther Rathenau, Kritik der Zeit, Berlin 1912.
Aus: Neue Ordnung Nr. 3/07 (www.neue-ordnung.at)
Herunterladen