Bolivianische Cichla: mehrere Arten oder Polychromatismus?

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Bolivianische Cichla:
Bolivianische Cichla:
mehrere Arten oder
Polychromatismus?
mehrere A
Arr ten oder
Polychromatismus?
Pascal I. Hablützel
Cichla pleiozona KULLANDER & FERREIRA, 2006 ist
ein im oberen Río-Madeira-Einzug (zentrales Südamerika: Bolivien, Brasilien und Peru) endemischer
Großcichlide. Muñoz (2006) hat eine maximale
Gesamtlänge von 55 Zentimeter (Männchen), respektive 46 Zentimeter (Weibchen) festgestellt.
Damit gehört die Art allerdings zu den kleineren
Vertretern der Gattung (zum Vergleich: Cichla pinima KULLANDER & FERREIRA, 2006 kann über einen
Meter lang werden [Staeck 2007]). Cichla pleiozona ist eng verwandt mit C. monoculus Agassiz,
1831 und C. kelberi KULLANDER & FERREIRA, 2006,
von denen die Art morphologisch nur schwer zu
unterscheiden ist. Bei letzteren fehlt allerdings die
für C. pleiozona typische zusätzliche vierte dunkle
Vertikalbinde (Artname: gr. pleios = mehr; zona =
Gürtel, Binde) auf dem Schwanzstiel, und die
Schuppen sind tendenziell größer (Kullander &
Ferreira 2006). Vor 2006 wurden bolivianische
Cichla in der Regel als C. monoculus oder C. sp.
aff. monoculus bezeichnet (Lauzanne, Loubens &
Le Guennec 1991, Sarmiento & Barrera 2004,
Stawikowski & Werner 2004, Staeck 2004, Muñoz
2006). In Lauzanne und Loubens (1985) taucht
sogar noch der Name C. ocellaris Schneider, 1801
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auf. Von der einheimischen Bevölkerung wird heute
mehrheitlich der in Südamerika weit verbreitete
Name „Tucunaré“ benutzt. Allerdings sind vor
allem in abgelegenen Gebieten weitere Bezeichnungen aus indigenen Sprachen in Gebrauch. Aus
dem bolivianischen Departement Beni z.B. ist der
Name “Samapi” bekannt. Laut Natterer wird C.
pleiozona am oberen Rio Guaporé (= Río Iténez) in
der Umgebung der Stadt Vila Bela (Brasilien)
„Jacundá“ genannt (Heckel 1840).
Drei Farbformen
Von C. pleiozona sind in den letzten Jahren drei
verschiedene Farbformen dokumentiert worden,
was zur Frage geführt hat, ob das, was wir heute als
C. pleiozona bezeichnen, möglicherweise drei verschiedene Arten mit unterschiedlicher Färbung sind
(Guggenbühl pers. Mitteilung, Carvajal-Vallejos
schriftl. Mitteilung, Staeck 2004, Kullander &
Ferreira 2006). Bei einer Farbform tritt eine helle
Punktzeichnung auf, die sich über fast den gesamten Körper erstreckt und dem Fisch einen gold-grünen Schimmer verleiht. Die Punkte können miteinander in Verbindung stehen und bilden dann ein
netzartiges Muster. Individuen, die diese Zeichnung
aufweisen, werden von der einheimischen Bevölkerung als “Tucunaré tillo” bezeichnet (Staeck
DCG-Informationen 42 (4): 74–83
2004). Bei den anderen Farbformen („Tucunaré
común“ [Staeck 2004]) fehlt diese helle Zeichnung.
Cichla pleiozona aus dem Río San Martín, unterscheiden sich gemäß Carvajal-Vallejos (schriftl.
Mitteilung) von anderen bolivianischen Cichla
durch silber- oder bleigraue Flanken.
Farbunterschiede als Kommunikationsmittel
Innerartliche Unterschiede im Farbmuster sind bei
allen Cichla-Arten bekannt (Stawikowski & Werner
2004, Kullander & Ferreira 2006). Diese Unterschiede können alters- und geschlechts-, aber auch
stimmungsabhängig sein. So verändern und intensivieren z. B. reproduzierende Tiere ihre Färbung
während der Brutpflege, und Männchen sind in der
Regel kontrastreicher gefärbt als Weibchen (Staeck
2004, Kullander & Ferreira 2006). Teilweise lassen
sich die Farbunterschiede aber auch auf individuelle Unterschiede zurückführen. Es ist durchaus vorstellbar, dass diese individuellen Farbmerkmale
Brut pflegenden Tieren helfen, ihren Partner von
Konkurrenten zu unterscheiden (Kullander &
Ferreira 2006).
Farbwechsel während des Wachstums
von Cichla pleiozona
Solange sie noch sehr klein sind, weisen Jungtiere
von C. pleiozona als einziges auffälliges Farbmerkmal einen schwarzen Längsstreifen auf, der
DCG-Informationen 42 (4): 74–83
sich zu den Spitzen der mittleren Schwanzflossenstrahlen ausdehnt. Bei einer Größe von etwa fünf
Zentimetern beginnt ein erster Farbwechsel. Der
Längsstreifen lösen sich auf, und übrig bleiben drei
Seitenflecken. Lediglich auf Schwanzstiel und
-flosse verbleibt der Streifen noch für eine gewisse
Zeit. Die Seitenflecken strecken sich später in vertikaler Richtung und bilden schließlich die gattungstypischen vertikalen Balken. Der verbleibende
Rest des Längsstreifens teilt sich in einen
Schwanzstielstreifen und einen Schwanzflossenstreifen auf, und es bildet sich auf der Schwanzflosse kontinuierlich der gattungstypische Ocellus
(Augenfleck) heraus. Mit einer Größe von rund
zehn Zentimeter Standardlänge entspricht die
Färbung der Jungtiere bereits fast der ihrer Eltern,
da sich inzwischen auch der Längsstreifen auf dem
Schwanzstiel bis auf einen Fleck – den zukünftigen
vierten Balken – zurückgebildet hat. Allerdings
fehlt Tieren dieser Größe die schwarze Fleckenzeichnung unterhalb der angelegten Brustflossen,
die sich bei adulten Tieren der meisten CichlaArten finden lassen. Diese Flecken tauchen in der
Regel erst bei einer Größe von mehr als 25 Zentimetern auf. Das kleinste mir bekannte Tier mit der
erwähnten grün-goldenen Punktzeichnung hatte
Halbwüchsige Cichla pleiozona aus dem Río San Martín
Seite 74: Portrait von Cichla pleiozona –
Fotos: Hans Peter Risch
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eine Länge von rund 14 Zentimetern. Individuen
dieser Farbform scheinen also die gleiche Jugendfärbung wie die Normalform zu haben und beginnen erst ab dieser Größe sich umzufärben.
Interessant ist die Färbung einiger halbwüchsiger
Tiere, die ich im Río San Martín gefangen habe. Sie
sind hell gefleckt und sehen dem Tucunaré tillo
ähnlich. Allerdings scheint diese Fleckenzeichnung
mit zunehmender Größe wieder zu verschwinden,
da mir bisher keine adulten Tiere mit dieser
Färbung aus diesem Fluss bekannt sind. Kullander
und Ferreira (2006) beschreiben ein solches
Jugendkleid auch für andere Arten der Gattung.
Polychromatismus
Polychromatismen im Sinne von individuellen, erblich bedingten Farbunterschieden sind bei Cichliden weit verbreitet. Es sei z. B. an die auffällige
Gold-Morphe der mittelamerikanischen MidasCichliden erinnert. Besonders gut dokumentierte
bolivianische Beispiele sind die beiden Zwergbuntbarscharten Apistogramma borelli (Regan, 1906)
und A. erythrura Staeck & Schindler, 2008 mit je
einer blauen und einer gelben Farbmorphe
(Koslowski 2002, Staeck & Schindler 2008).
Kullander und Ferreira (2006) dokumentieren die
gepunktete Form des Tucunaré nicht nur bei C.
pleiozona, sondern auch noch bei vier weiteren
Arten (C. kelberi, C. monoculus, C. ocellaris und C.
orinocensis Humboldt, 1821). Aufgrund der nahen
Verwandtschaft von C. nigromaculata Jardine,
1843 mit den genannten Arten (Kullander &
Ferreira 2006), ist es vielleicht nur eine Frage der
Zeit, bis auch von dieser Art gepunktete Tiere
bekannt werden.
Aus wissenschaftstheoretischen Überlegungen macht
ihr Schluss, bei diesem Farbunterschied müsse es
sich um einen innerartlichen Polychromatismus handeln, durchaus Sinn. Denn um allzu wilden Spekulationen vorzubeugen, folgt man in der Wissenschaft dem ockhamschen Sparsamkeitsprinzip:
Falls man zwischen zwei gleichwertigen Hypothesen abwägen muss, sollte diejenige den Vorzug
erhalten, die den Sachverhalt mit einer geringeren
Anzahl Annahmen erklären kann. Dieses Prinzip
wird bei der Erforschung von Stammbäumen angewandt, denn stellt man eine genetische Veränderung
(z. B. eine Mutation) einer Annahme gleich, erhält
man ein einfaches mathematisches Modell für den
Vergleich sich widersprechender Hypothesen.
Die fünf genannten Cichla-Arten unterscheiden
sich voneinander zwar in der Färbung, aber kaum in
ihrer Gestalt (Kullander & Ferreira 2006). Da
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jeweils die normale und die gepunktete Form die
artspezifischen Farbmerkmale aufweisen, ist davon
auszugehen, dass letztere zur jeweiligen sympatrischen normal gefärbten Form näher verwandt ist
als zu den gepunkteten Formen anderer Arten.
Aufgrund des Sparsamkeitsprinzips kommt man
folglich zum Schluss, dass bereits der Vorfahre dieser fünf Arten beide Farbformen aufgewiesen haben
muss. Zumindest bei diesem Vorfahren muss es sich
also um einen innerartlichen Polychromatismus
und nicht um verschiedene Arten gehandelt haben.
Denn unter der alternativen Hypothese hätte die
gepunktete Form fünfmal de novo entstehen müssen, was vier zusätzliche Annahmen verlangen
würde. Die alternative Hypothese sollte unter
Anwendung des ockhamschen Sparsamkeitsprinzips also verworfen werden. Um aber sicher
auszuschliessen, dass es in der Entwicklungsgeschichte von C. pleiozona nicht etwa doch zu
einer Artaufspaltung gekommen ist, ist eine genetische Studie notwendig. Doch obwohl C. pleiozona
eine der genetisch am besten untersuchten bolivianischen Fischarten ist (Carvajal-Vallejos et al.
2010, Renno et al. 2006), fehlt bisher eine solche
Studie, da vom Tucunaré tillo noch keine DNAProben gesammelt wurden (Carvajal-Vallejos,
Syntopes Vorkommen des Tucunaré tillo (oben) und des
Tucunaré común (unten) in der Laguna Mapawa
(Río-Machupo-Einzug)
DCG-Informationen 42 (4): 74–83
schriftl. Mitteilung). Allerdings konnte gezeigt werden, dass zumindest die Form aus dem Río San
Martín mit dem silbergrauen Schimmer auf den
Flanken keine eigenständige Art darstellt (CarvajalVallejos 2010).
Erwähnenswert ist, dass Kullander und Ferreira
(2006) in ihrer Arbeit keine syntopen Vorkommen
von verschiedenen Arten der Gattung Cichla auflisten. Offenbar sind sie sich in ihrer Lebensweise so
ähnlich, dass die starke zwischenartliche Konkurrenz verhindert, dass Populationen von zweiten
Arten in demselben Lebensraum nebeneinander
bestehen können, was die Polychromatismus-Hypothese zusätzlich stützt.
Lebensraum und Fortpflanzung von Cichla
pleiozona
Während meines langen Aufenthaltes in Bolivien
bin ich dem Tucunaré mehrmals begegnet und hatte
auch die Gelegenheit, die jahreszeitlich bedingten
Veränderungen seines Lebensraumes zu beobachten. Zudem sind wegen Bedeutung dieses Fisches
für die regionale Fischerei einige Studien zu seiner
Ökologie durchgeführt worden. Grund genug, diese
in Auszügen und durch eigene Beobachtungen ergänzt, an dieser Stelle wiederzugeben.
Gepunkteten Form (Tucunaré tillo)
von C. pleiozona im Lago Largo (Río-Yata-Einzug)
DCG-Informationen 42 (4): 74–83
Cichla pleiozona ist im oberen Río Madeira-Einzug
in fast jedem größeren Gewässer des Tieflandes
anzutreffen. Allerdings scheint die Art stehendes
Wasser zu bevorzugen (Muñoz et al. 2006).
Obwohl C. pleizona sowohl in Klar- als auch in
Weißwassergebieten vorkommt, ist die Art in ersteren deutlich häufiger anzutreffen, denn sie ist
sowohl bei der Jagd als auch bei der komplexen
innerartlichen Kommunikation und Jungenaufzucht
auf einigermaßen klares Wasser angewiesen. In
Weißwassergebieten beschränkt sich deshalb das
Vorkommen auf die in der Regel klareren Seen und
Altarme, während die trüben Flussläufe gemieden
werden (Carvajal-Vallejos et al. 2010). Entsprechend finden sich die bedeutendsten Vorkommen
von C. pleiozona in den Klarwasserflüssen des
Brasilianischen Schildes und den großen Klarwasserseen der bolivianischen Llanos.
Die Flusssysteme Boliviens sind stark vom Wechsel
zwischen Trocken- und Regenzeit geprägt. Die
Regenzeit beginnt im November und lässt die
Flüsse über die Ufer treten, sodass in den bolivianischen Llanos eine gewaltige Seenlandschaft entsteht. Im Mai lässt der Niederschlag plötzlich nach,
und die Trockenzeit erreicht ihren Höhepunkt im
Oktober. Von den vorher so mächtigen Strömen
sind dann oft nur noch Rinnsale übrig. Die Fischfauna Boliviens profitiert stark von diesen
Extremen, da viele Arten während der Über-
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schwemmungen in der Pampa reiche Nahrungsgründe und in den Galeriewäldern sichere Kinderstuben finden.
Auch C. pleiozona hat seinen Lebenszyklus dem
Wechsel der Jahreszeiten angepasst. Obwohl sich
das ganze Jahr über brütende Paare und Jungfische
beobachten lassen, beginnt die eigentliche Fortpflanzungsperiode kurz vor Ende der Trockenzeit.
Das ermöglicht den Elterntieren, sich kurz vor der
kräftezehrenden Fortpflanzungszeit bei niedrigem
Wasserstand und hoher Beutedichte Reserven anzufressen. Die Weibchen können dann bei entsprechender Größe bis zu 10.000 Eier produzieren
(Muñoz et al. 2006). Beide Eltern nehmen während
der Jungenaufzucht, die mehrere Monate andauern
kann, nur noch wenig Nahrung zu sich (Muñoz et
al. 2006).
Muñoz et al. (2006) beobachteten das Fortpflanzungsverhalten von C. pleiozona im Oktober/
November 2001 im Unterlauf des Río Paragua,
einem Klarwasserfluss im Nordosten Boliviens. Ich
möchte ihre wichtigsten Erkenntnisse hier kurz
wiedergeben: Die Elterntiere graben ein Nest von
bis zu einem Meter Tiefe und zwei Metern Durchmesser um einen Ast oder Baumstrunk. Auf diesem
werden die haftenden Eier abgelegt und von beiden
Elternbewacht. Oft laichen mehrere Paare im
Abstand von einem oder mehreren Metern ab. Auf
einer Fläche von nur 50 m2 konnten 18 Brutpaare
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C. pleiozona in Brutpflegefärbung im Lago Largo –
Fotos: Wolfgang Staeck
gezählt werden. Es ist allerdings unklar, ob es sich
dabei um beabsichtigte Koloniebildung oder um
eine zufällige Ansammlung in einem besonders
geeigneten Brutplatz handelt.
Über den weiteren Verlauf der Jungenaufzucht ist
nur wenig bekannt, was vor allem daran liegt, dass
während der Regenzeit die Brutgebiete wegen überfluteter Straßen nur schlecht erreichbar sind und
sich die Fische zudem in die nun unter Wasser stehenden Galeriewäldern zurückziehen. Gelegentliche Beobachtungen haben gezeigt, dass die Jungfische intensiv betreut werden bis sie etwa Fingerlänge erreicht haben. Staeck berichtete auf dem
DATZ-Forum 2008 von einer Beobachtung deutlich größerer Jungfische im klaren Lago Largo, die
ohne Schutz der Elterntiere im Verband geschwommen sind. Da noch bevor die Jungfische der ersten
Brut schlüpfen, bereits in den Gonaden der Weibchen neue Eier heranzureifen beginnen, kann darauf geschlossen werden, dass sich C. pleiozona
mehrmals pro Jahr fortpflanzt (Muñoz et al. 2006).
Cichla pleiozona sind schnellwüchsig und erreichen die Geschlechtsreife nach rund einem Jahr bei
einer Größe von etwas mehr als 20 Zentimeter
(Moreno, pers. Mitteilung; Muñoz 2006). Moreno
ermittelte für die Geschlechtsreife eine minimale
DCG-Informationen 42 (4): 74–83
Größe von 16.6 Zentimeter bei Männchen und 20.5
Zentimeter bei Weibchen (unveröffentlichte Diplomarbeit). Allerdings zweifle ich an der Verlässichkeit
der Methode, die für die Ermittlung dieser Daten
verwendet wurde. Als gesichert gilt (Muñoz 2006)
eine Geschlechtsreife ab einer Größe von 23
(Weibchen) respektive 25 Zentimeter (Männchen).
Die Fische werden in der Natur nicht alt. Muñoz
(2006) ermittelte für die größten von ihm untersuchten männlichen Tiere ein Alter von sechs und
für Weibchen von vier Jahren. Unter guten Aquarienbedingungen dürfte dieses Alter wohl (deutlich?) überschritten werden.
Knapp fingerlanger Jungfisch von C. pleiozona aus dem
Río San Martín (oben)
Gesicherte Nachweise (rote Punkte) von Cichla pleiozona
im bolivianischen Amazonastiefland –
Abb. u. Fotos: Pascal Hablützel
DCG-Informationen 42 (4): 74–83
Cichla pleiozona ist eine gefährdete Art
Cichla pleiozona ist neben Bujurquina oenolaemus
KULLANDER, 1987 der einzige Buntbarsch, der auf
der roten Liste der bolivianischen Fischarten aufgeführt ist (Van Damme et al. 2009). Die Art wird aufgrund des hohen Drucks, den Berufs- und
Sportfischerei auf sie ausüben, als bedingt gefährdet eingestuft, insbesondere weil sie hauptsächlich
während des niedrigsten Wasserstandes am Ende
der Trockenzeit und somit am Beginn ihrer
Hauptfortpflanzungszeit gefangen wird (CarvajalVallejos et al. 2009). Zudem steht die Art als
Fischfresser am Ende des Nahrungsnetzes und ist
deshalb von den teilweise sehr hohen Quecksilberkonzentrationen bolivianischer Gewässern besonders betroffen (Carvajal-Vallejos et al. 2009).
Glücklicherweise wurden bereits erste Maßnahmen
zu ihrem Schutz beschlossen. So ist es heute im
bolivianischen Departement Beni verboten, Individuen unter 23.5 Zentimeter zu fangen.
Ob dieses Verbot allerdings die gewünschte Wirkung erbringt, ist fraglich. Der eigentliche Sinn dieser Schonmaße ist es, den Tieren zumindest eine
einmalige Reproduktion zu ermöglichen. Cichla
pleiozona ist mit 23.5 Zentimeter zwar bereits
geschlechtsreif (Muñoz 2006), es ist aber mehr als
unwahrscheinlich, dass sich solche unerfahrenen,
halbwüchsigen Tiere tatsächlich erfolgreich fortpflanzen, geschweige denn bereits fortgepflanzt
haben. Erbeutet werden Tucunarés in Bolivien
hauptsächlich mit einem „Anzuelo“ oder einer
„Zagalla“ (Muñoz 2006). Beim Anzuelo handelt es
sich um eine primitive Vorrichtung, die lediglich
aus einer dicken Angelschnur und einem Haken
besteht, an dem ein Stück Fleisch oder Fisch befestigt wird. Der Köder wird vom Boot einige
Meter weit ins Wasser geworfen und dann ruckartig
eingezogen. Mit der Zagalla (einer Art Dreizack)
wird nachts von Booten aus gejagt. Die schlafenden
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Tucunarés werden dabei mit starken Taschenlampen ausfindig gemacht und aufgespiesst. Mit Netzen werden die Großcichliden nur selten erbeutet
(Muñoz 2006). Das hat zur Folge, dass sich unerwünschter Beifang in Form von kleinen Individuen
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Gepunktetes Jungtier von C. pleiozona, beim Nachtfischen
im Río San Martín gefangen
Río San Martín bei Bella Vista in der Regenzeit,
Habitat von C. pleiozona
DCG-Informationen 42 (4): 74–83
Bei Hochwasser stehen Galeriewälder und weite Teile der
Pampa unter Wasser (hier Überschwemmungsgebiet des
Río Mamoré, Fundort von C. pleiozona).
Fotos: Pascal Hablützel
In Weißwassergebieten (hier der Río Tahuamanu im
Nordwesten Boliviens) findet man C. pleiozona fast
ausschließlich in klaren Altarmen und Lagunen. (unten)
DCG-Informationen 42 (4): 74–83
in Grenzen hält. Da es sich beim Tucunaré um
einen geschätzten Speisefisch handelt, wird er
hauptsächlich für den Verkauf gefangen, weil er
einen guten, aber erstaunlicherweise nicht sehr
hohen Preis erzielt. Denn obwohl sein Fleisch sehr
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wohlschmeckend und praktisch grätenfrei ist, gilt
der Tucunaré in Bolivien als Fisch zweiter Klasse
(Torres Velasco & Torres Tagle 1992). Für kleine
Exemplare besteht sogar überhaupt kein Markt.
Das zum Schutz der Bestände eingeführte Schonmaß verkommt daher zu einer Alibiübung. Viel
wichtiger wäre es, die Bestände regelmäßig zu
erfassen, gezielte Jagd auf brütende Paare zu unterbinden und die lokalen Fischer über die wirtschaftlichen und ökologischen Folgen der Überfischung
aufzuklären.
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oben: C. pleiozona bei der Brutplege im Lago Largo
(Video-Standbilder)
unten: Adulte Tucunaré tillo bei der Jagd im Lago Largo –
Fotos: Wolfgang Staeck
Danksagung
Ich möchte mich hiermit bei Fernando Carvajal,
Takayuki Yunoki, José-Pedro Moreno, Wolfgang
Staeck, Robert Guggenbühl, Hans Peter Risch und
Urs Büchler für ihre Auskünfte, Anregungen und
das zur Verfügung stellen von Bildmaterial bedanken. Des Weiteren gilt mein Dank der DCG, die
meine Forschungsarbeit in Bolivien durch den
Cichliden-Förderpreis unterstützt hat.
DCG-Informationen 42 (4): 74–83
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Bei Hochwasser gibt es auf dem Landweg kein
Durchkommen. Foto: Pascal Hablützel
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